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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedogogik"

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NEUE 

JAHRBÜCHER 

FÜR 

PHELOLOGIEuNDPiEDAGOGIK, 

oder* 

Kritische Bibliothek 

für dad 

Schal- und Unterrichtswesen« 



In y erbindung mit einem Y ereine von Gldehrten 

herausgegeben 



T o n 



Dr, Gottfried Seebode^ 
M. Johann Christian Jahn 

und 

Prof. Reinhold Klotz. 




Vierter Jahrgang. 
Eilfter Band. Erstes Heft. 



L e i p z i g, 

Druck und Verlag Ton B. 6. Tenbner. 



18 3 4. 



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Kritische Beurtiieilangen. 

Af« Terenii Varronia de lingua latinß librorum 

qnae supersnnt eniendata et annotata a Carolo Od9frtdo MueÜero 

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anno MDCCCXXXIlf. Veneuot Lipsiae, in libraria WeidmanniaBa. 
LI u. 335 S. 

"er Hr. Heraasgeber, durch seioe Verdfensle im Gebiete 
der Mythologie, Archiologiß o. der Alterthumer mit Hecht hoch 
geachtet, widmet aeit einiger Zeit auch der kritischen Behand- 
lang der Texte besondere Aofmerksamkeiti und so bereicherte 
er im verflosBenen Jahre die alte Literatur mit zwei darch ihre 
Schwierigkeit wie durch ihre Verschiedenheit merkwürdigen 
Bearbeitungf^n, des Aeschjlus Eumeniden u. Terent. Varro 
über die lateinische Sprache, deutliche Beweise des fruchtbaren 
Geistes und der lebendigen Thätigkeit, womit logleich durch 
die That die Ueberiengung aosgesproohen, dass ihm die Kennt- 
niss des Altertliums nicht in blosser Behandlung der Grammatik 
beruhe, die selbst genügsam, roehres zn suchen fürunnöthig 
erachtet, aber auch nicht im flachen Urt heile über das Leben 
und die Institute der Alten, das blind um sich greifend nach 
dem nächsten hascht , alles leichthin ausammenstellt und ebep 
80 leicht Schlüsse baut, aber von aller genauen Forschung and 
Untersuchung entfernt, des gründlichen Verständnisses der 
Quellen entbehrt, dass vielmehr erst durcji die innigste Verbin- 
dung der Grammatik und Geschichte, alles Grosse und Erha- 
bene, was die Vorwelt uns zurückgelassen, aufgeschlossen, 
erkannt und unserer Zeit eben so anschaulich und genussToU 
wird , wie jener alten , für die diese Werke geschrieben. 

Zur Beurtheilung der Ausgabe Varro!s glaubt Rec als 
Vorgänger selbst einiges Hecht sich erworben zu haben; doch 
^^t>ig geneigt zu Versuchen der Art wünschte er gerade hief* 
einer solchen zu entgehen, und uur der wiederholten Aufforde- 
rang des Herausgebers dieser Jahrbücher und dessen vieljäh- 
rigem freundlichen Verhältnisse darf er die nähere Nachwei- 
sung dessen y was durch diese Arbeit für den Schriftsteller 
gewonnen, was versäumt worden, nicht länger versaj;en. 

Rec. h^tte b^i Durchsiebt eines Exemplars des ältesten 
Druckes, i^elch^m einn ,Vf|r^iieiefitt4$\dei;. guten Florentiner; 



4 Römische Litteratar« 

Handschrift beigegebea war, die grosse Abweichang Ton dem 
hesleheiiden Texte bemerkt; nalieres Studiom des Grammati- 
kers zeigte bei der Wichtigkeit dieser Bacher bald, wie vieles 
weit besser wiedergegeben werden könne, ohne noch die wahre 
Beschaffenheit des Textes erblicken zu lassen; denn die Tan- 
schnng war zu künstlich und dieCoiiation eines einzigen Codex 
nicht genügend , völlige Ueberzeugung ihrer Aechtheit zu ver- 
schaffen. Erst spater wahrend des Druckes und nach dessen 
Vollendung vermehrten sich die Hilfsmittel und nun ergab 
sich, was vordem nur wahrscheinlich, • als sicheres Resultat, 
dass der seit 1504 gangbare, von dem gelehrten Ant. Augusti- 
nus eingerührte Text zwar aus Handschriften gezogen, aber 
nichts als kühne, oft sehr geistreiche, doch stets verfehlte Inter- 
polation aus dem ursprünglichen, mit allen Mängeln und Ge- 
brechen behafteten Codex zu betrachten sei und die erste und 
wichtigste Arbeit des Herausgebers darin bestehe, allen zierli^ 
eben, durch willkührliche Aenderung hineingebrachten Sinn 
in frühern rohen und ungeglitteten Unsinn zu verwandeln, aus 
dem von neuem mit besserm Glücke die ächte Gestalt des Rö- 
mers wieder gewonnen werden musste, was bei dem frühern 
Zustande auch nur zu wünschen unmöglich gewesen. Solches 
Schicksal hatte vielleicht kein Buch des Altert hums, wie diese 
wenigen grammatischen Fragmente des Varro; uas bei andern 
einzeln, findet sich hier alles verbunden; nicht Isocrates Reden, 
dessen glänzende Gestalt erst durch Bekker verbreitet worden, 
nicht des Demosthenes , der noch aus der guten Handschrift 
seine Herstellung erwartet; ihre Verderbtheit betrifft nicht 
Sinn nud Gedanken , sondern nur Ausdruck und Sprache, und 
das Richtige zu geben ist geringerer Schwierigkeit untenior- 
fen; nicht Cicero und Gaius, deren Handschriften oft unleser- 
lich, aber nicht die Fülle von Leiden an sich tragen, von denen 
die Bücher de lingua latina strotzen. Flier sind viele Blätter 
^nsgerfssen, andere umgestellt und versetzt, zahllose Lücken, 
nicht minder vielfache Wiederholungen, die einzelnen Worte 
selbst nnleserlich geschrieben, falsch abgetheilt, das Ganze 
endlich häufig unverständlich; nur mit vieler Mühe Ist Bedeu- 
tung und Inhalt zu gewinnen und herzustellen. 

. Durch solche Umstände hatte die neue, 1826 erschienene 
Ausgabe eine seltsame Gestalt, nicht mit Unrecht eine editio 
princeps genannt, deren Tugenden und Fehler sie in sich trug^; 
aber vieler Untersuchung bedurfte es schon, die Gewissheit zu 
erlangen, dass jenem scheinbaren Flimmer, der so lange ge-^ 
täuscht, nicht weiter zu trauen und Hur durch das Wiedergeben 
dessen, was die alten Handschrr. boten, so verkehrt und sinnlos 
es auch wäre, eine bessere Gestaltung möglich würde. Leider 
iiit diese selbst ausgeblieben, doch werden die Grundprincipien, 
von denen alle ricbtig^e Behandlung des Textes auszugehen habe, 



Vairro do ling. lat , eilid. Maeller. 5 

in der Vorrede gen&geod nacbgewiesea, mit eiuseloei» Beispie- 
len belegt, aog^leich aber, damit man nicht bei dem wenigen, 
was geleiatet worden, und dem vielen, was zu leisten war, mit- 
leidig den Herausgeber betrachte , ein kleiner Nachtrag sa 
Priscianus gegeben, dem auch, die gewünschte und verdient« 
Aufmerksamkeit nicht entgangen. 

Rec hatte nämlich gezeigt, dass die alte Handschrift« au« 
.der die vorhandenen geflossen, von alier absichtlichen Yerfal- 
schung und Verbesserung frei gewesen, daher nicht selten 
durch geringe Aenderung, oft durch richtige Verbindung der 
Bnehstaben und Wörter die ächte Sprache des Varro erscheine, 
dass aber dessen elgenthlimliche antike Darstelinng, die durch 
Kürze und nervöse Gedanken vor allen andern sich anszeichnoi 
genau aufgefaast und erkannt werden müsse, vorzüglich jedoch 
zur Herstellung der doppelte Weg führe, die so häufigen Lü- 
cken aufzusuchen und wo möglich die ansgefallenen Worte wie- 
der aufzufinden, dann die vielen Wiederholungen und Glossen, 
die aus Unschicklichkeit und falscher Erklärung aufgenommen 
worden , zu tilgen ; dieses Verfahren mit Betrachtung des ab- 
gehandelten Gegenstandes angewendet, könne es nicht fehlen, 
fast überall das Wahre und Aechte der alten Grammatiker neu 
gestaltet zu gewinnen* 

So ersehien die Ausgabe, von vielen verschieden betrach- 
tet, von niemand richtiger erkannt und beurtheilt, als von dem 
jetzigen Herausgeber Ottfr. Müller (Gott. gel. Anz. 1829. 
pag. S8— 36). Eine für die Beschreibung des alten Rom höchst 
wichtige Stelle in diesen Büchern hatte ihn schon früher zur 
besondern Untersuchung geführt und der günstige Erfolg, 
durch entschieden richtige Emendation auch Klarheit und Deut- 
lichkeit über die ganze dunkle Stelle verbreitet zu haben (nie- 
dergelegt in einer Abhandlung : Ueber die 27 heiligen Plätze, 
die loca Argeorum im ältesten Rom, nach Varro; zur Topogra- 
phie Roms, in Archäologie und Kunst, 1828. pag. 69—94) 
ermuthigte ihn zu weiterm Studium dieses Autors, zur wieder- 
holten Leetüre dieser Bücher; mit einem Worte, ihm verdan- 
ken wir diese Ausgabe. Pag. XXXIII: 

Mihi Musa Varroms stibriaisse primum videhaiur^ cum 
inter studio Jierum Etruscarum^ quae Argeorum recensus ge- 
nuina forma fuerit et quid Varro de TatH aria dixerit et simi- 
lia quaedam inteUigere coepisaem; es quo iirocinio ^ RomanQ" 
rmk rerum scientiam Varrone studiosiua emendato non minua 
Qugeri posae quam incognito adhuc veteria acriptoria libro es 
palimpaeato quodam codice eruto^ eoniectura oßgurabar, Qiia 
re commotior animique aauciua, donec quid hac ratione effici 
poaaet intellesiaaem ^ bia terque in aaaiduam horum librorum 
lectionem me ingurgitabam^ atque in familiär ttatem homitäa 
mei iia me inrinuare vonubar^ ut eiua ei in aentiendo «I in di* 



H RSMkcfce Litter«t«r. 

caiiü propHm fmatu» adüstere Mwderem. Haee f9r% simdio- 
rum me^rum wmea e$i eui atiquatttumtrihterim^ nefttediffUeor^ 
me prapier eiu8 grinUaiem^ cum in wwtentiis per ealigmnn 
obieetam imeupandU defisui essem , neglesüte quaedam alia 
quae a me esnpectari petnisse Benins. 

Ottfried Muller iuchte die kridfiehen Hilftmittel sa neh- 
reo; et ist notfaweodig hienH eatsebieden mm Kadeie g^elao- 
gem , wiewoht tieh nit «Grewisuheit behanpteo liMt , w%% lach 
die Verrede des llera«*gefcert asttfiricht, pmg. XV, daM mmm 
allea sedi anfsofiodeiid^BCodfieet niclit tM »ehr «ad viel Vea- 
•erei m'tchöpfen «ei, als daa bereits Bekamiie inid Vorhan- 
dene, ftec., der erat nach Eraehelnen der AtM^abe sich an 
streng «ud ffenane Kritik des Teitea maehte, hatte die Absieht, 
simmtliohe Codices alimahll^ seihst an Tergieiciiea und die 
EniendatlonVarro*s, so weit sie fkberbanpt dnrchanffibren nog- 
lich, an voltenden, ein Vorhaben, das, nachdeni Mfiilers Bcharf- 
ainn nnd GelehrMOikeit ao videa bereits Anfgefnndenes weg- 
genoBmen, anderea ünhellbarea aber auefa inZnknnft nicht 
beaser gestaltet werden wird , sich fast too selbst anf gehoben 
Irat. Die Gothaische, ans des ftee. Enrandat Varr. speclm. 
bekannt , ragt tot allen hervor, sie ist hier heootat nnd voll- 
stindig mitgethellt; dadurch war es möglich, sich noch weit 
mehr an das mite Ueberliefert« in halten, und an vielen Stellen, 
wo Rec., dem dsmala kdne so vollstindige nnd erschöpfende 
Vergleichnng an Gebote gestanden, die Interpolation beibehal- 
ten, diese su tilgen und das Richtige heransteüen. Ausser- 
dem erwihiit der Heransgeber pag. XllI drei Vaticanische, 
einen Mailinder Codex, einen in Modena, «inen in Woilfenb&t- 
tel ; von letaterm wird falach berichtet, dass er dem Florenti- 
ner ähnlich und ohne Interpolation sei; Rec. hat Ihn selbst 
verglichen, er stimmt gans mit der editio princepa uberein^ nur 
fehlt das Emblem su Anfange dea VII. Bnches; auaaer diesen 
sind uns noch viel mehr bekannt. 

Weit mehr, ak von Vergleichnng der Handschriften, ist 
von den Grammatikern an hoffen, wie des Apuleius Schriften 
viele Beaiehungen auf unsere Bücher enthalten, die wir keinea« 
^^^ gehörig in dieser Ausgabe bcnutct finden. 

Es liesa aich erwarten und mit Recht fordern, dass Ottfr. 
Mikller nach nnsern friher aufgestellten Grundsataen die Re- 
cension durchfahren nnd das Möglichste leisten werde; er ge- 
steht ea aelbst pag. XXVIII: ito«lro tmnpore LeonkarduM Spem- 
geliuB de Vmrrone opiime memat, quod genmnam et imerpola- 
tam oratioms fwrmam in hee ecHplare mmro quodam diMepsü, 
qui nunquam sine summo horum librorwn perieido ir^uMsUiri 
poterit. Ego tanium aheum^ mt ab hoc propugnaeulo gradum 
retuhfim^ ut eiiam firmius id mihi emunivigse videmr ; quod 
si quiöuß oHter videiUur^ oos rmgahm mi acenrmiius criseos ame 



Vanro de liog. Ui, «didU Ma«Uer. Y 

esereUae leges iniragjneiani^ Asch hat er an viejeo StelleOi 
wo wir aus obigea Gräiidea noch eioigea Zulraueo in dielater- 
polation geseUt und sie. nidil wegaoriQoien gewagt hatten, 
diesea geüian, aber nicht gelten noch in sehr darauf gebapt 
und gleich aeinem Vorginger aich tauschen lassen; denn es 
IBUS8 als ausgemacht gelten, dass Alles der A|rt ohne alle Auto- 
rität nur eigene Erfindung sei und nicht höher sn schitaen, ala 
Emendationa- Versuche eines neuera (Psg. XXXI}. Als Bei- 
spiel sei der Anfsng des nennten Buches: 
In quo juü Crat0S $wiili9 grammalieus^ qui fretus^ Chrysippo 
haminß tmutisMtmß^ qui rßliqmt sex mrpa m^ avo/Aa- 
Uaq^ heis. Uhr eis contra ävaloylav aique AriBUardnum eßt 
ttisuMy sed ita ut scripta indieaai eius^ ut neutrius vidcatur 
pervidisse vobtniatem. 
Hier haben alle guten Handschriften tef /iftref denNoniinstir, 
und %as wichtiger ist, in diesen fehlt ses libros (aus der Pari, 
ser ist es swar nicht angemerkt, da aber diese mit FGH. so 
genau übereinstinunt, und selbst die der aweiten Receii^ion, 
wie Woifenb. Bdit. princ jene Worte nicht haben, so darf mau 
darüber Itein Bedenken tragen); Ottfr. M. hat nicht geaögert, 
diese schamloae Interpolation beiaubel^t^n; schamlos nennen 
wir sie, weil wir ansDiogeoea LaertVII, 192 wissen, dass jene 
Sehrill des Chrjsippus vier Bücher, nach einer Handschrift 
bei Menage nur drei enthielt; der Tollständige Titel ist: 

nsgl '^SJfota tag Ai|<fg ävapaUag ngog /llmva i (bei Me- 
nage a, ßy y). Auch aeigt Gedanke wie Zustand des Varro- 
nischen Textes ein weil besseres Mittel, wodurch selbst der 
Nominativ au retten ist, durch Annahme einer Lüdce, veranlasst 
von Wiederholungen derselben Worte ; Anomalie nnd Analogie 
stehen hier in engster Besiehong und im Gegensatze, daher 
letaleres vor Aristarehns ; weil narollch Chrjsippns über die 
Anomalie geschrieben, so folgerte Grates gleich mehr nnd laug- 
nete gegen den Sinn desl Ghrysippus das Vorhandensein der 
Analogie. Wir würden die nachgewiesene Lücke, weit ent- 
fernt, dergleichen nach Müllers Art in den Text so nehmen, 
etwa so erginsen: 

qui reliquit xsqX dvnpLoXlag Ubros, qnod %s^\ avmfUtXlag 
iei libreit contra ivaXoylav atque Aristarchum est nixus. 
Wir geben den schönen Schluss der Vorrede mit den eige- 
nen Worten des Herausgebers, weil darin ein Bekenntniss nie- 
dergelegt und wie er selbst das Game und den Erfolg beur- 
theilt wissen will> klar iind vernehmlich ausgesprochen ist, 
pag. XL: 
Nunc quem lihrumdiu insinufoti*) ei iamnonsineansietaie 



*) Vergl. den Titelt emendata «t aonotata anno 1833 



I 



8 ESmitche Litt«ratiir. 

dimUtOy eum eammendo pkUologis non ad ealumniandum^ 
8ed lettitandum. Diu est ex quo hie aeriptor es philolog(h 
rumfere omnium eeriniia exulavit; nunc ita eerte accipiunt^ 
ut neque es arbitrio reflctum^ neque nimia morosiiaie et 
euperetitiane obscuratum legere et inteUigere poseint. MuUum 
abest^ ut perfectae et abeolutae erieeoe esemplum hune Var- 
Tonern me ponere y mihi pereuaserim; verum tarnen ^ siposi 
Spengelii atque meae curas tertiua quidam iq>BdQog gradum 
feeerU non minorem nostris; kune poUieebor homm frag-- 
mentorum formam iam verum et genuiham et^ ei dieerefaa 
eetj tanquam ad esempla es ipsa Varronis bibliotheca ra- 
ptum espressam nobia eeae redditurum. 

Merkw&rdiges Schicksal dleifea Varro! Schon 1475, Tier 
Jahre nach Erscheinen der Ediiio princepa, rfihmte Rholan- 
delius von seinen Leistnng;en und nicht gana mit Unrecht: «t 
quispiam tertio loco fragmentia Varronis tantum addiderit 
quantumPomponius primo^ deinde Franc, Rholandeüus seeundo 
suo uterque studio ac diligentia eontulit^ itimirum M. Varro 
reviviscety und im Jahre 183S apricht Ottfried M&iler von einer 
1826 erschienenen Ausgabe, wenn auch nichi die nämlichen 
Worte, doch denselben Gedanken ans ! Wie aber bei dem Be- 
wiisstsein, dass diese Ausgabe noch lange nicht den wahren 
Grad der Vollendung erlangt habe, ein tieferes Eindringen in 
Sprache und Gedanken des Römers, was so oft entschiedenes 
Gelingen verspricht, wie ein weiteres F^^rtsch reiten als in Mül- 
lers Ausgabe geschehen, mit den Worten nimia morositate et 
superstüione obscuratum beaeichnet an werden verdiene, ist 
uns, wir gestehen es, unverstandlich. Vergleichen wir damit 
eine andere nicht minder auffallende Bemerkung pag. XV: si 
Varronis de L. L, libris eam formam imprimere mihipropo- 
suissem^ quae per plura secuta mansura esset , illum diligenter 
collatum habere debebam; so mochte man leicht den Schiusa 
ziehen, Ottfr. Müller habe, nachdem er eine so glückliche Wahl 
getroffen — die lateinische Litteratur kennt keinen Schrift- 
steller, in welchem bei so grosser Verderbtheit die richtige. 
Herstellung so nahe liegt — dies erwägend .mit dem Hervor- 
treten geeilt, aumal eine andere Ausgabe, für die grosse 
Sammlung der Grammatiker bestimmt, vor derThüre stand und 
manches su entreissen drohte; sonst würde er sufrieden, für sich 
daa viele Richtige aufgefunden su haben, die Vollendung sorgsa- 
mer Feile anvertraut und dadurch noch weit Besseres und Gedieg- 
neres geleistet haben. Allerdings ist das Gegebene viel, über 
alle Erwartung viel; wie wenig aber der möglichen Herstellung 
nahe und welche Aerndte noch dem Jltptigog gelassen , möge 
das eine oder andere Cspitel belegen, gleichviel welches; denn 
in diesen Büchern ist weit mehr, als der Herausgeber geahn- 
det, jeder Tritt und Schritt unsicher und mit grösster Vorsicht 



Varro de ll«§. ht, Mä. Mselhsr. 9 

80 gehen, vir wihlen lanichst den Anfing des TIIL Bnchet, 
und halten eine solche Probe deswegen an ihrer Stelle, weil 
sie am besten darthut^ was in dieser Aasgabe nicht gdelatet 
worden: 

Quam oratio natura tripartäa esset ^ ut superioribus lihris 
ostendiy quohis prima pars^ quemadmodutn voeainda rebus 
essent imposita; secunda^ quo pacta de his declinata in die- ^ 
crimina ierunt; tertia^ ut ea inter siratione eoniuneta ^sen- 
tentiam efferant: prima parte exposita^ de secunda ineipiam 
hine; ut propago omnis natura secunda^ quod prius iUud 
rectum^ undi ea eit deeUmda$ itaque deeiinatur in verhis 
rectum homof obliquum hominis^ quod deeXmäium a 
rectOm De kuiusce muttipUci natura discriminum rationes* 
sunt hae: quor et quo et quemadmodum in loquendo decU- 
nata sunt verba. 
Zu diesen Worten, an welchen eine genaue und sorgfiltige 
Kritik , wie bei Varro unumgänglich , so manches ausiusetaen 
hat, finden wir nur folgende iwei Bemerkungen: 

ierunt ] codd, ntst quod gerunt b. ierint Scioppius, Sed 
quae eum äffender at inaequaiitas temporum ^ ea Farroni 

conveniens est. V, ann, ad VI, 82. 

raiiones*!^ coni. orae codd. quod ortum putavi ex roes. < 
Allerdings ist der Wechsel der Tempora und Modi in einem 
Satze von ganz gleichem Verhältnisse wie hier, essent impo^ 
Sita . . ierunt . . efferant^ höchst auffallend , aber die Verbesse- 
rung des Scioppius , d. h. des Ursinus — denn diesem gehört 
alles , dem Scioppius nichts — keineswegs ausreichend. Ver« 
gleichen wir nun die Note, durch welche solche unrömische 
Darstellung gerechtfertigt werden sollte, so lesen wir. dort t 
Inaequalitas modorum in Varrone non offendü, Cf, VI^ 96: 
quam non adesset et nihil iniererat. IX j 10: quod nandum 
est et perperam dieatur; et praecipue memorabilis locus 
Vin^ 1. Damit ist aber die Richtigkeit unserer Stelle noch 
nicht erwiesen, sondern nur das Auffallende hervorgehoben, 
und wer wird sich etwa durch IX, 10 täuschen lassen: Cunk 
duo peceati gener a sint declinationum^ unum quod in eonsue^ 
tudinem perperam receptum est^ aUerum quod nondum est et 
perperam dieatur. Kein Sprachgebrauch ist im Stande, hier 
dem Conjunctiv auch nur scheinbar ein Recht anzuweisen, und 
das wahre deeiinatur liegt nicht ferne. Doch Ottfr. Muller 
hat die vielen Stellen bei Varro nicht beachtet, aus denen sieh 
die Unmöglichkeit solcher Sprachverwirrung anschaulich ge- 
nug darstellt; hier bedurfte es nur die unmittelbar voraus- 
gehenden Worte desselben Gedankens zu bemerken VII, 110: 
Quocirca quoniam omnis operis de lingua latina tris fed par- 
teis., primum quemadmodum imposita essent rebus; se- 
eundo quemadmodum ea in casus deolinarentur^ teriio 



It BünHtfoke LltUratttr. 

gttemadmodüm eoniungerentur^ prima parte perpetrata^ 
ui secundam ardirtposatm, huie libro fadam ^em. Ab^ loch 
sagegfeben, Varro habe sich auf denaelbea Blatte solche Oa- 
genauigkeit za Scbalden kommen lassen — Concinnitat ist ein 
HauptTonag seiner Sprache — *- wer wird de kia deeUnata für 
ea deelinaia in Schutz jflphmenl Wir geben die Verbesserung 
ohne weiteres zn bemerken: quaius prima. pars^ guemadmodum 
vocahila rebus eaaeat impoeita^ secunda qu9 paeto de hie de- 
elinata diaerimina fierentf teriia ut ea inter 8e ra- 
tione eomuneia sentenUam efferrent. Unmittelbar dfirail^ gibt 
hine nicht geringen Anstoss, und eine genaue Beachtung des 
Yarronischen Sprachgebrauches mussie ausserdem lehren, dass 
incipiam hine öfters » dooh stets nur allein für sich bestehend, 
den CJebergang zu bilden, gebraucht werde. Pag. 820: de 
quibus, ut dixi^ quae poterimue, Incipiam hine. JPrimum 
quod dicitur Ago etc. Pag. 217: ei si quid escidU es hoc 
quadripartitiane^ tarnen in ea ut con^'ehendwn^ Incipiam 
hine. Unna erit quem tu tolles ete. Pag« 484: Haee nunc 
etrietim dieta^ opertiora fient iitfra. Incipiam hine. Quod 
rogtmt es qua parte etc. De re Rust. 11, 1,1: Qua de re pe- 
cuaria brßvüer ac summatim pereurram . . tum cum piratico 
beUo inter Delum et SiciUam Graedae classibus praeessem. 
Incipiam hine. Cum Menates disceaaisset etc. Wir wür-* 
den daher geschrieben haben: prima parte espoaita^ de ae^ 
eunda * * • Incipiam hine. Ut propago; denn es folgt noth- 
wendig, dass das Verbum, wie dicam (was wahrscheinlich we- 
gen Torausgebenden da) oder esponam oder ein ähnliches 
ausgefallen ist. Nicht besser sieht .es mit dem Folgenden aus ; 
denn durch die Alleinstellung tou Incipiam hine sind die nach- 
ftten Worte von den vorhergehenden getrennt und Niemand 
kann ut propago omnis secunda auf de secunda beziehen ; doch 
Ist die Heilung nahe liegend: Varro gibt eine V^ergieichung der 
Flexionen der Sprache mit den Zweigen, die aus dem StampQie 
steh entwickein; das oben verderbte Wort liegt auch hier ver- 
borgen: ut propago omnis natura secunda^ quod prius illud 
rectum, unde ea sü declinata^ ila declinatus in verbis: 
rectum homo^ obliquum hominis quod declinaium a recto. r u. 
s sind in diesen Godd. häufig verwechselt, und die den spätem 
unbekannte Form deoUnatus war nicht selten Veranlassung 
vieler missverstaudener Stellen) ich erwähne nur eine, weil 
Hr. Müller zwar mit Recht Rec. tadelt, aber selbst vIjbI Aerge« 
res begangen bat: IX, 62. Quare quocunque progressa est na- 
tura, cum usu vocabuli similiter proportiqne propagata est ana- 
logiam cum in quibus declinationibus voluntariis maris etfemi- 
nae et neutra quae voluntaria^ non debeanl similiter declinari^ 
sed in quibus naturales sint declinatus^ hi qui esse reperiuntur, 
Sa hat MikUer corrigirt, was in den Handachiifteo steht, 



Vano de Kag. UL, cM. IfatUer. It 

netäri^ indem Ihm mirh «nd foemim« der Neminitif dei Ple* 
relii Ul und Ergimonge« m denken tind, die Niemind bilHge» 
wird. Es ist dieses eine von den wenigen Stellen, wo dee 
Richtige gans offen daliegt und der Heraqsgeber, der sonst sa 
richtigen Tact geieigt und dadurch so manchem |]ebelstand# 
abgeholfen, doch fehl gegriffen hat; wir geben dleeinlench« 
tende and noth wendige Bmendetion: Quar€ fuocunque pro^ 
gressa est natura cum msu^ sunüüer prwportiane fropagtUa «sf 
analogiam cum vocahula in quUms declinatus voluntarii 
maris etfeminae et neutri^ quae voUmtaria^ nan deheant 9imU 
lUer declinari^ sed in fuilms naturales eint deeOnatue^ hi qui 
eesereperiuntur. Jene ^Hg^ Verbessemng itm deeÜMOme fttr 
üap§e deciinatur fordert Shin und Gedanke und so weit wkd 
Jeder nns beistimmen ; aber wer tiefer in die Bigenthümlieh- 
keit des Schriftstellers, su denken ufid das Gedachte dariustel- 
len, diigedrungen, darf ungeachent noch weiter gdien, lu be- 
haupten, dass auch jetat noeh Fremdartigea anhünge und Yarro 
ge^s nicht dem, was er verglichen und womit er es vergli- 
chen, dieselben Wörter l^lgelegt, dass er nach seiner Arl 
gsmi kam geschrieben habe: Ut fropago amnis natura so* 
cundoy quod priue iUud unde oc, itm deeUnatur in verbie: re» 
dum Homa^ ohHquum HenUnie^ quod deelinatum areeta. Ge« 
rede mit solchen Glossen sind die alten Handschriften unsere 
Grammatikers überfüllt. — Im Folgenden ist huiuace allein 
ohne alle Besiehoug und schon dadurch nicht ertriglichf 
Sprache und der Zustand der Handschriften fordern de hu" 
iüecemodi nmUiplici natura. Derselbe Fehler findet sich 
IX, 4S; dort wird gewöhnlich gelesen, denn auch Müller bat 
die von uns nicht entfernte Intorpolation beibehalten: erraut 
qued ncn ab eo obliquie easibuefit^ ut recti »umli fade eatfin»- 
dantury sed propier eosfaeilius perspici simiiitudo patest eorum^ 
quam vim habeatf ut lucerna in tenebris allaia non facitf quae 
ibi sunt posita similia simi^ sed ut videantur quae sint quaeve 
desint. Die Handschriften haben : videantur quae sunty gtioius 
dissintj Mialler in der Note: ^n queve distentf lu lesen ist: 
sed ut videantur quae suntj quoiusmedi sint* So wie hier 
quoius dissint für queiusmodi sint^ gerade so haben die Codd. 
VllI, aO: cum dant diseimilia sUU cum dandi simiiia^ wo Mül- 
ler unnothige Aenderungen in den Text genommen« So steht 
noch IX, 7-1: item ab huiuscemodi simüUudinibus reprehenditur 
analogia statt dissimiUtudmibus^ nicht weil die WöHer ähnlich 
sind, tadelt man die Analogie, sondern weil sie uDÖhnlich. — 
Gegea die Verbesserung des discriminum orae in discriminum 

rationes ist zweierlei lu erinnern, dass psiäographisch roes 
nicht leicht in ore geändert wurde, dann was weit wichtiger, 
dass Varro ratio nicht in jenem Sinne anwendet, in welchem 
es seinen Zeitgenossen nicht selten , den opitern gans geläufig 



12, aamliche IilUeraCur. 

ist. Er. w&rde dann f am einfach diserimma 8Ufd haee geaohrie- 
ben haben ; auch fordert der Gedanke den Begriff von Haupt- 
nnterschiede, und wir behalten die Vulgata, bis Bessere« 
sich darbietet. — Jene discriminnm orae sind : cur et quo et 
quemadmodum in loquendo deelinata sunt verba. Hier hat 
die Interpolation et in quo und dieses ist nach den Stellen su 
nrtheilenf in welchen Varro anf denselben Gegenstand xuriick- 
kehrt,- das Richtige, da als entschieden feiten mnss, dass er 
Ton demselben Begriffe nicht einmal quo und zweimal in quo 
gesagt habe. Weil alles entstellt ist, so halten wir es für nö- 
Ihig, die Worte selbst vollständig su geben: 
Causa ^ inquam^ quor ab hnposUis nomimhus deelinarint^ ea 
est quam ostendi, Sequitur^ in quae vohterint declinari aut 
noluerint^ ut generatim ac summaiim^ item in formis. Duo 
enim genera verborum etc. 
So hat Maller geschrieben für das, was in den besten Hand- 
schriften steht: cur eam ab impositis nominibus declinarint 
quam ostendi^ sequiiur in quas. Wir erwähnen nur, dasa 
inquam^ wie der Herausgeber gewiss selbst weiss, f am unpas- 
send an und für sich steht und nie so gebraucht wird , f erner, 
dass bei Varro solche Sätxe nie allein gestellt, sondern stets 
verbunden werden, also jenes sequitur den Nachsatz bildet; 
dazu kommen die Varianten zu infortms^ auf das Müller §. 21 
viel zu sehr gebaut hat. In quae kann aber nicht in quae for- 
marum genera sein ^ Varro muss bei dem Uebergange den oben 
gebrauchten Ausdruck auch hier anwenden, wie etir, und im 
folgenden quemadmodum j und da dort quo^ hier in quas sich 
findet, das erstere aber als Form wo unbestritten richtig ist, 
so kann nur die Frage sein, ob auch dort die Praepositlon, die 
hier zum Vorschein tritt tu ftro , zu geben, oder ob hier, was 
schon kritische Behutsamkeit nicht rathet, statt in quo volue- 
fint nur quo voluerint zu schreiben sei, eine Sache, die durch 
die dritte Stelle völlig entschieden wird. Uebrigeiis ist eine 
Lücke bei causa in quam nicht su verkennen und schon eam 
nothigt dazu, sonst aber die Stelle ohne Schwierigkeit in Ihren 
ursprünglichen Stand so zu ordnen : 

Causam quam "^ * * cur ea ab imposttitOs nominibus declina- 
rint^ quoniam ostendi j sequitur in quo vjiluerint declinari 
aut noluerint^ ut generatim ac summatimMsm informem. Duo 
enim genera verborum etc. ß 

Vergl. pag. 588: quid videretur analogßa in oratione • . ut 
brevi potui informavi^ nunc in quibus'4Ais» Nachdem ich das 
cf/f nachgewiesen, folgt das zweitei das tn ^«a; endlich das 
quemadmodum. Letzteres bildet aie entscheidende Stelle, 
als Uebergang des in quo zu dem quemadmodum pag. 406. 
Quoniam dictum de duabus declinatiombus cur et in qua sU 
forma; tertium quod relinquüur^ quemadmodum nunc dicetur. 



Varro ie ling. lat« täUL M«eller. IS 

So wird gewohnlich geleiten, doch nur em der iiiterpölirten 
Handschrift, und offenbar falsch; denn in qua sü forma leigt 
schon die Form und die Artond Weise, also das quemadmo- 
dum an; die eigentliche Quelle des Textes aber hat cur et in 
qua sit fama und darin liegt deutlich genug: cur et in quo sit^ 
iam tertium. Jenes de duahis declinationibus rauss | die Be- 
deutung haben: de duobus generibos decünationis, über iwei 
Punkte in Beziehung auf die Declinatlon, das warum und wo, 
und da dieses nicht leicht möglich, so hat der Herausgeber ge- 
schrieben de duobus, deelinatio quor scharfsinnig und vielleicht 
richtig; wir haben duabua für einen solchen Zusati gehalten, 
^ durch dessen Entfernung die Worte keiner weitern Aendemng 
' bedürfen. 

Wir Wahlen noch efn Beispiel IX, 66, wo Varro die Be- 
hauptung derer widerlegt, die aus dem Mangel de« Pluralis in 
einigen Nominibus das Vorhandensein der Analogie läugneB| 
und geben zum deutlichen Verstand niss den Abschnitt voUstln» 
dig nach Ottfr. Müllers Ausgabe: 

Item qui reprehendunt ^ quod non dicatur nt unguentum, 
unguenta^ vinum^ vina^ 8ic acetum, aceta^ garum^ gora^ 
faciuni imperite , qui ibi desidefant multitudinis vocabtUum^ 
quae sub mensuram ac pondera potius quam sab numerum 
succedunt ; nam in plumbo^ oleo^ argento^ cum incrementum 
accessit^ dicimuSj multum oleum^ sie multum plum^ 
biim^ argentum^ non multa olea^ plumba^ argenta : quam 
quae es hiacefiant^ dicamua plumbea et argentea {aliud 
enim cum argenieum; nam id tum cum iam vas; ar- 
genteum enim , si pociUum aut quid item ) ; quod pocilla ar- 
gentea multa , non quod argentum multum, JSa natura in 
quibus est mensuram, non numerus j si genera in sehabent 
plura^ et ea in usum venerunt e gener e muUo: sie vina w^ 
guenta dicta; alii generis enim vinum quodChiOy aliud quod 
Lesbo: sie es regionibus aliis quae ip8a\ dicuntur^ nunc me- 
lius unguenta^ quoinunc genera aliquot. Si item discrimina 
magna essent olei et aceti et sie ceterarum rerum eiusmodi 
in usu communi,. dicerentur sie olea ut vina. Quare in 
utraque denique re scindere conantur analogiam et quem in 
dissimiU usu similia vocabula quaerunt^ et quem item ea quae 
metimur, atque ea quae numeramus diciputant operiere. 
Da zwei Arten, Maass und Gewicht, erwähnt werden, die 
Beispiele aber nur aus dem einen genommen sind, so liegt die 
Vermuthung nicht ferne, in acetum^ aceta sei die andere Gat- 
tung, nämlich argentum, argenta, zumal im Folgenden samml- 
Iiche Codices: piumbo^ oleo^ aceto geben. Doch sieht man 
leicht, dass, nicht zu erwihnen, der voll ige Einklang fehle 
auch so (man erwartet durch die Stellung der Worte sub men- 
suram' ac pondera oben vielmehr: garnmi gara, argentum, ar- 



fenli) keiae driogende A&flEorderang inwa voAwfden^ denn 
Im Nftcbfotg^iiden wird pendiif dootUch geuug durch plambui«^ 
argeotam ber&eksidhtigt. Hier beben die Htadgehrifteii :. nam 
inplumh.o^ oleo^ aceto • . diehnus enim nmltum^ jedoch ohne 
Verlente im Folgenden, so dass ar genta eine noth wendige Ver- 
beisernng und aehon frühe eis solche erkannt worden. Dner- 
träglieh ist in dieser Stellung «ic, überdiess der Gedanke 
falsch und nicht das gegeben ^ was Varro wollte; dieser sagt . 
vielmehr: bei Wortern, die Maass und Gewicht beseichnen, 
wird die Fülle nicht durch den Pluralis, sondern durch ein be. 
'aonderes Wort angedeutet; man sagt also von argentum nicht 
argenta, sondern multum argentum. Dadurch seigt sich multa 
olea als noth wendig falsch. Nicht minder unerträglich ist 
in phimbe^ oleo^ argenio; was soll oleum, ein Beispiel von 
Maass, mitten awischen plumbnm, argentpm; gleich darauf 
wechselt es die Stelle und nimmt den ersten Plata ein» und im 
Folgenden verschwi^et es gana, während die Adjective plum- 
bea, argentea erscheinen. Gerade dieses lehrt die nöthige 
Ajiishilfe; man streiche den durchgebends falschen, von unten 
Jberaufgenommenen Zusatx von oleum und Alles ist vollkommen 
hergestellt: 

naminplumbo^ [oleci] argento^ cum incrementum accessity 
dicimus [enim multum oleum] sie: multum plumbum^ {mul- 
tum) argentum^ non [multa oled] plumba^ argenta. 
Sie Worte: quod pocäla argentea multa geben keinen Sinn; 
Varro sagt: argenteum hat als Adjectiv seinen Pluralis argen- 
tea^ aber nicht des in ihm enthaltenen Begriffes wegen , non 
quod argentum multum, sondern weil das, wovon es ausgesagt 
wird, in der Mehreahl stehen kann. Daraus folgt, dass argen- 
tea vor quod an stellen, oder was auch möglich, sweimal ge- 
aetat werden muss: argenteum enim sie pocillum out quid 
itemy argentea^ quod pocilla argentea multa ^ non quod ar- 
gentum multum. Zu sie vina^ unguenta dicta findet sich die 
Bemerkung: Ha»c apodosin faoiunt ad: si ea gener a ha- 
be nt plura, Non negandum tamen^ faciliorem futurum esse 
iransitum ab altera orationis parte ad alteram^ si interpositum 
esset: etiam multitudinis dicuntur. Wie konnte Ottfr. 
Müller an dem Vorhandensein einer Lücke swelfeln, und glau- 
ben, Varro habe gans unlogisch einem allgemein ausgesproche- 
nen Vordersatze den ganz speciellen Nachsatz stc vina^ un- 
guenta dicta gegeben^ während bei ihm^o häufig dergleichen 
Wörter als Beispiele mit sie eingeführt werden? Die guten 
Handschriften haben a genere mtäto , gewiss auch die Florent. 
nicht et genere (e ist eine Conjectur des Herausgebers), was 
Victoritts au bemerken übergangen, und damit beginnt der 
Nachsatz, von dem genqs multum her werden sie in dem Plu^ 
ralis dealinict, wie vinai ungnenta. r- Zn den fo^eoyden m|t 



Vam i9 llog. lai, •du. MaeUer. 15 

Krenf beseiebiiefeii Warften lefen wir die Nete: (hrfeip$ae 
ep&rteret. Sed neque hoc posui, guia heurn iaium mendomm 
kmheo et paUva ttJe quid a Varrone aeripium enae esisiima: 
ex regionibuB Arahiis quae Petraea dicuntur. 
MIeht ta ip$ae oder aliis \$i der Fehler, gondern in quae; ei 
igt miTer&nderUche Sitte Varro's, bei Anfohrong Ton Beispie- 
len «OS einem ihnlichen Znettie wie hier den Gedanken in 
«ehlieggen. Pag. 4(Ky: earum üem deelinant ea$U8 atque eo- 
dem fhodo dicunt huhu Artemidori et huiue lanae et hum» 
Epkeei^ sie in easibus aliis. Pag. 509: non dici Luseus^ 
httseiarf Luseissimus^ sie in hoe genere multa. Pag. 
68d: e quis veeantur aliae harm&nieae^ sie item aliae ne- 
minibns aliis. wid. Emend. Varron. apee. pag. 16. Deawe- 
gen iMiltMi wir den Gedaiiken mit aliis abgeschlossen ond ver- 
indern quae in quarex ebendeswegen sagt man jetst riehtiger 
ungueniu Statt unguentum^ weil man jetzt verschiedene Arten 
von Salben kennt. — ^ Die Handschriften: diderentur sie elea et 
vina^ xn lesen : dicerentur sie olea et aceta^ ut vina. — Mit den 
Worten? Quare inutraque etc. ist das endliche Ergebniss obi- 
ger Darsteliong ansgedrikckt, aber wie der Text jetzt* beschaCr 
fen, völlig nnverständlich; auch die Handschriften geben keine 
Abweichung, als analogiam sei; der Schluss ist kein anderer, 
ais dass man mit dem grössten Unrechte diOvExisteni der Ana- 
logie anfechte und selbst bei den verschiedensten völlige Gleich*- 
heit verlange ; dieses liegt in folgenden Worten : 

Quare in ulraque re inique rescindere conantur analogias, 
et quem etc. 

Solche Beispiele mit vollständiger Analysis mögen beson- 
ders geeignet sein, im Allgemeinen die Bemerkung des Heraus^ 
gebers pag. VII. xu würdigen, dasa die Bücher de Re Rustici 
im Blnaelnen, wie im Ganzen weit sorgfaltiger und genauer^ 
als die de lingoa latina ausgearbeitet seien; allerdings nach des 
Reo., selbst nach Müllers Ausgabe; aber man verbessere nach 
der Nothwendigkeit der Gedanken und den Spuren der alten 
überlieferten Gkhrift alles, was mit Gewissheit sich verbessern 
und herstellen lasst, und es wird sich zeigen, dass sie jenen 
Bücheifn völlig gleich stehen, von denen übrigens pag. XX!)ClV 
gesagt wird : Sermonem auiem Varronis es ipso hoc de L, L, 
opere addiscere studui^ ne libris quidem de Re Rustica sie ut 
€iequum erat comparatis^ qüippe quorum forma quo fundamento 
niteretur^ non perinde cognoveram. 

Nichts würde den ursprünglichen Zustand des Textes und 
dessen Gestaltung in unsern Handschriften deutlicher bewalH 
ren, als wenn sich bei spütern Grammatikern bedeutende Stücke 
ans den Varronischen Büchern ausgehoben finden und damit 
eine Vergleiebung von einander ganz unabhängiger Quellen ge- 
gönnt wäre. Doch lässt sich solches schon desvregen weniger 



16 RSmitch« LUteratnr. 

vermoUien, weil alles ang einielnen Etymologien bealebt, die 
selleo den Umfang weniger Zeilen überschreiten, welcher die 
spätem, wenn sie diese berühren, mehr dem Inhalte, als den 
eigenen Worten Varro's gemäss gedenken ; daher lernen wir 
allerdings manches einzelne, nicht verächtliche, aus den Gram- 
matikern, z, B. ans Probus Pag. 105 Lind., dass in unsern Bü- 
chern lade als Nominativ gestanden'^), doch in welcher Gestalt 
ihnen diese überliefert worden, werden wir vergeblich suchen. 
Nor eine qmfassende Stelle ist vorhanden bei Priscian oder 
wer sonst der Verfasser der kleinen Schrift de figuris numero- 
mm ist, pag. 169 — 174, und sie verdient besondere Beachtung. 
Aas ihr lässt sich am anschaulichsten darthun, wie man zur Er- 
klärung des kurzen und gedrängten Ausdruckes Yarro's so vie- 
les ergänzt und hinzugethan^ was jetzt au entfernen Niemand 
wagen dürfte, z. B. pag. 170: 

Deinde ab numero [reliquum dictum] uaque ad Centussis^ 
[ut As Btngulari numero] ab tribua asaibus Treasü et eic pro- 
portione usque ad Nonussis. 

Die eingeklammerten Worte fehlen bei Priscian und iind nicht 
von Varro; nicht reliquum dictum verstand dieser, sondern: 
die Bezeichnung des gemünzten Geldes ist von der Zahl ge- 
nommen, nicht von einem andern Worte wie asaipondium^ du- 
pondiumy wie im Vorhergehenden steht: pecuniae signatae 
vocabula^ im Folgenden usque ad Centuasie quo maius aeris 
proprium vocabulum non est. Pag. 516: nam in aere usque ab 
asse ad centussis numerus aes 8ign(ftcat, wo falsch adsignificat 
fiteht. Der Zusatz ut as singulari numero ist höchst unge- 
achickt, nicht hieher gehörig und den Zusammenhang störend. 
Die Worte im Folgenden: quod dici aolitum a duobus decussi- 
hus Bicessis haben wir schon früher aus Priscian, wo sie fehlen, 
uls falsch erklärt, und die neue Ausgabe hat sie mit Recht 
ganz ausgestossen. Schwieriger ist die Entscheidung: Semun" 
cia quod dimidia pars unciae. [Se valet dimidium ut in Seli* 
hra et Semodio,] JJncia ab uno dieta. Die Erklärung findet 
sich bei Priscian nicht, doch ist an dem Ausdrucke nichts zu 
tadeln: valere wird öfters so gelesen, pag. 23:1, 328, 375, 3?6> 
nur wünschte man mehr nach Art onsers Autors ut Selibra^ 
Semodiam. An sich ist jene Explication leicht entbehrlich, 
aber noth wendig scheint sie, weil Varro selbst sich darauf be- 



*) QiUdam putant koe lade dehere diUf sed non legi, nisiin 
Vartone d4 Ungua Latina, Dem gemäss müsste pag. 100 Vernaeula 
Jjaetuca a laete quod olus id habet lac» Brassica etclacte 
geschrieben werden; doch ist leicht nogtich, dass davon in den Bu- 
chern über die Analogie gesprochen worden und die Ireffeade Stelle, 
wie so Tleles Aclraliches, ansgeCallen ist. 



Varra de Umg, lat.« «didl. Mveller. 13 

rofi: Semis quod semis^ id est ditnidium aasis^ ut supra 
dictum est^ d. h. die Münze Semis hat dea Namen, weil 
sie aemis^i. e» ditnidium asais est; jene Berufung auf eine frü- 
here Steile f teht auch bei Priscian ; doch ist die Frage ^ ob 
nicht die Worte: Semuncia^ quod dimidia pars u$iciae ^ liilein 
schon genügen, zumal die Ericlarung nur von «e, nicht von 
semis spricht. Gleich darauf gibt Varro die Theile des M 
mit einer Unze beginnend bis zu elf. 

tlnaia ab uno dicta. 

Sestans ab eo quod sesta pars assis. 

Quadrans quod quaria. 

Triens quöd tertia pars. 

Semis quod semis^ id est dimidium assis^ ut supra dictum est. 

Septunx a Septem et uncia eonlisum. 

Hier fehlt eine Bezeichnung, die, da sie doch vorhanden und 
hekannt genug war, bei der allgemeinen Aufzählung nicht ent- 
behrt werden l^ann; nämlich der quincuns^ und doch ist auch 
bei Priacian keine Spur davon! Wir glauben, so lange nicht 
ein schlagender Beweis gegeben wird, wornach Varro diese 
Münze nicht anführen konnte, sondern nothwendig übergehen 
rousste, obschon die Etymologie von Septunx dagegen scheinen 
kann, eine Lücke annehinen zn müssen, in der etwa Folgendes 
gestanden: Quincuns quod constat ex quinque unciis. Die 
übrigen Theile des As werden auf folgende Art angeführt: 

JReliqua obscuriora quod ab deminulione et ea quae demi-- 
nuuntur ita sunt, ut extremas syllabas habeant , ut a duode- 
cim^ una dempta uncia ^ Dßunx; Dextans dempto sextante ; 
Dodrans dempto quadrante ; Bes ut olim Des^ dempto triente. 

ut a duodecim ist Interpolation ; die Handschriften sammtlich 
[aus Flor, hat nur Victorios vergessen die Variante zn geben] 
6. H. a. b. M. (Woifenb.) haben uf de; bei Priscian steht nichts, 
und nur Zufall ist es, wenn ein Codex unde dempta liest, wor- 
aus Müller viel zu eilig unde una dempta im Varro aufgenom- 
men; Varro gebraucht nicht unde auf diese Art; und eine 
noch iltere Handschrift des Priscian hat, was sonst dort gele- 
sen wird / habeani una dempta. Gleichwohl liegt in dem ver- 
dorbenen ut de una dempta uncia i deunx das Richtige deut- 
lich genug; Varro hat nicht una dempta uncia geschrieben, 
sondern dempta uncia y wie nachher dempto sextante^ nicht 
uno dempto sextante etc. Was sonst geschehen, ist auch hier 
erfolgt; dem verderbte »Worte wurde das richtige beigeschrie- 
ben und beide haben sich im Texte erhalten: ut extremas syt* 
labas habeant^ ut deunx dempta uncia ^ dextans dempto 
sextante^ dodrans dempto quadfante. «- Grosse Verschie- 
denheit ist in der Angabe des Sestertius; die Varronischen 
Handaehrti^en haben irfine Abweichung : 

A. Jahrb. f, PhiL u. Päd. od. Krit. Bibl. Bd. XI Htt 5. 2 



Id Rrimiiche LiUeratar. 

Denar ü quod denas eeris valebani; Qmnarii quod Ruinös; 
Sesiertius quod ^emis tertiua; dnptmdius enim et 
semia aniiquui sesfertiuB €8t\ et veteria consueludinis ^ ut 
retro aere dicerent^ Ha ut semis tertiua^ aemis quintuspro- 
nuniiai'ent. Ab semis iertiua Seatertiua dictu8. 

Keineswegs. .geradezu falscbi, obschon auffallend, da die Erklä- 
rung der Form im Folgenden wiederkehrt, ^ine Wiedetholung, 
die bei Varro nicht unerhört ist. Priscian \\e%ii aeatertiua 
duohussemis; dupondius^ woraus Müller in dem Texte geschrie- 
ben : aesteftius quod duohus semis additur. Jenes additur^ 
was auch sensit gerne bei dem Herausgeber die Lücken aus- 
füllt, können wir leicht entbehren: zu zwei noch ein halbes; 
quod aber kann bei der Lesart des Priscian nicht angewendet 
werden, wie das Vorausgehende in ganz anderm Verhältnisse 
steht; dort wird zngleich die Etymologie und Benennung nach- 
gewiesen, hier nur der Inhalt und die Bedeutung. Für die 
Varronii^chen Codices spricht die Gewohnheit and die Absicht 
de« Verfassers, etymologische Nachweisnngeu sullefern; leicht 
möglich ,da88 beides verbunden war: ^eaiertiua quod aenäa 
tertiua, duobua aemta ; dupondiua enim. 

Die einzige und sicherste Hilfe gewährt, da von Hand- 
schriften kein weiteres Heil zu erwarten steht, das tiefere Ein- 
dringen in Varronischen Geist und Sprache; doch elre dies ge- 
lingt, muss' alles durch verkehrte Emendatioh Aufgedrungene 
entfernt werden; z. B. pHg. 418 in einer lückenhaften Stelle 
ävaloyiKas für änalögiäa; nie gebraucht Varro ein griechi- 
sches Adverbiuni; wem wir diese griechischen Wörter in der 
.Vulgata verdanken, hat die Vorrede dts Hec. nachgewiesen; 
dasselbe Wort steht pag. 481, wo die Godd. analogion i. e. 
ancd^gon^ was häufig in unsem Büchern gelesen wird. Wenn 
die neue Ausgabe an vielen Stellen den besten Handschriften 
nicht gefolgt ist und die gangbare Interpolation beibehalten 
hat, ao findet. dieses dadurch seine Eutscholdigung', dass von 
dem Herausgeber nisht alle Thätigkeit.lind Zeit für Varro in 
Anspruch genommen war, aoaderki dessen Kritik nur die Müsse* 
stunden geweiht blieben; längeres Zurückhalten der Bearbei- 
tung und ^ietferbolte Durchsicht würde nicht blos alle Gebre- 
chen aafgefunden^ »onderu auch geheilt haben; dies beweist 
das bereits Geleistete^ denn eine gauz andere Gestalt hat un- 
ser Grammatiker durch Müller gewonnen, wobei nicht fehlen 
konnte;, dass auch unsere ForschongeH häufig dasselbe Ergeh- 
niss herbeiführten! a. U^Coeo creata^ oaaauia u. viel anderes 
nicht Unbedeutendes; d*ch ist unser Urtheil oft abweichend, 
majichmal wurden wir eines Bessern belehrt, an einigen Stel- 
len führie JKlülJievs Ansieht zur Auffindung des Richtigen. Ge- 
nan alles durchzugehen, gestattet der Kaaia dieser Blittfer 



V» i' - . 



' Varri» de liog* lat. , edid, Maeller. 19 

nicht, dai Gegobene möge für jetzt genügea; schon die Vor- 
rede enthält Vieles I was grossen Stoff xur Widerrede bietet^ 
nicht selten billigen wir das aufgestellte Princip nnd sind doch 
genothigt, die meisten dafür aufgezählten Beispiele zoriickza- 
weisen. Hätte Ottfr. Miiller bei seiner Anwesenheit in Mün« 
chen 1832 (vid. pag. XXXIIl) nur im Mindesten angedeutet, 
dass er als Herausgeber Varro's aufzutreten. gesonnen sei, wir 
würden ihm gerne das (Jnsrige mitgetheilt, und wechselseitige 
Besprechung von uns Beiden würde vielleicht eher zu einem 
richtigen Ergebniss geführt und diesen Büchern mehr genutzt 
haben, als jetzt vielfache Noten und Erklärungen jedes Eiuzelneitf. 

Die^ie neue Bearbeitung verbindet mit den geriihniten In- 
nern Vorzügen auch alle Bequemlichkeit der änssern Einrich- 
tung; so hat endlich das umgestellte Blatt im V. Buche seine 
geeignete Stelle erUmgt, es ist eine richtigere Abtheliung in 
Paragraphen gegeben ,. eine kurze Inhalts- Anzeige, die auch 
das Fehlende möglichst nachweist, vorausgeschickt, bei wel- 
cher nur weniges zu erinnern bleibt, wie etwa JX, S6. Varro ^ 
hat Im vorhergehenden VIU. Buche zuerst im Allgemeinen ge- 
gen die Analogie gesprochen: Dicomprius contra universam 
analogiam^ deinde tum de singulis partihuSj §.25-^ 
43, dann im Einzelnen ihre Nichtexistenz nachgewiesen. Quare 
quod ad universam naturam verborum attinet , haec at- 
tigisse modo satis est, Quod ad partes singulas ora^ 
tionis^ deinceps dicam^ quoiu^ quoniam sunt divisiones plu- 
res^ nunc ponam poiissimum iam qua dividitur. Oratio secanda 
ut natura in quattuor partes [t. e, eam qua dividitur oratio 
secundum naturam in quattuor partes"] §. 44 bis Ende. Das- 
selbe Verfahren wird bei der Vertheidiguug der Analogie im 
IX. Buche beachtet und musste beachtet werden, wenn eine 
bündige Widerlegung des Vorausgegangenen folgen sollte; 
Varro leitet es selbst nach seiner Art fast mit denselben Wor- 
ten ein: Nunc iam primum dicdm pro universa analo- 
gia . . . secundo de singulis criminihus quibus rebus 
possint^ quae dicta sunt contra^ solvi^ dicam ita, ut gener atim 
comprebendam et ea quae in prior e libro sunt dicta, et ea quae 
possunt dici atque Ulis praeteril Diese allgemeine Betrach- 
tung enthält IX, 7*— 35.. Dann folgt: Quod ad universam 
pertinet causam^ cur simiUiudo et sit in oratione et debeat 
observäri et quam adfinem quoque^ satis dictum; quare quod 
sequitur de partibus singulis^ deinceps espediemus ac 
s in gut a crimina quae dicunt in analogias^ solvemus. Gleich- 
wohl finden wir §.40 — 48 nicht einzelne Fälle, sondern nur 
allgemeine Bemerkungen gegen VIU, 25 — 43 gerichtet. Ver- 
gleicht man beide Bücher genau, so findet sich, dass die allge- 
meine Widerlegung nicht vollständig sei und einiges fehle« 

V 



20 It5ini0che Iiitt«rator. 

4 

Aach liier hin wir irren kaoni, dag leiste Blatt §. 40—48 Wa 
Knr grosaen iificke aaa aeiner Stelle verrückt und Tor §. SB 
einkaaetaen. X. 8p enget. 



1) Lejcicon' Ta citeum sive de stilo C. Cornelit Täiciti , prae- 
missis deTaciti "vite, scrlpdsac scribendi genere prolegomenis, scri- 
psit GtMl. BoetUchw, Berolini sainptibus Naackii 1830. B maj. 
Cn und 500 Seiten. 

2) De vita^ scriptis ac atilo Cornelit Taciti^ adjecta 
emendatione recensionis Bekkerianae perpetua, scholarnm roaxime 
ia uflum 8crip«it Guil, BoeUicher. Ibid. 1834. 8 min. 88 Seiten. 

8) C, Cornelit Taciti opera minora ad •ptimoram libr»- 
rvm fidem recognovit et annotatiene perpetua tripliciqae indiee 
Nistffaxii G, A. Ruperli. Hannoverae ap. Hahn. 1832. 8. X u. 848 S. 

4) C, Cornelit l^citi opera minora recensnit et com« 
mcntarios «nos «djecit G, H, fVaUher. Halis Sax. ep. 'Schwetsehke 
1^33. 8. XII u. 418 S. 

5) Taciii Germania seu de rita, moribus et populis Germa- 
niae tibellus. Herausgegeben und mit krit. , grammat. und histor. 
Anmerk. erläutert von JoA. v« Grüber, Berlin bei Dümmler 1832. 
8. XVlll u. 140 S. 

6) C, Cornelii Taciti de vita et morihus Cn. lulii 
Agricolae libell««. Mit Erläuterungen und Excursen von 
C. L. Roth. Nürnberg bei Scbrag 1833. 8. VUI u. 286 S. 

1) C. Cornelii Taciti dialoguu de oratoribuä a cor- 
ruptelis vuper illatiM repurgatus ex Lipsiana ed. a. MDLXXIIII. 
Opera I. C. Gr^ii, Accedunt I. Lipsii cmrae primae integrae« 
üVopkeniii selectae annotationes, Ranchensteinii obs«. nonnvilae, 
Gntmanni diss. qua Tacitum dialogi seriptorem non ef§e demon- 
stratur, et Cfareatomatbia Frontoniana. Turici ap. Gessner« 1830. 
8. LXXI u. 114 S. 

Die Litteratur deagroaatenRemigchenGeachichtschreibera 
ist in neuester Zeit von allen Seiten und mit unverkennbarer 
Liebe in dem Grade gefördert worden, daasi es fast eine schwie- 
rige Aufgabe eu werden anfängt, sich mit allen Leistungen der 
Art Toibtättdig vertraut zu machen. Und doch fehlt allen die- 
sen Beatrebungen leider immer noch eine durchweg sichere 
Basis. Aus den durch Walther und Im. Bekker in ihren Aus- 
gaben mitgetlieiiten Collationen der Florentinischen Hand- 
achriften ergibt sich zur Genüge, dass weder die des Victorius 
noch die neueste des Furia überall ganz genau und zuverlässig 
ist. Für 4ie Germania und den Agricok gibt ea einestheils 



Die neuesten Beacbeitangen des Tacitas. 21 

llberlianpt keine 90 alten und Tortiiglichen Handschriften , als 
für die Annalen und JFlistorien, anderntheiJs sind die vorhande- 
nen seither noch lange nieht nach Gebühr benutit worden. 
Die doppelte Coilatioa des Farnesianns für den Dialogus de 
oratoribus bei Bel^ker und Walther, liefert ebenfalls das unge- 
nügende Resultat, dass entweder die eine der andern wider- 
spricht^ oder an manchen Stellen beide keine befriedigende Aus- 
kunft geben. Erst jetzt könnte ein vertrauter Freund des Ta- 
cltus eine in jeder Besiehung genaue Vergleiciiung der ältesten 
Uandachriftei» anstellen , wenn er mit den Waltlierschen und 
Bekkerachen GoUationen inr Hand die Originale Wort für Wort, 
ja Buchstabe für Buchstabe dnnchginge und an bisher problema- 
tischen Steilea das Endurtheil in höchster Instanz aussprechen. 

An den genannten Mangeln leiden natürlich alle bisheri- 
gen Ausgaben« uad wer weiss, wann erst ein festeres Funda- 
ment für deo Text der Schriften desTaeitus zu legen vergönnt 
sein wird. Unter den eben zur Beurtheilung vorliegenden 
Arbeiten beruhen Nr. 1. 3. 7. auf einer um so weniger festen 
Grundlage, als diednrch Walther und Bekker gebotenen kriti- 
schen Hülfsmittel damals noch nicht allgemein zugänglich wa- 
ren, so dass es oft weniger den Herausgebern, als den ungün- 
stigen Umständen zuzuschreiben ist, wenn hier und da manches 
auf Sand gebaut wird. 

Der Plan des Herrn Bötticher, den SprachgeKranch des 
Tacitus in einem besondern Lexicon darzustellen und die Ab- 
weichungen desselben von den Auctoren des goldenen Zeitalters 
vorzüglich hervorzuheben,^ wird gewiss allgemeine Billigung 
gefunden haben. Ob er aber auch diesen Plan von allen Sei- 
ten gehörig durchdacht nnd in sich selbst znr Reife gebracht 
und in dieser Gestalt dem Publicum übergeben habe, ist frei- 
lich eine andre Frage, die er gewiss selbst gegenwärtig ver- 
neinend beantworten wird. Ein besonderes Lexicon über einen 
einzelnen Schriftsteller muss vor allen Dingen alle Wörter 
und Redensarten in sich vereinigen, welche sich in dessen er- 
haltenen Werken vorfinden./ Dazu aber wird wieder ein nach 
den sichersten handschriftliehen Quellen constituirter Text 
erfordert, ohne den ein unerträgliches Schwanken die unaus- 
weichliche Folge ist. Für die Annalen z.B. und Historien 
müssten dfie beiden Florentiniachen Codices , so weit als es ge- 
genwärtig noch möglich ist, streng zum Grunde gelegt und 
darnach die einzelne» Artikel behandelt werden. Tritt mm 
der Fall ein, dass die gedachten Handschriften verdorben sind, 
so dürfen zwar augenscheinliche Schreibfehler ( man müsste 
denn der Vorsicht halber die verdorbenen Lesarten in Paren- 
thesi nebenbeisetzen) nicht aufgenommen werden; aber da, 
wo der Verfasser des Lexicons gemäss seiner sulijectiven Ueber- 
zeugung die Lesart einer andern Handschrift für richtiger hält, 



8 Rvmigche Litteratnr. 

mugfi deaDOcIi der iltenten diploniatiMlien U eberlief emng der 
Torzag eingeriumt werden, wobei es aber dem Verfafiser unhe- 
iiommen iat, seine eignen Verrnnthun^en ansserdem milziitliei- 
len. Diesen Punkt mÜHsen wir gerade iur den schwächsten 
Tfaeil der vorliegenden Arbeit erklaren. Der Verf. hatte sich, 
wie eine nähere Prüfung zeigt, gar keinen festen, auf die seit- 
herigen kritischen Subhidieo gestützten Text gebildet, sondern 
im Wesentlichen ist es der Erncstisch-Oberiinsche Text, von 
dem nur hier und da in den Lesarten und Coustrurtionen , am 
meisten aber in der Orthographie abgewichen wird. Hätte er 
wenigstens die von Pichena und J. Gronovius gemachten E!^- 
cerpte der Fiorentinischen Handschriften znm Gmnde gelegt, 
so wäre er gen'iss dem Ziele naher gekommen, wornach er mit 
unverkennbarem Eifer strebt. Aber mehr noch ist es zu ver- 
wundern, dass er ganz nach seiner Willkühr Wörter und Re- 
densarten in sein Lexicon aufgenommen, eine Unzahl von an- 
dern aber, oft sogar sehr wichtigen Artikeln, ohne Weiteres 
weggelassen hat, so dass man beim Nachschlagen, wozu doch 
hauptsächlich ein solches Werk bestimmt ist , sehr häufig in 
die grosste Verlegenheit gerith nnrl sich entweder aus altern 
Registern oder aus der eignen Erinnernng Rath holen muss. 
Wo soll man denn anders eine solche Vollständigkeit erwarten, 
als gerade in einem Special- L exi con ? Ja man findet nicht sel- 
ten bei Forcellini In einzelnen Puncten nihere Auskunft über 
Tacitlni{!chen Sprachgebrauch, wo man sie in dem Lexicon Ta- 
citeum (besser M'ohl Tacitinnm) vergebens sucht. Ein dritter 
Ccbelstand liegt darin, dass grammatische Knnstausdrlicke in 
alphabetischer Reihenfolge gemeinsehaftlich mit den Vocabeln 
dem Lexicon einverleibt worden sind, z. D. S. 4 AblativuH^ 
S. 8 abstracto^ S. IS accusativus^ S. 33 adjectivum, S. ItKS con- 
junctivus^ S. 116 collocatio verborum^ S. 139 dativus u. s. w. 
Dergleichen gehört gar nicht ins Wörterbuch, sondern in die 
Grammatik, und da einmal in den Prolegomenis über den Stil 
des Tacitus besonders gesprochen wird , wäre eben dort der 
schicklich feite Ort gewesen, solcherlei Gegenstände im Zusam- 
menhange abzuthun. Poppo*s Abhandlung de eloculione Thti- 
rydidis hätte Hrn. R. in mancher Hinsicht zum Vorbilde die- 
nen können. 

Nachdem wir somit im Allgemeinen unsre Ausstellungen 
unparteiisch dargelegt haben, dürfen wir andrerseits auch 
nicht verhehlen, dass durch Hrn. Röttichers Arbeit im Einzel- 
nen das gründliche Studium des Tacitua wesentlich gefördert 
worden Ist, und geben uns mit Vergnügen der Hoffnung hin, 
dass bei einer zweiten Ausgabe, die gewiss mit der Zeit erfol- 
gen wird, den gerügten Mängeln abgeholfen werden möchte 
Für jetzt wollen wir zum Beweise, dass wir das Geleistete nach 
allen Seiten hin aufs Sorgfältigste geprüft haben, ziivörderKt 



Die nenesUm BtmtlkUnmgtm des Tacitui. 2M 

dts Lexicoa Schritt far Schritt dnrchfelitti «ad «Mre Bener- 
knngen derB.«ihe iMch mittheUea, daMi aber in Verbinduaf 
mit Nr. 2 die Prolegomem eiiier a^ecieilen Beurtheilanf 
unterziehen. 

Seite 5 wird von dem Gebranche dea bloaten Ablatif oa 
gesprochen , wo gewöhnlich zur näheren ErlLiämag die Pripo- 
ticionen o, es, in^ cum Torgeaetat werden. Es ist aber unrich- 
tig daaa Ann. li, M. III, S, 20. XIUI» 8 n. •. w. hierher gesogen 
werden, da Tiberio etAnt^ustQ eahiUimm^ nms removereiur etc. 
ala Datin su betrachten sind, die nach dichterischem und grie- 
chischem SprachgebiAncfae otatt dea /kbUtifus mit a stehen, 
alao in die JKategorle i^on 8. 14# gehören; Dagegen sind die 
Beispiele, wo in hinsugedacht werden raasA, noch versohie- 
d entlich zn bereichon: Ann. II, 81« adpe$Umm measa lumen. 
Uli, & cohartes Mtruria UmäNriaque dehctm. XIII, 8. coAor- 
iibu8 alÜ8 guaeque Cappadoeia kimmabami, Hist I, 2. okrutae 
urbesfecundksüna Campamae oru. 11» %. tepiem iegiones Su-^ 
ria Judaeaqu€y sc. erant n. s.w. S. 7 unier der Aufschrift 
Genit. pro ahL fehlt Ann. III , M. diguum tantae rei. S. 8 
extr. Ann. IUI, Sl. milüiae shm a^edu» Zu den hier aufgeführ- 
ten Abstractis gehört auch noch der Piuralis regua für regcts^ 
Ann. HI, d& S.11 Jmss die ganze Theorie: Ac wmmmquam 
ui apikd caleros üa ttpud Tadimm fuagjue vocaü et k liiterae 
pTMemitsm imeenUur^ iibern Haufen gestossen werden; denn in 
den angezogenen Beis^len DiaL 4. 89. 40 Ist statt der Vulgata 
QC aus dem Cod. Farn, aut zu restltuiren. S. 12 dürfte daa 
Verbum aeddere^ i. q. tondere^ nicht fehlen^ Germ. lOu S. 16 
extr. muss Ann. VI, 48 mit allen Codd. esuendi st. eseundi 
gefichrieben werden ; ebenso S. 17 Aon. XI ,. 82. mismque st. 
jussit. Hingegen hätte Hist. U , 45. banrnm kaberei animum 
jubeboMt. ilU, 34 raUum circttmdmri Vocula jubetj deposäis 
impedimeniU — certareni^ wo eine Verschmelzung der ge- 
wöhnlichen und ocquisitiren Constroctlon stattfindet, billiger- 
weise berücksichtigt werden soileii. — Unter de» Idiotismen 
des Gebrauches des Aecosatims Tcrmissen wir S. 20 diejenige 
Form, wo nach dem Vorgange der Griechen ein Participiom 
yni^lxcnß su ergansen ist, s. B^ Ann. I, 41 femimaa hdustres^ 
man cenimrionem ad tutelam (sc I%9v6a4i) -— pergere md Tre- 
W08. Hist. lU, 88 defoBsa eruere^faces in manibus^ ae. iiov- 
tBg y cf . MaUhiae Gramm. Graec. p. 788. S. 22 ist Anu. VI, 
22. in bonoe^ Hist III, 80 mi externe genier durch apud su er- 
küren, ,wie schon bei Cicero Verr. liU, 11. auctoritati^ quae 
niei gratie. erit apud eoeioe^ in exiera» mUitwes cett. S. 80 v. 
adfßctareist eine dritte Bedeutung su atatuireo in se trahere, 
wie Agr. 7. affeetati a FeepaeianA imperü. S. U8 für die Be- 
deutung des adkuc von imuper sprechen noch Ann. 1, 17. trahi 
adbme diverea» in terrae UI, 42. Indus muliiiudinem adhuc 



2i Eonifclio Lilleratar. 

disjecii. 8. Wt^ wo iber den vo» Taclliii go betlebteii-6ebr«iicli 
der Adjectiva statt der Advcrbi« gehandelt wird , ▼ermisten 
wir mehrere gerade sehr bedeutende Bef«piele, wie Hist. T, 70. 
legionum agmen hibernis adhuc Jllpibus tradusit, 1, 64. gro- 
tmios oammwaiuw praebuere. 1, 81. rori dotnos petivere. V, 17. 
nee CMUs süentem atruxit adem. et 111, 7. Aun. H, 6. Rhenus 
laiior et placidiar adfluem. Agr. 5. anxius et intentus agere. 
Die weiter onten gegebenen Beispiele Hist. II, 10 u.«. w., wo 
reeens statt mtper, aeiemum j$L aeteme^ immeneum st. immenße 
gesetzt werden, gehören gar nioht in die ▼orstebende Kategorie, 
sondern müssen nach griech. Sprachgebrauch erklärt werden, in- 
dem der AcGUsat. generis nentrius die Stelle des Adverb. Tertritt, 
wie auch zuweilen der Accns^ plural. i. B« Ann. IUI, 218* falsa ex- 
terrüum. \l^ 5. cuneta revincebatur. XIIII,22. prava diffaman* 
tibm. Vergl. Ramshorn Lat Gramm. S. 250. 48^ Matthiae Or. 
Gramm* S. 8S3. S. 48 muss der Artikel ae9nulatn8z=aemula- 
^0 wieder gestrichen werden, da Ann. XllI, M. aemulatuswl» 
Participium an fassen und Hist. IH. Oft. statt aemulatu ans dem 
Cod. Ma. aemulatore anfsunehmen ist. S. 54 ist Ann. III, 73. 
alias nicht aliam ob causam lu erklären, was allerdings (wie 
es dort heisst) insolentius wäre, sondern gehört zu Nr. 1. unter 
die Bedeutung alio tempore. Weiter unten hinter alU hätte 
aller in dem Sinne ?on diversus^ aUerms einen Platz verdient, 
wie Hist. 11, 90. lU, 1. Agr. 17« In dem für die Schreibweise 
altissumus angeführten Beispiel Ann. Uli, 88. scheint Hr. B. 
durch Bekkers frühere Ausgabe irregeleitet worden zu sein, 
in der späteren kritischen und in alten Ausgaben steht aUisshna. 
Dagegen vermissen mr opiumus Ann. III, 44. optumatibus Uli, 
44. S. 80 lassen sich för ceterum in der Bedeutung von re 
veraauiem noch folgende Fälle nachweisen: Ann. 1,6. patris 
jussa simulabat ^— eeterum, I, 14. se temperarüia usurum 
in iis quae sibi tribuereniur , eeteitun ansius invidia **-* pro- 
hibuit. XI III, 20. spectaculorum qmdem antiquitas servaretur 
-^ ceterum abolitos paulatim patrios mores fisndiius ever tiper 
aecitam lasciviam, XVI, 32. kabitu et ore ad exprimendam 
imaginem honesli exereUus^ eeternm animo perfidiosus. XVI, 
35* amen guidem dii prokibeant : ceterum in ea tempora naius 
es cett^ Hist. III, 06. ceterum ui quisque ctit, Uli, 3. ea 
prima specie forma^ ceterum ut prineeps loquebalur. Germ« 43. 
omnesque hi populi pauca Hampeiirium^ ceterum saltus et ver^ 
tices montium jugumque insederunt. S^. 02 zu cludere Ann» 
XV, 64. cluso corpore. Agr. 45. clusum armis sematumt, Germ. 
34. Chamavos a tergo Chasuari ckidunt. S. 02 v. codicilli für 
die Bedeutung sub Nr. 3. sprechen noch Agr. 40, IMal.7. S. 114 
zu neque oder nec=sneve^ et ne gehören noch Hist. I, 84^ nee 
miles centurioni — obsequatur. Ibid. nee illas vooes exerci- 
tusttudiat. III, 60. nee contupiscerent. An diesen Stellen 



Die netietici BesrbeittBgeM ie§ Tacitof. U 

hat freiUch selbsl noch Bekker iie Vm\g. ne heibehalten; eher 
flie älteste Handschrift ist für uns die erste Aactoritit. Vergl. 
Ramshorn Lat. Gramm. S. 818. Weiter naten steht sissstn 
aoeh Ann. XI, 28^ in eo diserimen verii^ st defensio audireiur 
ntqueforent. Bist. IUI, 72. a metu mfamiae^ ri imbuere cre* 
dereiur, S. 126 hedürfte das Verbnm eonsuUre einer genane- 
ren Entwickelnng ; namentlich steht Ami. 111, 4!ß' fugienlUua 
eonsuUte gleich parcüe^ wie Hist. lil, 82« ratio cunetandi^ ne 
aspernatus ffraelio miU/a no» populo , nmt senatui , ne temfUn 
quidem ac delubris deotum eonmleret. Sodann fehlt die Be- 
deutung von deliberare^ wie Germ. 16. S. 13S für die Schrei- 
bnng coiidie spricht noch Hist II , W* Ann. III, 54. Dial. IS. 
cf. Beier ad Cic or. pro Tuilio p. 08. 

In dem Artikel über den Dativns & 1» ff. ist ein von Ta- 
cittts besonders beliebter Gebrauch, diesen Casna statt des Ge- 
nitivos za setzen, ganzlich unbeachtet geblieben, a. B. Ann. I, 
22. plures seditioni ducea. I, 24. rector iuvenil II, 4S. Druso 
proavus. II, 4ß. päd ßrmator. 11,07. PtolemaeiUberis tutär. 
lli , 14. custos saluii. XIIII , 2. praenwUiaB flagüii u. s. w. 
Der I>ativus lusu statt lusui kommt auch Ann. XV, 48. vor. — 
Ebenso wäre S. 117 f. über et Mehreren und Genaueres zu sa- 
gen. Dass sab Nr. 5 welter nichts gesagt wird , als i. q. sed^ 
verOj und dann die Beispiele folgen, kann gewiss keinen Philo- 
logen befriedigen: es hätte ausdrücklich bemerkt werden soU 
len , dass in dergleichen Fällen die vis adversative in den Ge- 
danken schon genügend hervortrete, so daas eine, ebendieselbe 
Kraft noch besonders hervorhebende Partikel als überflüssig 
erscheint, zumal bei einem so gedankenrdchen Schriftsteller, 
wie Tacitus. Vergl. Walther ad Ann. 1, 13. Auch fehlen meh* 
rere hierher gehörige Beispiele. Sodann hätte der dem GricH 
cbischen ts — %a\ nachgebildete Gebranch von que — et^ der 
dem Cicero fremd, dem Livins aber und Tacitus ganz gewöhn- 
lich ist, nicht durchaus verschwiegen werden sollen. Se Ann. 
1, 4. 8eque et domum et paeem eustenlavit. 1, 71. sibique et 
praelio firmabai. XII II, M. regnumque et domum, Hist. I, 
§1. seque et Güllias espertae. IUI, 2. 8eque et cohortes. Agr. 
18. seque et arma. Ja es kommt sogar que — atque vor. Ann. 
Illly U. optbusque atque honoribue. Vergl. Ramshorn Lat. 
Gramm. S. 818 f. S. 187 musa espetibüie gestrichen werden, 
da an der einzigen dafür beigebrachten Stelle Ann. XVI > 21. 
nach dem Cod. Ma. esspectabMem za schreiben ist, freilich 
auch ein axa^ bIqiiiibpov, — Deber den Genitivus S. 46 ver- 
gleiche noch Ann. I, 12. victariarum adtnonuit^ wohin auch 
* das Verbnm retinere gehört. Hist. II , 10. retinebat terroris^ 
wie im Griechisdien xati%Biv tivog^ und das Participinm reti* 
nene bei Tacitus öfter. S. 217 sind in mehreren Beispielen, 
wie Ann. 1,8. II , 1. 37. Xi , S. Genitivi angenommen, wo ohne 



28 Bftmiioho Litteraiur. 

all^ Bedenktfi' Dativi so «Utoiren sind, welche nach S. 142 
erklärt werden miisgen. 8« 231, wo ronden HeterocJüis ge* 
handelt wird, hat man Ann. XVI, 26. aua dem Cod. Ma. die 
coutrahirte Form piebi statt plebi$ xu Tindicircn (vergl. Schnei- 
der Lat. Gramm. iL S. S59) und anaaetdem die gewöhnlichen 
Formen pleba und plebi aus Hiat. I, 35« 82. Ann. I, 8. aufanfüh« 
ren« Weiter unten muaa Ann. XI, 2. mollitia statt mollitiee^ 
XII, 60. saemiiam statt saevitiem geschrieben werden. Neben 
der gewöhnlichen Deelination Hieroaolyma^ — orumi gibt ea 
avch eine Singniarform Hieroaolymam Hist. V, 2. 

Für den Gebrauch von nee — quidem S. 315 finden wir 
nur ein paar Beispiele, Dial. 29. nnd Germ. T beigebracht, die 
man mit gleichem Rechte ummodeln könnte, als es Ernesti nnd^ 
andre so h&afig gethan, wenn nicht die ilteste Handschrift 
auch in den Annalen und Historien den Ausschlag gäbe: Ann. 
IUI, 35. XIIII, 35. Hist. I, 66. II, 76. IUI, 88. cf. Dial. 10. la 
S. 328 zn obumbrare kommt noch Hist. UI, 12. paucis resistent 
tium obumbratis statt der Vulg, obiruncatia. Die Bemerkung 
S. 354; ^^Haudpauci Germ»h> ^gr. 10. Ann, XII^^^, HisL 
/, 30. non perinde legunt, sed PROINDE; L Bekkerua 
Omnibus bis locii retinuU perinde^ neque est cur credas Ta-* 
citum promkcue usum esse bis vocibus^ praesertkn cum in atiis 
quogue vocabulis usurpandissummam prae se ferat consian^ 
tiam^ librorumque ßdes in hac re non satis certa sit^ quod per 
et pro particulae eodem modo esaratae leguntur in MS,^^ 
stellt sich als äusserst flach und im Widerspruch mit der offen- 
baren Wahrheit heraus^ denn erstens liebt Tacitos, wenn ir. 
gend einer, nicht nur Veränderungen in der Coustruction der 
Sätie, sondern auch Abwechselung in der Flexion und Forma- 
tion einieluer Wörter, wovon der Verf. seihst Beispiele genug 
gegeben hat, so dass wir ihn nur auf seine eigne Auetorität ver- 
weisen dürfen; zweitens kann es ffir die Orthographie des 
Tacitus keine höhere Auetorität geben , als den Cod. Ma., der 
nicht bloss an den beiden angeführten Stellen, sondern noch 
sonst sehr häufig proinde überliefert, wie Ann« XIII ^ 21. 47. 
XV, 44. Hist. II, 21. 35. 39. 68. 91. III, 58^ IUI, 36. 52. 72. 
cf. Passov. ad Germ. 5. S. 356 kann man der vereinzelt da- 
stehenden Composition perseverus noch beifügen persimples 
Ann. XV, 45. peridoneus IUI, 12. S. 365 sollte bei potiri auch 
der seltneren Form potereiur nach der dritten Coujugation 
Erwähnung geschehen sein, wie Ann. III, 61. 73. VI, 30. XI, 
12. 36. XII, 4a 51. XHI, 19. Ebenso wird auch oriri nach 
der dritten Conjog. flectirt Ann. H, 47. XV, 51. 52. Hist. IUI, 
49. oreretur. Ann. XI, 38. orerentur. Hnt. II, 24. coorerentur» 
S. 368 ist prae/aM fälschiicli durch pme^e^/aAt erklärt; es ist 
vielmehr gleich praevenire^ zuvorkommen, so dass die Worte 
Germani nando praelabebatUur Griechisch «Iso auszudrücken 



Bie ircuetten Bearbeitariges des Tacitot. ST 

würen: vr^x^f^^^^^ iq)%ttveVy woriii wir aiiefa. hti praeteriere 
S. 372 ilorch das iiber^ancrene Beispiel Ann. Uli, 10. erinnert 
>verden sollten: Silitis imminetUem damnatipnem voluntario 
fine praevertil. S. 816 Temiisst inan isnter pro = in Ilist. I| 
2T pro aede. I, 29. pro gradibus. I, M, pro vallo» . Der Arti- 
liel pro consule S. 317 ist darohaus ungenügend und nach fol- 
genden Deispielen mitteiat der ältesten diplomatischen Auct»- 
rität au berichtigen« und zu ergänien: Ann. II, M. 111, 88. 
HU, 23.73. XlllI, 46. XV, 22. Ilist. I, 411. 1IU,48. Za dei^ 
Ansicht, dass die Verbindnng des pro consule^ pro praetore 
mit dem Gehitivus der Pi'OTinz ungebriuchlich sei, hat sich 
Hr. B. dnrch Ernesti's willkührllche Theorie Terleiten lassen. 

Sowie wir oben die doppelte Schreibung perinde und 
proinde als neben einander bestehend anerkennen mossteis 
ebenso haben wir S. 381 nunt^r promüeuus , wenn anch nicht 
den Noniinativns Masc. promiacus, so doch promisco^ promiseum^ 
promisea^ promiscae^ promiscaa cett. nach der sichersten pa- 
läographischen Ueberlieferung^ anfaonehmen : so Ann. III, 58. 
70. VI, 8. XIII, 26. XIIU, 14. Hist. 1, 47. 84. II, 49. m. IUI, 
63. S. 305 i^t sowohl quanqyam als auch quandoque zu flüch- 
tig und oberflächlich behandeU. Der Gebrauch dea Letztem 
als Indefitiitum iftt gar nicht erwähnt » obgleich gerade darin 
das dichterische Gepräge der Rede des Tacitus mit zu socheo 
Ist, indem man nur an den Horatisclien Ausspruch quandoque 
bonua dormitat Homerus ^^viktn darf. Ulan muss dabei aller- 
dings auf die urspriingliche relative Bedeutung Ton quandocun* 
qne zurlickgehen und demnach Ann. I, 4. qui rem pubUcam in* 
terim premant^ quandoque distrahant^ elliptisch erklären : quan* 
docunque faerit ^ desgl. IUI, 2H. filium quandoque aupplicia 
sequerentur. VI^ 26. ettu^ Gatba^ quandoque deguatabis im- 
periiim, — Bei QlfE ist aof et verwiesen; dort aber findet 
sich für die Bedeutung van quoque nnr Bin Beispiel Ann. XIIII, 
28; denn die beiden andern, wo hodieque steht, fallen mit dem 
allgemeinen Sprachgebrauch zusammen. Indessen lassen sich 
nach den bewährtesten diplomatischen Qnellen noch andere 
Beispiele aufbringen , wo freilich Ernesti und seines Gleichen 
in der Regel que in quoque umgestcmpeit haben: Ann. 11,77. 
censuaque juvit, 1111^ 74. donec idque vetitnm. VI, 38. dai 
Parthorumque, XII ^ 35. fratreaque in deditionem aecepti» 
Xüll, 42. usque ad seditionem veniumest aenatusque. Hist. III, 
48. utfracto FUellii eserdtu urbemque fame urgereL IUI, ö8« 
argenti et aurique. HU, 54. per Galliaa et Germaniaaque. 
Agr. 17. super virtutem kostium locorumque difficultatea elu- 
ciatua. — S. 423 hat sich der Verf. einer seltsamen Ueber- 
cilung schuldig gemacht, indem er das von Hess angeführte 
Beispiel Cic. off. Ill, 15. genau wiederzugeben glaubt, ohne 
sich die Geduld au nehmen, das ganze Capitel durchzulesen, 



SS RiMtaolie IiiU«raliir. 



mathet er gidi uad teinen Lesern etwte UnmogUehee sea, dast 
§. 61. in den Werten: non plus qtiomsemel eloqttetur^ semel 
ein fnr allemal bedente, welche ^^^deutung nur anf das 
§. 02. semel indicaretur passi. S. 427 sollte das von Tacitus 
einigemal angewandte 9tM«t nicht fehlen, welches man eben so xn 
erltiären hat, wienfsit^, msine, ntsiquo4f deutsch ans s er 
wenn. Vergl. ttamshorn Lat. Gramm. S. 87& f. Ann. VI, 
25. voluntate essiinetam^ nUi si negatis alimetUis adsimulatus 
estfims. XV, 53. nisi si cupido dominandi eunctis adfectibus 
fiägrarUior est. Agr. 82. nisi si Gallos fide teneri putatis. 
Germ. 2. nisi si pairia sit. — Eine Eigenthümlichkeit des Ta- 
citinischen Sprachgebrauchs besteht darin , dass er dem Sopi- 
Bom auf fi, das man für den AblatWus eines Substantivi verbalis 
zu halten hat, davon abhangige Genitive beigibt, wosu auch 
S. 4S2 Belege beigebracht werden, die man mit folgenden be- 
reichern kann: Ann. I, 27. provisu pericuH. cf. XII, 6. 12. 
XV, 8. VI, 28. distinctu pinnarum. XIIII, 35. feminarum 
dietu. Hist. II, 5. äisposilu provisuque eü^ilium rerum. — 
Doch wir sehen, dass es Zeit ist, nnsre Bemerkungen im Ein- 
seinen hier abzubrechen, obgleich unser Vorrath noch keinesr; 
wegs erschöpft ist* Gehen wir daher lu den Prolegomenis au- 
rock, deren Beurtheilung mit Nr. % gemeinschaftlich vorge- 
nommen werden kann. 

In der Vorrede ven Nr. 2. -erklärt Hr. B., dass er eina 
Schnlansgabe des Tacitus beabsichtigt, diese aber vor der 
Hand noch verschoben und an ihrer Statt das vorliegende 
Büchlein zum Schulbedarf in die Welt geschickt habe. Das- 
selbe besteht aus einer nur etwas zu mager ausgefallenen Ab- 
handlung über Tacitua Leben und Schriften. Gleich suf der 
4ten Seite lautet es: artus quidem e gente Cornelia^ utrum e 
patrieia an plebeja famiUa ineerlum reliquit: allerdings; aber 
da in einigen Handschriften Tacitua das Pridicat eines eques 
Romanus erhalt und der von Plimus N. U. VII, 16, 7€ er- 
wähnte Cornelitts Tacitus, vielleicht des Geschiehtschreibera 
Vater , ebenfalls ein eques Romanua war , so gibt es dooh zwi. 
sehen jenen beiden Extremen einen zweckmässigen Mittelweg. 
Obgleich nun Hr. B* eine solche ziemlich nahe liegende Vermu- 
thung unbeachtet gelassen hat, so trägt er doch andrerseits 
kein Bedenken, ein altes Mährchen von Interamna (Terni) als 
der Gehurtsstadt des Tacitna fast wie haare Ullünze wieder auf- 
zutischen. Sollte ferner die Vermuthung über Tacitus Ge- 
burtsjahr für Schüler fruchtbar werden, so musste wenigstens 
der Weg, der zu dem mitgetlieiltea Resultate führt, etwas ge- 
nauer gezeigt werden, als ea hieir durch die kahle Angabe ge- 
achiebt: „c2e anno quo natus sü e PUnii epistoUs (7, 20 et 6, 
20) eor^etandm quaedam eUcere possumus^ eumque re aceura^ 
tissime JUsquUita wm uUra a. U. c.805 (52p. C.».) reßd^ 



Die neoMtea BanAeituigeo äo§ TacKiia, SO 

nefue vero eHam proferri posäe ulirm a. 8IIT WaldUuB eonien^ 
du ad Jgr. p. 129.^ Uebrigens miuiseB lur Bef^ruAdung dieses 
Ergebi^Mes soch andre Mitlei als die beaeichneten Qaellen ia 
Anwendnng gebracht werden. Die Audentoagen über die Zeit 
der Entstehnng und über die Beschaffenheil von Tacitus Schrif- 
ten sind gleichfalls xn dürftig ausgefallen, als dass sie die Wiss- 
begierde eines geistig regsamen Schülera der obersten Classen 
(denn von jüngeren kann doch nicht die Rede sein) sonderlich 
in Anspruch nehmen dürften. Man darf Schülern allerdings 
keine bloss für gelehrte Philologen besUniflite Untersuchungen 
der Art in die Hände geben; aber es ist auch bei weitem noch 
nicht genug, ihnen nichts als das dürre, Gerippe des gewönne* 
uen Resultats Torsulegea, ohne ihnen sogleich den Weg su zei-^ 
gen, wie man daau gelsngen kann« Dazu gehört freilich ein 
gewisser Tad, der uns die richtige Mitte zwischen beiden Ex- 
tremen angibt. Der Umstand, dass in den Prolegomenis zum 
Lexicon die Untersuchung umständlicher angestellt worden, 
Ist «kein Grund für das in Nr. 2 beobachtete Verfahren. Aber 
auch dort ist manches zu oberflächlich abgethan. Wenn z. B« 
S. V Passows Vermothung über eine Reise des Tacitus nach 
Britannien als ein apertus error hingestellt wird, ohne dass die 
Stelle, worauf jene Ansicht basirt ist, einer genaueren Prüfung 
unterzogen wird , so finden wir darin den Beweis einer unver- 
zeihlichen Flüchtigkeit. Abgesehen von der grammatisclieii 
Zweideutigkeit der zum Grunde liegenden Stelle Agr. 24. darf 
man nur den ganzen Zusammenhang gehörig festhalten, nm 
sich bald zu überzeugen, dass die dort geschehene Erwähnung 
des Hibernisehen regulos geradezu abgeschmackt und grundlos 
wäre, weiHt der Vorschlag zur Unterjochung Hiberniens nicht 
von diesem, sondern von Agricola ausginge. Am genügendsten 
Ist wohl die Abhandlung über den Z^/o^tis de oratoriöus z« 
nennen. 

Der zwicite Abschnitt handelt de Taeüi stilo^ zunächst 
S. 10 de tnirieiate siili TacüeL Dass aber unter diese variet/Mi 
auch inrumpere und irrumpere , adlicere und alUcere o. s. w. 
gerechnet werden, erscheint doch wahrlich als eine leere Spie- 
gelfechterei, die um so weniger auf ein genügendes Brgebniss 
rühren kann, als die vorzüglichsten Handschriften noch lange 
nicht mit der Genauigkeit verglichen sind, dass man sich in 
solchen minutiis orthographicis mit Zuverlässigkeit auf die 
vorhandenen Coliationen stützen könnte. Aber selbst dann 
wäre es abgeschmackt, dem Aactör selbst Varietäten unterzu- 
schieben, die nur von fahrlässigen Abschreibern herrühren 
können. Entweder befolgte Tacitus durchweg, zum mindesten 
In einem und demselben verbum compositum, die Assimilation, 
oder er schloss sich mehr oder weniger der altern Schreib-^ 
weise an, wenn «acii nicht In denfrühera und kleinera Schrif- 



n Röütfclie Littex«tor. 

ten (wenigtteas gebt uns da eine sichere paliogra|i^i9clie Granu- 
late ab), so doch gewiss in den Annalea und Historien. Für 
die letalere Annahme spricht die durch Victoriua veranstaltete 
Verfpleichnng der Florentiner Handschriften. Gleiche Ge- 
nauiji^keit in solchen Orthographicis venoisst man xwar bei Fo- 
ria'(oder Bekker), aber luweiien hat er doch die ungewöhn- 
liche altere Orthographie excerpirt, oline dass Bekker darauf 
Riicksicht genommen. Man vergl. hierüber unsere Bemerkun- 
gen in Zimmermanns allg. Schulzeitung 183S, Nr. 106. Ebenso 
wenig fühlen wir uns veranlasst^ eine Varietät zwischen abisse 
und abiisse^ epistula und epiatola^ volgua und vulgua u. s. w. 
anzuerkennen; sondern in den Anualen und Historien scheint 
die erstere Schreibweise die allein authentische gewesen lu 
sein. — Dass S. 20 eodem actu Hist. 1, 12. für ianto stehen 
soll , ist gewiss eine zu gewagte Erklärung ; man hat vielmehr 
nach einer dem Tacitus sehr gewöhnlichen Ellipse zum Com- 
parativus invisior — ianto su ergänzen, dagegen jenen Abiati- 
vtts als Instrumentalis zo fassen. Gleich unrichtig ist S. 22 
per acte«. als gleichbedeutend mit dem Ablativus proscriplione 
angenommen, da doch per wie das griechische dvi etwas ganz 
Anderes bezeichnet, als wenn der blosse AhlatiFus stände. Es 
Ist also diese Stelle himmelweit verschieden von der darauf 
folgenden: haud minus irä quam per mettim^ wo wirklich ein 
Hyperbaton stattfindet. Sodann S. 26 AT. de vi ac breviiate 
stili Tac. Unter der Ellipsis nomlnum ist zwar das früher in 
den Prolegomenis S. LXXXII aufgeführte Beispiel Hist. Uli, 
42. mit Recht getilgt, aber wir vermissen noch immer Ann. XII, 
1. Lollii consularis^ sc. filiam. Für die Elllpsis pronomiuum 
Ist bloss Ann. i, 35. für das personale beigebracht, wiewohl 
dieses Beispiel noch problematisch ist: ein dagegen sehr ge- 
wöhnlicher Gebranch, beim Accnsativos cum inf. das pronomen 
se wegzulassen ^ ist gar nicht berührt. Vergl. Ann. I, T 8. ^. 
1I> 38. 50. m 83. III, 47. 72 u. s. w. Krüger Untersuchungen 
aus dem Geb. der Lat. Spr., 111, S. 337 «. Ebenso fehlt die 
Weglassung von qui$que nach vorausgegangenem nemo^ wie 
Ann. XI III, 8; ferrum et caedea quonammodooceuUareturnemo 
teperiebat^ et ne quis Uli tanto facinori delectus iuasa aperne- 
rel metuebat , sc. qoisque. Hist. II , 52. ila trepidi et utrinque 
anxii eoeunt^ nemo privatim expedito conailio^ inier mullos so* 
cietate culpae itUior^ sc quisque. cf. Horat. Sat. 1, 1, 3. Cic. 
de erat. III, 14^52. Heindorf, ad Fiat. Gorg. 20. Ramshorn 
Lat. Gramm. S« 986. Dass Ann. VI, 36. m dem zweiten Gliede 
sed mereede aluntur das Relativum ^tii ünsgelassen sei, wird 
kein Mensch glauben, der aus vertrauter Bekanntschaf t mit dem 
Sprachgebrauche de» Tacitus gelernt hat, wie er die Coustru-' 
ctiön sehr hi^ofig auch in der Art zu verändern pflegt, dass er 
den begoueiien relativen Satz j^ötzlich wieder verlässt: so 



Die neoettfl« Benrbeitangen det Tacitut« Sl 

aoch hier and in tansend andern Fallen. — S. 47 lo der elli- 
psiä verbornni dicendi et sensnuni g[ehört noch Ilist. 1^ 85. ne 
contumas silentium^ ne suspecta Ubertas^ sc. videretnr. Ueber 
die Ellip^Is parlicularum ist Nr. 2 nur sehr kurz gesprochen, 
weshalb wir uns an die Proil. S. LXXXVIII f. halten. Bei dem 
ausgelassenen magis oder poiius sollte an die entsprechende 
Ellipse von näXlov im Griechischen erinnert (vergl. Ilerruann 
ad Viger. p. 884) und ein so häufig bei Tacitus vorkommender 
Fall nicht bloss mit Einem Beispiel abgefertigt sein. S. Ann. 
I, 58. UI, 17. 32. IUI, 61. nist. III, 60. IUI, 55.16. V, 5. 
Germ. 6. Desgleichen die Ellipse von ila bei vorangehendem 
ut^ wo freilich die llerausgeber manchmal den Tac. Sprachge- 
brauch verkannt haben, wie Ann. II, 33. utlocis^ ordinibua, 
dignationibua [sc. antistent, ita] antistent et aliis quae — pa- 
rentun 111, 55. ut quisque opHus, domo^ paratu speciosus, 
[itä] per nomen et clienlelas inlustrior habebatur. cf. Hist. Ij 
75. 11,20.23.33. 111,11.20. IUI, 4. Agr. 33. Ferner tarnen 
bei vorangehendem quanquam oder etsi^ Ann. I, 55. 11, 1. 40. 
Hist. 1,83. Agr. 5. Endlich «ec^ Ann. III, 19. 1111,35. XVI, 
21). Hist. I, 29. 83. II, 16 27. 76. III, 3. — Ueber das hierher 
gehörige Asjndeton ist bei weitem nicht bestimmt genug ge- 
sprochen. Ein sorgfältiges, auf den Ideengaog gerichtetes 
Studium des Tacitus wird jeden bald zu der Bemerkung führen, 
dass er hauptsächlich da Asyndeta eintreten läast, wo er ge- 
wisse Begriife einander entgegensetzen will. Freilich haben 
auch hier oft die Herausgeber, unbekannt mit diesem feinen 
Idiotismus, den Text des Schriftstellers durch eigne Conjectu- 
ren und Einschwärzuugen entstellt, z.B. Ann. XI, 5. cujus de 
potentia^ esitio, wo die lebenskräftige /lo^e^^tn einen grellen 
Gegensatz zu dem ea:itium bildet, mit welchem auch jene auf-- 
hört. VI, 35. peller ent, peller entur. XIII, 3. caelare^ pingere. 
XIII, 48. ordOf plebs, XIII, 55. Tiberio ^ Gfrmanico, XIIIl, 
21. consurgeret^ destrueretur. XV, 55. quae audier at^ conje- 
ctaverat, Hist. I, 79. saevilia hiemis^ miseria volnerum, II, 
42. cominus, eminus. Ebenso Ann. tili, 43. vatum^ annalium^ 
wo das Mythische und Unzuverlässige dem Historischen und 
daher Glaubhaften entgegengesetzt ist. — S. 51. De poetico 
»tili Tacüei colore. Wenn S. 57 der von den Griechen ent- 
lehnte, etwas freiere Dalivus für einen casus absolutus erklärt 
wird, wie auch von Welch zum Agr. S. 197, so ist damit die 
Sache zwar bald abgethan, aber die wahre Natur jenes Dativna 
noch nicht ins Klare gebracht. Wir müssen aber von der 
Grundbedeutung einea Dativus commodi oder incommodi aus- 
gehen, wie Hist I, 30. falluntur quibus luxuria specieni libera- 
litatia imponit. Nach ebenderselben Norm sind auch folgende 
Beispiele gebildet: Germ. 6. in Universum aestimanti plus pe- 
nes peditem roboris. Agr. 18. famam ausil aestimantibus. 



st BSaifeh« LUt«r«tiir. 

Hi8t. If, 50. tempora reputaniibus imtium •** competisse. IIl, 
8. magni momenii loeum obtiuuü reputoiUibufi. V, II. iurre9 
procul intttentibua pares, 

8. 09 folgt ein Indes locorum , in quibu$ ab Im. Beickeri 
recensiane diacedendum esse videtur. Da die Verbesseruiigefi 
nur angeg[ebeu, nicht genauer bejE:ri'indet sind, so wollen wir 
auch nur einzelne Stellen hervorheben und uns kurz dariiber 
aussprechen. S. YO beruft sich Hr. B. für die Schreibung Cai, 
Cnei statt Gai^ Gnaei auf Walther oder vielmehr Eckstein ad 
Dial. 17. Dort aber wird Quintiiian I, 7« 28. zum Beweis auf- 
geführt, aber grundfalsch verstanden: Gaius Clitlera notatur. 
Die Herren haben nämlich übersehen, dass notare so viel als 
abbreviren, per notas seribercy bedeutet, wie sie selbst aus 
Forcellini lernen konnten: also wenn man Gaius abbrevirte, 
schrieb man ein C, statt G, Vergl. Zumpta Lat. Gramm. §. 4. 
— Hist. I, 35. ist es nicht nothwendig resistena statt sistens zu 
achreiben, ja sogar ziemlich unpassend: weil Galba wegen sei- 
nes hohen Alters sich nicht recht auf den Beinen halten konnte, 
wurde er von dem herbeiströmenden Haufen auf einen Sessel 
gehoben. 'Der Dativus itiruenti turbae steht statt a iurba* 
I, S7. ist die Conjector e^ Tigelloni paraverunt von deli Zögert 
der ältesten Handschrift zu weit entfernt et egi alii perierunt. 
Näher liegt et si qui alii perierunt. Eine von den Griechen 
entlehnte liedensart d uvsg. cf. Ann. VI, 43. XII, 88. I^ 28. 
32. 35. Dialog. 3. 15. 18. 4:^. Unter den aliia hat, man Schin- 
der wie Patrobius zu verstehen, der durch Galba hingerichtet 
wurde, cf. c. 49. 11^ 95. — I^ 67. schlägt Hr. B. unaetvicesimae 
statt der Bekkerschen Lesart unetvicesimae Tor, ohne za be* 
denken, dass una kein Genitivus sein kann. 1, 70. hat die Con« 
jectur Urbicum etwas für sich, ermangelt aber der genaueren 
Begründung. — II, 3. IUI, 58. stimmen auch wir für die au- 
gebrachte Parenthese. II, 59. wird ohne allen Grund die be- 
währteste hesMtvcircumdaret prindpi ministeria in principia 
verändert. Dagegen sprechen IUI, 11. qui principatus inanem 
eifamam circumdarent. Agr. 20. egregiam famam paei cir^ 
cumdedit. Ann. I, 50. circumdatae stationes stratis etiäm tum 
per cubilia. Dial. 37. Verres et Antonius hanc Uli famam cir* 
cumdederunt. — II, 87. ist «evero« nicht nöthig. lil, 12. ist 
Atriam beizubehalten, indem Tacitus bei dem Städtenamen die 
ältere Orthographie vorzog, während er HI, 42. für das Meer 
die neuere befolgte, cf. Plinil N. H. IlI, 16. 121. — Warunoi 
III, 22. Tursum? 25. impulsos? 60. ne concup. %t. nee? — 
Ueber das IIII^ 4. eingeschwärzte ita haben wir oben schon 
jornständlicber gesprochen. V, 1. wird mit Recht duodecumam 
verbessert: soll aber kurz vorher decima zweimal ateheo 
bleiben Y — 



Die nevetten Bearbeitungen des TaciCot. 33 

Wir kommen nanmehr sn Nr. S— V, die wir, nachdem die 
besondern Eigenthümlichkeiten jeder einzelnen Ausgabe aus* 
einandergeaetzt sind, im Zusammenhange betrachten wollen, 
ao zwar, dass wir mit der Germania von Gmber, mit dem Agri- 
cola VOR Koth und dem Dialogua von Orelli die entsprechenden 
Stücke in der Rupertischen und Waltheracheo Ausgabe zu- 
aammenhalten. 

Die Rupertische Ausgabe, enthaltend die Germania, den 
Agricola nnd den Dialogus , wozn noch ein dreifacher Index 
über den ganzen Tacitus kommt, 1) rerum^ 2) verborun^^^) La-- 
tinitatisy ist ausser dem schon angeführten Titel noch mit fol- 
gendem allgemeinen versehen : C, C&melii Ihciti opera. VoL IV. 
BO dass wir also noch drei Bände, die Annalen und Historien 
enthaltend; zo erwarten haben. Dem ersten Bande soll ein 
Prooemium de vita et scripiis Tacitiy de horum indole^ codici^ 
bus MSS, et editionibuH vorausgehen. Da die Niebuhrsche 
Coiiatioh des Cod. Farnesianlis in der Bekkerschen Ausgabe 
des Dialogus erst nach dem Druck des vorliegenden Buches be- 
kannt wurde, so hat der Herausgeber in der Vorrede einen 
Nachtrag geliefert« Was nun die äussere Einrichtung anlangt, 
so ist zuvörderst jeder einzelnen Schrift ein gedrängtes Inhalts- 
verzeich niss und der Germania ausserdem noch ein Verzeich- 
niss solcher Schriften vorausgeschickt, die zur Erläuterung 
des Büchleins etwas beitragen. Ob der Herausgeber diese 
grosse Anzahl von Schriften sämmtlich gelesen und excerpirt 
bat, vermögen wir uicht zu entscheiden. Dann folgt jedesmal 
der Text des Auetors , Capitel für Capitel, und hinter jedem 
einzelnen Capitel stehen die Anmerkungen. Obgleich diese 
Einrichtung gerade nicht bequem ist, so konnte ihr doch Hr. 
Rupert! nicht recht ausweichen, weil die Noten oft einen über- 
mässig grossen Raum einnehmen, so dass unter dem Text der 
Platz nicht ausgereicht haben würde. Während z.B. das erste 
Capitel der Germania den fünften Theil einer Seite füllt, be- 
stehen die Anmerkungen dazu ans mehr als sechs enggedruck- 
ten Seiten. Der innere Gehalt dieser Noten ist au verschiede- 
nen Stellen verschieden , je nachdem sie von mehr oder minder 
bedeutenden Urhebern herrühren. Denn der Herausgeber 
scheint es als Hauptziel seiner Arbeit betrachtet zu haben, die 
Leistungen früherer Interpreten sowohl in den Ausgaben als 
in besonderen Schriften möglichst vollständig zu sammeln. Za 
diesem Behufe mag er seit Jahren zusammengetragen haben, 
so dass er zuletzt die ungeheure Masse nicht überall mehr ge- 
hörig zu beherrschen vermochte. Daher schreiben sich sehr 
häufig vorkommende Wiederholungen einer nnd derselben Er- 
klärung, Zersplitterungen mancher nur in ihrem Zusaromen- 
ha^ige verständlicher exegetischer nnd kritischer Erörterungen, 
ungeschickte, den Sinn des Urhebers entstellende Zusammen- 

A'. Jahrb, f, Phü. «. Päd. od, Krit, BiLl, Bd, XI Hft, 5. g 



Zi Romisehe LiUevilar. 

siehangen und Abkürzungen, Verwecluelong der Namen n. 8. w. 
u. 8. w. Laoter Fehler , die bei einer 80 anifa88enden Compi. 
lation nicht immer sa umgehen 8ind, wiewohl sie bei grösserer 
Sorgfalt und weniger Eile häufig hätten vermieden werden kön- 
nen. Die eignen Erklärungen des Fleransgebers nehmen bei 
Weitem den geringsten Raum ein und tragen nur selten ein 
originelles Gepräge an der Stirne. Am wenigsten genügt die 
kritische Seite des Buches i wo der Verfasser gar nicht recht 
auf eignen Füssen au stehen scheint, und bald dahin bald dort- 
hin schwankend noch weit von dem Ideale eines möglichst ge-^ 
Peinigten Textes entfernt ist. Ein solches Ideal zu erreichen 
ist allerdings bei dem schadhaften Zustande der heutzutage 
nur allein noch zugänglichen Quellen nicht mehr möglich: ein 
jeder aber muss sich demselben nach Maasagabe der ihm zu 
Gebote stehenden Mittel zu nähern suchen. In dem Verfahren 
des Hrn. R. vermissen wir aber einen festen, sich überall gleich 
bleibenden Grundsatz. Kurzum der unermessliche Stoff scheint 
ihn nur zn oft aus dem Gleichgewicht gebracht zu haben, wäh- 
rend er den Stoff beherrschen und seinem Grundsatze unter« 
ordnen sollte. 

Ehe wir in der Beurtheilung der übrigen Ausgaben fort-* 
fahren , möge hier der Grundsatz festgestellt werden , den 
W. V. Humboldt in der Vorrede zur Uebersetzung des Aeschy- 
llschen Agamemnon S. XXII so bestimmt ausgesprochen hat, 
und den wir nach innigster Ueberzeugung auch als den unsri- 
gen ansprechen müssen: „Die Herausgabe eines alten Schrift- 
stellers ist die Zurückführung einer Urkunde, wenn nicht auf 
ihre wahre und ursprüngliche Form, doch auf die Quelle, die 
für uns die letzte zugängliche ist. Sie muss daher mit histo- 
rischer Strenge und Gewissenhaftigkeit, mit dem ganzen Vor- 
rath ihr zum Grunde liegender Gelehrsamkeit, und vorzüglich 
mit durchgängigeir Consequenz unternommen werden, und aus 
Einem Geiste herfliessen. Am wenigsten darf man dem soge- 
nannten ästhetischen Gefühl, wozu gerade dieUebersetzer sich 
berufen glauben könnten [zu oft leider auch die Flerausgeber], 
darauf Einfluss gestatten, wenn man (das Schlimmste, was 
einem Bearbeiter der Alten begegnen kann) nicht dem Text 
Einfälle aufdringen will, die über kurz oder lang andern Ein«' 
fällen Platz machen.^^ — Nach diesem Gr4indsatze müssen den 
Annalen und Historien die Florentinischen Handschriften, dem 
Dialo^us der Farnesianus streng und consequent zur Basis die- 
nen, 80 zwar, dass Conjecturen, die an^ verdorbenen Stellen auf 
ein solches paläographisches Fundament gebaut und (wie natür- 
lich) im Geiste des Schriftstellers gemacht sind, grössere Ao- 
ctorität auf ihrer Seite haben, als die von späteren Abschreibern 
in den Text aufgenommenen glossatorischen Einfälle, wenn sie 
auch sonst noch ao geiatreich erscheinen sollten. Für die Ger- 



Di6 neneften BearbeUnngeii des Tadtaf, S5 

inania und den Apicola ist es filtr jetxt weit schwieriger, einen 
gleich fest basirten Text za gewinnen. Gleichwohl ist es rätli- 
licher, so wie einmal die Sachen stehen, die dem Alterthum 
am nächsten stehenden Quellen zum Gründe in legen, als will- 
kiihrlichen Vermuthungen allau weiten Spielraum za gestatten. 
Daher wird, wie wir unten genauer sehen werden, der Text der 
Germania zunächst auf den Codex Hummelianns, der des Agri« 
coia auf die durch Maggiorani (in der Dronekischen Ausgabe) 
verglichene Vaticanische Handschrift gebaut werden müssen. 

Wir wenden nns^pnnmehr zur Charakteristik des vierten 
Bandes des WalthersCTien Tacitus, deren Ende der wackre 
Bearbeiter selbst nicht mehr erleben sollte. Denn schon im 
November 1830 starb Walther, ohne das Ziel seiner ruhmvol- 
len und gewiss auch segensreichen Bestrebungen vollständig er- 
reicht zu haben. Von seiner Hand besitzen wir jedoch bei 
Weitem den grössten Theil des Werkes, die Annalen, Historien 
und die Germania vollständig, von dem Agricola ungefähr die 
Hälfte: de reliquis pauculas hie illic animadversionea adscri- 
pserat (so lautet es in der Vorrede zum 4ten Bande), secundia 
curia illas retraetandas et amplificandas ; praeter ea antiquarum 
aliquot editionum scripturas diacrepantes escerpaerat , neque 
id quidem aatia accurate^ quod denuo tnatituta comparaiio edo^ 
cuit. Wir müssen offen gestehen, uns in diese Erklärung, wenn 
wir sie mit demCommentar zusammenhalten, nicht recht finden 
zu können, am wenigsten in die Nachricht, dass Walther nnr 
pauculaa animadveraionea hier und da beigescbrieben habe. 
Denn in den Noten finden wir einen Unterschied gemacht zwi- 
schen solchen, welche von Walther herzurühren scheinen, und 
solchen, welche mit Klammern versehen sich als die Zuthat 
des neueren Herausgebers, des Hrn. Dr. Eckstein , herausstel- 
len. Darnach sind aber Walthers Anmerkungen nichts weni- 
ger als pauculae. Was aber soll man nach der einmal von 
Hrn. E. selber eingeführten Distinction für sein eignes und für 
Walthers fiigenthum halten? Ich muss ofi^en gestehen, dasa 
mir die nicht eingeklammerten Noten im Ganzen zu sehr 
das Gepräge des Waltherschen Geistes an sich zu tragen sehet« 
nen, als dass ich sie, abgesehen von einzelnen Verbesserungen 
und Veränderungen der Redaction, die ich nur hier und da zu 
entdecken glaube, im Wesentlichen für das Werk des Hrn. E. 
ansprechen möchte. Hätte er sich doch darüber genauer und 
bestimmter aussprechen wollen! Hat er aber wirklich den 
ganzen Commentar von Grund ^us selbst ausgearbeitet (näm- 
lich von der Mitte des Agricola an), so erscheinen die sehr 
häufig angebrachten Klammern als eine durchaus unnütze Zu- 
that. Doch dem sei nun, wie ihm wolle, wir nehmen die nicht 
eingeklammerten Noten im Wesentlichen für Waltbers Werk, 
sehen aber einer minder zweideutigen Erklärung des Hrn. Eck- 

3* 



S6 Romitche LiUeratnr.. . 

stein in dem la erwartenden Lexicon Ticiünum mU Znverläs« 
sigkeit entgegen. Dass derselbe In einzelnen Fällen, wovon 
weiter unten, seihe Pflicht in der Redaction nicht genau erfOllt 
hat, mag hiermit in Kiirze geriigt sein. Eine vorzügliche Be- 
reicherung dieser Ausgabe ist die von (/. W. Schluttig veran- 
staltete Vergleicbung eines Neapolitanischen Codex für den 
Dialogns de oratoribua, welche L. Döderlein noch an Walther 
selbst geschickt hatte. Aus einer genaueren Vergleichuug mit 
•der von Niebuhr herrührenden Collation des Codex Farncsia^ 
»US ergibt sich, dass beide IIandschri£teh eine und dieselbe 
sind. In der Vorrede S. Vlll beisst <£i: Pauci tantummodo 
repcriuntur loci^ übt Niebuhrüia ab Schluttigio diaaeniit^ cujus- 
modi diver süates itrfra adscripsi. Ffr. E. scheint mit dem Ue- 
griif des Adjectivums|iattct, sowie oben mit pauculae a?nmad- 
versionea^ einen ganz eignen Sinn zu verbinden; denn die von 
ihm selbst mitgetheilten Abweichungen belaufen sich auf ein 
und dreissig, können aber noch um einige vermehrt werden. 
Wir haben darauf erst vom 18ten Capitei an geachtet und noch 
folgende gefunden: 

Nlebuhr bei Bekker. Schluttig. 

Cap. 18. £» nulla parte in illa parte 

21 • suffecit siiffecerü 

24. collegerit colligüur 

31. hae quoque scientiae haec quogue seteniia 

requiruntur requiritur 

32* refert refert omissum 

3*l. extr. multo muUum 

Ein richtiger Tact lehrt, dass nicht selten die Schluttigsche 
Collation genauer ist als die Niebnhrsche, und gerade darum 
hat sie als Controlie der letzteren so grossen Werth für uns. 
Manchmal freilich geräth man auch in nicht geringe Verlegen- 
lieit, ob man dem einen oder dem andern Bcdchterstatter mehr 
Zutrauen schenken soll. — Als besondere Zuthaten finden 
wir eine collatio codicum Florentinorum nach Furia aus der 
Bekkerschen Ausgabe, S. 303 — 420, sodann einen index adno" 
tationumy der sich über alle vier Bände erstreckt und sich aia 
recht brauchbar bewährt. 

Nr. 5. hat laut der Vorrede die Absicht, dem Schüler und 
dem l^rennde classischer Werke einen Commentar zu geben, 
der ihn an keiner schwierigen Stelle rathlos lasse und ihm eine 
Ueber^icht der Hauptpuncte unserer Kunde von der ältesten 
Germanischen Welt verschafi^e. Dass dieser besonders die 
Frivatlecti'ire der Germania befördernde Zweck mit vielem Ge- 
schick und grosser Umsicht in der Auswahl des hierher Gehö« 
rigen der Hauptsache nach erreicht worden ist, darf nicht in 
Abrede gestellt werden. Dass man in einzelnen Pnncten mit 
Ilrn. y. Araber nicht immer einverstanden sein wird, liegt wohl 



Die neuesten Bearbeitungen des Tacitui. 8T 

III der Natur eines fto schwierigen und nicht selten hooh»t vcr- 
wicIceUen Stoffes. „Für die Krittle des Textes (heisst es S. V) 
habe ich durch VergleichnD^ von Handschriften und alten Aus- 
gaben leider nichts thun können: jedoch durch Zusammen- 
stellung der genauer verglichenen Handschriften und Ausgaben 
gefunden, dass dieselben sich in xwei Familien scheiden, deren 
Urschriften aber aus einer, wohl nicht ganz voniiglichen 
Handschrift stammen , so dass die benutsten Quellen der Les- 
arten in folgendem Verhältniss stehen würden : 

Stammcodex (nicht vorhanden ). 

Urschrift der erst. Fam. Urschrift der zweit. Farn. 

(nicht vorhanden). (nicht vorhanden). 

Hnmmelianus cod<lx. Tnricens. cod. 

Stuttgard. cod. Spiren8isedit.(princeps). . 

Farisiens. edit, Puteolana edit. 

Norimb. edit, Viennensis edit. 

— Von den drei ganz benutzten Handschriften ist dicHummel« 
sche die beste: ich bin daher nur selten und dann mit Angabe 
der Gründe von ihr abgewichen. ^^ — Dieses kritische Verfah- 
ren können wir nicht anders als billigen , und wenn auch im 
Verlaufe der Zeit durch genauere Vergleichung anderer Hand-* 
Schriften ein anderes Resultat gewonnen werden sollte, kann 
doch auf den einmal in dieser Art zuerst gemachten Versuch 
leichter fortgebaut werden. Die Verrauthung über den nicht 
vorhandenen Stammcodex und die daraus geflossenen Urschrif- 
ten zweier Familien ist freilich etwas gewagt nnd sehr proble- 
matisch: aber die hier vorgenommene Sonderung der noch 
vorhandenen Handschriften und alten Ausgaben ist gewiss sehr 
verdienstlich; Das Ansehen des Godek Hummeliänns stellt 
sich zwar bei Weitem nicht so richtig heraus, als das der Flo- 
rentiner und des Farnesianus: aber wir kommen doch dadurch 
der objectiven Wahrheit immer näher, als durch jedes xfenn 
auch noch so vorsichtig gehandhabtes eklektisches Verfahren. 
Auch scheiut der für Passow abgeschriebenie Codex Venetus, 
60 weit wir bei flüchtiger Prüfung bemerkt haben, dem Hnm- 
melianus noch am nächsten zu kommen, während die Wiener 
Handschrift (Codex Sambuci) mit der editio Viennensis manche 
Aehnlichkeit hat. — Die beigegebene Charte soll nur darstel- 
len, wie sich Tacitus Germanien eingetheilt und bewohnt dachte. 
Die Ausführung dieses Planes finden wir im Ganzen auch ge- 
lungen, nur dass wir die Tubantes nnd Ampsivarii gar nicht 
verzeichnet, die Suardones, Anglii, findoses, Reudigni, Varini, 
Aviones, Nuithones nicht ganz richtig geographisch vertheilt 
sehen; ferner wird S. 119 angemerkt, die Sitonen seien 
nicht auf das Festland, sondern auf die zu Cap. 44^ 1. erwälin- 
ten Inseln z« setzen, worauf die Charte selbst keine Rücksicht 
nimmt. Auf die Vorrede folgt eine i^inleltung, welche au9 



S8 Rumitoli« Lltt«ratvr. 

Tac. Leben das auf die Germania Bezügliche, das Hanptaach- 
lichste über den Zweck und Plan der Schrift und des Anctora 
Glaubwürdigkeit nebst Angabe der vorzüglichsten Hülfsmlttel 
enthält. Nach des Verf.x Meinung hat Tac. seine Studien zu 
den erst spater geschriebenen Annalen und Historien schon be- 
gonnen, als er die Germania schrieb. Ich glaube aber nicht, 
dass er .damals schon an die Annalen denken konnte: denn wie 
hätte er sonst in der Einleitung zu dem noch früher geschrie- 
benen Agricola ausser den Historien auch die Geschichte des 
Nervs und Trajanns verheissen, ohne auch nur mit einem Worte 
die Annalen anzudeuten. Erst als er nach Beendigung der Hi- 
storien das zweite versprochene Werk auszuführen aus wer 
weiss was für Gründen sich verhindert sah, mochte er den 
E2ntschlus8 zu den Annalen gefasst haben , in denen ebenfalls ' 
wieder eine unerfüllt gebliebene I^offnung zu einer historischen 
Darstellung des Augusteischen Zeitalters ausgesprochen wird. 
Durch die Annalen aber wurde Tacitus mit den Quellen der 
Germanischen Angelegenheiten genauer bekannt und konnte 
daher einzelne in seiner früher herausgegebenen Monographie 
begangene Irrthümer stillschweigend berichtigen. Daher er- 
klären sich manche Abweichungen in der Germania und den 
Annalen am leichtesten. Ob Tacitus selbst in Germanien ge- 
wesen sei, wird unentschieden gelassen, jedoch hinzugefügt: 
y, beinah entschieden spricht dagegen der Ausdruck accepimus 
c. 7.'^ Aber sagt denn dort Tacitus ausdrücklich, dass er seine 
Nachrichten iediglicli von andern Römern, die in Germanien 
gewesen, oder von früheren Geschichtschreibern vernommen 
habe? Kann man den Ausdruck nicht. weit besser ganz allge- 
mein von allen, sei el nun durch Autopsie oder durch fremde 
Gewährsmänner, eingezogenen Erkundigungen über den Ur- 
sprung und die Sitten der Germanen verstehen? Wenn sich 
jemand als Beobachter unter einem Volke befindet und später 
erzählt, was er an Ort und Stelle von den Einwohnern, mit de- 
nen er in Berührung gekommen, erfahren und gelernt hat, sollte 
er sich da nicht des Ausdrucks accepimus bedienen dürfen? 
— Ueber die Anordnung der einzelnen Theile und ihre Zu- 
sammenstellung zu einem Ganzen hat Hr. v. G. sich sehr wahr 
und richtig ausgesprochen und seine desfallsige Ansicht in 
einem besondern Inhalts -Verzeichniss genauer begründet. 
„Die beiden Hauptlheile der Darstellung sind eine allgemeine 
Charakteristik der Germanen und eine besondere der einzelnen 
Völker^ nebst Bestimmung ihrer geographischen Lage; diese 
beiden Theile sind wieder in kleinere Partien gesondert, welche 
aber meist nicht scharf von einander getrennt, sondern so leicht 
und natürlich an einander gereiht sind , dass der Leser kaum 
merkt, wo von Einem zum Andern übergegangen wird.^^ Un- 
ter dem Text der Germania steht zunächst eine Auswahl von 



Die neaettoa BcAftMitangeii 4et Taciüt. SO 

Varianten; fast jedesmal , wo von dem Cod. Hnmmelianua ab* 
gewiehen wird , ist es angegeben » wenn gleich hier einige Irr- 
thiimer oder Uebereilungen mit ontergeianfen sind'*'); dann 
kommen die deutsch geschriebenen Anmerlcungen nebst einer 
/ortlaofenden Uebersicht des Inhaltes. Den Beschluss macht 
1) eine kurze Uebersicht der Hanptbegebenheiten 
aus der Germanischen Geschichte bis auf Taci- 
tna Zeit; 2) nähere Angabe der in den geographi- 
schen Anmerkungen öfter citirten Quellen; S) 
Register au den Anmerkungen und Verbesserun- 
gen, unter denen wir S. 38 den Druckfehler delicti , S. 76 
Ann. VI , 60 statt 20. IV, 42 at. VI, S. 17. Ann. XIII, 85 st. 
XV, 53 Uh 8. w. vermissen. 

Der Heraosgeber von Nr« 6 hat einen doppelten Zweck 
verfolgt, einmal den Agricola als eine grammatischs Einleitung 
in den Sprachgebrauch des Tacitus zu bearbeiten, das andre- 
mal den Agricola selbst zu erklären. Zu dem ersteren Behufe 
ist in 30 angehängten Excursen eine Einleitung in die Gram- 
matik des Schriftstellers zu geben versucht worden , wobei in 
der Regel der Sprachgebrauch des Cicero und Livius mit dem 
des Tacitus verglichen wird. Mit Recht äussert sich darüber 
Hr. Roth folgendergestait: „Eine andre Einleitung in die Art 
des Schriftstellers als die grammatische, scheint mir nicht 
ausführbar zusein. Betrachtungen überden Geist desSehrift- 
stellers finden da mit Recht aufmerksames Gehör, wo man ihn 
schon kennt: wogegen sie für den, der ihn erst kennen lernen 
soll, todte Worte bleiben. Dagegen gewährt die Darlegung 
grammatischer Eigentliümlichkeiten die natürlichen Mittel den 
Geist des Mannes selbst zu fassen.'^ Was die Kritik des zum 
Grunde gelegten Textes anlangt, so erklärt sich Hr. R. mit 
Recht gegen Walchs dictatorischen Ausspruch über den Codex 
Vaticanus 3429 und legt demselben mit Droncke und U. Becker 
ungemeinen Werth bei. Walchs ungünstiges Urtheii scheint 
lediglich auf einer subjectiven Stimmung zu beruhen, die sich 
leider in seinem sonst so vortrefflichen Commentar zum Agri- 
cola jinr zu oft kundgibt: er mochte seine Arbeit nach den 



*) Mefarnials sirnd die Lesarten des Cod. Ham. nicht verzeichnet, 
«ibgleich es Hr. v. G. doch aaf VoUitändigkeit abgesehen zu haben 
sclieint , zuweilen sind die Lesarten nicht richtig verzeichnet. So ist 
z. B. S. 5 Tuisconem dem Hunrai. zugeschrieben, obgleich fliese Lesart 
nur am Rande desselben steht. S. 16 ist nicht erwähnt y dass Hamm. 
disiinguuntur bieten soll nach Passow praef. p. X, wiewohl Selling 
schweigt. S. 18 primum statt primo^ S. 23 ceCerts, S. S5 8uper8lit€ 
principe f S« 58 ac de corp, — pmrva st. prava^ S. 68 ah ois — - an 
h9ij S* 105 Gatint, S. 107 HoriM — Lanimot, S. 120 mürtos u. a. 



40 Bömlscli« Litteratur« 

früher ihm gebotenen kritischen Quellen im Wesentlichen schon 
voUeudet haben, als mit der Dronckischen Ausgabe eine ge- 
nauere Vergleichung der genannten liaudschrift ans Licht trat, 
die mit seinem bisherigen Urtheii in einzelnen Stellen weniger 
überein«tiiDmte als er selbst wünschte. Daher nun seine Ver- 
stimmung und sein ungerechtes Verdammungsurtheil. Dass 
dieser Codex offenbare Schreibfehler hat (und gibt ea dereu 
nicht auch dieUnzalüin den Florentinern 7), muss jeder zuge- 
ben; aber Ilr. 11. bemerkt sehr ricIUig, dass selbst in seinen 
corrupten Stellen ein vortreffliches Original ala Grundlage und 
die Abschrift als eki Werk grosser Tceue bei mangelhal'tea 
Kenntuissen erscheine. Mag Walch auf seine divins« torische 
Kritik auch noch so sehr pochen und das papierne Ansehen, 
wie er es in seinem Unmuthe zu nennen beliebt^ mit aller Ge- 
walt herabzudriicken suchen, diesem müssen wir doch immer 
zunächst das Gepräge der Objectivität ablernen, während jene 
in den meisten Fällen eine bloss subjective Grundlage hat. — - 
Die Noten unter dem Text sind ziemlich kurz ausgefallen , oft 
nur zu dürftig ausgestattet, wo man genauere Aufklärung zu 
erwarten berechtigt war nach dem einmal aufgestellten Grund- 
satz; dagegen wird andrerseits sehr häufig auf die Excurse 
verwiesen, in denen der Sprachgebrauch des Tacitus mit gros- 
ser Sorgfalt und Umständiichkcit entwickelt wird. 

Da wir später nur theii weise auf die Excurse des Hrn. R. 
zurückkommen werden, müssen wir sie hier schon etwas genauer 

^ ins Auge fassen. Zuvörderst nun wird §. IV. von dem bei Tac. 
oft wiederkehrenden Pluraiis abstractorum gehandelt, worin 
ihm schon Cicero mit besonderer Kühnheit vorangegangen ist. 
Die Kraft eines solchen Pluraiis wird mit Recht auf die ver« 
schiedenartigen Aeusserungen (species) des betreffenden Ab- 
stracti zurückgeführt. Nachdem dieses Sprachgesetz durch 
vi^ie Beispiele gehörig begründet ist, nimmt Ilr. R. Ann. illl, 
S3. XII, 49. die Lesarten der Flor. Codd. gegen Lipsius in 
Schutz und zwar nach Gebühr, wiewohl an der ersteren Stelle 
infamiae ganz einfach durch Entehrungen deutsch wieder- 
gegeben werden kann. An der zweiten Stelle findet man ge- 
wöhnlich Lipsius Coiijectur im Texte, und selbst der jüngste 
Herausgeber, Ritter, hat sie auf Treu und Glauben beibehalten« 
Hr. R. bemerkt aber mit vollem Rechte, dass in der von L« ci- 
tirten Stelle des Suetonius Claud. 5, die durch ihn eingeführ- 
ten scurrae gar nicht vorkommen, sondi^rn hominessordidissimiy 
9^ein Ausdruck, der allein stehend, ausser Verbindung mit einem 
Worte moralischen Sinnes, wie turpis ^ allermeist nur den 
Stand und die Herkunft, nicht die Sinnesart bezeich« 
net, und daher mit scurra keineswegs gleichbedeutend genom- 
men werden kann.^^ Wenn auch der gewählte Ausdruck etwas 

■ lu modern klingt, dass Claudius den Pellguus zum Intendanten 



Die nenestea Bearbeitmigeii des Tacitnt. 41 

seiner ITnterhaltnni^en gebraucht habe, aö ist doch der Sinn 
der TOB TacUoa im ersten Gliede der angefochtenen Stelle 
gebrauchten Worte richtig wiedergegeben. Hr. R. glaubt daa 
zweite Glied mit dem ersten durch ein in curaret verlornes et 
verbinden zu müssen. Wir finden aber das Asyndeton gar nicht 
unangemessen. Dass bei atium im Gegensatz zu amtlicher Thä- 
tigkeit an Claudius Literaturliebhaberei zu denken ist, finden 
auch wir sehr wahrscheinlich: ,,Aber diese Beschäftigung war 
unfruchtbar für ihn und für andre^ inera otium, wie Suülivs 13, 
42. dem Seneca inertia studia vorwirft. Claudius erfindet 11, 
14. drei neue Buchstaben , die man aas Loyalität unter seiner 
Regierung gebraucht und nachher wieder vergisst. Es war 
eine Gelehrsamkeit, welche von seinem blödsinnigen Wesen 
ungehindert anwuchs und dieses nicht aufhellte ^^ u. s. w. -^ 
Auch §• V. , wo von dem metonymischen Singularis gehandelt 
wird, ist Hr. R. dem Rec. begegnet, indem er Ann. Hll^ 12. die 
handschriftliche Lesart auperbiam gegen Muretus Conjectur in 
Schutz nimmt, und den Satz, nur nicht ganz treu, also über- 
setzt : ihr auf ihren Kinderreichthum pochender Stolz trachte 
durch die Folksgunst nach Alleinherrschaft. Ebenso billigen 
wir die §. VI. gegebene Bestimmung, dass auf.verba sentiendi 
und declarandi, wenn sie im Passivo stehen, den Acc. c. Infin. 
zur Bezeichnung des Bestimmten und Entschiedenen, den Nom. 
c. Inf. zur Bezeichnung des minder Bestimmten und Unver- 
bürgten folgen lässt. Zu den S. 131 beigebrachten Fällen ger 
hört noch Hist. III, 19. plebem armari nuntiabaiur. Germ. 33. 
Angrivario8 immtgraase dicebatur. — §. X, 3. wird als eine 
Dativconstruction die durch Attraction bezeichnet und hinzu- 
gefügt, dem Verf. sei keine Stelle des Tacitus bekannt, welche 
dadurch zu erklären wäre, da solche, wie Ann. I, 59. nt gui- 
husque bellum invitis aut cupientibus erat^ keiner Erklärung be- 
dürften. Aber sie bedürfen doch einer solchen als der den 
Griechen entlehnten Attraction zugehörig, und zwar eben so 
sehr als Herodot. VIII, 10. 060161 Sh xal ijdo(iivoL6i rjv tu yi- 
vöiievov, Thucyd. II, 3. t(3 nXrj&si ov ßovkogiavo) ^v. Da- 
hin gehört auch Ann. VI, 1. qtiibus adeo indomitia exarserat. 
Hist. III, 43. ceteris remanere voleniibus erat, cf. Agr. 18. — 
§. XI. wird der statt des Genitivus von Tac. so häufig gesetzte 
Dativus sehr charakteristisch als belebender denn jener und 
als eineProcedur der Grammatik betrachtet^ welche in das rhe- 
torische Capitel XU a^vxcc S(ifl)vxcc noulv einschlägt. Darnach 
wird Ann. XII, 30. subieclis — muUa caritate sehr richtig er- 
klärt: Vaugio und Sido bewiesen gegen Rom besondere Erge* 
benheit^ während sonst solche Unterthanen Roms so lapge viele 
Anhänglichkeit zeigten^ bis sie zur Gewalt gelangt waren^ um 
dann desto bitter ern Hass herauszulassen. Die Worte muita 
caritate sind als abl. absolut, zu nehmen, mit welcliem der Da- 



45 Römisehe Lltteratofi. 

tivus Buhiectia ia {gleicher Art verbunden ist , wie Ann. I, dO. 
unde maior Caesari meius. Darnach liat auch Beicker Ann. If, 

46 extr. die handschrifliiclie Lesart paci firmator statt der 
. Vuig. pacis wiederhergestellt. — S. 163 ist wohl nur durch 

Uebereilung Ann. IUI, 3. adulterio peUexit das erstere Wort 
alt Ablativus aufgefasst worden, während es doch unbedenlc- 
lichDativua ist und für ad aduUerium steht nach Analogie einer 
Unzahl von Beispielen in den Schriften des Tacitus. Auch 
Bist. IUI, 56. hat sich Hr. R. durch seine Vorliebe für den 
Ablativus verleiten lassen, auf den Grund des Stillschweigena 
von Victorius, PIchena und I. Gronovius pertinacia accenderen^ 
tur für die allein richtige Lesart des Cod. Ma. zu halten,' wäh- 
rend doch das ausdruckliche Zeugniss von Ryckius für perii- 
naciam accenderent und die stillschweigende Aufnahme dieser 
Lesart in Bekkers Ausgabe wenigstens mehr äussere Auctorität 
für sich hat; denn Ein affirmatives und Ein negatives Zeugniss 
wiegen doch schwerer, als drei negative Zeugnisse. — §. XIV. 
wird von dem Ablativus des Innern, des äussern Beweggrundes 
und der wirkenden Ursache gesprochen, wo bei Cicero wenig- 
stens in der Regel zur genaueren Bezeichnung ein Participium 
beigegeben wird. Dagegen kommt bei Tac, abgesehen von 
den gewöhnlicheren Fällen, wie odioy metu u. s. w., unzählige* 
mal der blosse Ablativus vor, wo man gewöhnlich zur Milderung 
ein Participium hinzufügt. Den richtigen grammatischen Stand- 
punkt hat jedoch Hr. R. diesem Ablativus noch nicht angewie- 
sen, obgleich ihn die von Tacitus so beliebte Variation des Aus* 
drucks darauf hätte bringen kennen. Hist. I, 79. lapsantibus 
equis et cataphractarum p andere, I, 85. tniliiibtis sparsis per 
domos et maligna cura in omnes. III, 42. segnilia maris aut 
adversante venia. III, 58. superstitiane naminia et quia cansi^ 
lia audiuntur. II I, 84. mabilitate ingenii et cum displicerent. 
Hieraus leuchtet ein, dass wir jenen nackten Ablativus ia die 
Kategorie der Casus äbsoluti zu stellen haben und zwar mit 
causaler Bedeutung, wobei man sich am leichtesten das Parti- 
cipium des verbi substantivi hinzuzudenken hat, so dass z. B. 
pandere so viel wäre als ax^sos ovtog, maligna cura in amnea^ 
Tcaxo&v^las slg anavzaq ovöijg. Höchst steif und unnatürlich 
ist das Hist. I, 28. zu fnagnitudine sceleris hinzugedachte ct^/i- 
ctans^ ein Begriff, der unmöglich ergänzt werden kann, wen» 
der Schriftsteller nicht geradezu auf Zweideutigkeiten und 
Missverständnisse ausgehen will. Auch hier ist nach Maass- 
gabe der aufgestellten grammatischen Grundlage ganz einfach 
zu erklären quum scelus mägnum esset. — §• XV, 2. wird von 
dem Ablativus instrumenti auch bei Personen gehandelt, wo 
man sonst gewöhnlich per setzt. Unter den angeführten Bei- 
spielen gehören nur Ann. II, 19. und Hist. 1, 19. hierher. Dia 
übrigen sind anderer Art. Auffallen moss es, dass Hr. Roth 



J)ie neaesten Bearbeitungen des Tacitos. 4S 

zn Ann. II , 40. bemerkt hat, Bekker und Walther bitten den 
MSS, zuwider transjugiia in den Text genommen, da et doch 
einestheila nur eine einzige Handschrift dieses Baches gibt, 
anderntheils die in dieser befindliche Lesart weder von Bekker 
noch von Walther ausdrücklich verzeichnet ist, so dass man die 
wirklich handschriftliche Lesart noch gar nicht mit Bestimmt- 
heit kennt. Aber auch angenommen, tranafugis ^e\ die hand- 
schriftliche Lesart, so würde dennoch der Ablativus durch ein 
ausgelassenes Participium oder ganz einfach so zu erklären 
sein: quiamulti iransfugiebant^ nudaius. — Was §. XVI. über 
muthmassliche Nominativi absoiuli bemerkt wird, scheint mir 
durchaus unhaltbar, da man durch eine von Tacitut so sehr 
geliebte Ellipse jede Schwierigkeit ganz leicht beseitigen kann. 
Daa übermassige Streben nach Absolutismus scheint in der 
Grammatik eben so gefährlich zu sein, als in der Politik. Ann. 
IUI, 69. ist von Hrn. B. nur halb verbessert, da man die hand- 
schriftliche Lesart nach Furia's Collation buchstäblich beibe- 
halten kann: metus vtsus^ soniius aut forte ortae suspicionis, 
Metus ist der Nominativus plur., visuSy sonitus^ suspicionis sind 
von jenem abhängige Genitivi. Der Sinn ist folgender: Man 
hegte die Besorgnisse^ gesehen^ gehört zu werden^ oder es 
möchte zufällig irgend ein Verdacht entstehen. Der Pluralis 
metus darf um so weniger befremden, als er auch sonst wieder- 
kehrt, wie Ann. IUI, 71. metiis suos. VI, 18. priores metus. 
XIIII, 57. metus eius rimatur. Es nimmt Wunder, dass Hr. R., 
der an dieser Stelle Bekkers Verfahren tadelt, die von demsel- 
ben mitgetheilte Lesart des Cod. gänzlich ignorirt. Von einem 
Mom. abs. kann gerade hier am wenigsten die Rede sein , da 
erant ansdrücklich gesetzt ist. — Auch §. XVII. und XVIIL 
wird der Gebrauch des Abi. absol. zu weit ausgedehnt. — 
§. XIX. vom zweiten Supinum, dessen Anwendung auf Hist. I, 
12. gänzlich misslungen ist, indem die Worte eodem actu invi- 
sior auf eine höchst gezwungene Weise erklärt werden: eben- 
dadurch desto verhasster in dem was er that^ in seiner Behand- 
lung der Staatsgeschäße. Wie ist es aber möglich, eodem 
dicht neben actu für sich allein zu nehmen in dem Sinne von 
eadem re, actu mit ergänztem rerum^ wozu die Belege aus For- 
cellini entlehnt sind, auf öffentliche Geschäfte zu beziehen, 
und noch obendrein zu tnrmor ein tanto zu ergänzen? Eine 
solche Häufung von Ellipsen und gezwungenen Constructionen 
an einer und derselben Stelle darf schlechterdings einem Schrift- 
steller wie Tac. nicht aufgebürdet werden. Eodem actu ist 
entweder mit Walther zu erklären, oder ganz einfach durch 
eadem re, wie wir im Dentschen manchmal das Wort Act ge- 
brauchen: dann wird auch das zu invisior zu ergänzende tanto 
nichts Auffallendes mehr haben. •— Sowie wir schon vorher 
gesehen haben, dass Hr. Roth bei Anführung eines der sechs 



44 Römische Litterator. 

ersten Bücher derAnnalen vcn Manuscripteii imPluralis sprach, 
eben so voreilig beruft er sich S. 209 Ann. VI, 5. auf Victo- 
riu8, der doch bekanntlich nur den andern Cod. Florentinua 
verglichen hat. cf. Waitheri praef. p. XXXVII. Auch Bck- 
kers Stillschweigen spricht für das Gegen th eil der hier aufge- 
stellten Yermuthung. — g.XXVllI. kommt das vonTacitus zu- 
, weilen gebrauchte que statt ^uo^t/e zur Spräche, wo wir im 
Wesentlichen mit dem Verf. übereinstimmen. Wenn er diesen 
Gebrauch aber auch auf Ann. I, 28. II, 33.r übertragen will, 
so stützt er sich theils auf eine falsche Interpnnction, theila 
auf eine falsche Lesart. An der ersteren Stelle darf man nur 
statt desPunctes vor t^t^t^r ein Komma setzen, so Ist alle Schwie* 
rigkeit gehoben; an der zweiten aber hat man nach Anleitung 
der überlieferten Schriftzüge antiatenl talis guae also zu emen- 
diren: antistent et nliis guae^ und demnach also zu Interpret!- 
ren : sed quia , ut locia, ordinibus, dignationibua antistent^ ita 
antistent etiam aliis rebus cett. Ueber die bei Tac. ganz ge- 
wöhnliche Ellipse des ita haben wir früher schon gehandelt. 
Aach die Wiederholung von antistent im ersteren Gliede darf 
nicht auffallen, da es sich sowohl von selbst ergibt, als auch 
durch ein ganz ähnliches Beispiel Agr. 44. bestätigt wird.' Ann. 
II, 43. ist zweifelhaft, da Bekker quoque beibehält^ ohne einer 
Abweichung aus dem Cod. zu gedenken. III, 34. gehört gar 
nicht hierher. Dagegen vermisst man Ann. I, 65. 11,37. VI, 
33. XII. 35. XIIÜ, 28 42. Hist. IUI, 53. 54, wo nach den Flo- 
rentinischen Handschriften que statt quoque wiederhergestellt 
werden rouss. So viel über die Excurae^ Den Beschluss macht 
ein Verzeichniss der behandelten Stellen. 

Nr. 7. endlich ist aus den verschiedenartigsten Bestand- 
theilen zusammengesetzt, die zum Theil auf dem Titel ver- 
zeichnet, zum Theil in der Vorrede versteckt sind. Das Haupt- 
verdienst des Herausgebers besteht darin, dass er den bis da- 
hin sehr verunstalteten Text des Dialogus nach der Farnesi.<9chen 
Handschrift, soweit deren Lesarten mitgetheilt waren, wieder 
herzustellen bemüht war. Zu diesem Behufe legte er die erste 
Ausgabe des Lipsius zu Grunde, deren Anmerkungen vollständig 
abgedruckt sind, weil sie sehr abweichen a posterior ibus ejus 
curis quas saepenumero repetitas habemus. Aus der später 
bekannt gewordenen CoUation des gedachten Codex hat sich 
freilich ergeben, dass Hr. Orelli sich mehrmals in seinen Ver- 
muthungen über die wahren Lesarten jenes Cod. geirrt und 
daher auch nicht selten auf unsichcrn Grund gebaut hat. Des- 
sen ungeachtet hat er denStandpunct für die Wiederherstellung 
des Textes schon richtig angegeben: ^^ Prima alque potissima 
auctoritas Codicis est Farnesiani: secundariae partes trium 
Vaticanorum unam atque eandem indolent prae se ferentium^ 
etsi quisque eorum suas proprio» habet et corruptelas et ernenn 



Die neaesten Bearbeitaogea des Taeita«. 45 

dationea et interpolationei : eo autem diligeniiüs räendum ml- 
huc est nobis horum irium lectiombus minus^ue haesitandum 
in recipiendia iis quae interna boniCate commendata praebent^ 
qnod nondum^ ut optatidum eratj constät de integra Farnesiani 
iectione: quae si aliquando innotuerit^ Vaticani^ ni magno 
opere fallofy recident ad editionutn auctoritatein ; id est^ quae 
proprio exhibent , coniecturae instar erunt habenda ac per se 
dumtaxat sive es inter?ns veritatis argumentis diiudicanda,^^ 
— Auch die Ansicht des Herausgebers über den Verfasser des 
Dialogus, welche er S. LXI ausspricht, tragen wir kein Beden- 
ken mit zu unterschreiben: ,,7ie in Latinitate quidem kujus 
Dialogi posterioris aetatis vestigia reperio neque in genere di- 
cendi ullam atiam discrepantiam a Taciti stito atque eam^ quae 
necessario intercedere debet int er scriptum Oratorium et histo- 
-rica. Recens tum erat a rhetorum scholis et res ad easdent 
quam maxime spectantes tractabat: quid mirum^ si ex iis in 
toto scribendi genere aliquid contraxit ? Manifesta praeterea 
insunt passim vestigia recentis lectionisy vely si mavis^ imitatio- 
nis operum rhetoricorum Tullii ( cf, cap. 31 ) .* si quidem aliter 
fieri fere nequibat^ quam ut tale ingenium juveniUbus praeser- 
timannis^ quibuskoc opusculum elaborasse mihividetur^ summa 
cum reverentia operam dar et perfectissimo scriptori eumque 
tamquam absolutum eloquentiae Latinae exemplar sequendum 
sibiproponeret^ antequa?n suae et propriae indoli tan dem prorsus 
obsecutus ab unius imitatione recederet atque major ibus ac vere 
aeternis in scripiis se ipsum praeter ceteros expiimeret vir ge- 
nerosissimus. JSx hac autem ipsa inter imiiationem et innatam 
atque insitam cogitanäi et loquendi rationem veluti pugna ac 
concertatione equidem repeto elocutionis naevos nonnuüos^ quos 
omnes excusare nolim''^ cett. — Auf den Text und die darun- 
ter gesetzten Anmerkungen folgen S. 95 — ^^100 Bemerkungen 
▼on U. Becker und Döderlein, S. 101 — 114 die auf dem Titel 
schon aufgeführte Abhandlung von H. Gutmann, S. 115 — 160 
die Chrestomathia Frontoniana, deren genauere Prüfung uns 
fern liegt. Jlr. Gutmann sucht unter andern aus der Zeit, wo 
der Dialog gehalten worden, darzuthun, dass Tacitus der Ver- 
fasser desselben nicht sein könne, und argumentirt etwa folgen- 
dermansen: Der Dialog wurde Im J. 75 n. Chr. gehalten (Dial. 
IT.), Täcitus aber war im J. 88 Prator (Ann. XI, 11.): ange- 
nommen nun, Tac. wäre als Zuhörer des Gesprächs etwa 17 
Jahre (warum nicht auch einige Jahre älterl) alt gewesen, 
60 hätte er im J. 88 nicht schon Prätor sein können, da hierzu 
ein Alter von vierzig Jahren erfordert wurde. Allerdings« 
zu Cicero's Zeit, woran der Verf. allein denkt: aber hat sich 
denn seitdem bis zum J. 88 n. Chr. im Römischen Gemeinwesen 
gar nichts geändert? In chronologischen Untersuchungen musa 
man mehr als irgendwo auf die Veränderungen in den Zeitver« 



46 Römifche LitteraCor. 

hältnissen Rucksicht nehmen, wenn man nicht jbden Angenblick 
Gefahr laufen will| seinen Schluss auf falsche Prämissen zn 
gründen. Und so hat sich denn auch Hr. 6. um zehn volle 
Jahre verrechnet , da nach Dio Cassius LH, 20. in der Kaiser- 
zeit für die Prätnr das Alter von dreissig Jahren bestimmt 
\ii-ar. Auch Tacitns Schwiegervater Agricola wurde als Dreis- 
si^jähriger schon Prätor. Cf. Walch ad A^r. p. 414. S. 106 
wird unter die Fehler der Schreibart des Dialogs auch der ge- 
rechnet, dass oft zwei Worte stehen, wo ein einziges ausge- 
reicht hätte. Aber finden sich dergleichen Fälle nicht auch 
bei Cicero , nicht auch in den historischen Schriften des Taei- 
tus selbst? Und wenn sie im Dialogus häufiger zum Vorschein 
kommen^ als in den historischen Werken, ist denn da auf den 
verschiedenartigen Charakter, auf die Verschiedenheit des 
Alters gar kein Gewicht zu legen? Wenn ferner Aper einiges 
Abgeschmackte zur Sprache bringt, haben wir da nicht den 
Grund in dem eignen Geständniss des Verfassers cap. 1. za 
suchen? Sodann werden einzelne Beispiele hervorgehoben, in 
denen vestigia Latinitaiia in deterius paulatim labentis insunt^ 
corruptua interdum sermo, saiis vigoris^ sed saepe detorii. Zu- 
vörderst cap. 3. negotium sibi imporiare statt sibi imponere^ als 
wenn in den übrigen Schriften des Tac. nicht Aehniiches gegen 
den gewöhnlichen Sprachgebrauch gewagt wäre: es ist fast 
eben so, als wenn wir sagen wollten: sich ein Geschäft 
anfbürden, statt des gewöhnlichen auferlegen. Dann 
findet er Gleichklänge und Tautologien, dergleichen oft die 
besten Schriftsteller aus der alltäglichen Terminologie aufge- 
griffen haben, z.B. das oft wfederkehrende Hercti/e;i welches 
in Taciti libris rarissime reperitur. In Agricola et Germania 
frustra guaeres; nee in Historiis me legere fnemini, Ann. /, 
IT. gregario miliii suggeriiur. Abgesehen von dem wesentlich 
verschiedenen Charakter einer rhetorischen und historischen 
Schrift, findet sich doch auch jeuer Ausdruck in den Anualen 
häufiger und unter andern Bedingungen, als Hr. G. sich einbil- 
det, so l, 3. 26. Hl, 54. XII, 43. auch einmal in den Historien 
I^ 84. Man sieht hieraus, wie wenig man auf solche Beweise 
zu geben hat, die so aufs Gerathewohl aufgegriffen werden, 
um eine Lieblingstheorie mit allen möglichen Scheingründen 
zu erhärten. Ebendasselbe gilt auch von den meisten übrigen- 
Einwendungen^ z. B. c. 8. substantia facuUatum, wo das erstere 
Wort allerdings nicht Ciceronisch ist, aber doch bei Quintilia- 
nus schon vorkommt. Cf. Spalding Vol. II, p. 432. cap. *23. 
(nicht 21.): Tertio quoque sensu, Nusquam Tacitus hac 
voce utitur^ ut periodum vel enunciatum significet , sed mentis 
consilia^ opinionis^ cogitata eo vocabulo designat. ^^ Aber Ann. 
XV, 67. müssen sich Aocli sensus t;ico;ra;;^i nothwendig auf Aeus- 
serungen beziehen , da i^as Epitheton incomptus sonst c^urchaua 



Die neaetten Baarbekoogen des TaciUt. 47 

ongescbickt angebracht \?are. cf. Qaintilian VIIF^ 2, 15. IUI, 
1,62. Karzum, Hr. Gutmann tadeil an dem Verfasser dea 
Dialogs im Wesentlichen nur solcherlei, was nicht ihm, sondern 
dem Zeitalter, worin er lebte, hauptsächlich zar Last fällt. 

Nach dieser Charakteristik der vor uns liegenden Werke 
schreiten wir nunmehr zur. Betrachtung einzelner Stellen aus 
der Germania, dem Agricola und dem Dialogus, um das kriti- 
sche und exegetische Verdienst der Heransgeber auch im Ein- 
zelnen etwas genauer kennen zu lernen. 

Den Anfang mache die Germania, wobei wir auch nocli 
folgendes ausgezeichnete Biichlein berücksichtigen wollen: 
Anmerkungen und Escurse zu Tacitu8 Germa- 

nia^ Cap. I — XVIII, von Dr. U. L //. Becker. Hanno- 

Ter 1830. Hahn. 8. 102 S. 
Seite 1 — 19 stellt der Verfasser seine Ansicht iiber die Ger- 
mania überhaupt auf, die im Wesentlichen darauf hinausläuft: 
die Germania sei eine Episode aus den späteren, verloren ge- 
gangenen Büchern der Historien, dergleichen Episoden bei Li- 
vius über Carthago und Deutschland, bei Caesar über Germa- 
nien und Britannien, bei Tacitus selbst über Jndäa im fünften 
Buche der Historien vorkommen. Indem wir auf unsre in der 
allg. Schulzeitung 1832. Num. 130. hiergegen gemachten Ein* 
Wendungen verweisen, wollen wir für jetzt nur noch bemerken, 
dass nicht nur der Codex Sambuci zu Wien (cf. Wissowa lectt. 
Tacit. Spec. III. p. 5), sondern aucli der Codex Farncsianus in 
Neapel mit andern Schriften des Tacitus zugleich die Germa- 
nia enthält, cf. Tacit. ed. Walther. Vol. IUI. praef. p. IX. 
Genauer aber werden wir in Verbindung mit Ruperti*s, WaU 
thers und Grubers Leistungen über die Anmerkungen Bericht 
erstatten. 

Cap. 1. Gleich vorn der Ausdruck Germania omnia wird 
verschieden aufgefasst. Beckers Erklärung, dass durch das 
hlosse Wörtchen 0171721« das eigentliche Germanien, die 
Germania magna oder barbara, im Gegensatz zu der Germania 
snperior und inferior am linken Rheinufer, bezeichnet werde, 
ist gewiss zu gekünstelt, ja, wer daran glauben wollte, müsste^ 
die CJebersetzung erst förmlich auswendig lernen, um sie nicht 
wieder zu vergessen ; denn omnis hat diese willkührlich fin- 
girte Bedeutung nirgends. Das aus Caesar B. G. I, 1. beige- 
brachte Beispiel Galita est omnis cett. beweist weiter nichts, 
als dass auch hier, wie dort, ein Ganzes zu verstehen sei, wel-^ 
ches aus einzelnen Theilen besteht. Sowie nun durch Gallia 
omnis das aus drei Theilen bestehende Land als ein Ganzes 
bezeichnet wird, ebenso soll Germania omnis das aus mehrern 
Völkerschaften zusammengesetzte Gesammtgebiet Germaniens 
darstellen. Vergl. Döderlein Synonyme der Lat. Spr. IUI, 
S. 356 ff. Dass hier die Germania magna gemeint sei, liegt 



, 48 Römifche Litteratar. 

nicht in dem Aosdrack omnis^ sondern erjBfibt sich aus der nä- 
heren Bestimmung^ dass der Rhein die Grenze sei. Ruper'ti 
scheint mit sich selbst nicht recht eini^ gewesen su sein, Wal- 
ther und Gruber erklären sich gegen Becker. — Weiterhin 
stimmen alle drei Herausgeber in der Schreibung Raetisque 
i'i berein statt Rhaetiisque oder Rhetiisque^ wie in den bis dahin 
bekannten Handschriften steht. Lieber die Auslassung des h 
waltet kein Zweifel mehr ob. cf. Wolf, ad Ann. I, 44. Orelli 
inscriptt. Lat. ad num. 491. coli. numm. 170. 483. 484. 48d. 
492. 516. 590. Dagegen AvVirde Raetiis der Pliiralis des Landes 
,8eiii , der einestheils zu seinen Nachbarn GalUs und Pannonün 
wenig passt, anderntheils in Tacilus Zeit kaum anwendbar ge- 
wesen sein dürfte, da das Land noch nicht m zwei Theiie ge> 
schieden war. Diese Lesart nun erhält durch den Wiener Cod. 
höhere Auctoritit, indem darin geschrieben ist rhetisque^ wo- 
mit die editio Viennensis vom J. 1515 iibereinstimmt. — Hr. 
R. entwickelt eine unzeitige Gelehrsamkeit, wenn er zu den 
Aborten Raetisque et Pannoniis i'iber den bei Tacitus mehrmals 
vorkommenden Gebrauch des que — et statt et — et handelt; 
denn hier sind ja que — et nicht wie in Bintheiiungssätzen zu 
fassen, sondern que verbind et ^a&^iis mit dem vorhergehenden 
Gatlis , et verbindet Pannoniis mit Raetis, — Ferner fasst B. 
^[^ lat08 sinus als grosse Meerbusen durch ein ans com- 
plectena per zeugma hinzugedachtes efficiens , was hier zu hart 
erscheint. W. jedoch stimmt bei , und R. hält sich , wie ge- 
wöhnlich, neutral. G. dagegen geht auf Passows Erklärung zu- 
rück, die uns allein als die richtige erscheint, dass sinua vom 
Lande zu nehmen sei, wie c. 29. 3T. Dahin neigt sich auch 
die Beschreibung Melas HI, 3. vom Baltischen Meer. Die Ein- 
wendung, das Prädicat latus gehe auf die Breite und nicht auf 
die Länge, könne also nicht schicklich auf eine Landstrecke be- 
zogen werden, fällt in sich selbst zusammen, weiinman bedenkt, 
dass Tacitus eben nicht schmale Streifen, sondern breite Stre- 
cken Landes, die nach dem Meere hin hervorragen (litorum 
gremium^ wie Mela das Bild darstellt), im Sinne hat. Das fol- 
gende ntz/^^r bezieht B. auf die nächstverflossene Zeit, die Kriege 
Dömitians und Trajans. Andere denken an die Expeditionen 
des Drusus und Germanicus. Aber gerade die ganz unbesthnmte 
Bedeutung des nuper macht es klar, dass Tac. ankeinen be- 
stimmten Feldzug denkt, sondern nur ganz im Allgemeinen der 
neueren Unternehmungen seit der Zeit desAugustus, im Ge- 
gensatz zu der älteren Zeit (Julius Caesai^), Erwähnung thut. 
Das enim zu Ende des €ap. wird von B. auf eine sehr gezwun- 
gene Weise erklärt, eshabenöthig geschienen, dass jeder grosse 
Fluss, wie der Nilus, seine Septem ostia habe. Es ist aber 
sonnenklar, dass Tac. die von Andern angenommenen sieben 
Müp.dungen im Sinne hat und um nicht als unwissend zu er- 



Die nenetteo BearbeitiuigeB det Tacitut. 49 

scheinen, die Erklirnng beifugt, warnm er nur sechs Hub» 
dangen annehme, indem die siebente sich in Sumpfen verliere 
und nicht wie die übrigen sich ins Meer ergiesse. So Kiessling 
und 6« — R. dagegen hilt sich an B.^ und W. scheint keine 
Schwierigkeit gefühlt au haben« 

Cap. 2. nimmt B. mit Passow richtig an, dass in dem ad- 
versus Oceanus wegen des Beisatzes utque sie dixerim eine un- 
gewöhnliche Bedeutung zu suchen sei« Dabei gebt er von der 
Redensart adver sus flumen navigare aus, wodurch eine Bewe- 
gung stromaufwärts bezeichnet wird, im Gegensatz von seeundo 
flumine vehi. „Während so bei Flüssen die Adjective adversus 
und secundus ganz trivial sind, so wurden beide nicht eigent- 
lich auf das Meer, den Ocean, passen, weil die Bewegung der 
Meereswogen nicht eine Bewegung von oben nach unten oder 
von unten hinauf ist, sondern eine horizontale. Soll daher den- 
noch dieser Ausdruck gebraucht werden, so muss irgend ein 
Beisatz hinzugefügt werden, um das Verständniss zu erleich- 
tern, oder auf andre Weise der Leser zu hesouderem Nachden- 
ken aufgefordert werden. ^^ Bemnach erklärt sich B. für den 
die Schifffahrt aus unserm Meere hindernden, 
uns entgegenströmenden Ocean, und bringt für diese 
Bedeutung eine Stelle des Livius XXVilf, 30 bei, wo der ad- 
versus aestus Wie Sir'ömunQ des Oceans ins mittelländische Meer 
sei, welche als so reissend geschildert wird, dass es schwer 
war, dagegen anzusegeln. Aber wenn, wie vorher behauptet 
worden, adversus beim Meere uneigentlich ist, warum fehlen 
denn bei Livius die Worte ut sie dixerim oder ähnliche , wel- 
che Tacitus wegen der auffallend uneigentllchen Bedeutung des 
adversus vorgesetzt hat? Wir glauben uns daher mit grösse- 
rer Sicherheit an Pichenas Interpretation halten zu müssen: 
Oceanus quasi vestigiis nostris oppositus^ ut aniipodes^ wie 
Agr. 12. dierum spatia uUra nostri orbis mensuram. So auch 
W. und 6. Dagegen mengt R. wie gewöhnlich alle möglichen 
Erklärungen durcheinander, ohne sich für Eine bestimmt aus- 
zusprechen. — Cap. 3. bezieht B. memorant^ wie das folgende 
canunt AutGermani: aber wie könnte da eos stehen? Es müsste 
8chlechter<dings se heissen. Man hat memoratU^ wie dicunt^ 
ferunty ganz allgemein zu fassen und msg dabei zunächst an 
griechische u. römische Schriftsteller denken. Ob gleich dar- 
auf bariium oder barditum zu lesen sei, ist zweifelhaft, da die 
Handschriften schwanken. B. erklärt es mit Recht für falsch, 
barritum zu schreiben, wie Walch und I. Bekker gethan haben, 
da die Wurzel nicht Lateinisch , sondern nothwendig Deutsch 
ist. Am wahrscheinlichsten leitet es Grimm Deutsche Rechts- 
alterthümer S. 876 von dem Friesischen Worte baria (damor) 
ab, wofür die von Tacitus selbst Hist« II, 22 gegebene Erklä- 
rung cantu iruci vortheiihaft spricht Es ist daher am wahr- 

N, Jahrb. /. Plul. u. Püd, od. Krit. Bibl. Bd. XI H/t. 5. 4 



60 Rumifche LittevMttir. 

•cheinilchtten, harkum mit den Coild. Ilnm. Tur. Vindob.-sa 
schreiben, wie B. W. 6., wihrend iarditus aus voreiKger Ver- 
weehselniig mit den galliselien ftarilt« entstanden zn sein scheint. 
Die ganie Sache^ die uns Tee. schildert, durfte wohl durch ein 
altdeutsches Gedicht des achten Jahrhmnderts, welches Spuren 
des baritus an sich 4rägt, am deulllchslen Teranschaulicbt wer- 
den. Dass relaius in dem Sinne Ton Vortrags zu fassen sei, hat 
Kiessling richtig bemerlLt In dem sog[enannten Ludwi^liede 
(t. LachroannI Speeimina Ungnae Francicae p. 15 sqq.) heisst es 
V». Ol: der Konig habe vor dem Beginne der Schlacht ein hei 
liges Lied gesungen und alle bitten In dem Ausruf kyrielmsm 
eingestimmt: 

Ther knning reit kuono, sang lioth frdno, 

joh alle saman songeun kyrieieison, 

Sang was gesungen, wig was begunnen, 

blust skein in wang6n, spilod nuder Vrankdn. 

Es scheint also der uralte baritus in der chriiftlichen Zeit In 
den Ausruf kyrieieison iibelrgegangen zu sein , wotiei natürlich 
ganz verschiedenartige Modulationen der Töne, wie sie die au- 
geiiblickliche Stimmung der Krieger gerade eingab, vorausge- 
setzt werden müssen. — Weiter unten hat R. in den Text änt- 
genommen : jäscibArgtumque — ab illo constitutum nominatum- 
que ^AöxtMv^iOV ^ auf den Grund von drei Vatt. Codd., wozu 
noch der Farnes, u. Venet. kommen , in welchem letzteren nach 
Perts zwar mit einer kleinen Veränderung döxlnvQJtov geschrie- 
ben ist, nach der dem verewigten Passow zugekommenen Ab- 
schrift aber mit jenen Handschrr. volikommne Debereintitim- 
mung herrscht: es müsste denn Pertz einen zweiten Cod. Venet^ 
vor Augen gehabt haben. Walther hat mit I. Bekker das frag- 
liche Wort ganz gestrichen, während G. mit Passow (*ine Lücke 
andeutet, aber in den Zusätzen sich für die Aufnahme von 
* AöMXvgyiov entscheidet, was gewiss auch bei weitem das 
wahrscheinlichste ist. In den Worten aram quin eiiam Ulisi 
consecratam mnss der Dativus ab Ulixe erkiirt werden, und 
zwar bauptsächiich aus dem von B« zuerst geltend gemsehten 
Grunde, weil quin etiam anzeigt, dass hier ein ganz besonders 
triftiger Beweis gegeben werden soll, warum auf die Sage, 
dass Ul. nach Germanien gdtomroensel, einiges Gewicht ge- 
legt werden dürfe, welches nicht stattfinden konnte, wenn 
bloss berichtet würde, der Altar sei dem 131. zu Bhren ge« 
weiht V wobei er ja nicht gegenwärtig sein durfte. Der von 
Kicssling hingestellten Bemetkung, es hätte doch angegeben 
werden müssen , welchem Gotte oder Heroen DL den Altar ge- 
weiht, lässt sich leicht mit der Antwort begegnen, dass eine 
solche Erwähnung für den vorliegenden Fall keine Beweiskraft 
habe und darum von Tac. als übeHlnsaig übergangen worden fei. : 
Dh'Graecae Utterae werden von W. Grimm über deutsche 



Die nrawlea Btarbekang«! im Tadtm. *01 

Ronen S. 88. fnr Ronen erklart, welcbe gleicbwie die gothl- 
schen Bochstaben mit der griechischen Schrift nanehe Aehn- 
lichlLeit haben, so daaa eine Verwechaeinng leioht möglich war. 
Dagegen eifert B.» weil Tac de nicht nor aofs bealimin teste 
für griechische Bochstaben aosgebe, sondern überbaopt .der 
Sache nor deshalb erwähne, om einen fisäheren Verkehr der 
Germanen mit den Griechen dadorch so beweisen. Wenn aber 
dieser Bestimmong eine falsche Deotong der fraglichen Buch- 
staben zum Gronde lag, wie dann? Abgeschmackt aber ist 
die Frage : ^, watum hat man denn nicht lieber an etruskische 
Buchstaben gedacht ?^^ — Hr. B. scheint in der That «or lan- 
ter Eifer vergessen su haben, dass hier ?on deutschen Grab- 
mälern die Rede ist, und dass Grimm seine scharfsinnige Ver^ 
muthung besonders auf den Umstand basirt hat, dass die von 
Tac. geschilderten Grabmäler mit den im Norden noch erhalte- 
nen Grabsteinen mit Runenschrift genau öbereinstimmen. 

Cap. 8« gibt B. eine höchst gezwungene Erklärung^ von ab^ 
jecta pectorum , dass die Wcibejr ihre aus der Schlacht auriick- 
weichenden Männer vorspringend mit Bitten bestürmen, noch 
ferner dem Feinde su widerstehen, und wenn dieses nichts hel- 
fe, sich selbst in den Feind stürzen. Aber Passow 
f und mit ihm W. 6.) hat schon ganz einfach und richtig den 
Sinn der Stelle aufgefasst. Die Weiber. stürzten sich vor ihre 
fliehenden Aläuner und suchten sie dadurch zur Fortsetzung des 
Kampfes zU ermuntern, dass sie ihnen bemerklicli machten, 
wie mit der Männer Flucht der Weiber Gefangenschaft aufa 
engste verbunden «ei: darum wollten sie lieber von ihren Män- 
nern getödtet werden, als in feindliche Gefangeipschaft gera- 
ihen. Ueber die Quantität der penuUima von VeUda kann ge- 
stritten werden, da Statlus Silv. i, 4, 00 sie kurz gebraucJit, 
Dio Cassius LXVil, 5 aber BBkri8a schreibt. Wenn sich fi. we. 
gen der Ableitungssjibe eda für die Kiirze erklärt, so wird 
man leicht geneigt sein, ihm beizustimmen, dass aber bloss 
darum, well vel die Stammsyibe sei, die erste Syibe gegen 
Statins ond Dios Auctorltät lang sein soll, das glaube ihm ein 
Anderer. Hr. B. scheint die wlilkührlichen Ansichten der neu- 
hochdeutschen Sprache im Sinne zu haben, da man doch hier, 
wenn Irgendwo, auf das Gothische und Altdeotsche zurückge- 
hen muss; wie es daher auch auffallend ittt, dass er bei vel an 
dleheutigen Formen Wille, Wohl, Wahl auch nur denken 
kann. Will man in üebereinstimmung mit dem ganzen Zusam- 
menhang eine Ableitung des Wortes Veleda versuchen, so er- 
gibt sich die in Niebuhrs Rheinischem Museum II, 3 S. 360 auf- 
gestellte von dem gothischen nola {Mylla^ faUdiea) als die na- 
türlichste. In den Worten: non aduUUione^ nee tamqmam fa- 
eerent deaa^ will B. wegen der Parallelstelle Hist. 1111,61 stati 
nee lieber sed aehreibeo. Aber W. bemerkt ganz richtig dage- 



62 Römigche Litteraftor. 

gen: arhitrari deaa et facere diversum est: illud fit 
ex animi perauasione , hoc adulatione. Perstringü Tacitus 
tnorem Romanae adulationia^ qua principes defuncli fierent 
divi. Daher liegt d^iin auch der Nachdruck a«f dem Verbum 
facerentj wovon B. nichts wissen will. W. hatte nur noch 
ausserdem wie D. an die röm. Kaiserinnen erinnern soUen. — 
Cap. 10. haben R. W. G. die handschrifll. Lestart consulelur 
mit Recht wieder aufgenommen^ während I. Beicker des Rhe- 
nanua Conjectur consulatur beibehält , obgleich hier durchaus 
kein Grund für den Subjunctivus ist. Die Worte, ter aitigulos 
toUüy sollen nach Grubers Interpretation ein dreimaliges Hin- 
werfen voraussetzen. Aber die von R. und W. angenommene 
Erklärung Orelli^s ist vorzusiehen: trea aurculoa toUU non ai- 
mul quidem^ aed unum poat alterum, unde quadruples augU" 
rium venire poterat : nam aut omnea vel aiebant vel prohibe* 
bant , aut duoa ajentea , unum prohibentem , aut denique unum 
ajentem^ duoa prohibentea toUebat. Der In die Seebodische 
Ausgabe eingeschlichene Subjunctivus /iroAi^i/eri;»^ ist wohl nur 
durch ein Versehen bei G. stehen geblieben. — Cap. 12 wol- 
len B. u. W. die corpore infamea von solcheh verstanden wis- 
sen, die sich durch unnatürliche Wollost befleckt oder der 
Lust anderer gedient hatten. Es wäre aber ein« sonderbare 
Zusammenstellung mit den ignavia und imbeUibua. Es findei 
vielmehr eine Steigerung eines und desselben Grundbegriffes 
der Feigheit statt: der ignavua bezeichnet überhaupt den Ge- 
gensalz von foriiai der imbelUa setzt ihn in nähere Beziehung 
zum Krieg, and der corpore infämia ist ein solcher, der ein 
Merkmal seiner Flucht am eignen Leibe davon getragen hat, 
z. B. Wunden, die ihm auf dem Rücken beigebracht sind. Mit 
G. zugleich an solche zu denken, die sich verstümmelten, um 
dem Kriegsdienst zu entgehen , heisst eine moderne Sache auf 
das Altertlium übertragen. Vergl. J. Grimms deutsche Rechts- 
alterthümer S. (»05. — Cap. 13 behält G. wohl 'nur zufällig 
die Lesart des Lipsius eeteri robuatioribua bei, da seine Aitr 
itierkung selbst dagegen spricht. R. u. W. behalten mit Recht 
das handschriftl. ceteria bei. Kurz vorher fasst B. die Worte: 
inaigjm nobUitaa -^ principia dignationem etiam adoleacentulia 
aaaignant , so auf , dass Söhne ausgezeichneter Männer wegen 
des Ruhmes und der Verdienste ihrer Väter achon früher die 
Ehre des Waffenschmuckes erhalten hätten, und dass der piin- 
ceps es habe wagen dürfen, ohne dass die Gemeinde wider- 
sprach, solche sdion als adolescentufos wafteiifähig zu machen 
und sie den Wehrhaften und Freien ausuordneu. Aber dage- 
gen spricht das Verbum aaaignant^ wie W. und G. richtig be- 
merketf^yiind die folgenden Worte nee rubor. Daher ist der 
Sinn diesefi Auagezeichneter Adel undgroaae Verdienate ihrer 
Väter theüen auch JängHngen achon die Füraienwürde atf , die 



% 

Die neuesten Bearbeitungen des Tacitui. 5S 

sich ongeaclitet dieges hohen RangeR ihrer Gebart und ihrer 
liünftigen Bestimmung nicht achämen inier comites aspici. Wei- 
terhin lässt sich G. durch die Hummelsche Handschr. xu folj^en-^ 
der Interpunction verleiten: haec dignitas, hae vires; magno 
semper — circiimdarinf so dass cireumdari das Snbject eines 
neuen Satzes wird , wozu decus und praesidwm als Prädicate 
gehören. Aber abgesehen davon, dass Handschriften in der 
Interpunction keine Auctorität haben, oder wenigstens nur eine 
sehr untergeordnete, wiirdeman hier doch in gleicher Art wie 
bei augenscheinlich verdorbenen Lesarten zu einer dem Geiste 
des Schriftstellers entsprechenden Aenderung sich veranlasst 
sehen. Darum haben denn auch R. nnd L Bekker nach vires 
ein Komma gesetzt, W. nach einer verkehrten Ansicht ein Kq- 
Ion, womit er aber ebendenselben Sinn verbinden zu wollen 
scheint, so zwar, dass die Worte haec dignUas^ hae vires al- 
lerdings zunächst anf das Vorhergehende sich beziehen , dann 
aber der Deutlichkeit halber der Sinn des Vorhergehenden in 
folgenden Worten wiederholt wird: magno semper — cireum- 
dari^ wozu hinwiederum in pace decus ^ in belle praesidium 
per InB^tjytiöiV hinzutritt, d. h. ut sil in pace decus cell. — 
Bei Veranlassung der Erklärung von prqfligare fuhrt Hr. v. G. 
eine Stelle des Lucretius an und macht dazu in Parenthesi fol- 
gende Bemerkung: ,, + b2 v. Chr. der älteste epische Dichter 
der Römer, von dem wir nicht bloss Bruchstücke, sondern ein 
Lehrgedicht de rerum natura in 6 Buchen» haben. ^* Derglei- 
chen Erörterungen würden aber dann nur an ihrer Stelle sein, 
wenn Tacitus selbst diesen Dichter anfi^hrte. Denn wann würde 
man ein Ziel finden, wenn man jede anzuführende Stelle dazu 
benutzen wollte, um neue Gelehrsamkeit aiisaulcrament Ilr. G. 
thut es auch nicht immer, bleibt sich daher nicltt consequent. 
Aber abgesehen davon, dass solche kahle Notizen nicht weit 
führen, tischt Hr. v. G. sogar Unrichtiges auf, indem er das 
Todesjahr ö2 statt 51 angibt, und den Lucretius als ersten 
epischen Dichter der Römer aufführt, ohne dass dem Unkun- 
digen gesagt wird ^ früher habe sich schon Bnnius mit eben- 
derselben Dichtart beschäftigt. Auf jeden Fall ist die ganze 
Notiz ungeschickt zusammengestellt. 

Cap«. 14. schwanken die Codd. zwischen adaequare und 
aequare, G. meint, jenes sei schon darum vorzuziehen, weil 
Tac. nie aequare gebrauche. Es steht aber an mehreren Or- 
ten, z. B. Ann. I, 9. 51. Xiil, 41. Hist. H, 95. III. 18. Gegen 
das Ende des Cap. behält B. das von Puteolanus eingeschaltete 
convicius bei, auf welches er incompti bezieht, so dass targi 
apparaius Genitive sind. In den bekannten Hdschrr. aber fehlt 
convictus^ und es erscheint auch wirklieh als überflüssig, zu- 
mal wenn man mit G. apparatus als synonym von epulae nimmt, 
was durch Clc« OiF. 1, 8, 25 klar erwiesen ist. cf. Soeton. \itell. 



M Böniiche Litteratar. 

10. 13. R. achligi einen verkehrten Mittelweg ein, indem er 
nicht nar cofwictiM;^ sondern auch das unmittelbar vorherge- 
hende et einklammert. Dast das erstere Wort einer Glosse 
seinen Ursprung verdankt, liegt am Tage, yfi9 das aber von et- 
dargethan werden soll, ^bcSv av yovvuöi Tultai. Hr. R, hat 
sich, wie so oft durch fremde Auctorität, hier durch Walch 
in seinem eignen Urtheil irre machen lassen. — Cap. 18 in. 
gibt B. eine unglaubliche Erklärung dadurch, dass er fuan^ 
quam — matrimonia als Vordersatz , neo uUam cett. als Nach- 
satz betrachtet und also' übersetzt: obwohl die Ehen dort sehr, 
strenge sind^ so mochten doch ihre Sitten in keiner Hmsichi 
mehr zu loben sein. Abgesehen von der verfehlten Anwendung 
des neCf was für abgeschmackte Gegensätze 1 Das Wahre hat 
längst Passow gesehen, der quanquam als absolute stehend 
unmittelbar mit dem Vorhergehenden in Verbindung gebracht 
hat, worin ihm auch R. W« G. beistimmen. Dagegen bemerkt 
nun zwar B. , man gehe dabei von der falschen Voraussetzung 
aus, dass die Weiber fast ganz entblösst gewesen, dass aber 
ungeachtet dieser verführerischen Blosse die Ehen immer hei- 
lig gehalten worden. Das letztere Glied ist wahr, das .erstere 
von Hrn. B. entstellt; denn nirgends steht, die Weiber wiren 
fast ganz entblösst gewesen, sondern es sind nur gewisse 
Körpertheile ausdrucklich bezeichnet. Wären die römischen 
Frauen^ meint Tac, in gleicher Weise an der proxima pectoris 
pars entblösst, so würde eine solche Blosse nur zur Krweckung 
schnöder Begierden beitragen: bei den Germanen aber wird' 
dadurch der Keuschheit und Heiligkeit der Ehen kein Eintrag 
gethan. Kein Wunder daher, dass die christliche Ansicht von 
der Ehe bei keinem Volke mehr Anklang fand , als gerade bei 
den Germauen, und dass nach innigster Verschmelzung der 
neuen Lehre mit der angebornen keuschen Natur des gern^snl- 
sehen Volkes die Kirche jenen heiligen Bund zu einem Sacra- 
roente erhob, das nur durch gemeine Seelen entweiht werden 
kann. -<* Cap. 20. nimmt G. Anstoss an den Worten domum 
latius, und wundert sich, dass es keinem Ausleger bislier eben- 
so gegangen ist, da der Gedanke eine falsche Berechnung ent- 
halte: „denn wenn z. B. der Neffe des Ingniomer zur Geissei 
genommen wurde, so konnte diese Bürgschaft den Ingniomer 
wohl fesler verpflichten , insofern er den Sohn als sein Eigen- 
thum eher aufopfern mochte als seinen Schwesteraohn , den er 
als anvertrautes Gut betrachtete; aber mehr Personen wur- 
den durch luguiomers Neffen nicht gebunden als durch dessel- 
ben Sohn , da der Neffe ebensoviel und dieselben Verwandten 
hatte, die der Sohn/* Aber Tac. geht hierbei von dem Gesichts- 
punkte aus, dass, wenn einer einen Sohn und einen Neffen im 
Hause hat, und er den letzteren als Geissei liingibt, dadurch 
nicht bloHH er» der Pflegevater, sondern auch der natürliche 



Die oeoeitea B«arbekuag«i Am Tacituf, SS 

Valer ftbmidcn werden : wof ef en ^ falle, er des eignes Sohn 
hingibt, aunachat nur et Terpflichlet iai. — Cap. 24 extr. ge- 
ben alle Editionen in re prava^ und Ib*. r«, fk bemerkt nicht 
einmal« daaa der Cod. Hnm. prava nur am Rande habe, im 
Texte aber parva^ wandt der Cod. Venetua gimafi überdnttimmt 
Beim Liebte besehen ergibt sich parva in der: That auch ala 
die ursprüngliche Lesart, da Tae« sagen will, die Germanen 
hielten nicht bloss in bedeutenden, sondern auch in geringen 
Dingen Wort. Vergl. Ann. XUI, 54. Der Anlaas au der Aende* 
rung prava scheint in dem Worte pervicada gesucht werden an 
müssen, das aber nicht bloss in aehlimmero, sondern auch in 
gutem Sinne gebraucht wurde« Vergl. Doedeflein. Synonyme 
der Lat. Spr. Uli. S. 174 f. — Cap. 32. wird überall I7«f>ti 
gelesen, und man beruft sich für diese Schreibung anf Ann. 
XIll, 55. Mist, liil, 37. Aber gerade an diesen Stellen ist mit 
dem Cod. Ma. Jlsiporum^ Usipis statt der Volg. ünpkrumy 
L'sipns zu schreiben. Da nun auch hier die Stuttgarder und 
Züricher iland«chrr. Uaipi bieten und zn dieser Auetor ität noch 
die des Cod. Veuet. tritt, so können wir nicht umhin, dem 
schwereren Gewichte zu weichen« Der Name dieser Völker* 
Schaft scheint überhaupt auf dreifache Weise flectirt worden zu 
sein; Usipi, Usipü (wie Agr. 28. 32), Uaipetes^ wie Ann. 1,51 
und bei Julius Caesar. — Cap. 33. stimmen alle Heransgeber 
in der Lesart quando urgentibus -—falU überein, und G. meint, 
davon unterscheide sich die Schreibung ingentibus kaum. Aber 
wenn man bedenkt, da^s andre A uctori taten , und mit diesen 
die Codd. Ven« Vind., in urgentibus bieten, so ist es wohl 
wahrscheinlicher anzunehmen, die Corruption tu gen/t^ns sei 
aus in urgentibus entstanden , welches auch inaofern als exqui- 
siter ersdieint, da die Präposition in hier das Zeitverhältniss 
genauer ausdrückt in der Bedeutung von innerhalb, wah- 
rend, sowie man sagt in die, in amto , in hora n. s« w. Vgl« 
Ramshorn. Lat. Gramm. & 458 f. — Cap. 34. erwähnt G. die 
Ansibarier aus Ann. XIll, 55. 56, wo aber mit Ha. Ampsivarii 
geschrieben werden muss. — Cap« 31- belialten alle drei Edd. 
die Vulg. magni esilusfidem bei, und erklären esitus durch 
Auazug, Wanderung. Da aber die Deutlichkeit an dieser 
Stelle ein weniger zweideutiges Wort erfordert hätte, weshalb 
auch die edd. Dipontini es als Cimbrorum casus fassen, so em- 
pfiehlt sichLipsius Conjector eservitus um so mehr, als sie 
nunmehr auch durch den Cod. Ven. diplomatische Beatätigung 
erhalten hat : esitus für eine Abkürzuag von esercitus anzuse- 
hen, liegt gewiss sehr nahe und ist ganz uuTerfauglich. *- 
Cap. 38 niinmt G. die Worte rarum ei intra juventae spatium 
für das Subject: „aber anstatt dasa nun die Constructien so 
fortginge: apud Suevos in consensum veriU^ retro sequi ^ reli- 
gare^ sagt Tac. gleich geradezu waa sie thun: retro sequuri- 



56 Bömifche Litteraftiir. 

iur — religatU.^ Aber geride der Umetand, das« die Coii- 
atruction uicht ao fortgeht ^ wie sie ea sollte ^iat der Haupt- 
grund von der Nichtigkeit dieser Erklärung. Es ist dagegen 
sehr einfach und gibt aich wie von selbst, mit Rücksicht auf 
das unmittelbar Vorhergehende so lu conatruiren, daaa jenea 
fiilachlich aum Sabject erhobene rarum etc. Pradicat wird: obli" 
quare crinem nodoque subatringere (Subject) in aliis gentibus^ 
si quidem sunt quae reatringani cotnam aut ab cognationem alt- 
quam Suevarum aut quod eos imüantur , rarum est tarnen ne* 
que ultra juventutie apatium durat. Daraua folgt , dass in der 
Regel diese Sitte andern germanischen Völkerschaften fremd 
war, wo aie sich aber dennoch fand, Nachalimung der Sue- 
ven Torausausetzen aein dürfte. Gleich darauf wird zwar mit 
Recht in ipao aolo vertiee aufgenommen, aber keine Erklärung 
gegeben j deren Weglassung in keinem Verhiltniss zu andern 
Anmerkungen des Hm. v. G. steht. Die Griechen gebrauchen 
ebenso avtog ^ovog^ und schon Cicero Verr. I, 2, 4 sagt ipsia 
aolia. Das Einzelne ist bei W. gut auseinandergesetzt. — 
Cap. 40. ist es za billigen, dass G. mit den besten Auctoritäten 
Nerthum in den Text gesetzt hat, .während R. und W. die erst 
aus Rhenanus Conjectnr Herthum entstandene Hertham beibe- 
halten, wozu die gleich darauf folgende Bestimmung, dass e& 
eine Göttin gewesen, verleitet hat. Aber auch abgesehen da- 
von, dass humua im Lateinischen selbst generis feminini ist, 
braucht das Geschlecht eines fremden Mamens nicht immer 
nach lateinischer Formation gegeben zu werden, zumal da es 
noch selbst im Gothischen Feminina auf ua gibt, z. B. handua 
(manua)^ kinnua (masiUa) n. a. Vgl. Grimm Deutsche Gramm. I 
S. 604. Ueber die Bedeutung der Göttin Nerthua iässt sich 
freilich nichts Näheres bestimmen; was aber von Neueren über 
den sogenannten Herthadienst gefabelt worden, zerplatzt na- 
türlich wie eine Seifenblasse. R. mengt viel Unverdautes durch 
einander, das Niemand gern geniessen möchte, wie es hier zu- 
sammiengewürfelt ist. — Cap. 43. findet sich nur im Cod. H. 
Lygiorum^ in den übrigen legiorum. Jene Schreibart wird von 
den Herausgebern vorgezogen, well zu Ende des Cap. die mei- 
sten Codd. Lygioa haben, nur der Stuttgarder lugroa mit über- 
schriebenem ligyoa. Ein aolchea Schwanken berechtigt uns, 
nach einer höheren Auctorität uns umzusehen, die sich auch 
wirklich in der Schreibung lAgii Ann. XII, 29, 30 darbietet und 
hier durch die edd. Vienn. und Paris, bestätigt wird. Nachher 
erzählt G. , die Geschichte erwähnt der Gothones (im Texte ist 
unrichtig gedruckt Gotonea) zuerst als Bundesgenossen desMar- 
bod, und beruft sich auf Strabo VII, 13, wo aber ritäi, genannt 
aind, von denen es noch problematisch ist, ob sie mit den Go- 
thonen identisch sind. 

Obgleich sich noch andre Bemerkungen zu der Germania 



* / 



' Die neaesten Beurbeitungen des Tacitat. 5lf 

mtchen liessen, erinoert ons doch der Raum, cum AgricoU 
weiter zu schreiten. Wir beben an mit dem vielbesprochenen' 
legimus Cap. 2 , dem Hr. Roth (R.) einen besondern Excurs ge- 
widmet hat, worin er zuvörderst die abweichenden Ansichten 
in Kurze mittheilt und ganz richtig gefühlt hat, dass, wenn mau 
mit Waich das legimus auf die acta diurna^ die römische Staats- 
zeitung, bezöge, dem Lesen ein Moment in der Sache einge- 
räumt wurde, welches demselben bei diesem Sinne nicht zu- 
käme. ,,Denn wo lin eine so empörende Thatsache erinnert 
wird , die ohnediess nicht über vier Jahre vor Abfassung des 
Agricola statt f^nd , konnte da ein legimus-* capitale fuisse 
stärkeren Eindruck machen als capitale fuü? — Aus dieser 
mössigen Stellung kommt legimus dadurch heraus, dass man 
den ganzen Nachdruck des Gedankens , welcher hier anföngt, 
auf dieses Wort selbst legt, wie auch seine Voranstelinng diesa 
als Absicht des Schrift&tellers zu erkennen gibt^^ Demnach 
wird laut Cap. 45 daran erinnert, dass des Rusticus und Sene- 
cio Verurtheilung in und vor dem Senat geschah, und also in 
die acta senatus eingetragen war, und der Sinn also gefasst: 
in dem Senat, welcher Domitians Denkmäler und Bilder bis auf 
seineu ^iamen hiuaus zu vernichten bemüht gewesen ist, liest 
man noch heute (etwa wie T. Ann. il, 6S sagt: esstat ora* 
iio) , dass Lobreden auf zwei Männer als tadeiswürdige Ver- 
brechen anerkannt wurden. Tac. will also den Gedanken be- 
sonders hervorheben, dass selbst der Senat jene Verurtheilung 
genehmigt und noch nicht zurückgenommen habe, so dass sie 
als rechtliclies Erkenntniss fortbesteht. Hierin ist Hr. R. dem 
Rec. im Wesentlichen begegnet, der folgende Erklärung nie- 
dergeschrieben hatte: legimus^ sc, in actis sive commenta- 
riis senatus^ quibus omnia mandabaniur quae in senatu erani 
acta. cf. ad Ann. 11,88, ubi similis fere dictio; reperio apud 
Senator es. Tacitus autem cum potissimum ob causam iUud 
verbum videtur adhibuisse^ neque simplieiter dixisse capitale 
fu it , ut rem ipsi senatui tunc temporis probatam ideoque peri- 
culosae aleae esse significaret^ sive ut magis eti'am efferret rem 
prorsus veram atque factum eamque a gracissimis auctoribus 
memoriae proditam^ non suis tantum ocuUs vel auribus per- 
ceptam, Walther denkt nur an die acta diurna^ und veriliu- 
thet, T. habe legimus deswegen gebraucht, weil er in jener 
Zeit von Rom abwesend war. Das wäre aber gar zu matt. lie- 
ber Niebuhrs auf diese Stelle gegründete Ansicht einer doppel- 
ten Ausgabe des Agricola haben wir ons früher in der allgem. 
Schulzeit. 1832 Nr. 129 ausgesprochen und gezeigt, dass er in 
dem Punkte ge^en Walch Recht behalten rouss, dass legere 
für recitare bei den besten Auetoren vorkommt. Wir können 
jetzt noch Cicero de orat. III, &G, 213 hinzufügen: Aeschines 
legisse fertur orationem 7— ut legeret illam etiam quae erat 






■•Blick« Litt«rat«r. 

frm Cittifkmtif eiiim, qmam tmm rnuafU^ 
leeumL TadL Hist IUI, S&. epistulae 
L-i fvoi dmri iegekmt^üv. — Hr. Roperii {Bmp.) he- 
fidi wmt Migrw Kxeerylc, •hac sich gCMoer bo er» 
i«ff«a. — C^S^ lk«>«« tick W. ud R. nU D. Becker ■■ 
4€m CW. VA 1. yUMMcM iemp^m^ Rep. aber ediri nil 
Ikekk mmi PeiceUMS .M. w^flrn, ud iaden er bier eiand 
i^kiHiadie« aaftrHca vil . Teraitkeiit er jcae Leiart aia eiae 
Gtaac. kä reckuinfUfcs Lrtkeil aber listt tick aicht daidi 
Mackt*pff«ck akikea. wie diccer batet: ..feliciiaiem iem- 
\ aL UBl fmme pHm gimm est fvoia tera lectw^ ra- 
BerL Hert. J^erU.*^ Btwat aocb aar dcai 
Jlckaikkee, waraar tick Jeaer Maakt- 
lU kakca «fr kci Hra. Kap. Tergekeaa fo- 
— Wdler aaiea kakea alle drei Hcran«^ber die Caa- 
}«K«ar d«s LipMaa mmiii /pftaärü rmihms »tatt der kaadackrifU. 
L«!«ai« oM^w aafgcaaMBna^ aar data W. der letaterea dea* 
\ ara^ <ika . die Rcdacliaa aker aaa Uebereilaag die Valg. iai 
TcAte «tekea gvlaaaca aa babea tekeiat; deaa er kemerkt, 
Dra»ie hake keiae fcai^cade iSrkliraag davoa ^efeken, aad 
crleaac »elkat caai ricktic. die Warte aurZ/sf — emsihmM ga- 
karte a sa dcaa lar k e rp ekeadea gramdm — s/miimmi^ Wir nacli- 
cr« da^er aWa rrilarea: ri per faüuierua aaaat, fmibm» mmiii- 
'V*- zuKi n»a» ermmt • ». e fmikms ( mi ßeri »elei imirm immiitm 
. tmp^ßrit yariai ^ mtmUi i^omimet fitm fmncii sami ( aatfirlicheo- 
i*^«« 4Kwtarkea «iad ^ frmmpiistimm mc fmriissimi cireM mmiim 
MTMrijPW imitrtidermmi. Der Plaralia imierdderumt wird bei 
» araa^efaa f e a t a i Siaf. faüfae kaleallick kei Niemaadea Aa* 
»t*M ftadea, der Ml deaa 8|inakfebraaclM des Tae. vertraat 
bfC Uea Matea Satt deaCapilel«: iUc imierim iiberc^t. aaekl 
llr. R. a«f eiae «<4iMai geawaageae Wei«e aa deatea: kic im- 
:f*vm rmi^smexs ZArr, «akaead die Stcllaag dea Adverbiuma 
t*:«irM Irike de »r elkea kier aüjective Bedeataa^ , wie ea frei- 
Ikk ia aadera FlUea kiafig ToriLOflamt Blaa aieht aber aua 
dew «arii^fvadea Beiapiel reckt deatlick, wie eiaer Torgefasa- 
tca l'kfTi^rie aa Lieke aicklaeitea eiue aageswan^ene, aicli von 
»elb«t leekaade laterpretatiaa aafgeopferl werden icann; ja Hr. 
K. ^kt aaak weiter« weaa tr liekaaptet, die Stellung aelbat 
lawe bier keiaea aadera Siaaaa ala: dieaea indeaaen aaa- 
jceyebeae Bacb« wihread ta/rnai gana einfaek aafa Ver- 
k«Hi be a a g tw dea aatirlickatea Sinn gibt: Alittlerweiia 
vd. b bia dakin. wo ick die iliatariea keranagegeben haben 
«erdc^^ wird dieaea Back eatweder Beifall oder 
Tadel fiadea. — C^p. «. laaat ea W. bei der Vulg. mMfo 
«oAiMfiw beweadea« abgleicb dieaelbe mit der Leaart dea Vat 1 
H<^i¥ muin^ms «t^rglickea aick als ein interprelamentoni her- 
aaaslelll. R. will eatweder Upaiua Coujectur moderaiiom$ kei* 



9 _ 

Die ne:*e8t€i BcaitoÜangeo de« Tacitnt. 3^ 

bebalten wissen oder selbst also emendiren : media rutionU at^ 
gue abundaniiae^ und die letalen Worte als %v öii 6volv fba- 
sen: die Mittel berecbnender Aufwand, und Auf- 
wand machende Berechnung der Mittel. Aber aucü 
abgesehen von dem Geawungenen dieser Erklärung, behält 
doch die diplomatische Auotorität so lange das Ueberge wicht, 
als sich ein vernünftiger Sinn damit verbinden lässt, und die* 
sen finden wir in folgender Umschreibung: mania hanorum iit> 
tnedio rationia atque ahundantiae sUa esse dusü. cf. Ann. I, M» 
Agr. 24. Dass media für t/t media gesetat i^t, darf nicht be^ 
fremden, wenn man bedenkt, dass es solcher Beispiele bei 
Tac. zu Dntieiiden gibt. Demnach behält C Beckers Interpre- 
tation ihr Recht. — Cap. 'i in. bietet Vat. ],;und wie es scheint^ 
auch Vat- 2 nebst altern Ausgaben die augenscheinlich corropte 
Lesart dum in templo Liguriae pars est^ woraus Lipslus schoa 
eraendirt hat difm Intemelios (Liguriae pars est), und diesem 
sind alle Edd. gefolgt. Beim ersten Anblick aber scheint der 
Codex des Ursinus die authentische Lesart au gewähren: dum 
Intemelium Liguriae urba est. Allein nirgends kommt Inte-- 
meiium schlechtweg als Name einer Stadt vor, sondern Albium 
Intemelium^ und selbst dafür würde die Beaeichnuug urba un- 
passend gewesen sein, da Plinitis N. H. 111, 5, 48 ausdrücklich 
sagt oppidum ALbium Intemelium, Dasu kommt, dass sich 
Plünderung der Othonischen Flotte nicht allein auf die Stadt, 
beschränkte, sondern sich auch auf das Land erstreckte, da 
die praedia der Mutter Agricolas genannt sind« Flr. Rup; ent- 
scheidet sich für Lipslus Coojectur und bemerkt daau mit Dron- 
ke: Liguriae pars eat non gloaaema , aed interpretamek' 
tum^ quäle agepiua^ quam vulga creditur^ et aequalium et po^ 
ateritalia causa vel optimi acriptorea adduni. Allerdings kom- 
men bei Tac. sehr häufig solche erklärende Parenthesen oder 
Zusätze vor, aber gewiss keine so handgreiflichen als hier, ea- 
müsste denn Hist. IUI, Ssein, wo aber ebenfalls ein augen- 
scheinliches Glossema sich eingeschlichen hat. Vergl. allgem. 
Schulzeit. 183S Nr. 108. Authentische Stellen der Art finden 
sich Ann. 1,45. VI^ 41. Hist. 1,63. 66. Il> 24. 1111,15, die 
man nur mit jenen beiden vergleichen darf, um einen himmel- 
weiten Unterschied awischen den erklärenden Parenthesen des 
Tacitus selbst und seiner zudringlichen Glossatoren au gewah- 
ren. Denn welchem gebildeten Römer hätte Tac. erst sagen 
wollen, dass die Intemelier eine Yölkerscbäft Liguriena wären? 
Gerade die zwiefache Redaction in den Codd. Liguriae para 
und urba macht die Annahme eines Glossems um so wahrschein« 
lieber, das seinen Ursprung in der verdorbenen Lesart intem- 
pla oder einer ähnlichen haben mag, je nachdem man entweder 
an die Stadt oder an die Völkerschaft dachte: wer Intemeliam 
corrigirte, erklärte es, wenn gleich unluteiniach, durch urba; 



Rtiiiiische Litteratar. 

wer Inlemelios^ durch pars Liguriae. W. scheint die.«;e Stelle 
nicht fenau erwogen zu haben, da er sich nur kurz und unge- 
nug;end darüber ausspricht; R. hält es mit Lipsius, sagt aber 
weiter gar nichtg, als ob hier ganz ebener Weg wäre. — Cap. 9. 
erklären Rnp. n. W. splendidae dignitaiis mit Recht för einen 
Genilivns qualitatis, der zu /irortitctae gehört, so dass die fol- 
genden Ablative adminiatraiione ac spe c. anzeigen, weshalb 
die dignitaa — spendida sei. Den Sinn hat schon Ernesti rich- 
tig wiedergegeben. R. aber, nachdem er ziemlich orastind- 
lich gegen Walch angekämpft, fasst die Worte aplendidae du 
gnitaiis admiiiiatratione zusammen und hält sie für den Ablativ 
des begleitenden Umstandes, was denn wieder recht gezwun- 
gen ausfällt, zumal wenn man sich die Redensart dignitatem 
admmistrare gehörig zergliedert. Gleich darauf merkt W. an: 
„Cf^i destinarat^ int eil. etitn revertenlem ab legaiione le^t(h- 
niSj quod praecedü : quare nihil duri hie video.^ Diese Erklä- 
rung liefert haaren Unsinn, wenn man das Vorhergehende auf- 
merksam liest; denn in Folge seiner Rückkehr ab legatione le- 
gionis wurde Agricola Patricier und dann Aquitaniaepraeposi- 
tus, wodurch ihm die Aussicht zum Cousulat eröffnet war, für 
das ihn Vespaslanus bestimmt hatte, sobald er nämlich von der 
Verwaltung Aquitaniens zurückgekehrt sein würde. Demnach 
roüsste jene falsche Erklärung also berichtigt werden: ^cart 
deatinaratf sc, Feapaaianua Agricol€im fever aurum ab ad^ 
miniatratione Aquilaniae.^^ — Cap. 10. schreiben Rup. u. W. 
Thule^ wiewohl der Cod. Vat. 1. Thyle und nur durch einen 
Schreibfehler davon abweichend Vat. 2. 7^/e überliefern, wel- 
che Schreibart auch durch den ältesten Codex des Virgilius 
Georg. I, 30 bestätigt wird. Allerdings ündet sich bei griech. 
Schriftstellern gewöhnlich &ovXri geschrieben, aber dieses 
scheinen sie erst von dem lateinischen Thule entlelint, und die 
Römer selbst von Anfang an eine doppelte Schreibung befolgt 
zu haben. Dann behalten Rup. u. W. die Coiijectnr des Rhena- 
nus ahdebat bei statt appetebat^ wie beide Vatt. und die älte- 
ren Ausgaben schreiben. Die Worte: quam hactenua nix et 
hiema appetebat, sind also zu übersetzen: welches bis da- 
hin Schneegestöber und Winter heimzusuchen 
pflegte, d. h. Schnee und Winter, welche fast immer in je- 
neu Gegenden herrschen, waren die Ursache, dass man bis 
dahin Thyle nicht erblicken konnte. Man hat sich den Schnee 
und Winter als unaufhörliche Feinde zu denken, welche Thyle 
gleichsam bedrängen oder angreifen, wie bei LIvius Vif, 20: 
corvüa 08 oculoaque hoatia roatro et unguibua appetiit» Hacte- 
' nua^ eigentl^h uaque ad hunc finem^ kann sowohl vom Orte 
als voii der Zeit gesagt werden: hier das letztere, wie Ann. 
Xllly ^'Xi hactenua Nero flagitüa et aceleribua velamenta quae- 
aivU. Darnach iat Rotha Anmerk* zu berichtigen, dass hacte-- 



Die neaetteo BetrbeitaBgen des Tacitnt. 61 

nu8 von der Zeil gebrauclit Tolilg unerweitbar sei. Wenn der- 
selbe fortfährt, dass dje meisten Anlieger statjt appetebant — 
abdebat lesen, so hat er vergessen, dass jenes selbst wieder 
erst eine Conjectur U. BeciLers ist, dem der SIngularis ohne 
Grund wegen des vorhergehenden doppelten Subjects als unstatt- 
haft erschien, während er in der That iieinen Anstoss erregen 
sollte. Vergl. Ramshorn. Lat Gramm. S. 218 f. Im Uebrigen 
ist Hoths Verfali«en auch hier wieder zu geschraubt, als das« 
man ihm beipflichten möchte: „Schnee und Sturmwetter, dort 
einheimisch , hausten gegen diess ihr Eilaud Thule nur so weit, 
dass man dasselbe doch sehen konnte ^^^ indem er su hactenus^ 
80 weit und nicht weiter, ut dispici passet ergänzt wis- 
sen will. . — Nachher ist proinde als Lesart der Codd. von 
Uup. und R. beibehalten, von W. dagegen \i\ perinde verän- 
d^t mit der sonderbaren Bemerkung: Sequimur in hac re 
usum Ihcüo constantem. Aber nach welchem Massstaab wäre 
denn dieser usus zu bestimmen? Doch wohl In den Annaleu 
und Historien zumeist nach den Florentinischen Handschriften. 
Diese aiier bieten nicht bloss die Schreibart perinde^ sondern 
sehr häufig auch proinde dar, wie wir oben bereits gezeigt 
haben. Falsch ist es ferner, was R. behauptet, bei Tac. sei 
es nur nnsre Stelle und Germ. 5, m/o proinde = perinde stehe, 
und ebenso falsch, dass dieses magnopere oder valde bedeute: 
es ist vielmehr eine Bllip<9e zu . statuiren , wie häufig bei pro- 
inde und perinde, hier nämlich: ne ventis quidem proinde ai^. 
toUi atque alibi. Ebenso Ann. 1, 13. perinde offendit, sc st- 
que Gallus. 11, 88. JRomanis haud perinde celebris^ sc. atque 
meruit. II, 63. non Pyrrhum aut Antiochum populo Romano 
perinde metuendos fuisse^ sc. atque iVlaroboduum. cf. III, IT 
lill,«l. XII, 41. X1II!,58. XVI, 29. Hist. II, 97. 

Wir überschlagen mehrere Capitel, um noch zur Erklä- 
rung von Cap. 31 Einiges beizutragen, wo zu Anfange der Cod. 
Yat. 1 eine angenscheinlich verdorbene Stelle liefert: bona 
foriunae quae in tribulum aggerat annus infrumentum. Rup. 
und R. wiederholen VValohs Verbesserung: bona fortunasque 
in tributum egerunty annos infrumentum^ die sich nur gar zu 
weit von den Zügen der Handschr. entfernt. Wenn R. noch 
bemerkt, Walch beweise, das» die Lesart des Vat. aggerant 
keinen Sinn gebe, so führt er einestheils nicht die richtige Les- 
art dieses Cod. auf, anderntheils wird damit nicht bewiesen, 
dass egerunt hier allein richtig sei. Waither sucht sich mit 
Recht den handschriftl. Spuren mehr auzuschllessen , indem er 
vorschlägt: bona fortunaeque in tribulutn aggerata^ annus in 
frum. Diesem Vorschlage pflichten auch wir bis auf Einen 
Punkt bei, da wir aus dem verdorbenen aggerat^ welches aus 
der abgekürzten Schreibung aggerät) entstanden sein mag, üg- 
gerantur absjuleiteu für angemesaeuer btiten und also erklären: 






02 Römische Litt«ratttr. 

honaforiunaeque a nobis eoaeervantur ut ttibutumindeRoma- 
nis pendaiur^ annuus proventvs in korreis aecumulatur vi fru- 
menta inde in horrea publica tranaferantur, — Cap. 35. lasten 
es Rup. u. W. bei der Lesart der Ausgaben connexi bewenden: 
der Letztere erklärt so^ar, ohne einen Grund ansugeben, die 
Lesart des Vat 1. convexi für ein Vitium; Rup. dagegen arfH- 
mentirt also: ,^Fat, 3429. convesi^ quod recepere Beck, • 
PeerUc. et Hert, cui id admodum graphice dictum videtur eeque 
senau^ quo ap. Claudian. de VI cons. Honorii v. 014. ffulgua 
convesum gradibua in tkeatrö^ ut h. L Britanni inm^tUis 
ascensu, Sed ibi legendum connesum {denaum) ei con» 
vexa quidem dicuntur cornua, montea^ coelum aliaeverea^ non. 
vero hominea^^ Erstlich hatte aber gesagt werden sollen, nach 
weicher Auctorit&t convesum in connesum zu Terindern sei; ^ 
sodann ist es einleuchtend, dass, wenn ein Theater, wie es" in 
der'f hat stattflndet, eine convexe Form hat, auch die das Thea- 
ter anfüllende Menschenmasse eine solche Form darbieten mos». 
Nun aber sagt Plinlus N. H. IUI, 6, 81. leniter convesia jugia^ 
was schon Forcellini richtig erklärt: jugia a cacumine lern 
clivo deacendentibna. Wenn demnach so beschaffene Anhöhen 
mit Kriegern angefüllt sind y so bildet diese dort aufgestellte 
Mannschaft selbst eine convexe Oberfläche, im Gegensatz an 
den in der Ebene stehenden Soldaten. Wir können uns daher 
nicht entsch Hessen , ein so anschauliches, von Tac. gewiss ab- 
sichtlich gewähltes Bild zu Gunsten des prosaischen connexi^ 
woran der erste beste Glossator denken mochte, aufzugeben. 
R. nimmt ebenfalls convexi auf, gibt aber weiter nichts als 
HertelsNote^ und fügt noch hinzu, convexi %ei ein Wort, dessen 
sich T. häufig bediene, und hier von gutem Sinn. Damit ist 
aber hier gar nichts' gesagt. 

Wir brechen ab, um den Dialogua de oratoribns et^as ge- 
nauer ins Auge zu fassen. Cap. 1. ateht in allen Ausgaben: 
euTy cum priora aaecula eett., woran bis jetzt mit Recht Nie- 
mand Anstoss genommen bat. Durch Bekker aber erfahren 
wir, dass dieConjunction cumTon dem Cod. Farnesianns (F.) 
nicht geboten wird. Obgleich nnn zwar wegen des vorange- 
benden cur das cum leicht ausfallen konnte , so läset sich das- 
selbe hier doch auch entbehren, wenn man erklärt: requiria^ 
cur priora aaecula tot eminentium oratorum ingeniia gloriaque 
floruerint^ noatra potiaaimum aetaa iiadem non floreat ideoque 
vix nomen oratoria retineat. Das dadurch entstehende Asyn- 
deton darf in Gegensätzen bei Tac. nicht auffallen : im Gegen- 
theil wird dadorch der IJegensatz der froheren und späteren 
Zeit noch mehr hervorgehoben. Gleich nachher behalten 
Orelli (0.) R. W. appellamua gegen die Auctorität des F. , der 
Vatt. und ed. Spir. I^i, welche appMemtia achreiben, das Hr. 
O.'knrz abfertigt: ^,reet9 refecii Oaatm.*'^ Dem aürnnt auch 



Die nraestoi BkanieHmigeii d«« Tacitiit. . ^ 

B* bei, W. dagegen bemerkt^ dass Osann mk deo Worten: „ea- 
menie Fabii dicta haec essenan posaunt propter aeq. vöcatt- 
tur^^^ noch nichts widerlegt habe; meint alier sellHtt, die Par- 
tikel emm etehe der handacbriftl. Lesart im Wege, indem der 
8ltinsei: ^^reete quaeria^ cur aetaa noatravix nomen ipaum 
oratoria retineat^ nam oratorea appellari non aohnt niaioH- 
ttqui.^* Der Subjunctivus appellemua aber ist eine bescheidnere 
Form, als der kategorische Indicativu«, wie denn auch kurz 
Torher dieselbe Unbestimmtlieit in der Behauptung durch die 
Partikel vis ansgedrKtckt ist, wo er sich weit bestimmter also 
geäussert haben würde: ne nomen quidem oratoria retineai, 
Tac. scheint daher Folgendes haben sagen wollen: neque emm 
quemquam Ua appellemua mal antiquoa , etiamai hodie quia es^ 
atüerit ilio nomine dignm. Weiterhin hat man mit F. das toii 
«Lipsius eingeführte ait nach'* esiatimandum xu streichen : aber 
auch habeam aus der ed. Rom., iwelches so vielen -Beifall ge- 
fondeu, ist für eingesdiwirste Waere .an halten. LIpsius nahm 
Sit in seine erste Ausgabe «tillaokweigend auf, naturlich ex 
conjectnra; das scheint erspiter vergessen zuhaben, sodass 
er den F. als seine Anctbrität anführte, die aber nach Niebuhrs 
lind Schluttigs übereiustiromendem Zeognias nicht besteht. 
Wir können es aber O. nicht verargen, dass er dem Lipsins 
glaubte. W. lavirt — Cap. 3. extr. muss nicht nur Graecula- , 
rum^ sondern auch a^gregtnea mit F. in Ehren gehalten wer- 
den, wie es W. thut, ohne jedoch eine söreichende Erklärung 
au geben. O« bemerkt swar: „91/0 conatruetionem proraua 
maxokovdov^ immo aoloecam reddi viderunt Muretua et Pi- 
thoeua aggregare proponentea^^ cett., und schlagt dann 
selbst noch aggregana vor, wie andre schon vqr ihm: es ist ' 
aber bekannt, dass auch die Griechen, wenn awei Sätae neben 
einander stehen, von denen der erstere allgemein ausdrückt, 
was der aweite genauer bestimmt, dieselben oft ohne alle Ver- 
buidung neben einander seteen. Vgl. Matthiae Griech. Gramm. 
S. 1292 f. Demnach interpretire man : etiamai non «— impar- 
iaaaea^ quodin ep veraatur ut DomUium et Catonem Graecuio' 
rum fabuUa oggregea. R. fertigt die Saehe sehr oberflacfo lieh 
.ab. — Gap. 6. extr. quanqtmm diu >aerantur^ so F. statt der 
Vulg. quanquam alia diu a, wo man alia wie aJUa erklärt: ea 
quae aunt longe aliua generis quam quae aponte ngacuntur.. 
Wir müssen aber die genaoe^lLiesart festhalten, die sich ^liolii 
nur djurch eine grata negligentia , sondern auch durch Kürze 
der Darstellung auszeichnet, so dass man darin die ersten Ver* 
suche des gedrängten, kernhaften Redners erkennen möchte. 
Wir erklären: nam aicut ea quae in agro eua aponte naaeuntur 
Ha quae aeruntur atque elaboraniur^ quamvia diu aerantur aU 
que elaborentttr^ graiiora tarnen aunt^ ita in ingenio quoque^ 
extempoualia eloqueniia gratioreat quam medUaia. -*- Cap.l. 



64 Roniitche Litteratur. 

liefern die Codd. tum abire quod si non in alio oritur^ woraus 
O. bildet tum habere^ quod si non indoles largilur, R. bleibt 
bei dem gewöhnlichen Verbesterungsversuch stehen; W.^roen- 
dirtimTextmitMuretus habere und lässt dMÜebrige in seiner 
Terdorbenen Gestalt nnangetastet. Wenn wir aber die Schrift- 
%uge INALIO ORITUR mit folgenden zusammenhalten IN^ 
GENIO ORITUR^ so finden wir darin die wahrscheinlichste 
Emendation. Dass die Bedeutung von ingenium hier ebenden- 
selben Sinn gewährt, als die von O. vermissten indoles oder 
natura y bedarf keines Beweises. Gleich darauf restituirt W^ 
nach Schiuttigs Collation des F. quid fama et laus cuius ariis 
cett, wozu Hr. Eckstein (B.) bemerkt, dass damit auch Bek- 
kers Zeugniss übereinstimme; dieser meldet aber bloss: quid 
F. vulgo quaej und hai ctfiif«rt« mitBeroaldus im Text, ohne 
des abweichenden cuius su gedenken. Wir tragen nun swar 
kein Bedenken, das letztere für echt su halten, bedauern aber, 
dass entweder Niebuhr die wahre Lesart iibersehen, oder Bek- 
ker sie mitzutheilen unterlassen hat. Gegen diejenigen, welche 
nach quid ein Fragezeichen setzen, erinnert 0. mit Grund, dass 
alsdann die nächstfolgenden Worte hätten anders gestellt wer- 
den müssen: quid? cuius artis fama cett. Walther hat zwar 
ganz richtig interpungirt, ist aber eine genügende Erklärung 
schuldig geblieben. Nun pflegen die Griechen zuweilen r/g 
mit andern Fragwörtern in Einem Satze zu verbinden, z.B. 
rlncog; tlnov; rlsno^ev; Vergl. Matthiae S. 019. Nach 
dieser Analogie ist hier quid — cuius — ? zu nehmen, so dass 
man also umschreiben kann: quomodo fama et laus aliarum 
4irtium , et cuius artis fama et laus cum oratorum gloria com- 
paranda est? — In der Lesart des F. qui non illustres et in 
urbe non solum (oder undeutlich geschrieben nosdum) muss 
«ntweder das erstere non und et getilgt, oder in dem zweiten 
Giiede eine Umstellung vorgenommen werden: illustres in urbe 
et non solum ^ oder endlich nach et ist irgend ein Adjectivum 
ausgefallen. Zu Ende des Cap. vertheidigt E. die Lesart (LA.) 
des F. veltU agnoscere mit vollem Rechte gegen die Vulg. vul-- 
tus agn,^ woraus Dronke ohne zureichenden Grund cognoscere 
umbildete. Cf. Intpp. ad Cic. N. D. I, 1. Wolfs Anal ecten f, 
Seite 280. — 

€ap. 10. macht R. zu den Worten iamborum amaritudinem 
den seltsamen Zusatz: ^^n Satiris Graecis ac Rom,^^ Der Her- 
ausgeber des Jnvenalis sollte doch fuglich wissen, d^s den 
Griechen die Gattung der römischen Satire, wie sie von Luci- 
lins und Horatius begründet und ausgebildet worden, ganz 
fremd war, und dass die römischen Satiren hinwiederum nicht 
den lambus zu ihrer metrischen Form haben. Dachte etwa 
Hr. R. an das dgäfia öatvgiKov? Und das sollte mit der römi- 
schen satira ausammenhängen?! — Weiter unten bei den 



Die neuesteii Beftrbeitimgeii 'd«t TacUut. 66 

Worten: tanquam minus obnosium sü offendere — Hudium 
wissen die meisten Ausleger nicht, wts sie mit offendere sn- 
fanfen solien, weshalb einige offensae^ tni^re offensis , noch 
andere offendnn Terbessern wollen. Waltbers Bemerkung ist 
au unbestimmt. Aus dem Beispiel Ann. XI, 29. prioris quoque 
regiae perüus et potentiam cautis quam acribus consiUis tuiius 
kaberi, ersieht man, dass Tac. den Infinitims haheri dem Geni- 
tivus re^tae gleichstellt: ebenso constrnlrl er dissentire mam- 
featus Ann. II , 5T ( cf. Dial. 16. mantfestus aceingi, ) ignarus 
ineipi XII , 67« peritus obsequi Agr. 8. n. s. w. Sollte er nun 
nach dieser Analogie nicht auch den Infinitivna statt des Dati- 
TOS setsen können? so dass offendere für offensioni gesagt 
wäre. Yergl. Rarashorn Lat. Gramm. S 628. Gleich darauf 
rouss schlechterdings efferveseet — offendes statt der Volg. 
— H — is aus F. aufgenommen werden; denn dasFutnrum leiht 
hier dem Gedanken ein gana besonders feines Gepräge: Aper 
nämlich gibt noch nicht die Hoffnung auf, dass Maternus der- 
einst wieder von der Poesie zur Beredtsamkeit aur&ckkehren 
werde, und will daher sagen: st perges in scribendis ant red- 
tandis tragoediis^ efferveseet vis naturae tuae^ nee velut orator 
pro amico sed pro personis tragicis offendes potentiores. O. 
bleibt auf halbem Wege stehen, indem er effervescit beibehält, 
dagegen offendes nach den Vatt. schreibt, wodurch keine son- 
derliche Variation bewirkt wird. — Cap. 11. hatBekker glück- 
lich emendirt: parantemme^ inquit^ non minus — mitigavii^ 
aus F. parant enim quid non m, statt der Vulg. paravi^ inquii^ 
me non, Walther ist auf ebendieselbe Spur gekommen, aber 
durch eine falsche Ueberlieferung der hds. LA. parant enim 
quid me non cett. zu einer kleinen Abweichung Teranlasst wor- 
den: parantem, inquitj me non m. Das Plusqnamperf. lauda- 
verat aus F. hat O. gegen die Vulg. laudavit siegreich verthei- 
digt. — Cap. 12. irrt sich O., wie sO oft in diesem Puncte, dass 
er die Conjectur des LIpsius: haec penetralia^ hoc primum 
statt der Vulg. kaecprimum für die LA. des F. hält, was ihm 
R. ohne eigne Prüfung nachspricht. Der Cod. selbst aber ent- 
hält die Worte penetralia hoc oder haec gar nicht, die man 
auch fiigllch entbehren kann, wenn man also erklärt: haec elo- 
quentia (i. e. poesis) quum propter habitum cuUumque suum 
commoda (i. q. apta, opportuna) esset ^ primum influsit iniUa 
pectora* Die Worte habitus cuüusque werden eigentlich vom 
menschlichen Leibe gebraucht (cf. Ann. 1, 10.), hier aber auf 
die Be8chaifenheit und Ausbildung der alten Poesie übergetra- 
gen. W. hält es mit LIpsius. — Cap. 13. soll nach NIebuhr 
der Cod. F. securum et secretum V. secessum bieten, nach 
Schlottig aber securum et quietum. Da aber auch Lipsius se- 
cretum schreibt, so neigt sich die Wagschale auf Niebnhrs 
Seite. W. traut jedoch seiner Auctorität mehr und schreibt 

^\ Jahrb. f. FkU, u. Fäd, od. Krit, Bihl. Bd, :Ki Hß. 5. 5 



RömUch« LUtornCur. 

guieUitn^ berichtet aber gertde das Gegentheil von dem, wa« 
O. za dieser Stelle angemerkt bat , als welchem quieium nicht 
zusa^ {displicet) etiam propter praecedena inquieta; W. 
aber lässt ihn weretum missbiiligen. Wie schon kurz vorheri 
so schwebt auch hier dem Redner die berühmte Stelle des Ho- 
ratius Gsrm. I, 1, 30. vor Augen: Me gelidum nemu9 Nympha- 
rumque leves cum Satytis chori secernunt populo. Weiter uii. 
ten hat F. nebst andern aUigati cum adulatione^ wo das cum 
die Ausleger bennruhigt, weshalb es O, einklammert und für 
interpolirt ausgibt. Die von Osann zur Vertheidigong des cum 
beigebrachten Stellen hat schon W. für ab h. 1. ali^nisiima er- 
klärt, ohne sich jedoch selbst entschieden auszusprechen. Mir 
scheinen die Worte cum aduUUione nicht mit alligatiy sondern 
mit dem folg. aatia seri mdentur verbunden werden zu müssen, 
so zwar dass durch die Präposition cum^ um mit Hand. Tursel- 
lin. II, p. 145 zu reden, viiae condicio et quae ei injunctae sunt 
proprietatea designantur^ quasi res et condicip^ in qua quia ver- 
satur^ ipsi adkaereat. AUigati hingegen (absolut) sind ger 
meine Sklaven , mit denen die Redner hier verichtlich zusam- 
^ mengestejlt werden. Daher der Sinn : an id habent concupi- 
scendum^ quod^ quamvia aUigati aint velut infimi aervi^ tarnen 
cum adulatione (t. e, adulationi indulgentea) nee imperantibua 
unquam satia aervi eaae videntur nee nobia aatia liberi? — 
Cap. 14. extr. lassen alle Herausgeber die Yolg. oblectamentum 
cum vobia stehen, obgleich F. das cum nicht hat, das man auch 
entbehren kann, wenn man nach Tac. Sprachgebrauch im ersten 
Gliede primum supplirt : primum vobia, tum etiam ita ad quo^ 
rum cett. Beispiele der Art finden sich Ann. 1, 67. tU (primum) 
At\ mos pedea in hoatem invaderent. 1,74. perniciem (^]^rimnm) 
aUia acpoatremum aibi invenere. XIIII, 17. oppidana laaeivia 
inmcem laeeaaente (primum) probra^ dein aaxa, poairemo ferrum 
aumpaere. Die Vulg. hat ihren Ursprung einem Interpreten zu 
danken, der eine dem folgenden tum entsprechende Partikel 
vermisste, deren Ellipse aber gerade za den Eigenthümlichkei- 
ten des Tac gehört und darum weniger bekannt war. — Cap. 
15. muss die LA. des F* ut longiua abiiaaet Jeachine statt der 
Vulg. abait in ihr ursprüngliches Recht wieder eingesetzt wer- 
den. Abire ab aliqua re oder mit dem blossen Ablativus \9X 
gleichbedeutend m\i diacedere ^ recedere^ wie Ann. VI, 22. ne 
nunc incepto longiua abier im» Das Plusqpf. aber, welches von 
accidiaae abhängt, ist deshalb gebraucht, well Messala aus- 
drücken wollte, gerade zu der Zeit, wo er spricht, habe sich 
der genannte Nicetes von Aeschines und Demosthenes schon so 
weit entfernt gehabt. Stände das Impf, abiret^ so würde es 
heissen, der noch lebende Micetes hätte eben angefangen und 
fahre noch fort von jenen Rednern abzuweichen, während doch 
der Zusammenhang erheischli dass die Trennung schon erfoJgt 



Die netiMten Bearbeknageo ^es Tadtiu. ^ 

sei. Ebenso steht des Plosqpf. Agt. 0. diUgenii$9ima etmqti^ 
sUione feeit ne cujus aUerius sacrilegium res publica quam Ne- 
ronis sensisset: wo man Hertelt Note fu Torgleichen bat. — 
Cap. 16. bemerkt W. geg;en die LA. mavistis^ welche F* nnd 
die ältesten Edd; liefern, folgendes: ^^^^ quum praeter Fif- 
pstanum Messalam nemo eam guaestionem protulerity deinde 
quum s Ultera praecedenti vocabulo facillime addi potueritpro^ 
pter seq. sed, praeferendum videtur , quod tadte scripsit Li- 
psiüsy movisti^ quodque asciverunt sqq, omnes et nuperrime 
Orellius defendit.^ Da aber ausser Messala aoch Aper die er- 
wähnte Frage in Anregung brachten, so fallt mit dem erMeii 
Grande auch der zweite and somit jede subjectire Anctorilit 
zusammen. Nicfit weniger begröndet ist die Note, womit W. 
fortasse longum videatur gegen F. videtur in Schatz nimmt: 
nam postulat cum {sc, caniunctivum) LatinUas» h^^e^tn lic'sse 
sich mit gleicher Logik antworten: immo indicatitmm postulat 
Laiinüas. So wollen wir abet nicht antworten , sondern trea 
der einmal angenommenen diplomatischen Anctorität den Indi- 
cativus , welcher dem folgenden in prosimo est entspricht , mit 
dem Sprachgebrauch des Tac Tertheidigen, als welcher in hy- 
pothetischen Sätzen, wie die Griechen Idv mit dem Subjuncti- 
vus verbinden, den Vordersatz mit si und dem Subjnnctivog 
anhebt y wenn derselbe das Gepräge der Ongewissheit an sich 
trägt, dagegen im Nachsatz den Indicatiiros gebraucht, wenn 
auf denselben jener Charakter der Ungewissheit keine Anwen- 
dung leidet. Ganz so Hist. I, S^S. sicuM jubeaatur quaerere 
singulis liceat, imperium mtereidit. Agr. 18. munera impigre 
obeunt^ si injuriäe absint. Vergl. Krügers Untersuchungen aua 
dem Geb. der Lat. Spr. 11, S. 91 ff. Ramshorn Lat. Gramm. 
S. 861 f. — Cap. VL irrt O. und mit ihm R., wenn sie glauben, 
Lipsius habe die richtige Zahl FI et L annos aus dem Cod. F. 
entlehnt^ da es doch in der That nur dessen Conjectur ist, wie 
sich aus den neueren Coliationen ergibt. Ebendaselbst fuhrt 
/W. das Todesjahr des Augostus fälschlich A. V. 768 statt 167 
an. Wenn derselbe weiter unten anmerkt: y^Unius hominis 
aetatem tot annis (120) coniineri eodem iure dicft Script or^ 
quo Agricela quinquaginta sex annos natus media in spa- 
tio integ'rae aetatis ereptus dicitur cop. 44.^^ so gibt 
er dadurch zu erkennen, dass er die Worte media in spatio 
grundfalsch aufgefasst hat, wozu ihm freilich Walch die Ver- 
anlassung darbietet. Von Agricola wird weiter nichts bericli- 
jtet, als dass er mitten im Laufe seines noch rüstigen Altersl 
plötzlich hingerafft worden sei, ohne dass damit angedeutiet 
werden soll , dass 56 Lebensjahre etwa die Mitte des gewöhn- 
lich angenommenen Massstabes sei. Im Dialogus aber ist die 
Zahl 120 jedenfalls hyperbolisch zu nehmen, um auszudrücken, 
dasa dieselbe nidit gar au aehr d*s Lebensalter einzelner Hen- 



68 Römische Lilteratar. 

sehen überschreite, und insofern wenigstens nicht ubermissig 
gross genannt werden dürfe. Zu Ende des €ap. nimmt Hr. B. 
an der Verbindung von antiquos ac veteres grossen Anstoss; 
solet enim scriptor vetus prior e loco ponere eique aubiungere 
aniiquua^ ut cap, 15. cetL Gesetzt aber, Tac. befolge diese 
Wortsteilung tausendmal, so wiirde selbst daraus nicht folgen, 
dass er sie nicht auch einmal Teräudern Icönnte. Wer mochte 
einem selbstständigen und noch obendrein nach Variation stre- 
benden Schriftsteller diese Freiheit absprechen? Weg also 
mit solchen sterilen quisquiliis. — Cap. 18. fuhrt W. ffhr den 
Pleonasmus ante praedisero auch Ann. XI , 7. an , wo aber mit 
Ma. ante providerü geschrieben werden mois. Die Bemerkung 
SU ne Ciceroni qtädem^ einer Conjectur des J. F. Gronoiiua, 
welche dem handschriftlichen nee C. quidem Torgesogen wird, 
und zwar aus Gründen, welche zu Cap. 10. angegeben wären, 
zeugt von flüchtiger und wenig besonnener Redaction des Wal- 
Iherschen Nachlasses; denn dort wird nee — quidem mit vol- 
lem Rechte in Schutz genommen (vergl. die Stellen, welche 
oben zu Bött. Lex. S. 315 angeführt sind), woraus hervorgeht, 
dass W. auch hier die diplomatische Ueberliefernng nicht ver- 
lassen wollte , Hr. E. aber die vielleicht nur flüchtig angedeu- 
tete Note verkehrt ausarbeitete. — 

Cap. 21. bietet F. eine offenbar corrupte Stelle: ganuti 
aut attii defurnio et coranio alias — hanc maciem probani^ 
woraus Gronovius emendirt: Canutium aut Arrium Furniumve 
notninabo quoque alias — haec macies p. Allein in corania 
steckt wohl ein nomen proprium. Dass aber ein Redner Cora- 
nius uns heutzutage anderswoher nicht bekannt ist, liefert kei- 
nen Beweis gegen sein vormaliges Dasein; denn wie viele no- 
mina propria sind axa^ Blgfjiiiva In den Schriften des Alter* 
thums ? Ob der ebenfalls unbekannte Redner Attius voliArrius 
zu vertauschen sei, bleibt zwar immerhin problematiscb, diese 
Veränderung aber stützt sich mehr auf die Sache selbst und 
auf paläographische Wahrscheinlichkeit Mit genauerer Be- 
rücksichtigung der handschriftlichen Züge erlaube ich mir fol- 
genden Vorschlag: nee unum de papulo, Canutias aut Arrios 
et Furnias et Coranios^ alias in eodem vaiitudinario haee ossa 
et haec maeies prabänt : ipse cett«, und erkläre also: haec assa 
et haec macies ( qualia sc. ostendunt eorum oratianes adhue 
superstites) prabant nan salum medioeres oratares, ut Canu- 
tias — Coranios aliosque in eodem valetudinaria (sc. cubiculo) 
esse s. jacere^ sed optimos quoque oratores^ ut Calvum cett«. 
Tac. verändert nach seinem Brauch die Construction, indem er 
fortfährt: ipse mihi Calvus cett, wo jedoch die Ellipse der 
Adversativpartikel nicht auffallen darf. — Weiter unten ist im 
Texte bei W. S. 314, 5 nach ntst — qui ausgefallen. S. 317 
col. 2> 7. ist nach dceronem emm — non zu streichen. S. 318 



Die nenestea BearbeitangiSB des Tacitat. W 

ist dis Citat €ic. orat. c. 64* falsch. Eb. zu sed eiiam sii ev" 
fährl man nicht, ob SchluUi^ im Cod. F. etiam gefunden habe. 
l>a es aber 1. Beklier weglisst, wie schon Lipslns in der ed. I., 
so findet es sich wahrscheinlich dort nicht. S. 320 col. 1, 14. 
ist zu verbessern T. I. st. IL S. 828 ist eine der Redaction 
zur Last fallende Confnslon zu rillen , indem der Text contin- 
^tV bietet, die Note aber also beginnt : quae animi anrie- 
täte contingat MSS.Neap, Vaticc. quae a. ansietate 
conttngit^ quod receperunt Brater, Bip.y idetn in Farn. eod. 
fuiase videtur^ ex quo lApskis^ Latinüatis legibus postulantibus^ 
— contingat edendum curavit. Bin seltsamer Wirrwarr: 
abgesehen von dem Widerspruch im Text and in der Note, 
soll erstens cantingit im cod. Farn, an sein scheinen, zweitens 
soU Lipsius aus ebendemselben Cod. contingat edirt hab^n. 
Dazu bleibt es noch zweifelhaft (so ungeschickt ist alles ge- 
stellt), ob F. nach Schluttigs Collatlon contingat (wie es scheint) 
oder contingit schreibe. — Cap. 25. bitte W. conslaret mit F. 
aufnehmen sollen, wie er weiter unten ai^cominus fatetur nach 
derselben Auetori tat zwar in den Text gesetzt, aber nicht er- 
klart hat. DaHr. B. auch nicht weiter geschritten Ist, so bleibt 
sehi Zusatz unfruchtbar. Das Adverbium cominua erinnert 
uns an den Kampf in der Nahe, ita ut manua conaerantur, yre^- 
halb der Sinn Ist: ai^per velut cominua pugnana fatetur — 
exatitiaae^ equidem non repugno, — Cap. 26. steht noch immer 
im Texte aingulia demum ainguloa^ obgleich W. die LA. des 
F. deinde schon kannte: selbst E. erklart mit Hand. Tursellin. 
11 y p. 260 demum durch gerade. Br hatte aber deinde auf- 
nehmen und auf Haud. 1. c. p. 244 sq. verweisen sollen, wornach 
deinde indicat nexum remm et originia deductionem^ Haut 
altera rea ex altera prodire videatur, Germanice und aonach. 
Am Ende des Cap. stimmt bei W. der Text wieder mit der 
Note nicht überein , indem dort ut ae non quidem ante Ocero- 
nem numeret stellt, In der Note aber die hds. LA. ut ae ante 
Ciceronem n. mit Recht als die einzig wahre dargestellt, mit 
O. vortrefflich erklärt wird. Ja W. fugt sogar noch ein spe- 
cielles Lob 'ober O. und eine besondere Exsecration gegen alte 
Neuerungen hinzu : „ Ita tarn illiua viri aagacitate fundittia de^ 
lata aunt priorum commenta^ quae referre nunc taedet. Unter 
dieser letzteren Kategorie wird die in den Text aufgenommene 
Conjectur ausdrücklich und namentlich begriffen. Wie konnte 
sich daher B. einen so grellen Widerspruch entschKipfen las* 
sen? denn hier lastet alle Verantwortung anf der Redaction, 
die aus Walthera Note seinen letzten Willen aufs Bestimmteste 
erkennen konnte. Auch R. schliesst sich an O. an. — Cap. 27. 
muss das von E. herrührende Citat Hand. Tursell Vol. \l, p. 
428 verbessert werden. Weiterhin wird behauptet, J.Fr. Gro- 
noviua habe verbealieH ^/»r t noatri diae. ^^meliua et ad anti- 



70 RuniUcho Litteratnr. 

quam lectianem adcommodatiua^^ als Lipsius Aprina diae* 
Die Handtchrr. haben aber a prima diac. Mun frage ich jeden, 
ob es weniger wahrscheinlich ist, dasa iV in ilf übergehe, oder* 
nostri In ma. — Gap. 29» findet sich noch In allen Auagaben 
horumfabulia et erroribua teneti cQitj obgleich F. dieae Stelle 
mit einem zwar corrupteOf aber keineswegs aus der Lnft gcf- 
griffenen Worte bereichert: erroribus et vüea ten. Nach L 
Bekkera Bericht ist Ober vilea geschrieben: al. (I.e. ilii) virea^ 
nach W. viroa, E. schlagt daher vor et vitüa an emendiren. 
Es lieft aber näher vtro, i. q. veueuo, wiederhersustellen, wel* 
ches Wort theils exquisiter und kräftiger an dieser Stelle ist, 
theils dem Verbnm imbuuntur melir entspricht. — Cap. Sl. 
hätte E. kein Bedenken tragen sollen, sowohl dem Sprachge- 
brajt^che der prosaischen Latinität des goldenen Zeitgeistes ala 
der Auctorität dea F. gemäss , ila eat enim in den Text aufsu- 
nehmen, sowie auch Cap. 31. haec eat enim in sein ursprängli- 
ches Recht eingesetzt werden mnas. Vergl. Ramshora Lat. 
Gramm. S. 1)08. Zumpt §. S55. Ebendas. su Ende ist Walthera 
Verbesserungsversuch nur zur Hälfte gelungen, indem er eines« 
theils pleraeque gegen F. iderumgue beibehält, anderntheila 
aber haec quoque acientia requiritur gegen den barbarischen 
Pluralis hae quoque acientiae requiruntur vertheidlgt, obgleich 
I. Bekker keine Veränderung vorgenommen und k^e Variante 
verzeichnet hat. Man darf aber hier schwerlich an der grös- 
seren Genauigkeit der SchlnttigschenCollation zweifeln. Ja wir 
würden selbst ohne diese Auctorität mit 0. und R. nach den al- 
ten Ausgaben den Singularis restituiren. — Cap. 82. hatB. zu 
den Worten aufficere ut — doceamur^ Ernesti'a Anmerkung auf« 
fallend entstellt, indem er den Druckfehler acria in der Orelli->> 
sehen Ausgabe in artia verwandelt, wodurch pnrer Unsinn ent- 
steht. Das Wahre, ist juria. Nachher musa mit W. aus der 
LA. des F. vis quoque quotidiani aermonia -— via verbessert 
werden, während R. den alten Sauerteig /ex weiter verbreitet. 
E. vermutliet ein Asyndeton, wo kelna ist, wiewohl ein solchea 
bei Tac. nichts Anstössiges hat, ^nec minua haereo in vi quo» 
tidiani aerm. quam qualem intelligam ma fugit^ praeaertim 
quum via aliaa in laude poaita eaae aoleat.^^ Daher mit Orel- 
li's Conjectur ubique noch nicht zufrieden , proponirt er uaque 
8t. via quoque. Man darf aber nur an die Redensart viaveneni 
erinnern, um das Fundament dea neuen Bauea von seiner Stelle 
zu ri'icken und somit das Ganze übern Haufen zu stürzen. Dasa 
der Eiufluss des quotidianua aermo gleichsam ein Gift der wah- 
ren Beredtsamkeit im höheren Sinne sei, bedarf keines Bewei- 
ses. Die Worte foeda ac pudenda vitia sind als Ine^ijytfiig 
zu nehmen, um die Beschaffenheit der via q, s. näher zu be- 
zeichnen. — Weiterhin muss mit F. quaa vobia aperiri wier 
der hergestellt und daa vor vobia gestrichen werden, da der 



I \ ■ 



• Die Denetten Bearbeitung«!! de« Tadtos. 11 

blosse Dtitivna, bei Tao. dieselbe Bedeutung hat. Orelir« auch 
von W. wiederholte Bemerkung: ho0 enim h. l. mmiH ambiguum 
ist ieicht zu beseitigen, wenn man bedenkt, dasa alle Zweideu- 
tigkeit durch die unmittelbar darauf folgenden Worte geho- 
ben wird. — 

Wenn gegen Ende des 84. Cap« nach Wsw Bericht der Cod. 
F. wirklich in Ueberelnstiromung lliit den Vatt. non multum ae- 
täte antecedens bietet , so rousa die Vulg. multo weichen. 
Denn so^ie selbst Cicero Brut. 21; 82. aetatepaulum kia ante- 
cedens^ off. 1, 80, 105. quantum natura hominis peeudibus ante- 
cedat^ sagen kann, mit ebenso gutem Rechte lüsst sich hier 
mültum in Schuta nehmen. Dasa die Griechen in gleicher Art 
auch nöXv und noKkov statt uoXXA sagen f Ist allgemein be- 
kannt. Cap. 3T muss gegen alle Verbesserungsversuche die 
LA. des F. und der Vait. tU secura velint beibehalten und also 
erläutert werden: hominum natura ita comparata estutsecu- 
rilätem sibi optet ideoque discrimina laudet quae milites in 
belloy oratores inpacepro dvium suorum securitate suscipiunt. 
— Cap. 38. hat W. mit grosser Wahrscheinlichkeit eroendirt: 
quae eist nunc aptior exstiterity eloquentiae tarnen iUudforum^ 
unter sorgföltiger Beobachtung der hds, Züge. Er hatte nur 
weiter unten mit F. auch modum dicendo aufnehmen sollen, 
wie es der Sprachgebrauch des Tac. erheischt. Vgl. zu Böt- 
tichers Lex. S. 139. JSbenderselbe und mit ihm L Eekker yer- 
bessern Cap. 89. causam quando incipiäs. Wogegen die Auf- 
nahme ?on patronus indicit als ungereimt und sinnlos zu ver- 
werfen ist: Am sichersten erscheint es , mit 0. die Conjectur 
des Hrn. de la Monnoye in den Text zu setzen: patronis indi- 
cit. — Cap. 40. extr. ist W. wieder einmal nur auf halbem Wege 
stehen geblieben , indem er zwar in Liebereinstimmung mit F. 
necbene statt derVolg. bonae aufrteht erhilt^ aber das auf 
ebenderselben Grundlage ruhende formam eloquentiae mit der 
Conjectur des Muretns/amani vertauscht. Der Redner berührt 
den bedauernswerthen Untergang, welchen dem Cicero seine 
Philippischen Reden bereitet haben ;/ormii eloquentiae ist dem 
griechischen Idia nächgebildet, species eloquentiae animo ex- 
pressa et comprehensa, Ideal der Beredtsamkeit, sowie 
Cicero erat. 5, 19. sagt: habuit profecto comprehensam animo 
quandam formam eloquentiae» 14» 48- excellentis eloquentiae 
speciem et. formam. Deshalb erklüre man: nee bene (i.e. male) 
factum est (snmmopere doiendum est) quod Cicero eloquentiam 
Omnibus parUbus absokUam tam diro exitu redemit. Zwei 
Glieder stehen einander gegenüber, die dem Gemeinwesen so 
nachtheilige Beredtsamkeit der Gracchen, und die des Cicero, 
wiewohl ihrer Natur nach dem Gesammtwohl am erspriesslich- 
sten, dennoch dem Redner selbst tödtiich. — Cap. 41. lassen 
es alle drei Editoren bei Pithoeus Conjectur in cti^ntelant no- 



n Griechische Sprachlehre. 

stram venU •tatt der hberlieferten LA. in cimtatem it., worin 
allerdings etwas Un^^ewöhnlichet lie^t, ond derea Erkiinms 
durch iu8 cmiatis W. mit Recht bekämpft. Vergleicht man 
aber Cicero de oratore 1, 10, 41. nisi hie in tuo regno eMenuM, 
80 ergibt sich civilaa als ein Sjiionjmon von regnum* Sowie 
nun dort das Tn§culanum als Crassi regtntm betrachtet wird, 
ebenso wird die Beredtsamkeit mit einer gewissen Ironie hier 
gleichsam oratorum cimtaa genannt, wohin sich wie in ein Asyl 
die Einwohner der Municipien u. a. fluchten, um die Hülfe der 
Redner in Anspruch au nehmen. Auf diese Weise erhielten 
wir fast denselben Sinn, wie durch die Conj. in clieniehan. — 
Cap. 42. lässt sich cum^ wie F. schreibt, gegen die Vnlg. tum 
rechtfertigen, wenn man also interpungirt undsupplirt: fiaieral 
Malernu8y cum MesstUa^ Erant [inquit] quitnts contraüe^^ 
rem cett. — Hr. N. Bach. 



Graecorum casuum analysis. De vera eaeuum^ 
verborum^ inflectionumque in genere^ natura 
et origine^ — aique etiam de veris graecorum 
nominum flectendorum legibus^ brevis dispu^ 
tatio: a Carolo Seagery emendatioris dictionarii brerioris He- 
braeo - Chaldaici , a J. Simonis latine confecti , Angllcae ▼ersionit 
anctoife. Accedunt qnaedam (parom adhoc perspectae) leget 
eophonicae; item de accentibas, ac de casibus Latinis digpnta* 
tiones bre^es; et inseritar Sanscritorum casunm fonaatio. «^e- 
lix qui potuit rerom cognoscere caasas/^ Londini: anctoris im- 
pensifl excudebat A. J. Valpy etc. apud quem, apud Black, Yonng 
etc. — veneunt. 1833, XII n. 70 S. 8, 

Wenn aus dem für das Studium der Sprachen sich aoch 
nicht wenig iuteressirenden England ein eben darauf sich be- 
liebendes Buch auf dem Featlande an verkaufen ist, so greift 
wohl ein Jeder nach demselben , weil er hoffen kann und darf, 
darin mannigfache Belehrung oder Anregung au finden, noch 
dazu wenn ein so stark posaunender Titel es ankündigt. Reo. 
that es so mit dem obengenannten; er hat sich aber ginslich 
getäuscht in seiner Erwartung. Nicht allein dass es in einem 
ganz unclassischen Style abgefasst ist, wie der Titel schon 
sattsam bezeugt; auch abgesehen davon, dass der Verf. nicht 
einmal orthographisch richtig schreibt, indem man i. B. durch 
die ganze Abhandlung hindurch flectiamtm , inßectionum etc. 
findet; — der Inhalt des Buches, die Behandlung der Sache 
iHt keinesweges genügend, wie wir jetst nnsern Lesern knrclich 
darthun wollen. 

In der Vorrede spricht sich der Verf. iiber Folgendes aus: 
Höchst nutsllch und angenehm sogleich sei bei jeder Sache die 



Seager: Graecoram cMiiiini analjnli« 73 

Untersuchung des Grundes, warum sie so und nicht anders sei. 
Diese allgemeine BemerlLung fände fhre Statt auch bei den| 
Studium der Sprachen. Dadurch veranlasst, habe er, der Ver- 
fasser, über Vieles dergestalt geforscht, dass er sich immer 
Rechenschaft über das Warum su geben suchte. Anfangs habe 
er über die Verba und ihre Conjngatlonsformen schreiben wol- 
len; da aber unser Landsmann Bopp sich über das Cönjuga- 
tionssjrstem des Sanscrit und der damit verwandten Sprachen 
in mehrern Schriften ausführlich eri^lärt habe, er selbst jedoch 
noch nicht so des Deutschen mächtig geworden wäre , dass er 
dieselben gans verstehen könne ; so habe es ihm geeigneter er- 
schienen, vor der Hand erst von den Nominibus zu sprechen. 
Er hält aber alle Beugungsformen derselben für Anfügungen 
(ego vero orones casus statim ab ipso qnodam fönte, quod the- 
ma voco, addendo (!) deduco, sagt der Verf. in seiner un- 
richtigen, dunkeln Schreibart) und findet es gans unrecht, dass 
man an die Spitse der Declinationen und Conjugationen solche 
Formen gesetzt habe, die am wenigsten für die Grundformen 
gelten könnten« Ais das Thema will er nun das Wort an sich 
genommen wissen \ jene Affixe aber wären einst bedeutsame 
Wörter gewesen. Was für welche? Darüber erklärt er sich 
in der Abhandlung selbst. 

Diese zerfällt in drei Hauptth eile, von denen der erste de 
inflesionum origine^ der zweite de fortnundis (?) easibuB , nu- 
meris et generibus handelt. Der dritte, der eigentlich gar 
nicht zum Uebrigeu gehört, ist nur eine appendis. Hier trägt 
er nun folgende Meinungen vor: Mit Unrecht wird der Nomi- 
nativ von den Grammatikern gemeinhin für das Thema gehal- 
ten; er steht in gleichem Verhältnisse zu diesem Thema, wie 
die übrigen Casus, d. h. auch er ist eigentlich eine veränderte 
Form des Themas. Die Annahme, dass dergleichen Beugungs- 
formen entstanden wären, indem die Menschen der Vorzeit 
darüber förmlich etwas unter einander festgestellt hätten, sei 
abgeschmackt, eben so dass sie auf Anordnung eines höhern 
Wesens eingeführt worden« Nun dann konnten sie nicht aus 
blossen veränderlichen Formen entstehen; nam^ setzt er in sel^ 
nem schönen Latein hinzu , aliter quam a pacto jatU edicto quid 
quaeque mutatio signifiearet^ intelHgi non potuissetl! JRestatf 
fährt er dann fort, ut addendo formatas credamua; adden- 
do nimirum (?) eas voces particulasve ^ quae quam aignificatio- 
nis muiationem in quoque verbo vellea , ipsae per se aatis indi- 
carent^ ut iam pacto f^ihü opus esset. Er analysirt nun, um 
jene Behauptungen zu rechtfertigen, z. B. so: Graecorum dif- 
Qog aequat Anglicum of a beast , ^q autem Anglicum a beasi 
ßequat. Es aequaUbus ^^ijQ'-os et of a beast deme aequalia 
%YiQ et a beast: r est abunt aequalia og et of. Der Verf. be- 
bandelt, also die Sache wie ein arithmetisches Exempcl. Nur 



74 Griechisch« Sprachlehre. 

■ 

Schade, dass dadorch für dieselbe liichta gewonnen wird! 
Weiter heisst es : Hoc og igitur 'Anslicae propositionis of vim 
aequaty et totum compositum ^tjQ-'Og Anglico composito the- 
re — cf (i^ e* that — of vel of that) omtnno simiiis est. Simi^ 
liter et in ^ijq -l i = Ang, to et compositio tota Anglicae com-- 
positiom there — to simiiis est omnino. Die Accusativform er- 
Iclärt er so: PauUo difficilior est analysis accusativH^^Q-ay eo 
quod tarn hoc quam 9iJQ aequat Anglicum a heast^ nee quid- 
quam habent haec et aliae analyticae {sie a celeberrimo Sehie* 
gelio vocatae) linguae quod ex adverso ta A statuant. ^ — 
Qualis autem et quali significatione fuerit ea praeposiiio , quae 
ad thema accedens accusativum formavisse credenda sitj ve- 
ram verbi naturam et compositionem recte perspicienti non ad^ 

modum difficile dictu erit. Anglico with regard lo, 

sive as to Latino quod ad^ Graeco xcctcc par esse ereden- 
dum est. Ab hac accusativi origine quid sint nuda pedem etc. 
facile cernitur. — Falluntur ergo Grammatici^ qui subaudi- 
tarn hie praepositionem volunt^ cum ea ipsa praepositio^ qtiam 
extra quaerunt^ ipsis nominibus iam dudum insit. Ueber das 
Nominativ- 27 äussert sich der Verf. also: Q^id sit hoc g, quod 
solum afjixum nominativum Gr,y Lat, et Sanscritum denoiat^ 
non admodum dictu facile est; — potest tamen e pronomine 

demonstrativo quodam relictum esse. — r Voeatitms — 

nudum est thema. — Wie erklart er sich den Plural? das 8 
desselben? Bespondeo, quoniam numeri pluralis Signum sit^ 
pluraUlatem ab hoc affixo denotari; et in locum Ang. qffixi » 
ipsum verbum Ang. plurality substitui posse. . 

Doch wir fürchten unsere Leser zu sehr zu ermüden, wenn 
wir sie noch ferner mit den einseitigen and leicht zu widerle- 
genden Ansichten unsers Verf.s bekannt machen wollten. Wir 
wollen daher nur kurz berichten, ^as er sonst noch gesagt, um 
alsdann sie mit den Untersuchungen der Deutschen in neuester 
Zeit aber denselben Gegenstand, der jedem Sprachforscher von 
grösstem Interesse sein muss, vertraut zu machen. Was Hr. S. 
in dem zweiten Theile aber die griechischen Declinationen und 
ihre Formation beibringt, hat er aus deutseheit Werken , na- 
mentlich aus Matthii's Grammatik (vgl. Praef. p. IX.) geschöpft, 
oder es findet sich in denselben weit besser und genauer« so 
dass wir also nichts aus dem Boche lernen können. Von einer 
Grund- oder Ur-Declination scheint der Verfl nichts gewusst, 
also auch nicht das treffliche Werk von Struve über diesen Ge- 
genstand gekannt zu haben. Was er im Anhange oder in der 
dritten Abtheilung gibt, ist ebenfalls grösstentheils aus Bopp, 
Matthiä u. s. w. genommen und den Deutschen also schon langst 
bekannt oder ihnen in ihrem Vaterlande weit eher zugänglich« 
Recens. hat nichts Neues gefunden. Und so kann uns dieses 
Schriftchen wieder lom Zengniai dienen, wie deutscher Fleiss 



Seager: Gcaecorani catiian «nalytli. 15 

nnd deotscbe Gründlichkeit in andern Lindern gesehtel werden^ 
aber auch dass wir den Ausländem in vielen Sliicken bereits 
vorsusgeeilt sind. 

In uuserm Vaterlande ist die Untersuchung über die Her- 
Icunft der Genus-und Numerus- und ^ CsRasformen sehr häufig 
zur Sprache gekommen, am häafigsten wohl in neuester Zeit. 
Nachdem nämlich auf Anregung Buttmanns Struve sein ver- 
dienstvolles Werk über die griechische und lateinische Decllna* 
tion nnd Conjugatlon — dem wir baldigst eine neue von den 
vielen Druckfehlern der ersten Ausgabe freie Auflage wünscb- 
ten — geschrieben und darin die Lehre von einer Ur-Declina- 
tion und Conjugation in beiden Sprachen nachgewiesen hatte "*"), 
that man einen Schritt weiter und fragte: Aber woher möge;» 
die Formen der Ur-Decllnatlon gekommen sein? 

Einige nahmen ihre Zuflucht au Präpositionen. Aber mit 
Recht erinnert Grimm in seiner deutschen Grammatik (Ir Bd. 
S. 834 der 2ten Ausg.) dagegen: ,, Präpositionen sehen wir an£ 
das Verhältniss des Gen., Dat., Acc., Abi. eingeschränkt; sei- 
len sie folglich auf die Formation derselben angewandt werdeoi 
80 hat man sie nicht als eigentliche- Präpesitiencn, sondern als 
blosse der Wuniel angehängte Partikeln anausehen. Derglei- 
chen Urpartikeln unternehme ich nicht aus irgend einer 
deutschen Sprache nachsuweisen. '^ Und eben so wenig kann 
man das In der lateinischen, griechischen n. s. w. Diese An- 
nahme ist also durchaus zu verwerfen. — Andere, und sn 
denen gehört der Reo. selbst, meinten, dass, wäre einmal in 
der Wurzel des zu deciinirenden Wortes der Haoptbegriff ent- 
halten und ausgesprochen gewesen, es gar nicht eines beson« 
dern Wortes bedürfe zur Andeutung von Nebenbegriifen oder 
Verhältnissen, in welchen der Hauptbegriff zu denken sei — 
und das sind doch die Bedeutungen der Casus — , sondern nur 
einer geringen Modificstionoder Flexion; und um diese hervoiv 
zubringen, habe sich die Zunge im Flusse der Rede der sa 
leicht sich an - u. elnschmiegenden liquiden Consonanten : «, r> 
t^ dy m, 19, / bedient, die sie aber auch wieder abgeworfeoi 
wjenn es so nöthig oder besser geschienen. Diese Ansicht, ob«^ 
wohl sie noch keinen Ankl)sng, so viel Rec. weiss «i gefunden 



*) lo neuester Zeit hat, wie unser« Leser aus dieseo Jahrbb. wissen 
werden, Hage na in Oldenburg denselben Gegenstand behandelt, seB- 
derbar ohne von Stroves bekanntem Werbe etwas gewnsst zu haben. 
Vgl. diese Jahrbb. 1834. %, 1 S. 76 ffi Dass aber dieser Gegenstand 
alle Beachtung verdient, selbst beim practisoben Unterrichte, hat Hr. 
Jahn a. a. O. sehr schon auseinandergesetzt. Um so mehr mnss man 
steh wundern, dass selbst die neu estea Grammatiker, Grotefend, Zumpt 
u. s, w. darauf gar keine Büeksicbt genommen haben. 



10 Grieobische Spracblehre. 

haty durfte doch so übel and grundlos nicht sein, und Einigte« 
sehr gut erl^lären. — Noch Andere glauben , dass das Prono- 
men personale, nämlich die ursprüngliche Form desselbei^ (ins 
Griechischen Of fi^ o\ im Lateinischen u, a,u; im Deutseben t, 
tC/eu.s. w.), aur Bildung jener Declinationsformen Veranlas- 
sung gegeben haben. Diess ist auf jeden Fall richtig, obwohl 
Grimm a. a. 0. sagt: „Die Annahme führt, wie man sieht, kei- 
nen Schritt weiter. Geboten wäre sie bloss , wenn die indivi'* 
duelle Gestalt jenes Pronomens in den Flexionen der übrigeo 
Wörter deutlich vorträte, und tier Begriff selbst eine Verlnde- 
rung empfinge u. s. w.'^ Das letstere ist dunkel. — Endlich hat 
sich Wüllner in seiner Schrift „über Ursprung und Urbedeu- 
tung der sprachlichen Formen ^^ (Münster 1831.) dahin erkllrl, 
„dass die Casus aus den ursprünglichen Adverbien des Ortea 
hervorgegangen wären (S. 145 ff.) i dass die Formen derselben 
durch Verschmelzung ursprünglicher Adverbia des Ortes mil 
der Grundform des Nomen entstanden sind. Er stütst sich 
besonders darauf, dass die ursprünglichen Adverbia 
Raumanschauungen bezeichnen, und dass Raaman- 
schauungen und nichts weiter (?) auch durch die Ca- 
sus bezeichnet werden.>' Aber das sind ja doch nur die Ca- 
sus obliqui? Oder soll auch der Nominativ und Vocativ dahin 
gehören 1 Aber das ist ja doch unmöglich ! 

So verschieden also sind die Ansichten der Sprachforscher 
über die Abkunft der Casusformen. Kann man sich da nnd bei 
der Schwierigkeit der Sache selbst wundern, wenn einem vor-* 
sichtigen Forscher, wie Hr. Grimm ist, die Casuszeichen ein 
geheimnissvolles Element bleiben, die er lieber jedem Worte 
zuerkennen will, als es von einem auf alle Übrigen leiten. (Vgl. 
a. a. O. S. 835)? Indessen wollen wir darum nicht ablassen 
au forschen; vielleicht gelingt es doch einem unter uns, wenn 
auch nicht ein ganz Gewisses , doch wenigstens ein Wahrschein- 
lichstes zn finden. Und dazu will hier der Unterzeichnete, wo 
möglich, ein Scherflein beitragen, sei es auch nur, dass er 
durch seine Bemerkungen Andere veranlasste, schärfer über 
die Sache nachzudenken, die dazu wahrlich interessant und ' 
wichtig genug ist. Denn welcher Triumph wäre es für die 
Sprachforschung, wenn es ihr gelänge, die Sprache vom Klein- 
sten und Einzelsten bis zum Grössten und Zusammengesetzte- 
sten dergestalt zu erklären und in seinen Gründen nachzuwei- 
sen, dass das Ganze enthüllt vor onsern Blicken daläge? 

Auf jeden Fall thun wir gut, von einem sichern Stand- 
puncte auszugehen; den gewinnen wir unbezweif elt , wenn wir 
das ursprüngliche Demonstrativpronomen der ganzen Untersu- 
chung zum Grunde legen. Dieses ist nun im germanischen 
Sprachstamme eigentlich he oder ki oder ho. Dasselbe ver- 
dankt seinen Ursprung dem einfachen Natnrlaute , den wir aua 



ßeager: Oreoeonun cMfuuB analjib. V% 

uiHierer Kehle herrorbringen , wenn wir Jemanden , der niie 
unbekannt ist oder der sich schon weit entfernt hat, lurufen, 
dass er her au uns sehen, her auf unsere Stimme merken 
soll o. s. w. Diese etymologische Ableitung wird wohl Niemand 
unrichtig finden, der von der Entstehung unserer Wörter über- 
haupt sich richtige Begriffe und Ansichten gebildet hat. Zum 
Ueberfluss wollen wir aber auf das hebräische ^ln he! heual 
hinweisen , das offenbar mit M^n sie, es und M^n *) er verwandt 
ist. Wer würde umgekehrt Mn von M^n u. H^n ableiten wollen? 
Es ist also in diesem Pronomen von Anfang an und von Grund 
aus der Begriff des Weisens, des Zeigens überhaupt enlhalteu. 
Die Formen desselben sind sehr mannigfaltig geworden und 
mussten es werden, theils weil es fortwährend, unter allen 
Lauten am häufigsten, gebraucht werden musste, theils weil 
das Zeigen und Weisen selbst sehr mannigfaltig ist, theils end- 
lich weil der Laut zu einfach war und daher leicht Verände- 
rungen annehmen und bekommen konnte. Es ist höchst interes- 
sant, der Fort- u. Ausbildung desselben zu folgen, s. B. durch 
das Deutsche, Lateinische, Griechische, und wie aus dem Be- 
griff des Hinweisens die Pronomina indefiuita, die Fragprono- 
mina , die Artikel , die Adverbia gleicher Art u. s. w. entstan- 
den sind. So: er, eSy. 9%e^ so^ äer^ die, das, da^ wer^ tvas^ 
wie^ tvo^ kin^ hier^ her; off» ^, o, aroff, nr^, no^ to, r/g, rlg 
(fff)) Lva; 6, 1^, t6/ is^ ea, id^ hic^ haec, hoc (us^ a, um nur 
im Comp, noch gebräuchlich), quis^ quae^ quid, quod, eis (wie 
StSQog u. ceterus), in der Compos. dus, a, um^ z. B. amaudus. 
Alle diese Wörter mit ihren zahlreichen Derivatis gehören einer 
und derselben Familie, einem und demselben Stamme,, "näm- 
lich dem oben erwähnten Naturlaute des Aufmerksam -Machens 
an **) , mag man nun diesen Stamm bereits ein Pronomen nen- 
nen oder ein Adverbium, wie Wüllner ikieint, das dürfte gleich- 
viel sein. 



*) Ich darf wohl nicht erst meine Leser aufmerksam machen auf 
die Verwandtschaft des Hebräischen and Germanischen, um zu erken- 
nen , dass auch M\*i und M7\ mit o, 17, (6)te, At(c), ho(c) u. s. w. ver- 
wandt sind. 

**) Wenn nun derselbe Laut, nämlich eö, es, er, wer, was etc. auch 
dem Verbo subst» zum Grunde liegt [es(ttm), er{arn), er(p) es(se), war^ 
Wesen u, s. w. ], so wie M\*i, M^n und n**.*! oder ni*1 gleichfalls eines 
Geschlechtes sind, und dieses Verb, sahst, uheraus viel zur Formirung 
der Gonjngationen, z.B. im Lateinischen und Griechii»chen , beigetra- 
gen hat : was für ein erwünschtes Licht zeigt sich da dem Forscher, 
der sich gern das grosse und herrliche Kunstwerk einer Sprache ganz 
zu erklären wünscht! 



%S Griechitehe Sprachlehre. 

Dieses Pronomen trat luerst an Substantive n. Adjcctive nai 
gab ihnen die Abteichen des Genus. So aÖBktp-dg^ adcA^-i^, 

^-e(«)* Also schon ?on dieser Seite hat dasselbe einen be- 
deutenden Eänfluss auf die Bildung der Nomi^alformen gehabt. 
Hier ist nun schon an bemerken, dass das Masculiniiro n. Neu- 
trum ursprünglich eine Form gehabt haben, s. B. o im Grie- 
chischen. Woher nun das ö des Masculini und das v dea Neo- 
trius, das r im Deutschen beim Masc, das 8 beim Neutr. etc.f 
Hier liegt doch wohl Jedem die Annahme so nahe, daaa diese 
liquiden Consonanten sich eben so leicht beim Sprechen anfik. 
gen Iconnten, als sich vorfugten der T, W, Qu -Laut dem or- 
sprünglichen 6 od. { oder r? und dass sie mit der Zeit stereotyp 
wurden sur Bezeichnung der Verschiedenheit desGesehleclilesf 

Ist aber diess möglich gewesen, und ist diess so leicht denk- 
bar, nun so werden wir doch wahrlich nicht su viel schHesseo, 
wenn wir annehmen, dass auch die Casusformen auf gleiche 
Weise entstanden seien? Es sind Ab- oder Nebenformen dei 
ursprünglichen Pronomens, das in den verschiedenen Sprachen' 
und in den verschiedenen Casibus bsid o, bald 9, bald t, bald a^ 
bald u lautete, und das abwechselnd bald jene Vocale allein 
behielt, bald je^e liquiden Consonanten «, r, n, m, d ete. an« 
nahm, je nachdem sich immer mehr und mehr die Verschie- 
denheit der Sprachverhältnisse bei den Nominibus den Sprechen- 
den kund gab und sich dadurch immer dringender dieNpthwen- 
digkeit zeigte zu einer grössern Mairoigfaltigkeit der Formen 
eines Substantivs. So haben die gemeine^ Leute In manchen 
Gegenden Deutschlands noch heutiges Tages nicht geschieden 
zwischen mir und mich, ihm und ihn, denrnnd den n. a. w. 
Ein solches Trennen ist erst das Erzeugnisa der fortgeschritte- 
nen feinern Ausbildung des Verstandes. 

Wollte msn uns hier einwenden, dass die Casus Bedeutun- 
gen hätten, ja ganz verschiedene Bedeutungen, wie könnte 
denn ein und dasselbe Pronomen so Verschiedenes anzeigen 1 
80 entgegnen wir: Die Casus bezeichnen NebenbegriffB, Ver- 
hältnisse des Hauptbegriffs. Zur Bezeichnung aoloher Neben- 
begriffe hält die Sprache es oft gar nicht für notbig, ein be- 
sonderes Wort zu schaffen, kaum eine besondere Form. Aua 
der Stellung der Wörter oder ans dem Zusammenhang der Be- 
griffe und der Gedanken lässt sie es oft nur errathen u. schlies- 
sen. Fuhrt sie nun doch eine besondere Form zur Bezeichnung 
eines solchen Nebenbegriffs ein: so ist das mehr ein blosser 
Fingerzeig zur Annahme und zur Aufsuchung diesea Begriffs, als 
dass die Bedeutung wirklich schon in der Form liegen sollte von 
Anfang an (z. B. bei 8um o. 8im). Diese kann erat mit der Zeit 
hineinkommen. So auch bei den Casuaformen. Sie sind ur- 
sprüngl. gewiss blosse Andeuter, ohne gerade etwas zu i^denten. 



Tobuch: Element« der Pianunetrio n« Trigonometrie. tO 

Will man in Folge dessen , was wir hier festgestellt habe«, 
die einzelnen Casus durchgehen : so hat man weiter nichts za 
thun als an prüfen, welchen Vocal hat die Sprache gewählt von 
jenem Pronomen? welche Consonanten ihm beigesellt als Ab- 
zeichen? welche Veränderungen sind sonst im Laufe der Zeit 
vorgenommen worden? Und so hat man weder bei dem grie- 
ehischen t in hknld-i an ein Pronomen mit wirklich locativer 
Bedeutung, noch bei a in iknlä-a an ein sanscritisches Pro- 
nomen mit der Bedeutung der Bewegung zu denken oder za 
sonstigen unstatthaften u. grundlosen Annahmen seine Zuflucht 
zu nehmen, wie Hr. Seager, dessen Ansichten man hiernach 
prüfen kann und möge. 

Indem hier der Unterzeichnete seine Bemerkungen über 
den so höchst interessanten Gegenstand schliesst, will er noch 
jeden Freund der Sprachforschung aufgefordert haben, etwa- 
Dige Einwürfe t)der 2(weifel ihm unverholen mitzutheilen oder 
die ^anze Sache einer ausfuhrlichen Prüfung, sei es auch nur 
in einer Gelegenheitsschrift) Sü unterwerfen« Sie verdient es. 
Brandenburg. üefft er. 



Leitfaden zum Gebrauche bei Vorträgen über 
die Elemente der Planimetrie^ die ebene Tri- 
igonometrie^ und die Entwickelung der vorzüg- 
licheren Formeln der analytischen Trigono- 
metrie in der vierten, dritten und zweiten Gymnasialklasse, ent- 
worfen Ton M. Jh jRf. Tobisch , Prof. am Königl. Friedricbsgymna- 
sium zu Breslau. Breslau 1831, in Gommiss. bei J. D. Grnson. 
\TV Q. 234 S. in gr. 8. Mit 2 Steiotaf. (1 Rthlr. 12 Gr.) 

Ueber Zweck und Umfang des Buchet, schon ziemlich voll« 
ständig auf dem etwas langen Titel angedeutet, erklärt sich 
der Hr. Vf. in dpr Vorrede noch besonders dahin, dass es seine 
Absicht gewesen sei, Anleitung zu einem Unterrichte in der 
Geometrie zu geben, durch welchen Schärf ung des Verstandes, 
Stärkung der Phantasie, und Anregung des jugendlichen Ko* 
pfes durch Weckung des Brfindungsgeistes erreicht werde, in« 
dem er (und gewiss mit Recht) die formelle Bildung des Gei. 
stea als Hauptzweck der Behandlung der Mathematik an GynoH 
nasien aufstelle. Hiernach ist die Behandlung des Vortrages 
' im Einzelnen eingerichtet. Daa Buch ist nicht zum Gebrauche 
heim Selbstunterrichte bestimmt, sondern setzt die Nachhülfe 
eines Lehrers voraus, doch anf eine solche Weise, dass der 
Schüler immer in Selbstthätigkeit erhalten werde; die Beweise 
^der Lehrsätze^ die Auflösungen der Aufgaben sind nie voUstän- 
"dig angegeben, meistens nur durch IlinweisuHg auf anzuwen- 
dende Sätze angedestet. Der Hr. Vf. meint ^ dass hierdurch 



80 M a I h e m g ft i k. 

die Schüler in dea Stand geseilt sein sollen , bei der Vorberei- 
tung zu den Lehrstonden die vorkommenden Beweise und Auf- 
lösungen wenigstens grösstentheiis vollsiandig schriftlich aos- 
luarbeiten. Wenn dieses auch nur in den seltneren Flllen 
den besonders fähigen Schülern gelingen sollte, so ist das Buch 
doch durch diese Einrichtung recht gut geschickt, den Schüler 
zu einer sorgfältigen Wiederholung der Lehrstunden anzuleiten. 
Wir haben bei dem Durchlesen des Buches im Allgemeinen ein 
rühmliches Streben des Hrn. Vfs. nach Gründlichkeit erkannt; 
dieses in Verbindung mit Kürze und Deutlichkeit im Aasdrack 
(welcher nur hie und da etwas schwerfällig ist), bei meist ge* 
nügender Vollständigkeit des Stoffes, wird uns rechtfertigen^ 
wenn wir es als einen Leitfaden empfehlen, welcher unter Nach- 
hülfe eines tüchtigen Lehrers mit vielem Nutzen gebraucht 
werden kann; auch wird ein angehender Lehrer in Hinsicht 
der Methode manches aus dem Buche lernen, nur moss er mit 
dem vorzutragenden Stoffe selbst schon hinlänglich vertraut 
sein, wenn er gerade dieses Buch mit Leichtigkeit soll gebrao« 
cben können. Was die Klassen betrifft, für welche das Buch 
ausreichet, so sind es ungefähr die auf dem Titel bezeichneten, 
nämlich die unteren und mittleren Klassen eines Gymnasiums; 
die ebene Trigonometrie ist etwas dürftig behandelt, und kann 
für die besseren Gymnasien nur in sofern genügen , als sie 
schon in der zweiten Klasse vorgetragen wird, und später in 
der ersten einige Erweiterungen erhält. Gewiss würde es sehr 
zur Empfehlung und allgemeineren Brauchbarkeit des Buchea 
beigetragen haben, wenn es dem Herrn Vf. gefallen hätte, die 
ebene Trigonometrie etwas ausführlicher zu behandeln, und 
auch die Stereometrie mit aufzunehmen; denn alsdann würde 
das Buch für die meisten Gymnasien in Rücksicht auf den geo- 
metrischen Unterricht durch alle Klassen ausgereicht haben, 
da bei der gegenwärtigen Beschaffenheit des Buches neben den- 
selben noch ein oder zwei andere Lehrbücher nöthig werden. 
Der Hr. Vf. macht übrigens laut der Vorrede Anspruch auf 
einen nicht unbedeutenden Grad von Originalität; wir finden 
dieselbe allerdings vorzüglich in einigen Definitionen, überhaupt 
bei Behandlung der Winkel und Parallelen, dnd jedoch nicht 
der Meinung, dass gerade hierdurch das Buch besonders sich 
empfehle. Uebrigens gestehen wir dem Hrn. T. gern zu, dasa 
er seinen Stoff gehörig durchdacht, und als vollkommenes Bi- 
genthum mit Freiheit und Umsicht behandelt habe nsch einer 
Methode, welche darauf berechnet ist, das Nachdenken dea 
Schülers in Thätigkeit za erhalten und seinen Erfindungsgeist 
zu wecken; dahin gebort unter Anderen auch^ dass bei Behand- 
lung der Aufgaben mehrmals der Auflösung eine Analysis vor- 
ausgeschickt, und der Lehrer erinnert wird, dieselbe sehr fieis- 
sig zu berücksichtigen; nur acheint es uns sonderbar ^ daaa 



' TobiscL: ElemenU der Planiriietrfe «. Trigonometrie. 91 

häufig die Auffindung der Anal jsis dem Schuler ohne al Fe An- 
weisung überlassen wird, während die nöthigen Andeutungen 
zur 83^nlheti8chen Auflösung gegeben sind. B« liegt in der 
Natur der Sache, und wird auch durch die Erfahrung bestä- 
tigt, dass der Schüler bei Entwickelang der Analysis immer 
mehr einer Unterstützung des Lehrers bedarf, dagegen er, wenn 
dieselbe vollendet ist, mit grösserer Leichtigkeit daraas die 
Sjnthesis selbst findet. Als etwas Besonderes ist uns noch auf- 
gefallen die grosse Menge der apago^ischen Beweise; wir wis- 
sen nicht, ob sie von Hrn. T. absichtlich Torgezogen worden 
sind, haben aber die Ansicht, dass sie bei dem Jugend unter- 
richte nicht ohne Noth gehäuft werden sollten. Es kommt 
hierbei ganz besonders auf die Ordnung an, in welcher man 
die verschiedenen Sätze nach einander folgen lässt, und welche 
allerdings nach verschiedenen Rücksichten bestimmt werden 
kann. Rec. ist der Meinung, dass es am Natürlichsten und für 
den Jugeudunterricht am Nützlichsten sei, eine solche Anord- 
nung zu wählen, bei welcher die einzelnenLehrenmitdergröss- 
len Leichtigkeit aus einander folgen, und zugleich mit der gröss- 
ten Strenge durch einander begründet werden; daher kann er 
z B. das in einigen Büchern befolgte Verfahren nicht billigen, 
wonach die in einen Hauptabschnitt gehörigen Lehrsätze und 
Aufgaben von einander so getrennt werden, dass jene alle vor- 
ausgehen, diese zusammen nachfolgen. Letzteres ist nun zwar 
in dem vorliegenden Buche nicht durchaus der Fall, allein der 
Ilr. Vf. hat doch wohl bei der Anordnung der ersten Abschnitte 
zu sehr von dem Streben sich leiten lassen , alle unter einem 
Haupttitel begrifi'enen Sätze zusammenzustellen; z. B. ziemlich 
am Anfange folgen nach einander alle Hauptsätze von den Win- 
keln, dann ebenso die von Parallellinien, nachher die von den 
Dreiecken, und zwar zuerst wieder beisammen alle Sätze über 
Winkel im Dreiecke, u. s. w. Daher ist es hie und da gesche- 
hen, dass der Beweis eines Lehrsatzes eine Construction nöthig 
noacht, als das Ziehen einer Parallele, die Errichtung eines 
Perpendikels, u.a., welche erst später genauer gelehrt wird ; 
der Hr. Vf. kann sich hierbei freilich auf manchen Vorgänger 
berufen, allein immer bleibt es mit einer streng systematischeu 
Methode nicht vereinbar. An diese allgemeinen Bemerkungen 
mag sich nun eine Uebersicht de^ Inhaltes anschliessen, wobei 
wir gelegentlich noch einiges Besondere anmerken werden. 

Die erste Abtheilung, welche die Elemente der Planimetrie 
enthält, zerfällt in acht Hauptabschnitte; der lat^ S. 1-^31: 
„Elemente der ebenen Geometrie ^^ überschrieben, enthält die 
Feststellung der Grundbegriffe namentlich über Linien, Win- 
kel, Parallelen, Figuren überhaupt, Kreise und Triangel; der 
Hr. Vf. gibt hier nicht allein die nöthigen Definitionen, sondern 
leitet auch sthon knanche nahe Folgerungen daraus in Gestalt 

A. iahrh. f. Phil, u. Päd, od, Krit, Bibh Bd. XI Hft. 5. ^ 



82 M « t h e m a t i k. 

Ton Lehmitsen ab, uod zei^i hierin ein eifrige» Streben, bet 
.den Schülern in Zeiten einen festen .Grund au legen; nnr kön- 
nen wir seiner Darstellung, in Beziehung auf gerade Linien, 
Winkel und Parallelen, nicht ganz beipflichten. Wir heben 
hier Folgendesaus: §. 21: ,,Jeder sich bew4!gende Punkt iduss 
in jedem Momente seiner Bewegung das Streben haben, hgend- 
wohin au gehen. Dieses Streben nennen wir Richtung^^ §.22: 
,.Nur Ton einem in Bewegung begriffenen Punkte kann man sa- 
^en, dass er eine Richtung habe>^ (Die Richtung kommt woiü 
ieigentlich nicht dem Punkte selbst, sondern seiner Bewegung 
au.) §. 23: „Bleibt das Wohin während der ganzen Bewegung 
des Punktes dasselbe, so sagt man, der Punkt behalte dieselbe 
{Richtung; ändert sich aber das Wohin mit jedem Momente 
der 'Bewegung, so ändert sich auch die Richtung. ^^ (Es sollte 
.doch 'Wenigstens heissen: so oft sicfi aber das Wohin der Be- 
wegung ändert, ändert sich auch die Richtung.) §.36: „Nimmt 
-mau au, dass ein eine gerade Linie erzeugender Punkt einma4 
-von a nach b, das andere Mal von b nach a gehe, so heis st das 
Wohin der ersten Bewegung dem der zweiten entgegengesetzt.^ 
§. 38: ,,Auch die Richtung, die der die gerade Linie erseugende 
Punkt bei der ersten Bewegung hat, ist der, die er bei der 
(Zweiten hat, entgegengesetzt. Nennen wir die eine die posi- 
tive, so müssen wir die andere die negative nennen." (Diese 
Bemerkungen finden wir ganz passend, insofern voransgesetzt 
wird, dass dieScholer schon einigeBekanntsohaft mit derLelure 
Ton den entgegengesetzten Grössen haben.) §.67: „Geheä 
Ton demselben Punkte a £wei Gerade a b und a c aus, so veran- 
iSchauiichen sie zwei verschiedene Richtungen. Man kann sich 
-Torstellen, dass man aus der Richtung ab in die ac dadurch 
gelangt sei, dass die ab sich um den unbeweglichen Punkt a 
gedreht hat. Man kann also den Unterschied der beiden Rich- 
tungen durch eine drehende Be%v.egung veranschaulichen.*^ 
*^ 68: i,Der durch drehende Bewegung veranschaulichte Unter- 
schied zweier von demselben Punkte ausgehenden Richtungen 
[die Abweichung eiuer Richtung von der andern] wird Winkel 
g^nannt.^^ §•74: „Die Grösse des Winkels hängt von der 
Sauer der drehenden Bewegung ab. Je länger nimlich die 
drehende Bewegung anhält, die nöthig ist, um aus einer Rich- 
tung in die andere zu gelangen, desto grösser ist der Winkel.^^ 
rOhne Rücksicht auf die Geschwindigkeit der Bewegung?) 
|.80: „Ein hohler Winkel, der eine Viertelumdrehung erfor. 
dert, heisst ein rechter.*' §. 116: „Gehen von zwei Punkten a 
nnd b in einer Ebene zwei Richtungen au«, und hat das Wohin 
der einen von a ausgehenden gegen a genau dieselbe Lage, 
vie.daa der von b ausgehenden zn b, ao heissen die jene zwei, 
l^ichtongen veranaohaulicbenden ^Geraden parallele Linien. '^ 
§. 121: jjGruiidsai*: Parallele gerade Lüiiea können aich 



Tobif ch : Elemenle flec Pfeim^tri« tL «Trigonometrie. 9^ 

nicht schaeiden, «o weit mta «ie «uch auf beideaSeiten vorlia-^ 
geru mag.^' §. 122^ (Die biemu uöthigeFlgor ist: JNv^i pvftU 
leleGerade q r im^ y s voa .einer dritten Fu gsscHuHten Ui aiindl 
b.) ,,Ziehet mau durch a und b die gerade U^«, und drehet 
mao sich in a aus der Richtung ji 1 in die ar, aoJäast sieh, leichl 
einsehen, dass man sich in b aus d^r Richtung bl M«a ebensoviel 
zur Rechten drehen muss, venn man 19 eine Richtung kommei» 
will, die io Beziehung auf b dieselbe ist, wie ar in fteaiehun§ 
auf a. Wenn man ar und bs zur Liiil^en. verlängern aiöebte, 
80 wiirden die Winitel la^ und iliy aUSnpj^lemeate der rechta 
liegenden auch gleich sein, folglich sind die Richtungen a,q unA 
by auch relativ identisch. ^^ §. 128: t«Aus §. 122 ergibt «ieh 
folgender Satz: Wenn zwei Gerade, die in derselben Eben« 
liegen, von einer dritten ao geschnitten weitden, djiss efuj^aax 
oorreapondirende Winkel einander gleich 9ind, so sind die Li- 
nien parallel. ^^ Durch daa hier IVlitgetbeilte ist d^r Lefier in 
den Stand gesetzt, die ganze Theorie de$ Hrn. Vfa. zu überae-^ 
hen, hat auch zugleich eine Probe . aelnieft. y<^rti;agq9* Gegen 
die Hiuleitung zur Definition der geradeivlAinie scheint uns.dan 
einzuwenden, da^s durch das vielgebrau^^tj^ Wohin der Vortr^a^p 
nur weitilufiger wird , ohne dadurch w/Qs^^ilicb an Kiarlyeit zu 
gewinnen; die Vorstelhiug der Richtung einer VeweifMOf ist 
eine so einfache, durch die Erscbeinnngeu W aUläglJchen Lehen 
jedem sq geläufige, dass wohl nicht leicsj^ ein AMfängec uuge- 
wiss bleiben wird, was er sicfi unter der Riohtung eines be^ 
wegten Punktes denken solle; bliebe ihm aber dennoch eine 
Puokelheit, so wird sie schwerlich dnrejh dM Wo,hiu viel auf-> 
geklärt werden. £8 war also wohl hinreichend zu sagen: eine 
Linie heisst gerade, wenn der sie erzeugende Punkt seine Rieh, 
tung nie ändert, d. li immer nach dem^.^lbe«! .UMcnd lieh weife 
entfernten Ziele hingehet. Dass übrigens <ier Ur^ Vf. auf die 
zwei entgegengesetzten Richtungen aufmerksaia machl, nach 
welchen der erze9g:ende Punkt sifih l^ewegfei> k.aua, um eine 
gewisse Gerade entstehen zu lassen, sp wie üh(;rhaupjt die Sorg- 
falt, mit welcher er diese und die öbrigfsn Grnudbegrifte zu 
beleiM)hten bemüht ist (was wir hier niebt ausflihrliieh nach- 
weisen können ), billigen wir ¥ollkqmmea. Pjeq W^mkel gleich 
anfangs durch Schwenkung einer Geraden entstehen au lassen, 
finden wir ganz zweckmässig, und d^ Hr* Vf. hat hierin auch 
acliou manchen Vorgänger; aber durch Bewegung em er Linie 
entsteht eine Fläche, uuc^ desbalh ffcheint es uns divr Matur' dev 
Sache angemessener, den Winkel als ein« Sirene zpdefiniren, 
welche nach zwei Seiten durch zwei aus eipe^ Punkte anage- 
heude gerade Linien begrenzt, nach der diitten£ki^ea her eben 
HO wie di^ae JUiHian aelbst nnbegränzt, d. h« ohne b99timmte 
Gräazen ifit. Wir sind übrigens der Meinung, dasa derScbnlei 
auf diese Art .eine viel deutlichere und hestJoifftfernVoi^i^tettuntf 

6* 



84 Mathematik. 

von dem Winkel «ich bildet, als wenn er denselben aU den Vn^ 
ter^chied zuveier Richtungen zu denken anfi^ewiesen wird ; auch 
leitet derFIr. Vf. die Aufmerksamkeit des Schülers später selbst 
noch auf die Ebene des Winkels unter der Benennung des Win« 
kelraumes. so dass also durch die oben erwähnte Definitiou 
auch noch an Kiirze gewonnen wird. Uebrigens kann es su 
offenbaren Ungereimtheiten führen^ wenn die Grösse des Win- 
kels von der Dauer der Bewegung der erzeugenden Linie allem 
abhängig gemacht wird. Die von Herrn T. aufgestellte Theorie 
der Parallelen endlich scheiut uns sehr passend für den Vorbe- 
reitungsunterricht in der Geometrie, welcher hauptsächlich die 
Uebuiig d-es Anschauungsvermögens zum Zwecke hat, ohne noch 
an wissenschaftliche Strenge gebunden zu sein; allein den An- 
forderungen der Letzteren entspricht sie nach nnsrer Ansicht 
nicht ganz. Die Lage, welche das Wohin (um mit dem Hrn. 
Vf. zu reden) einer von a ausgehenden Richtung geg^en a hat^ 
kann doch eigentlich absolut gar nicht bestimmt werden, lässt 
sich also in dieser Hinsicht ohne weitere Hülfsmittel gar nicht 
vergleichen mit der Lage, welche ^as Wohin einer aus einem 
anderen Punkte b ausgehenden Richtung gegen diesen Punkt 
b hat; daher ermangelt die von Hrn. T. aufgestellte Definition 
der Parallelen gleichsam einer festen Basis, welche ihr wohl 
hätte gegeben werden können, wenn noch eine dritte Richtung, 
die durch a und b gehende, in die Betrachtung gezogen, und 
in fJebereinstimmnng mit der hier aufgestellten Definition de« 
Winkels etwa so gesagt worden wäre: wenn von zwei verschie- 
denen Punkten a und b zwei Richtungen acund bd ausgehen, 
und die Abweichung der Richtung a c von der durch a und b 
bestimmten Richtung b a eben so gross und nach derselben Seite 
hinliegend ist, als die Abweichung der Richtung bd von der 
Richtung ba, so sagt man, ac habe gegen a dieselbe Lage^ als 
bd ge^en b (die von a und b ausgehenden Richtungen sind re- 
lativ identisch), und die Geraden ac und bd heissen alsdann 
parallel. Der im §. >2S enthaltene Satz (der letzte linter den 
oben angeführten) folgt nun unmittelbar aus dieser Definition; 
dass aber parallele gerade Linien sich nie treffen können, wa« 
Hr. T. als Grundsatz hinstellt, müsste erst noch bewiesen wer- 
den, welches keine Schwierigkeit hat, sobald man die vollstän- 
dige Lehre der Parallelen erst später nach den Hauptsätzen 
von den Dreiecken vorträgt, und daher als bewiesen voraussetzen 
darf, dass der äussere Winkel am Dreiecke grösser, als jeder 
der inneren gegenüberstehenden ist. Mit dem Worte Con- 
grnenz verbindet Hr. T. einen weiteren Begriff, als gewöhnlich 
ist; obschon dieses nicht gerade ans der Definition §. 192 her- 
vorgeht, so folgt es doch ans der Bemerkung §. 194,^ dass es 
fongruente Körper geben könne, die sich durchaus nicht so in 
einander schielnett liesaen, dass sowohl die Gränzen, «U auch 



Tobisch : Elemente der PlaniiBetrie üt. Trigonometrie. 

die bekränzten Räume zasammenfitlen ; wir halten das Ziifiarn- 
raenfallen der Granzen für e'n wesentliches Merkmal der 
Congruena. 

Der 2te Abschnitt S 31->51 ist nberseh rieben: Tora Trian- 
gel und einigen andernConstructi^nen, die bei der vollständigen 
Behandlung desselben uniärlässlick sind» Zuerst nämlich aiiid 
alle Sätze über Winkel im Triangel zusammengestellt (an de^ 
Spitze, das« alle drei Winkel zusammen gleich zwei Rechten 
sind); dann folgen die Sätze ober die Beziehungen zwischen 
Seiten und Winkeln oder Seiten und Seiten; hierauf lilnter eiü- 
ander die verschiedenen Coiigruenzfaile, dann mehre Aufgaben^ 
als: FJalbirung eines Winkels, einer geraden Linie, Constru- 
ction eineü Perpendikels u. a., endlich noch verschiedene die 
Triangel betreuende Lehrsätze^ »• B« V04n gemeinsamen Durch- 
aehnitt der drei Perpendikel u. a. 

Der 3te Abschnitt S. öl — 59 enthält die verschieilenen 
Fälle der Cbnstruction eines Dreiecks aus drei gegebenen Stü- 
cken. ^ Diese Audeutung über die Anordnung der Gegenstände 
wird unsere fri'ihere BemerkuiKg rechtfertigen, da^s der Hr 
Vf. bemüht gewesen ist, alle Sätze zusammenzustellen, welche 
- unter einem ^gemeinaaraen Titel sich zusammenfassen lassen; 
tladnrch ist er aber oft genöthigt worden, von den sonst übli- 
chen Beweisen abzugehen; . so wird z. B. der Satz, dass im 
gleichschenklichen Dreiecke die Winkel an der Grundlinie gleich 
sind, auf die auch schon In einigen afidern Elementarbüchern 
befolgte Art bewiesen, da^s man das Dreieck noch einmal den- 
ken, und drieses zweite umgekehrt auf das erste legen soll. 
Wir halten die Eiiküdiscbe Beweisart für strenger, und ziehe» 
daher eine Aufeinanderfolge der Sätze vor, welche sich der« 
Euklidiselien näher ansehliesst. Uebrigens shid diese beiden 
Abschnitte verhältnissraä^^sig sehr reichhaltig an Sätzen und 
besonders im letzten Theile des zweiten kommen manche vor, 
die in den meisten Lehrbüchern fehkn. Hecht kurz und doch^. 
streng wird der Satz bewiesen, dass die drei von den WinkeN 
spitzen eines Dreiecks auf die Seiten gefälken Perpendikel durch 
einen Punkt gehen, indem er zurüekgeiulirt wird auf den ähn- 
lichen von den drei in der Mitte der Seiten errichteten Perpen- 
dikeln. Dagegen lässt sich der folgende Satz, dass die aus 
der Mitte der Katheten eines rechtwink liehen Dreiecks errich- 
teten Perpendikel in einem Punkte der Hypotenuse sich schnei- 
den, einfacher beweisen, als hier geschehen ist. 

Der 4te Abschnitt S. 59 — 07 handelt von den vierseitigen 
Figuren, insbesondere von den Parallelogrammen; der 5te 
S. 67 — 87 von der Gleichheit des Flächenraunies der Triangel 
und Parallelogramme, wo melirere ^tze aus Euklids zweitem 
Buche aufgenommen hiiid, auch viele Auf gabeii über Umwand* 
lang der Figuren. Der Ote Abschnitt S. 87 — 1S7 ist dem 



M a t li e B 8 t i k. 

Kreide gewidmet, ntrd hetvBthiet nvhrvnfifiifirlichnffdiätrd Avch 
gerade LiiHeti, Winkel nnd Fr^iirea In VerlilndtiDg mit de«n 
Kreif^e^ be^^oiiclers rej^elmäflRige Figuren, auch schon dai Fnnf-, 
Zehn- DHd Fnirfsehn-Seit, nur ist uns in diea^ni A^vthnitte 
ganz Torsnglich die growe Menge von apa^ogi^ichen Bf^wcisen 
«afgefallen; s. B. für dIeSätse, welche die bernhrendet Krciae 
betreffen, aind die meifilen Hewef«e indirekt, da es doch aneh 
hier «ehr gut möglich ist, dieselben zu vermeiden. Zntrwt 
gebe man die in §. 519 angedeutete Countniction an: sei m eiit 
Punkt auf einer unbegriiisten Geraden, auf derselben i^vci an- 
dere a uad b link« ron m, und ein vierter c rechts von m ; aas 
jedem der Punkte a, b und c beschreibe man einen Kreis mit 
seinem Abstände T4^n m, so haben die drei Kreise den Poukt m 
gemein, und es läast sich leicht aeigen, dass, wenn am>»bni 
ist,' der Kreis um b ganz innerhalb, um e ganz ausserhalb de« 
Kreises um a 4iegt. Hierdurch ist nachgewiesen, dass der nun 
folgenden Definition etwas Reelles entspricht: „zwei Kreise 
berühren sich, wenn sie nur einen Punkt gemein haben; es ist 
eine innert und eine a't/tf«ere Berührung möglteh.^^ Naeb dieser 
Definition ist zu beweisen der Lehrsatz: Bei berührenden Krei- 
sen liegt der Berührungspunkt mit den beiden Aflitteipunktea 
immer in einer geraden Linie. Beweis: L Sei a für dengröa- 
seren, b für den kleineren zweier in m innerlieh sich berüh- 
renden Kreise der Mittelpunkt. Unter allen Radien der grös- 
seren gibt es einen einzigen, welcher durch b geltt, und dieser 
sei av: so wird ab-f-bv=av sein, aber für jeden anderen nicht 
durch b gehenden Radius, z. B. ad, ist ab-|-bd>ad. Ferner 
ist bd>bm, also ab-|-bd>>ab-f-bm, folglich hat ab-f-bra den 
kleinnten möglichen Werth, weshalb m der Punkt aein nusa, 
zu welchem der durch b gehende Radiua gehört, d. i. b liegt 
iii der Geraden am. II. Die Kreise um a und c berühren sich 
äusserltch in m, und d sei irgend ein Punkt auf dem Umfange 
des Kreisea um a; man ziehe am, cm, ad, cd. Daem<<cd, 
also am-|-cm<ad + cd sein muss, so ist die Linie amc dl« 
kürzeste zwischen a und c mögliche, folglich eine gerade, — 
Ein leicht zu beweisender Folgesatz hiervon ist, dasa je zwei 
berührende Kreise eine Tangeute im Berührungspunkte gemein 
haben, und alle noch übrigen Satze über beriihrende Kreise 
können nun leicht direkt bewiesen werden, fm Iten Abschnitte 
werden diiB Lehren über proportionirte Liniien und ähnliche 
Figuren vorgetragen; man findet hier das Gewöhnliche in ge- 
höriger VolUtäudlgkeit, doch ist uns nfchta aufgestossen, waa 
uns zu einer besonderen Bemerkung veranlasste. Die propor- 
tjonirteii Linien sind sn behandelt, wie es in den meisten Lehr- 
büchern geschieht, indem die Verhaltnisse zwischen Linien 
auf reine ZahlverhSItnisse zurückgeführt werden; Rec. selbst 
häUdieaeMethodefik dieküraestei und dem ersten Unterrichte 



iTobisch : Element« der Pkiniinettfie' o. Trigonometrie» 89 

ntff^ fiiewohl g^nij^en, nWefn lA Btsf^iehnn^ auf wisj9«n<>€)ltfinclfQ. 
Sfreii^e verdient die ßi)kiidi«i}he doch wohl den'VorxiiHf; indeiU' 
ilabHi'die V.ermengun^ der diskrHen und Ktetigcti ,CirÖ8«en, ni- 
inentlich dusUiieiifenehnle vermiedefl wird-, dass die ^wi^^nen 
1)«weise mancher Sätse, gftnspa^gend iii Betreff commeofiiira heier' 
C-rÖ8»ien, auf incomniensuraheleiiiir dar^h Aiinähcruu^ anweird- 
har «iiHi ; Uec. hat vielieicht Geie(^enheil, an eineiB andern 
Orte sich aiiarülirlicher über diesen Gei^en^land a^inaacprechen. 
Der letale Abschnitt S. 108 — 182 handelt vom Messe« in der 
l'itMiimetrie, nämlich von Measae und Messen der geraden l^i- 
iii«n, d*ir Winkel der Krei^bojsren, der geradlinl/;en Figuren und 
der Kreisflächen. Bei dem Mensen der ger Linien haben wir 
eine Aiideuluiig. des verjüngten. Maaittstabes vermisst. Bei dem 
Kreise' wird die hieher gehörige Aufgabe gelöst« die Seite X 
eines regelmässigen Sn-Seites aus dem. Radius r des umschrie* 
henen Kreises und der Seite m des n-Seites in demselben Kreis« 
SMi finden. Die gesuchte Formel hätte besser zuietat auf die 

Form x==r . Kl 2 (1 + /l — r^\ ®) 1 gebracht werden sollen. 

IJebrigens setzt der Hr. Vf. zwar die doppelten Vorzeichen, 
aber ohne sie weiter zu beachten^ da sie doch eine gute Gele- 
genheit zu einigen Bemerkungen über die sternförmigen Poly- 
gone darbieten. Ineiuem kurzen Anhange* zu dieser Abtheilung 
(S. 181) wir^l znerst erinnert, dass nun nach Betrachtung des 
Mesj^ens auch begrilftMi werden könne, die Aufgabe: eine Linie 
(io theiten^ dass der ehie Theil die mittlere Proportiona4e z wir 
gehen dem anderen und- der gansen sei^ — lasse sich auch so 
ik.u8spreehen: eine Linie so Uieilen^ dass das Quadrat des einen 
Theiles gleich sei dem Hectangel aus der Ganzen und dem 
anderen 'l'hczle. Allein wir sehen nicht ein, warum dieses ersjt. 
nach Betrachtung des Messens klar sein soll, da es doch eine 
leichte Folge aus d^m früher §.70^ Bewiesenen i>it, duss R^et- 
angel gleich sind, wenn sich iTire Höhen umgekehrt wie die- 
Grundlinien verhalten. Die Consequenz^ mit welcher Hr. T. 
die reinen Zahlverhältnisse von den Verhältnissen zwischen, 
geometrischen Grössen stets unterschieden hat, verdient alle 
gebührende Anerkennung; indessen hätte doch auch beachtet 
werden können, dass dem arithmetischen Begriffe: „Produkt 
zweier Zahlen^' ein ganz analoger^ rein geometrischer entspreche^ 
das Produkt zweier Linien als das durch sie bestimmte Rect- 
angel, weliohes offenbar aus d^r einen Linie (Grundlinie) ebensd 
entsteht, wie die andere (Höhe) aus dem Punk4ie. 

Bei dem Vortroge der ebenen Geometrie in dter zweiten 
Abtheilung nimmt der Hr. Vf. folgenden Gang: nach einer 
kurzen Einleitung S. 18'», 186, über den Gegenstand der Tri- 
gonometrie entivickelt er im ersten Abschnitt S. 187 — 207 da« 
Möthigste von den trigonometrischen Functionen; der 2to Ahr 



88 Mathematik. 

pcbiiitt S. 207 — 215 lehrt die Aiiflöfinn^ der Triangel, und 
zwar a) der rechtwinklichen, b) der gleiclischeiiklicheii, c) der 
achiefenwiiiklicben. Der Ste Abscbii. S. 2ir)-2l8 ist der Be- 
rechnung des Flächeniiibaites der Dreiecke gewidmet, und im 
4ten: ^,Formeln aus der analytischen Trigonometrie nebst ihrer 
Entwickelung*' — werden die früher gefundenen goniometri- 
sehen Formeln zusammen^rcatellt, und aus denselben noch einige 
neue auf analytischem We^e entwickelt. Diene Bintbeilung 
können wir nicht ganz billigeti. Die im 4ten Abschn. gegebe- 
nen Formeln schliessen sich ganz eng an die des ersten an, be- 
treffen nur Beziehungen zwischen Winkeifunctionen überhaupt, 
nicht etwa mit besonderer ilücksiclit auf die Winkel eines Tri- 
angels; schon deshalb hatte es uns zweckmässiger geschienen, 
aie in den ersten Abschnitt mit aufzunehmen, es kommt aber 
noch dazu, dass sie, so allein nachstehend, von dem Schüler 
leicht airi etwas weniger zum Ganzen Gehöriges, mehr oder we- 
niger Ueberflüssiges betrachtet werden können, da derselbe 
als Hauptziel der Trigonometrie die Auflösung der Triangel 
ansehen wird, und dieses nun auch ohne Entwickeiung und An- 
wendung jener Formeln erreicht sieht. Wir wiirden auch die 
Berechnung des Flächeninhaltes, hier ein besonderer Abschnitt, 
als eine Unterabtheilung des zweiten behandelt haben, doch 
ist dieses ziemlich gleichgültig. 'Die trigonometrischen Fun- 
ctionen werden gleich anfangs als Verhältnisszahlen (Exponent 
des Verhältnisses zweier Seiten eines rechtwiiiklichen Trian- 
gels) definirt, was ganz mit unsrer Ansicht übereinstimmt 
Nach Betrachtung der Vorzeichen, welche den trigonometri- 
schen Functionen in den verschiedenen Quadranten zukommen 
( wobei wir jedoch die Angabe vermissen , für weiche Winkel 
die Tangente negativ sei), werden die Grundformeln sin x'^ -j- 

COS x* = l, tgx= = u. 8. w., ferner die bekannten 

cos X cot X 

Formeln Tür sin (a + ß) und cos (a + ß) entwickelt; die letz- 
teren sind nur für a-|- j3< 90^ bewiesen, doch als allgemein 
gültig ausgesprochen (der Beweis für die übrigen Fälle ist 
dem Schüler überlassen); sie werden noch benutzt zur Begrün- 
dung der Formeln sin 2a = 2 siua cosa, cos 2a = cos a^ — 

sin «^ sin cc = ' ^—^^^^^^ '^ sin (^a + ß) = 2 sin« cosjj — 

sin (a-jS), «nd cos {a + ß) = cos (a-j5) — 2 sin« hiess. Die- 
ses nebst einigen Bemerkungen über die Winkel, deren trigono- 
metrische Functionen unmittelbar berechnet werden müssen, 
sowie über die trigonometrischen Tafeln macht den Inhalt des 
Ihten Abschnittes aus. Im 2ten wird das bisher Gefundene 
angewendet zur Auflösung der rcchtwinklichen und gleich- 
bcheuk liehen Dreiecke; dann wird der Satz vom Verhältulss 



Tobiscb : Elemetile der Planimetrie of. Trigonometrie. 

zwischen den Seiten und Sinu« der ^egenulierstehendenWinliel 
bewiesen, und hierdurch das Dreieck aufgelöst, >Venn A, B n. er, 
oder cf, ß und A gegeben sind (a^ ß, y nennen wir die Seiten, 
A, B, C die gegeniiberstehenden Winkej; der flr. Vf. selbst 
gebraucht diese zweckmässige Bezeichnungsart nirgends). Nach • 
dem hierauf der Satz « + |5 :«— /3 = tg|(A + B): tg4(A — B) 
bewiesen ist, wird hierdurch das Dreieck für die gegebenen 
Stücke a, ß, C aufgelöst. Hiernach wird die Formel entwickelt: 
a^=|52-f-y* — 2/3y<;08A, und für cos A aufgelöst, zur Bestim. 

mung für A aus c^,j},}; aber die bequemere sin J A= v**'P / C*~y) 

ßy 

abgeleitet, rnd hiermit schlies^t der 2te Abschnitt. Beispiele 
zur Erläuterung und Anwendung der Formeln sind nicht gege- 
ben, nur sind die Formeln meistens in logarithmische umg^ 
wandelt; ganz dasselbe findet im folgenden Sten Abschn. Statt« 
wo die Formeln zur Bestimmung desFlächeninhaltes entwickelt 
werden, wenn dazn gegeben sind: 1) a, j3, C, 2) A, B, y, 3) a^i 
|3i A, 4) a, ßj y. Zuletzt wird noch besonders das gleichschenk- 
liehe und gleichseitige Dreieck betrachtet. — Im 2ten Abschn. 
vermissen wir für den Fall, wo a, ß u. G gegeben sind, die For« 

mel tgA= Ferner wird im §. 79 bei der Auf- 

ß — a cos C 

gäbe, aud den drei Seiten das Dreieck aufzulösen, die Formel 

2 

sin A = — \/^[8(8 — «)(8 — 13)(8 — y)] übergangen, und nur 

ßy 

erst später im 3ten Abschn. wird sie gelegentlich zur Bestim- 
mung des Flächeninhaltes aus den drei Seiten entwickelt. Zu 
Anfange des 4ten Abschn. wird die Bemerkung gemacht, dass* 
unter analytischer Trigonometrie die Anweisung verstanden 
werde, aus einer einzigen Grundforrael alle übrigen Formeln 
der Trigonometrie abzuleiten ; hierzu gehören aber doch we- 
sentlich diejenigen, welche die Relationen zwischen Seiten und. 
Winkeln eines Dreieckes ausdrücken, daher es offenbar befrem- 
den muss, dass^ wie wir schon oben bemerkt haben, gerade alle 
diese hier fehlen; wollte der Mr. Vf. aber auch nur goniome- 
trische Formeln zusammensteilen, so hätte er der Vollständig- 
keit und Wichtigkeit wegen noch manche andere mit aufneh- 
men sollen, z.B. die Formeln, welche kurz die Beziehung zwi- 
schen den trigonometrischen Functionen gleicher aber entge- 
gengesetzter Winkel^ ferner Winkel, die sich zu 180^ ergänzen, 
u. s. w. aiisdrikken. Dagegen konnten manche wegfallen, wel- 
clhe nur Wiederholuogen früher schon aufgeführter sind, z. B. 
Wo. 37 — 45; denn in IVo. 1 : sin «^ + cos a^ = 1, ist offenbar 

No 37: sin §^ 4- cps ^* rrr= 1 schon mit enthalten, und Aehnli^ 



§0 ^ritlrmetliehe Schriften. 

1 



ches gilt voa dea Folzeuden. Bei No. 87: cosa* = - 

wäre sin a^= — — — auch an erwibnen ffeweseo. Die Vor-* 

1 + tga« 

inel t^(45^-i-a) = 9ec2a + t^2a lisst sich einfacher^ als hier 
S. 228 angedeutet wird, auf folgende Art finden: i§r(45^ + a) 

1+t^a co9a + »iaa (cosa + sina)^ 1 -^ 2 am a cot« a 

^__ ■ ■ _^_______.^.^— ■ ' ' ^— — ^ 

1 — tf« cosa — siua coaa^ — ain a* cosa^-^amo' 

= -!£ 1 ■ = sec2i]r+tg2a. Der Druck ist gross und 

cos 2a cos 2a 
ziemlich rein; wir machen hier nur auf einen nicht ang^eaeig- 
fen , aber störenden Druckfehter aufmerksam : S. 222 No. 4V 

ist in tg - = r 1 - co sg ^^^ Zeichen / su Fernichteii. Der 

2 siua 

Preis des Buches ist massig. 

Gustav Wunder. 



1) arithmetische Denkübungen^ oder Sammlung 
arithmetischer Aufgabeji und deren Auflösun- 
gen^ zur Beförderung der eigenen Geititesthätigieit cfe« Schüfers 
und Vorbereitung zum wi^^enbchiiftlichen Studinm der Mathematik. 
Zum Gebrauche in den obern Clabtien der Stadt- und LaodscKolen, 
80 wie in den mittlem Classen der Gymnasien, von Dr. Ü, L, T. firiel, 
Lehrer der Mathematik und Phjsik am Grossherzogl. H^as, Scfaul- 
lehrer - Serainarium zu Friedberg. Giessen^ S^dr. b, Carl Lichten- 
berger. 1831. gr. 8. 18 Bogen. 

2) Elemente der Analysis des Endlichen^ zunächst 

als Leitfaden, zum Gebrauche »»einer Sehuler entworfen von 
M J. K. Tobischj Prof. am Kon. Friedrichs - Gym aas. sb Brefllau, 
Breslau 1833. In Commis«. bei £. Nenbourg. gr. 8; 8 Bogen. . 

8) Elemente der Combinationslehre, nebst einer Torant- 
geschickten Abhandlang über die figurirten Zahlen und arithmeti- 
schen Reihen, als Leitfaden zum Gebranche seiner Schüler ent- 
worfen von M. J. K, Tobisch ^ Prof. am Kün. Friedr. - Gymnas. zu 
Breslau. Breslau 18^. In Comm. b. £. Neubourg, gr. 8. 5^ Bgn. 

Es ist anerkannt, daw die Arfthinettk auf Gymnasien ein« 
wichtiges Mittel der 6eiDlesbildunf , wenn auch erst in der- 
Hand de$i schon auf einer gewi«f»en Stufe der Bildung stehen- 
den Schülers, i^t. Durch sie allein if>t man im Stande, mit ei- 
ner AHiremeinheit in das hinerste Heiligthum der Mathematik 
nnanfhalt$>am vorzudringen nnd in der knrseütten Zeit daa lu 
leisten, was lao^jabri^eu Studioa in der G^ametrie der Altca 



Briel: Arithmetkehe Deok^liiiil;«!!. 9t 

»1 T^llbHn^en unmöglich isl. Dank gebühH bUo den Matiticrn, 
welche die Arithmetik entweder mit neuen Methotlen lu herei- 
ehern oder die schon vorhandenen Lehren derselben mit Fol^e- 
rerhtigkeit und Klarheit darzufitellen »ich bemühen. Dies letz- 
tere 8nchten die Herren Verfasser vorliegender Schriften su 
erzielen« 

Das Lehrbuch Nr. 1 soll zum arithmetischen Unterricht 
anf Gymnasien vorbereiten; die Lehrbücher Nr. 2 u. 3 dagegen 
sind für den in der ersten Clause eines Gymnasiums sich befin- 
denden Schüler bestimmt. Die im ersten Werke vorkommen- 
den Aufgaben sind mit vieler Klarheit gelöst. Der Hr. Verf. 
hat sich durch seine Schrift um die Schuljugend verdient ge- 
macht, und es ist zu wüiisclien, dass das Buch auf recht vielen 
und namentlich auf solchen Schulen Eingang findet, in denen 
noch immer die Schüler zu blossen meclranischen llechnern gb- 
gerichtet werden. An den ICntwickelungen hat Rec. zuweilen 
eine gewisse Breite beobachtet, welche olfenbar daher rührt, 
dass die Lösungen der Aufgaben aus Fragen und Antworten zu- 
sammengesetzt sind. In den Lehrbüchern Nr. 2 u. 3 werden 
arithmetische Operationen in der allgemeinsten Beziehung ab- 
gehandelt. Der ilr. Verf. hat In seinen Werken nach grosser 
Gründlichkeit gestrebt; reifere Schüler werden sich auch ohne 
Hülfe eines Lehrers In den Büchern zurecht finden, und als 
Lehrbücher für die erste Classe eines Gymnasiums kann Rec. 
beide Schriften mit voller Ueberzeugung empfehlen. 

Nr. 1. Der Hr. Verf. hat in sejuem Buche 87 Haoptaufga«- 
ben abgehandelt und noch viele Uebungsbeispiele, die nach ei- 
ner dieser Aufgaben gelöst werden können, dargestellt. Um 
die Methode, welche der Hr. Verf. bei Lösuug der einzelneu 
Aufgaben beobachtet hat, näher kennen zu ieruen, stellt Rec. 
die im Buche vorkommende erste Aufgabe und Auflösung wört- 
lich fulgendermaasseu hin: 

Er9t^ Aufgabe, ^^Eine Festung hat eine Garnison vwü 
2600 Ma?m ; darunter sind ^mal so viel Artilleristen und ^mai 
80 viel Infanteristen als Cavallerisien. Wie viel Leute von je- 
dem Corps befinden sich nun darin? « 
L eh r e r. Wie heisst die Aufgabe? 
Schüler. Eine Festung ti. «. w. 
L. War das Corps dei' Artilleristen gerade so stark an Mann-- 

Schaft^ als das der Cavalleristen? 
S. Netuy es war stärker* 
L. Wie viel mal so stark*i 
S. ^mal so stark, 

Li Wie viele Corps von derselben Stärke^ als das Corps der 
Cavallerisien; oder mit andern Worten: wie viele an 
Mannschaft eben so zahlreiche Corps ^ als das Corps der 



02 Arithmetische Schriften. 

Cavalleristen, konnte man aus dem Corps der * Artilleri- 
sten bilden? 

S. 8. 

L. Und aus dem Corps der Infanteristen ? 

S. 9. 

L. Und wie viele wohl aus sätnmtlichen in der Festung be- 
findlichen Soldaten ? 

S. 1+3 + 9 = 13. 

L. Bist du wohl im Stande , zu berechnen^ wie viel Mann 
ein jedes dieser 13 Corps enthalten würde? 

S. O ja. Wenn man die Zahl 2(iOO oder die Menge der Sol- 
daten in Abgleiche Theile theilt^ so erhält man für ein 
solches Corps 200 Mann, 

L. Welches von den 3 in der Festung befindlichen Corps 
hatte denn wirklich diese Stärke ? 

S. Das der Cavatleristen, 

L. Wie viel Mann enthielt also dieses ? 

S. 200. 

L. War das der Artilleristen eben so stark? 

S. Nein , sondern 3 mal so stark, 

L. Wie viel Mann enthielt also dieses ? 

S. 3. 200 = 600. 

L. Und das der Infanteristen? 

S. 9. 200 oder 1800. " 

Der Hr. Verf. entwickelt nun auf die so eben an^e^ebene Weise 
mehrere Aufgaben, welche mit der hier wörtlich dargeKtellten 
gro^ise Aehnlichkeit haben ^ und abstrahirt dann aus allen ein- 
zelnen Auflösungen eine in Buchstaben dargestellte allgemeine 
AuflÖ!4ung. Diese allgemeine Auflösung (Formel) müssen nun 
die Schüler gehörig anwenden lernen; 9ie werden dadurch auf 
eine sehr leichte Art mit den ersten arithmetischen Operationen 
bekannt. Freilich muss man späterhin die Schüler beiehren, 
dasB das Aufstellen einer TIauptregel ohne Beweis in dem ei- 
gentlich mathematischen Studium nicht annehmbar ist, w^il 
das für einige Fälle gefundene Resultat nicht für alle Fälle als 
gültig angenommen werden kann. Wenn anch mehrere Auflö- 
sungen, die der gewandte Algebraist in wenigen Zeilen dar- 
stellt, hier weitläufige Auseinandersetzungen uothwendig ma. 
eben, wenn selbst manche Rntwickelungen durch die'Gesprä- 
ehe des Lehrers mit dem Schüler an Klarheit verlieren, so kann 
llec. doch mit voller Ueberzeuguug den Ausspruch thun: liass 
jeder auf die im Buche angegebene Weise gebildete Schüler 
die Rechenkunst mit Gründlichkeit zu erlernen im Stande sein 
wird. 



Tobiicli: Elemente der Analyst des Endlichen. W 

Nr. 2. Das Lei) r buch der Analjfiis enthält: 1) die Addi- 
tion ^ Subtravtion y Mvltiplication und Division ganz allgemei- 
ner Zahlgrössen; 2) den Binomiahalz für ganze positive Es- 
ponenten; 3) die Erzeugung des Products aus einer gewissen 
Anzahl binomischer Faktoren des ersten Grades von der Form : 
a-^x^ h-{',T^ c-^-oiy d-^-s U.S.W,; 4) ilen allgemeinsten Fall 
der Multiplication ; 5) den polynomischen Lehrsatz für ganze 
positive Exponenten ; 6) die Hurzelavsziehung; 1f) die Expo»- 
nentialgrössen ; 8) die Entwickelung der Logarithmen oder 
Exponenziirung, — In §. 1 und 2 heisst es: ^^die Form: 

00 1122 rr 

ax -i' ax 'j' ax + + ax -j- kann jede^ nach 

irgend einem Zahlensysteme gebildete Zahl vorstellen; wir 

1 2 

dürfen nur unter x die Basis des Systems , unter a, a, a ete» 
aber die Zahlen verstehen^ welche qndeuten^ wie oft die (Wjff, 
die Ite, die 2te Potenz u, s. iv, der Basis zu nehmen sei. Soll 
aber die obige Form eine jede ^ nach irgend einem Zahlensy- 
steme gebildete Zahl vorstellen^ so muss x eine ganze positive 

e i 2 
Zahl sein; jede der Grossen: öf, ö, a etc, ebenfalls^ und über- 
dies muss jede von ihnen kleiner sein als x, ßfill man z, ff. 
die dekadische Zahl 3:^5 als unter obiger allgemeiner Zahlfarm 
enthalten vorstellen, so braucht man nur dafür 5+2 . 10*+3 . 10* 
%u setzen* In diesem specieUen Zahlenausdruck ist dasjenige^ 

i 

was oben x hiessy =10; was oben a hiess^ =5; das obige a 

2 

heisst hier 2, und dasjenige^ was oben allgemein durch a be- 
zeichnet wurde^ heisst hier- 3. Jede der übrigen Grössen, näm* 

3 4 5 

lieh c, ß, a etc. der obigen allgemeinen Zahlform aber mtiss in 
diesem specieUen Fall =0 gedacht werden. " Rec. halle hier 
den Beweis datVir gewünscht, dasR man mit Hülfe der x — 1 
Zahlzeichen und der Mnll auch wirklich jede nach irj^end ei- 
nem Zahlsysteme gebildete Zahl darstellen kann. Auch ist die 

in §. 1 gegebene Definition , dass die Zeichen a^ a^ a positive 
Zahlen und kleiner als x sein müssen, nicht zulässig, weil doch 

3 4 5 

später (in §. 2.) die Ausdrücke a^ a, a etc. einzeln =0 gesetzt 
sind , und keine positive Zahl ist. — in §. 43 hätte iur das 
Produkt n.(n— -1) [n — i) ..... [n — (r — 1)] das kürzere Zei- 
chen n*^^""^ gesetzt werden können, weil ziemlich allgemeia 

a.(a+d) (a + 2d) [a-f.(m — 1)] d=a"»" gesetzt wird, 

und aus dieser Gleichung iur a = n, d== — 1, m=r:r die For- 
mel ü.(Ht— 1) (n— 2) ...* [«— (r — 1)] eich ergiebt. Auch 



04 Arithmetiiche Schriften. 

hatte der Ilr. Verf. der Kurze wegen das Produkt 1.2.3 r 

durch das Zeichen r\ beseichnen können. Ueberhaupt yvire 
e» Ree. , bei dem Streben des Hrn Verf. nach grosser Gründ- 
lichkeit, erwünscht gewesen, wenn derselbe die von llhode er« 
fundene und von M. Ohm (im 2ten Bande seines Systema)- wei- 
ter ausgebildete Theorie der combinatorischen Aggregate iu 
«einem Buche mit aufgenommen hätte. Rec. hat aich durch 
viele Beispiele an seinen eigenen Schulern überzeugt, dasa viele 
Siitae (z. B. die in den Functionen und Reihen) mit Hülfe der 
coinbiuatorischen Aggregate mit der überrasohendatenLeklltig- 
keit und grössten Gründlichkeit entwickelt werden können. — 
Der biuomische Lehrsatz ist auf diese Weise durch die Formel 

^a b J ausgedrückt. In dieser Formel Ist 

der deutsche Buchstabe S3 ein durchlaufender Werth, d. h. be- 
ciehlich 0.1, 2, 3....n; und die Gleichung a + S3=:n deutet 
nur an, dass für S3 keine positiv ganze Zahl, die grösser als ii 
ist, genommen werden darf, weil auch der deutsche Buchstabe 
a nur oder eine positiv ganze Zahl ausdrückt. Ifi §. ^O*— 51 
werden die Lehrsätze der BinominaUCoeff. entwickelt; in §. 55 

wird dieGleicbimg (a+x) (SS+x) (c+x) ... = C-f.Cx+Cx*+.., 
gefunden; und in § 80 dargethan, dass der binomische Lehr- 
satz für jeden reellen Werth des Exponenten x gültig ist li| 

§. 108 wird gezeigt, dass e- = l-hx+^ + +!^W- + 

ist; und in §« 106 die Aufgabe gelöst: den Ausdruck: 

1 2 r 

Q»x*-f ax^-f ....-f aK>^-f •... nach Potenzen von ;ic zu eotwickeln« 

In der Lehre der Logarithmen (§. 108 — 120.) wird anter an- 
dern für die Potenz (l + a)"^ die Reihe 1-f-log. nat. (l-f-a) x 

, [log.nat. (l + a)Px»^ _ ... , w^ . n -i- 

+ ' —- ^ — -^ 1- ..... ; und für Jog. nat. (L-|- v) diQ 

1 • 4H 

v' 
Reihe l.r-^i v« + J v.»-|-.... -f- (— 1)'-^ — — ge- 
funden, Rec. hätte gewünscht, dass der Hr. Verf. In diesem 
Capitel noch schneller cpnvergirende Reihen für LogariO^nif^n 
fiufgestellt und auch etwas über die Vieldeutigkeit ^er Poten- 
zen gesagt hätte. 

Nr. 8. In diesem Lehrbuche sind abgehandelt: 1) die Bßi* 
hen flgurirter Zahlen f 2) die aritkmetisehen Reihen^ beson- 
ders die des höhern Ranges; 8) das Permutiren; 4) das Com* 
idniren im engern Sinne des Wotls; 6) das Combiniren an sich 
bei verbotener Wieäerholbarkeit der Elemente; ß) das Combini- 
ren bei unbedingter fFiederholbarkeit der Elemente; %) du§ 
Combiniren 9U bestimmten Summe fl; 8) das Com^irep %u td" 



Toliiaclis £l«Be«to dM CvakkmÜOBMkn. M 

len möglichen Classen und zu einer bestimmten Summe ; 9) die 
comiiaatoriechea Operationen^ tpobei mehrere Reihen ton Ele- 
menten zu beobachten sein können; 10) das Variiren an sich; 
11) das Variiren an sich aus vollständigen Reihen; 12) das 
Variiren an sich aus unvollständigen Reihen; 13) da^ Variiren 
zu bestimmten Summen und zwar hei einer bestimmten Ciasse; 
14) das Variiren zu allen möglichen Classen und »u einer vor^ 
geschriebenen Summe, — In §. 9 wird für das ii^® Glied iu der 

(n + O 
4ieihe der Tri^onalcalilen der Ausdruck n.^ — !-^ duroh ^oiXr 

1 • ^ 
jitftüdi^e Judiictlon ^efundciii. lo §. ]0 wird geseilt, dMR dus 
ji^^ Glied in der Ri^ike der Pyraiuidal;pabieD (d. b. \i^i Zahleo 

der 3tea Ordnung) =i=='^"^*-^-^-"ilii^ ist j und in §. 12 heisst 

1 • 2 • o 

es dann: ^^Auf eine ganz ähnliche Art lässt sich zeigen^ 
dass das n^^ Glied in der Reihe der ^Zahlen des n^^ Banges 

..(n+l)(.. + a)....-[i. + ^'-' )3i^,.. Re,. hatte e. mcht 
1.2.» in 

ungern gesehen^ wenn der Beweis dieses ktztern Satzes wirk- 
lich ausgelührt und nicht blos angedeutet worden wäre, weiji 
der LerDende sehr oft specielle Fälle erweisen und doch im 
Beweisen der allgenieioen Fälle sich iiicht zurecht findei]i kann. 
.Aec. ii^tte ferner gewünscht, dass auch hjer der Hr. Verf. für 

-1 n *• 4 D{n + l)(n+2) n + (iii-l) . _ 

4eu Quotientjei^ : -^ — - — ^—^ — - — !-^ i ous kur- 

l*2*o • m 

jjjinll 

sere Zeichen — r— gesetzt hitte. In §.13 — 22 werden di^ 

m. 

höliern arithmetischen Reihen abgehandelt. Es werden hier 
hauptsidiiicii Gleichungen entwickelt, weiche dem n^®*^ Gtiede 
und der Summe alfer n Glieder arithmetischer Reihen entspre- 
chen. Die Reihenfolge der nun im Buche über Permutatfonen, 
Combinationen und Variationen vorkommenden Lehrsätze isit 
eben so zweckmässig, als die den einzelnen Lehrsätzen zu- 
kommenden Beweise klar und gründlich sind. Mögen diese 
beiden letztern Schriften so vielfach in den höhern Classea 
gelehrter Schulen gebraucht werden., als sie dies in Jeder Hin- 
«icht verdienen. — Druck und Papier in allen drei Büchern 
fiind recht gut. 

Dr. Götz. 



^n^m 



96 Bibliographiiclie Berichte und Miacellen« 



Bibliographische Berichte und Misccllen. 



U eher die Verbindung^ der Sprach- und Realwissenschaften ai{f Gelehrten- 
schulen, Andeutungen und fVünsche von M. Karl Aug. Rüdiger. 
Freiberg, Engellmrdt. 1833. 40 S. gr. 8. geh. 6 Gr. Es ist dies eine 
Schrift, deren Zweck lief, nicht recht hegreifen kann. Sie führt oäm- 
lieh das Thema durch , dass der Gymnasialnnterricht sich nicht bloss 
auf die reinen Spruch8tudicn heRchränken soll, sondern dass auch die 
Aufnahme von Realien in denselben sehr nützlich sei. Dies beweist 
sie allerdings auf eine zureichende Weise mit den gewöhnlichen Grün- 
den, und bestimmt auch noch, dass das Sprachstudium in deii Gymna- 
sien überwiegend bleiben müsse; aber sie lässt ganz unerortert, umis 
und wieviel von den Realien in den Gymnasialunterricht aufzunehmen 
sei, und bestimmt noch weniger, wie dies geschehen solle, vgl. die 
Anzz. in Pölitz Repert. 1833, 111 S. 45 u. in der Leipz. Lit. Zeit. 1833 
^!r. 251 S. 2007 f. Warum nun der' Verf. in der gegenwärtigen Zeit 
den Beweis der Nützlichkeit der Realstudien in Gymnasien für nöthig 
gehalten hat, darüber giebt er keine Auskunft. Da er übrigens die 
Schrift der Standeversammlung in Dresden überreicht hat; bo scheint 
CS fast, als habe er befürchtet, es könne diese bei der Berathung des 
neuen Schulgesetzes den Realwissenschuften nicht die gehörige Beach- 
tung schenken. Wir wissen nicht, welrhe Gründe den Verf. zu dieser 
Furcht bewogen haben, meinen aber, dass er für diesen Zweck seine 
Beweisführung schwerlich zweckmässig genug eingerichtet habe. Ue- 
berhaupt halten wir es für eine sehr vergebliche Mühe, wenn gegen- 
wärtig so viele Gelehrte sich abplagen, die Nützliclikcit des oder jenes 
Unterrichtszweiges für die Gymnasien darznthun , ohne BUgleich die 
Möglichkeit seiner Aufnahme in den Studienkreis dieser Anstalten nach- 
zuweisen. Dem aufmerksamen Beobachter kann es nicht verborgen 
sein , dass unsere Gymnasien bereits eher zu viel als zu wenig verschie- 
dene Wissenschaftszweige betreiben , und dass bei vielen schon fast das 
Sprüchwort wahr wird: „Von Allem ein Bischen, Im Ganzen Nichts.*' 
Man braucht sich in den Lectionsplänen nur umzusehen ,- für wie viele 
Wissenschaften man wöchentlich nur Eine Stunde hat gewinnen können; 
und jeder Schulmann weiss recht gut, dass er bei solchen einstündi- 
gen Vorträgen nicht selten selbst vergessen hat, wie weit er vor acht 
Tagen gekommen sei; geschweige denn, dass die .Schüler noch viel 
davon wissen sollten. Wir sagen dies nicht in unmittelbarem Bezug 
auf Hrn. R.'s Schrift, welche dazu keine Veranlassung giebt; sondern 
nur um auf den Beweis zu kommen , dass man bei der Frage über die 
in einen Gymnasiallehrplan aufzunehmenden Wissenschaftszweige nicht 
von dem Nützlichkeitsprincipe,. sondern von der Frage über den näch- 
sten Zweck der Gymnasien ausgehen müsse. Dieser aber geht schwer- 
lich darauf. Alles zu lehren, was nützlich ist, sondern nur dahin, dem 



Biblioginpliifche Berichte nnd Miteellei. Ü 

Jünglinge anf dem kürzesten *) und entsprecbendsten Wege die gehtige 
und Sittliche Auabildimg zu gewähren, we)(:he ihn reif macht, in das 
selbBtätnndigere Leben der Universitüt überzutreten und dort die fürs 
praktische Leben bestimmten Facultätäwisäenschaften gründlich, selbst- 
ständig und allseitig erfassen zu können. Für den Gymnasialnnterricht 
gehören also die Wissenschaften , welche jenen Zweck am sichersten 
uiid am erfolgreichsten fördern , gleichviel ob sie fürs praktische Lebeo 
dieselbe Nützlichkeit gewähren oder nicht, die man Ton andern Wissen- 
schaften erwarten darf. Hat man nun z. B. den Unterricht in den Sprachen 
und ihren Hülfswissenschaften, in der Religion und Mathematik als den 
förderlichsten erkannt [rgl.NJbb.VIIl,240.] ; so wird derselbe auch für den 
zunächst nothwendigen gehalten und also zuerst gefragt werden müssen, 
wie viel Zeit überhaupt nnd wieviel wöchenti. Lehrstunden insbesondere 
die Schule brauche, um in diesen Zweigen die nöthige Gründlichkeit la 
erzielen. Andere Wissenschaften aber, und wenn sie an sich auch noch 
60 nützlich wären, wird man in den Gymnasialkreis erst dann hineinzie- 
hen dürfen, wenn man nachweisen kann, dass entweder noch Zeit genug 
übrig ist, um dieselben in der Gelehrtenschule zu erlernen , oder dasi 
durch jene erstem die vollständige Vorbereitung für die Universität noch 
nicht erreicht wird. Sollte sich übrigens noch die oder jene Wissen' 
Schaft vorfinden, deren Kenntniss sich zwar neben den FacuUätswissen- 
schaften für das Leben als nothwendig oder heilsam erwiese , die aber 
zu jenem nächsten Zwecke nicht nöthig wäre; so gehört deren Erler- 
nung nicht auf das Gymnasium, sondern* auf die Universität, und mag 
dort vom Staate befohlen werden. Wir wünschten sehr, dass Hr. R, 
diesen Weg der Beweisführung eingeschlagen hätte, um den langen 
und heftigen Streit über die Verbindung der Realstudien mit den Sprach- 
studien seiner Entscheidung näher zu bringen. Dann würde sich ihm 
vielleicht auch eine Gelegenheit geboten haben , bestimmter dai^uf 
hinzuweisen , dass der Staat in einem Schulgesetz nur die zur Errei- 
chung des Schulzweckes nothwendigen Wissenschaften befehlen, 
die bloss nützlichen aber höchstens empfehlen und der letzteren 
Aufnahme in den Lehrplan davon abhängig machen sollte, dass der 
individuelle Zustand difeses oder jenes Gymnasiums u. Lehrercollegiumi 
die Zulässigkeit der einen oder andern noch möglich oder nöthig macht. 

_« [Jahn.] 

Die wichtigsten Mängel des Gelehrtenschulwesens im Königreiche 
Sachsen , nebst Anträgen zu deren Verbesserung, Dem hohen Gesammt- 



*) Der kürzeste Weg soll hier natürlich nicht ein oberjQächlicher nnd 
nur auf das Allernothdürftigste berechneter heissen, sondern ein solcher, 
welcher den Studienlafif der Gymnasien nicht unnöthig verlängert nnd dem 
Jünglinge nicht mehr aufbürdet, als zur Erreichung des oben angegebenen 
Zielen der Gymnasien nöthig ist. Wir erwähnen dies darum, weil wir Stn- 
dienpläne für Gymnasien gesehen haben, welche die. Erlernung «o vieler 
Wissenschaften vorschreiben, dass der Jüngling 12 bis 15 Jahr auf dem 
Gymnasinm wird bleiben müisen, wenn er dieselben alle lachgemäse er- 
lernen will. 

N. Jabrb, /. tiUi. ». P»d. od, Krit, BiM. Bd, XI Hft, 5. 7 



V 



9S Rililiagniipl^ii^lie ßericbt« and Miicollea» 

mmislerium des Königreichen ^ sowie deß hohen versammelten Ständen deg 
Vaterlandes stur geneigten Berücksichtigung ehrfurchtsvoll dargelegt von 
Friedr. Lindemann, Director Gymn. ZiUav. Zittau und Leipzig« 
Verlag von Birr upd Nauwercl^. 1834. 68 S. gr. 8. geh. .9 Gr. Dieae 
Schrift schliesst §ich an die Aphorismen über das deutsche y vorzüglich 
über das sächsische Gymnasialwesen von Phil. Wagner an, welchf 
wir bereits in unscrn NJbb. VII, 366 angezeigt haben , und üfber wel- 
che nun auch noch die Anzz. in der Leipz. LZ. 1833 Nr. 91 und in d. 
Hall. LZ. 1831 EgBl. 6 nachgelesen werden können. Sie behandelt, 
wie jene, nicht das ganze sächsische Gymnasialwesen , sondern nur 
einige Mängel desselben; aber sie kämpft, indem sie deren Verbesse- 
rung den versammelten Ständen empfiehlt, für einen hochwichtigeA 
Zweck , und kämpft für denselben mit einer schönen und edlen Wärme. 
Sie hat überdijBs noch das besondere Verdienst, dass sie gerade m dem 
Zeitpunkte erschien, als die sächsische Ständeversammlung heschliessea 
wollte, die Berathung des Schulgesetzes bis zum nächsten Landtag« 
au^zifsetzen , und dass sie demnach als der allgemeine Hülferuf der 
Schulen des Königreichs angesehen werilen konnte. Sie hat ihre» 
Zweck eigentlich bereits schon erfüllt: denn die Berathnng ober daa 
Schulgesetz hat dem Vernehmen nach eben jetzt in den Kammern be- 
gonnen , nqd es unterliegt keinem Zweifel , da^s Hrn. L.'s -Vorschläge 
hei dieser Gelegenheit ihre Beachtqng finden werden. Hat nun aber 
die Schrift Yon dieser Seite ihren Zi^eck bereits erfüllt, so bleibt sie 
doch ein öfl'entlicheB Monument, welches über die gegenwärtigen Man-* 
gel der sächsjschen Gelebrteoschqlen Zeugniss ablegt und also ein Bei-» 
trag zur allgemeinen Schulgeschichte ist. Von dieser Seite aber ver- 
dient sie in unfern Jahrbb. um so mehr eino Prüfung, je leichter sie 
nbf^r die sächsischen Gymnasien falsche Begriffe verbreiten und diesel- 
ben in der öffentlichen Achtung tiefer herabsetzen kann , als sie es ei- 
gentlich verdienen. Hr. L. hat sich nämlich in der Ben^theilung dev 
Mängel dieser Schplen darin versahen , dass er einerseits im heiligen 
Eifer Manches für zu schlimm angesehen und zu sehr ins Schwarzo 
gemahlt, anclerers^its difs so verschiedenartige Gestaltung unserer Ge- 
lehrteoschulen [s. NJbb. 1,371.] nicht beachtet und die von der einen 
qnd andern abstrahirten Mangel auf alle übergetragen hat. Wir wol- 
lei^ gern zugestehen , dass der letztere Umstand in einer an die abge- 
ordneten Volksvertreter des Landes gerichteten Schrift nicht gerade viel 
schadet, weil es hier nur auf Beseitigung des Mangels ankommt; alleii]i 
in der öffentlichen Meinung macht dies natürlich eineh sehr grossen Un- 
terschied , und darum halten wir es für nötbig, hier Einiges darüber 
zu sagen. Hr. L. hat seine Schrift mit. einigein Bemerkungen über die 
Wicktigkeit der hohem Bildungsanstalten im allgemeinen begonnen und 
dann im zweiten Abschnitte sofort die Anklage aufgestellt, dass die 
sächsischen Gymnasien Realschulen geworden seien. Dies hat er aber 
nicht, ans allgemeii^en und anerkannten Thats^'chf n , sondern nur aus 
den zwei Umständen, geschio^en, das^ aus d^n bekannt gewordenei^ 
Lectionsplanen mehrerer Gymnasien sich ergebe , der Sprachan^eccMi^ 



«ei auf densdbcin durch daneieA eingeffilirfe Reätai/t^rllcIitVzWeTg^ fi^ 
deutend beschrüfnlit worden; und dass das ?m Jahrö'18^ heraüs^6^^ 
bene Königl. Mandat über die MaturÜätesproffüng^n in' deb Gymnasien 
nebet dem dazu geh5rigdn Regulativ, vom 30 DecÜt. 18S0 [s. NJbb. 
1,369.] dte weitere Verbreitung der Realien dui'cTiÜeberdchätzung ihre« 
Werthes über die Maassen befordere. Hier hat er nun zuna'chst etwas, 
was er erst fürchtet, als schon vorhafAden angenfomnren : denn zur Zeit 
möchte man bei viehen Gjmnasieh Snclie^ns den Vorwarf gerade um« 
drehen können ; und überdies scheint er attfch in* Bezu^ auf den zwei- 
ten Funkt sich in einem erweislichenr IrHhumö zu b^flntfe^. £§ ist 
nicht zu läugnen , dass das erwähnte Gesetz tlhet die AbitArientenprü- 
fungen an mehrern Mängeln leidet*) und überdfös^ in Inehr^rn Bestim- 
mungen sehr undeutlich ist, weshalb auch bereits bei möhf^rn Gymna- 
sien unter Z^nlassung der Behörden einige wesentfiche Abänderungen 
desselben vorgenommen worden sein sollen; alleiu eint uböi'grösse Be^ 
gunstlgung der Realstudien kann Ref. in demselben nfcht finden , ö&- 
schönes auf dieselben mehr Werth legt, äTs ihn^n fi^fififei^^n d^en m'ei- 
steif Schuteft Sachsens zugestanden Wurde. Dos Gesetz ^cHreilit näitf^ 
lieh vor, dass in d^m Abiturienten exafinen der Schuler ih d'ffr fat'iöFni- 
schen und doirt^chen Sprache , srowiö in der MattieihalTk sc'ftfiftlich und 
mündlich , in der griechischen und resp. auch iA dei^ helirSiädheh and 
französiscTreA Sprache aber , sowre in der Relfgloli ühd iii den Reaf- 
Wissenschaften, soweit die letzten! für dea' Schülant'er- 
rieht g'eeign-et sind, bloss mfindlich g'e'pt'fift werde; da'ss dfanik 
das LehrercoRegintn über da^ Reraltat jedes fdMzelneh Prdfü'ng'szWei^ 
ges eine besondere Cenäur feststelle und atls dic^sen eifizefneÜ' Cdns'ureti 
durch Combinätiön der gleichartigeA dinre' all^gehieihe Cehsdr deik 
Grades der wissenschaftlichen Reife abstrahire. Sind ni^lf alte efü- 
zelnpD Ceti^i'en gleichartig, so soll nach der Mdirzalil ehtsdhiedeil 
werden, doch so, dass im zweifelhaften Ftflle dfe Ke'nn't^ 
liisse in der lateinischen, griechischen udd deatsehed 
Sprache den Ausschlag geben. Hr. L. scheint nuÜ voransge- 
setzt Zu haben , dass jene Einzel - Cehsnrien von d^r Mk^^e di^ir ?a j^ 
dem Wisserisrchaftszweige an dem Gepri^fted bemerkten nr&tek1el\eik 
Kenntnisse enfnomMien wefidefi müssten , and sllelft dkher did BeAati);i- 
turtgauf, es sei nach dem Gesetze mßgUch und sogar nothVbndig, ^visk 
ein Geprüfter', der in den Sprachwissenschaften gar nichts wisse, aÜ'dlr 
in den Realwissenschaften gute Kentithissie o^enbftre, eine gute CeWuir 
der Reife erhalte, während nnigekehtt der in dei^ Sprraefi^isstlnMihäf- 
teii VorrögTiche, aber in den Realwissiini^chäfieki Zutfi<ikj|pbBG6T>eileinft 



*) So tadelt Itr. L. sehr richtig, dalw in dem Gebets eine jVorai dgr 
Reife für die ÜniversitSt gar nicht angegeben und .überdies' die'griecbi- 
sehe S^clhe , insofern sie nur ^ur nMndViehetr PHifanj^ beUätzf' w!\rtf , ih 
threitr Werthe hintdr i^t latelhischeli «ad kialmr dlir MiitMettMik« flh ikk 
mruckgeattBt sei. 

7* 



100 Bibliogniplii8che Berichte and Miscellen. 

einer schlecliten zu entlagsen sei. Den Beweis fuhrt er auf folgende 
Weise: Gesetzt ein Schuler erhalte als Einzel Censur 



Im Lateinischen 





oder 


oder 


1 


im Griechischen 





— 





— 


1 


im Deutschen 





— 







1 cum laud^ 


im Hebräischen 





: 





— 


3 


im Franzosischen 


3 




2 


— 


2 


in der Religionslehi^e 


2 





2 


— 


2 


in der Mathematik 


2 




2 


— 


1 


in der Philosophie 


2 





3 


— 


2 


in der Physik 


2 





3 




2 


in der Geschichte 


2 




3 


— 


2 


in der Geographie 


2 




3 




2 



80 müsse er im ersten und dritten Falle Nr. 2 , im zweiten liTr. 8 alt 
Hauptcensnr erhalten. Man sieht daraus , Hr. L. hat die im Gesetze 
erwähnte Gleichartigkeit der einzelnen Ccnsuren rein quantitativ Ton 
der Masse der erworbenen Kenntnisse verstanden. Hätte er aber daran 
gedacht, dass gleiche Masse der Kenntnisse in zwei Wissenschaften 
noch nicht gleiche Ausbildung der Geisteskräfte beweist und dass man 
in Bezug auf diesen Punkt in Baiern die Sitte hat, Nr. 1 im Lateini- 
schen viermal, im Griechischen dreimal und in der Mathematik zwei- 
mal soviel gelten zu la'ssen als Nr. 1 in einer andern Wissenschaft ; so 
wurde er wahrscheinlich jene Zahlenreihen nicht aufgestellt und unter 
Gleichartigkeit etwas Anderes verstanden haben. Dass im Ge^ 
setze selbst diese Gleichartigkeit nicht so gemeint sei, geht dem Ref. 
ans der Ueberzeugung hervor, dass der Staatsbehörde unmöglich daran 
etwas gelegen sein kann, in dem allgemeinen Zeugnisse der Reife des 
Geprüfte^ nur den Grad der Masse seiner Kenntnisse, und nicht viel- 
mehr den Grad der Ausbildung und Reife seiner Geisteskräfte bestimmt 
zu erhalten. Ist dies aber der Fall: nun so ergiebt sich leicht, dass 
diejenigen Wissenschaften, welche nur auf die Ausbildung einer Gei- 
steskraft hinwirken, nicht für gleichartig gelten können mit denen, 
durch deren Erlernung die Ausbildung aller Kräfte des Geistes herbei- 
geführt wird. Hierin liegt ja eben der Grund, warum man in Preussen 
bei den Abiturienten -Prüfungen auf den deutschen Aufsatz ein beson- 
deres Gewicht legt , — nämlich weil er mehr als die andern die Reife 
des Verstandes und Urtheils beweist. Nach dieser Erörterung nun wird 
es wohl klar sein, dass in dem sächsischen Abitnrientengesetze eine 
nbergrosse Begünstignng der Realwissenschaften keineswegs zu suchen 
ist, ja dass es vielmehr durch den oben erwähnten Beisatz „so weit 
dieselben für den Schulunterricht geeignet sind'' eine 
ziemliche Beschränkung derselben erlaubt. Weil aber Hr. L. einmal 
in jenen Irrthum verfallen war, so hat er Im dritten Abschnitte seines 
Bnchs die Bedeutung der Studien des ekueisehen Alterthums für die Ge- 
ßenwart darzuthun gesucht , um im vierten den Antrag zu stellen , dast 
4ü» Abiturientengesetz cassirt werde. Er selbst hat im Anhange zu 
«einer Schrift S. 58— 68 einen Entfmrf xa einem neuen Abiturienten- 



Bililio^aphische Berichte und Hbeellea. 101 

prüfungsgeäetze luitgetlieilt und vor demselben ancb in Bezog aafdea 
flritten Abschnitt S. 50 — 58 eine iHteinUche R'edie de Latihe Ibqufndi 
UHU in ludis liiterarum minime tollendo abdrucbeir fairen. Zur Bespre- 
chung des Entwurfs wird sich weiter unten eine Gelegenheit fi'nrlen; 
in Bezug auf das Uehrige sei r'cr nur hoch bemerkt, dass in dem drit- 
ten Abschnitte auch noch von dem Nutzen des Unterrichtes in der Ma- 

^ tfiemutik und in der deutschen Sprache gesprochen worden, aber gans 
unerörfert geblieben i«t, in welchem Verhältnisse die Realstudien zu 
den Sprachstudien auf Gymnasien stehen sollen. Bei dem Unterrichte 
. in der deutschen Sprache ist noch verlangt^ dass er auf die Geschichte 
der Sprüche und auf die Grammatik der altdeutschen Spracfazweige 
gegründet srei und mit mundlichen Uebungen in freien Vorträgen und 
schriftlichen Aufsätzen Hand in Hand gehe. Den Schluss der Schrift 
hildet ein fünfter Abschnitt mit der Aufschrift: Fernere Mängel der 
Sächsischen Gelehrtenschnlen; damit verbimdene Anträge, Sechs ver- 
schiedene Punkte sind darin aufgestellt und besprochen« Drei derseU 
ben beziehen sich darauf, dass an den Stadtgymnasien (worunter aus- 
ser den beiden Fürstenscbulen alle Gymnasien Sachsens zu verstehen 
sind) die Mehrzahl der Lehrer und selbst die Rectoren zu gering be- 
soldet seien und dass bei den meisten auch die zureichende Zahl der 
Lehrer und Classen fehle. Hiervon ist die Beschuldigung der unzu- 
reichenden Classen- und Lehrerzahl die richtigste, wie schon aus einer 
Vergleichung der unten in den Schulnachrichten unter Sachsen folgen- 
den statis^dchen Angaben ersehen werden kann. In Bezug auf die Leh- 
rerbesoldungen aber hat Hr. L. gewaltig übertrieben. S^o behauptet 
er z. B. dass die säroratlichen Jahreseinkunftre der Rectoren an den 
Stadtgymnasien selten 600 Thlr. überstiegen ; und doch trifft dies kaum 
bei zwei oder drei Schulen zu. Bei den übrigen beträgt der Rectorats- 
gehalt 800 -- 1000 und 1000—1209, ja selbst 1200—1500 Thlr. Eben 
so ist es mit den übrigen Lehrergehalten. Viele sind freilich sehr ge- 
ring und etwa in dem Verhältniss des Besoldungsetat's in Baiern und 
Baden , andere aber doch leidlich und nach jenen Ländern gerechnet 
selbst ansehnlich. Statt also solche falsche Angaben hinzustellen, 
hätte Hr. L. vielhrehr auf die Ungleichartigkeit der Besoldungen und 
der Iiehrerzahl hinweisen und den Umstand geltend machen sollen, dass 
Anstalten, an welche der Staat gleiche Forderungen macht, auch 
gleichraässiger gestaltet werden müssen, als es jetzt bei diesen Schu- 
len der Fall ist. Ferner hätte vielmehr die ungleichartige Abstufung^ 

' der Lehrergehalte , ihr ungleichmässiges Verhältniss zu denen anderer 
Staatsbeamten bei gleichem Umfange der Arbeit, die geringe Aussicht 
der sächsischen Gymnasiallehrer auf Avancement,, der Mangel eines 
Pensions- und Wittwenfonds u. dergl. geltend gemacht werden sollen, 
wenn die obige, an sich allerdings richtige Angabe zureichend bewie- 
sen werden sollte. Gleiche Ungenanigkeit mnss Ref. an den drei übri- 
j^en Beschuldigungspunkten tadeln , welche die sächsischen Schulen 
anklagen , dass für den Unterricht in der Afafhematik und Naturwissen- 
schaft theils noch gar nicht, theiU sehr unzureichend gesorgt; dass 



108 Biblio^pbwche Berichte und MUcellen. 

dessei) nqgci^cbte^ der Unterricht in den Sprachwissenschaften Neben- 
fache zu werden drohe oder zum Theil schon geworden , und daM 
endlich ein zweckinässiger Unterricht in der deutschen. Sprache und da- 
i^it Terbundene Uebungen in mündlicher und schriftlicher Darstellqng 
noch gar nicht Torhanden seien. Deutscher und raathematiacher Un- 
terricht wird gegenwärtig, soviel Ref. weiss, auf allen Gelehrtenscha- 
len S^ch^ens ertheilt: sollte es nicht überall zweckiiiääsig geschehen^ 
BO ist dies weniger Schuld der Schuleinriphtung als der Lehrer. vgL 
NJbb. Vn, 366. Qb aber die Natiir^issenschaft so unbedingt in den 
Lehrplan der Gymnasien aufzunehmen sei, darüber lässt sich nctch gar 
tehr streiten. Ilr. I^. scheint sie zwar in der C^rörterung dieses Punkte« 
bloss auf die sogenannte Physik zu bebchränken , hat aber dadurch 
die Streitfrage nicht beseitigt, sondern nur die Discucision über seine 
Anklage unmöglich gemacht, weil man nämlich nicht weiss, wie weit 
er den Unterricht darin ausgedehnt wissen will. In der l^athematik 
lifuitirt er ^brig^ens S. 41 seinß Anklage dahin, dass die Leb^er der- 
Bclben zu schlecht bezahlt würden , und an dem deuti^chen Unterrichte 
tadelt er besonders die Methodik und verlangt, wie fchon gesagt ist, 
ausser den schriftlichen und mündlichen Uebungen eine Begründung 
desselben auf das Altdeutsche. Der letzte Punkt ist ebenfalls noch 
streitig , und gehörte daher nicht vor eine Stände Versammlung , wun- 
dern vor eine Versammlung von Schulmännern und Spraohgelelirten. 
Auch ist seine Entscheidung gar nicht so leicht, besonders weil hier- 
bei gar sehr in Frage kommt, ob der deutsche Unterricht, wenn er 
ifiit Erfolg auf die Geschichte und die früheren Dialektik der Sprache, 
ausgedehnt werden soll, nicht einen Umfang verlaugt, welcher eine 
bedentende Reform in uni^ern Lehrplänen nöthig macht« Der Verf. 
hat sich über diesen Umstand nicht weiter ausgesprochen. Die Lieb- 
lingsidee desselben von dem 9u grossen Realismus haben wir ^chon 
oben belenchtet, und können sie selbst dadurch noch niclit gerecht^ 
ffsrti^t finden, dass S. 42 behauptet ist: „Sonst hatten die sächsischen 
Qymnasien den Ruhm , dass ihre ii^öglinge in den alten Sprachen , vor- 
nämlich im Lateinischen vorzügliche Kenntnisse, und im Lateinisch- 
tprechen eine Fertigkeit zu erlangen pflegten, um welche i|ni^ andere. 
Staaten Deutschlands beneideten. Diesen Ruhm verdienen unsere Gy-. 
Intasien in der That nicht mehjr. Der Realbmus hat 0o, um sich ge- 
griffen, dass selbst, ^uf den gepriesenen Fürstenschu^u eui9 merkliche 
Abnahme der Fertigkeit in den alten Siprachen verspürt wird. '* Wir 
können es zugestehen, dass. vor 20 bis 25 Jahren, wo die Zöglinge un- 
serer Gelehr tenschu.len sechs ni\d mehrere Jahre hindurch nichts wei,- 
ter als nur Lateinisch und Gi:iepbisch im engsten Sinne dejs Wortes, trie- 
ben, eine ^rössejre Fertigkeit im Lateinii^chp^ppern ond ein grösf^rer 
Reicht^i^m in der sogenannten eleg^anten hiteinischen Phraseologie^ er- 
reicht wurde ; ob der Schüler aber dam^s, wirklich die Sprache in ib~ 
rem Wesen besser verstehen lernte , i^nd ob. namentlich der Unterricht 
in diesen beiden Spra^chen elf en höheren Grad seinc^r allgemeinen Gei- 
iUsbildung hervorbcafhte^ al# j^tzt, yjffi die so aubserordeiitllch rui;t- 



' Bibfio^raphSbche Beridile aniT MitMÜMis ttt' 

gescliriitene Methodik d^nselBen vi«! zireokiiiftlni^ef Ibehfindetii leAtt 
und wo hiiizugezogt'iie Hnlfswins^nischaftenf die fi1l8<>itig^er« Uobttng d«1f 
Cjieistevkräfte lierbeifähren nnd dai früher so leicht mögliche mbcfnini- 
sehe Einüben erschweren; das- iiiuss Ref. doch sehr in Zweifel zieheil,- 
iffld kann daher nicht in deal Grade als laudator t'emporis' acti auftreten, 
vie es Hr. L. Willens zu sein scheint. Vielmehr fiiidet Ref. gerade 
dnrin einen Fortschritt der sächsischen Gelehrtenschulen , drtss sie zwat 
den S|irnchunterricht als das Hanptbildnngsmittel in ittoglidist weitem 
Umfange beibehaltet, aber doch auch andern WissenschaftszweigeH, 
deren Nützlichkeit unabweisbar ist, einen weittern Zdgang gestatten, 
ols es früher geschalt Uebermaass in Betreibung der Realien hfit ei^ 
übrigens , so • weit ihm das Wesen d^ eirizeintri Schulen bekaniit wor- 
den ist, noch nirgends kennen gelernt. — Eine Art von Portsetzong 
der Lindemannischen Schrift bildet das diesjährige Osterprogramm del 
Gymnasiums in Freiberg, worin der Rector M. Kart Aug. Rudi- 
ger vor den Schulnachrichten Noch einige ff^orte über das sächsiachB' 
Gynmasialwesen [Freiberg, gedr. in der GerlachiscUen ßübhdruckerer. 
23 (18) S. 8. ] öiTentlich ausgesprochen hat. Das Schriftch^n beginnt' 
mit einer bequemen und übersichtlichen Zusammenstellung der haiipt- 
sächlichsten Meinungen, welche Hertel und Raschig [s. NJbb. 
1,371.], Wagner und Pölitz [ s. NJbb. VII, 366. ] , Tittmtfhii, 
Uüdiger und Lindemann über die Verbesserung der sächsischi^n 
Gelehrtenschulen öiTentlidi ausgesprochen haben, und bringt dafzir noch 
zwei Aufsätze über die Nothwendigkeit einer neuen Schulordnung nrid 
über die nöthigen Abänderungen des Abiturient ettgeietzes. Der erste 
Ahschnitt bedarf hier keiner weiteren Erörterung *y, Von der allge- 



•) Nur über Friedr. Willi. Tittmann^s tSchrift: üeler die pe- 
sHmmung des Gelehrten und seine Bitdung durch Sthüle und Universität^ 
[Berlin, Reimer. 1833 228 S. 8.] sei hier, da eine besdndisre Wfirdighng 
derselben in un»ern Jahrbüchern noch nieht vorgekommen ist, beiläufig- 
erwähnt, daas dieselbe eigentlich nicht unmittelbar auf die sächs« Gymna- 
sien eii'h bezieht , sondern allgemeinen Inhalts ist, nnd gegen die materielle 
Richtung der Xelt kämpft, welche man für Ain Unterricht auf den Gelehr- 
ten- und HochsriHiten hat geltend* otbeh^en wollen: In dieser Beziehung^' 
aber gehört sie zu den gediegensten Schriften , welche Ref. über diese* 
Gegenstand gelesen hat, und verdient in besonderem Grade die Beachtung 
aller Schulmänner, denen eine klare Einsicht über den rechten Weg der^ 
höheren Menschf^nbllduYig am Harzen Uegt. (Scharfsinnig, gründlich und' 
überzeugend hat der llr. Verf. darin dargethan , dass die gegenwärtige ma- 
terielle Richtung der Zeit die eigentliche Bestimmung des Gelehrten ganz 
verkenne, den reinen Sinn für das höhere geistige Leben vermindere und 
untergrabe, und einen Rückschritt in der Bildimg herbei zu führen drohe. 
Kr verbreitet sich in drei Abi>dinitten 1) über die Restimmulig des Men- 
sehen, 2) über die Bestimmung des Gelehrten (mit b^ondei^ Rücksicht' 
auf seinen wahren Beruf im G^nchäftsleben) , und' 3) über die Aufgabe der 
gelehrten^ Unterrichtsanstalten und ihre Losung, und schlichst i) mit £7i- 
cken auf die Gegenstände der geleh¥teii' Bildung an sich und als BiU 
dungsmittel. Der zweite Abschnitt s^hlld^^t d*n Gfelehrfcri, wie er über- 
haupt und insbesondere als Staatsbeamter sein- sMI; der dritte giebt einen 
bündigen und schlagenden Beweis für den WerUi derAtterthanndtodien tftid * 



IM Bibliograpbiiche Berichte und Mifcellen. 

neinen Sclmlordnang aber Terlangt Hr. R. , dass sie nicht in die Ein- 
selheiten eingehe, sondern im Allgemeinen den Grnndriss der innem 
und so au sagen der geistigen Schule entwerfe. Sie soll, wie weiter 
nachgewiesen ist, eine Instruction für Lehrer, einen allgemeinen Lehr*- 
plan , eine allgemeine SchuWerfassung und Schulgesetze enthalten. Ea 
ist aber recht Schade , dass der Hr. Verf. , wahrscheinlich durch den 
beschrankten Raum des Programms genöthigt, über alle diese Paakte 
■nr ganx allgemeine Andeutungen gegeben und die Grenzlinie zwischen 
einer allgemeinen und speciellen Schulordnung nicht schärfer bestimmt 
hat Bloss über das , was in eine allgemeine SchuKerfassung gehöre, 
sind einige weitere Bestimmungen mitgetheilt. lieber die Zweckmäs- 
sigkeit einer allgemeinen Schulordnung wird wohl nicht leicht ein Pä- 
dagog in Zweifel sein, aber jeder gewiss ihr auch eine solche Einrich- 
tung wünschen, dass sie nicht in das specielle Wesen der Schulen sn 
weit eingreife und die freie Bewegung hindere. Ref. gesteht aber, 
dass er für seine Person wenigstens bis jetzt noch keine allgemeine 
Schal Ordnung kennt, welcher er jenen Vorwurf nicht mehr oder min- 
der machen mnsste, und fast fürchtet, es habe auch Hr. R. in die- 
selbe bereits zu Tiel hineingetragen. Wenigstens hätte derselbe die 
alte sächsische Schulordnung Ton 1T73 nicht so rühmend erwähnen 
tollen : sie war eine unnütze und lästige Fessel der sächsischen Scha- 
len, welche kein Heil bringen konnte, und glücklicher Weise bald 
▼ergessen wurde. Soll übrigens in Sachsen eine neue Schulordnung 
wirklich gemacht werden , so ist sehr zu wünschen , dass man za der 
allgemeinen nicht eher schreite, als bis von allen Gelehrtenschulen 
gute Specialschulordnungen in einem vorläufigen Entwerfe Torhanden 
sind, und dass dann die allgemeine nicht Ton der Staatsbehörde oder 
Ton einem einzelnen Schulmanne abgefasst, sondern in einer allgemei- 
nen Rectorenconferenz berathen und geschaffen werde. Was endlich 
Hr. R. über das Maturitatsgesetz Terhandelt hat, damit kann Ref. am 
wenigsten zufrieden sein. Auch hier nämlich hat sich derselbe zu sehr 
beschränkt and weiter Nichts gegeben , als dass er erwähnt , das säch- 
sische Mandat über die Abiturientenprüfungen sei in der AUg. Schal- 
zeit. 1831, II Nr. 43. 83 u. 156 und tou Lindemann in der obenerwähn- 
ten Schrift mehrfach getadelt worden , und dann einige Ausstellungen 
gegen Lindemanns Tadel und dessen Entwurf zu einem neuen Abitu- 
rientengesetze hinzufügt. Diese Ausstellungen sind allerdings treffend. 



ihre Wahl znm Hanptbildnngsmittel in den Gelehrtensehalen ; der Tierte 
endlich empfiehlt sich besonders durch treffliche Ideen über den Werth der 
Geschichte und Mathematik. Das Ganze würde eine schlagende Wider le- 

gung der Realisten und Nützlichkeit^jäger sein , wenn nicht der Verf. seino 
ewei^führnng etwas zu hoch und zu ideal gehalten hätte , während es für 
diese Menschen nothig zu sein scheint, dass man ganz populär verfahre 
und überall xar' av^-gtonov demonstrire. Der wissenschaftliche Werth des 
Boches wird übrigens dadurch natürlich nicht vermindert, vergl. Pölitz 
Jahrbb. f. Gesell, o. Statist 1833 Aug. & 160— 174 und Leipz. LZ. 1833 
Nr. 187 S. 1^2-1495. 



Biblidgräphigche Berichte und Miseellea. ^ 105 

aber sie beruliren nar einige einzelne Panlcte nnd lassen eine Reihe 
, eben so wichtiger und noch wichtigerer unbeachtet, welche in dem 
Lindemanniscfaen Entwürfe falsch oder gar nicht bestininit sind. Bei- 
spielsweise erwähnen wir aus demselben nur den Paragraph über die« 
£ntwerfmig des Sittenzeugnisses. In ihm ist noch die hergebrachte 
echt polizeiliche Maassregel festgehalten , dass die Sitten des Geprüf« 
ten nach den öffentlichen Schulstrafen beurtheilt werden sollen, wel- 
che er in den letzten drei Jahren seines Aufenthaltes auf der Schule er« 
halten habe oder nicht. Nach dieser Weise wird man also bei der Ver- 
kehrtheit stehen bleiben müssen, dass man dem Abitnrienten testirt, er 
gehe als nunquamj oder als raro oder als aliquoties reprehensu8 Ton 
der Schule. Ein Sittenzeugniss ist dies aber offenbar nicht. Sittliche 
Ausbildung des 'Zöglings ist ein Hanptgegenstand der Erziehung durch 
die Schule, und darum mnss dieselbe bei dessen Weggange jedenfalls 
zunächst darnach fragen, wie weit er sich richtige Grundsatze, Stärke 
und Festigkeit des Charakters und ein richtiges Gefühl für das Edle 
und Gute angeeignet oder wie weit er überhaupt die sittliche und mo- 
ralische Reife erlangt habe, welche in seiner künftigen Stellung von 
ihm gefordert werden muss. Dass für diese Bestimmung aber die An- 
gabe der Strafen, welche der Schüler im Gymnasium erlitten hat, eine 
grosse Nebensache und oft ein ganz trügliches Merkmal sei, bedarf 
keines Beweises. Auf eine weitere Prüfung des Lindemannischen Ent- 
wurfes kann Ref. hier nicht eingehen; allein wie manches derselbe 
noch zu wünschen übrig lasse, dies wird schon eine Vergleichnng mit' 
dem neuen preussischen Abiturientengesetze zeigen , welches eben jetzt 
gedruckt und in den nächsten Wochen erscheinen wird, lieber Hrn. 
R.s Schrift aber muss er zuletzt noch das Urthcil abgeben, dass sie 
einige recht angemessene Vorschläge zur Verbesserung des sächsischen 
Gymnasialwesens gebracht, nur aber die Sache nicht allgemein genug 
aufgefasst hat. Da sie übrigens jedenfalls auch Yon dersächs. Stände- 
Tersammluog beachtet werden soll ; so hätte wohl schärfer nnterschi^^ 
den werden müssen , welche Punkte des Schulwesens der Verf. von den 
Kammern berathen wissen will und welche nicht. Nach des Ref. snb- 
jectiver Ueberzeugung nämlich gehören viele der von ihm und Ton 
Hm. Lindemann besprochenen Gegenstände gar nicht in eine Stände- 
versammlung, [Jahn.] 



Eine Geschichte der Universität Basel von ihrer Gründung bis zu 
ihrer neusten Umgestaltung h^tie Marcus Lutz [Aarau, b, Christen» 
1826. VIU u. 318 S. 8.] herausgegeben, und darin die Geschichte dieser 
alten n. berühmten Hochschule von ihrer Gründung bis zum J. 1818 er- 
zählt. Sie wurde nämlich im J>. 1459 durch eine Bulle des Papstes Pias IL 
gestiftet und am 4. April 1460 eröffnet, und blühete bald zu einer kräf- 
tigen Hochschule auf. Allein 1529 wanderten die meiste« Professbrett 
und Studenten in Folge der Reformation aus, so dass der Rath die 
Universität einziehen musste, jedoch dieselbe 1532 mit neuen Statuten 



196 BtbliogüSphisdie Beckhte «od: Muceltelu * 

wieder erdffaete. Im J. lSi9 wurde sie in doctrinelkr HiRiichC udM 
die Kirche gestellt and fing* bald darauf an zu erkranken and nehr and 
mehr zu versinken. Im J. 1813 wurde eine Reorganisation beschleo* 
Mn und 1818 wirklich ausgeführt, deren Wesen Herr L» ausführlich 
dargelegt hat und von welcher er sich ein neues Lehen derselben vet- 
6f rieht, vgl. Jen. LZ. 1829 Nr. 37 S. 280— 28&. In nicht gleichem 
Grade war Trozler mit dieser neusten Umgestaltung zufrieden ub4 
rügte in der Vorrede zuni zweiten Baude seines Handbuch» der t^gik 
mehrere Mangel derselben. Namentlich wies er darauf hin ^ das» die 
Universttat zu einer Geuammthochschole für die ganze Schwell erho- 
ben werden müsse, vgl. NJbb. X, 450. Gegen dessen Vorwurfe trat 
de Wette im Hesperus 1826 Nr. 08 ff. als Vertheidiger auf, und'^ 
Troxler liess nun eine besondere Schrift: Die Geaammikoeksekid^ 
der Schweiz vnd die Vnivereitat Basel, [ Trogen, bei Maler «. Zuber- 
bachler. 1830. 8.] erscheinen, worin seine Vorrede, de Wetters Vet^ 
theidigung ond eine Duplik dagegen abgedruckt sind. Anch.dieei» 
Schrift enthält das Hauptsächlichste von der Geschichte der Univerin«- 
tat Basel , bezieht sich aber meist nur auf ihren jüngsten Zustand und • 
ist mehr wegen einer Reihe Bemerkungen allgemein pädagogiiche« 
Inhaltes beachtenswerth. Namentlich ist über eine zeitgemäeee Reform- 
der UaiverMtäten überhaupt manclies Treffende gesagt, vgl« Ifespenir 
1830 liL Beil. 18, Tübing. Lit. Bl. 1830 Nr. 119, Jen. LZ. 1831 Nr. 117. 
Gegenwärtig nun ist diese Universität in Fol^e der zwisefaenr Basel- 
Landschaft und Stadt- Basel vorgenommenen Theilung des Universi* 
tätsvermögen» für aufgelöst anzusehen, und dieses letzte Eretgniss bat 
folgende Schrift berVorgernfen : Verhandlungen über die Theihtngrfrage 
im Betr^ der Universität Basel vor der eidgeHÖsstsehen Theäungscommh^ 
siOR, als btstelUem Schiedsgerichte, Nach den Acten herausgegeben und 
mit Anmerkungen hegleitet [Heransgeg. vom Altbundes-Präsidenteii 
von Tscharner in Chur.] Erstep Heft, Aaraa, Beclc. 1834. VIII 
u. 1(9 S. 8. Sie enthält eigentlieli nur die gerichtlichen ViBrhandlun* 
g^» »her die bekannie Theilung und den erfelgten Gerichtssprucir; 
allein dieselbenr sind von einer Reihe vou urkundlichen Nachweisungeuf' 
begleitet, welche das Buch,, »bschon es an sich nur ein locale«- unil^ 
p4^1itisd» juristisches Interesse erregt, zu eiaer wichtigen Quelle für' 
die Geschichte der Universität Basel machen. Es liefert' gewisser** 
maassen zu der Lutzischen Schrift die urkundlichen Belege; übrigens 
ist es für die Leser der Jahrbb. von keiner Wichtigkeit, vgl. Hall. LZ. 
1^1 Nr. 19 u. 89, 11 S. 17 — 29, [ J a hn. ] 



in Pompeji hat man kur^ichi in einem Hanse^ hinter dem Teropelf 
der Fortuna wieder schöne Wandgemälde gefunden, weiche raedaillen* ' 
artig auf schwarzem Grunde aufgetragen sind und mei»t Opfer darstel*» 
len. — Pliniua sagt- im 27. Buche, seiner Naturgeschichte', dass der' 
goldhaltige Sand stet» auch Dlamanten.mil; »ich zu führen pflege, undl< 
fügt hinzu, dass diese Edelsteine nur- lo gewisseu Miaen Aethiopiensyi 
z«iiriieli0ii: dMn Tempel des Alerluur unddor IbmI Merad^ gefunden -wür- 



Bibliograptiii|cl|e B^ricl^te ujid Mbcellen. *. J0i 

den, dass man aber seitdem der^p auch in Indien entdeckt habe, lieber 
diese africaniöcben Diananien nvn i«t man bt« auf die neusten Zeiten 
im Zweifel gewesen. Allein vor kurzem bat H^ricart de Tliury in der 
Akademie der Wissenschaften in Paris aus mehrern Thatsachen den Be^ 
weis geführt, dass der Sand des Flusses Kumel oder fFad-el-Kebir bei 
Constantine (des Jmpaagß der Alten) nicht nur goldhaltig ist, sondern 
auch Diamanten enthält. Es ist dies zugleich eine Bestätigung für Hee- 
rens Behauptung, dass Diamanten ein HaupthandeUartikel der Kartha- 
ger nach £trurien gewesen seien. Tgl. Ausland 1834 Nr. 80 S. 320. 

[Jahn.] 

In Paris ist bei Didot in einer kleinen Anzahl von Exemplaren ge- 
druckt erschienen: Veland le forgeron^ dissertation sur une trudition du 
moyen age, avec lex iextes islandaia, anglosaxon etc., par Depping 
et Francisque Michel. [1834. 8.] Es ist eine Erörterung der 
Sage von dem Schmied Wieland und eine Sammlung aller auf densel- 
ben bezüglichen Stellen, welche in den isländischen und deutschen 
Sagen und in den auf denselben Sagenkreis sich beziehenden Hand- 
schriften der kon. Bibliothek in Paris sich vorfinden. Der .Text die- 
ser Stellen ist jederzeit wörtlich abgedruckt und mit einer französ- 
ischen Uebersetzung begleitet. [Jahn.] 



Zu Paris in der B.uchhandlung der Gebrnder Gaurn« wird der Dr. 
Ludw. von Sinner die gesammten IVerke des heiUgßn ChtyffoHonmB: 
griechisich und lateinisch in 13 Octavbänden oder 26 Lieferungea , djB<- 
ren jede 10 Franken. k(>stcn &oll, neu. herausgeben. Das Werk soll 
genau nach der bekannten Bened^ctiner- Ausgabe des ChrysostoBius ah--' 
gedruckt werden, und die Verbesserungen und Zusßtze, welche es 
etwa bringt, sollen nur als ein ausserweseotlicbes Acoeasit effscbeineit. 
Ebendaselbst bei Merlin wird eine Polyglotte Americaine , otk CoUection 
des grammaires et vocahulaires des langue» et dialectee d^ detuc Am^l^ 
ques , publide par M. Ue n.ri. Ternaux, erscheinen , welche, nach 
der Ankündigung alle die gedruckten und handschriftlichentAbhaiullun»^ 
gen, Grammatiken und Wörterbücher enthalten soll,, die übar die ver- 
schiedenen americanischen Sprachen u. Dialecte vorhanden siad» Voc*- 
läufig sind 19 americaniscbe , spanische und portugiesische, 1 lateini- 
sche, eine französische und eine deutsche Schrift genannt,, welche in 
der Sammlung abgedruckt werden sollen; allein Hr* Ternanx wird 
anch noch Alles hinzufügen , was er sonst noch erlangen kaum Die' 
Sammlung wird aus einer Reihe von. Quartbänden (ä 400 SO bestehen, 
deren jeder den Subscribenten 20, den spätem üäufera 30 Frunkea» 
lumten soll. [Jahn.] 



106 T o d e t r ä 1 1 e. 

Todesfälle. 

M.ni August Tor. Jahres stivrb in Jena der Doctor der Medicia Friedrich 
Wilhelm Josiaa Jacobs, Sohn des berühmten Humanisten Friedr, Jacobs^ 
durch eine kleine Epopöie der Ring in der Urania Ton 1821 und durch 
die Uebersetzung von Xenophons Buch über die Reitkunst in der gelehr- 
ten Welt bekannt. 

Im Januar d. J. zu Oxford der Professor der Botanik and Biblio- 
thekar der UadcIiiTschen Bibliothek Dr. Williams, im TI, Lebensjahre. . 

Den 16 Januar in Paris der bekannte Gelehrte Hachette , Mitglied 
des Instituts, früher Professor an der polytechnischen Schule. 

Den 17 Januar in Mailand der Ritter Giovanni Mdini, ehemaliger 
Professor der Physil' in Bologna und Mitglied des lombardisch - Tene- 
zianischen Instituts , in einem Alter von 70 Jahren. Er hat sich durch 
seine Verdienste um die angewandte Physik , durch Verbesserungen im 
Maschinenwesen und durch die Erfindung einer unzerstörbaren Asbest- 
bekleidung für Feuerarbeiter einen bleibenden Namep erworben. 

Den '16 Februar in Genua der Professor der Eloquenz und classi- 
schen Literatur Marco Gagliuffi, durch seine Uebersetznngen mehre- 
rer italienischen Dichter ins Lateinische rühmlich bekannt, und über- 
haupt in Italien einer der vorzüglichsten Kenner der latein. Sprache. 

Den 15 April in Rom der berühmte Hellenist Amati, Mitglied des 
philolog. Collegiums an delr dasigen Univerdität , im Jahre 1768 zu Sa« 
vignano geboren. 

Den 28 April in Liegnitz der Cantor Ernst Rosenhain wn Gymna- 
fiiam , in einem Alter von 58 Jahren, vgl. NJbb. IX, 231. 

Im Mai zu Freyburg in der Schweiz der gelehrte Chorherr Fon- 
taine , in einem Alter von 80 Jahren. 

Den 17 Mai in Prag der k. k. Rath und Professor, der Rechte Dr. 
Michael Schuster, 67 Jahr alt. 

Den 7 Juni zu Würzburg der Domcapitnlar und ordentl. Professor 
der Theologie Dr. Franz Nicol, Rötsch, 

Den 8 Juni zu Münster der Domdechant und ordentl. Professölr 
der Theologie Dr. Theodor Katerkamp, 

Den 9 Juni zu Schweinfurt der Professor der Mathematik n. Sub- 
rector der latein. Schule. Georg Philipp IVeinich. Tgl. NJbb. IX, 446. 

Den 10 Juni zu Heidelberg der ordentliche Professor der ange-, 
wandten Mathematik an der Universität , Geheime Hofrath Dr. Carl 
Christian von Langsdorf^ in seinem 78sten Lebensjahre. Er war am 
18 Mai 1757 geboren. 

Den 14 Juni zu Leyden der königl. Leibarzt Dr. Meinard Simon du 
Pui^ einer der ältesten und verdientesten Professoren der Universität, 
im SOsten Lebensjahre. 



Schal- Q. Unirersitatonacbrr., Beforderr. n. Ehrönbeidginigeii« IW 

Schul - und Universitätsnachrichten , Beförderungen und 

Ehrenbezeigungen. 

Ül^nabbrg. Das Prograram za den diesjährigen Osterprufungen im 
Gymnasium hat der Conrector Gust. Ed. Köhler ^ der dat erledigte 
Rectorat interimistisch verwaltet, geschrieben [32 (24} S. 8.], und 
darin vor den Schulnachrichten eine lateinische Abliandlnng, De är- 
tium elegantiorum * notitia adolesceniibua in gymnasiis nostris impertienda^ 
und ein im J. 1827 gemachtes latein. Gratulationsgedicht an den Rector 
Benedict mitgetheilt. Aus den Schalnachrichten erfährt man nach eini- 
gen biographischen und literarhistorischen Nachrichten aber den ver- 
storbenen Benedict, ausser dem Gewöhnlichen, dass zur Uebertragung 
der durch des Rectors Tod erledigten Lehrstunden der frohere Con-r 
rector der Anstalt und jetzige Bergprediger M. Schumann wieder eine 
Anzahl Stunden übernommen hat und die übrigen von den vorhande- 
nen Lehrern versehen werden. Man hat dazu einen interimistischea 
Lehrplan entworfen , welcher dem Programme beigelegt ist. Er giebt 
ruhmliches Zengniss, dass die vorhandenen Lehrer [s. NJbb. VIII, 237.] 
nach Kräften alle Bedürfnisse der Schule zu befriedigen suchen. 

Badbn. Die Reform des Schul- und Unterrichtswesens,^ 
von welcher im Grosslierzogthum , wenigstens unter den Schulmän- 
nern , seit der ersten Hälfte des Jahres 1830 gesprochen' wird , wo zu- 
erst die Kunde laut ward, dass sich die hohe Regierung in ihren bei- 
den Kirchensectionen mit einem allgemeinen Schulplane beschäftige^ 
tritt nun in umfassender Bedeutung ins Leben, Alle Zweige des öf- 
fentlichen Unterrichts sind einer Revision unterworfen worden , uro sie 
unter sich in sachgemässen Zusammenhang zu bringen , und sie sehen 
darüber besonderen Verordnungen entgegen. Den Anfang dieser neuen 
Organisationen machen 1) eine landesherrliche Verordnung über die 
Volksschulen und 2) eine .Vollzugsverordnung des Grossherzogl. 
Ministeriums des Innern über die Schulordnung und den Lehr- 
plan des Volksschulwesens. Die landesherrliche Verordnung umfasst 
57 Artikel in folgenden Rubriken: L Titel. Von den Volksschu- 
I6n im Allgemeinen. (Die Gegenstände des Unterrichts seien Re- 
ligion, deutsche Sprache, Schreiben, Rechnen, Gesang und andere 
gemeinnützige Kenntnisse aus der Naturgeschichte, Naturlehre, Erd- 
kunde, Geschichte, Gesundheitslehre, aus der Landwirthschaft und 
Geometrie, nebst Zeichnungsunterricht). IL Titel. Von den Volks- 
schulen im engeren Sinne (Elementarschulen ). 1. CnpiteL 
Verbindlichkeit zum Schulbesuche. Aufnahme (nach zurückgelegtem 
6ten Lebensjahre) und Entlassung (mit dem 14ten Lebensjahre bei Kna- 
ben und mit dem 13ten bei Mädchen, die gehörige Befähigung vor- 
ausgesetzt). 2. Cap. Befreiung vom Besuche der Volksschulen für die- 
jenigen, welche auf andere Weise den nöthigen Unterricht erhalten. 
(Privatlehrer, die keine Lehraratscandidaten sind, müssen sich exa- 
miniren lassen , and PrivatlehranstaUen stehen unter Staatsaufsicht), 



flO Schfll - «od UniTeriitätinacbricliteii, 

3. Cap. Von den SchiilTersäumnissen (Strafen von 2 — 12 Kr. für jeden 
Tag angerechtfertigter Versäumniäs, selbst Einsperrung der schuliJigen 
Eltern oder Pfleger). 4. Cap. Prüfungen der Schulen (jährlich zwei 
regelmässige und eine unbestimmte). 5. Cap. Von den Ferien (jede 
'Woche zwei halbe Tage ond jährlich noch acht Wochen). 6. Cap, 
Von der Schulordnung. 111. Titel. Von den Fortbildan|^8- 
ichulen. 1. Cap. Werktagsfortbildungsdchulen (im Winterhalbjahre 
2 — 4 Stunden für Knaben wahrend der ersten zwei Jahre nadh Ihrer 
Entlassung aus der Elementarschule). 2. Cap. Sonntagsschuled (für 
Knaben nnd Mädchen drei Jahre lang nach ihrer SchuleotlaMang). 
IV. Titel. Von den Schullehrcrn. 1. Cap. Zahl der bei den 
einzelnen Volksschulen anzustellenden Lehrer (bei mehr als 180 Schü* 
lern zwei Lehrer, oder auch drei und Tier, wenn sich die genannte 
Zahl der Schüler verdoppelt und verdreifacht) und Untcrrithtszeit deif- 
selben (in der Regel sechs Stunden täglich). 2. Cap. Anstellung, Ver- 
setzung und Entlassung der Schullehrer (Prüfung nnd dreijähriges 
Practikum vor der Anstellung. Auch soll der Ständeversaittmlung des 
Grossherzogthums im J. 1835 ein Gesetz vorgelegt werden, worin 
die Bestimmung enthalten sein wird, wie viel nach der Verschieden- 
heit der Gemeinden der geringste Gehalt eines Schullehifers betrag^eil 
soll, nnd auf welche Weise die erforderlichen Mittel aufzubringen sind). 
3. Cap. Von Anstellung .des Hülfs^lehrers. (Kein Schnliehrer daif erattn 
Schulgehülfen, Provisor, Präceptor oder Unterlehrer selbst annehmen; 
Der geringste Gehalt eines Hülfslehrers besteht in jährliehen 30 Gnlden 
nebst freier Kost, Wohnung und Wäsche). V. Titel. Von den Attf- 
sichtsbehdrden über das Volksschulwesen. 1. Cap. Von 
dem Ortsschulinspector (der jeweilige Ortspfarrer, mit einem Tag^bnch 
über das , was er selbst und was der Schnliehrer in der Sehnte thnf); 
2. Cap. Von dem Schulvorstande (wieder der Ortspfarrer als Ortsschnl- 
inspector nnd der Bürgermeister, mit den Mitgliedern des Kirchenge- 
meinderaths bei den Protestanten, mit den Mitgliedern des SCiftnngs- 
Torstandes bei den Katholiken, und mit den Mitgliedern des Synngn- 
genraths bei den Juden, nebst dem Schullehrer). 3. Cap. Von denk 
Bezirksschulvisitator (für jeden Amtsbezirk ein auf sechs Jahre wählbar 
rer Geistlicher, der in dem Bezirk angestellt ist. Die sogenannten lan- 
desherrlichen Decanatc als privilegirte Schulvisitationsstellen haben dem«** 
nach ihre Endschaft erreicht). 4. Cap. Einwirkung der Kreisregierun* 
gen (bei Errichtung einer neuen Schute oder Aufhebung einer bestem 
henden, bei Veränderung in der Zahl des Lehrerpersona-Is , bei Anf^ 
Stellung besonderer Ortsschnlinspectoren nnd Schnlvorstände , bei Fr* 
nennung der Schulvisitatoren). 5. Cap. Von der Oberschulbehörde (in 
Beziehung auf sämmtliche dem erangelisch -protestantischen Religion»- 
theil angehörigen Schulen die evangtsiische SÜifisterial-Kirchen-Sectioil', 
und in Beziehung auf die Sehnlen des katholischen Religiotisthcfil* die 
katholische MInisterial - Kirchen - Section , für die israelitischen 9ehnlcni 
aber der israelitische Oberrath). Neben diesen Behörden besteht nocft 
eine OberschuleonPerenx, die svstmwengesetkt ist antf^rwei geivf« 



' . * I 

Bef5«deraiig«n und £hreiilieieigai|ptii. 111 

Itclieii Mitgliedern Ton einer jeden der beiden Ministerial- Kirchen - 
Sectionen und aus zwei weiteren Schulmännern in CarUruhe, einem 
KAtholiken-nämlich und einem Protestanten. Der Wirlcnngskreis dieser 
Oberschulconferenz als selbststandiger Stelle uroFasst a) die Berathung 
and den Entwurf aller das Volksschulwesen betreffenden aflgemeinen 
Verordnungen , soweit solche nicht hinsichtlich des Religionsunterricht« 
zum Wirkungskreis der Kirchenbehorden gehören, zur Vorlage an dai 
Ministerium des Innern; b) die Beaufsichtigung und Leitung der Schul- 
lehrer- Seminarien in Bezug auf den Unterricht; c) die Beaufsichtigung 
uud oberste Leitung gemischter Schulen und die Genehmigung der neuen 
Errichtung einer solchen. Zudem hat die Oberschulbehörde den gut- 
achtlichen Ausspruch der Oberschulconferenz als maassgebend anzuneh- 
men , so oft es sich um Genehmigung einer Privatlehranstalt oder am 
Erklärung einer solchen zur öffentlichen, um Genehmigung der Clas* 
eeneintheilung oder eines besonderen Lehrplans für eine Schule, oder 
um die besondere Bildung eines eigenen Schulvorstandes für eine sol«- 
che handelt, endlich wenn sich bei der Oberschulbehörde aus was im- 
mer für einer Veranlassung, insbesondere bei Erledigung der Schul- 
visitntions- Protokolle, eine Meinungsverschiedenheit, oder irgend ein 
Zweifel über die Auslegung einer das Volksschulwesen betreifenden 
Verordnung^ oder überhaupt über eine allgemeine Frage in diesem Be- 
treff ergiebt. — Die Schulordnung und der Lehr plan, wel- 
ehe zur vorausgehenden landesherrlichen Verordnung über das Volk»- 
fchnlwesen gehören, umfassen in 55 Artikeln folgende Gegenstande: 
I.Abschnitt. Schulordnung. 1) Eintheilung der S-chuler in 
Classen (drei oder mehrere Classen , jede mit zwei Abtheilungen 
und jede getrennt von der andern zu unterrichten) , und zwar a) wenn 
nur ein Lehrer, b) wenn zwei Lehrer (Haupt - u. Hülfslehrer), c) wenn 
.drei, d) wenn vier oder mehrere Lehrer, beziehnngsweise Hülfslchrer, 
angestellt sind (bei mehr als einenn Lehrer sind nur die Anfangssohüler 
und Mittelschüler bei vereinigten Geschlechtern, aber die obc« 
reu Schüler hei getrennten Geschlechtern, jedes Geschlecht in ei- 
ner besondern Classe zu unterrichten). 2) Aufsteigen der Schä- 
ler in eine höhere Classe (mit Berücksichtigung des Grads der 
Befähigung, jedoch, auch des Altera und der etwa geringen geistigen 
Anlagen). 3) Von der Schulzucht und den Beförderungs- 
mitteln des Fleiases. (Schulgesetze sollen verlesen und angeschhi- 
gen werden. In der Regel keine Prämien. Die Rutbe ist bei beharr- 
lichem böswilligen Widerstände erlaubt. Der Schullehrer bestraft nur 
die Vergehen, welche sich ein Schüler in der Schule oder gegen an- 
dere Schüler auf dem Schulwege zu Schulden kommen lässt.) 4) Eia- 
riehtung d«r Schulzinimer. lü. Abschnitt. Lehrplan. 1) All* 
gejneine Bestimmungen. 2).Ueker die einzeln en Lehr- 
gegen stände, a), Rcligionsunterridit; b) Sprach- und Scbreibojiter- 
licht; c).Grösseolehre; d) Gesangonterticht ; e) Unterricht in den Ne-* 
henfaoherB (dieOfa'erflchulbehörde schreibt die betreffenden Lehrbücher 
nor.)« ä) V.erthQ4lii»([^ des Untereicht» auf die eiotzelneii 



112 tScIml - und Unifersitätsnachrichten, 

Lehrgegenstände. (Den Stnndenplan hat der OrtsflchaliDBpector 
gemeinschaftlich mit den Lehrern Tor dem Anfang eines jeden Schul- 
halbjahres für dieses Schulhalbjahr zu entwerfen , und für diesen Stun- 
denplan jedesmal die Genehmigung des Bezirks -SchulTisitators einaa- 
liolen). 4) Unterricht in den Fortbild nngssichalen (nadi 
Werktags - Fortbildungsschulen und Sonntagäschulen , und swar für 
männliche and weibliche Jugend besonders bestimmt). [^«l 

Baibrx. Ueber die Vorbildung für das Lehramt an den Gymna- 
sien und lat. Schulen erschien folgende allerhöchste Verordnung 
im März 1834. — A. Da die Lehrer der lat. Schule ihre Schaler 
durch je zwei untere und je zwei obere Classen mit sich fahren SAllen, 
so haben die Lehrer je zweier Classen besondere Prüfungen zu beste- 
hen. Von den Lehrern der beiden untern Classen wird gefordert, dam 
sie mindestens dasGjmnasium, und Ton denen der zwei obem, dass sie 
wenigstens einen zweijährigen philosophischen Curs Tollstandig absol- 
▼irt haben. Ferner sind sie gehalten, in der Kreishauptstadt eine von 
dem Gymnasial - Rector und sämmtlichen Professoren za haltende Prü- 
fung zu bestehen. Die Fordemogen an die Candidaten der beiden un- 
tern Classen sind: 1) Sicherheit in der lat« Grammatik, besonders ia 
der Etymologie; fertige Erklärung des Caesar, Corn. Nepoi und der 
Metamorphosen des Ovidins; 2) Kenntniss der deutschen Sprache; 8) 
Kenntniss der Lehren des Christenthums , der Arithmetik, Geographie, 
der allgemeinen Geschichte, bes. Deutschlands und Baierns; Anfangs- 
grunde der Naturgeschichte; 4) Kenntniss der Pädagogik und Didaktik; 
5) Fertigkeit in der Kalligraphie. Die an die Candidaten der beiden 
obern Classen zu machenden Forderungen sind: 1) Kenntniss der lat. 
Grammatik im ganzen Umfange, Uebung in der Metrik, Gewandtheit 
in Erklärung von Stellen aus Cicero *8 Briefen und Reden , aus Phae- 
druf, den. ersten Buchern des Livius, den Fastis desOvidius; 2) Si- 
cherheit Im etymolog. Theile der griech. Grammatik, Kenntnbs der 
▼ornehmsten Gesetze der Syntax, fertige Erklärung von Xenophon's 
Anabasis; 3) Fertigkeit im deutschen Stile u. der Verskunst; 4) ausser 
dem, was im untern Curse in den Realien zu leisten ist, noch Kennt- 
niss der Litteraturgeschichte und alten Geog^phie« Die Candidaten 
haben ausser der theoretischen Prüfung auch eine praktische nach zwei-^ 
jähriger Schulpraxis zu bestehen. Die Anstellung der Lehrer bleibt 
dem k. Staatsministerium übertragen. — B. Von den Gymnasial- 
Professoren wird ein vollständiges adademisches Stadium gefordert. 
Die theoret. Prüfung wird alle zwei Jahre in den drei Universitätsstäd- 
ten vorgenommen. Was diese Prüfnng betrifft, mnss der Candidat 
nachweisen , dass er während seiner ganzen Studienzeit die Lesung der 
Classiker fortgesetzt habe, und zugleich darlegen, durch welche Bü- 
cher er seine Kenntniss in den einzelnen Zweigen der Alter thumswis. 
senschaft, als Mythologie u. A. erweitert habe. Die Prüfnng besteht 
theils in mündlichen Fragen , theiis in sdiriftlichen Aufgaben. 1) Die 
Prüfung aus der lat. und deutschen Sprache und zwar a) Uebersetznng 
ichwieriger SteUen aus einem für das Gymnaaiam vofgeacIiriebeiieJl 



Clütsiker; b) Ueberietien ans iem DevtidMB ia das Latrfniniüi 
c) Ausarbeitung eines Stoffes in Versen, ferner eines redaeriscbea 
Stoffes in beiden Spracben; 2) die Prafang ans der griedt, Spracbt 
«nd zwar a) Uebersetanng eines Classikers ia's Dentscbe; b) Veber- 
aetsnng aas dem Deutschen in*s Griechisohe ; 8) Prüfung aas dem H^ 
braiscfaen; 4) ans der Logik,* Metapbysik and Anthropologie} daaa 
aas den Aafaflgsgrunden der Matbematik and der Natarwissenscbaftea; 

6) Prüfung aus der Rhetorik ; 6) aas def Gesehiehte uad Geograpbiai 

7) aus der Pädagogik und Didaktik; 8) ans der Encyclopädie and Bla- 
thodologio der philol. Stadien ; 9) ans der Beligionslebre. Die HälCU 
der Anfgabea mnss ia lat. Sprache geschrieben sein. Die Beffahigaag 
anm Lehramie sprechen zwei Notes ans, 1) ansgezeidniet, 2) befähigt 
und -^ 8) nicht befähigt. Die praktische Prüfung findet ebenfalls aa 
den drei Unifcrsitäten statt, und swar durch die Professoren der ba« 
treffenden Facaltaten aad zwei Gymnasial - Rectoren oder Professorea» 
Zudem wird jenes Buch, jener Dialog, oder jene Tragödie, auf weldM 
aich die Prüfung gründen soll, mindestens 8 Monate Toriier bekannt 
gfbmacht. Zugleich mnss in der Note jener Cnrs (der zwei obeni oder 
der zwei untern Classen) bezeichnet werden , für weldie der Candidat 
Torzuglich geeignet erscheint. — C. Die Zulassung für das Lehramt 
an einem Lyceo ist durch den Beweis eines Tteijäbrigen bohora 
Studiums , endlich durch Studium oder Geborthaben anderer für das 
specielle Lehrfach gehöriger Wissenschaften, vorzüglich aber der Pä- 
dagogik und Didaktik und Encydopädie der Gjmnasialstudien , ferner 
bei technischen Wissenschaften durch einjährige Praxis bei einem o^ 
fentlicben Lehrer bedingt. Der Concurs wird alle drei Jahre aa dea 
drei Universitäten gehalten, Nuu folgen die Anforderungen , weldia 
man an die Adspiranten eines Lehramts ia der Philosophie, Philologie, 
Geschichte, Mathematik ttod den Naturwissenschaften, ferner ia dar 
Theologie macht , welche aber hier auszuführen: zu weitläufig vära. 
Wer nach erstandener Prüfung am ein Lyceallebramt sich bewirbt^ 
mnss durch Zeugnisse die mit Erfolg bestandene Coneursprüfang aad 
Frivatpraxis und überdiess noch nacfawelsea , daSs er den pbilosopbi- 
schen oder theolog. Doctorgrad sich erworben habe. AusgeaeichBele 
Gymnasial- Professoren und Privatdocenten sind Ton der Prüfung be- 
freit und haben ihre Tüchtigkeit für das nadigesudite Lehramt nur 
durch ein Colloquium mit einigen bierza beauftragten Universitäts - Pro- 
fessoren zu bewähren. Im gegenwärtigen Aagenblioke , wo für die 
neu zu errichtenden Lyceen die mit Tovschriftsmässigen Erfordernisse 
ausgestatteten Lehrkräfte nicht gewonnen werden könaea, soll voa 
den genannten Vorbedingungen ia so weit Umgang genommen werden, 
dass nur die materielle Seite für die einzelnen Lehrsparten in Et- 
wägung gezogen, die Art der Nachwelsuag aber den Candidaten aa- 
heim gegeben wird , insofern der Staatsregierung nicht sdion ia ande- 
rer Weise die nothige Gewälirschaft der Anstellfäriigkeit gegebea ist, 
in welchem Falle auch diese NachweSsang erlassen wird^ — Aas dia- 
•ea hier uiitgetheilten Modificationea des letzten aad aaaeatea Schal* 

N. Jahrb. f. Fhü, u, FM. od. KrU. Bibl. Bd. XI K/T. S. 8 



fl4 Schal- nnA U&iferiitalinacliTichftaiiy 

planes mdgeii die Scbalmanner def In - und Auslandes ersehen, an wel* 
che Hoffnungen sich das baierische Schulwesen knüpfe; in jedem Falla 
bieten sie Stoff zn den interessantesten Betrachtungen. [^.J 

BABOiEBa. Der bisherige Subrector der lateinischen Schule, Jos. 
Hmitf wurde seiner Stelle enthoben, worauf jenes Amt dem Gjmiia- 
•ialrector l>r. Steinruck wie früher übertragen worden ist. Femer eafc- 
tagte der K. Stadt- und Kegierungs- Commissär Geiger, Kraakheitsluil- 
ber, und Üf. Sippel, früher Polisei - Commissar au München, trat aä 
feine Stelle. Die kon. Studienanstalteh können sich sa dieser EroeiH 
tiung Gluck wünschen , da sich Hr. Sippel bisher in allen sainen DiaBot» 
Verhältnissen als ein Mann von seltener Humanität u, Umsicht bewalift 
hat. Hr. Dr. Scbriefery bisher Collaborator an der iat. Schule, wird 
an der Gewerbschule verwendet. Künftig sollen wo möglich die Sab- 
rectorate allerwarts wieder aufgehoben werden, weil man die Erfab^ 
rang gemacht hat, dass eine Theilung der Oberaufsicht selten loa 
Bessten der Anstalten ausschlägt. [^O ' 

BavcHSAL. Seit dem Abgang dos Prof. Dr. Reidd an die Uaiireni. 
tat FaxTBCBO (s. Rastatt.) snpplirt an dem hies. Gymnasium der geistL 
Lehramtscandidat iSc^erm , gebürtig BUS Freybnrg im Br. [W.] 

DäBSBBN. Das dieij ährige Osterprogramm der Kreuaechola [ Dre»- 
ien, gedr. b. Gärtner. 1834. 43 (32) S. gr. 8.] enthält als ^VFissenschaft- 
liche Abhandlungen: Editionis Horatii a ChrUt, David, Jtmi carari coe- 
ptae ahsolvendae specimen novum vom Rector Chr, E, Äug, Gröbdj wel- 
ches die erste Satire bebandelt, ganz in der Weise gearbeitet ist, wie das 
vor iwei Jahren erschienene und in den NJbb. IV, 473 angeieigte ersta 
Bpecimen. Aus den Schulnaehrichten finden wir nur zn erwähnen, dass 
der Collaborator M. StegUch [s. NJbb. Vit, 347.J am Schlosse des J. 1833 
Director des Fletcherschen Schullehrer - Seminars geworden und statt 
•einer der Candidat Eduard Kretxschmar (geb. in Altleisaig bei Grimma, 
4en 21. Mai 1808.) als Collaborator bei der Krenzschula aagestellt ist. — 
Dia Blöchroannische Erziehungsanstalt und das damft ferbundene Viti- 
tham'sehe Geschlechtsgymnasium liatza Ostern d. J. bloss einen Studien- 
^fam fardas Sommerhalbjahr u. ein Schülerverzeichniss bekannt gemacht« 
Indem erstem herrscht das Realprincip gewaltig vor. vgl. NJbb. V11I,47L 

IMssBLnoav. Der Oberlehrer Ditrst am Gymnasium ist mit einer 
•Pension -toh 500 Thlm. in den Ruhestand versetzt worden. 

FaAnKRBica. Für den öffentlichen Unterricht ia ganz Frankreich 
sind tau« 1 Mill. «00,000 Fr. ausgeworfen. FreUieh hat sich die Zahl 
Mier Schulen vermehrt (denn 1831 aählta man deren 30,706 , und jetat 
schon 45,110); aber immer ist noch ein'Viertheil aller Gemeinden 
in Frankreich ohne alle Sdiale^ noch besucht die Hälfte aller Schüler 
iiA Sommer die Schule nicht; noch lernen von den 4,802,356 Kindern 
▼on 5 — 12 Jahren nar 1,880,000, also etwa ein Dritttheil, lesen, und 
▼an den 88 Millionen FraBZOsen , welche Frankreich bewohnen , ist für 
20 MIHionen ein fineh eia gani versehlossener Schatz! — Die von 
i«r Ptfriser Akademie der Wissensebäftaä aber das DieUomaire de l^Aott- 
Üoi^i aM ei ya s atata Caoonssiaii hal ia iivam Benchta angeaeigt, dam 



dDvDroek sehr weit forgeschriUen , ein Theil vb4 die Hitfte im 909^ 
ten bereits itereotjpirt , und beide Tkeile, woran« das Gast« bettehlt 
spätestens im Juni 1835 beendet sein würden« [ Si. ] 

' FaBiBBA«. Die vier untern Clasten der dasilgan Schitle , wddM 
•thpn seit niehnern Jahren mit den Tier GyamaNaicIasten in eioeni •«!« 
loclreren Verbände stehen und rein dem bnrgerlidien Unterrichte ange- 
boren » sollen jetxt gans Tom Cryninasiam getrennt nnd i« einer eelbil* 
•tändigen Burgerschuh» umgesehaffen werden. Ans denii L^hrerpef«»- 
nale ist am Ende des Tor« Jahres der ffänfle Lehrer nnd Halfspcediger 
nm Dum Karl FürdU^gPU Naumann [ s. Jbb. IX, 24», } geschieden nal 
Pfarrer in Qberbobritssch geworden. Seine Stelle am Gjnnnaslniii Ter» 
waltet interimistisch der achte Lehrer J^gbtü, und die Schaler, wel» 
che in die unterste GyqMiasialclasse anCrneken wollen und demnach den 
Frogymnasium bildeten, unterrichtet der Candidat IKchvdk [■• NJhlh 
Till, 119. ] im Lateinischen. Die achte Lehrerfidle wird Ten des 
Schulamtscandidaten TVonJImer Tersehen. 

Frbyburg im Breisgau. Die Erwählung 4es PveL !(«• Ml nH 
Prorector dec hiesigen UniTorntät für das Studieiuahr Tmi Ostern 19SA 
bis dahin 1835 hat die Grosshenogl. Bestätigung erh%Uen» und dem 
»nnraebrigon Exprorector, Hofr. n. Prof. Dr. B^k^ ist der Charakter 
eines Geh. Hofraths iterliehen worden, s. NJbb. Vl|, 34^11: [WO 

GöTTiNGBif. Die Zahl der in diesem Semester apf hiesiger Un^ 
Tersität Stadirendeo beläuft sich auf 860 (sie hat sich demnach um 24 
Termehrt). Von den Neuangekommenen studirep 58 Theologie, üß 
Jurisprudenz , 50 Medicin und 58 Philosophie. 9ie ^h( sammtUcher 
Lehrer in den Tier Facultäteq beträgt 80, |iviil>oh 48 Professoren und 
41 PriTatdocenten. : — Am 20. Mai fand die Feier der lirianemng •» 
die Tor 50 Jahren erfolgte Dootor - Promiotion des ]9efrathe Bitteie 
Heeren Statt. Die Deputation der philoseph. FacullfU überreichte ÜMH 
das erneuerte Doctor - Diplom » und eile Gekhrte u. Behörden heeilevr 
ten sidi, ihm ihre Verehrung und Liebe an den Tag au. legen, {S*] 

Gbiechbklanb. Auf dem Scblachtfelde Ten (Phareiieia ist der e^ 
lossale Löwe wieder ausgegraben worden., welchen die Thehaner dftvi 
suro Andenken ihrer gefallenen Landsleute erriehteten. Qas Denl^mtl 
soll wieder hergestellt werden. . Auf Zea» Kydne« n. Dolos sind mehrere 
Alterthümer gefunden und in das kdnigl. griech. Mn^eum geliefert wet^ 
den, darunter in Zea eine Büste npit der Vnter»chrift: TMENAJ^ 
SOWKAEOTS TOT HFAKAEIJOt^' 

HBU|Bi.BBEe. Die Wahl de» Geh« HofceÜM «nd Profemorf Vir« 
CheUu» cum Prorector der hiesigen Unirersität f^r den Studienjahr fpn 
Ostern 1834 bis dahin 1835 hat die hecJMe 8e8tätHPM>g erbaUee- — - 
Dem Musiklehrer an der Vei^emtäll, U»n^w4 Mrwiuer^ lat der 9hir 
rakter als akadenrischer M^ifikdJMrecitor TerUel^epi werdef. [ W« } 

Leipzig. Bei der UniTersität hehee für da« latifeede SonpipieK- 
halbjahr 05 akademische Lehrer, nänilich U^ der theologischen Feil- 
tet 6 ordentliche u. 8 aussererdent)|c|he Prolwvoren nn43 ßaec^lepire^» 
itt der JuriiHichen 5 eindeatl* i. 5 AUMurerdentL Prefft 9 l)a^r«A PiM 

8* 



116 Schal -and Univerf itatf oachrichtan, 

1 Baccalaureus , in der roediciDifchen 10 ordentl. n. 7 ansserordentl. 
Proff. und 9 Doctoren , in der philosophischen 10 ordentl. u. 11 anM.er« 
ordentl. Proif. , 12 Privatdocenten und 4 LecCoren Vorlcinangen ange- 
kündigt. Diese Zahl der akademischen Docenten weicht gegen den 
Tarigen Winter, wo noch von Hl verschiedenen Lehrern [s. NJhh. 

VIII, 477. ] Vorlesungen angekündigt wurden, bedeutend ab. Die Ver- 
ringerung rührt aber hauptsachlich daher , dass in Folge der strengn- 
ren Forderungen , welche nach einem Ministerialrescript vom 12. Man 
1888 an die akademischen Privatdocenten gemacht werden, in der Ja- 
ristischen und medlcinischen Facultät eine Anzahl Baccalanreen von dem 
Rechte , akademische Vorlesungen zu halten , ausgeschlossen worden 
sind. Das Ministerium scheint bei dieser Maassregel den mehrfach aus- 
gesprochenen und leicht begreiflichen Grundsatz beachtet an haben, 
dass viele Privatdocenten einer Universität leicht mehr schaden als nü* 
tien ; aber es hat verständiger Weise die Verringerung nicht durch Veiv 
böte, sondern nur durch die Forderung herbeizuführen gesacht, dass 
diejenigen , welche diesen Weg betreten wollen , erst in einer zweck- 
mässigen Prüfung der betheiligten Facultät ihre Tüchtigkeit beweisen. 
Ans der theologischen Facultät ist der ansserordentl. Professor der Phi- 
losophie M. E, Fr, Höpfner geschieden und Prediger geworden, vgl. 
NJbb. VllI, 477. Dagegen ist vor kurzem der ansserordentl. Professor 
M. Ferd. Flor, Fleck von einer literarischen Reise durch Frankreich, 
Italien und Sicilien zurückgekehrt und hat, da er inzwischen seines 
Amtes als Custos bei der Universitätsbibliothek enthoben worden war, 
einen Jahresgehalt von 300 Thlrn. erhalten. Ferner ist dnrch Mini- 
sterialrescript vom 17. März dem bisherigen Pastor und Professor der 
hehr. Sprache an der Fürstenschule in Meissen Dr. uiug, Jjudw, Gottlob 
Krehl die nenbegründete Stelle eines Universitätspredigers und ordentl. 
Professors der praktischen Theologie zugleich mit dem Directorium 
über das neuerrichtete homiletische Seminar übertragen and ihm ein 
Jahresgehalt von 1200 Thlrn. ausgesetzt worden. Derselbe hat sein 
Amt bereits mit dem Beginn des Sommersemesters angetreten. Die 
juristische Facultät verlor am Schlüsse des Winterhalbjahrs durch den 
Tod den ansserordentl. Professor Dr. C. Joh. Alb, Kriegd, vgl. NJbb; 

IX, 328. Dagegen hat am 1. März der M. Roh, Schneider (ans Schleis), 
nachdem er am 20. Febr. dnrch öffentliche Vertheidigung seiner Schrift: 
QuaestioRfif» de Servio Sulpicio RufOj juriconsvito RomanCy 5pec. /. 
[ Lpz. , gedr. b. Melzer. X u. 102 S. gr. 8. ] die Würde eines Doctors 
der Rechte erlangt hatte , dnrch öffentliche Vertheidigung des Spec. II. 
[Ebend. VI u. 32 S. gr. 8. vgl. Gersdorf's Report, d. Lit. 1834. I, 8 
S. 474 f. ] und durch die erforderliche Probevorlesung über die Into- 
stat- Erbfolge nach älterem und neuerem rdm. Rechte sich die Rechte 
eines juristischen Privatdocenten erworben. Von den Docenten der 
medlcinischen Facultät ist der ausserordentliche Professor Dr. Gustav 
Kunze auf einer literarischen Reise abwesend. In der philosophischen 
Facultät hatte der Privatdocent M. ^iiton N^esfermaTm am 28. December 
TOr. J. die ihm übertrageneaaMerordenlliclie Professor [NJbb. IX^ 119.] 



B«f6rd«rMog«ii und £hre«b«««igtt»f#ta. Uf 

durch eine Rede de wu leetionia ortamrum. Jükörum angetreteB «nd «• 
ibrer Anhörung durch eine Commentaiio de AeeMnie oraiimie udoemn 
Ctesiphantem [Leipz., gedr. b. Haack. 20 S. 8.] eingeladen. Untev 
dem 19. März d. J. aber ist derselbe an des ▼erstorbenen Beeh Stell« 
sum ordentlichen Froressor der griech. und röra. Sprache u. Lüeratuv 
mit einem Jahresgelialte von 7(M) Thlm« ernannt worden und hat an» 
Antritte dieses Amtes am 9. Juli seine CommeniaUo de lUibuej qum» De* 
fnosikenes oravit ipee [ Leipz., gedr. b. Haack. 126 S« gr. 8. ] iffentlidl 
vertheidigt und am 12. Juli die gewöhnliche Antrittsrede de oroftomfriit 
quae legtuUur in Graecis Römanisque hisioriamm »eripterikua gehaltea« 
Am 14. Mai habilitirte sich der M. Herrn, Gustav Hölemann (ans Baud« 
bei Grossenhayn) durch Vertheidigung seiner Inaugnral- Dissertation t 
- De BibUorum Dinteri ingenio exegetico , sive interpretationie epiatolae. ad 
PhiUppenscs Paulinae specimina ac symbolae, Part, L [ Leipz. , gedr. b. 
Staritz. 22 S. gr. 8. ] als Privatdocent in dieser Facultät. Am 17. Mai 
aber verlor die Universität den ordentl. Professor der Physik M. Hehr* 
Wüh* Brandes [vgl. NJbb. IX, 322.] , welcher zugleich in diesem Jahr»' 
das Rectorat Terwaltete. Eine kirchliche Gedächtnissfeier des Vetu 
•wigten wurde am 1. Juni in der Universitätskirche gehalten, wozn 
der Professor und Comthur Dr. 6. Hermann durch das Prog^nmi s 
Exsequias Henr, Guil. Brmndesii in summo magistratu aeademieo fato 
fimcti • • • . eelebrandas indicit Rector svffectus [ Leipz., gedr. b. Stariti. 
20 S. 4. ] eingeladen hatte. Das Programm giebt eine treue und sch5a 
geschriebene Charakteristik des Lebens und. Wirkens des Verstorbenen, 
schildert dessen Bestrebungen u. Verdienste als Gelehrter und als Lelk- 
rer und Bector der Universität, und bietet nebenbei noch allerlei be- 
achtenswerthe Bemerkungen und Winke über das Universitätswesen und 
die gegenwärtige Richtung der Zeit, an demselben zu rütteln und i» 
ändern. Das ganze Programm ist bereits wieder in dem eben erschie* 
neuen fünften Bande von Hermann! Opusculis S. 227 ff. abgedruckt. 
Das Rectorat der UniTersltät ist dem voijährtgen Rector magnificna 
Prof. Dr. JV^ Andr, Haase aufs Neue übertragen worden. Schon ¥01* 
Brandes Tode hatte der ordentl. Professor der theoretischen Philoso* 
phie Dr. fi^lh, Traug. Krug, Ritter des CVOrdens, in Folge früherer 
Stipulationen nach 25jähriger Dienstzeit um Emeritirung nachgesucht 
und war unter dem 1. Mai seiner Professur mit einer jährlichen Peii« 
sion von 1000 Thlrn. in der Weise enthoben worden, dass er als Pro- 
fessor honorarius noch ferner Vorlesungen hält und als Ehrenmitglied 
an den Sitzungen der Facultät und des akadem. Senates TheÜ nimmt. 
Die Lehrstelle der theor. Philosophie ist zur Zeit noch unbesetzt Der 
Grossherzogl. Hessische Geh. Rath etc. Professor Pölitz ist unter dem 
4. ^aa. d. J. von der nenbegründeten Classe des Kön. Instituts zu Paria^- 
Academie des sciences murales et politiques , zum Correspondenten der 
Section der Staatswirthschuft und Statistik erwählt worden. Die DI- 
rection des seit Beck's Tode verwaisten philologischen Seminars ist vor 
kurzem dem Prof. Dr. Hermann gegen eine jährliche Remuneratiott 
von 100 Thlrn. übeftngen und dasselbe. in. der Webe gestaltet woi^ 



m 6eh«l-mM4 UnlTertitmttBachrichtva,' 

dim, daii «t, abgMondert TOB der «nter detselben Gelehrten Leitung 
•eihon seit einer langen Reihe von Jahren bestehenden und ruhmlieh 
bebannten Oriechifchen Geselkcbaft, einen Verein Ton 12 jnngen Phi* 
Iblogen bdden lollf welche in awei Abtbeilungen im Erblaren griechl- 
•eher a'nd lateitahdier SchrSTtsteller genbt werden. Die Uebnngen find 
iffenttieh and können auch Toa andern Stndirenden besucht werden. 
IHe griechiicheB Uebnngen wird der Prof. Hermann gelbet leiten; die 
latdinifdien aber stehea unter der Leitung des auMerordentl. Prof. Bf. 
lieMiJbold Eloig, dem dafür neben einem Jahretgehalte Ton SMThInk 
ebenfallf eine jahrliche Remuneration tou 100 Thlm. bawiUlgt wordaa 
ift. Weitere Nachrlchtea über die Gestaltung findet maa in dem Pro« 
gramm : Regii Seminarii philologiei itMtauraihnem indieit direet&r O»« 
dk/r. ffenaaRiiiit [Leipa., gedr. b. Starlix. 28 S. 4. ], in weiehe« att» 
gleich eine geiftreiche «und gediegene Diuertatio de ofßeiü imterpretU 
äalhalCen ist. Eiae Nebenabtbeilnng dieses Seminars, die JeÜach aiehC 
ia dda lAimittelbaren Verband gehört, wird die you demansseroidead« 
Professor M. Ueof. GaUk, Weiike errichtete antiquarisch »arehiologiseho 
Gesellschaft bilden. Der letxtere hat vor knnem eine Otohaltraalago 
TOB 1(M) Thlra. erhaltea. Es erg^ebt sich übrigens, dais durch dib 
erwähaten philologischen Gesellschaften für die Bildaag nnterdr Jungen 
Philologen reichlich und allseitig gesorgt ist, und es bleibt nur aodi 
der Wunsch, dass zu speciellerer Vorbereitung fnr das Schnllebsia neben 
}eBea Gesellschaften noch ein pädagogisch - praktisches Seminar errich« 
let werde. Denn obschon die beste Vorbereitung fürs Lehramt in tneh- 
tiger Erlernung der Wissenschaft besteht , so reicht dieselbe, doch al« 
leia nicht ans, und Wohl jeder Schulmann hat die Erfahrung geoMcht, 
dass angehende Sohülleote bei Torsnglichen KehntnUsea doch aicht 
•eitdu einen aiemlicfaen Theil ihres ersten Amtslebens im Probiren Yeri- 
•chwenden , weil sie weder die Wissenschaft methodisch aniugreife« 
noch a|i d^r besdiräakten Fassungskraft deis Schülers sieh herabaustim« 
BMU Torstehen. Da übrigens die Staatsbehörde die Erriehtnng ^inea 
beeondem homiletischen Seminars fnr junge Theologen als nöthig er- 
achtet hat, obschon bei der Universität schon seit langem mehrere 
Predigergesellschaflen bestehen; so wird sie jedenfalls auch diesem 
Mangel bald abauhelfen soeben. Von andern in der Einrichtung der 
Unlrersit&t neuerdings getroffenen Ver&ndernrigen erwfthnen wir noch, 
dass die Verwaltung des Universitatsvermögens seit dem'Anftinge die- 
iOi Jahres nicht mehr Ton der Universität selbst besorgt whrd , sondern 
unter der uamittelbaren Aufsicht diss Ministerinme des Cultns steht. 
Uelier den Inhalt der oben erwähnten Programme dber und' über eioiga 
andere neaerschienene UniTersitätsschriften wird nächstens ausfnhrlicher 
berichtet werden. -^ Am 2&. Decbr. Tor. J. feierte der Pastor aa* der 
Mesigea Nicolaikirche sein funfaigjähsiges Amtqubiläum , und erhielt 
bei dieser Gelegenheit Ton Sr. MaJ. dem Könige und Sr. Kon. Hoheit 
dem Prinzen Mitregenten das Ritterkreuz des CVOrdens, Ton dem Stadt- 
magistrate einen BrIiUntrIng. Die hiesige Geistlichkeit gratnlirte ihn 
daaeh aiaett vom SapetiBtaBdaotmi v« Pfof. dar ThiBaL Dr. CfroMoimm 



gMchrielieneB LiheUM de pliäo$9fkime Judaeorum «ncrae i^uUgik nm^ 
nuUU i» «pUtola ad Hehraeo$ cotupiouta. [ Leipi., gedt, h. V^eU 18Si« 
21 S. gr. 4. ] Die Micolttbchale widmeto ihm eine lateinische ßntm^ 
laUoBsede, toib Rector a. Prof. Nokbt gedichtet und hei Starits ge« 
druckt. — Die hiesige Tbomasschole hatte xa der Feier dee Jähret* 
adüatseii weldie sie alUäiurlich am Abend des Sl, Decembem xu hege^ 
hen pflegt, durch ein Programai eingeladen, welches den Tkel fihita 
BSmduB oder der CarÜmger, etn LuaUpid des JPIaiifai«, m aUm Sjßh&H. 
wmmen veribtilscAt Tom Prof. Fritdr. Wilh. Ekre^fr. Aost, Bectef^ 
[Leips. 188S, gedr. h. StariU. 56 S. gr. 8.] vgL Jbh. X, 122 und 
NJbb. V, 860^ Za Ostern dietes J. erschien: Pkmtmorum Cupedionm 
FercMhifn XIX. Jd ^mtiimu MÜpu4 .... «vatend« Maltet JFV. GnäL 
Ekf. RoBÜMM. i£bead. 2d (16) 8. 4.] Did angehängten Sehiüaacl^ 
richten geben die gewähnlichen Naohweisungen nber die abgehandel* 
ten jichrgegenstande u. s. w. , fuhren auch die bei den Abiturienten^ 
pr&Cungen schriftlich und mündlich abgehandelten Themata an, und 
rihmen den guten Zustand der Anstalt. Die NicokiSschule bat in den 
dief jährigen Oitterprogifamm ähnliche, nur nech ausfährliehere iVadb- 
rhhtm über den Zustand der Schule ven Ostern 1833 bis dahin 183d 
[Ebend. 32 S. gr. 8.] mitgetheilt, welche unter Anderem t^r b«^ 
hersigenswerthe Worte über die Schuldisciplin und ihre Beförderung 
und Hemmung von Seitisn der filtern enthalten. £in angebängtet 
neuer Lectionsplan unterscheidet sieh von dem frühern in nichts W»» 
■joatlichem. Zu bemerken ist bloss , dass die swei wichentlichen Be^ 
petitionsstunden , welche die obem Schüler mit den untern halten 
und welche bbher nur die lateinische und grie<^iische Sprache betr»^ 
fen, seit dem vorigen Winterhalbjahre auch auf die Mathematik ana- 
gedehntüind. Im Lehrerpersonale [NJbb. IV, 263 n. V, 367.J Ut keino 
Veränderung vorgegangen , ansser dass der Adjunct Bi. Nmimmm n»* 
gleich Katechet (Hülfiprediger) an der Peterskirche geworden ist. und 
der Privatunterricht im Zeichnen nicht roehnvon dem Privatlehrer Ckr^ 
Fr. Wiese ^ sondern von dem Privatlehrer Fr, WUh, Radegati besorgt 
wird. . Zur Entlasemigsfeier der «ur Universität übergehenden Schüler 
«raebiep von derselben Anstalt ein aweites Programm, in welchem de« 
Reetor, Professor Karl Friedr, Jug* Nobhe Dt ChriHiano Daaieh BeMa 
Narratißniß Part. i. {£bendas. 20 (17) S. 8.] mitgetheilt hat. £s i«( 
diee der Anfang einer gelungenen Lebensbesqhreibnng und Cbarakteri« 
stik des Verstorbenen, xn welcher der Verf. AUerdingt vor .vielen A»? 
dern befähigt ist, weil er 20 Jahre hindurch mit dem V^storbenoA 
in sehr naher Berührung gelebt hat. — Bei der seit einem jJahro 
reorganisifften allgemeinen Burgerscbnle [NJbb. V|I, 358. J find -an 
Ostern ebenfalls i^ocftricftten vot» dem B^tehen und der Wkk^emkeii der-i 
$dben von dem Director Dr. Fogel [Leipa^ gedr. h. Uirsehfeld. 1834. 
46 S. 8.] herausgegeben worden, welche über daaglücklicbe Gedeihe« 
decselben gnte Nachrichten bringen. Ausser den allgem^en JMitthei-. 
lungen über den Fortgang der Schule enthalten sie biographische No^ 
tiaea von de» Iß ordantUch«« Lahvam OiabM .denea a^eh 5 Hülfaloh^ 



12t Sehnl- vna UaiTtrgit&tinachriehtea, 



fe 



rer thidg lind) «nd eineii sehr anaführlicben Lehrbericht , ant wel- 
diem dSe neue , xweckmäMige Lehrrerfassnng Yolletändig ersehen wer- 
den kann. Die Anstalt hat am 2. Januar d. J. ihren SOsten Jahrestag 
feierlich begangen, nnd es ist aber diese Feier im Druck erschienen: 
Eine Sckütrede; am 80. Jmkrtitag der Eröffnung der B&rgerteknle am 
Iteipng gehaüem vom Direelor Dr. Vogü, [Leips., b. Barth. 1834. 84 S« 
gr. 8. ] 9 welcher zugleich drei au diesem Feste gemachte Gedichte (ein 
lateinischer Glückwunsch nnd zwei deutsche Lieder) angehängt rind« 
Za Ostern dieses Jahres ist auch als oberste Abtheilung der allgen^- 
Ben Burgerschule die Realschule für Knaben nnd die höhere Töchter- 
fchule eröffnet worden , in weldie Knaben n. Mädchen vom 12 — 16ten 
Jahre für das höhere bürgerliche Leben nnd Gewerbswesen eine allge- 
meine Bildung erhalten sollen. Das Tcnfuchte Einreden mehrerer Un- 
berufenen in die Gestaltung derselben hat den Director yeranlasst eina 
Kwr»e Ventändignng über die Idee und die Einrichtung einer hohem fidr- 
geT" oder Real$chule für Knaben und einer hohem TScAferscAnle, naeh 
den BedOffniuen der Stadi Leipzig. [Leipz., bei Barth. 1884. 18 8. 
gr, 8. ] herauszugeben nnd darin auf eine verständige u, entsprediende 
Weise die Stellung , den Umfang und die zweckmässige Gestaltung ei« 
■er solchen Schule nachzuweisen. — Endlich hat auch die Oeffent" 
Uehe Handel» • LehranhiaU zu ihren Osterprufungen durch ein besonde- 
res Programm eingeladen, worin der Director Schiebe eine Abhandlung 
Ueber Ursprung und Fortschreiten der Handelsgesetzgebung in besonderer 
Beoiehung avf Frankreich bekannt gemacht hat. Die Anstalt hat 16 
Lehrer und zwei Schulercurse, einen niedern für Lehrlinge, welche 
in einer Leipziger Handlirng das Kaufmannsgesch&ft praktisch erlerne^n 
nnd noch nebenbei in der Schule theoretische Ausbildong' erstreben, 
nnd einen hohem für solche, welche in der Schule selbst Ihre Yolle 
Ausbildung zu erlangen suchen« Die diesjährige öffentliehe Prüfung 
gewährte in der höhern Abtheilnng sehr erfreuliche Besnltate und die 
ganze Einrichtung der Schule erweist sich als sehr sWeckmässig und 
wohlthutig. 

LiNOBir, Zum Rector des Gymnasiums ist im YOrigen Jahre der 
Conrector Rothert vom Gymnasium in MimiBiv berufen worden nnd hat 
gegenwärtig den Titel „Director*^ erhalten. Der bisherige Hofmeister 
an der Bitterakademie in L&NBBuno ist zum Conrector an der hiesigen 
Schule ernannt, so wie bereits früher der Subconrector Dr. Grouert 
den Titel „Conrector^ nnd der Gantor Krümberg dem Titel „Subcon- 
fector** erhalten hatte. 

LissA. Das dasige Gymnasium war an OsCem 1888 Ton tM nnd 
%n Ostern 1884 von 285 Schülern besucht, welche ia 2115 wöchentlichen 
Lehrstunden Ton 15 Lehrern, dem Director Prof« ^Aöler, den Profes- 
soren Gotna«, von Putiatifeki nnd Matern [lataterer ist seit dem 20. Juni 
Tor. J. zum dritten Oberlehrer mit dem Prftdicat „Professor^^ befördert], 
dem Oberlehrer Olawski [seit dem 1. Jnll vor. J. mit einer Gehaltszu- 
lage Ton 108 Thlm. als solcher deflnItiT aagestellt ], den Lehrern von 
GMUnsk», JVpfMbi, Keiisftcr, Afahnd [vgl. NJbb. VU, 850.], jimdt. 



B^f^rdermagen a«d. £hrealieseig«a§«li. \^ 

8Uck a. ConiemuSy den evangd« Religionslehreni Prediger SMedernUa 
und Pred. I^lug und dem kathol. Religionslehrer Caplan 7^ miterridi*' 
tet wurden. Der Lehrer ContenUu ist erst seit kurzem definitiv als sol-* 
dMT angestellt und hat hald darauf das Prädicat ^Oberlehrer*' erhalteo, 
der Lehrer v« Cieehanski aber ist seit dem 30. Jan. d. J. mit einer Pension 
von 300 Thlrn. in den Buhestand versetst. Das xu Ostern d. J. erschio* 
nene Programm [Lissa, gedr. b. Günter. 18S4. XX u. 13 S. 4.] enthalt 
eine Abhandlung: De discrimine^ quod inter populäre Atkenietuium im^ 
perium et inter pubUca Romanorum instituta interceuit , auctore Eduarda 
Csnrado Olawskio. 

LoaaACB. Die erledigte zweite Lehrstelle an dem hiesigen Pl^ 
dag^giam mit einem Competenxanschlag von ^28 Gulden und 57 Kr. 
[fl. NJbb. X, 349.] ist dem bisherigen dritten Lehrer, Diakonus Friedr« 
Junker [s* NJbb. IV; 475.], und die hierdurch erledigte dritte Lehr« 
•teile dem hisherigen Stadtvicar und Hnlfslehrer, Diakonus Friedrich 
Koch 9 huldreichst übertragen worden. L^*] 

LoMBABDSi. Aus eiocm in Mailand erschienenen officiellen Be« 
richte erfährt man , dass in diesem Lande 3535 öffentliche Schulen Inh 
atelMn , von denen 2336 von 112,127 Knaben und 1215 Ton 54,640 M&d- 
chen besucht werden, und an allen 2269 Lehrer und 1215 Lehrerinnoa 
angestellt sind. Ausserdem besuchen gegen 22,000 Kinder unentgeliU 
lieh die Sonntagsschnlen. Die Zahl der Schulen hat in der Lombardei 
seit einem Jahrzehnt um ein Drittel zugenommen. Aach für Erwadt- 
•aae find in mehrern Städten Schulen eröffnet worden* 

LvBBJBFr. Das dasige Schulwesen , welches seit dem Jahre I8I69 
wo das daselbst bestehende Ljceum aufgelöst wurde, in einer sehr 
traurigen Verfassung war, ist seit dem Jahre 1829 'neu gestaltet und 
zeitgemäss eingerichtet worden. Man hat die Idee, eine Gelehrten« 
«chule in der Stadt zu haben, aufgegeben und sich dafür eine Element 
tarschule Ton 4 Classen mit 3 Lehrern , eine Töchterschule von 3 und 
eine höhere Bürgerschule von 5 Classen , mit 8 Lehrern an beiden An- 
stalten , eingerichtet. Der Unterrichtsplan ist zweckmassig und zeit- 
gemäss und in der Hauptsache nach JKem's Schrift: Veber Einrichtung 
der Bürgerschulen^ gemacht. Alle drei Schulen sind unter die Aufsicht 
und Specialleitung Eines Bectors gestellt. Weitere Nachrichten über 
die ganze Einrichtung findet man in den heiden Schriften: Amtlicher 
Bericht über die früheren VerhäUnicse des Lübbener SiAulwesens und die 
Grmidlagen seiner gegenwärtigen Errichtung ^ ihren Mitbürgern sunäehH 
vorgelegt von dem Magistrate und der Schul' Deputation, [Lübben, gedr. 
h. Driemel. 1831. 20 S. 4.] nndi Das Schulwesen zu Lübben , wie es ist 
und werden wiÜ, Programm zur öffentl. Prüfung im März 1831, tob 
Dr. Christian Gottfr. Koppe y Bector der höhern Bürgerschule. [Ebend. 
85 S. 4. ] Die letztere Schrift hat^ auch einen wissenschaftlichen VITerth 
und giebt manche gute Bemerkung über das Bürgerschulwesen. Dass 
diese Schulen recht gut gedeihen, erfährt man aus dem zu Ostern die- 
ses Jahres erschienenen Programme, in welchem zugleich ein neuer 
Uaterrichtsplan für die höhere Bürgevichule adltgetlieilt ist. Auch steht 



1S2 fifihul- nnd Üniveriitätsiiachriehteii, . 

U demMlben «ine pädagogisdie AbhanfHung vom Sabrector Wagmttt 
Welche Vorbildung hohen die Adtem ihren Kindern zu gehen ^ ehe tiß 
dUielhen aur Schule »chtcken? Beklagt wird .Bor, dafls es der Schnlo 
noch BD einem gesanden und freundlichen Schulhause fehlt, und daaa 
mau die beab«ichtigte techste Claise der hohem Bürgerschule aooh' 
iauner nicht hat eroffnen können, weil die meisten Kinder nidit bia 
sum 16ten, wie es im Plane liegt, sondern nur bis zum 14ten Jahre ia 
der Schule bleiben. 

Magdbbubg. Am Gymnasium ist dem Oberlehrer Dr. Sucro «ad 
dem Lehrer Pax eine Gratification von je 50 und dem Lehrer Weilfmt 
und dem Chondirector Wdchemann von je 80 Thlrn. bewilligt, am Pä-> 
dagogium Unserer lieben Frauen der Schnlamtscandidat Heese als drit- 
ter Lehrer angestellt worden. Der Probst uod Consistorialmth Zvr- 
rewner hat das Ritterkreuz des Danebrogordens vierter Classe erhalten. 

BlANNiiBiai. Vor dem Beginne des Schuljiiliret l^f wurde an 
dem hiesigen Ljceum eine neue Lehrerstelle errichtet, welche alter- 
nirend einmal mit einem protestantischen, bodann mit einem katholi- 
schen Lehrer besetzt werden soll, und womit eine jährliche Besoldung 
Ton ^500 Gulden verbunden ist« Diese Stelle hat der von hier gebür- 
tige evangelisch -protestantische Candidat der Theologie und Philolo- 
gie, Christoph DOU, bereits über ein Jahr provisorisch vcrsehea und 
Jetzt definitiv erhalten, i. NJbb. 111, 114. — - Der bisherige Lehrer an 
dem hiesigen Lyceum , Ludwig Boeckh , ist unter Ernennung zum Pro- 
fessor als Lehrer der lateinischen und griechischen Sprache und der 
diese Sprachen betreffenden Hülfswissenschaften zu dem Lyceum la 
GAaLSBUHs verseUt worden, i. NJbb. V, 238. [ W.} 

Mabbv&o« Dem Professor der Alterthumskunde an der Unlversi* 
tiit Dr. Boek ist die nachgesuchte Bntlassuog aus dem Staatsdienste bo- 
williget. [ Sw ] 

Mbsebitz« An der dasigen Realschule ist der Schnlamtscandidat 
Eerat als Oberlehrer angestellt worden. 

MiNDBif. Der Oberlehrer Rothert ist an das Gymnas. in Lmou 
abgegangen und der Schnlamtscandidat Ledebur als Lehrer beim hiesi- 
gen Gymnasium angestellt worden. 

Mobs. Der Conrector \fi&itg am Progymnasium hat eine Remu- 
neration von 40 Thlrn. erhalten. 

MÜHuiAiJSBH. Der Schulamtscandidat JüUu» Harirodi ist als »ech- 
•ter Lehrer mit dem Prädicat „Subconrector*^ beim Gymnasium an- 
gestellt worden. 

MüifCBBir. Der bisher im Staatsministerlum des Innern angestellto 
ausserordentliche Professor Dr. Philippe (vordem an der Universität in 
Berlin) ist zum ordentlichen Professor der Geschichto an der Ladwig- 
Hazimilians- Universität in München und zum Mitglied der philosophi- 
schen und juristischen Facnltät provisorisch eraannt worden. [Am 25. 
Febr. d. J. wurde von der Universität das Mjährige Amtsjubiläum des 
Hofraths Ifonrod Manneri als Lehrers der Uaiversitaton in Altorf, Würz- 
borg, Landshnt und München auf festUcha. Waise bogangadp nnd dar 



BefSrdermagen va4 Ehrefel^es^igatfgfB. m 



TSJährige Jabelgreis erhielt bei dieier GelegeaMt von Sr. Miij. di 

Könige den Ludwigsorden.] [S.] f 

MimtvBRtTADT. Darch allerhSchstes Dec^t vom 19. Decbr. 183S 
wftrd die hiesige Studienanstalt Terrollstandiget. Der Angnstiner- Prior 
und Pfarrer Proaper Fritzmann ward seinem Ansuchen gemiss und nn- 
tefr Bezeugung der alierhochsten Zufriedenheit von dem bisher mit Ei« 
fer verwalteten Rectorate und Snbrectorate enthohen ; den Professoren 
Köhler^ Gutenäcker und Laudensack wurde die Vorrückung in die nächst 
b5here Claese bewilliget ; dem auf diese Weise in die vierte Gjmnnsiai- 
chisse vorrüdcenden Professor Köhler wurde provisorisch das Rectorat 
des Gymnasiums «nd das Snbrectorat der lateinischen Schule öbertra«! 
gen, und die liehrfttelle der ersten Gymhasialclasse provisorisch dem 
an der furstU Leinlttgischen Privat -Studtenanstalt xu Amorbach ver- 
wendeten Lehramtscandidaten Priester Johmm Andreas Specht verliehen« 
8dion früher unterm 12. Decbr. war dem bisherigen Privatdocenten an 
der Universität in Mürchbi« Dr. Peter .Locllrerftauer die Verwesung der 
mathematischen Professur au dem Gymnasium dahier übertragen wor- 
den. Mochte recht bald die Trennung der unter einem Lehrer ver- 
einigten beiden unteren lateinischen Vorbereitungsclassen allerhöcsh-» 
sten Orts ausgesprochen und dadurch die hiesige Anstalt ihren übrigen 
Schwestern im Königreiche gleichgestellt werden! [£.] 

Naumburg. Statt des im vorigen 3ahre mit einer Pension von 
€00 Thlrn. und unter Verleihung des rothen Adlerordens vierter Classe 
in den Ruhestand versetzten , vor kurzem aber verstorbenen Rectors 
Prof. Dr. Wermdorf [s. NJbb. X, 823.] ist der Dr. Karl Fortsch von 
der lateinschen Hunptschule in Halle [s. N3bb. VIII, 119.] zum Rector 
der DoroscHule ernannt worden. Der Collaborator Buchbinder hat eine 
Unterstützung von 80 Thlrn. erhalten. 

NEURurriN. Der Director Thormeyer am Gymnasium ist mit einer 
jährlichen Pension von 671 Thlrn. in den Ruhestand versetzt und die 
einstweilige Verwaltung. der Directoratsgeschäfte dem Professor Storche 
übertragen , der Schulamtscandidat Kämpf aber aU Hülfslehrer neu 
angestellt worden, 

NiBNBFRG. Zum Rector am hiesigen Progymnasium ist der bis- 
herige zweite Lehrer zu Harburg Dr. Jördena befördert worden. [S.] 

Oels, Am Gymnasium ist der Schulamtscandidat Leisaing ala 
Lehrer angestellt worden« 

OsTiNDiBif. Im sudlichen Indien, wo die ächten Hindu -Einrieb« 
tnngen durch fremde Eroberer weniger gelitten haben, findet man be- 
nähe in jedem Dorfe einen Schulmeister, weldier von der Gemeinde 
angestellt ist und als solcher ein Hans und einen Garten hat. Sein 
Einiiommen besteht im Schulgelde und in einigen Geschenken , welche 
die Eltern ihm zu bestimmten Zeiten und bei besondern Gelegenheiten 
machen. Die Schule ist für jeden Knaben aus der Braminen- und 
Sudraknste offen: bei Knaben ans andern Kasten itft eine besondere 
Eriaubnisa der Gemeinde nöthig. Die Schnlstiinden dauern von Smk* 



121 ■ Sekttl* nnd Univeriitatinochrichteii» 

I 

nenaufgaDi^ bb SonneBQiitergang, nnd nur am Blittag^ wird zum £■•«■ 
und Aasrobea eine Stunde bewilligt. 

Ffobta. Der Schulamtacandidat Friedrich Haase , bekannt durch 
eine Ausgabe Ton Xenophon^t Schrift de republica Lacedaemoniomoiy 
Ist als Adjunct [vergl. NJbb. X, 334.] und der Dr. med. SödUing ab 
Schularzt bei der Landesschule angestellt, dem Adjunct Dr. GrmbUM sn- 
gleich das Untßrbibliothekariat übertragen worden. 

Pfobsubiw. Der zweite Diakonus und Lehrer an dem hietigeu 
Pädagogium, Carl Wagner^ hat die eFangelische Pfarrei Sand erhal- 
ten, s. Jahrbb. X, 250. Die Anstalt erhielt dafür den Candidatea der 
Theologie und Philologie Friedrich Ludwig Lother als dritten Pädago- 
giumslehrer mit dem Titel eines Diakonus, und der seitherigo dritte 
Lehrer Diakonus Joh. Peter Behagel ist in die erledigte vierte protestan- 
tische Lehrstelle an dem Lyceum zu Mannheisi unter Verleihung des 
Titels ebes Professors befördert worden, s. NJbb. VII, 99 nnd V, 415. 
Erster Lehrer und Vorstand ist der Prorector JFilh. F\rommeL [W.] 

Philippsbübg. Der Caplan Carl. Leopold Dreher ^ gebartig aus 
Oppenau , welchem das hiesige Frühmessbeneficium mit einem beiläu- 
figen Jahresertrag von 500 Crulden, nebst freier Wohnung und dem 
auf ungefähr 60 Gulden sich berechnenden Allmendbezug, ühertrageu 
worden ist, hat neben der Verpflichtung zur Aushülfe in der Seelsorge, 
sowohl in der lateinischen Sprache als in den für eine höhere Bärger- 
schule geeigneten Lehrgegenständen Unterricht zu erthetlen, DieLehr- 
geschäfte als Beneficiaten sind demnach übereinstimmend mit vielen 
protestantischen Diakonaten des Landes, und die Stadt selbst besitzt 
jetzt unter dem neuen Lehrer dasjenige, was man im Grossherzogthum 
eine „lateinische Schule^'* zu nennen gewohnt ist, d. h. eine Schule, 
die mit dem Unterrichtsbedürfnisse für diejenigen, welche zu ihrem 
Uebertritt ins bürgerliche Leben mit dem Lehrkreis der gewöhnlichen 
Elementar- oder niedem Bürgerschule nicht ausreichen, anch noch die 
Elemente des gelehrten Vorbereitungsunterrichts verbinden. Somit ist 
auch die hiesige lateinische Schule sowohl eine Mischschule als eine 
Vorschule nicht nnr der projectirten Gewerbsschnlen, sondern auch 
der bestehenden Pädagogien, Gymnasien und Lyceen, wie diese Stu- 
fenfolge in dem Entwurf des längst erwarteten allgemeinen Lehrplans 
für die höheren Bildungsanstalten des G rossherzog thoms in Schutz ge- 
nommen ist [W.] 

PBBussEir. Die sämmtlichen Gymnasien und Progyronasien de« 
Königreichs waren im Winter 18|| von 24,888 und im Sommer 1833 
von 24,683 Schülern besucht; von den letztern kamen auf die Gymna- 
sien der Rhbinprovinzen 3018 Schüler. Auf den drei Gymnasien der 
Provinz Posen befinden sich im Sommer des gegenwärtigen Jahres 997 
Schüler , nämlioh 479 in PosE^r , 212 in BaosraEaa und 806 in Ltbsa« 
An prenssische Universitäts - und Schnllehrer sind von dem Ministeriun 
seit kurzem bewilligt worden : 1) als Gehaltszulage 200 Thir. dem 
Professor Dr. Gustav Rose an der Universität in BaaLiN , lOOThlr. dem 
Oberlehrer Dr. Scbnudt am Gymnasium. In BiBLsraiiny 200Thlr« dem 



BfrfSrderdngen viid Ehreivbeseig««gM. Mft 

Prof. Dr. Ahegg an der Universität in Brcsaav, 75 Thlr. dem Lebrev 
Martini und ebensoviel dem Hüifslehrer Euchhois am Prog;^natiam ia 
DsuTdcH- Cromb, 45 Thlr. dem Subrector Dr. Haun am Gymnas. io 
Mbrssburg^ 150 Thlr. dem Dr. Becks an der Akademie in MihveTSR) 
2) als Remuneration in Berlin 200 Thlr. dem Professor SluAr, 
150 Thlr. dem Prof. JViegMann und 100 Thlr. dem Privatdocenten Dr. 
Kugler an der Universität, in Gumbinnrn 00 Thlr. dem Lehrer Skrxevgka 
mid 50 Thlr. dem Lehrer Dr. Janson am Gymnasium , in Halbbrstab* 
150 Thlr. dem Lehrer Herrn, Schmiß am Gymnas., in Ltssa 100 Thlr, 
dem Lehrer Contentti«, 30 Thlr. dem Lehrer Fleischer, 50 Thlr. dem 
Religionslehrer Tyc, 87 Thlr. dem Director.&ftofer, je 25 Thlr. den 
Professoren Ousttis, wm PuiyatyM und Matern, dem Oberl. OlawM 
und den Lehrern PopZinsH und Sieek, je 20 Thlr. dem Lehrer Marina, 
den Religionslehrern Schiedewita u, Pflug und dem Zeiehenlehrer ^rttdl 
am Gymnasium, In Prrnzlav 50 Thlr. dem Prorectör Dr. JViese nm 
Gymnasium , in Rastritour« 40 Thlr. dem Unterl. Dörek am Gymnas., 
in Starqard 40 Thlr. dem Oberl. Dr. Schirlitz am Gymnas , in STRTnif 
80 Thlr. dem Oberl. Seheihert am Gymnasium; 3)alsGratificatistt 
in Beri.ii« 100 Thlr. dem Lehrer Hermumn an der Realschule, am 
Gymnasium in Crruznacu 120 Thlr. dem Prof. Voss, 80 Thlr. deni 
Lehrer Knebel, je 60 Thlr. den Proif. Petersen und Grabow und den 
Lehrern Nanny , Fritsch , GUim and Pres&er , 80 Thlr. dem Zeichen^ 
lehrer Cauer, in Danzio 50 Thlr. dem Prof. Tyiugk am Gymnasium, 
iir Grsifswau) 75 Thlr. dem Conservator Schilling an der Universität, 
in LiRGiviTZ 35 Thlr. dem Conrector Dr. Werner am Gymnasium , ht 
Merssburg 100 Thlr. dem Subrector Dr. Hatcn am Gymnas., in Nbv- 
RvmN 50 Thlr. dem Oberl. Konitzer am Gymnas. , am Gymnasium in 
PosEif je 100 Thlr. den Froff. von Buchowski und Martin, 50 Thlr. dem 
Oberl. Mönski und 30 Thlr. dem Lehrer Schönhom, in RASTENBVRfi 
100 Thlr. dem Oberl. Dumas und 28 Thlr. dem Hulfslehrer Clemens am 
Gymnas., in Sogst 50 Thlr. dem Prorectör Kapp am Gymnas., in 
ZvLLicHAU 30 Thlr. dem Lehrer Ncrger am Pädagogium; 4) als Un- 
terstützung 100 Thlr. dem Subrector Dr. Griefren am Gymnas. in 
CötLiif, 40 Thlr. dem Lehrer Tenner am Gymn. in Mbrsbbvrg, 40 Thlr. 
dem Lehrer Fleischer am Gymn. in Lissa , 150 Thlr. dem Lehrer Kapp 
am Gymn. in Mindrr, 30 Thlr. dem Lehrer Gerher am Gymn. in Nsv'- 
RiTpyiN, 50 Thlr. dem Lehrer Dr. Siedler am Gymn. in Nsu-Stbttiv, 
400 Thlr. dem Professor Gerhard in Rom zu einer Reise nach Sicilien, 
50 Thlr. dem Conrector Dr. Sauppe am Gymnasium in Torgav; 5) alt 
Wohnungs-Entschädigung 80Thlr. dem Oberlehrer Dr. MehU 
hörn nm evang. Gymnas. in ^GIogav. Desgleichen v? urde der Universt« 
tätsbibliothel in Hallb ein jährlicher Zuschuss von 200 Thlrn. zum 
Ankaufe von botanischen Werken bewilligt, der Gymnasialbibliothek 
in Lissa ein einmaliger Znschnss von 100 Thlrn. und der Gymnasial- 
bibliothek in Pose« von 129 Thlrn. Die Gymnasialbibliotheken in 
Neu - Stettin , Pbbiizi.ait und Hibsoiibbro erhielten jede ein Exeniplar 
der neusten Ausgabe def Thesaurus linguae Graecae von benr. Stepba- 



128 8ehal- und UniTeriitättBachrichieM» 

■et geecfaenkt, und der Stadtochule xu Laivdsbbrg a. d, W. wurden 
161 Thlr. alt Beitrag zum Ankaufe eines mathematisch - physikalischea 
Apparates aus Staatsfonds ausgezahlt. — - Durch Cabinetsardre Yom 
80. Juni 1833 ist den Provinzial- und Frufungsbeherden für das Schul- 
wesen befohlen worden, das« sie ausländische Schulamticandidaten« 
welche sich über ihre Bildung und sittliche Würdigkeit durch ver- 
•chriftsmässige Zeugnisse ausweisen können , nach wie Tor zu den Can- 
didatenprüfnngen zulassen können, aber nur denen ein Wahl- und Ao- 
atellnngsfahigkeits - Attest ertheileo dürfen, wenn ihnen das Zengnitf 
der unbedingten Tüehtigkeit, vorzüglich oder sehr gut 
bestanden za haben, gegeben werden kann. — Um den Sehülem 
tbeils bei der Vorbereitung auf die mathematischen Lehrstnnden, tballi 
in der Classe beim Vortrage des Lehrers , theils bei der Repetitian d- 
Ben festen Anhalt zu gewähren und ihnen eine deutliche Uehersicht der 
Wissenschaft zu YerschafTen, soll von Ostern dieses Jahres, an in jedem 
Gymnasium ein bestimmtes Lehrbuch der Mathematik eingeführt wer« 
den , das wo möglich in allen mathematischen Classen dasselbe bleibt 
und das jeder Schüler in den Händen haben muss. — Zu Mitgliedern 
der Kon. wissenschaftlichen Früfungscommissionen für das Jahr 1631 
sind ernannt: in Konigsbbrg der Geh. Regierungsrath Professor LoAedk 
mad die Professoren Jaeobi^ Drumatm^ Rosenkranz nnd Lehnert; ia Bonn 
die Professoren Löbel, Ritter , von Münehow, Windiachnuum , Klee und 
Auguati ; in MimsTSR der Consist. - und Schnlrath Wagner , die FtotL 
Wtniewski und Gudermann und die Oberlehrer Dieckhoff nnd WUn$; in 
Obeifswaud die Professoren Sckömann^ Grunert und Rarthöld nnd der 
Bector Rreiihaupi; in Bbbkin der Schnlrath Lange ^ die Proff. Zumpi^ 
Jhve u« UhUmann und der Director Spilleke; in BansLAU die Professoren 
Stenxelj Branisi^ Ritachlf Böhmer ^ Ritter n. Schobt; in Haklb die Pm» 
f essorea Zieo, Bemhardy, Rosenberger, Hinrich$y nnd der Director der 
Frankeschen Stiftungen Professor Niemeyer, 

QvBDLnfBVBG. Dem CoUaborator Friese am Gymnazinm ist eine 
Bemuneration von ÖO Thlrn. bewilligt worden. 

Rastatt. Der neue Präparandendirector Nab^olz hat mit dem 
Anfange des Sommerhalbjahres am 22. April seia Amt angetreten; sein 
Vorgänger Haberstroh ist jedoch ohne neue Bestimmung geblieben, ob- 
•chon die Vergebung der Direction schon über ein halbet Jahr ausge- 
aprochen ist. Der Präparanden- und Lycenmsfond ist dädnrch das er- 
stemal in den Fall gekommen , bereits in der siebenten Woche doppelte 
Besoldung für eine besetzte Stelle bestreiten zu müssen, s. NJbb IX,234. 
-^ Der Professor der Philosophie nnd der alten Sprachen am Lyceuni, 
Dr. Jloy» fVinnefeldy welcher zu der längere Zeit erledigten Lehrkan- 
nel der Philosophie an der Universität zn FasTBUBG im Breisgan von 
4er Regiernng berufen war, hat um Belatsung auf seiner bisherigen 
I^hrstelle nachgesucht , worauf der Prof. Dr. Reidel an dem Gymna- 
alnm zu BniTGHSAK zn der Frey burger Lehrstelle ernannt wurde , die er 
«aeb baniti angatretan Int. s. NJbh. VII, 479 nnd IX, 841. 

[W.] 



BefördernBg«D «nd EhrealicseigttsgAw tSt 

Rastbiviivbo. Dem Lehrer Dr. Briüowiki ist dal Frädieal ffikm^ 
lelirer^' beigelegt worden. 

Rbgensbubo. Der Caplan Dr. Theol. Franz Dimherger^ Reiiglow* 
leluper ao der latein» Schule in Bambbbo, wurde aam Professor der 
Moraltheologie am hiesigen Kon. Lyceam ernannt« — Durch Küa. Re* 
ioript Tom 27. IVovbr. vor. J. ist an demselben Lyceum eine neue Pro* 
fessar für die biblische Exegese, die orientalischen Spraeben und Ein- 
leitung in das Alte und Neue Testament errichtet und dem bisheriges 
Stadtcaplau xu Bamberg Dr. Friedr, Herd übertragen worden. ■ 

RössBL. Der Lehrer Sokolowski am Frogymnasiums hat eine Ga- 
haltsaulage von €0 Thlrn. erhalten und zur Vervollständigung des m9f 
tbematiseh*pfaytUcBlischea Apparats sind 2&8 Thlr. aussererdentUch b«- 
. willigv worden. ^ 

Saghsbü. Die 14- Gelehrtenschulen des Königreichs waren am 
Schlüsse des Jahres 1833 von 1847 Schülern befiuoht, welche Ton 81 
Haupt r und 66 Nebealehrern unterrichtet wurden. Davon sahite die 
Landesschule in Mbissbh unter dem Rector Prof. BaumgmrteH- Cruüm: 
8 Haupt - u. 5 Nebenlehrer für 116 Schüler in 4 Classen , von welchen 
1€8 Alumnen und 8 Extraneer waren ; die Landestf<diule in Gbibima «i^ 
ter dem Rector Prof. WeUhtrtt 8 Haupt- u. 5 Kebenlehrer für 128 Schär 
1er [112 Alumnen und 11 Extraneer] in 4 Classen; die Kreuxsehule In 
Dbbsdbh unter dem Rector GrSbel: 6 Haupt- u. 9 Nebenlehrer für 357 
Schüler in 5 Classen ; die Thonasschnle in Lsirzio unter dem Rector 
Prof. Aest.* 7 Haupt - u. 6 Nebenlehrer für 169 Schüler [ 60 Alumnen 
und 109 Extrenen ] in 4 Gymnasial - und 2 Progymnasialclassen; die 
Nicolaischule in Lbipsia unter dem Rector Prof. Nobhe: 5 Hanpt- und 
10 Nebenlehrer für 218 Sohüler in 4 Gymnasial- u. 2 Progynroasialclaar 
een ; das Gymnas. in Fabibbbq unter dem Rector M. Rüdiger: 4 Haupl^* 
imd 5 Nebenlehrer für 124 Schuler in 4 Classen; das Gymnas. in Cbbw- 
NiTZ unter dem Rector M. Heiniehen: 4 Haupt- und 2 Nebenlehrer für 
^ Schüler in 4 Classen ; das Gymnas. in Schnbbbbbq unter dem Rector 
M. Raschig: 4 Haupt« u. 2 Nebenlehrer [vacant ist eine Hauptlehrer^ 
stelle j für 115 Schüler in 4 Classen ; das Gymnas. in Zwickau unter 
den» Rector M. Hertel: 2 Haupt- u. 2 Nebenlehrer [vacant sind swei 
Hauptlehrerstellen ] für 46 Schüler in 3 Classen ; das Gymnas. in AbhA" 
BBBO bei Vacanz des Rectoratst 8 Haupt- und 2 Nebenlehrer für 55 
Schüler in 3 Classen ; das Gymnas. in PiJiUBir unter dem Rector Dölr 
ling: 3 Haupt- u. 5 Nebenlehrer für 127 Schuler in 8 oder vielmehr 
wegen Zertheilung der Secunda in 4 Classen ; das Gymnas. in Bauzbb 
unter dem Rector M. Sieheiis: 7 Haupt- u. 2 Nebenlehrer für 183 Schü- 
ler in 4 Classen; das Gymnas. in Zittau unter dem Director Linde- 
mann: 7 Haupte und 3 Nebenlehrer für HO Schüler ki 6 Classen; das 
Vitzthumsche Geschlechtsgymnasium In Dunssstt unter dem provisori«- 
schen Director M. Bioehmann: 13 Hanpt- und 9 Nebenlehrer für 1$ 
Schüler In 4 Gymnasial - und 2 Progymuasialclassen und für die Schü- 
ler 'der Blodimannlschen Privat - Erziehungsanstalt. Von allen diesen 
Schulen gingen im vorigen Jahre 449 Schüler ab and worden 899 fiett 



128 Schal- «. UniTenitätiiuidinr., Beforderr. n. EhrenbMMgaBgML 

«nfgeBomniea. Fait auf alle« Schulen hat sich daher die Schälenahl 
▼ermindert und nur aaf der einen und andern aagenommen. Die Ver- 
minderung rührt theiU Ton der grusserea Strenge, welche nach den 
Mandat Yom 4. Juli 1829 bei Venetenng der Schüler in die beiden obem 
Claisen stattfindet, und von den eingeführten Maturitata - Prüfungea, 
theiU und noch mehr von dem Umstände her, das« in mehrern Städten 
höhere Bürgerschulen eröffnet oder die schon ▼orhandenen erweitert 
worden sind, nnd die Zahl der Schüler immer geringer wird, welche 
bloss zur Erreichung einer höheren bürgerlichen Bildung die Gymna- 
sien besuchen. Auf die Universität gingen im vorigen Jahra IM Schü- 
ler, Ton denen 52 Theologie, 84 die Rechte, 20 Medicin, 3 Philolo- 
gie, 2 Philologie u. Theologie, 1 Philosophie, 1 Philosophie a« Na- 
turwissenschaften und 1 Cameralia studiren wollte* 

ScHüsrFBTiTHAi. Am 7. Mars d. J. wurde das SOjahrige Grün- 
dungsfest der dasigen Salimannischen Erziehungsanstalt anf eine fest- 
liche Weise gefeiert, und der in Begleitung vieler andern heben Gaste 
dabei anwesende regierende Herzog von Coburg -Gotha verlieh den 
Director des Instituts Hofrath Salzmann den Sachs« Hausorden* Das 
Institut besteht gegenwartig ausser dem Director aus 9 Haoptlehrera 
nnd 40 Zöglingen, nnd hat innerhalb der 50 Jahre überhaupt 512 Zög- 
linge gebildet« 

STABGjiBn. Zum Prorector des Gymnasiums [s. NJbb* X, 459.] 
ist der Oberlehrer Dr. Freeie vom Gymnasium in Stralsihib ernannt, 
und dem emeritirten Professor Prielipp eine ausserordentliche Unter- 
stützung von 30 Thlrn. bewilligt worden* 

WanTHEia. An dem hiesigen Gymnasium hat der bisher^ Leh- 
rer Friedr. Carl Uertlein den Charakter als Professor erhalten. Er er- 
theilt Unterricht im Hebräischen in der 1, d. i. obersten Classe, in 
Griechischen und Deutschen , in der Geometrie und Arithmetik in II, 
im Lateinischen und Griechischen in III. [^O 

WippERFUBTH. Der Lehrer Dr. Fletmcs am Progymnaiinm hat 
eine Remuneration von 50 Thlrn. erhalten. 

WüRZBUBO. , Der bisherige Religionslehrer am hiesigen Gymna- 
sium, Joseph Gruhe, erhielt die Pfarrei Rittershansen. Zn dessen 
Nachfolger ward ernannt der Oberlehrer an der lateinischen Schale sa 
MiLTBNBBB« Michael Müller, aus Bergrheinfeld gebürtig; derselbe 
wurde zugleich zum Secrctair bei dem Regierangs - Referenten über 
das Schulwesen im Untormainkreise ernannt. [S.] 



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18 3 4. 



Kritische Benrtheilungen. 



'^ 1) ^nakreons Lieder^ mit Beachtung des Originalversroaasses 
aus dem Grieclitschen übersetzt von Friedrich Georg Jordan^ 
Osterode, Verlag von August Sorge. 1833. XVI u. 75 S. 8. 

¥i Anakreons Lieder, In gereimte Verse übersetzt Ton Carl 
Emil Mvbius, Leipzig, bei Aug. Lehnhoid. 1836. Vlli u. ^ S. 8. 

"ie Einfaciiheit, Leichtigkeit, harmlose Frische, welche iH 
den meisten der sogenannten anakreontischen Lieder waltet, 
zog von jener Zeit an, wo die deutsche Litterator anfing, «ich 
dem schwerfäüigen Schwulst zu entwinden, weichem sie durch 
Nachahmung der französischen Hofpoesie zur Beute geworden 
war, mehr wie irgend ein £rzeugniss des Alterthuras die Aaf« 
nerksarakeit der deutschen Dichter und CJebersetzer auf sich« 
Einigen, durch die Naivität ihrer Ideen und noch mehr durch 
ihre leidenschaftlose Sinnlichkeit insbesondre ansprechenden, 
wurde 4iie Ehre zu Theil , fast in alle Gesellschaftsliedersamm* 
lungen überzugehn und so sehr Gemeingut zu werden, dass 
wohl nur die Minderzahl von denen, welche sie kennen, za* 
gleich Ton ihrem ondeutschen Ursprung weiss. Der Werth die* 
«er Lieder ist bekanntlich äusserst ungleich. Von Seiten der 
Form verdieneii nur sehr wenige den Namen und den Ruf, wel- 
chen sie, jedoch mehr ausser- als innerhalb der gelehrten Welt, 
geniessen. Zum bei weitem grösseren Theile Erzeugnisse ei- 
ner sehr späten Zeit , sind ihre Metra bald mit einer abschre^ 
ckenden Nachlässigkeit behandelt, bald zeugen sie von der 
grössten Unkenntniss der Prosodie und einige sind schon gans 
und gar in den bloss accentirenden — politischen — Versen des 
späteren Hellenismus. Riicksichtlich des Inhalt« müssen wilr 
^ die Ausführung im Einzelnen von der Idee des Ganzen oder 
\rielmehr möchte ich sagen, von dem Hauch, welcher dat 
Ganze durchweht, genau unterscheiden. Jene tritt fast immer 
im Einklang mit den grösseren oder kleineren Gebrechen der 
Form anf ; sie ist in den schlechteren Gedichten — welche bei 
weitem die Mehrzahl bilden -^ bald schwülstig, bald gemein, 
nichtssagend, affectirt, uberreiat, «elbst sentimental , lum 

9* 



132 Griechische Litteratar. 

grosstentheils misslun^en. Diese dageareii, der eigenthumlich 
leichte TIaucli, dessen Zauber uns aus den entschieden ächten 
Gedichten Anakreons so zum Leben anlockend und beruhigend 
anweht, wird zwar durch die Mängel der Ausfiihrong und der 
Form mehr oder weniger geschwächt^ jedoch nur in wenigen 
Gedichten ganz ond gar negirt. Zum grixseren Theii war diess 
natiirlich durch den rein äu<9serlichen Grund bedingt^ dass die 
meisten dieser Gedichte, wie die^s im Alterthum eine herge- 
brachte Sitte war, Nachahmungen Ton älteren höchst wahr- 
scheinlich acht anakreontischen waren. — So sehr sich nun 
auch die Nachahmer bemühten^ ihr Original zu übertreffen, oder 
Tielmehr nur zu Vibcrbieten, welches hier aequal Terschlechte- 
ren gesetzt werden muss, so konnten sie doch nicht dahin ge- 
langen, allen anakreontischen Geist daraus zu verbannen. — 
Als secnndäre Ursache dieser PJrscheinung können wir jedoch 
nicht umhin, jene eigenthümliche glückliche Objectivität der 
Griechen in Anspruch zu nehmen, welche sie selbst In der Zeit 
des Verderbnisses zu einem ziemlich tiefen Eindringen in den 
Gegenstand ihrer Behandlung führte, wovon wir unter andern 
ein schönes Beispiel an Musaioa Hero und Leaadroa haben aud 
an vielen Gedichtchen der Anthologie. 

Wenn wir in dem hier Bemerkten ungefähr das Richtige 
gesehn haben, so ergiebt sich schon daraus, wie ein Ueber- 
«etzer zu verfahren haben möge, wenn er uns durch Uebertra- 
gung derselben mit dem Wesen und Charakter der anakreonti. 
sehen Poesie bekannt machen und selbst In den in Form und 
Ausführung misslungenen den besseren Theil unverkümmert er- 
halten will. Vor allen Dingen wi'irde es am besten sein , sie in 
verschiedne Classen zu theilen und in eine ganz neue Ordnung 
zu bringen. Es ist dieses dem Uebersetzer um so eher zu er- 
lauben, da uns diese Lieder in zwei völlig von einander ver- 
schiedenen Anordnungen überliefert sind, deren eine, die des 
Stephanus'schen Codex, von den meisten Herausgebern adoptirt 
ist, während die andre, die des Vatikauischen Cod., von iMehU 
hörn angenommen ist. Wenn uns aber, wie hier, nur die Wahl 
zwischen zwei gleich zufälligen Aneinanderreihungen gelassen, 
scheint es mir wenigstens am dienlichsten, eine neue, auf Prin- 
cipien gegründete, an die Stelle der hergebrachten zu setzen. 
Ausscheiden würden wir demnach und allen übrigen voranstel- 
len die durch Zeugnisse der Alten dem Anakreon selbst zuge- 
schriebenen Gedichte. Diese müssten mit sorgfältiger Treue 
sowohl im Ganzen als im Einzelnen iu Form und Ausdruck nach- 
gebildet werden; so würden sie uns am sichersten eine Richt- 
schnur zur Erkenntniss des eigentlichen Charakters dieser Ge- 
dichte darbieten. Da mit ziemlicher Gewissheit nur drei aus 
der iu den beiden Handschriften gegebneu Sammlung als solche 
bezeichnet werden können [3 (nacb Mehlborn , oder Vi nach 



Anakreons Lieder, üben, von Jordan ond Möbini. ' US 

Fischer), 45 (38), 9 (12)] *), so wurde nach unserer Meinung 
der Uobersetzer gut thuii, wenn er mit diesen die etwas voll- 
ständigeren Fragmente anakreontigcher Gediciite verbände, wie 
dieses schon mit einigen von Stephanus und den ihm folgenden 
geschehn ist, also ausser 60 (50) i t>l (57), 62 (61), 65 (60), 
welclie schon Stephanus aufgenommen, noch das schöne Ge- 
dicht 67 (frgin. 36 bei Fischer), 68 (frgm. 29) ♦♦), vielleicht 
selbst 66 (frgra. 27), welche Mehlhorn in seine Anacreontet 
angefügt hat, und die schönen, theil weise zusammengehören- 
den Strophen, welche bei Fischer Frgm. 4. 5. 6. 7 heissen; 
ferner Frgm. 17. 19. 25. 28. 31. 33. 89. 90. — In eine zweite 
Classe, glaubeich, könnte man diejenigen Gedichte bringen, 
welche durch die ihnen zu Theil gewordene häußge Nachah- 
mung sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Anakreon selbst 
zurückführen lassen; natürlich ist dabei sorgfältig zu beobach- 
ten, ob nicht innere Gründe einer solchen Vermuthung entge- 
gentreten. Der Art können 6 (11), ferner das schöne kleine Ge- 
dicht 19(30), welches Nicetas Uugenianua auf zwei an Erbärm- 
lichkeit ganz gleiche und nur in den Worten einigermaassen ver- 
schiedene Arten nachzuahmen sich abmüht (Mehlh.Prolegomm. 
p. 26.) und meiner Ueberzeugung nach acht anakreontisch ist,' 
sein ; von 27 + (46) scheinen die ersten vier Verse hieher za 
gehören ; eben so wohl auch das frischeste und lebensvollste 
aller anakreontischen Lieder, das 30ste (4 bei F.) [welches 
rücksichtlich seines Grundgedankens Anthol. Pal. XI, 8 anit 
sonst vielfach nachgeahmt zu sein scheint], und endlich 46(26) 
die drei letzten Verse. In eine dritte Classe würden diejenigen 
Lieder zu vereinigen sein, welche durch eine reinere Form und 
Ausführung, wenn auch nicht Anakreons würdig, doch unter 
die besseren Erzeugnisse des Alterthums zu reihen sind , wie 
7 (15) mit Ausschluss der 5 letzten Verse; 10 (10), 11 (13), 
15 (28), 17 (21) von Vs. 10 ff. an; 23 (1), 24 (2), 27 + (46), 



*) Wir sagten ziemlich , da wir nicht bergen wollen , dass in 3 (17) 
insbesondre die Erwähnung der vielen Sternbilder einigeruiaassen die 
Wahrheit unsrer Annahme zweifelhaft macht, in 9 (12) im Citat des 
Proclus zum llesiod die Lesart nicht ganz za der der beiden Godd. 
stimmt, da jeuer ri umzikri xbXi86v^ diese xi coi XdXri haben, und 
selbst rücksichtlich 45 (3^) noch gefragt werden kann , ob nicht He- 
phästion die beiden Verse, welche er citirt, nur aus Anacreootici«, 
nicht aus Anakreons Gedichten nahm. Uns scheinen jedoch diese Be- 
denken unstatthaft. . , 

**) Beiläufig bemerke ich hier, dass in diesem Gedicht, welches 
übrigens voliätändig erhalten ist, ein Vers zwischen 5 n. fehlt, näm- 
lich ein pherekratischer , durch weichen die beiden vorhergehenden 
glyconischen zur zweiten Strophe abgeschlossen werden. 



134 Griechische Litteratur. 

Sl (3), 33 (46) dorisch, 37 (47), 46 (26), 48 (34) dorisch, 
und die sction entschieden späten 13 (32), 14 (9). — In bei- 
den letzterwähnten Classen verdient die Form bei der lieber- 
tragung noch die grösste Sorgfalt. In der vierten Classe jedoch 
dürfte sich diese schon nach der besseren oder schlechteren 
Ausführung des Originals mehr oder weniger auf den Ausdruck 
im Ganzen beschränken. In diese Classe würden wir nämlich 
alle übrige, grösstentheils ziemlich nutiedeutende, Lieder zu- 
sammenhäufen; auch unter ihnen das Bessere auszuscheiden, 
scheint kaum der Mühe werth. Nur so ganz Schlechtes, wie 
4 (IH), würden wir ans Ende verweisen. Ob in diesen Gedich- 
ten der im Deutschen mit Mühe wiederzugebende Doppelvor- 
schlag jedesmal nachgeahmt wird, oder nicht, ist unsrer Mei- 
nung nach so ziemlich gleichgültig. Vielmehr hat der Ueber- 
setzer darauf zu sehn, nicht durch zu grosse Anstrengung die 
Leichtigkeit, welche, wie gesagt, selbst in den meisten die- 
ser schlechteren Gedichte waltet, zu verwischen. Bei dieser 
Anordnung würde der Leser den Vortheil erhalten, dass ei- 
nerseits durch die vorangestellten Gedichte sein Urtheil orien» 
tjrt und andrerseits der Genuss der bessern nicht durch die 
eingemischten schlechteren gestört, verkümmert oder verwischt 
würde. Diess wäre unsre Ansicht über die Anordnung der Lie- 
der, welche ein Uebersetzer zu bewerkstelligen hätte und über 
die Art, wie er übertragen müsste. Jene im Einzelnen mit 
Gründen zu belegen, ist hier der Ort nicht und uusre Ansicht 
über diese soll wenigstens auf die Beurtheilung der vorliegen- 
den üebersetzungen, welche beide nach andren und sich selbst 
entgegengesetzten Grundsätzen bearbeitet sind, keinen Ein- 
fluss haben. 

Der Hr. Verf. von Nr. 1 hat seine Uebersetznug insbeson- 
dere denen bestimmt, „welchen der te'ische Sänger in der 
Grundsprache unzugänglich ist.**^ Diess hat ihn aber nicht be- 
wogen, die Form freier zu behandeln; vielmehr scheint sie 
ihm, wie er selbst sagt, bei einer Uebertragung nicht gleich- 
gültig und , obgleich wir nicht diese Rigorosität bei den Le- 
sern, für welche er schrieb, für nothwendig hielten, so ver- 
kennen wir doch nicht die Mühe , welche er darauf verwandte, 
das Aeussere des Originals nachzubilden. Allein diese Mühe 
finden wir auch als das Einzige, was wir an des Hrn. Verf.s 
Arbeit loben können. Ein glücklicher Erfolg hat sie nicht ge- 
krönt. Hr. J. hat sich nicht die Mühe gegeben, diese Mühe 
so lange fortzusetzen, bis man der Arbeit die Mühe niclit mehr 
ansieht. Wir werden darauf sogleich zurückkommen. Vorweg 
können wir aber nicht umhin zu bemerken, dass es uns sehr 
überraschte, dass der Herr Uebers. kein einziges der Resul- 
tate der neueren Forschungen über diese Lieder benutzte, we- 
der auf die Frage über die Aechtheit der Gedidite überhaupt 



Anakreont Lieder, aBeti. vob Jeriui «id Mobinf. 189 

sicheinliefli, noch die Naohwelftiiigefi ttber Interfiolation der 
einzelnen Lieder berücksicfitigte, noch endlich die Eintheilang 
in Strophen 9 welche in den meisten und awar den besserea 
schon nachgewiesen ist , erkannte. So stellt denn schon voa 
dieser Seite betrachtet Hrn. Jordan^s Uebersetsung keines we« 
ges in einem richtigen Verhäitnisa xa dem biaher für seia Ort» 
ginai Geleisteten. 

Aber selbst ab^esehn von diesem allgemefnen Nichtgelet^ 
stetes betreffenden Tadel , bleibt uns , so wie wir zu dem Ge- 
leisteten übergehn , auch nur zu tadeln übrig. Nach der Vor- 
rede und dem Zuschnitt des Ganzen zu schliessen, hat Hr. J« 
eine genaue CJebersetzung geben wollen, aber fast kein einzig 
ges Gedicht entspricht dem Original ganz. Nehmen wir nur 
gleich das weder in seinen Worten noch Metrum die minde- 
ste Schwierigkeit darbietende erste (beiMehlb. 23.). Die 8 
ersten Verse übersetzt Hr. J.: 

Ich wollte Atreus Sdbne, 
Ich wollte KadiBus preuen. 

Das Original hat: 

&ek(o dl KaSyLOV ^Selv. ^ 

Statt des Präsens ich will, wählte Herr J« das Imperfectum^ 
eben so im iten Verse erklangem für erklingen^ VX^'^* ^^^ ^^^ 
sens ist aber nothwendig. Der Dichter schildert sich höchst 
lebensvoll gleichsam im Kampfe mit seiner Leyer. Eben so 
ist die Steigerung in leyeiv und adstv völlig unausgedrückt ge- 
lassen. Vs. 4 übersetzt Hr. J. ,^erklangen nur von L%ebe^^\ der 
Text hat '^Egfoxa ^lovrov '^xti. Da die dem Eros entgegenge- 
setzten Gegenstände stets ganz eoncret durch Nomina propria 
bezeichnet sind, wie 'Atgeidav^ Kadpog^ ^Hgaiclijg, so muss 
''EgcDg ebenfalls sowohl hier als Vs. U, und in dem letzten als 
uom.pr. und nicht abstract gefasst werden. V8.5.6 hat Hr. J.: 

Jüngst wechselt' ich die Saiten, 
Nahm eine andre Leyer. 

Der Text lautete 

il^Biipa VBvga mcßriv 

Abgesehn davon ^ dass Hm. J.'s sedisleif Vers bockst malt 
und prosaisch ist» giebt er auch kaum d«B Text wieder. Br 
«hersetzt, als ob IvffrjfV xs stünde uad nicht xecl kvgtiv. Der 
Text enthält eine Steigerung: Jüngst wechselt' ich die Saitea 
und — (als se'.b&t dieses nichts half) -*^ die ganze Leycr. — 

vs. 9» mir* •!•• ■ • v< 



m Giiecbiflclie Litteratur. 

Und BBii^ Alnidefi Kämpfe 
Doch meine Lfyer hallte 
Kur Liohestön^ nntg'cgen. 

Dafifi das nom. geiit. Aleides im Dentscheii niclit als nonri. propr. 
fonpren und fol^iicli in dieser Verbind un<: nicht ohne Artikel 
etehn könne, Tert^tetit «ich von «elbst. Aufsserdem ist aber auch 
der Gegensatz gar nicht ausgedrückt^ welcher im Original aufs 
Bchärftite bezeichnet ist: 

KaycD fiiv yÖov a^^ovg 
'HQajckBDvg kvgi] de 

Die beiden letzten Verse sind ganz periphrastiNcli und prosaiflch 
vberaetzt : 

Denn meine Lante tonet 
Kar zu der Liebe Liedern. 

Im Text: 

fiovovg ''EgcDtag uöel. 

Bei den Gedichten mit doppeltem Vorschlag, bei denen «ich Hr. 
J. durch das Metrum noch bei weitem beengter fühlte^ würden 
eich noch vielmehr Gelegenheiten zu solchen Bemerkungen fin- 
den; doch wir wenden uns lieber zu einer kurzen Rubricirnng. 
Im Ganzen hat Hr. J. nach den Lesarten, welche sich in 
der Möbius'schen Ausg. finden, nicht falsch übersetzt. Eine 
Ausnahme bildet wohl 13 (11 bei Mehlh.), wo er übersetzt: 

Ale Cybele die Bchone 
Entmannt erblickte Atrvs 
Da äoll er auf den Höhen 
Geschrieen geraset haben. 
Der Text lautet: 

Ol fiev Kd?<,i]v Kiißrjßijv 
Tov '^(ilS'rjkvv ''Attlv 

*Ev OVQBÖLV ßocDvza 

-^fyovßtv BXfiDcv^vaL. 

In Hrn. J.'s Uebersetzung ist erblickte Gott weiss woher gekom- 
men und in der Verbindung reiner Unsinn und keine Spur von 
Tonstruction. Unsrer Ueberzeugung nach kann man keinen An- 
stand nehmen, Bentlej's einfache Conjectur ßo(D6av für ßoaina 
in den Text zu nehmen. Es lassen sich die Worte zwar auch 
fio grammatisch erklären; allein der Mythus zwingt zur Auf- 
nahme dieser Conjectur. Falsch ist auch 22, S (17, Vs. 13 
Mehlh.) fiakaKOTccTtp xkadiöxco durch ^bls zum dünnsten Wi- 
pfel" übersetzt; ferner U, 14, wo öcaxovo roöavra durch 
,yNun dien' meinem Dichter (in ähnlichen Geschäften) wie vor- 
mals ihr^^ ganz falsch wiedergegeben ist; 10, 5 to xvx&ev das 
Bildchen; 21^ sind die letzten Verse überscsUt: 



Doch zar Seite leg;' ApoUen 
Und BathjUen nimin in Arbeit. 
So da Samoi einst be«achei>t, 
Sey Bathjll zum Phubos Vorbild. 

Die beiden ersteD Verse heiseeo im Original : 

Tov ^Axoklwva 61 tovTOV 

Dass sie ^anz etwas andres bedeuten^ als Hr. 3. daraus gemacht 
hat, bedarf keiner Ausführung. Solcher Beitipiele finden sich 
noch mehrere, wie 6, 9. 12. 11. i2. 2S. 24. 25. 30, W, S8, 
49, 46 und sonst; sie genauer durehzugehn, lohnt nicht der 
Muhe. Imiibrigen ist, wie bemerkt, der allgemeine Sinn nicht 
leicht verfehlt , die Feinheit der Wendungen aber gewöhnlich 
durch zu derbes Zugreifen, oder andres der Art fawt ganz ver- 
nichtet. So ist im zweiten Gedicht der Vers yvirni^iv ovx ev* 
BtXBV etwas derb prosaisch gegeben durch ,.noch hatten nichtg 
die Weiber.*^ Eine totale IJmwandelung erlitt 111, 3: 

MsöovvKtlotg ÄO^' Sgaig 
2^TQBq}trai or' "^dgarog rjdi] 
Kaxu xbIqu xriv Bodzov. 
Hr. J. übersetzt : 

Als der Wagen schon eich wandte 
Von Bootes Hand geleitet. 

Davon steht im Texte nun kein Wort. Uebrigens, um diess 
hier im Vorbeigehn zu bemerken, schien mir der Vers xaza 
%BiQa u. s. w. stets ein Glossem zu sein. Es könnte nur eine 
genauere Bezeichnung der Stellung des Bären sein, welche von 
Seiten des Dichters rein überflüssig wäre; wohl aber konnte eia 
luterpolator einen Trieb fühlen, ein zufällig daneben geschrie- 
benes Tiara %BlQa xov Bocirov in den Text zu setzen. Die In- 
terpolation hat in diesen Liedern zu sehr grassirt (vgl. Mehlh. 
Prolegg. p. 19.) 9 al*^ dass wir einen Anstoss daran nehmen konn- 
ten , in einem so überflüssigen Verse eine solche zu erkennen. 
Merzen wir ihn ans und noch den 18ten, so erhalten wir an 
diesem Liede ein aus sechs vierversigen und einer sechsversigen 
SchiuBsstrophe bestehendes Gedicht. Dass der 18te ebenfalls 
zu streichen sei, sieht man schon, sobald man die Verbindung 
desselben mit dem früheren beachtet. Es heisst nämlich im 
Text: 

^AvB(p%a xorl ßgitpog fkBV 
*EgoQa (pigovra to^ov 
iSlJzBQvydg xb nal (pagBXQtiv 
Ilagä d' iöxitiv u. g. w. 

Tb xal konnte nichts an das verbindungslos gesetzte ro^ov knü- 
pfen; man könnte nun zwar dorch eine leichte Emendatiott 



1S8 Griechisehe Litteratnr, 

q)iQOvra in q)BQOV ts verwandeln, allein dieses re hätte dem 
ro^ov nachgegetzt werden müssen. Ueberhaiipt ist aber der 
VerH nregvyag ts u. s. w. ^anz unnütz. Von Bedeutung ist für 
dieses Lied nur die Erwähnung von Amors Bogen. 

Ferner bedient sich Hr. J. einer Menge Wendungen, wel- 
che der Einfachheit dieser Lieder ganz unangemessen ist; so 
giei{:h in eben diesem Gedicht Vs. 11 ff.: 

Bin ein schuldlo»- schwacher Knabe 
Und verirrt von Regen triefend 
In der Nacht der mondlos finstem; 

wenn man die athemlose mit hochtragischen Worten gespickte 
Rede mit den Versen des Originals vergleicht, wo Amor gans 
naiv und einfach sagt: 

BQB(pog £tfil ^fj (poßrjöaL 
Bgexo^ai de Haöskr^vov 

Vs. 22. „Des Wassers Nässe'' für vygov vS^q. IV, 1 „Auf der 
Myrthe zartem Sprössling^^ für Inl fivQöivaig tsgalvais. Vs. 7. 
„Denn das Leben flieht im Umschwung ^^ für xQoxog agfiatog 
ydg ola \ Bioxos tgi^et xvXLö^slg; V, 4. „Scherz leere dann 
diePokale^*' für mvofisv dßgä yakcjVTsg, VI, 3. ^s%vo(iBV dßgä 
yEk(Dvrsg ,^beseeligende Pokale'^; oder gar wie 27. die hochtra- 
bende Wiederaufnahme des Satzes durch Pronomina: 

Wenn der Sohn des Zeus, wenn Bacchus 
Er der Schwermuth ein Vertilger 
Er der hohen Freude u. s. w, 

und Vs. 7. 

Ich fühl mich hochbeseeligt 

Ich Freund vom sanften Kausche, 

WO im Griechischen: 

Tov ^log 6 TCcug 6 Ba^jpg 
^O Ivalcpgov Avalog 
"Otav X. r. A. 
ond Vs. 7. 

"Exco ts xal tt tsgnvov 
^O rag ^isd'ag sgaördg 
Msxd Tigozmv x. r. A. 

Beispiele der Art Hessen sich zu Hunderten anführen. 

Oft gebraucht auch der Hr. Verf. niedrige, hypokoristi- 
sche und komische Wörter; solche sind aber nicht naiv und 
machen nach unserm Bedünken stets einen unangenehmen Ein- 
druck; so II, im letzten Verse: Weibchen; HI, 29. Gekicher; 
IV, 3. bechern; XXX, 5. Kfiäblein; LL Gedüß; LV. Gemätm 



Anakreont LMer, üben, yrom Jordan «kd MftUna. HB 

und andre der Art. Prosaisch ist IX. ^pfle^ so h&pfefi^'; XL 
„preisest"; XII. „Soll lieber ich — und sein ein zipeiter Tereus^^ 
und eine Unzahl andrer Stellen. Zu freie Wendungen sind^ 
um einige Beispiele anzuführen : 

Und da wilUt das Grab dann salben 
Und umsonst den Hügel netzen, 
fiir: 

Tl 0e 8si XtAtov iiv^i^iv 
TL da y\} xiuv fuxraio. 

Seltsam ist die Wendung 29, 36: 

An den üppig weichen Schenbeln 

Voll Liebesfeuer, lasa nicht 

Die entblösste Schaam ihm fehlen* 

Der Text lautet: 

MviQäv t6 mj^ ix6vx(Qv 
*A(pBl^ xoifiöov ald(5. 

i(p$Xrj eniblösst erklärt auch Fischer und M ehihom so. Wenn 
das ganze Gemälde nackt ist, so ist die besondre Erwähnung 
der Entblössung unnütz; im ganzen Gedicht wird aber keine 
Andeutung von Gewändern gegeben; war es dagegen zum Theil 
bekleidet, so ist die besondre Entblössnng seltsam. ^A^zXiqq 
erklärt ttesychius unter andern o fiifrs nXtov(it,(ov [ii]TB dsov 
n tov ödfiarog. Dieser Erklärung analog ist die technische 
Bedeutung von äq)£l7]g in der Zusammenstellung mit koyog mrt^ 
ielmässig ; so glaube ich, dass die Vorschrift, welche der 
Dichter seinem Maler giebt, nichts besagt, ais dass er die 
Schaamtheile weder zu gross noch zu klein machen soll, wie 
dieses auch im Geschmack der griechischen Artisten lag, wo- 
von uns die i\brig gebliebenen Bildwerke Zeugniss geben. — 
Andres der Are findet sich noch in der Debersctzuug vou U^ 
46, 51, 59. 

Dem Metrom zu Liebe sah sich Hr. J. auch zu mehreren 
Flickwörtern genöthigt; ,,0'' im lllten G. Vs. 10. HI, 3. Im 
Uten ist q)Q6vri6ig „Muth und Hoheit^^ übertragen ; es ist nujr 
Verstand zu übersetzen. Vergl. Simonid. sc. Tvvavü* 1. u. Pho- 
cyl. 120, dessen Worte in diesem Gedicht zum Theil verarbei- 
tet scheinen. IV, 8 hat sich der einfache Wagen (a^fia) des 
anakreontischen Liedes in einen Siegeswagen verwandelt. VI, 
und sonst; 30 findet sich sogar das unangenehme da als che- 
ville: Mit Kranzfesseln da schmückten. Ueberhaupt gehört 
dieses schöne Gedicht unter die am schlechtesten übersetzten. 

Einige Stellen klingen auch in der Uebersetzung äusserst 
dunkel, während sie im Original ganz klar sind, wie 24: 



140 Griechische Litte ratnr. 

Da ich dieses Lebens Pfade 

Als ein Sterblicher betrete 

Ist mir klar wie lang ich wandte, 

im Original: ^qovov ayvcov ov TtaQtjk^ov ; ferner 25 „ich sollt' 
mich irr'n am Leben '^ griechisch: tl de zov ßiov nkavSiiai^ 
und andre. 

Auch das Deutsch ist nicht ganz correkt; so 19 „was wollt 
ihr guten Freonde^S 29 „mit sanfter Gluth des Schaamrotha'% 
34 „wehr nicht stolz ?nich Verliebten!'^ 35 „Er trägt du siehst 
ein Mädchen aus Sidon^^ statt das Mädchen, 40 sähe fiir sah. 
Lyäens, Lemnens^ Apollen, Bathyllen und Formen der Art 
möchten im edieren Stjl kaum zu billigen sein. Undeutsche 
Wendung 54, 4. 

Was das Metrum anlangt, so hat sich der Herr Verf. im 
Ganzen dem des Originals angeschlossen, doch ist diess auch 
zuweilen verabsäumt, wie V, 15; VI, 9 ötofiatav döv nveov- 
tov macht nv keine Position; Hr. J. hat in dem entsprechen- 
den Vers: „Von dem Ilaarschmuck süss umwallet ^^, wo der 
süssum wallende Haarschmuck dem aßgoxairag entsprechen soll; 
25, 3 ,,Was kümmert mich des Lebens Müh^^, ist Mäh zu viel; 
36, 6, wo 7t(D^a für no^a auch von Möbius aufgenommen ist; 
38 können wir mit Hrn. J. nicht rechten, da er nach schlechten 
Lesarten übersetzt; allein es ist seine eigne Schuld, dass da- 
durch sein 5ter u. 7ter Vs. dieses Gedichts metrische Undinge 
sind. 39, 2 und 19 sind einfache lonici a minori keine dva- 
xlcj^Bvot; ebenso 52, 5 und 10*) u. 14; 54 (bei F. 56), 5 u. 11 ; 
ebenso 55 (57 F.), 5 u. 11. Andrerseits ist Hr. J. dem Metrum 
zu treu gewesen. 39, 5 ist ^ATCOQinxovzai ^SQtfLvai nachgebil- 
det durch „mir hinweg fliigs aller Kummer; ebenso Vs. 23 
&La6cp TBQTio^aL xovQov „aus der Brust jede Unmuthsspur.^^ 

Allein der schlechte Dichter hat hier ac kurz gebraucht; das 
hätte Hr. J. nicht nöthig gehabt nachzuahmen**). 

Was die deutsche Frosodie anlangt, so läuft bei den Dop- 
pelvorschlägen manches mit, was nicht regelrecht ist^ wie IV 

C> V O w 

auf der ^ o da^ welche letztre beide entschieden lang sind; 
doch müssen wir im Ganzen des Verf.s Sorgfalt in dieser Rück- 
sicht loben. Fehlerhaft ist Iphitus mit i gebraucht XXXI, 15 



*) Natürlich mit Aufnahme der auch von Mehlhorn in den Text 
genommenen Paa'schen Verbesserung. 

•*) Eben so wenig durfte er Vs. 17 (iVQfp svoadsc rsy^ag durch „von 
Duftöl lieblich umhauchet '^ nachbilden, da ä in fivQO) wegen des fol- 
genden tv kurz ist. VI, 9 , wo llr. J. ebenfalls seine Unkande gezeigt, 
ist schon erwähnt. 



Anakreons Lieder, übers, toü Jordaa und Mftliiiif. lU 



1111(1 IIT, 30 kann auch a. XXXIV^ 1 nickt schwerlich den Acceot 

im letzten Fuss vertragen. 

Wir glauben hiermit Einzelnes genug angeführt zu haben 
und wenn aucly der Hr. Verf. noch einige Zweifel über seine 
Arbeit hegen möchte, so wird der Leser wenigstens wisseo, 
was er von ihr zu erwarten habe. Druck und Papier sind deiil 
Inhalt ganz angemessen; schlecht und abschreckend. ' 

Eine Anzeige von Mr. 2 ist eigentlich kaum dem Zwecke 
dieser Zeitschrift angemessen. Eine Beurth eilung dieses Biich- 
leins erfordert eher einen Aesthetiker als Philologen. Die ana-* 
kreontischen Lieder sind hier weniger übersetzt als frei und 
zwar sehr frei nachgeahmt. Hr. M. iässt nach Willkühr aus 
und setzt eben so nach Willkühr zu« Ein Beispiel sei das SSste 
Lied (15 bei Mehlh.) S. 32: 



Maler, deinen Ruhm za krönen, 
Male mit erfahrner Hand 

Mir das Bildniss meiner Schönen, 
O sie weilt in fernem Land. 

Lacken mögen schwarz und schön 
Ilirc weisse Stirn nmwehn, 
Scliwarze Aiigcnlicder male 



Und das holde Augenpaar 
Male es so hell und klar, 
Pa^s es Feuerflammen strahle 
Wie Cytherens schönes Auge. 

Und den Göttcrpinsel tauche. 
Wenn du ihre Wangen malest, 
Kunstreich ein in Milch und Rosen. 

Und dem kleinen Mund dem losen 
Male süsse Purpurlippen, 
Wunderschön zum Küssenippen, 
Künstler male meinem Liebchen 
An das Kinn ein schelmisch Grüb- 
chen. 
Um des Marmornackens Fülle 
Schwebe hold die Grazie. 



"AyB itoyqcctpmv aQiüte 
rQccq>8 icoygaqxov agiatB 
*Podl7j9 KUQavB Tsxvrjs 
'Ansovaav^ wg av etntOj 
Pi^aqps T^v ifi'^ hxat^Tiv, 

TQOL(pB llOl tQixaS TO nQOOTOP 

*AnaXag rs xal (islalvag* 
*0 dh HTjQog av dvvTjrai 
rQatps Kai fivQOv jrvBovaag 
FQucps 8' ii oXrjg naqsif^g 
*Tn6 7S0Q(pvQai6i xalxaig 
'Els(pccvTivov fiitconov, 
T6 (iBöofpQvov ÖS [iiq (loi 
/JiaxoTiTS 117}$^ (ilöys 
'ExsToa d' oniag iHstvrj 
T6 Xflrjd'ovcog ßvvocpQvv, . 
BXftpaQcop ttvv TtsXaiVT^v. 
T6 dl ßXi/ifia vvv aXri^mg 
Anb Tov nvQog noirjcov 
"Afia yXavnov wg 'A&i^vtjg 
Zi(ia 8* vyQOv dg Kv&T^Qjjg, 

rgd(p8 IfTva neu naquag 
*P68a to yaXamt (Jtl^ag, 

TgacpB 2;£7Xoff ola Usi&ovg 
IlQOTiaXoviiBvov q)iXritia. 
Tqvtpeqov 8* iaco ysvBiov 
IIsqI Xvy8h(p zQaxriXcp 
XaqizBg nitoi>vzo näoau 



14S Griechische Litteratnr. 

UimI der zarten Glieder Schnee ZzoXtaov t6 Xomop ctvtrjv 
Schitnmre durch des Purpurs Fül- * TnonoQq)VQOt0i, ninXoiq 

le *). ^Jtocqxxivszm ds öaQKoiv 

'OXiyov t6 acofi* iXs^x^v. 

Ha! schon seh' ich sie, o hald *AnixBi* ßXino) ydg avtriP' 
Sprich zu noir, du Iluldgestalt! Taxoc titjqs kuI XaXi^atig» 

Das folgende Gedicht hat Hr. M. ganz onühersetzt gelaasen. 
Im Ganzen bemächtigt er sich nur der Idee des Liedes «nd der 
A«sfVihrnng im AlUemeinen« Das Einzelne gestaltet er nach 
fieiaer sabjecthen Stimmung, ohne dabei sich dem EinAuss des 
Heims ganz entziehen zu können. Hierdurch gewinnen nun 
swar die schlechteren anakreontischen Lieder, die besseren 
aber verlieren auch. Jene lesen sich angenehmer in diesem 
Gewand, die«e dagegen im Original. 

Das Ganze macht im Allgemeinen einen schönen Eindruck« 
Nnr das ganze erste Gedicht und einzelne Stellen der iibrigen 
gehn ins Kniddelversartige, in die Manier der haririschen Ma. 
kamen über. Jenes wollen wir des Beispiels wegen henretoen; 
es lautet: 

Die Atriden will ich singen 

Und dem Kadmus Lieder bringen. 

Doch es tönet meine Leyer 

Nur des Eros heiliger Feier. 
Jüngst liess ich die Laute tönen, 
Des Aleiden Ruhm zu krönen. 

Doch war Liebe jeder Klang. 
Drum lebt wohl, ihr Heldenlieder; 
Tönet meine Laute wieder, (!) 

Schallt dem Eros mein Gesang. 

Da diese Uebersetzung eine der am meisten misslangenen 
ist — Unsinn ist z. B. der mit (!) bezeichnete Vers, so möchte 
ich gern eine der bessern noch hinzufügen; doch fürchte ich 
schon zu viel Raum für diese Anzeige verbraucht zu haben und 
verweise daher die Leser auf das Büchlein selbst, welches ih- 
nen im Ganzen gewiss einen angenehmen Moment bereiten wird. 
Einiges jedoch, wie die schwerfällige Uebertragang des 7ten G. 
(S. 10), metrische Fehler, wie Chariten S. 8 mit langem f. und 

Huldgöttin mit Accenten auf der ersten und letzten Sylbe '*'*), 
und Cybele S. 58 mit langem e, wo man jedoch nurCybebe zu 
lesen braucht, ferner das hässiiche und undeutsche: ,,mogea 
schöngeschmückte Schönen (S. 9.)'^ hatte man gern wegge- 
i^ünscht« Theodor Benfey. 

*) statt Fülle ist wohl HüUe zu lesen. 

**) So ist auch j^Du wirst alt (S. 15.)'* amuigenehm für das Olir« 



Ae9cli7U Tragoediae. Edid. Kluiien. 14S 

Aesckyli^ quae supersunt^ edlält Dr. RudolphusHenricia 
KlamoL Vol. I. Oresteo* Sectio I. Agamemnon. 6otha,e el 
Erfurdiae, «umpC GulL Uenningi. 18S3. 

So lange eine Wissenschaft, oder auch nur ein Theilchen 
in derselben, im Dciulc«ln liegt, ist es immer erfreulich, wenn 
üicli irgend eine Kraft darin versucht; mag sie der Schwierig- 
keit des Gegenstandes gewachsen sein, oder unter ihrer Bürde 
erliegen. Es werden dadurch aadere Kräfte angeregt und durch 
das Verneinen selbst der Wahrheit näher geruckt. Insofero 
muss uns schon im Voraus diese Erscheinung des Aeschjlischea 
Agamemnon, dem die übrigen Stüclce folgen sollen, wilikommea 
sein, ohne dass wir ihren Werth oder CJnwerth kennen. Denn 
unter allen nicht fragmentarischen Ueberresten aus der Ölüthen- 
zeit der griechischen Künste und Wissenschaften ist Aeschjlus 
derjenige, der am meisten sich nach Hülfe sehnt, und unsere 
besondere Beachtung und Würdigung in Anspruch nimmt, als Er- 
satz für die stiefmütterliche Behandlung der früheren Zeiten. 
Es haben seine Griechen ihn zurückgesetzt, weil ihr leicht 
durch's Leben wandelnder Sinn sich nicht recht befreundea 
konnte mit dem allzu tiefen Ernste eines für Gerechtigkeit und 
Frömmigkeit glühenden Herzens, dessen Begeisterung oft sich 
Luft macht in raschen und brausenden Ideenströmeo, und die 
streng abgränzenden Linien des kalt reflectir enden Verstandes 
überflügelt. Es haben ihn die Späteren vernachlässigt , viel« 
leicht eben wegen dieser Zurücksetzung seiner Landsleute, 
vielleicht wegen der Schwierigkeit seines Verständnisses, oder 
wahrscheinlich aus beiden Gründen zugleich. Erst der neuesten, 
in der Kritik so fruchtbaren Zeit war es vorbehalten, diesem 
begeisterten Sänger, den ich, blos subjectiv betrachtet, den Je- 
saias der Griechen nennen möchte, richtig aufzufassen und die 
ihm gebührende Stelle anzuweisen. Hiermit ist nun der erste 
bedeutende Schritt zur Lösung der Aufgabe geschehen; aber 
wie unendlich viel ist noch zu thun übrig ! Fast in jedem Satze, 
in jeder Zeile stossen wir noch auf Dunkelheiten, auf Zweifel. 
Aber seien wir nicht von dem Vorurtheile befangen , dass die 
Schuld blos an den Handschriften liege, dass ohne Auffindung 
und Vergleichung besserer, als der gegenwärtig vorhandenen, 
die sich vielleicht aus leicht zu erklärenden Gründen nirgends 
finden möchten, wir keinen sichern Boden gewinnen können. 
Ich glaube vielmehr, vermöge meiner unbedeutenden Erfahrnnfi 
dass ein mit der Diction und dem Ideenkreise der Tragiker 
und des Homers innig Vertrauter, wenn er zugleich eine etwas 
rege, selbstschafiTende Phantasie mitbringt, dieses glückliche 
Resultat herbeiführen könnte. 

Ich habe wohl nicht nöthig , mich über die gegenwärtige 
Gestalt and den Zuataod des Aeschjius weiter auszulassen, de 



144 Griechische Litteratur, 

• ' 

er als jedem Leser hinlänglich hekannt vorausgesetzt werden 
darf, und wenden wir uns nun zu unserm Commentator selbst, 
und vor Allem zu seinen Veranlassungen, Ansichten, .Hülfsmit- 
tein und Grundsätzen, die er iu der Vorrede befolgt zu haben 
bekennt. 

Er habe zweimal Vorlesungen auf der Universität Bonn 
über diese Tragödie gehört, und sich bei dieser Gelegenheit 
überzeugt, wie sehr der innere Zusammenhang von den Erklä- 
rem vernachlässigt worden sei. Diesem Uebelstande habe er 
abzuhelfen gesucht. Bei der Erklärung habe er deshalb den 
Sinn ganzer Theile, sowie einzelner Sätze mit 'kurzen Worten 
immer vorausgeschickt. Ferner habe er den Sprachgebrauch 
des Aeschjlus und der Tragiker überhaupt, und die Lyriker 
mehr, als seine Vorgänger, berücksichtigt; besonders habe er 
die Charaktere und Situationen der jedesmaligen Personen^ so- 
wie die Denkweise der Griechen immer im Auge gehabt. Im 
Besitze neuer Hülfsmittel sei er nicht gewesen, habe aber die 
Ausgaben von Turn., Aid. und Vict. genau verglichen. Conje- 
cturenhabe er, da der Text ihrer selten, und gewaltsamer (?io- 
lentis) nie bedürfe, vermieden. 

Ueber' den Stoff der Trag'ödie und über die Trilogle über- 
haupt verspricht uns der Verfasser eine Erörterung in der 
zunächst folgenden Ausgabe der Eumeniden. Es wird dann 
noch das Ergebniss der Coilation des cod. Med. in der Weigel- 
8chen Ausgabe, die ihm erst nach Beendigung des Werkes zu- 
kam, beigefügt. Nach Vorausschickung einer Inhaltsangabe un- 
seres Drama's und der Charakterschilderung der handelnden 
Personen wird zum Texte übergegangen, unter den die Varian-f 
ten und Conjecturen gesetzt sind, mit den Gründen seiner jedes- 
maligen Entscheidung für diese oder jen^ Lesart; und dann 
folgt der eigentliche Commentar. Zum Schlüsse wird noch 
eine Auseinandersetzung der Metra und ein index vocabulorom 
et rerum hinzugefügt. 

Wie wir gesehen haben, ist der gewählte Standpunkt, von 
dem aus der Verf. seine Arbeit ins Werk setzt, richtig, eben 
80 richtig und schöii seine Grundsätze. Es handelt sich nun 
darum, ob er ihnen treu geblieben, und ob er Kraft und Stärke 
genug gehabt, sie zu verwirklichen. Erlaubt man nun einem 
jungen Manne seine Meinung frei und ohne Rückhalt auszuspre- 
chen, was mir immer würdiger scheint, als furchtsam und ängst- 
lich sich umzusehen nach den Gränzen jener alles Tadeln ver- 
meidenden und mit Lobeserhebungen freigebigen Bescheiden- 
heit, die ich vielmehr eine demüthige Unmündigkeit nennen 
möchte: so muss ich gestehen, dass Hr. Kl. hinter seiner Auf- 
gäbe weit zurückgeblieben ist. Kein Vernünftiger, hoffe ich, 
wird Referenten ein so strenges Urtheil als Anmassung ausle- 
gen ^ die sich über Andere schon erhaben dünke. Niemand 



Aeschyli Tragoediae. Ed!d. Klaöfeiu 145 

"weiss vielleicht mehr, als er selbst, was es heisse, etwas Gedie- 
genes zu wissen , und* wie weit er noch hiervon entfernt sei. 
Die Hauptaufgabe des Hrn. Kl. war, das Verslandniss unsert 
Autors zu fördern. Dieses ist ihm wohl an einzelnen Stellen 
gelungen ; aber in den meisten hat er nicht nur nichts zu ihrer 
Aufhellung beigetragen, sondern sogar noch vieles Klare falsch 
aufgefasst. Ueberall stossen wir auf Irrthümer, auf Unge- 
nauigkeiten, auf unnöthige Weitläufigkeit, und vor Allem ist 
nur derExcurs über die Metra befriedigend. Die Schuld hier- 
von liegt, abgesehen von einer gewissen Flüchtigkeit, besonders 
an dem Mangel einer genauen Kenutniss der griechischen Spra- 
che. Hr. Kl. scheint es verschmäht zu haben, sich mit den mi- 
iiutiis gramroaticis abzugeben, sich durch genaue Beachtung 
dieser in den Geist der Sprache hineinzuarbeiten, ohne zu be- 
denken, dass dies die Basis aller Commentation sein muss. 

Dieses mein Urtheil zu bekräftigen , will ich nicht belie- 
bige Stellen aus dem Ganzen heraussuchen ^ was in einem sol- 
chen Falle immer tadelsüchtig und ungerecht wäre, sondern 
von vorn beginnen und eine Reihe Verse nach einander genau 
durchgehen, und dabei nicht nur das Falsche zurückweisen, 
sondern zugleich meine jedesmalige Ansicht über aufstossende 
Schwierigkeiten möglichst kurz andeuten. 

Nachdem der Verf. eine Inhaltsangabe des Prologs (v.l— 
S9) voraufgeschickt, die, wie gewöhnlich, etwas zu weitläufig 
ist, beginnt er die Texterklärung folgendermassen zu den bei- 
den ersten Versen, mit denen ich die 18 folgenden, sämmtlich 
hier behandelten der bessern Uebersicht wegen zusammenstelle, 

&sovg ^ev alt(o tavS* ditcclkay^v novcov^ 
^QovQccg BTslag fi^xog , f^v xoifidfjtsvog 
I^tayccig 'ArgsidcSv ayaa^tv^ xvvog dlxtjVj 
"AöTQiDV xaroLÖa vvxteQCOV ofirjyvQtv • 
6 Kai rovg q>iQOVtag xslfia xal ^Bq)og ßQOtolg 
jiafiitQovg övvaöxag^ ifiTcginovrag ccl^agt 
[tiörsQug^ otav tp&lvoöiv^ dvrokdg ts rtüv 
Kai vvv (pvldööG) Xa[ixdäag ro övfißolov 
Avyriv nvQog (psgovöav ix Tqolag q>dzi,v 

10 ^JkdöifiovtB ßd^iv was ydg xQatBl 
FwaLKog dvÖQoßovkov iknl^ov xiag 
Evz dv Sb vvxtijtkayxtov Svöqooov x %%^ 
EvvT^v^ ovBiQotg ovx IniöxoycovfiivTjV 
^EfLijvj (poßog ydg dvd^* vtcvov TtagaötaxBi^ 

15 To fii} ßBßalag ßkBq)aga öv[ißalBtv vscvcjt 
"Ozav 8* aBlÖBiv, ^' iiLvvgBö^av doxa 
^Tnvov ro'd* avtl^ioXTCov Ivtifivcav axog' 
Kkalca TOT oIkov xovöb öv(iq)ogdv 6xbv(QV^ 
Ov% dg xd ngoa^i* agiüxa dianovovfiBVOV. 

N. Jahrb, /. Fhil, v. JRki. od. KriU BÜL Bd. XI B/t. S. 10 



140 Orleehitehe Lilteraftar. 



/ 



^^QOVQag ivBlag li^xog per lon^itudinem annuae vigu 
lia0 posco liberationem {alt (5 äxakk*)- Diujam est es quo 
Deo8 imploravU^ ut Uberaretur. fLi^xog dictum ut xqovov : %6v 
f^axQOV XQOVOV Prom. 445; toi; siolvv %p. j^g. 510; tov ngd 
xov XQOVOV Eum. 462 ; et sine articulo xokvv xQOvov Uhm^b 
CA. 063; XBlvovra xpdi/ov Pers, 64; öaQOv XQ* SuppL ^W. 
Sitnili ratione dictum: ünk [iol firj fi^xo^, dkXd övvtoua Ant. 
446. Cf. ib. 393. Parum recte Schol. novaav tav xata to ia^- 
nogtijg itslag (pQOVQäg : neque enim hoc sensu dicipotest fi^nog^ 
nisi ita ut ad verbum referatur. Quod ab aliis fA^xog ad hslag 
refertur: vigiliae annuae longitudine^ hoc male se habet: nam 
8% addita longitudinis notione notionem itslag definis^ nihü de^ 
eignare potest ixuog nisi unius anni. Si voj; italag vocem fii^- 
xog regit^ premitur notio annui; si haec illam^ notio langitudi^ 
nis: et per multos jam annos manebat (?) haec molestia; 
vide ad t?. 4.^ 

Hr. Kl. erklärt also ft^xog als absoluten Accusativ in der 
Bedeutung per longiiudinem. Dann müttste ea aber ein adj. 
wie p^axQOV (so Eurip. Or. 72) bei sich haben. Denn ohne eine 
nähere Bestimmung kann ein solcher Acc. nicht stehen; und 
alle Beispiele, die Hr. Kl. anführt, beweisen nichts. Auch ist 
das Citat aus dem Ag. selbst falsch. Denn es heisst dort ig 
rov n. XQ* ^^^ ^^^ ferner jenes et sine articulo? Hat der 
Art. vielleicht Einfluss auf diesen Acc? Gewiss nicht. Oder 
hat er es wegen eines onnöthigen Parallelisraus, wie häufig, 
gethan? Dann musste er den Unterschied angeben. Denn ea 
ist wohl nicht einerlei. Ohne Art. wird eine unbestimmte Zelt- 
länge ausgedrückt; mit ihm ein bestimmter Zeitraum oder der 
Generalbegriif der Zeit, dem dann das Epithet der Länge m dgi. 
beigegeben wird. So Herod. 1, 32 o iiaxQog XQovog die Länge 
der Lebenszeit, wie Soph. 0. C. 1215 al fiaxpal diiiQai die 
Länge der Lebenstage, Jac. A. P. Vll. 225 die Länge der Zeit 
Im Allgemeinen, wie Soph. AI. 625 o (laxQog XQ^'^og; in den 
beiden von Hrn. Kl. angeführten Stellen, in der einen die Länge 
des Zeitraums vor Prometheus, in der andern wie Herod. 1, 82). 
In Soph. Ant. 446 aber ist fi^xog der Objectsaccusativ, und 
steht für [laxQa, wie Eurip. Or. 633 rä fiaxpa xcSv iffAtXQfiiv 
loycov i%lnQ06%iv iöti» Die andere aus der Ant. angeführte 
Stelle iq yuQ svxtog xal naQ iXnldag x^Q^ Solxbv alki^ pL'^xog 
ovdsv i^dovy hat mit der onsri^en nichts gemein, als dasa dort 
wie hier ^i'^xog ein Acc. ist. Es ist nicht einmal von der Zelt 
gebraucht. 

Die Erklärung des Schol. scheint Hr. Kl. so verstanden sa 
haben , als ob er (i^xog auf novav beziehe. Ich sehe aber In 
seinen Worten nichts Anderes, als dass er, wie anch mehrere 
Erklärer, nijxog von italag hat abhängen lassen. Dagegen 
spricht sich der Verf. etwas vndentlich deshalb «na, weil« wih-' 



Aesfihyli Tni^oedlte. Eüi. Klauen. 147 

rend bei seiner Erklarang q)QOVQSg iv. fc* auf das Flehen tioh 
beziehe, in dieser der Sinn einer nur einjährigen Wache ent- 
halten 8ei, die doch, wie aua v.4 hervorgehe, schon viele Jahre 
gedauert habe. Das glaube ich selbst; geht aber weder ana 
V. 4 noch aus dem Folgenden hervor, wie wir spater deutlicher 
sehen werden. Ich glaube es deshalb, weil kein Terniinftlger 
Grund vorhanden ist, warum Aesch. bei der zehnjährigen Dauer 
des Krieges die Wache sollte nur Ein Jahr währen lassen. Man 
kann mir freilich erwiedern, der Wächter könne einen andern 
abgelöst haben. Weshalb aber sollte uns der Dichter ohne alle 
Noth zu solchen Nebengedanken führen? Es handelt sich 
hier blos um die Grösse der Leiden unsers Wächters, nnd der 
Dichter hat es gewiss vermieden , die Zeit der Wache, beson- 
ders abereinerefnjährigen, bestimmt anzugeben. Nur Eins wäre 
denkbar, dass nämlich Aesch. den Hom. Od. 4, 524 nachgeahmt 
habe. Da er aber in allem Uebrigen, was diese Stelle sagt, 
von jenem abweicht, ist es durchaus unwahrscheinlich, dasa er 
gerade diesen Punkt hier entlehnt habe. 

Wie wir oben gesehen haben , ist Hrn. Kls. Erklärung ta 
sprachlicher Rücksicht unhaltbar; aber auch in ästhetischer. 
Wenn der Sklave sagt: Während der Dsuer eines Jahres flehe 
ich die Götter schon um Erlösung von dieser Wache, so hat 
dies wohl keinen bessern Sinn, als der oben erwähnte; es 
niüsste denn einer die Sache so verstehen wollen, dass er in der 
früheren Zeit die Wache ruhig und still ertragen habe, ohne 
Erlösung zu wünschen. 

Meiner Ansicht und meinem Gefühle nach müssen wir itslag 
in der Bedeutung perennis nehmen, wie Hesiod ^i/mvtftog ge- 
braucht op. 447 : q)Qa%tö%aL d', tv% äv yiQccvov fpcanjv ina- 
9Cov6t[j^ viI;o&sv ^k VEq)BG)v BVLavöta »ixXTjyvlijg ^ {jv apoirou( 
T8 ö^ficc q)eQSL^ Ttal ;|r£/f(aro5 Sqi]v öblxvvsl ofißgijQov. So ist 
auch Eurip. Hipp. 874 atavafjtigLog XQOvog nicht die Zeit eines 
ganzen Tages, sondern, wie der Schol. richtig erklärt, XQOVog 
Bx 7ta6(DV tav fjiiBQäv. 0QovQd heia ist also die das ganae 
Jahr hindurch währende Wache, ganz allgemein gesprochen, 
und /ii^xo^ gehört au ktslag. Ich übersetze unsere Stelle: die 
Götter fleh' ich um Erlösung von diesen Qualen der ewig lan- 
gen Wache. 

Ueber 7^v v. S. sagt Hr. Kl. nichts, wie auch die frühern 
Herausgeber. Man scheint es von xotfidfiBvog haben abhängen 
lassen, was ich für unrichtig halte. Es werden zwar sehr häufig 
intransitive Verben auf diese Art mit dem Acc verbunden; aber 
nur dann, wenn das Substant. mit dem Verbum gleiche Bedeu- 
tung hat, waa bei q>Q0VQdv xo^fiai^'d'ai nicht der Fall sein dürfte. 
ijv ist für ^ oder uad^ i^v zu nehmen, wie ich diesen Acc. an 
mehreren, grösstentheils falsch verstandenen Stellen gefunden 
habe. Da es mich so vreit abführen würdci weitläufig hierüber 

10* 



H8 Griechigche Litteratur. 

lu sprechen, so führe ich blos Ein Bei^^piel an^ Earip. Andr. 52^ 
wo e§ vom Neoptolemos , der in Delphi Busse thut für seinen 
Wahnsinn^ indem er vom Apoll Genugthuung für seinen Yaier 
verlangt hatte^ beisst: öUijv öiö(X)iSL fiavlag, 7JV7t6t\ eg IIv&cj 
fioktov, ytTjös ^olßov Tcargog ov tivuv (ich lese xr£ii/6t nach 
den edd.) dlxijv. Darüber ein Mehreres an einem andern Orte. 

Zu ayuad^BV v. 3. bemerkt Hr. KL: ^,flexo cubitu^ utEunu 
^, Flexi cubiti modo interior ^ modo externa pars respicüur. 
Esterna hoc loco, interna illo. Rede Gl, Farn, ev dyxakaig.^*' 
Er versteht also unter Syxa^sv den Kopf des Elienbogenkno- 
chens ( oiAixpavov ). Meines Wissens aber hcisst weder Syxa- 
<&£!/, noch Iv dyxdXaig etwas derartiges. Und diess selbst an- 
genommen, wie passte hier dies ayxa^sv^ das alsdann doch so 
viel wäre, als es cubitu ? An der Stelle der Eum. verhält sich 
die Sache anders. Dort steht ayxa^BV für ayKag nach der 
Vorsteiiungsweise der Griechen, sich einen an einen andern ge- 
hefteten oder zu heftenden Gegenstand aus demselben hervor- 
sehend zu denken (also hier: aus den Armen hervorstehend). 
Nach diesem zum Their auch ins Lateinische übergegangenen 
Gebrauch müssen wir, wie ich glaube, auch unten v. 10S6 ver- 
stehen ngotslvei äs %hq ix ^a^og oQhyoiihva, Ebenso Eurip. 
LT. 1280 bUIb xhQu hx ^tog. Og^yonkva ist strebend, begie- 
rig, wie Eurip. Or. 321 ^,6x^(ov^ oiav oQ^x^üg. 

Gegen ayxa^tEv als Synkope für dvkxahhv^ welche die al- 
ten Grammatiker und auch derSchol. (Letzterer erklärt jedoch 
falsch £| OLQX'^^) annehmen, wendet Hr. Kl. ein, er glaube das 
nicht und begreife auch nicht, wie der Sinn von oben herab 
hier passe. Hätte er uns eine einfachere genügende Erklärung 
gegeben, so wollte ich ihm gern beistimmen. Aber bis jetzt 
halte ich noch jene Erklärungsweise der Alten für richtig. Wie 
er aber an der Richtigkeit des Sinnes zweifein konnte, ist mir 
unbegreiflich. Wenn einer oben auf einem Dache sitzt, das 
eine freie Aussicht gewährt , so braucht er doch nicht erst die 
Augen gen Himmel zu richten, um die Sterne zu sehen. 

Zu V. 4 sagt der Verf. gegen Schützens Bemerkung: „Am 
Tage sei der Wächter abgelöst worden, ^^ da hätte das SignaU 
feuer nicht gesehen werden können; mit Recht; es müsstedenii 
einer glauben, das Feuer der Griechen habe eine besondere 
Kraft gehabt, so dass es selbst bei klarem Sonnenschein meh- 
rere Meilen weit durchglänzte. 

KdtOL&a — OfirjyvQLV übersetzt der Verf. unrichtig: o5- 
ßeri)o^ quomodo (ut?) sidera conveniant^ während der Sinn ist: 
Ich betrachte die Schaar der Sterne. Daher denn auch die 
falsche Zugabe: „j^ quibus Herum iterumgue redeunt stellae^ 
quae annum gubernant^ id vero Signum^ quod custodi terminum 
molesiiae portendat , adhuc etiam atque etiam esspectatur. 

Zu der ungewöbnlicbeoBedeutQOj von xavotda kann Earip, 



Aesfcbyli Tragoedlae. Edid. Klanfleii. 140 



I. T. 083 xdioKow ovx sldivai. (animadverter^) angefnhrt 
den. V. 5 sagt Hr. Kl. respondet^ v. 8 xal vvv q>vkä6ö(0 etc. 
Sollte er wirklich die beiden xal als mit einander correspondi- 
rend betrachten, so dass (pvkdööG) zu beiden Sätzen gehört) 
Das sagen seine Worte, ist mir aber unbegreiflich. Einer sol- 
chen Erklärung widerstreitet, abgesehen von allem Anderoi 
durchaus jenes xal vvv^ das offenbar nunc quoque bedeutet, 
gerade wie Soph. Ai. 2 xal vvv — ogä Wenn der Vf. glaubt, 
jenes xal^ im Fall es nicht mit dem v. 8 folgenden verbunden 
wiirde, führe eine schlechte Tautologie herbei, so werde Ich 
darüber meine entgegengesetzte Ansicht gleich zu v. 7 näher 
auseinandersetzen. Wenn er es aber für schleppend hält, in- 
sofern es mit dem Vorausgehenden verbunden wird, so stimme 
ich ihm bei. Jedoch Hesse es sich vertheidigen durch ein ahn- 
iiches unten v. 831. liidess aber hier ist es kein solches, son- 
dern ein wohlberechnetes. Es ist nämlich dem Sinne nach auf 
^atfta zu beziehen, und zu übersetzen, nicht: die Gestirne, 
welche Sommer und Winter bringen, sondern: die Gestirne, 
welche Sommer, und welche Winter bringen. Das ist die Be-^ 
deutung dieses xal. 

Den V. 7, den die meisten Commentatoren für untergescho- 
ben halten, glaubte Hr. Kl. auf die eben angedeutete Weise ge- 
gen Tautologie geschützt pnd so als unantastbar hingestellt su 
haben. In dieser Tautologie sehe ich aber etwas ganz Natür- 
liches und Schönes, wenn ich die Stimmung des Wächters be- 
rücksichtige, seine unwillige Betrübniss, die sich auslässt in 
Uebertreibnng und Wiederholung des Gesagten. Es recapitu- 
lirt dieser Vers das Vorhergehende mit Lebhaftigkeit, die um 
so grösser ist, als bei den Griechen und Orientalen überhaupt 
eine solche Redeweise, wie beim Kommen und beim 
Weggehen, wie es scheint, eine besonders beliebte Kraft 
hatte (vgl. Eurip. I. A. 1170. Soph. Phil. 13<M>). Eben deshalb 
aber muss nach al&BQCy was Hr. Kl. nicht gethan, Interpungirt 
werden. 

Damit der Leser das Gesagte im Znsammenhange deutli- 
cher vor Augen habe, übersetze ich die sämmtlichen bisher be- 
handelten Verse: Die Götter fleh' ich um Erlösung von diesen 
Leiden der ewig langen Wache, in der ich liegend hier oben 
auf dem Dache der Atriden, wie ein Hund, der nächtlichen Ge- 
stirne Schaar betrachte; die Winter ui\d die Sommer bringen 
den Sterblichen die glänzenden Herrscher, funkelnd im Aether, 
die Sterne, wenn sie auf^ und wenn sie untergehen. Auch jetsi 
forsch' ich nach dem Fackelzeichen, dem Feuerglanze, der 
Nachricht mir von Troja bringt und Botschaft der Eroberung. 
Denn so gebent'a des Weibes männlich herrischer Sinn in sei- 
nem Hoffen. 

Die folgende bestrittene Stelle v. 10, die ich in dieser 



150 Griecbiiciie Litteratur. 

Uebersetznng gefügt, hat Hr. Kl. wieder ganz eigen erklärt. 
Unterhalb des Textes weist er Schützens Explication: y^lta 
virilem animum reginae me vincere spero^^ (dieser liest nämlich 
mit einigen coddi ^Qtxtüv llnlt^io) zurück, weil xpamt/ nicht 
mit dem Acc. stehen könne! Sonderbar! Und im Commen- 
tare führt er zu ugatiiv^ um mit Wellauer die Bedeutung tit- 
atiiuendi^ adornandi, jubendi zu erweisen, folgendes Beispiel 
an aas Eurip. Hec. 282 oi; xovq 'KQaxovvta^ XQri xpamv» & 
lifj XQtciv. Ist ä vielleicht kein Ton xQattiv abhängiger Acc? 
Auch die oben aufgestellte Bedeutung dieses Wortes ist unge- 
nau. Diese ist streng genommen weder in xqcctelv noch in 
TigatvvsLV, das mit herangezogen ist; x^arsii^ heisst hier ge- 
bieten, und es bedingt dieses Wort überhaupt ein kräftiges oder 
ge^altthätiges Handeln. Hätte er dies inne gehabt, so würde 
er nicht auf den sonderlichen Erklärungsversuch verfallen sein, 
Tcgarelv mit iknl^ov zu verbinden und zu expliciren: ^^ita enim 
in sperando superior est virilis reginae ajiimus.*^ Er vergleicht 
TiQarelv^ rgBxovta^ (iax6[i£vov, nvKtsvovra. Aber ein TcgatBiv 
iknl^ovrccf das, glaube ich, wird der Verf. in der ganzen grie- 
chischen Litteratur nicht finden; well Im Hoffen Menschen mit 
Menschen sich nicht unter Aeusserung ihrer Kraftanstrengung 
messen können. Er fährt fort, seine Erklärung folgendermas- 
sen auseinanderzusetzen: „Tum custos , pariter ac posiea cho^ 
rns metuit^ ne nimiam regina spei tribuat ßduciam^ sihique sine 
niilitate molestmn imponat vigiliae laborem^ ea prosima opinata^ 
quae sunt remotissima. Quae esplicatio mihi tum Graeco^ tum 
poeiico sermoni magis consentanea videtur , quam altera Uta. ^* 

Wie? Der Verfasser meint, dies sei die passende Erklä- 
rung? Hier soll der Wächter ganz gelassen und ruhig seine 
Besorgniss ausdrücken über das eitle und rasche Hoifen der 
Klytemnästra, das ihm unnützer W^else diese Last des Wachens 
verursache? hier, wo nur das Betrübte seiner gegenwärtigen 
und ausgestandenen Leiden, durch jene herbeigeführt, sein 
Herz erfüllt? das zugleich; treuseinem Herrn ergeben, erschüt- 
tert ist du»ch des Weibes freches, herrisches Betragen und 
durch den buhlerischen Umgang mit Aegystheus, wie dies of- 
fenbar aus V. 19 — 20 n. 35 sqq. hervorgeht? hier, sage ich 
ferner, wo fast in jedem Worte eine Bitterkeit gegen Klytem« 
nS^tra aasgestossen ist? in xgatH^ was einem griechischen 
Weibe nicht zukommt » in yvvaLxdg statt Ssonolvtjg , in dvögo- 
ßovkov^ was für eine Griechin wenigstens nicht ehrbar ist, 
und selbst in der Zusammenstellung von yt;i/atxdgai/dp6j3ovAov? 

In der folgenden Stelle v. 12 sqq. nimmt Hr. Kl. mit andern 
atJt' Sv 12 sqq. u. Stav ö' v. 16 als Protasis; xkotlca v. 17 sqq. ' 
als Apodosis, so daas (poßog v. 14 — vtti'G} Parenthese ist. Mich 
aber befriedigt diese Erklärung nicht. Besonders scheint mir 
jenes tot« im Hauptsatoe ▼. 18 dagegen lu sprechen , das in 



I 

Aescbjli TragoedJae. Edü. Klamen. l&l 

solchem Falle einen Ge^ensats erfordert, und se! es aoch nar 
in Gedanken (vgl. Sopli. O. C. 290, Eurip. Andr. 441 ); ferner 
Mürde dem Wäcliter der üble Hergang im liause die llaupt- 
iirtiaclie seines Knmmers sein. Wenn man nun gar noch den 
balz ovav äs v. 16 als dem vorhergehenden untergeordnet be- 
trachtet, vfie Flr. Kl. thut (denn er sagt: nulla est in kacpe^ 
riodo oppositio^ und übersetzt: dum lectum teneo insomnem^ 
yuum canereincipio^ tuncfled), so Ist vollends auch das danach 
ozav übersehen. Jenes' nach weitläufigen Parenthesen vvieder- 
Iiolte da, das den unterbrochenen Gedanken wieder aufhimroti 
hat mit einem solchen gar nichts gemein. Auch ist es mit dea 
Üeispieleu, die Bothe für den Gebrauch jenes to fii^ statt äött 
fii] beibringt (v. 5'i7. Kurip. Hipp. 4$>), nicht abgethan. Dasg 
rö fiT] ov absolut für elg oder xaxd to firj oii (wie Hipp. 49) auf 
tiiese Weise gebraucht wird nach einem negirenden Satze, ist 
nicht zu bezweifeln. In v. 527 aber ist to ftij mit dem Infinitiv 
ii^ubjeGt, wie 292 Pers. u. Soph. Ant. 5^^ Object, und (itj eine 
gewöhnliche doppelte Verneinung nach Negationen, wirklich 
vorhandenen oder in der Bedeutung des Verbnms liegenden. 
Doch auf diesen letzten Punkt lege ich nicht viel Gewicht und 
es mag leicht ro fAt] wie to ^^ ov vorkommen. Ich könnte so- 
gar selbst ein paar Beispiele anführen. 

Meine Ansicht über diese Stelle Ist, dass wir zwei für sich 
bestehende vollkommene Sätze annehmen müssen, indem q)6ßog 
ycLQ dv^^ VTtvov für sich genommen, und nag aCtaxtl mit ^^m 
folgenden Verse verbunden wird. An der Auslassung von lötL 
in der Parenthese ist gar kein Anstoss zu nehmen , indem dies 
sogar die gewöhnliche Construction ist, soBurip. 1. T. 684 (nok- 
Aol yoLQ xaKol)^ Med. 558 aXigydg ol yeycjrss). UagaötaTBl 
ist ganz ähnlich dem unten v. 127fi folgenden xägiört, (Frei- 
lich dürfen wir diese Stelle nicht verstehen, wie Hr. Kl., der 
ogav nagBOti erklärt mit apparet hoc^ und es auf das Folgende 
bezieht. Es steht hier bgäv offenbar wie <5x£xcr£<50ai, erwi- 
gen. Vgl. Eurip. I. A. 1423 oga 81 Soph. Phil. 823 oga ye ). 
Ich übersetze unsere Stelle folgendermassen: Wenn ich in mei- 
nem Lager mich befinde, von nächtlichem Sturme und Nässe, 
nicht von Träumen besucht, darf ich (denn Furcht ist mir statt 
Schlaf) nicht fest mein Auge schliessen; wenn ich meine so 
singen oder zu trillern, anwendend dies dem Schlaf entgegen- 
wirkende Mittel, dann muss ich weinen, des Hauses Schicksal 
bejammernd, indem es nicht, wie früher, gut verwaltet wird. 
Auf diese Weise gibt der Sklave seine Leiden näher an: dass 
er in der Nacht unter freiem Himmel liegen, dass er zugleich 
wachen, und obendrein das Haus in solchem Zustand sehen müsse. 

V. 12. Ueber die Bedeutung von vvxriitkayTCtogy nacht- 
umstürmt, von nächtlichen Stürmen umtobt, hat weder Hr. Kl., 
uocli irgend ein Anderer ein Wort gesprochen. Sie scheint mir 



152 Griechische Litteratun 

aher nothwendij. Denn was soll Blomf.s qui errare facti vel 
noctu excitat ? Man vgl. Soph. Ai. 591 Zlaka^iQ — dklnkay» 
xrog. Find. Pyth. 4, 24 ccUnkayKtog yrj. 

V. 14. An der Stellung des Pronomen sii^v ist nicht tnza- 
stossen. Es wird sehr häufig ohne alle bet^ondere Bedeutung 
von seinem Substantiv getrennt. So Hec. 1208 (wie ich lese) 
Hai {iiqv tgaqxov filv naida y Sg ö' exQtjv tQsq)BLV ^ öcicag rc, 
tov IfioVy elxsg av xakov xAsog. Ebend. 1256 fiOQ(p^g ixip^ 
dov ij XI tilg B(i^g igsig, Andr. 368 tdö' bötl (lovagxlag ovic 
&i,i'i ^g (pijgi '^VS ^i^^S* lieber die Stellung an dem Anfange vgl. 
unten 1147. Hr. Kl. dagegen meint, es bedeute meum teneo 
lecturriy lectum hoc nomine indignum^ oder auch, man könne es 
iiiit dem Folgenden verbinden. Denn ütaQuötatslv XLva heisse 
accedere ad aliquem — / Hoccine credibUe aut memorabüe? 
Wo sind die Beweise? frage ich. 

Sollte das rege, geistige Leben, der höhere Aufschwungs 
den die Philologie in der neuesten Zeit genommen, der ernsten 
Gründlichkeit solche Opfer abverlangen , dann könnten wir ihr 
nur ein doppelsinniges xalge zurufen. Möge FIr. Kl. bedenken, 
in welch Labyrinth uns eine solche Behandlungsweise der Phi- 
lologie verwickeln würde, in ein viel gefährlicheres, als der 
steife, grammatische Pedantismus. 

V. 17 durfte VTtvov nicht unberührt gelassen werden. Ich 
glaube, dass man es am besten von dvtl^ökTCov abhängen lässt. 
So Eurip. Med. 1073 avtl^okicov ^xev oXoXvy^g fiiyav xotcv» 
TOI/, welches Beispiel , wie ich sehe, schon Blomf. angeführt 
hat. Auf diese Weise wird man auch Eurip. L T. 178 verstehen 
und vßvov Vfivov lesen müssen : dvxLi)dl[iovg (pddg vfivov. 

Zu oXolvyfjg v. 28 bemerkt Hr. Kl. laetus etfestivus ulu^ 
lalus^ und führt mehrere Stellen aus Aesch. an. Solche Be- 
merkungen müssen entweder erschöpfend sein, oder ganz weg- 
bleiben. Diese dagegen sagt so vieU als nichts. Denn bekannt« 
lieh wird dieses Wort mit seinen Compositis gewöhnlich von 
Weibern gesagt. Auch bedeutet es mehrmals Jammergeschrei. 
So Soph. El. 749. Eurip. Med. 1170. Troad. 1007. In diesem 
Sinne ist gewiss auch Ag. 1043 zu verstehen. Doch wie? und 
warum? das hier auseinander zu setzen, würde mich zu weit 
abführen. — V. 81: 

Jvxog X ^yays tpQolßiov xoQBv<Sofiat 
Td äB07tOT(DV yaQ bv TtBöovta d"iJ6oiiat^ 
^Tplg SS ßaXov6i]g xijgöi [lot q)QVKtOQlag 

erklärt Ilr. Kl. q)Qol(iiov^ id quod solemne et verum rei initium 
antecediU Zu dieser Begriffsbestimmung werden vier Beispiele 
aus Aesch. angeführt, worunter selbst nur ein einziges passt, 
Ag. ^61. Ueber diesen nicht so leicht zu beseitigenden Punkt 
kann ich mich hier nur darauf beschränken, zu sagen, dass das 



Aesdbyli Tragoediae. Edid. Klantea, US 

Solemne dieses Worts ganz zußllig ist, und in den wenigstes 
Fällen Statt findet. 

Als eigenthümlicher Appositionsaccüsativ bitte ipgolfiLW 
nicht libergangen werden sollen. Ganz äbnlich sagt Enrip. I. A. 
838: Ös^idv y ifiy ^s^l 6vvatlfoVj agxijv (laKccglav vviiq)BViii* 
tav. Vgl. 1104 Or. 204 Ag. 

In der Erklärung des y.82 scheint mir Hr. Kl. nicht glöck- 
licher gewesen zu sein, als seine Vorgänger. Er übersetzt^* 
cianif ut bene cadanL Wie sollte aber dies hier passen? Ich 
nehme d'ifcyoftat in der Bedeutung wofiir halten, betrach- 
ten^ wie dieses Wort Act. u. Med. sehr häufig vorkommt (vgh 
Eurip. Med. 532. 573). Der Sinn ist alsdann: denn meines 
Herrn Sache betracht' ich als glücklich ausgefallen. Das Foto- 
rnm steht für unser Präsens, was manchmal geschieht, wena 
die Handlung nicht blos auf die Gegenwart, sondern auf die 
Zukunft besonders sich bezieht, namentlich bei jSovAi^'cfOffca. 
Vgl. Eurip. Med. 261. Soph. O.T. 1077. O.C.1289 und bei der 
bekannten Formel tl Xi^sig (vgl. Eurip. Hec. 511, 1108. Phoen. 
1289). So ist ebenfalls 903 unten Soph. Ant. 48. Eum. 49 za 
nehmen, auch wohl Eurip. Or. 603 xaXov n&QiQyov 0' (xvto 
Q"i^0O(iaL novov. Unter dsöjcozfov v. 32 ist blos Agamemnon 
zu verstehen, vgl. Eurip. Med. 819 und dazu den Schoi. Wenn 
Hr. Kl. V. 3 meint, Agamemnon und Menelaos hätten zu Argos 
gemeinschaftlich in Einem Hause gewohnt und geherrscht, so 
ist das falsch. Aus der Stelle selbst (^tgsi^dmv) geht das nicht 
hervor, noch weniger aber aus den andern angeführten. Und 
warum sollte Aesch. zu dieser sonderbaren Annahme kommen, 
da doch allenthalben Sparta als die Residenz des Menelaos be- 
trachtet ist, und auch Strabo 8,6 ausdrücklich sagt: Msvikccog 
[iBV drj vqv AaxcsvLTtriv ^öxs ' Mvxi^vag da, xal zu [lixQV Koglv^ 
^oVy Tcal Uixvfovog etc. ÄyttfAifivcav ytagilaßs. 

Zu tglg e^ führt Hr. Kl. ein unsicheres Aeschylisches Frag- 
ment an: ßsßXfjx ^AxiXKtvg 8vo Ttvßo) xal zsCöagay und sagt: 
ibi ses^ hoc loco ter sex. Was weiss nun der Leser hiermit für 
unsere Stelle ? Zwei Worte blos : jactus felicissimt^ in ludo 
tesserario wären besser gewesen. — V. 36: 

Tä 5' alka öiycjf ßovg ItcI yXciöOy (liyag 
BeßijKBV • 

Unserm ßovg^ der auf der Zunge liegt, ist es gegangen, wie int 
neuen Testament (Matth. 19, 24) dem xdfirilog^ das durch ein 
Nadelöhr geht. Der Eine versteht ursprünglich eine (dieZunge^ 
fesselnde) Münze darunter, Hr. Kl. einen mit der Schwere sei- 
nes Fusses eine Schlange niedertretenden Ochsen. Es ist ge- 
wiss aber nichts Anderes darin zu suchen, als ein bildlicher 
Ausdruck einer durch die Schwere eines Ochsen niedergedrückt 
ten, d. h. gefesselten Zunge. Man vergleiche die ähnliche Stell« 



IM Geichichte. 

■as Sopti. O.e. 1051 xqvüia xAf;^ Ini yXdööa ßeßaKBV aiidÄot. 
505 und 509. 

Gerne würde ich noch zum folgenden Chore uberg^eheo, 
in dem dte amabilia insania unsers Dichters wahrhaft den Sphä- 
ren der Wirklichkeit entrückt, raschen Flugs alle ihre Schwin- 
gen entfaltet, und meine von des Verfassers im Ganzen, wie 
im Einzelnen abweichenden Ansichten auseinander setzen. Das 
erlaubt mir aber der beschränkte Raum dieser Blätter nicht« 
Aber auch das Wenige wird genügen, dem Leser ein Bild za 
geben von dem Verfahren und den Leistungen des Verfassers, 
und mein oben aufgestelltes Urtheil zu erhärten. 

Druck und Papier sind gut. 

Frankfurt. Hainebach. 



Bandbuch der neueren Geschichte für die oberen Clas- 
860 höherer Lehranstalten and zum Selbstunterricht, von Dr. Georg 
Philipp Schuppius, Dir^ctor und Profeäsor des Gymnasiums za 
Hanau. Erster Band. Hanau, Druck und Verlag der C.J.Edler- 

^ sehen Buchhandlung. 1833. 

lieber den Zweck des Buchs spricht sich die Vorerinne- 
rang folgender Gestalt aus: „Das vorliegende Werk soll den 
iq höheren Lehranstalten Unterricht geniessenden Jünglingen, 
nächst diesen aber auch solchen, denen die mündliche Unter- 
weisung des Lehrers abgeht, ein Hüifsmittel werden, sowohl 
die Begebenheiten der allgemeinen Geschichte des Europäi-^ 
sehen Staatensystems in ihrem politischen Zusammenhange^ als 
die merkwürdigsten Ereignisse der einzelnen Hauptstaaten in 
ihrer chronologischen Folge gründlich aufzufassen und mit 
Leichtigkeit zu übersehen'*' u. s. w. — Wenn es später heisst: 
,yDen angegebenen doppelten Zweck glaubt der Verfasser. am 
besten durch eine Verbindung der universalhistorischen und 
ethnographischen Methode zu erreichen,^' so muss Referent 
gestehen, dass er nicht weiss, was der Herr Verfasser unter 
uiiiversalhistorischer Methode versteht, indem er wohl eine 
geographische, chronologische, ethnographische, synchronisti- 
sche, pragmatische und politische, aber keine universalhistori- 
sche MMioAe kennt. Und gäbe es eine solche, so würde diesem 
Ausdrucke schon der Umstand widersprechen , dass, die N. A« 
Freistaaten abgerechnet, von keinen aussereuropäischen Staa« 
ten in diesem Buche die Rede ist. Eben so gut würde man sich 
des Ausdrucks specialhistorische Methode bedienen können. — - 
Hr. S. hat die neuere Geschichte in drei Perioden (wovon vor- 
liegender erster Band zwei enthält) eiugetheilt, nachdem er 
eine Einleitung, S. 1 — 2, unter folgenden 3 Rubriken vorher- 
geachickt: 1. Umfang der neueren Geschichte ; 2. Abtheiiuiig 



Schuppins : Haodbuch der neveren Geichichte. 15& 

der neneren Geschichte; 3. Charakter der neueren Geschichte. 
Erste Periode von 1519 — 1600. Zweite Periode 1000—1180. 

Wenn auch von den meisten Ilititorikern die neuere Ge- 
schichte mit dem Aufhören des Mittelalters, oder mit der Eut-> 
deckung Von Amerika 1492 begonnen wird^ so kann Ref. dieser 
Eintheilung (abgesehen davon, dass statt 1519 richtiger 1517 
gestanden hätte) seinen Beifall nicht versagen, weil dieses 
Werk nur europäische Geschichte enthält, auf welche Luther 
und Karl V. allerdings erfolgreich eingewirkt haben. Dagegen 
würde er die dritte Periode, vom Anfange der französischen 
Revolution bis zur Entthronung Karls X., in swei Hälften zer- 
legt haben, deren erstere von 1789 bis 1818 oder bis zum Wie- 
ner Congress und zweiten Pariser Frieden gereicht hätte; weil 
es in dem ganzen Gebiete der europäischen Geschichte nicht 
leicht einen folgereichern Wendepunkt geben möchte^ als daa 
Jahr 1815. 

Dass S. 2 der Einleitung eine Charakteristik der neueren 
Geschichte vorausgeschickt oder der Charakter derselben an- 
gegeben wird , hält Ref. für sehr zweckmässig. Nach seinem 
Dafürhalten würde diese Charakteristik noch zweckmässiger 
und belehrender geworden sein, wenn es Hrn. S. gefallen hätte, 
den Regrlif der Politik und den des politischen Gleichgewichts 
genau anzugehen; denn nur unter dieser Bedingung kann den 
Jünglingen, besonders denjenigen, „welchen die mündliche Un- 
terweisung des Lehrers abgeht, ^^ folgende Stelle des ßncliea 
recht verständlich und belehrend sein: „Die im Europäischen 
Staatensystem herrschend gewordene Politik richtet ihr Haupt- 
augenmerk auf zwei Punkte: 1) auf Erhaltung des politischen 
Gleichgewichts in Beziehung auf die äusseren und allgemeinen 
Staatsangelegenheiten, und 2) auf Erhaltung des Staatsvermö- 
gens in Beziehung auf die innern und Privatverhältnisse der 
einzelnen Staaten. ^^ Ref. fühlt noch jetzt den Unwillen recht 
lebhaft, der ihn jedesmal ergriff, wenn er die Worte Politik 
und Gleichgewicht so oft hörte und las, ohne dass ihm Jemand 
einen deutlichen Begriff davon gegeben hätte. Wie erfreut und 
dankbar würde er daher gewesen sein, wenn ihm damals Jemand 
gesagt hätte: „Die Politik (als Wissenschaft) ist die aus der 
Vernunft und Erfahrung geschöpfte Lehre, wodurch und wie 
das Ideal des Staats so vollkommen, als es unter gegebenen 
Umständen möglich ist, zur Ausführung zu bringen sei. Ver- 
nunft und Geschichte sind demnach die Quellen, aus welchen 
die Politik ihre mannigfachen und wichtigen Stoffe schöpft. -— 
Das politische Gleichgewicht beruht dagegen auf der achtungs- 
würdigen Idee von der Heiligkeit des rechtmässigen Besitzes, 
der Unverletzlichkeit der eingegangenen Verträge und der ge- 
setzlich gesicherten Erblichkeit der regierenden Häuser. ^^ 

in der Voraussetzung ^ dass Ilr« S. einen gegründeten und 



156 Geichichte. 

anf Thatsichen beruhenden Widerspruch einem rahig unbefan- 
genen und billigen Richter (denn einen solchen will er, vgl. 
S. IV, zur Beurtheiiung seines Werkes), nicht als absichtlichea 
Tadel anrechne, muss Ref. die Behauptung S. 2 der Einleitung 
widerlegen: dass die Politik im Verlaufe des 18ten Jahrhund« 
ein neues Hülfsmittel im Gebrauche des Papiergeldes erfunden 
habe; indem in China das Papiergeld schon 1230^ in Persien 
aber 1294 eingeführt, und gewiss nicht bloss von Privaten» 
sondern auch von der Regierung gebraucht wurde. Wenn es 
aber die Regierung statt des Geldes aus edlem Metall in Um- 
lauf setzte, so t?ar diess ein Hiilfsmittel wenigstens der Innern 
Politik. Auch wurden ja die Wechsel von den römischen Pap« 
sten schon 1255 eingeführt, und zwar nicht zu mercantilischeni 
sondern politischen Zwecken. Den frühen Gebrauch des Pa- 
piergeldes in China, wenn auch nicht gerade im Dienste der 
Politik, bestätigt namentlich Ihn Batuta aus Tanger, welcher 
1324 Asien durchreiste. Er sagt nämlich: „Die Chinesen ver- 
laufen nichts für Geld; sie schmelzen es ein, wenn sie es in 
die Hände bekommen, dagegen haben sie Papiergeld. Ein sol- 
ches Stück ist eine Handbreit gross, und mit des Königs Stem- 
pel versehen; 25 solcher Noten heissen Schat. Wenn Jemand 
mit Geld auf den Markt geht, will es Keiner haben, bis es in 
solches Papier umgesetzt ist.'^ — Mag nun auch die Einfüh- 
rung des Papiergeldes in Europa einen ganz entgegengesetzten 
Grund von der in China haben, nämlich f/or^ Mangel, Ät^rUeber- 
fluss oder Schonung des edeln Metalls, so ist doch die frühere 
Anwendung jenes Ersatzmittels durch das Gesagte erwiesen. 
Auch möchte Ref. den Hrn. Verf. fragen, warum er den Regie- 
rungsantritt Ludwigs XIV. in das Jahr 1660 setzt? Lud- 
wig XIV. stand zwar bei dem Tode seines Vaters 1643^ weil er 
erst 5 Jahr alt war, unter der Vormundschaft des Ministers 
Mazarin, dessen ungeachtet gelangte er schon 1652 zur wirkli- 
chen Regierung, vermöge des Gesetzes, welches Karl V. von 
Frankreich (geb. 1337) gab, welches die Volljährigkeit der 
französischen Könige mit dem 14tea Jahre ( wie es noch jetzt 
der Fall ivst) beginnen lässt. 

Wenn Hr. S. den römischen König (S. 5) als Reichsver- 
weser in Deutschland , während der Abwesenheit des Kaisers, 
erklärt, so fehlt dieser Definition das Hauptmerkmal, nämlich 
das des künftigen Nachfolgers. So wurde z. B. Maximilian 
schon 1486 zum römischen Könige erwählt, als Nachfolger und 
Gehülfe seines Vaters Friedrich 111. , aber nicht als dessen 
Steilvertreter während der Abwesenheit des Kaisers. Auch 
bestellte Friedrich iL, während seiner Abwesenheit in Palä- 
stina, seinen Sohn zum Reichsverweser in Deutschland , nicht 
aber zum römischen Könige, was ohne Wahl ohnehin nicht ge* 
•chehen konnte« 



Schnpplus: HandLnch der neueren Geschicbte. VSIt 

Nach Refs. Ansicht niid Erfahrung ist es anch heim schrifl« 
liehen Vortraj^e der Geschichte, d.h. in einem Lehr-, besonders 
aber Hand buche derselben, sehrw.ilikommenu. empfelilens^ertb, 
\renn die Darstellung sich nicht immer zu sehr im Allgemeinea 
hält, weil dies die Leser nur ermüdet, sondern bisweilen speciell 
oder individuell wird. Deshalb hätte es Ref. gern gesehen^ 
wenn Hr. S., statt üher das Bedi'irfniss einer Kirchenverbesse« 
Tung im Aligemeinen zu sagen: ,,Schon seit vielen Jahrhunderten 
waren laute Klagen über das Verderben des Clerus and die despo- 
tische Herrschaft, welche derselbe über die Gemüther der Men- 
schen ausübte ^^ u. s. w. , lieber eine oder die andere dieser 
Klagen f/^oW/icA angeführt hätte. Etwa die, welche ein deut- 
scher Gottesgelehrte 14 Jahre vor Luthers Auftreten erhob: 
„Leute, die weder Theologie noch Philosophie verstehen, die 
Erforschung der heiligen Schrift vernachlässigen, werden zu 
den höchsten Würden der Kirche, zum Hirtenamte über die 
Seelen erhoben; vom Glauben, von der Frömmigkeit, Massig- 
keit und andern christlichen Tugenden ist bei ihnen keine Spur 
zu finden l*"' u. s. w. Auch würde das behauptete Bedürfniss 
einer Kirchenverbesserung sich noch mehr herausgestellt haben, 
wenn Hr. S. nicht unbemerkt gelassen hätte, dass sogar Papst 
Adrian VL die Nothwendigkeit einer Reform der Kirche aner- 
kannte. Ferner vermisst Ref. bei der Anmerkung S. 17 ober 
den Ablass die Nachweisung, wie diese Lehre mit der Zeit im- 
mer frecher wurde. Es hätte nämlich gezeigt werden müssen, 
wie der allere Ablass nur im Erlass der Kirchenstrafen an Ab- 
gefallene oder an andere grobe Sünder bestand , wenn nämlich 
die ganze Gemeinde einverstanden war, dass sie sich gebessert; 
der mutiere dagegen in Abkaufung der zeitlichen Strafen mit 
Geld oder willkürlichen Bussübungen, und dass der neuere 
auch auf die Strafe der andern Welt ausgedehnt sei; ja dass 
zuletzt Leo X. den käuflichen Sündenablass für infaüibele Kir- 
chenlehre erklärt habe. Hätte namentlich bei diesem Gegen- 
stande der Verf. die Mühe nicht gescheut, etwas ins Specielle 
SU gehen, z. B. durch Anführung der Tezelschen Sünden-Taxe 
oder Sünden- Vergebungs- Tarif, demzufolge der gewöhnliche 
Todtschlag für 7 Ducaten Gulden, der Vater- und Mutter- 
mord aber (um dies unnatürliche Verbrechen nicht durch die 
hohe Besteuerung noch zu erschweren) für 1 Ducaten vergeben 
worden sei, so würde er unfehlbar den ethisehefi Grimm über 
die Abscheulichkeit eines Regais des Stellvertreters Gottes sof 
Erden in seinen jungen Lesern erweckt haben. Hätte er we- 
nigstens mit einigen Worten auf das Tugendmörderische dieser 
„infallibelen Kirchenlehre'' des heiligen Vaters aufmerksam 
gemacht. Ref. muss offen gestehen, dass ihn die Gfelasä^nfaeit 
des Hrn. S. bei einer Lehre, durch welche der Crystallqneli 
des Evangeliums des Reinsten der Reinen von denen, weiche 



138 Geschicbte. 

flieh die StcllTcrtreter desselben auf Erden nannten und noch 
nennen^ zu einem schmutzig stinkenden, das Menschenherz Ter- 
(^iftenden Pfuhle hierarchischer Falschmünzerei nnd BeuteU 
Schneiderei gemacht wurde, wahrhaft geschmerzt hat ! Ref. 
wenigstens erkennt es täglich deutlicher und überzeugt sich 
immer fester davon, dass gerade die Geschichte (vorausgesetzt, 
aie werde im Geiste und in der Wahrheit vorgetragen und ge- 
schrieben ) das Feuer ist, weiches das Rechtsgefähl nicht nur 
weckt, sondern erhält und läutert. Was die reine IiOgii[ dem 
Verstände, das ist dem Rechtsgefühl die Geschichte. Wenn 
jemand nämlich durch eine Ungerechtigkeit, die ihn selbst oder 
seine nächste Umgebung trifft, indignirt wird, so ist diese In- 
dignation schon nicht rein oder wenigstens problematisch, weil 
sie eine Frucht der verletzten Selbstliebe sein kann, ja dies ge- 
wöhnlich ist. Wie ganz anders aber verhält es sich mit dem 
heiligen Unwillen, mit dem ethischen Ingrimm, womit Gewalt- 
streiche , worunter Individuen, Geschlechter und Nationen der 
spätem oder frühern Vergangenheit litten, das Gemüth erfas- 
sen. Wer wollte dieses reine Gold der Theilnahme noch an 
den Probierstein sceptischer Untersuchung streichen? Um 
aber solches schlackenreines Gold aus dem Herzen des Hörers 
oder Lesers zu Tage zu fördern, darf der Geschichtslehrer 
nicht über den Ablass, oder über eine sittlich-religiöse Lebens- 
frage mit einer Gleichgültigkeit sprechen oder schreiben, wie 
es hier S. 17 geschehen ist. Denn woher anders sollen die 
Blitze herabzucken, welche die pontinische Sumpfluft, die cura 
caliva der Selbstsucht, der weltlichen und geistlichen König- 
herrschaft, reinigen, als aus dem Munde des echten Geschichts- 
lehrers, oder aus dem Griffel des Historiographen? Woher 
anders sollen die Donner fahren, welche die Vaticane erschiit- 
tern, wo Herrsch-, Hab- und Genusssucht ihren Erbthron auf- 
richten und befestigen möchten, als von der Zunge dessen, der 
gewürdigt wurde zu sitzen als Schöppe bei dem Weltgerichte 
der Geschichte. -^ Nur bedauern würde es Ref., wenn ihn Hr. 
S. oder andere Geschichtslehrer ob dieser Sprache befremdet 
und fragend ansehen sollten, oder wohl gar höhnisch. 

J^cA:« Persönlichkeit würde, ohne der Kürze Abbruch au 
thun, schon durch die Andeutung mehr hervorgehoben worden 
sein: dasg er auf 8 Universitäten d<?n Sieg im Disputiren schon 
davongetragen hatte, wodurch zugleich seine Wuth gegen den 
ihn besiegenden Luther um so erklärlicher geworden wäre. 
Auch fand jene Disputation (nämlich insofern Luther daran 
Theil nahm) nicht, wie es S. 19 heisst, am 27. Juni, sondern 
am 4. Juli statt. Ferner verbrannte Luther nicht (wie es S.20 
heisst) das canonische Recht, sondern nur 10 Sätze aus den 
Decretslen. Luthers Kühnheit auf der Reichsrersammlong su 
Worms würde in ein um so glänzenderes Licht getreten seia, 



ScbuppSas: Handbuch der neueren Gesdilchte* ISO 

wenn bemerkt worden wäre, dass der einfache, unter Druck 
und in Dürftigkeit erwach^^ene Mann, hier vor dem Kaiser, deni 
Erzherzoge Ferdinand, f> Knrfi'irsten, 24 Herzogen, 8 Markgra- 
fen u. 8. w., im Ganzen vor 200 Personen hohen Ranges auftrat. 
Wenn es bei dieser Gelegenheit heilst: ,,Auf die mehrmals 
wiederholte Frage des Kurtrierschen Kanzlers Eck (so viel Ref. 
bekannt ist, war Eck Kanzler zu Ingolstadt), ob er widerruf^^n 
wolle? gab Luther folgende, sehr schlichte und doch kräftige 
Antwort: ,,,,Es sei denn, das» ich mit Zeugnissen der heiligen 
Schrift überwiesen werde, kann und will ich nicht widerrufen; 
denn es ist nicht geratlien, etwas wider das Gewissen thuii. 
Hier stehe ich, ich kann nicht anders. — Gott helfe mir! 
Amen^^^^ — so muss jeder Leser, welcher noch wenig mit der 
Geschichte vertraut ist, nothwendig auf den Gedanken kommen, 
hierin habe Luthers ganzer Widerspruch und ganze Vertiiei- 
digung bestanden. Hätte es deshalb dem Firn. Vf. gefallen 
mögen anzuführen, dass Martin eine zweistündige Rede gehal- 
ten, welche er obendrein, weil der Kaiser kein Deutsch verstand, 
noch einmal, und zwar in der Muttersprache halten musste. 

Bedauern muss es ferner Ref., dass Hr. S. bei dem Ab- 
schnitte ^^ Bauernkrieg'^ versäumt hat, den Wahn und Vorwuri*, 
als wäre dervselbe durch Luthers Lehre entstanden, deutlicli 
lind authentisch zu widerlegen, was jetzt so leicht ist, da wir 
urkundlich darthun können, dass die erste Meuterei der Art, 
^^ Bundschuhe ^^ genannt, schon J4(>3 (wo Luther erst 10 Jahr 
alt war) im Flsass unter dem gemeinen Manne ausbrach, umd 
dass 8 Jahr später, nämlich 1505, eine ähnliche in derGegen*d 
Tou Bruchsal sich zeigte. So musste ferner nachgewiesen wer- 
den, dass obige Meutereien und drei andere 1513, 1514 und 
1517 den Brennstoff schon längst zusammengetragen hatten, 
woraus endlich die Flamme des allgemeinen Aufstandes in 
Schwaben ausbrach und sich bis Thüringen verbreitete. — Da 
also dieser wichtige Gegenstand hier so kurz und unvollständig 
dargestellt ist, so wäre es um so nöthiger gewesen, die, welche 
«ich näher darüber zu belehren wünschen möchten, auf folgende 
wichtige Schrift hinzuweisen: ^y Der Bundschuhe zu Lehn im 
JSretsgau und der arme Konrad zu Brühl etc, , von Dr. Hein- 
rich Schreiber, Freiburg im Breisgau 1821).'^ 

Ueberhaupt hat Ref. dasUebergehen aller Litteratnr, oder 
das versäumte Hinweisen auf die Quellen ungern wahrgenom- 
men; eine Versäumniss, welche dem Buche wohl nicht zuoi 
Ijobe gereichen möchte. — Die Höhe des Fanatismus, womit 
s^ne bedauernswürdigen Anhänger zn berauschen es Münzefn 
gelungen war, würde der Leser aus der einfachen Anfuhrung 
der Thatsache erkannt haben: dass die Getäuschten bestimmt 
auf die Hülfe der himmlischen Heerscharen und auf die alle 
Kugeln aufhaltende Wonderkraft von Münier's Mantel recbneod. 



160 Geichichte. 

und ^^Komm heiliger Geist^^ inii lauter Stimme sinkend, sich 
blindlings dem Feinde entgegenstürzten. S. 28 Iieisst es da- 
gegen ganz allgemein: „Nachdem man sie vergebens anfgefor* 
dert, sich zu ergeben, geschah der Angriff auf sie (15. Mal 
1525), der bald eine völlige Flucht des wilden (sollte heissen: 
,,des verblendeten^^) Haufens zur Folge hatte. Fünftausend 
Bauern fanden hier den Tod. Münzer selbst wurde gefangen 
genommen und enthauptet.'^ Es hätte hinzugefügt werden müs- 
sen: dass auch vier andere Anführer, Hans Beke, Hans Hey" 
den^ Hans Schröter und Peter Schmidt gleiche Strafe litten^ 
fio wie, dass aus den Protocollen über das Verhör der Gefange* 
nen hervorgeht: dass auch hier die eigentliche Veranlassung 
zum Aufstande (insofern er die Bauern betraf) nicht sowohl in 
der raissverstandenen Verkündigung der evangelischen Freiheit, 
fiondern in der drückenden Herrschaftwillkär des bloss aus 
Patriziern bestehenden Erfurter Stadtraths gelegen habe, VgL 
Hermann, anecdot. ad Histor. Erfurtens. pertinent. Pars- 1. 

Hr. S. wird es nicht übel nehmen^ wenn ihn Ref. bei dieser 
Gelegenheit zugleich auf eine Nachlässigkeit des Stils aufmerk- 
sam macht, die dem geschichtlichen Griffel am wenigsten nach- 
gesehen werden darf. S. 28 heisst es nämlich: ^^Auf diese Art 
>i^urde jenen doppelten Bauernunruhen ein Ende gemacht, die 
»veiter nichts bezweckt hatten , als dass ganze Dörfer und Ge- 
genden verheert wurden und 5000 Menschen ihr Leben verlo- 
ren.^^ Statt „bezweckt" hätte es heissen müssen ,, zur Folge, 
aum Resultat hatten. ^^ 

Ob man in einem Handbuche der neueren Geschichte, 
„>Yelches auch für Jünglinge bestimmt ist, denen die mündliche 
IJnterweisung eines Lehrers abgeht/^ über die Augsburgsche 
Confession nicht mehr zu finden berechtigt ist, als Folgendes: 
^,Karl V. kam nun ins Reich zurück und eröffnete einön Reichs- 
tag zu Augsburg, auf welchenr die evangelischen Stände dem 
Kaiser ihr Glaubensbekenntniss, das Melanchthon (ton) schrift- 
lich entworfen hatte, überreichen und öffentlich vorlesen Hessen 
(25. Jun.). Da die Schrift hierdurch das Ansehen eines öffent- 
lichen Glaubensbekenntnisses der Evangelischen erhielt, so be- 
kam sie den Namen der Augsburgischen Coufession (^as Bei- 
wort ,,Augsburgi8ch^^ bekam sie ja nicht wegen der Oeffentlich- 
keit, sondern weil sie in Augsburg vorgelesen wurde). Der 
Kaiser übergab dieses Bekenntniss der Evangelischen dem päpst- 
lichen Legaten , der eine Beantwortung und Widerlegung der- 
selben ausfertigen liess'^ — iiberlässt Ref. dem unparteiischen 
Urtheil der Leser der N. J., ja dem litterärischen Gewissen des 
Hrn. Verf. selbst. Erstere werden dem Ref. gewiss beistim- 
men, wenn er behauptet, dass hier hätte gesagt werden müssen: 
„Dieses Glaubensbekenntniss hatte Melanchton aus den 11 
Schwabacher^ von Luther niedergeschriebenen Artikeln (welche 



SchuppiuB: Haodliac^ der neueren Geschichte» IQl 

auch die Torgauer heissen) und aus mehreren Schriften entwor^ 
fen, weiche also der Confession zur Grundlage dienten/^ Auch 
Dvürde man gern erfahren haben, dass obige Vorlesung in Ge- 
genwart von mehr als 120 Fürsten, Cardinälen, Staatsmännero^ 
Geistlichen und Theologen geschah. Eben so würden die, na« 
mentlich jungen Leser Hrn. S. dankbar dafür gewesen sein, 
ivenn er wenigstens mit einigen Pinselstrichen die glänzende 
Sceue geschildert hätte, wie der gewaltige Kaiser von 2000 
Personen begleitet und mit einer Pracht in Augsburg einzog^ 
die alles übertraf, was man damals an Grossartigkeit gesehen. 
Auf diese Weise hätte die DarstelluDgsart ohne Zweifel an In- 
teresse gewonnen. 

Hätte er sich, ehe er sein Buch schrieb, mehr mit der neu- 
eren geschichtlichen Litteratur bekannt gemacht, so würde iha 
Jochmus Werk : „ Geschichte der Kirchenreformation zu Mün» 
ster und ihres Untergangs durch die Wiedertäufer^ Münster 
}8259^^ davor bewahrt haben, die Wiedertäuferei nicht als eia 
Erzeugniss der Reformation anzusehen (wie es freilich gewöhn- 
lich geschieht); sondern vielmehr als ein lange vor der Refor- 
mation daseiendes Element, welches durch diese von Neuem 
aufgeweckt und verstärkt wurde. Auch hätte wohl in dem Ab- 
Bcbnitte ,^ünfug der Wiedertäufer in Münster^^ gesagt werden 
sollen, was die Hauptlehre jener Schwärmer war, nämlich eine 
wiederholte Taufe, wenn dies auch der Name schon schliessea 
lässt. Vieles Wesentliche vermisst man ausserdem bei dieser 
Darstellung, namentlich die Predigt von der so gern gehörten 
^^Gütergemeinschaft ^^\ das, auf Befehl des Propheten Mathie^ 
sen (von welchem der Verf. nur sagt, dass er ein Bäcker von 
Harlem gewesen sei ) vorgenommene Verbrennen aller Bücher 
ausser der Bibel; den Flarem Johanns, das Ausgerufen- und Ge- 
salbtwerden desselben durch einen andern Propheten Johann 
Dusentchur, zum Könige des neuen Zion, dessen Königin mit 
einem eigenen Hofstaate die Witwe Mathiesens war; dass die 
Stadt in der Nacht auf den 24. Juni, durch Hülfe eines Verrä« 
thersy Johann Langenstrat ( eines Soldaten, der sich zu den 
Wiedertäufern begeben hatte), erobert, und dass endlich die 
Schneider -Majestät durch den Verrath eines Knaben in feind- 
liche Hände fiel. S. 39 heisst es von dem Schmalkaldischen 
Bunde: ,,Aber statt rasch anzugreifen und dem Kaiser zuvorzu- 
kommen, verloren die Verbündeten die Zeit mit Berathschla- 
gungen, weil die Anführer nicht einig waren.^^ Der noch nicht 
mit der Geschichte Vertraute wird aus dem Gesagten den eigent- 
lichen Grund der so nachtheiligen Verzögerung der Operatio- 
nen des Schmalkaldischen Bundesheeres sicherlich nicht ken- 
nen lernen. Warum sagte Hr. S. darum nicht richtiger: dass 
allein die grosse Verschiedenheit der Gemüths- und Denkweise 
beider Häupter (statt Anführer) es war, welche die Einheit 

t^.Jakrh.f.Fbü.'u.Päd.od.KrU.Bm.Bd.JXHß,^, 21 



162 Geschichte. 

des Plans störte und lahmte, indem die zn grosse Scheu des 
ängstlich frommen Kurfürsten, verbunden mit dessen, freilich ' 
an sich schönem, hier aber sehr unstatthaftem Glauben, „doa« 
Gott sein Evangelium nicht verlassen werde y^'' so hindernd 
einwirkte. Eben so wenig mochte es hinreichend sein, uro Mo* 
ritzens Handhingsweise zu beiireifen, wenn wir S. 39 hlos le« 
aen: „Diese Zögerung, noch mehr aber das treulose Benehmea 
des Herzogs Moritz von Sachsen, dem der Kurfürst seine Län- 
der anvertraut hatte ^^ (ohne da^s vorher die Rede davon gewe- 
sen, dass der Kurfürst mit dem Heere ins südliche Deutschland 
aufgebrochen sei) „gab dem Kaiser gewonnenes Spiel/^ Hier 
wäre es nämlich ort- und zeitgemäss gewesen, über die tief an- 
gelegten Plane und den grossartigen Geist jenes ausserordent- 
lichen Mannes etwas Näheres zu sagen. — S. 39 liest man: 
,,Der Kurfürst hätte fast alle seine Länder wieder erobert, ^^ 
statt dass es hätte heissen müssen: Moritzen sei, nach der Mie- 
derlage bei Rochlitz am 2ten März 1547, blos ein Theil seiner 
eignen Länder geblieben, welchen er nur durch einen Waffeu- 
stilistand rettete. Der Hauptgrund, warum der Landgraf von 
Hessen sich dem Kaiser unterwarf, würde durch die wenigen 
Worte angegeben worden sein: dass der Kaiser Anstalt gemacht 
habe, mit dem hessischen Adel abgesondert zu unterhandeln. 
Auch verlangt es die geschichtliche Gerechtigkeit, dass hier 
der beispiellose Betrug des Jüngern Granvilla erwähnt worden 
wäre, dem die beiden Bundeshäupter ihre stete Gefangenschaft 
SQ verdanken hatten. — Wenn es S. 42 heisst: „Nach Been- 
digung der Magdeburger Execution (Nov. 1551) behielt Moritz 
nicht nur seine Armee beisammen, sondern hatte auch bereits^' 
u. 8. w. , so bleibt der noch nicht geschichtkundige Leser gans 
in Unwissenheit über die Art der Beendigung dieser Execution. 
Deshalb hätte demselben gesagt werden müssen: dass Magde- 
burg, nach einer nicht ernstlich betriebenen zehnmonatlichen 
Belagerung, unter für dasselbe sehr günstigen Bedingungen 
capitulirte, und des neuen Kurfürsten Waffenplatz blieb, — 
S. 34 hätte die Schlacht auf der Lüneburger Heide, in welcher 
Moritz tödtlich verwundet wurde, durch den Zusatz „bei Sie- 
vershausen ^^ örtlicher bestimmt werden sollen, weil obige An« 
gäbe, bei dem beträchtlichen Flächenraum der Heide, viel zn 
unbestimmt ist. Auch blieb Moritz nicht in dieser gewonne- 
nen Schlacht, sondern starb zwei Tage später an der darin 
empfangenen Wunde. 

Da Hr. S. ein Handbuch der neueren Geschichte schrieb, 
also nicht bloss der deutschen, so wäre es billig gewesen, da, 
wo von Heinrich Vlll. die Rede ist, zum Nutzen und zur Beleh- 
rung seiner Leser, die blutigen Wehen etwas näher zu bezeich- 
nen, unter welchen sich die* anglicanische Kirche von der ka- 
tholischen trennte 9 indem tauaende von Klöstern (deren Bin- 



Sclinppias : Handboch der neueren Geschichte. 18S 

ki]nftel42,914 Pfd. Sterling, oder den 2l8tenTheilde8ge8aninN 
ten Grundeigenthums der Nation betrugen) eingezogen und 
Ihre Güter verschwendet wurden ; wie die edelsten Männer 
bluteten unter dem Henkerbeile, oder starben auf dem ScheU 
terhaufen, sobald sie eine andere religiöse Ueberzengung aua- 
eprachen, als ihr König. Ob es ferner genügt, wenn von der 
Königin Elisabeth gesagt wird: ,y Nach Mariens Tode (1588) 
führte ihre Schwester und Nachfolgerin Elisabeth die Refor« 
ination wieder ein, behielt aber ebenfalls die bischöfliche Re- 
gierung und viele andere alte Einrichtungen bei*^ — möchteo 
die Leser der N. J. mit Recht bezweifeln. Was wird sich der 
junge Leser des Buchs unter; der bischöflichen Regierung und 
vielen andern Einrichtungen denken? Nichts! Warum wurde 
also hier nicht bestimmt gesagt: ,,Unter Elisabeth bildete sich 
der Unterschied zwischen der hohen Kirche (den Episcopalen) 
und den Presbyterianern weiter aus^^ und dann zur Erklärung 
beider etwa hinzugefügt: die Episcopal- Kirche gestand, nach 
ihrer Ueberzengung von dem Ansehen der Bischöfe in den er- 
sten Zeiten der christlichen Kirche, den Bischöfen die Ober'" 
aufsieht in kirchlichen Angelegenheiten zu, und da sie die 
Mehrheit in sich fasste und zur Unterwürfigkeit unter den Wll* 
len der Königin geneigt war, als die hohe Kirche von Elisabeth 
begünstigt ward, die andere hingegen, die besonders mit Cal- 
vins Grundsätzen bekanntgeworden war, mehr auf Glaubens« 
Vereinigung und politische Gleichheit drang, und deren Anhänger 
den Namen Presbyierianer (Puritaner, Nonconformisten) führ- 
ten, llr. S. wird so billig sein, einzugestehen, dass er durch 
eine solche Auseinandersetzung dem wissbegierigen Leser die 
Mühe erspart hätte, sich aus einem andern Buche näher über 
diesen Gegenstand zu belehren, ohne den nicht wiss begierigen 
im gedankenlosen Lesen noch zu bestärken. — Von S. 50 — OS 
sind die Religions- und Bürgerkriege In Frankreich mit ihren 
Ursachen und Folgen befriedigend, d. h. weder zu weitläufig; 
noch zu kurz dargestellt, so wie in einer Anmerkung S. 51 
die Entstehung des Namens Hugenotten (nach welcher man 
sich in den roeisteii Lehrbüchern vergebens umsieht) angegeben« 
Wenn es dagegen S. 55 heisst: „Der Mordanschlag war unstrei« 
tig das Werk derGuisen,'' so ist Ref. nicht dieser, sondern 
des berühmten ff achlers Meinung, welcher es in der kleinen 
Schrift: ^^Die Pariser Bluthochzeit ^ dargestellt von Ludwig 
Wächter. Leipzig, bei Barth. 1820^^ sehr wahrscheinlich ge- 
macht, dass der entsetzliche Alba bei der Familienzusammen- 
kunft zu Dayonne, am 9. Juli 1505 (welche der Vf. S. 55 er- 
wähnt), den höchsten Gedanken des Despotismus, die Ausrot^ 
tung der Häupter der Protestanten^ in die herrschsüchtige Seele 
der Mediceerin geworfen habe, indem er sagte : „der Kopf eines 
Salmea ist mehr wertb, als alle die Frösche des Sumpfes!^ 

11* 



161 Geechichte. 

Anch hat Wachler in dieser kleinen Schrift gezeigt, dass Karl IX. 
bis einen Tag vor dem Ausbruche jener Mordscenen die Huge- 
notten begünstigte (namentlich den Admiral Coligny, welchen 
er „Vater Coligny''' nannte), vorzüglich um sich ihrer gegea 
seine herrschsüchtige Mutter und seinen Bruder Heinrich za 
bedienen. Eben so hätte von den Kriegen, welche von 15Ö0 — 
12 geführt wurden, und die Ilr. S. von S. 53 — 56 erzählt, ge- 
sagt werden sollen, dass man sie eigentlich: Fehden der Hof- 
gewalt gegen Magnaten und Kirchenfreiheit nennen miisse, weil 
nur sehr weltlich gesinnte, religiös genannte und oligarchisch 
bändelnde Parteien bald mit, bald ohne den König, um das 
wenig lohnende Glück kämpften, ihn selbst zu beherrschen. 

Hinsichtlich der Zahl der gefallenen Opfer (welche hier 
zu 60,000 angegeben werden) herrscht übrigens grosse Ver- 
schiedenheit, indem Einige als Minimum 30,000, Andere als 
Maximum lÖO^OOO angeb<!n. Dass Hr. S. aber das Messer, 
welches Franz Ravaiilac (14. Mai 1616) meucheimörderisch la 
das Herz des besten Königs stiess, gar nicht erwähnt, mag et 
selbst vor dem Richterstuhl der Geschichte verantworten, da 
man ihn schon deshalb in Anspruch nehmen darf, hier nicht 
erwähnt zu finden, dass schon 1594 der Jesuit Jean Chatei den 
König zu ermorden versuchte, welchem christlichen Attentat 
seit der Zeit 23 Mordanschläge auf Heinrichs Leben durch die 
frommen Nachfolger Jesu folgten. — Wenn es S. 60 von Wil- 
helm von Oranien heisst: er wäre durch einen Meuchelmörder, 
Balthasar Gerhard (Franz Guion), zu Delft erschossen worden 
(10. Jul. 1584), so ist dies für den Ge schichtskundigen alier« 
dings genug, aber nicht für den, weicher noch nicht mit der 
Geschichte vertraut ist, indem ersterer schon weiss, dass auf 
die Ermordung Oraniens von Philipp II. ein Preis von 25,000 
Rthlr. gesetzt worden war, der indess erst nach drei ?ergebii- 
chen Mordversuchen ausgezahlt werden konnte. 

Als Nachlässigkeit des Stils muss Ref. eine Stelle S. 69 
ausheben: „Der Abzug des Herzogs von Parma, nach Frank* 
reich, zur Unterstützung der Ligue dorthin gesandt.^' Das 
„dorthin gesandf bezieht sich, allen Regeln der Satzbildung 
zufolge, auf den Abzug, nicht aber auf den Herzoge und jeder 
Leser der N.J. wird dem Ref. darin beistimmen, dass der cor« 
recte Stil (was vor allen der geschichtliche sein muss)' sich 
nicht so ausdrücken darf. 

Eben so wenig kann Ref. zufrieden sein mit dem, was in 
der Einleitung zum dreissigjährigen Kriege, S. 71, folgender- 
gestalt gesagt wird: „Da der dreissigjährige Krieg zunächst 
aus der Bedrückung der Protestanten in Böhmen hervorgieng 
(so findet man stets gieng, giengen statt ging, gingen geschrie- 
ben, ohne dass diese Schreibart unter den Druckfehlern aufge- 
führt wäre)| noch mehr aber, da das im Verlaufe desselbea er- 



Schuppias : Handbuch der neneren Creschiclite, 106 

schienene Restitutionsedict (1629) den Protestantismus im gan- 
zen deutschen Reiche in die höchste Gefahr brachte^' u. s. w« 
Wie darf man in einer Einleitung zum dreissigj ährigen Kriege 
schon von dem Restitutions-Edicf (1629) sprechen? Später 
Mrird in der Einleitung zu diesem Kriege von Frankreichs Be- 
8treben, durch Vereinigung mit den Protestanten in Deutseh- 
land (seit ir»3r>) Oesterreichs Macht zu untergraben, gespro- 
chen. Dieses Bestreben \%iirde wenigsten« von der Zeit an datirt 
werden müssen^ wo Richelieu den Waffenstillstand zwischen 
Schweden und Polen zu Stande brachte. Bei der Erwähnung 
der Union vom 4. Mai 1608 hätte auch an die ältere Union 
erinnert werden miissen , welche zu Oehringen 1603 gestiftet 
"wurde. 

Den Hauptgrund der erfolglosen Allianz Mannsfelds mit 
Bethlen Gabor von Siebenbiirgen findet man gar nicht erwähnt, 
nümlich dieGeldgier jenes meineidigen Schurken, der am 15. Ja* 
iiuar 1620 den böhmischen Ständen feierlich gelobt hatte, mit 
keinem gegenwärtigen, noch künftigen Feinde Waffenstillstand 
zu schliessen; aber dessen ungeachtet schon Tages darauf mit 
dem Kaiser Waffenstillstand abschloss. — S. '^8 beschränkt 
sich die ganze Charakteristik Gust. Adolphs auf die wenigen 
Worte: „ein Mann von grossem Geist,'' und auch nicht mit 
Einer Silbe ist von den grossen, wesentlichen Verbesserungen 
die Rede, welche die Kriegskunst dem Schwedenkönige ver- 
dankt, wodurch dieser der Schöpfer einer neuen Taktik wurde, 
welche bis auf Friedrich d. Gr. die herrschende geblieben ist. 
Sodann hätte unter den Bevveggriinden, welche Gustav bestimm- 
ten (S. 78 Anmerk.), der deutsch -protestantischen Sache sich 
anzunehmen, namentlich der erwähnt werden sollen, dass schon 
1614 mehre deutsche Fiirsten, besonders der Landgraf von 
Hessen, den König für die Union zu gewinnen sich bemühten. 

Was soll man aber dazu sagen , dass man in einem Buche, 
welches 1833 gedruckt wurde, Wallenstein als einen durchaus 
Schuldigen, als einen verrätherlsche Plane Brütenden, der sich 
die Krone von Böhmen aufsetzen will, zu Eger ermorden sieht^ 
da doch Förster in seinem trefflichen Werke: „Albrecht von 
Wallenstein etc , in 3Theilen. Berlin 1829/' also vor 4 Jahren, 
urkundlich und unwiderleglich bewiesen hat, dass die Geschichte 
ihr früheres ,,SchuIdtg^^ nicht ferner über diesen ausserordent- 
lichen Mann aussprechen darf. Eine wahre Freude wird es 
deshalb dem gewissenhaften und wahrheitsliebenden Geschicht- 
8chreiber gewähren, auf diesen so lange Verkannten die Worte 
anwenden zu können, die ihm Schiller über Max in den Mund 
legt: „Sein Leben liegt faltenlos und leuchtend vor uns ausge- 
breitet.*' Ref. wenigstens hat es stets eine innige Freude ge- 
macht, eine merkwürdige Person (etwa die unglückliche Maria 
Stuart, Manfred, welchem geschichtliche Unkritik Jahrhun- 



166 Geschichte. 

derte lang das Brandmahl des Brudermordes darch Gift aufge- 
druckt) durch gründlich gewissenhafte Forschung schuldfrei 
SU sehen und so aufznführen. Ref. möchte diese Freude mit 
der vergleichen^ welche ein Defensor empfindet, dem es gelun- 
gen ist, einen ungerecht zum Tode Verdammten zu retten. Lei- 
der gibt es der wirklichen Verbrecher noch immer genug in 
der Geschichte, warum also durch Vernachlässigung des nöthi- 
gen Studiums den Etat derselben unkritisch ferner abschreiben. 
Bei Erwähnung der Schlacht bei Nördlingen sagt der Vf., dass 
die Schweden zwar Wunder der Tapferkeit gethan, aber den- 
noch Ton der Ucbermacht des kaiserlichen Heeres besiegt wor- 
den wären. Die Uebermacht der Kaiserlichen war jedoch kei- 
nesweges der Grund der schwedischen Niederlage, sondern die 
Debereilung Bernhards von Weimar, jene Schlacht, gegen des 
erfahrnen Horns Rath, unter den ungünstigsten Umständen an- 
zunehmen, und diesen ersten Fehler durch einen zweiten, näm- 
lich durch seinen jugendlichen Ungestüm, noch zu vergrösserK 
Auch hätte nicht unerwähnt bleiben dürfen, dass in dieser ein- 
zigen Schlacht alle Vorthelle, welche seit 2 Jahren von dem 
Bchwedlsch- deutschen Heere mit so vielem Blute errungen 
worden, wieder verloren gingen. — Unter den Vortheilen, 
welche der mit dem Kaiser (30. Mai 1635) zu Prag abgeschlos- 
aene Separatfrieden dem Kurfürsten von Sachsen verschaffte 
(S. 81), ist der vergessen, dass der sächsische Prinz August das 
Erzstift Magdeburg lebenslänglich erhielt. 

S. 82 ist Ref. abermals durch eine Nachlässigkeit des 
Stils gestört worden. Es heisst nämlich: „Banner (die richti- 
gere Schreibart ist Bauer) habe den kühnen Gedanken fassen 
können, einen vom neuen Kaiser Ferdinand III. zu Regensburg 
(Sept. 1640) eröffneten Reichstag zu überfallen und aufzuhe- 
ben (Jan. 1641), an dessen Misslingen allein ungünstige Witte- 
rung und eintretendes Thauwetter scliuld war.^^ Hier soll sich 
das Misslingen auf den ausgelassenen oder in Gedanken behal- 
tenen Beisatz „ein Unternehmen^^ beziehen, bezieht sich aber 
auf den Reichstag und Hr. S. darf deshalb den Lesern seines 
Buches die Frage nicht übel nehmen : wie ungüustige Witterung 
und eingetretenes Thauwetter am Misslingen eines Reichstages 
schuld sein können? — Hessen-Cassel bekam durch den west- 
phälischen Frieden nicht, wie es S. 8T heisst, vier Aemter von 
der 1640 erledigten Grafschaft Schaumburg, sondern wurde 
im Besitze dieses Theils der Grafschaft, den es durch Vergleich 
mit der Gräfin Elisabeth erhalten^ nur bestätigt. Auch ist 
jene Grafschaft nicht schon 1640, vielmehr erst nach dem Tode 
Elisabeths, welcher 1646 erfolgte, erledigt, und vermöge eines 
am 9. Juli 1646 zu Münster getroffenen und später im westphä- 
lischen Frieden bestätigten Vergleichs zwischen Amalla, Land- 



Schnppins : Handbuch der neueren Cef chichte.^ 10f 

gräfin von Hessen-Cassel, und dem Grafen PhiNpp TonSchauniH 
bürg an Flessen gekommen. 

Ref. >vürde, wollte er bei der Beurtheilung vorliegenden 
Werks mit gleicher Ausführlichkeit, wie bisher, fortfahren, den 
ihm gestatteten Kaum zu sehr überschreiten; deshalb darf er 
nur noch einige Bemerkungen machen, unter denen die obenan 
stehen mag, dass ihm die zweite Hälfte des Buches (die mit 
S. 143 beginnt) weniger Veranlassung zu Ausstellungen, aU 
zum Beifall gegeben iiat. Dieser aber würde noch grösser ge- 
wesen sein, wenn es Hrn. S. gefallen hätte, nicht blos die po/t- 
lische^ sondern auch die eigentliche Cultur geschickte darzu- 
stellen, eine Unterlassung, die Ref. bedauern muss. Eben ao 
hat er sich nach den Folgen, den Resultaten wichtiger Zeit- 
abschnitte für den Vor- oder Rückschritt hinsichtlich der Ge- 
sittung der europäischen Menschheit, z. B. den des schreckli- 
chen dreissigjährigen Krieges, vergeblich umgesehen. — Auf- 
fallen muss es auch, dass Hr. S. sich die unnÖthige Mühe gegeben 
hat, in einem Handbuche der neueren Geschichte bei den „eth- 
nographisch-chronologischen Abrissen^' den Jahren das ^^nach 
Chr.^^ beizufügen, weil es gewiss Niemanden einfallen wird, 
bei Selim HI., welcher 1789 auftrat, an das Jahr 1789 vor Chr. 
au denken. 

Zuletzt muss Ref. seiner Pflicht noch darin genügen, sein 
Urtheii über diesen ersten Theil im Ganzen auszusprechen, 
wenn es auch nicht so ausfallen möchte, dass es dem Hrn. Vf. 
durchaus angenehm wäre; denn die N. J. verlangen ja „et» 
freiniüthiges^ gründliches und unparteiisches Urtheil^^^ welches 
jndess die Humanität nirgends verletzen darf. 

Sehr zweckmässig belehrend und die Uebersicht sehr er- 
leichternd hat Ref. zunächst die „ethnographisch- chronologi- 
schen Uebersichten^^ gefunden, gewiss aber würde das Buch 
seinem Zwecke mehr entsprochen haben und auf grössern Bei- 
fall rechnen dürfen, wenn Hr. S. die Arbeit sich hier und da 
nicht zu leicht gemacht, und namentlich nicht versäumt hätte, mit 
der neueren und neuesten gesdhichtl. Litteratur sich zu befreun- 
den. Er würde alsdann unverkennbar mehr geleistet haben, als er 
wirklich geleistet hat. Auch hätte er gewiss körniger, klarer, 
gediegener und lebendiger schreiben können, wenn er sich die 
dem geschichtlichen Stil gebührende Mühe gegeben hätte. 
Ferner scheint das Buch mehr geeignet zum Wiederholen für 
die, welche mit der Geschichte schon vertraut sind^ als für die, 
welche sich von vorn herein erst unterrichten wollen. Sehr 
bedauern würde es übrigens Ref., wenn Hr. S. durch die sine 
ira et studio ausgesprochenen und stets mit Gründen belegten 
Bemerkungen sich verletzt fühlen sollte! Doch selbst unter 
dieser unangenehmen Befürchtung würde er, bei seiner hohen 
Achtung für die Geschichte, und bei seinen gerechten » wenn 



168 AlterthnniBkande, 

tnch strengen Forderungen an den Historiographen nich^ tn-- 
ders urtheilen dürfen und geurtheilt haben. 

Das Papier ist gut, dem Drucke aber fehlt es an Schärfe 
und an der gehörigen Schwärze, Indem sehr viele Buchstabea 
als zu frühe Geburten, als wahre Abortus, erscheinen. 

Rinteln. Bodo. 



Descrtption des monumens de Rhodes^ d^i^e & tu 
Majestö le Roi des Pays-Bas, par le colonel Rottiers, membre de 
plusiears Academies, commandear et chevalier de difförens ofdres, 
Bruxellet), imprimerie de Tencö freres. 1828, 4. 426 Seiten« 
Dazu ein Heft Steindrücke. 

Dieses Werk mag durch seinen Titel, durch sein Aeusserea 
den Aiterthumsforscher anziehen, der Inhalt wird ihn nicht 
ganz befriedigen. Zwar enthält es recht schätzbare Beiträge 
zur geographischen Kunde der Insel Rhodus, namentlich der 
Stadt Rhodus und ihrer nächsten Umgebungen, und insbeson- 
dere eine sehr ausführliche, durch die Steindrucke anschau« 
lieh gemachte Beschreibung der Bauwerke der Rhodlser-Ritter, 
wie sie in keinem andern Buche zu finden Ist, da der Verf. Ge« 
iegenheit hatte, selbst die Gebäude zu sehen und abzeichnea 
zu lassen, die sonst keinem Christen erlaubt ist zu betreten — 
in welcher Hinsicht das Werk für Baukünstler und für Freunde 
der Geschichte der Baukunst, besonders im Mittelalter, einen 
ausserordentlichen Werth hat; — allein Hr. R. war zn wenig 
ein kritischer Kenner und Forscher des Alterthums, namentlich 
des rhodischen, als dass er hätte in dieser Hinsicht etwas lei- 
sten können, obwohl er dasselbe keineswegs von seiner Schrift 
ausgeschlossen hat. In dieser Partie ist er in hohem Grade 
oberflächlich, und sein Werk wimmelt thells von wirklich faU 
Gehen Behauptungen (weil er ohne Weiteres nachspricht, wad 
Sammler vor ihm über das rhodische Aiterthura zusammenge* 
stellt haben ohne vorhergegangene nöthlge Kritik der Schrif- 
ten und Stellen , aus welchen sie geschöpft) , thells von Nach- 
richten, die er auf Treu und Glauben den Berichten der Insel- 
bewohner entnommen, ohne zu untersuchen, ob sie auch Griind 
haben. Merkte, wusste er nicht, dass die ungebildeten nnd 
betrügerischen Bewohner jener Gegenden sich oft ein Vergnü« 
gen darausmachen, den neugierigen, leichtgläubigen Reisenden 
etwas auf die Nase zu binden? Schlimm, dass er noch oben- 
drein nach französischer Weise diese Oberflächlichkeit durch 
rhetorischen Glanz und seichtes Geschwätz zu verhüllen und 
den Leser mehr zu ergötzen und zu unterhalten, als zu beleh- 
ren bestrebt ist. Dadurch erhält das Ganze für den gründli- 
chen Forscher einen recht widrigen Anstrich und macht einen 



Bottien : Deseripfloii des monnmeiit de Rhodea* 160 

unangenehmen Eindruck. Besonders fällt es wahrhaft ins Ekel« 
hafte, dass Hr. R. seinen Führer Dimitri, einen Griechen au« 
Rhodos, schwatzen lässt, wie den ärgsten Philheilenen, iiber 
Politik, die türkische Despotie, die griechische Sklaverei u. s. w. 
und wiederum wie einen gelehrten Alterthumsforscher und Hi- 
storiker über das rhodischeAUerthum, über die Belagerung und 
Einnahme von Rhodos durch die Türken n. s. w. Mag derselbe 
wirklich sehr unterrichtet gewesen sein und geistvoll — diese. 
Rolle, wonach er über Alles so geschickt und geläufig raison* 
nirt haben soll, passt nicht lür ihn, und das Ganzeist eine 
recht unglückliche Idee, die er dem Verfasser der Reisen des 
Jüngern Anacharsis abgeborgt hat. „<$' il auteur du Anachar-^ 
sie^*'^ sagt zwar Hr. R. in dieser Hinsicht in der Einleitung, 
y^afait de la forme du dialogue un des artifices les plus agrea- 
bles de son livre^je ne pouoais me priver d'un avantage pareil 
que je possädais en rdalit^,''^ Aber Barthdlc^my hat die Sache 
mit weit mehr Geschick gehandhabt. — So viel im Allgemei- 
nen! Nun eine kurze Inhaltsanzeige des Werkes. 

Der Verf. war eigentlich Willens gewesen, auf den griechi« 
sehen Inseln überhaupt umherzureisen und hier und da Nach- 
^abungen anzustellen, um sein Vaterland mit den Schätzen des 
AUerthums zu bereichern. Allein er erfuhr von mehrern Sei- 
ten Schwierigkeiten, theils von der damaligen griechischen Re- 
gierung, theils anderwärts wieder von den Türken. Nur gering 
war das Ergebniss seiner Nachforschungen gewesen ; auf weni- 
gen Inseln blieb dem Verf. bei dem damaligen Kampfe zwischen 
den Griechen und Türken gestattet, Untersuchungen anzustel- 
len. Zu diesen gehörte unser Rhodos, und dies wählte er, 
^^weü die frühern Reisenden hier noch das Meiste dürften den 
nachfolgenden übriggelassen hahen,^^ Es war im Jahre 1825, 
als er sich auf der holländischen Kriegsbrigg Gier dahin ein- 
schiffte. Sein Aufenthalt war dort nur eine Woche, während 
welcher er die Stadt Rhodos und einige umliegende Oerter be- 
suchte. Der Eindruck aber, den Alles hier auf ihn machte, 
war für ihn unbeschreiblich gross. Er verliess die Insel nur 
mit der Absicht, sie bald ein ander Mal wieder zu besuchea 
und seine Forschungen auf alle Theile derselben auszudehnen* 

Diese Idee ergriff ihn jedoch erst wieder im folgenden 
Jahre, als er zu Smyrna sich müssig fand und sich auf eine 
nützliche Weise zu beschäftigen suchte. Durch die Leetüre 
einiger auf Rhodus und seine Geschichte beziehlichen Werke, 
als z. B. von Vertot , bereitete er sich darauf vor. Im Januar 
1826 verliess er Smyrna, begleitet von einem seiner Söhne und 
von dem Maler Witdoeck, und schiffte sich abermals nach 
Rhodus ein. Kaum angekommen, begannen die Reisenden ihre 
Arbeiten, nicht ohne Gefahr und Beschwerde. Die Türken 
hatten bis dahin noch Niemandem gestattet , die Baudenkmäler 



IVO Alterthamskaade. 

der Insel abzuzeichnen, namentlich das Innere der Kirchen. 
Zwei Jahre vorher hatte der Abt Desmaziers seine Kühnheit, 
in die grosse Mosch^^e (die ehemalige St. Johanniskirche) ein- 
xudringen, mit dem Leben bezahlt. Unser Verf. verdankte es 
nur einem besondern Zufalle, dass ihm sein Vorsatz gelang^. 
Solche Gefahr mosste sich wiederholen, wenn es sollte an eine 
Abzeichnung der Festungswerke, des Hafens, des Begräbniss- 
platzes u. s. w. gehen ^ weil die Türken gar zu misstrauisch, 
zu abergläubisch , zu bigott sind. Indessen dachte der Verf.: 
^Le but volait bien que Von courüt quelque risque pour Vattein» 
dre, Les hommes espoaent souvent leurs jours pour bien moimt 
que cela^^ 

Nachdem er nun alle Hindernisse glücklich überwunden 
und seinen Zweck nach Möglichkeit erreicht hatte während 
eines Aufenthaltes von sechs auf einander folgenden MonateD, 
rüstete er sich zur Abreise und kehrte in seine Heimath zurück. 
Hier ergriff er die Feder, um das Gesehene schriftlich dar^ 
zustellen. 

Ob nun wohl der Verf. mehrere Monate auf Rhodos ver- 
weilt hat, so hat er doch seii^ Werk in Ta^re abgetheilt, nämlich 
in 15, bloss der Darstellung zu Liebe; worin der Rec. keinen 
triftigen Grund sieht. Da es nun aber einmal so ist, so wollen 
wir berichten, was unter der Rubrik jedes einzelnen Tages ver- 
handelt wird. 

Der erste Tag enthält die Abfahrt von dem vulkanischen 
Felsen Santori ( wo der Verf. die Ruinen des alten Thora be- 
suchte, ohne jedoch sie hier zu beschreiben) und die Ankunft in 
die Nähe der Insel Rhodus. Bei der Gelegenheit gibt angeb- 
lich jener Dimitri einen Abriss der rhodiscben Geschichtei 
hauptsächlich auf den Grund der Monographie von Meorsius. 
Hier kommt natürlich viel Falsches vor, wie wir vorher schon 
andeuteten; weilMeurslus und die ihm folgten, bloss die Nach- 
richten der Alten zusammenstellen, ohne ihre Richtigkeit zu 
prüfen. Die nördliche Seite des Eilandes stellte sich ihnen 
höchst reizend dar mit den Dörfern Kremaste und Villanova, 
mit dem alten lal^^sus, dem Berge Philermus, dem reizend lie- 
genden Dorfe Triauda und dem Berge St. Stephan. 

Der zweite Tag. Man kam endlich vor der Stadt Rhodus 
an. Die Stadt entfaltete sich hinabsteigend von den Hügeln 
bis zum Gestade vor ihnen. Der St. Stephansberg zeigte sicti 
auch hier wieder ihren Augen, an seiner Grenze im Osten die 
Windmühlen; vorjp die Vorstadt, wo gewöhnlich die Reisenden 
im Kloster der italienischen Franciskaner (Soccolanti) logiren; 
dann die Stadt selbst. Sie gewährte unsern Reisenden einen 
sehr grossartigen Anblick. Vor dem grossen Hafen warf man 
Anker. — Die Fortsetzung der Geschichte von Rhodus böte 
uns Gelegenheit dar zu vielen Bemerkungen^ wollten wir ana 



Rottiers: Description des monnmont de Bhodef. 171 

hier darauf einlassen. Indessen ein Paar ^robe Vergehen an- 
siizeigen^ kann gerade nichts schaden, da ja auch unter nn« 
Deutschen noch genug sind, die Alles von den Alten ohne Kri* 
tik aufnehmen und für wahr halten und so hinstellen. So wird 
S. 40 angeführt, dass eine Capelle des Halbgottes Ocridio sich 
in Rhodus befunden hätte, und dazu wird Pindar. Vl(. citirtü 
Dergleichen falsche oder höchst unbestimmte Citate gibt es 
viele. Der Athenadienst zu Lindus wird in die Stadt versetzt; 
.er war aber auf der Burg. Alexander d. Gr. soll Khodus be- 
sucht haben!! Davon schreibt die Geschichte nichts. Von 
nichts wird mehr Falsches gefabelt, als vom Coloss. So heisst 
es auch hier in Bezug auf denselben: er habe den Apollo vor- 
gestellt [aber Apollo und Flelios waren zwei ganz Terschiedene 
Götter, und nur der spätere Syncretismus der Griechen konnte 
80 Verschiedenartiges zusammenmischen], habe mit gespreizten 
Beinen über dem Eingang des kleinen Hafens gestanden [davoa 
sagt das Alterthum kein Wort. Wie hätte er denn da aufs 
Land fallen können, wo ihnPlinius sah? Das Ganze ist nichts 
als Fabelei der Neueren, die sich die Reisenden haben aufbin- 
den lassen als Wahrheit! Am lächerlichsten aber ist es, wenn 
selbst Kupfertafeln (z.B. in Bertuchs Bilderbuch) diesen Unsinn 
Kindern vor Augen stellen!], die Rhodier wären nach ihm Co- 
losser geheissen worden [so nämlich die aller unkritischesten 
Schriftsteller, Cedrenus, Suidas u. s. w. Und diesen UnwissenH 
den schreibt man dies Zeug nach!] u. s. w. 

Dritter Tag. „ Cette journ^e en effet devait rester dans 

ma mernoirej car eile fut interessante pour moi Cef/it ce 

jour meine que fut resolu ä mes yeus le probleme du ve'ritable 
etnplacement du colosse,^^ Wenn es nur der rechte Platz ist, 
den der Verf. gesehen hat!! Hr. R. macht dem Bey seine 
Aufwartung, wird von ihm gut aufgenommen und erhält das 
Versprechen, alles abzeichnen zu lassen, was er wünscht, nur 
die Moscheen und Festungswerke nicht. Er logirt sich ein in 
das Kloster der Franciscaner in der Vorstadt, dessen Kirche 
er zuerst in Augenschein nimmt. An Abdullah, einem Bosnier| 
findet er einen Führer, mit welchem er sich slavisch unterhal- 
ten kann. Ausführliche Beschreibung der berühmten Belage- 
rung von Rhodus im Mittelalter. 

Vierter Tag. Schöne Aussicht aus der Celle, in welcher 
der Verf. wohnte, auf das Meer hin. — Spaziergang durch die 
meist von Griechen bewohnte Vorstadt Aio Georgio nach einer 
Kette von Anhöhen, die an den St. Stephansberg grenzen. Von 
hier aus eine angenehme Aussicht auf die Stadt mit allen ihren 
Häusern und Minarets. 

Fünfter Tag. Er ist fast allein den merkwürdigsten Ge- 
genständen in der Stadt gewidmet, namentlich aber der Be- 
schreibung des Innern des Palastes der Grossmeister. — Be- 



1T2 Alterthnnatkande, 

ench des Gartens d^Anrer^e UDd der Mühlenflache (plage 
des Mouline ). 

Sechster Tas;. Gan^ nach Sumhuln. Hier soll die rhodi- 
flehe Schule derlLhetoren und Philosophen gewesen sein. Aber 
worauf stillst sich diese Sa^e? Daion erfahren lüir kein Wort. 
Gibt es noch Spuren des Gvmnasiiims^ wo gelehrt ward? Oder 
ist es auch wieder eine reine Erfinduiijr von Cicerouis*^ Aber 
trotz dem^ dasR die Sache so zweifelhaft erscheiut — der Vf. 
knüpft daran zum wahren Ekel des Lesers eine Geschichte der 
griechischen Rhetorik (!!), worin vieles Unkritische, oft Lä- 
cherliche. Cebrigens herrliche Ansticht von der Höhe herab. 
— Weiter erwähnt der Verf. der Ruinen eines Tempels der 
Ceres. Aber die Anffabeu oder die Gründe für diese Annahme, 
dass es ein Tempel der Demeter g^ewesen sei, sind so unbe- 
fttimmt, dass Rec.es nicht bedauern darf, das Buch des Hrn. 
R. vor der Herausgabe des dritten Heftes seiner Untersnchon- 
^en über die GötterdieuRte auf Rhodus nicht gekannt zu haben. 
Was hätte er von diesem Ungewissen und^ wie es scheint, ^anz 
^rundlofiien Raisonnement für Gebrauch mnchen sollen? Man 
höre die Worte im Original und urtheile selbtit: .^Dimilrime 
conduisit ä Vemplacement oü avait esistc jadis un iemple de 
de/ es , iaillc carrement dans le roc. Lc temps r avait totale^ 
meut diitruit^ mais on pouvait juger par quelques debris ^ que 
sa fa^^ade et peut - e'tre son mterieur avaieiU ete revdlus de 
tnarbre. Tl me montra un peu plus loin un tron ^ en forme de 
cöne , pratique .da?is le roc oü l'on etei^nait les flambeaux qui 
avaient brüle devant fauiel de Ccr&s pendant la ceremonie des 
myst^res, Ces feles qui avaient ete apporiees d" Eleusis^ se 
celcbraient (^salernent ä Rhodes pendaid La nuit."^ Wie be- 
stimmt diese Behauptungen ausgesprochen, und doch bei nähe- 
rer Untersuchung wie wenig begründet! Also aus dem koni- 
Bchen Loche im Felsen wird geschlossen, dass es ein Tempel 
der Demeter gewesen, dass die EleuRinischen Geheimnisse auch 
hier auf Rhodus gefeiert worden wären!! Welch ein Sprung 
der Dinge und der Gedanken gehört hierzu^ um sich so etwas 
nur vorstellen zu können! Nun sollrn auch die Inschriften, auf 
einem nahen Todtenacker und der Vorzeit^ sich nur bezichen 
auf solche, die eiugeweihet waren in jene ]\1ysterien. Recht 
schön, wenu's nur wahr wäre! — Rückkehr durch das Thor 
St. Johann. 

Siebenter Tag. Der Verf. kauft von einem Griechen ans 
Lindas einen sehr werthvollen Ring aus alter Zeit, der gedient 
SU haben scheint zum schnellen Vergiften, wenn man in Gefahr 
war. P> befindet sich gegenwärtig im königlichen iVlünzcabi- 
net im Haa«:. — Ein Besuch beim Cadi, der ihn aufs freund- 
lichste bewilkommnet, gibt Gelegenheit, dessen Palast näher 
kennen zu lernen , der um 1375 erbauet ist. 



Rottiers: Description des monnmeiM de Bhodei« IIS 

Achter Ta^. Der Bey gibt Hrn. R. einen Tschanch (obem 
Civilbeamten) zum Schutz, unter dein es dem Maler roö^lidl 
ist, das, was merkwürdig schien, auf der Strasse abzuzeichnen.; 
sonst wären sie vom Pöbel insultirt worden. In einem Privat« 
gebäude findet man ein altes Gemälde aus der Zeit der Rhodi- 
Ber>Rittery die Geschichte mit dem Lindwurm darstellend. Nach 
diesem Gemälde zu urtheilen, sagt der Verf.: ^^Vanimal^ repr^^ 
sente dans ce tableau , doit avoir ete de la plus gründe espdce 
des repliles cauriers^ ^un crocodüe enfin du seul genre cormu 
des anciens dont les Egyptiens avaient fait un demidieu. ^^ — 
Der Verf. entdeckt ferner mehrere Aiterthümer aus der Zeit 
der Grossmeister, die für deren Geschichte von hohem Wer- 
ihe sind. 

Neunter Tag. Beschreibung von andern merkwürdigea 
Bauwerken, die sich aus den Zeiten derRhodiser herschreiben. 
Einen langen, breiten Abschweif über die gothische Baukunat 
hätte gewiss Jeder dem Verf. geschenkt; ob er eben so ober- 
flächlich ist, wie die andern, das hellenische Alterthum betref- 
fenden , kann Rec. nicht entscheiden. 

Zehuter Tag. Es werden andere Baudenkmäler in der Stadt 
beschrieben. — Unterhandlungen wegen Gestattung eines Be- 
suches der St. Johanniskirche. 

Elfter Tag. Wirklicher, obwohl kurier Besuch dieser 
Kirche. 

Zwölfter Tag. Besuch des Klosters der Ritter und ande- 
rer Gebäude. 

Dreizehnter Tag. Spaziergang nach dem St. Stephana- 
berge. Dort die kleine St. Stephanskirche. — Fernere Be- 
Bchreibung der Baudenkmäler in der Stadt, i. B. der Ruinen 
der St. Marcuskirche. 

Vierzehnter Tag. Reise zum Berge Philermus durch die 
Vorstadt und überTrianda. Auffindung einer alten Handschrift 
über die Ereignisse auf Rhodus , während es im Besitze der 
Bitter war. Reizende Aussicht vom Berge herab. Verbesse- 
rung eines Irrthums in der Geschichte des türkischen Reichet 
Ton Joseph von Flammer ( der die Höhe von Simboli mit dem 
Philermus verwechselt hat). Kirche U. L. Frauen auf dem 
Philermus. Merkwürdige Höhle mit Frescogemälden, aber aas 
christlicher Zeit. Rückweg über den St. Stephansberg. 

Fünfzehnter Tag. Fernere Umgänge in der Stadt, um 
Aiterthümer aufzusuchen. — Der Verf. gedenkt auch die an- 
dern entferntem Theile der Insel zu besuchen; aber man warnt 
ihn ernstlich vor den Gefahren einer solchen Unternehmung. 
Er unternimmt daher eine W^asserfahrt nach den Ruinen des al- 
ten leljsus. Dies war aber auch die einzige weitere Partie. 
Die Befürchtungen schienen nur zu gegründet zu sein. — Be- 
such der Casernen der Ritter nad des Bades Solimana« 



.1 



174 Lateinische Sprache. 

Hiermit endigt die Beschreibung der Reise , von der der 
Verf. p. 405 sagt: Mon travail estle r^sultat des investigations 
et des recher ches auxquetles je nai cessd de me livrer pendant 
un sejour de six mois consdcutifs, — Die Steindruck tafeln ge- 
ben von den beschriebenen Ansichten und Baudenkmälern der 
interessanten Insel eine anschauliche Idee. Schätzbar ist da- 
bei die Charte vom heutigen Rhodus, 

Heffter. 



Beitrag zur Wortforschung der lateinischen 
Sprache. Von Konrad Schwende. Frankfurt a. M., 1833. Ge- 
druckt und verlegt von Joh. David Sauerländer. 8. IV u» 108 S« 

Die Etymologie ist wenigstens so alt als die Literatur; be- 
reits in den ältesten Stücken der Genesis kommen etymologi- 
sche Mythen vor (2, 7. tun« von n»!«.. 2,23. ntt>« von tt^«) 
als Versuche, die Abstammung oder Herkunft eines Wortes 
durch eine erdichtete Erzählung nachzuweisen. Und trotz die- 
aes ihre« Alters ist sie noch nicht einmal eine Wissenschaft 
geworden, noch nie wissenschaftlich begründet und bearbeitet! 
Selbst in unsern hochgebildeten Zeiten, wo man auf dem Felde 
der Wissenschaft überhaupt so überaus thätig ist, ist sie noch 
immer nur, wie der Verf. S. 95 mit Recht sagt, ^Jm Werden 
hegriffen>^ Und doch ist sie eine so interessante Wissenschaft, 
die uns über einen der wichtigsten Theile der menschlichen 
Hervorbringungen, über die Sprachen, Auskunft gibt und ihre 
einzelnen Theile, die Wörter, bis zu ihrem ersten Ursprünge 
▼erfolgen und ihre Bildung vom Kleinsten bis zum Grössten 
vor unsern Augen entfalten lehrt. Sie ist ferner eine überaus 
nothwendige Wissenschaft; denn von ihrer richtin:cn Anwen- 
dung hängt die Aufklärung und regelrechte Behandlung vieler 
anderer Wissenschaften, z. B. der Grammatik, der Lexicogra- 
phie, der Synonymik*), der Mythologie ab. Und warumist 
sie nie zur Wissenschaft geworden? An unzähligen gelungeneu 
wie misslungenen Versuchen hat es doch nie gefehlt; aus jedem 
Zeitalter finden wir Spuren von ihr. Aber nie hat man sie al- 
lein und für sich behandelt; nur obenbin und beiläufig hat maa 



*) Wie sehr wurden die neuesten Schriften über lateinische Sy- 
nonymik, z. B. von Döderlein, Ranibhorn etc. an Gehalt gewonnen ha- 
ben, wären ihre Verf. nach richtigen etymolog. Grundsätzen verfahren 
und hätten mie sich vor jeder willkürlichen Annahme bewahrt. So 
darf man fast nie ihren Sätzen unbedingten Glauben zollen, und ihre 
Werke kann man nur mit der grössten Vorsicht gebrauchen. Jüngere 
Personen können nicht genug vor Ihnen gewarnt werden. [A n m« d. R e c] 



Schwende: WortforschoDg der lat Sprache. 175 

«ie gebraucht; nur Dienerin ist sie gewesen und hat aie sollen 
«ein. Daher kam es^ dass man nur mit Vorurtheiien angefüllt, 
gewissen vorgcfassten Meiirangen zuLiebe^ sie hamlhabte, d.h. 
radbrechte. Sollte ea denn selbst unserm Zeil alter versagt 
sein, ein wissenschaftliches System der Etymologie aufzustellen 
nach richtigen philosophischen Principien? Und wie würde 
aich dasselbe in seiner Anlage gestalten? 

Ein treuer Arbeiter auf diesem Felde ist in neuester Zeit 
auch der Verf. der vorliegenden Schrift. In seinen etymolo- 
gisch-mythologischen Andeutungen hat er sich insbesondere 
dem Griechischen, in seinem JV'örter buche der lateinischen 
Sprache mehr dieser zugewandt, und jetzt lesen wir im neue- 
sten Mess-Cataloge, dass auch die deutsche Sprache seine Kraft 
in Anspruch nimmt. Rec. hat, weil er sich für dieses Studium 
interessirt, den Verf. fortwährend bei dessen Studien begleitet, 
und gesteht, dass er ihm manche interessante Aufkiärung ver- 
dankt. Im Allgemeinen vermisst er aber doch sicher leitende 
Ideen, nach denen Hr. Schw. gearbeitet. Es ist alles meist 
uur schwankende Empirie, die sich hier so, dort wieder anders 
gestaltete, je nachdem das Gefühl ihn zufällig so oder so lei- 
tete. Häufig keine scharfe, treffende Entscheidung, eben weil 
der Verf. nicht sichern Principien folgte; nicht selten zu kühne 
Hypothesen, eben weil er sich keine feste Regel zuvor gebil- 
det; oft auch gerade das Verfehlen des Richtigen. Diese Män- 
gel zeigen sich ebenfalls hier in dem vorliegenden Büchlein, 
das diejenigen etymologischen Versuche enthält, welche der 
Verf. zum Theil schon früher in diesen oder jenen Zeitschrif- 
ten hatte abdrucken lassen; nur ein Theil ist neu hinzugekom- 
men. Nanientlich ist es reich an kühnen Vermuthungen, deren 
Kühnheit er selbst nicht ableugnet (S. 95): ^^Dergleichen vor-^ 
zubringen bei einer erst im Werden begriffenen fVissenschaft 
schien ihm zwar zulässige wenn sie anders nicht ohne analoge 
Fälle vorgebracht werden^ weil schon durch das Abweisen der- 
selben, falls diess auf wahre Kritik gestützt ist ^ oft die Spur 
des Rechten gefunden wird,^^ Vgl. 8. 38, wo der Verf. sich 
80 äussert: „Es gefit freilich etymologischen Conjecturen, wie 
kritischen in griechischen und römischen Autoren; sie lassen 
sich leichter machen ^ als beweisen. Nur haben sie das Gute 
voraus, dass die Schriftsteller durch jene nicht verdorben wer- 
den, wie so häufig durch diese.'' Indessen kann ihm hierin 
Rec. nicht ganz beistimmen. Eine Wissenschaft, die schon so 
überladen ist mit kühnen Conjecturen, die sich bisher fast nur 
in willkürlichen Annahmen bewegt hat, muss nicht noch mehr 
damit angeschwellt werden, bedarf gerade der Sichtung, der 
Abwehr jeder Kühnheit und Willkürlichkeit. Lieber manum 
de tabula, und sich jeder Vermuthung enthalten, wenn das 
fragliche Wort sich jeder Art etymologischer Entwickelung 



1?6 Lateinische Sprache, 

und Zuruckführan^ auf einen Urstamm entzieht. Was kommt 
denn auch darauf an, wenn ein Wort ein Mai unerklärt bieibt| 
insbesondere ein solches, das einzeln für sich dasteht oline 
einen langen Schwärm von Nachkommen und Verwandtschaf- 
ten? Und was helfen da kühne Conjecturen? Sie ekeln doch 
jeden Besonnenen an, und die Mühe des Conjecturirenden ist 
— nutzlos. So hätten fuehrere Artikel in dieser Schrift feh* 
len können, recht zum Vortheii derselben. 

Ein anderer Mangel, der sehr in die Augen fällt, den frei- 
lich die wenigsten Etymologen fühlen und vermeiden, ist noch, 
dass Hr. S. viel zu wenig den Keim des Wortes erforscht. Er 
lässt die Sache dann schon ruhen, wenn er durch Vergleichall- 
gen n. s. w. den Stammlaut gefunden hat, ohne nachzuweiseo« 
was dem wieder zum Grunde liegt. Denn was haben wir da- 
durch Grosses gewonnen, wenn wir den Stamm entdeckt ha- 
ben? Müssen wir denn nun nicht auch fragen , ausweichen! 
Keime dieser wiederum sprosste? Hier ist es aber besonders die 
Onomatopöie, welche die Aufmerksamkeit der Etymologen im 
höchsten Grade verdient. Die meisten Wörter iassen sich auf 
onomatopoetische Laute zurückführen, und darunter gerade 
recht verzweigte, z. B. sto auf st! curro auf curr (den Ton des 
Schurrens), scribo, yQccqxx), grabe auf^ra (den Ton des Kra- 
tzens, Kritzeins) u. s. w. Welch eine höchst fruchtbare Be-> 
merkung ! An solchen Wörtern übe man zuerst und zumeist 
seinen Scharfsinn. Dann gehe man zu den schwerern, unfrucht- 
barem über. — Rec. will nun die einzelnen Artikel durchneh- 
men und seine Bemerkungen beifügen. 

Abtes* Um dieses Wortes willen wird ein Verbum obere 
angenommen (wahrscheinlich weil z. B. partes von purere her- 
kommt). Diess soll nun Kraft haben , zeugen, grünen bedeutet 
haben. Welche Voraussetzungen alle! Das Wort bleibt nach 
wie vor — unauflösbar, auch wenn Hr. S. das Hebräische ci- 
tirt, als eine verwandte Sprache des Lateins. Was das letzte 
anlangt, so hat derselbe gar nicht ungern (vgl. S. 102): Wörter 
wie pp (cornu), rrjö hären ferre und «»nö Frucht, K^n hie, sie, 
*)*}£| pars^ parCior, dhv dam und unzählige andere bestätigen 
die Verwandtschaft des semitischen Sprachstammes mit dem 
indogermanischen auf das augenscheinlichste. Aber der be- 
rühmte Gesenius hat von dieser Bemerkung auch bereits einen 
und zwar sehr vortheilhaften Gebraucli in der neuesten Aus- 
gabe seines Handwörterbuches der hebräischen Sprache ge- 
macht. Indessen nur nicht zu viel auf diese Bemerkung ge- 
hauet! Die Verwandtschaft muss sich ungesucht aus der 
Aehnlichkeit oder Gleichheit des Klanges und der Bedeutung 
der Wörter ergeben. Wenn aber Hr. S., um abies etymologisch 
zu erklären, zum Hebräischen aeb (3m) seine Zuflucht nimmt 
und nun Tanne und grünen als verwandte Begriffe erst 



Schvenck : Wortforscbang der laC. Sprache« Vft 

zasainnienbringen \rill; so i<!t das eine erbärmliche K&ii- 
stelei, ein elender Nothbehelf, zu dem ein wissenschaftli- 
cher Forscher nie seine Znflncht nehmen soll und darf, 3vill 
er sich nicht lächerlich machen vor der Welt. 

Aemulua hat der Verf. richtig auf aequus zurückgefuhrt| 
cla qu oder c vor m wie auch g sehr häufig weichen; nur kann 
der Rec. acmnis (von aqua?) amnis nicht als Beispiel hiervon 
gelten lassen^ weil bei diesem Worte nicht erhellt, woher unter 
aolchen Umständen das m? Auch die Ableitung von aequus 
(= equus^ ecus \onicere) ist, wie der Verf. selbst gefühlt hat, 
eine überaus kühne und darum ganz unstatthafte Annahme. 
Warum denn nicht von illxa Ich weiche, ioLxa ich gleichet 
Also auch y er wandt mit vico^ Vinco (Ich mache weichen), so 
dassae^2^2/« eigentlich heisst: weichbar, biegsam, sich anschmie- 
gend, gleichwerdend, gleich, eben. 

^es^ aeris wird S. 4 richtig von afO'C}, ol'o, acj abgelei- 
tet, was eben auch schon von Andern geschehen Ist; falsch da- 
gegen S. 5 ferrum von fundo! ! Warum nicht von fero wie 
terra von iero? Also bedeutet/errz/m eigentlich was getragen 
wird, geführt wird (mit der Hand, z. B. in der Schlacht), daher 
das Schwert. So bedeuten arma (von aro ^ ägta) eigentlicli 
was angefügt, angemacht wird vom Krieger, also die Waffen. 
Ferrum aber bedeutet zweitens, woraus die Schwerter ge- 
macht werden, das Eisen. Ist denn das so ungewöhnlich, das8 
nach dem Werkzeuge erst der Stoff benannt worden? — Der 
Artikel alauda bringt uns über die Entstehung dieses Wortes 
um kein Haar weiter, eben so der über amo etc-, das von almus 
mit herausgestossenem / abgeleitet wird. Flöchst unwahrschein- 
lich! Warum wird es denn nicht mit &^a, aJttcOy a^^La zusam- 
mengestellt? — Bei ansa weiss sich unser Verf. gar nicht za 
helfen, und doch ist es so leicht, das Wort zn erklären. Ansa 
ist verwandt mhiavÖG) (=x(xvö(iv(D) ich fasse, fasse an, hando^ 
woher prehendo \d, i. per-hando), Hr. S. wird doch wissen, 
d^»^ ^ mit h wechselt und sogar oft wegfällt? — Antenna und 
transetma scheint richtig abgeleitet. Dagegen hat der Verf. 
bei arundo wieder das Richtige übersehen. Warum soll es 
denn nicht von agto^ agao abstammen? Es bedeutet eigentlicli 
l)^as InstriAneut, welches durch Zusammenfügen aus Rohr etc. 
bereitet wird, Rohrpfeife, Leimruthe etc.; 2) das, woraus es 
zusammengefügt wird, das Rohr. — Bei Äa/-Äfl dürfte das Rich- 
tige getroffen sein, nicht so bei dem gallischen Worte benna. — 
üeber caedo denkt der Verf. im Ganzen richtig, aber dass die 
Wurzel des ganzen, reichen Stammes in dem Naturlaute ca^ yt 
liegt, wodurch wir das Weitgetrennte, Offene, Klaffende be- 
zeichnen, scheint er nicht zn wissen; eben so wenig, was eigent- 
lich puo bedeutet. Puo ist das griechische jrrvcj {nx und t 
wechseln nicht selten in beiden Sprachen, vgl. ^rai^i/vfit und 

^. Jdhrh, /. Phil, u. Päd. od. KriU BihU Bd, XI Hft. 6. j o 



178 Lateinische Sprache. 

pando) und das deutsche spucken^ und hat zum Grundlaute dea 
Laut^ welchen wir machen beim Ausspucken; es ist also ono- 
matopoetisch. Folglich heisst es 1) ich spucke aus, räuspere 
mich; 2) ich thue weg^» ab, ich reinige. — Calus soll von cado^ 
caedo herkommen (S. 18); doch macht der Verf. folgende Be- 
merkung dabei: „Ist die Bemerkung zu kühn, so will ich 

sie nicht gemacht haben. ^^ Sie ist nicht bloss zu kühn, son- 
dern auch ganz ohne Sinn. Catus bi verwandt mit cao^ caveo^ 
und bedeutet denjenigen, der sich hütet, der auf seiner Hut ist 
(caveoj cautus und Hut sind verwandt), also den Behutsamen. 
Was lag wohl näher als dieses? — Den Artikel caseus hättea 
wir dem Verf. gern geschenkt; er kürt nichts auf. — Bei cen* 
aus^ censeo ist wieder das Richtige verfehlt. Censeo bedeutet 
abschätzen nach dem Vermögen, um au wissen, in welche cett" 
turiam Jemand gehört. Also ist centum auf jeden Fall der 
Stamm*). — Von clavus^ data hat der Verf. eine falsche An- 
eicht. Wenn etwas entzweibricht, z.B. ein Stück Holz, so sagen 
wir: knacks. Aehnlich, d.h. onomatopoetisch, auch der Grieche 
xAa^c? oder zXadOy xkäo). Daher clades» Aber auch clava, 
clavis, clävus^ eigentlich ein abgebrochenes Stück Holz, daher 
Keule (damit verwandt), Riegel, Schlüssel, Schlasbaum u. s. w. 
— Lächerliches unter crus^ das von ruere herkommen soll! 
Wie einfach folgende Etymologie! Kvdco im Griechischen 
heisst: ich reibe, ich kraue (was mit Kvaco verwandt ist, denii 
XV wechselt mit er häufig, vgl. crepo uadxvdnc;), xvdmo}^ also 
auch cardo und xvoitpog)^ KQijfii] bedeutet demnach derjenige 
Theil, der gerieben, gekratzt, schäbig aussieht, also das Schien- 
bein, cru8. Folglich kommt crz«^ von crepo ^ creo^ c/z/o her, 
und dies bedeutet kratzen, schaben, und ist wieder der Aus« 
fluss eines Naturlautes wie kratzen. — Das Wort crus ist für 
Manchen schon eine crux gewesen, auch für Hrn. S. Rec. will 
die Sache erklären. KoQa^ ist eigentlich der Rabe, die Krähe, 
nach dem Geschrei dieser Vögel so genannt. Nun hiess aber 
auch jeder Balken, der vorn eine Art Krähenschnabel hatte, n^so 
eine Art Kreuz war, ein xoga^ (corvus). Und aus Koga^ haben 
die Römer crus gemacht. — Welche unnütze Mübc gibt sich 
Hr. S., um curia etymologisch zu erklären! Kiga oder xBlgto 
heisst: ich kratze, scheere (a-chere^ also xkgG)). Der Natur, 
laut des Kratzeus ist hier wieder der Gruudlaut. Davon coero"^) 



*) Anders Grotefend in der Hall. Lit. Zeit. 1834. Apr. No. 74., der 
den Stamm consoj ich beratbe, annimmt, aber, indem er consül damit 
zusammenstellt, ganz Verschiedenartiges zusammenbringt. 

**) Colo ist =: coro und bedeutet eigentlich ich kratze , schabe, 
schneitle, schnitzle, daher ich verbessere , verschönere. Daher ctfZter 
das Messer. Daher auch cubum eigentlich was abgestutzt ist oben» 



Schwenck : Wortforschaog der lat. Sprache. 119 

(alt statt c?/ro), coeroy cura. Und davon curia ^ als der Ort, 
wo man curat ^ d. i. die öffentlichen Staat^j^eschafte besorgt, 
und eine Volksabtheilun^, die ebenfalls und wahrscheinlich 
allein und vor allem im hohei^ Alterthume dieselben besorgte. 

— Der Artikel dens klärt die Abstammung dieses Wortes nicht 
auf. Fiat Grotefend a. a. O. Recht, wie es scheint, der Zahl» 
mit Zinke, Zacke zusammenstellt (man vgl. auch Zehe), so 
dürfte dens mitziehen, zähe, zucken, Zickzack u.a. w. verwandt 
sein. Zu diesem Stamme scheint auch ]yd und ]t^ zu gehören. 

— Gut wird nachgewiesen der Ursprung von drungariua, •— 
Die Beweisführung, dass/p/ und /e/tis eines Stammes sind, hat 
Reo. nicht genügt. Hinsichtlich 4les Wortes lac hält es der- 
selbe mit Jac. Grimm und glaubt, dass lac für malac gesagt 
worden sei, ydka aber erst das ya vorgefngt erhalten habe. 
Vgl. yiXaa lachen, laetuf^ ludo, wo ys ebenfalls vorgefügt. -— 
JJeherflaccus denkt Rea anders, als FIr. S., der es unmittelbar 
\on flaco^flago, brennen, ableitet. Der Stamm ist unbezweifelt 
plaCy die Nachahmung des IVaturlautes, der gehört wird, wenn 
etwas geschlagen wird. Vgl. Schlack, woher schlagen. Daher 
das griechische 9rAa}/G7, nki^ya, nXr^(56(o^ das lateinische /i/^g'a, 

flogo {fligo ) u. s. w. Hiervon nun flaccus^ wie siccus von sico 
{öitjai). Es bedeutet also 1) was geschlageh ist und durch Schla- 
gen schlappig wird ; 2) daher überhaupt welk (was damit ver- 
wandt ist, vgl. schlagea und schlaff); und 3) fahl, gelb, bleich 
(was auch damit vervrandt ist), wie das Welke zu sein pflegt. 
Und nun kommt davon her (pkiyfo^ fu lg eo ^ fulvus eic.\ auch 
Vulcanua (st. Fulcanus) , das Grotefend a. a. O. mit einigen 
Andern (z. B. mit Buitmann) irriger Wei$«e von Tubalcain ab- 
leitet!! — Ueber die Wörterfamilie von flectere und plectere^ 
als Wörter eines Stammes, urtheilt der Verf. ganz richtig, nur 
vergass er zu bemerken, dass sie zum Grundlaute den onomato- 
poetischen Ton plac haben. — Gula erklärt der Verf. durch- 
aus falsch. Der Stamm desselben ist gu, was sich noch ausser- 
dern in den Wörtern gustus^ gusto, guitur, gurges und in yci;- 
Ctog^ ystica (d. i. yvcD)^ kosten, Gurgel, Gaumen, Gusche u. s.w. 
findet. Nun wird Jeder leicht, z. B. an dem Worte Gurgel, 
das Onomatopoetische wahrnehmen; gu ist nämlich der Laut 
beim Schlucken. Von diesem gu nun kam das ungebräuchlichis 
Verbura guere (wovon gusto) und davon gnla^ wie von nvo^, 
livXrj, mola^ nrlcj (TixlöOca) {pio) pila. Gutta dagegen kommt 
her von jfvo. — Von immanis hat Rec. eine ganz andere An- 
sicht, als der Verf., der es, und eben so communis (!!), von 
maa herleitet ! Ist nämlich immania a. y. a. unmässig , so ist ea 



daher das Dach , daher jeder Gipfel. Falsch Grotefend a. a. 0. von 
co2o =: ceUo! 

12* 



I8Q Lateinische Sprache. 

• ■■ 
gewiss mit me/tor ^ menaus, mensis^ (trjv^ iidv (nj») verwandt " 
und tnanis heisst geroessen, massig, also immanis ungemessen, 
ungeheuer. — Unter dem Artikel iingua mUcht der Verf. Ver- 
schiedenartiges zusammen, indem er lingua, Zunge und Zange 
susaramen wirft. Zange kömmt her von zach, zähe, ziehen, 
«xid des Verfs. Anführungen germanischer Wörter sind völlig 
ohne Beweiskraft. Lingua und dingua sind nur dialectische 
Verschiedenheiten, und dieses letztere kommt nicht von dico 
und lingua von ligare her, sondern beide von tingo^ eigentlich 
Ugo lecken, leppern. So sind Zunge und Lunge ursprünglich 
gewiss eins gewesen und erst im Laufe der Zeit zur Bezeich«-' 
nung verschiedener Dinge gebraucht worden. rXaxra ist gar 
nicht verwandt mit lingua; diesem Worte liegt der Naturlaut 
leck^ lick, jenem der des Glotzens »der Schnalzens mit der 
Zunge zum Grunde. — Ueber lis spricht der Verf. höchst nn- 
genügend.und nimmt es für clis von ca/ere(?), statt dass es doch 
stlis im hohen Alterthume geheissen haben soll. Und wenn 
auch das st bloss vorgefügt wäre: so vrürde es eher von etwas 
Anderem als von calere herkommen. — Lucta ist richtig er- 
klärt; merus wiilkührlich für th^/zi^ schwarz! ! genommen. Me^ 
rula hat ihren Namen von der Art ihres Gesanges. — Von mi- 
gro und tnoereo gibt der Verf. gute Erklärungen, eine ganz 
sonderbare von murus. Als ob nicht muo ich verschliesse (fivo) 
wehre ab, der Grundstamm wäre sowohl von murus j als von 
moene^ yivvril Hier ist n Servillaut, dort r. — Nepos hält er 
für gnepos von geno. Vielleicht wahr ! Aber nidus rouss nicht 
mit neo unmittelbar, sondern zuerst mit veortog^ veottavca zu«, 
sammengestellt werden, ist also verwandt mit novus^ und darnm 
mit neo nähen, ganz machen, neu machen. — Das weitläufige 
Gerede über nomen führt zu keinem sichern Resultate. Wie 
viel besser ist es, sich einfach an cognomen zu halten und dar- 
aus abzunehmen, dass nomen von gno{sc)o, und nicht von i/ifiO 
oder emo herkömmt ! — Opacus ist nicht gehörig etymologisch 
aufgelöst, eben so wenig otium. Dies letztere dürfte cum 
Stamme haben %i(o ich bin leer, frei, ^cdgi» daher otium^ vgl. 
6%a(o spatium. Ch ist weggefallen^ wie vorher bei ansa, — - 
Pecus wird trotz der weitläufigen Erörterung des Hrn. S. am 
vrahrscheinlichsten von stexg) hergeleitet werden. — BeiP/awia 
übersieht er über das viele Hin- und Hergerede das Richtige. 
Von dem griechischen nixanai^ 3t "to kommt her mikov ( «w- 
k6(o). ntUcjövSt miXcjTog. Also konnte auch ntiXcoiia gebildet 
werden, oder mit der Zusammenziehung und Ausstossung des 
dann überflüssigen t {nkcüfia) pluma. — Die Meinung, pomus 
sei mit fagus verwandt, hätten wir gern dem Verf. geschenkt. 
— Von premo hat derselbe die richtige Meinung, wenn er sagt, 
dass der Stimmlaut pr onomatopoetisch sei (vgl. pressen), eine 
unrichtige von prelum^ wenn er behauptet, ea sei lusammengor ' 



Schwende: Wortronchaog der Iftt Sprache. 181 

I 

zogen, ilf, das üherhaapt in dem Worte nur Servillaut ist, lit 
hier nur gewichen dem /. Die Ableitung Yon frenum hält der 
Verf. mit Unrecht für ungewiss. Es kommt her von frend^ 
[exgenil, fredoj vom Stammkute/r, welcher das Knirschen aus- 
drückt), und der Endsylbe num ist das d gewichen, das ohne- 
hin Servilconsonant ist. — Picua^ pico ist gana richtig vont 
Naturlaute, dem Geschrei dieser Thiere, abgeleitet worden. — 
Promulgare scheint nur eise andere Form für provulgare zd 
sein. Man sprach statt pro prom ( wegen des bekannten /^o* 
mus), und vulgare ging deshalb über in ulgare^ wie überhaupt 
V dem Lateiner fast kein Consonant gewesen ist. Unsers Vfa. 
Art, dies Wort in seiner Etymologie nachzuweisen, ist höchst 
gezwungen. — Ueber die Ableitung des Worts rima von ricö 
Qijycj ritzen (wieder ein onomatopoetisches Wort) kann gar 
kein Zweifel obwalten. — Bei rtjra, was allerdings verwandt 
ist mit Ipeg, egeldcOy iglto, vermischt der Verf. ganz Verschie- 
denartiges, wenn er auch rigare u.s. w. herbeiholt. Die Grund- 
bedeutung ist ritzen, rcissen, zerreissen, hin und her reisseni 
daher hadern (vgl. Hader = Lappen, = einem zerrissenen 
Stück, == Zank). — Bei sagitta scheint demRec. das Richtige 
verfehlt worden zu sein. Saga^ worauf das Wort hinweist, 
ist nicht in saxum u. dgL zu finden, sondern in 6dxx(o (ans öaycoi) \ 
sagitta ist also darnach benannt, dass der Pfeil in einen Köcher 
eingethan, eingepackt ward. -^ Bei scurra spricht Hr. S. 
gut über die Bedeutun{^ des Wortes. Aber warum nimmt er za 
curf^re seine Zuflucht? Lag ihm nicht das griechische iSHalgo^ 
ich hüpfe, springe, näher? — Semila wird gut gefasst für «e- 
nztVa Seitenweg; dagegen hat die Ableituflg des Wortes senes 
von ^Vog den Rec. nicht angesprochen. Offenbar gehören doch 
die Wörter senatus, Senator und sentio (eine Meinung im Se- 
nate abgeben) sowolil der Bedeutung als der Abstammung nach 
zu einander. Ist nun sentio das deutsche Sinnen und kommt 
dies her von sehen (sichten), so ist auch ödo, sanus der Stamm 
des Wortes senes oder senex^ und dieses bedeutet eigentlich 
den mit gesundem Blicke, den Verständigen, Klugen. ' Weil 
aber die Alten, die Greise desto erfahrner sind, so bedeutet 
senex zweitens den Greis. Diese Bemerkung diene zugleich, 
des Hrn. S. Ableitung des Wortes sensus S. 80 f. zu widerle- 
gen , die auf nichts Reelles sich gründet. — Von serus aber 
hat er die richtige Wurzel sequi aufgefunden, nicht so von 
sinister^ über welches er allerhand Ungehöriges beibringt, so 
dass man aus dem Ganzen nicht klug wird. Die Sache verhält 
sich so : Der Römer schlug die Toga um den linken Arm , und 
nahm sie dermassen faltig zusammen auf der linken Seite der 
Brust, dass eine Art von Tasche entstand {sinus) , worein man 
allerhand Kleinigkeiten zustecken {sinere legen) pflegte. Sinus 
bedeutete also eigentlich die Tasche oder die Falten auf der 



X82 Lateinische Sprache. 

linken Brust. Daher nun sinisier = links. — Ueher soleo hat 
der Verf. gai^ nicht Ursache zweifelhaft zu sein. Von sedeo 
kommt her aedela^ zusammengezogen sella (Tgl. pando^palla; 
trudo trulla^ grado gralla)'j ^on sella sulere (woher cowäm/^ 
essul^ praesul und das Comp, consulere^ über weiche Wörter 
man gemeinhin ganz falsche Ansichten hegt *) und davon so^ 
lium und auch soleo y wie i'O'og und ^dog von eäca, i. e. sedeo. 
Vgl. Sitte und sitzen (welche Verwandtschaft sich gar nicht 
bezweifeln lässt), und mos^ moris, von welchem letztem Worte 
unser Verf. S. 86 sagt, dass seine Abstammung unsicher sei. 
Mit Nichten! Mos ist verwandt mit morari^ und morari mit 
maneo fterca fAe^ovaf fiov^^ wofür der Lateiner mora hatte« 
Denn n und r wechseln. Mos heisst also eigentlich das Blei- 
bende, Bestehende; daher die Sitte. — Hinsichtlich des Wor-* 
tes tal2)a bringt uns Hr. S. um nichts weiter. Es ist und bleibt 
immer noch das Beste^ als Stamm öxalXGi anzunehmen. — Te- 
nebrae ist gut von teno abgeleitet. Uei turdus ist aber über« 
sehen, dass das Wort wieder onomatopoetisch ist und ihm der 
Laut des Gurrens (vgl. r^if^c), XQvydv) zum Grunde liegt. — 
Von verus stellt der Verf. die sonderbare Behauptung auf, dass 
es mit vir verwandt wäre und mit vireo^ fio und was alles für 
Zeugs mehr. Warum hielt er sich nicht an das deutsche 
wahr? Wahr ist verwandt mit war; also verus mit eram^ ero^ 
eso^ Wesen und esse. Und wie gut stimmt die Bedeutung der 
Wörter? — Bei volare hat Hr. S. nicht bedacht, dass der 
Stamm des Wortes im Naturlaute des Wehens {vehere) liegt, 
also volare mit veho verwandt ist. Bei dieser Bemerkung ist 
fast Alles das unuütf, was darüber im Buche von unserm Verf. 

beigebracht ist. 

« 

Aus diesen Bemerkungen werden unsre Leser abnehmen, 
worauf wir schon oben hinwiesen, dass Hr. S. sich bei weitem 
noch nicht den Namen eines gründlichen Etymologen verdient 
hat, dass er noch zu wenig umsichtig und vorsichtig zu Werke 
geht, und dass es ihm noch an der grundlichen Kenntniss und 
Handhabung der Grundprincipien der Wissenschaft mangelt. 
Dessen ungeachtet kann der Etymolog das' Werkchen nicht 
gut entbehren, weil es hin und wieder — am meisten in der 
Schlussbemerkung -^ manche artige Bemerkungen enthält. 

Heffter. 

*) Unter Andern auch Grotefend a. a. O. , der consul von conso 
ableitet. Aber woher sollte das C gekommen sein? nach welcher 
Analogie ? •— Sdla ist der Stamm. 



Taschenbuch der engl. Auwprache und Lectdre. 18S 

Taschenbuch der englischen Aussprache und 
Leetür e^ in fortschreitenden Uebangen; nebst Angabe der 
Aussprache durch Accente und Ziffern nach einer besondern Ta* 
belle; bestehend in interessanten Anekdoten und Bruchstücken aae 
den besten Autoren, anfangs mit Interlinear- Uebersetzung Toa 
S.Johnson, Mitglied der societ^ grammaticale , des Ath^nöe dei 
arts etc. Für Deutschland besonders umgearbeitet, verTollstaa-^ 
digt und mit Wulter Scotfä Lebensbeschreibung vermehrt. Leip- 
zig, Baumgärtners Buchhandlung. 1833. 175 S. 8. 

Das französische Original, >velche8 bei obigem Werke lota 
Grunde liegt, kennt Ref. nicht, und kann daher nicht beurthei« 
len und bestimmen, wodnrch sich diiese Umarbeitung vor dem« 
selben auszeichnet. In4ess bemerkt der Verfasser derselben 
S. 31 selbst, dass die Bearbeitung der Aussprache in dem OrU 
ginale so schwach ausgefallen sei, dass sie bei der von ihm ge- 
gebenen Darstellung dieses für die englische Sprache so wich- 
tigen und zugleich so schwierigen Punktes fast gar nicht be- 
nutzt werden konnte. Auf die Art kann hier ohne Rücksicht 
auf das Original einag und allein das in Betracht kommen, 
was in dem vor uns liegenden Werke geleistet worden ist. 

Bei der Schwierigkeit, die mit der Erlernung der Ana* 
Sprache des Englischen verbunden ist, darf es uns nicht befrem- 
den, dass so vielerlei Wege eingeschlagen und so viele Versuche 
gemacht worden sind, dieselbe nach Möglichkeit zu erleich- 
tern , und den Anfänger in der englischen Sprache in dieser 
Hinsicht so schnell als möglich zum Ziele zu führen. Um die- 
sen Zweck zu erreichen, haben bekanntlich mehrere englische 
Sprachforscher schon bei den Vocalen, um ihren jedesmaligen 
Laut zu bezeichnen, Ziffern zu Hülfe genommen; der Verf. 
vorliegender Schrift geht aber noch weiter, und weil er gefun- 
den haben will, dass die englische Sprache 43 Grundlaute habe, 
die zu bezeichnen sich in dem Alphabet nur 25 Buchstaben be- 
fänden, so nimmt auch er zu den Zahlen seine Zuflucht, und 
bildet durch die Verbindung derselben mit den Buchstaben eia 
neues Alphabet, welches die zur Bezeichnung jener 43 Grund- 
laute erforderlichen Zeichen enthalten soll. Aus diesem Al- 
phabet hat er c und g, da das erstere bald wie k, bald wie h, 
das letztere stets wie k ausgesprochen wird, ganz verwieseD, 
und um den langen oder kurzen Laut der Vocale anzudeuten, 
für jenen den Circumflex, und für diesen den Gravis benutzt, 
die zu gleicher Zeit dazu dienen, jedesmal die betonte Silbe 
anzugeben. Wer Schüler findet, die Gedächtniss und Geduld 
genug haben, sich diese verschiedenen Zeichen so einzuprägen, 
dass sie ihnen immer gegenwärtig sind, der wird allerdings so 
eine grosse Beihülfe finden, dieselben weiter zu bringen, wenn 
sie wirklich gelernt haben , mit jedem Zeichen den richtigen 



184 Englische Sprache. 

Laut za verbinden, welches, wie auch in der Vorrede bemerkt 
wird, ohne mündlichen Unterricht nicht geschehen Icann. Ob 
aber die Mehrheit der Schüler bei der Befolgung der für die 
Anwendung des Buchs beim Unterricht gegebenen Vorschrift 
nicht ermüden werde, dieses ist 'eine Fr&ge, über die nur die 
Erfahrung Aufschluss geben kann. „Bei der Anwendung dieses 
Buches, ^^ heisst es nämlich 8.2» ,,^beobachte man Folgendes: 
Man lasse lesen , wieder lesen , und erkläre Wort für Wort das 
Gelesene in Beziehung auf Aussprache und Sinn so lange, bis 
sich der Schüler jeder Einzelnheit bewusst ist.^^ Und nun wer- 
den die Buchstaben , und zwar erst die Vocale, dann die Diph- 
thongen, und endlich die Consonanten der Reihe nach durch- 
gegangen, die einzelnen Laute, die durch sie bezeichnet wer- 
den, angegeben — r anfangs unter Beibringung einiger Regeln, 
die man aber weiterhin vermisst, — und dann finden sich unter 
jeder Rubrik eine Anzahl Wörter, in denen die Buchstaben auf 
die jedesmal bemerkte Art ausgesprochen werden. 

Nach diesen Bemerkungen werfen wir nun zuerst einen. 
Blick auf die Tabelle der Aussprache, auf welcher sich eine. 
Uebersicht der hauptsächlichsten Grundiaute, und dann auch 
das neue Aiphabet, oder eine Toliständige Uebersicht aller 
Grundlaute befindet. Jedem der ersteren ist zu seiner Bezeich- 
nung ein in manchen Fällen sehr passendes deutsches Wort, in 
welchem der nämliche Laut gehört wird, an die Seite gesetzt 
worden; einige Male ist jedoch ein Fehlgriff geschehen. So 
lautet z. B. das a in hat nicht wie das a in Gatte ^ sondern wie 
.das ä in halten. Neben ^;2& steht Kain; dieses soll aber wohl 
kein heissen. Der Laut des o in not ist nicht ganz dem des o 
in Gott gleich; so wie auch der des u in sum nicht völlig dem 
des ö in schöpfen. Diese Laute lernt man nur durch das Ge- 
bor kenneu. 

Bei den Wörtern, die unter den erwähnten Rubriken zur 
Uebung aufgestellt worden sind, haben sich mehrere Fehler 
eingeschlichen. So lautet das a in are nicht wie ä (richtiger 
stände in der Rubrik äh)y sondern wie das a uifar; und in 
have wird es wie das a in fat ausgesprochen. In ant dagegen 
bat es nicht diesen ihm hier beigelegten Laut, sondern den des 
a in far. 

S. 4 heisst es: „Der Vocal a nimmt den bald längeren, bald 
kijrzeren dritten Laut (den des a in fall) an/^ Diese Wörter 
hätten aber nothwendig in zwei besondere Classen nach Mass- 
gabe jenes Unterschiedes abgetheilt werden müssen. 

Nach S. 5 hat a in village und andern ähnlichen Wörtern 
den achten Laut oder den des t in sin. Diesen Laut legen in 
dieser Endung zvvar auch die englischen Orlhoepisten zum Theil 
dem a bei; allein Ref. kann ihnen durchaus nicht beistimmen, 
indem er nicht einsieht, warum in village^ cabbage u. s. w« das 



. Tatchenbach der engL Aussprache iiiicl Leotnra. 18( 

a anders aiisge^prochen werden soll, als in voyage^ plumag9 ^ 
u. 8. w., in denen sein Laut theils dem des kurzen e inme^gleich 
gestellt, theils als seinen kurzen Laut habend von Walker seibat \ 
bezeichnet wird: Der dem Anschein nach in jenen Wörtern 
hörbare Laut des t hat einzig und, allein in der zischenden Aus- 
sprache des ^e {dsch) seinen Grund. Auch in /f/r;iace lautet 
das a nach Jones wie das e in meL 

In beware und remark soll das e eben so wie in he ausge- 
sprochen werden; es ist dieses aber irrig, wenn auch Waliser 
es so bezeichnet: es h^t in jenen und ähnlichen Fällen einen 
dunkeln^ kaum' zu unterscheidenden Laut, wie in devout^ tax 
den Jones daher eine eigene Bezeichnung angenommen hat« 

S. 6 heisst es: „Der Vocal e hat den sechsten Laut (den 
des e in met) in geschlossenen Silben, vor r beinahe wie ö'^ 

— Aber was eine geschlossene Silbe sein soll, bleibt unbe- 
stimmt. Soll es eine Silbe sein, die ein Consonant schliesst^ 
80 gehören viele der aufgeführlen Wörter , wie m&/o;i, never 
n. 8. w. nicht hierher ; und where, there hätten als Ausnahmen 
zu der vorhergehenden Regel angeführt werden müssen; auch 
lautet in ihnen das e nicht wie ö, sondern wie äh. 

Das i soll den Laut ei in offeneil Silben haben. — Wie 
können hierher aber Christ und climb gerechnet werden ? (Rich- 
tiger finden sich diese Wörter zum zweiten Male unter der 
zweiten Regel S. 7 aufgestellt. ) In swivel hat das • seinen 
kurzen und nicht seinen langen Laut, so wie gleichfalls in li- 
very, welches aber auch wieder S. 8 unter einer entgegenge- 
setzten Regel vorkömmt, unter die es gehört. 

In marine^ fatique ^ pique hat das t nicht seinen kurzen 
Lant, sondern den des langen e oder des deutschen ie oder ih. 

— Das eu in pleurisy wird wie das 2/ in C2^6e ausgesprochen; 
und die Aussprache des ey in hey und money ist durchaus ver- 
schieden. In key lautet es wie das e in me, und in money u. g. 
w. ist sein Laut kaum zu bestimmen, wenn gleich Walker 
ihn auf die nämliche Art wie in me bezeichnet. Jones gibt 
ihnen den Laut des^ in iraly; aber auch dafür ist er zu dunkel. 

Ch nach / und n (S. 28) wie seh auszusprechen, lehrt zwar- 
auch Walker, aber falsch. In landlady ist das erste d nicht 
stumm. Die Regel für das stumme / (S. 25) hätte weit besser 
gefasst werden können. Die stummen Buchstaben sind übri-ri 
gens durch Cursivschrift angedeutet worden. 

Auf die Bemerkungen über die Aussprache der einzelnen ^ 
Buchstaben folgt ein Verzeichniss der Wörter, welche sich ' 
durch ihre abweichende Aussprache besonders auszeichnen. 
Einige Fehler finden sich jedoch auch hier. Draugh^ draff 
z. B. wird nicht wie ^rö^ ausgesprochen ; das a hat in diesem 
Worteden nämlichen Laut, wie in/ar. — Haichel i^xiiet jA» : 



186 Englische Sprache. 

hätschele sondern stets häkkel^ und hiccougk wie hikkopy nie 
wie hikkdf. 

Dann folgen die Aufsätze, und zwar in doppelter Gestalt; 
auf der einen Seite so, dass die Aussprache der in Hinsicht 
derselben abweichenden Buchstaben vermittelst der zum Grunde 
§[elegten Ilülfsmittel angedeutet wird; auf der andern so, d^s 
nach der jetzt so sehr gepriesenen, vom lief, jedoch schon seit 
mehr als 50 Jahren beim Unterricht von Anl'ängcrn befolgten 
Methode, unter jedem Worte die Bedeutung desselben huch- 
stäblich angegeben worden ist. Von 8. 50 an hört dies letz« 
tere auf, doch steht auch dann eine möglichst genaue wörtliche 
Uebersetzung dem Engli««chen gegenüber. Gegen die Wahl 
der Stiicke ist nichts einzuwenden, und wer seine Schüler an 
die zur Andeutung der Aussprache gewählten Zeichen gewöh- 
nen kann, wird ihrer Privatübung seht zu Hülfe kommen; nur 
muss er sie auf die oben zum Theil bemerkten Fehler vorher 
aufmerksam machen. Das Ganze sckiiesst the iife of Sir 
Malier Scott, 

Marburg. Wagner. 



Macbeth a Tragedy hy William Shakspeare^ sprach- 
lich und sachlich erläutert für Schüler, von Dr. Carl Ludw. 
WiUi. Francke. Braunschweig, bei Meyer. 1833. IV u. 168 S. 8. 

Für den, welchem es nicht unbekannt geblieben ist, wel- 
chen vortheiihaften Einfluss die englische Litteratur auf die 
durch französische Lectüre zu einer geistlosen, zahmen Poesie 
und Prosa entwürdigten Deutschen gehabt hat, und wiesehr be- 
sonders Shakspeare hierbei in Betracht kömmt, dem wird ge- 
wiss das Bestreben der Kenner der englischen Sprache höchst 
erfreulich sein, die Lectüre dieses Schriftstellers immer mehr 
zu verbreiten, und das Verständniss seiner Schriften denen zu 
erleichtern, welche sich mit denselben näher bekannt zu ma« 
chen wünschen. Die gehäuften Anmerkungen, womit die gros« 
scren englischen Ausgaben ausgestattet sind, durchzugehen, ist 
für den, welcher sich schnell die Uebersicht eines seinerStücke 
im Ganzen verschaffen will, im höchsten Grade ermüdend; und so 
rauss ihm nothwendig die Ausgabe willkommen sein, in welcher die 
Hauptpunkte aus jenen Anmerkungen dem Texte kurz und bün- 
dig untergelegt worden sind, und dann noch auf die Eigenhei- 
ten hingewiesen wird, wodurch sich die englische Sprache von 
der deutschen unterscheidet^ oder Shakspeare selbst sich vor 
andern Schriftstellern auszeichnet. Beides finden wir in dieser 
Ausgabe von Macbeth vereinigt. Das Hauptsächlichste and 
Wichtigste aus den Anmerkungen, womit die Engländer deo^ 
Shakspeare so reichlich ausgestattet haben, ist überall mitge- 



Hacbetb by Shakfpeare, erläat Yon Francke. IST 

theilt, hier and da von eigenen Bemerkangen des Heranggebera 
begleitet; und in Hinsicht der Wortfügung ist, so weit sie hielr 
ausreichte, auf des Ref. Sprachlehre hingewiesen worden. Auch 
hat er stets unter den verschiedenen Erklärungsarten einzelner 
Stellen die herausgehoben, die den Vorzug verdient, ohne sich 
durch Autoritäten irre führen zu lassen. Nur Eine Stelle ni5ge 
hier zum Beispiel dienen. In der siebenten Scene des er^stea 
Actes heisst es: 

And pity, like a naked new born babe, 
Stridifig the blast, or lieaven^s cberubin, hor8*d 
'lipon the sightless couriers of the air, 
Shall blow the horrld deed in every eye. 

Hier können die Wörter auf eine doppelte Art mit einander 
verbunden werden, entweder so, dass like f^or heavens cherubin 
wiederholt wird, oder dass diese letzten Wörter als gleichfalls 
abhängig von striding angesehen werden. Die erstere Verbin* 
dungsweise legt Eschenburg zum Grunde, und übersetzt: „Mit- 
leid, gleich einem nackten nengebornen Kinde, auf dem Sturm 
herabfahrend, oder uie des Himmels Cherubin auf den unsicht- 
baren liossen der Luft herbeieilend, wird die schreckliche 
That in jedes Auge blasen/' — Die letztere Wortfügung zieht 
der Herausgeber vor, mit der Anmerkung: „Wie Ps. 18. dem 
Jehovah, so dienen hier dem Mitleiden die Cherubin als Rosse. 
Um aber den Begriff der Schnelligkeit und Kraft, mit der das 
Mitleiden bei der Ermordung des gnadenreichen Duncans in 
Aller Herzen eindringen wird, zu verstärken, werden die Che- 
rubin wieder, als von den Stürmen getragen, vorgestellt. Diese 
Steigerung scheint mir der Weise unsers Dichters so angemea* 
sen, dass ich mich zu einer andern Verbindung der Worte nicht 
wohl entschliessen kann>' Im 18. Ps. v« 10 aber heisst es: He 
(the Lord) rode upon a cherub^ and diel fly; yca^ he dielflg 
upon the wings of the wind, — Nur eine Stelle ist , wo lief. 
Anstand nimmt, der von Steevens gegebenen und hier auf- 
genommenen Erklärung beizutreten. Es ist folgende (Act. I, Sc« 2) : 

The merciless Macdonwald 
(Worthy to be a rebel; for, to that, 
Tbe luultiplying villainies of nature 
Do 8warm upon bim), from the western isles 
Of Kernes and Gullow y lasses is supplied. 

Hier soll to that so viel sein als in addition to that. Aber mit 
Recht kann man fragen: wozu denn? Und was ist es, auf 
dessen Ursache durch for hingedeutet wird ? Doch wohl nichts 
anders, als das worthy to be a rebel; und dann ist to that so 
viel als to be that; ausserdem mü^sste es ja auch wohl heisseo: 
and to that. Dass to aber zuweilen gleichfalls einen Zweck 



188 Deutsche Sprache. 

andeute, erhellet ans folgender Stelle: Madam ^ if yoa häd 
been born to ihis Ishould not wonder at your talking thus 
(^Sheridan), 

Mehrere schwierige Stellen hat der Herausgeher durch 
sorgfältig aus dem Schriftsteller selbst gewählte Parallelstellei» 
aufzuhellen gesucht; und denen, welche mit den alten, beson- 
ders mit der griechischen Sprache sich näher bekannt gemacht 
haben, muss es sehr willkommen sein, dass bei dem, was in 
sprachlicher Hinsicht beachtungswerth schien, oft auf ähn- 
liche Erscheinungen in jenen Sprachen hingewiesen worden ist. 
Schade, dass bei der Entfernung des IIerau$igebers vom Druck- 
orte sich mehrere Druckfehler eingeschlichen haben, die doch 
bis auf einige Wenige in Hinsicht der Iiiterpunction am Ende 
sorgfältig verzeichnet worden sind. Nur S. 29 Z. 11 ist »tpp 
übersehen, welches step heissen muss. Möge der Beifall des 
Publikums dem fleissigen und urasichtsvollen Herausgeber Ver- 
anlassung geben , noch andere der voraüglichsten Schauspiele 
des nämlichen Schriftsteilers auf gleiche Art auszustatten. 

Marburg, Wagner. 



Xiesehuch für die reifere Jugend, Eine metrisch - pro- 
saiäche Blumenlese mit vorzuglicher Rücksicht auf die Bildung des 
mündlichen Vortrages. Herausgegeben von Dr. Kilion WoJfm 
Erster Theil. Fulda, in der G. Müller'schen Buchhandlung. 1834. 
IV u. 384 S. 8. 1 Thlr. 

Mit nicht geringem Vergnügen las Ref. die Vorrede za 
▼orliegendem Buche, da es aus derselben auch hervorzugehen 
scheint, dass nach und nach überall der Anbruch eines helle- 
ren Tages zu erwarten ist. Nachdem der auch als Dichter 
rühmlichst bekannte Herausgeber bemerkt hat, dass er^ mit 
der Leitung der Declamation und Leseübung am Lyceo zu Fulda 
beauftragt, ungeachtet die neuere Zeit für besonders dazu be- 
stimmte Jugendschriften so viel geleistet, dennoch nicht ein 
für seinen Zweck ganz passendes V^erk dieser Art habe auf- 
finden können, und dass er sich daher entschlossen, dem Druck 
vorliegende Sammlung zu übergeben, die er bei mannigfacher 
Abwechselung vom Leichten zum Schweren habe fortschreiten 
lassen, ohne sich jedoch an eine strenge Stufenfolge zu bin- 
den, so fügt er hinzu: „W^enn in der Auswahl eine entschie- 
dene Hinneigung zur Poesie vorwaltete^ so ist wohl nicht zu 
verkennen, dass diese als eines der vorzüglichsten Bildungsmit- 
tel der Jugend , als die eigentliche Schule des edlen Geschma- 
ckes zu betrachten sei; ein Grundsatz, der leider noch zu we- 
nig auf unseren Schulen seine Anwendung gefunden. Nur frem- 
dem Boden entsprossene Dichtungen sind es, die man bier. 



Woir8#LesebaGli. 

und anch diene nicht zunächst ihrer selbst, sondern uberwie» 
.gend ihrer klassiischen Sprache wegen behandelt^ indess der 
Erklärung eines deutschen Dichters, wie etwa unsers Klop-^ 
Stocks, nicht gedacht wird, wiewohl die Zeit dafür nicht mehr 
fern sein dürfte/^ — Zu verwundern ist es wirklich in hohem 
Grade, dass man unter Vernachlässigung der Muttersprache 
auf den meisten Schulen noch immer nur darnach strebt, die 
Schüler zu Lateinern und Grieclien heranzuziehen, von derea 
Sprache in der Folgezeit, wenn sie ins Geschäftsleben treten« 
doch nur wenige Gebrauch machen können, viele das Gelernte 
fast ganz wieder vergessen, indess in der Sprache, die ihnen 
nun in ihrem grossen Umfange zu Gebote stehen sollte, sie sa 
zurück sind, dass sie auf eine fliessende, anziehende Art, ja 
selbst mitunter sprachrichtig sich auszudrücken, durchaus nicht 
vermögen. Unerklärbar würde diese Schul- und Lehreinrichr 
tung sein, wenn nicht in dem Ursprünge des Schulwesens sich 
der Grund davon darbite. Die ersten Schulen wurden in den 
Klöstern als Pflanistätte für das Mönchsleben gestiftet, zo de« 
nen man in der Folge auch Laien den Zutritt verstattete. Die- 
ses geschah im sechsten Jahrhundert; und da bis auf die Grie«* 
chen und Römer sich damals noch keine Nation zu einer wissen- 
schaftlichen Höhe hinaufgearbeitet hatte, so konnten auch nor 
die Ton jenen Völkera hinterlassenen Schriften bei dem Unter- 
richte zum Grunde gelegt« werden. Diese Einrichtung wurde 
unter kleinen Abänderungen in der Folge fortwährend beibe-' 
halten ; und so blieben Griechisch und Latein in den Schulen 
vorherrschende Gegenstände des Unterrichts: und da man so- 
gar um zu predigen und Processe zu führen der letztern Spra. 
che alle Kraft widmen musste, so verwilderte die bildsame 
Muttersprache immer mehr und mehr, bis endlich Luther auf- 
trat, und diese Verwilderung mit Macht hemmte. Zwar wurde, 
nun die deutsche Sprache zur wissenschaftlichen erhoben; aber 
noch hatte sie nicht den Grad der Ausbildung erreicht, wels- 
cher sie gegen den traurigen Einfluss der französischen Spra-: 
che und Schriftstellerei, und die daraus entsprungene Sprach- 
mengerei hätte schützen können, wodurch sie seit dem Ende 
des 17ten Jahrhunderts verdorben wurde, und die gegen die 
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts aufs Höchste stieg. Frei- 
lich haben dieses Unheil in neueren Zeiten die kräftigsten Män- 
ner von ihr abgewandt ; aber sie hat bei weitem noch den Grad 
der Ausbildung nicht erreicht, den zu erreichen sie fähig ist, 
und zu dem sie gewiss hinauf gebildet werden würde, wenii.- 
man sie auf Schulen nicht zu sehr vernachlässigte. Und woher 
rührt dieses? Doch wohl nur daher, dass an der Spitze vie- 
ler Schulen Männer stehen, nach deren Ansicht der nur ein 
Gelehrter ist, der in den alten Sprachen Kenntnisse sich er- 
i¥orben hat, und diese zu schreiben versteht, uneingedenk der 



190 Ges&ngnnterriclif. 

doch wahrscheinlich oft gelesenen Worte Ciceros (de Offic» 
I, Sl. 111.)' Sermone eo dehemus uii^ gui natits est nobis» 
Und wodurch haben eich die Griechen und Römer in schrift- 
Btelierischer u. viüBenBcIiafllicher Hinsicht die Hochscliätzun^ 
erworben, die ihnen noch jetzt überall gezollt wird? Dadurch, 
daes sie einer todten Sprache eich zu ihren Schriften bedienten, 
oder dafis sie ihre eig;ene so auszubilden suchten, dass es ihnen 
möglich wurde, die Werke in derselben zu liefern, die uns 
jetzt zum Muster dienen? Doch wohl nur durch das letztere. 
Auch Cicero schöpfte seine Gelehrsamkeit aus den Werken der 
Griechen; auch ihm, wie andern Kömern (Cic. de Orat. 1, Sl.)» 
dienten diese zum IVluster; aber bediente er sich je der grie- 
chischen Sprache zu seinen Schriften? I\ur vir Deutsche müs- 
sen, wenn wir für Gelehrte gelten wollen, Latein, und jetzt 
auch Griechisch schreiben lernen; wie es mit unserer Kennt- 
»is6 der deutschen Sprache aussieht, ^ilt gleich. Gottlob, dass 
sich diese Ansicht auf eiiiiiren Schulen zu rerlieren scheint, auf 
denen auch die deutsche Sprache anfängt kultivirt zu werden. 
Gern zollen wir daher dem lierausireber vorliegender SarnrnJun^ 
nneern Dank, deren Auswahl durchaus zweckmässig ist, durch 
die mancher schon fast in Vergessenheit ^erathene Schriftstel- 
ler wieder ins Leben ^rerufen wird , und durch deren Gebrauch 
der Geschmack der Ju£:end und ihr Gefüiil für das Schöne in 
jeder Hinsicht weiter ausn:ebiidet^ und in ihr die Ueberzeugung 
geweckt werden kann, dass eine genaue und umfassende Kennt- 
nis« der Muttersprache für den künfti<;en Gelehrten eben so 
iiotliwendig ist, als für jeden, der auf Ausbildung einigen An- 
spruch machen will. Recht sehr wünscht ttef. , dass das Bei- 
spiel des Heransgebers obiger Sammlung auf viele Jugendlehrer 
wirken, und sie bewegen möge, die ihrem Unterrichte Anver- 
trauten auf die Noth wendigkeit aufmerksam zu machen, auch 
auf die Muttersprache besonderen Fleiss zu verwenden, wenn 
cie in der Welt als wirklich gebildete Männer auftreten y und 
bleibende Denkmale ihres Geistes hinterlassen wollen. 
Marhurg. Wagner. 



1) umfassende Gesan^schule für den Schul- und Privat- 
aiitcrricht von J. C. SchürlUcii^ Lehrer am kdnigl. ScbuUelircr- 
Seminar zu Potsdam. FoUdum (,) Verlag tod Ferdinand Riegel. 
18Ö2. 8 n. 170 S. gr. fe. 

2) S ummlung von 500 Vebungsst ticken beim Gesong- 
Unterri(;ht von J. C. SchärtUch^ Lehrer am k. Seminar tu Potsdam. 
Aus dem Hanptwerke: UmfuüBende Anweisung: zum Singen, zum 
Schul- Q. Privatgebrancb be^onde^6 abg-ed ruckt. Potsdam 1832 (,) 
Verlag von Ferd. RiegeL Prei» eines einzelnen Exemplars 6 Gr., in 
Parüen von S& bia dO 5 Gr. , von dD und mehr 4 Gr. 94 S. gr. H. 



Schfirtlioli*« Gefanglehre und SammlaDg von Uebuigtitidceii. 191 

Da Nr« 2, einer ^enaa anfeetellten Ver^leichnng su VaAgt^ 
der blosse Abdruck der in Nr. 1 enthaltenen Deban^sstücke ist^ 
PO hat es die üeurtheilun^ nur mit Nr. 1 so thun. Was die Emr 
richiung des Ganzen betrifft , so ist Nr. 1 in 28 Paragraphe ge? 
theilt, deren jeder einen besonderen Gegenstand behandelt, 
worauf die zum Verständniss oder zur Einübung des Vorgetra- 
genen nöthigen Beispiele folgen, so dass Theorie und Praxig 
in jedem Paragraph unmittelbar auf einander folgen. Die ab* 
gehandelten Gegenstände sind nach der Reihe: die Noten und 
ihr Stand §. 1; Namen der Noten §. 2; die Schlüssel §. S; 
Hülfslinien, die nämlich ausser den 5 Linien noch jede Note 
erhalten kann, §.4; die Eintheilung der sämmtlichen Gesang- 
noten nach den sogenannten Oktaven (Contra -Oktave, grosse 
Oktave, kleine, eingestrichene u. s. w. ) §.5; die Tonleiter, 
sowohl steigende, als fallende §. 6; die Erhöhungs-, Erniedri- 
gungs > und Wiederherstellungszeichen §.'7; wesentliche Br- 
höhungs-und Erniedrignngszeichen §• 8; Accorde §. 9; die In- 
tervalle §. 10; die Gestalt der Noten § 11; die Pausen §. 12; 
die Bindung (zweier Noten zu einer) §. IS; der Punkt §. 14; 
die Schleife (wenn mehrere nach Höhe und Tiefe verschiedene 
Töne auf eine Silbe gesungen werden) §.15; der Takt §. 16; 
das Tempo (d. h. die langsame oder geschwinde Bewegung der 
Takttheile) §17; der Ausdruck (die verschiedene Stärke , wo- 
mit einzelne Töne und auch grössere Theile eines Tonstücka 
vorgetragen werden) §. 18; einige gewöhnliche musikalische 
Ausdrücke und Zeichen, als: dal segnoj Wiederholungeszei- 
chen u. s. w. §. 19; das Takthalten und Taktschiagen §. 20; 
das Athmen während des Singens §.21; die Aussprache beim 
Singen §. 22; rhythmische Uebungcn im 2-, 3-, 4-, Otheiligea 
Takte S. 47 bis 54; melodische Lebungen in dur^ gebaut auf 
die vorhergegangenen rhythmischen, vorgenommen mit den Tö- 
nen des Dreiklangs S. 54 bis 60, mit den Tönen des Dreiklanga 
in Verbindung mit der Sekunde des Grundtons oder der Quinte 
des Dominantenaccords S. (U) bis 66, mit den Tönen des Drei- 
klangs in Verbindung mit der Sekunde und Septime des Grund- 
tons S. 66 bis 71, mit den Tönen des Dreiklangs in Verbindung 
mit der Sekunde, Septime u. Qutirte des Grondtons S. 71 bis74| 
wozu noch in den Uebungen von S. 74 bis TU die Seite hinzu- 
tritt; Uebungen durch die Töne der Durleiter S. 77 bis 99; die 
Moll-Leiter §.23 nebst den MolU Dreiklängen, Moll- S^eptimen- 
und Nonen-Accorden der Moll -Tonarten und darauffolgenden 
Uebungen S. 105 bis 115; fremde modulirende (oder auswei- 
chende) Töne, welche die Melodie in eine neue Tooleiter füh- 
ren § 24; chromatisch durchgehende Töne §.25; chromati- 
sche Zwisichentöne §. 26 (solche Töne, welche zwi^i^hen zwei 
auf gleicher Toustufe stehende Noten dergestalt einj'eschobea 
werdeu, dass sie entweder die Stufe über oder aater eleu Nacb- 



192 Gesangnnterricht. 

bartonen bilden); springende fremde Töne §. 27 (z.B. vom c 
Bum gis^ vom e zum b)\ Sologesang nebst den dabei vorkom- 
Inenden Verzierungen §. 28 und Uebungen bis zum Schlosse des 
Buches. Der Umfang der einzelnen Paragraphen ist je nach deo 
einzelnen abgehandelten Gegenständen verschieden; am aus- 
fuhrlichsten sind die verschiedenen Vorzeichen in §. 7 nnd 8, 
das Athemholen, die Dur- und Moll -Leitern §. 23 und die 
fremden modulirenden Töne in §. 24 behandelt. 

Soll ich nach dem Eindrucke.» den dies Buch beim Durch- 
lesen auf mich gemacht hat, ein Urtheil über dasselbe abgeben: 
wo kann dasselbe, alle Rücksichten bei Seite gesetzt, nur gün- 
stig sein, und es wäre im hohen Grade wünschenswerth, dass 
alle Lehrbücher so, oder auf ähnliche Weise geschrieben wer« 
den möchten, und die vorhandenen wirklich so geschrieben 
wären. Zwei Eigenschaften sind es hauptsächlich, die diesjem 
Buche vor vielen seines Gleichen den Vorrang einräumen: l}die 
gute Methode^ wie der Verf. seinen Gegenstand bearbeitet, und 
2) die grosse Deutlichkeit und Fasslichkeit ^ die darin herrscht 
und bisweilen sogar höchst angenehm überrascht. Er geht' 
streng vom Leichten zum Schwierigeren und trägt seinen Ge- 
genstand so populär, so allgemein verständlich und überzeu- 
gend vor, dass man ihm mit Vergnügen folgt, obgleich, wie 
das bei dergleichen Büchern nicht anders möglich ist, daria 
nichts gefunden wird, was man, manche Beispiele oderUebun-* 
gen abgerechnet, neu nennen könnte, und heut zu Tage wegen 
zu übermässiger Sucht nach Neuem solchen Schriften , die nur 
den bereits gewonnenen Stoff zu einem Ganzen vereinigt und 
verarbeitet wiedergeben , mag ihr Werth in anderer Beziehung 
noch so hoch sein, leider! nur ein geringer, ja biswellen gar 
kein VTerth beigelegt wird, als ob das Neue sich, so oft man 
wünschte, nur aus den Aermeln herausschülteln Hesse, und 
das Alte gar nicht mehr nöthig wäre. 

Bei den Vorzügen, die das Buch unbedingt empfehlen, 
hätte ich jedoch die Abwesenheit mehrerer Mängel gewünscht, 
die mitunter zu bedeutend sind, als dass ich sie mit Stillschwei- 
gen übergehen dürfte. Der erste besteht in dem ganz uurich- 
tigen Verwechseln der beiden griechischen Wörter „Thesis^* 
(%B6ig) und „Arsis^^ (flfpöts), indem ^er Verf. S. 32 die soge- 
nannte gute Zeit (den ersten Theil jedes Taktes, der durch 
stärkeres Betonen im Gesänge äusserlich hervortritt) Thesia^ 
die sogenannte schlechte Zeit dagegen (d. Ii. Jen zweiten Theil, 
überhaupt die noch übrigen Theile des Taktes) Arsis nennt, 
während, wie jedes griech. Wörterbuch und jede griecliische 
Grammatik lehrt, das Umgekehrte das allein Richtige ist. — « 
Beim Takthalten und Taktschlagen S. 37ffg. hat sich der Verf. 
zu kurz gefasst, indem er nur das Taktgeben des f-, f-, |- 
ond f Taktes lehrt, und so den Mangel der meisten übrigen 



SchlrÜicVt Geflanglehre und Sammlung Ton UebungtttielEett. IM 

V 

Lehrbücher theilt, die des |-, f -, |-, |-, V Taktes und ähn- 
licher Taktarten gar nicht erwähnen, deren Cäsur doch von ein- 
ander abweicht und dem angehenden Schüler unmöglich be- 
kannt sein kann, ja selbst manchen Musikern von Profession 
eine terra incognita ist. — Bei gewissen Aii8drücken\ z. B* 
Rhythmus, Melodie, allegro moderato S. 34, a poco piu alle* 
gro S. 34 fehlt die Angabe des damit verkniipften Begriffs, den 
man sonst bei weit bekannteren nicht vermisst. — Bei dem 
Worte ^^IntervaW^ ist der Verf. auf eine Klippe gestossen, an 
der bereits viele gescheitert sind , und auch er selbst hängen 
geblieben ist. Ich muss jedoch desshalb auf meine Recension 
des Hahn'schen Leitfadens (Jahrbb. 1834 Bd. X S. 52 flg.) ver- 
weisen. — S. 20 finde ich die Anführung der Dominanten-^ 
Nonen-Accorde mit der Bemerkung: ^^ gewöhnlich werde der 
Grundton weggelassen^^ als unverständlich, und ich musa sehr 
bezweifeln, ob sich jeder Käufer dieses Buches darin zurecht 
finden werde. — Anstatt b schreibt der Verf. häufig hes* -^ 
So sehr mir der §. 8 gefallen hat, so hätte ich gleichwohl ge« 
wünscht, dass die Menge der A>ei/ze jeder Tonart wirklich 
hingesetzt worden wäre. So wie die Angabe S. 14 u. 15 steht^ 
kann der Anfänger, und auch wohl der Mehrunterrichtete leicht 
zu der falschen Meinung geleitet werden, als hätte z. B. die 
Tonart h dur nur ein Kreuz, das den Ton a trefi^e, und diesen 
zu ais erhöhe. — Die Art. wie S. 10 die durch zwei Kreuze 
oder zwei b bezeichneten Töne geschrieben gefundert werden, 
nämlich eis is, ges es statt cisis oder doppeltes cis^ und geset 
oder doppeltes ges^ ist ^^^^i\ die herkömmliche Schreibart, die 
gewiss mehr für sich hat, als die des Verfassers. — Bei dem 
Streben des Verf.s, seinen Gegenstand ausführlich und fasslich 
vorzutragen, wäre es S. 6 am Orte gewesen, den Grund der 
Benennung der einzelnen Oktaven anzugeben. — S. 23 ist 

c und heses als verminderte Septima aufgeführt, da sonst nur 

eis und b dafür gegolten und grosse Meister der KompositioDi 
Bamcntlich Berner und Schnabel, sie so genannt haben. 

Der Verf. nennt diese Gesangschule eine umfassende. Die- 
sen Zusatz verdient sie jedoch durchaus nicht, insofern sie al- 
les umfassen soll, was zum Gesänge gehört; denn dann fehlt 
gar so manches Wichtige, das dem Sänger nicht unbekannt 
bleiben darf, und anderes ist wieder so dürftig abgehandelt, 
dass es befremdend erscheint, wie dem Verf. diess Missver- 
hältniss zwischen der Ausführung und der Idee nicht aufgefal- 
len ist. Man vermisst, was man ihm allenfalls erlassen könnte, 
eine Abhandlung über die Sing Werkzeuge, über die natürliche 
und erkünstelte Stimme (Brust- und Kopfstimme); was aber 
nicht fehlen sollte, ist eine Abhandlung über das sogenannte 
Portamento der Stimme, über das Recitativ und den Vortraj^ 

iV. Jahrb, /. JPbil, u. Päd. od, KHU Bihl. Bd, XI Hft. 6. Jg 



194 Geschichle. 

desselben, über das Hinüberziehen eines Tons zum andern (das 
Miauen), über den Begriff und Zwecic der in der neuern und 
gegenwärtigen Zeit so sehr häufig angewandten unharmonischen 
Verwechslung nebst der etymologischen Ableitung dieses Wor- 
tes , die meines Wissens bis jetzt noch kein Musiker gegeben 
bat, und doch so leicht zu geben ist und dann die Sachfe selbst 
80 deutlich macht; die Kenntniss der Versetzung der Akkorde; 
eine wenigstens kurze Erwähnung des Eigenthümlichen in der 
deutschen , italienischen und französischen Gesangschule, und 
noch andere Gegenstände. Aufgefallen ist es mir auch, dass 
der vom Sologesang handelnde 28ste Paragraph so äusserst knrs 
abgefertigt worden ist; vergebens sucht man darin den soge- 
nannten Doppelvorschlag, den Pralltriller, den Nachschlag, den 
Schneller u. ähnl. Werden diese Gegenstände hinzugefügt, die 
vorhin angezeigten Mängel beseitigt, so wird der Titel dem 
Inhalt entsprechen und die zweite Ausgabe eine Arbeit liefern, 
die, was Methode und Fasslichheit, überhaupt das Pädagogi- 
sche anlangt, den guten Schriften dieser Art zur Seite wird 
gestellt werden können. 

An Druckfehlern habe ich nnr einen, S. 119 fn der 12ten 
Zeile, entdeckt, wo anstatt C moU D moll zu lesen ist. Die 
hinzugefügten Beispiele sind im Ganzen genommen zweckmässig, 
im Einzelnen jedoch noch der nöthigen Uebergänge ermangelnd. 
So würde ich S. 79 mir nicht getrauen, nach den ersten sechs 
Uebnngen die 7te und die folgenden vorzunehmen. Auch sehe 
ich den Zweck der S. 161 u. folg. aufgenommenen nicht leich- 
ten Recitative durchaus nicht ein. Druck und Papier sind gut* 

Breslau. Prudlo. 



1) Die Geschichte als Gegenstand des öffentlichen 

Schulunterrichts^ dargestellt von J. G. JV. Krüger, Ken- 
rnppin, Kühn. 1826. 4. (Progr.) 

2) Bemerkungen über den historischen Unterricht 

auf Gymnasien von Dr. Imanuely Dir. Minden, Bisend;^!!. 
182T. 4. (Progr.) 

5) Abhandlung über den Vortrag der Geschichte 

an Gymnasien von Rospaif^ Gymnasiallehrer in MünstereifeL 
Köln, Schmitz. 1828. 4. (Progr.) 
4) Ueber den Geschichtsunterricht in Gymnasien 
von Prof. Schmidt. Potsdam, Oberhofbuchdruckerei. 1832. 4. (Progr.) 

6) Ueber den Gymnasialunterricht in der Ge- 
schichte von Dr. C. Th. L, Lucas. Königsberg, Faschke. 1833« 
4. (Progr.) 

Der Gjmnasiainnterricht in der Geschichte hat in der 
nenern Zeit vorziigliche Theilnahme erregt| seit man mit Recht 



Ueber den Vortrag der Gefchichte In Gjnmailen» IM 

seine Aufgabe immer höber gestellt hat, seit man den Werth 
desselben als formelles Bildungsmittel, als wissenschaftliche 
Erziehung zu gründlicherer Einsicht in die Gegenwart, und 
seine Fähigkeit, bleibende Interessen für die Wissenschaft in 
die Brust des Jünglings zu pflanzen, erkannt hat. Vorlle» 
gendef Programme der neuern Zeit sind ein Beweis für diese 
Theilnahme ; sie scheinen dem Ref. eine besondere Aufmerk- 
samkeit zu verdienen, nicht nur um der Wichtigkeit des Ge- 
genstandes willen im Allgemeinen, sondern auch, weil die Er- 
fahrung jeden Schulmann überzeugen muss, wie gering noch 
immer die historische Mitgift ist, die den Schüler der meisten 
Gymnasien bei seinem Abgange zur Akademie begleitet, meist 
noch weit geringer^ als die Abiturientenprüfung es daflegt| 
wenn das, was er hier an historischen Kenntnissen zeigt, not 
in dem letzten Halbjahr dem Gedächtniss flüchtig angehaucht 
ist, um es in der Eile zu Markt zu fördern, und daher von 
vorn den Keim der Vernichtung in sich trägt. Ref. sucht da^ 
her mit ihrem Inhalte näher bekannt zn machen: und vielleicht 
wird sich diese Mittheilung um so interessanter beweisen, als 
trotz eines wesentlichen Gegensatzes, der sich in diesen Pro- 
grammen ausspricht, ihre Resultate doch' in wichtigen Punkten 
zusammenstimmen, oder doch mehr oder weniger auf diesel- 
ben hinweisen. 

Jener wesentliche Gegensatz, den wir eben andeuteteOf 
lässt sich als der des analytischen und synthetischen Weges 
bezeichnen. Entweder will man dem Schüler das Gebäude 
der historischen Wissenschaft als schon fertig vorlegen und 
ihn erst mit den äussern Umrissen bekannt machen, nm dann 
diese Umrisse in einem 2ten und 3ten Cursus auszufüllen und 
zu färben: oder man beschränkt seinen Blick zuerst auf einen 
kleinen Umkreis, gewinnt diesem bis ins Detail Alles ab, was 
der Fassungskraft des Schülers entspricht, und geht in dieser 
Weise vorwärts, bis das historische Bild ganz vor seiner Seele 
zusammentritt. Jenes ist der Weg von Hrn. Krüger nnd von 
Hrn. Schmidt: dieses von Hrn. Lucas; jenes zugleich auch die 
Methode, welche die Directorenconferenz der Provinz West- 
phalen als die zweckmässigste empfiehlt. Hr. Rospatt berührt 
diese Frage weniger, da er die ganze Weltgeschichte mehr 
parzellirt und jeder Classe ihre Portion davon zuweist; Herr 
Imanuel hat sich seine Aufgabe beschränkter gestellt. Herr 
Lucas führt seinen Weg in dieser Weise aus, dass er dem Schü- 
ler das historische Feld überhaupt mit der biblischen Geschichte 
eröfl'net. Hier ist eine Welt, die sich wegen der Einfachheit, 
ihrer Verhältnisse und wegen des kindlichen Standpunktes der 
Bildung ihrer Bewohner schon von dem Kinde umspannen lässt, 
und die vorzugsweise diejenige Seelenkraft, die beim Kinde am 
ersten nnd am dringendsten Leitung und Nahrung verlangt, die 

18* 



• V 



]90 Geschichte. 

Phantasie, in Anspruch nimmt. Damit xi^are die erste Hälfte 
des Cursas für die tiefste Stufe der Gymnasialbildung ausza- 
rüUen: fiir die zweite Hälfte empfiehlt er das ganze Feld der 
Geschichte zu durchlaufen, nicht aber, um dem Schüler zuza- 
muthen, dieses ganze Feld im Cmriss zu umfassen, sondern 
um einzelne lebendige Gruppen daraus hervorzuheben und sie 
ilem Schüler als für sich bestehende kleine Ganze in lebendiger 
Erzählung zu überliefern. Eben so lässt er auf der zweiten 
und höchsten Bildungsstufe die mittlere und neuere Geschichte 
durch besondere Curse der vaterländischen vorbereiten: und 
die erste Stufe einer zusammenhängenden, umfassenden Erzäh- 
lung bilden die älteren Zeiten der griech. und römischen Ge- 
schichte, die sich durch die Individualität der mehr sagenhaf- 
ten Geschichte — denn darüber ist hier nicht hinauszugehen — 
allerdings für diesen Zweck vorzüglich eignen. Wenn sich nun 
dieser Weg als der natürlichere für die Gymnasialbildung durch- 
aus empfiehlt, weiche die Entwickelung der Seelenkräfte zur 
vorzüglichen Aufgabe hat, wenn selbst dem Gedächtniss da- 
durch am sichersten reichiialtiger Stofif überlief ert werden kann, 
AUS dem das nicht verschwinden wird, woran, wie Goethe sagt^ 
Gemüth verschwendet ist: so dürfen wir nicht verhehlen, dass 
i|uch Hr. Krüger und Hr. Schmidt sich dieses Bedürfniss der 
Jugend nicht ganz verborgen hat, und dass sie desswegen auf 
der tiefsten Stufe des historischen Unterrichts das Biographi- 
sche bei der Ausfüllung ihres Umrisses durch Erzählung vor- 
walten lassen wollen; sie mussten nur jenen Umriss des ganzen 
Feldes unterordnen, und, wie Hr. Lucas empfiehlt, sich auf 
beiläufige Einprägung der wichtigsten Abschnitte und Jahres- 
zahlen beschränken. Wenn sie aber von derselben Idee gelei- 
tet diesem Bedürfnisse auf der mittleren Stufe durch ethnogra- 
phische Behandlung zu genügen glauben , während die Vollen- 
dung der histor. Bildung durch synchronistische Darstellung 
erreicht werden soll: so ist dagegen zu bemerken, was Herr 
Rospatt S. 11 richtig sieht, dass die ethnographische oder syn- 
chronistische Behandlung nicht durch die Stufe der Bildung der 
Schüler, sondern durch den Charakter der historischen Zeiten 
bedingt ist. Auch dürfte es so nicht möglich sein, dieselben 
Abschnitte durch alle drei Curse beizubehalten. 

Schon in dem bisher Mitgetheilten zeigt sich aber nun ein 
Grundsatz als gemeinsam und durchgehend , den auch Hr. Ima- 
nuel, welcher sich darauf und auf Empfehlung eignen Quel- 
lenstudiums für den Lehrer beschränkt, durchführt und em- 
pfiehlt: der Grundsatz, dass der historische Unterricht auf 
Gymnasien, um für den Schüler eigentlich nährend zu werden, 
zuerst vorzugsweise Gemüth und Phanta^ie beschäftigen und 
also aus kleinern diese Seelenkräfte anregenden Gruppen be- 
stehen müsse. Ein zweiter Grundsatz, den wir desswegen 



lieber den Vortrag der Geschichte in Gjninaslen, lOf 

mehr hervorheben , und näher betrachten , weil auf ihn In den 
Torliegenden Programmen, von Hrn. Schmidt, mehr und be^ 
stimmter von Hrn. Lucas, erst, vorbereitet wird, und weil wir 
ihn noch so selten wirklich befolgt sehen, ist der, dass die 
Jahre des Gymnasialstudiums, wo ein reiferes Bewusstsein ge- 
weckt und gebiid^ und bleibende Interessen an der Wissen- 
schaft für das ganze Leben begründet werden können , die Zeit 
also des Aufenthaltes des Schülers in Prima auf die klassische 
Geschichte verwendet werde. Diese Zeit, in der Regel also 
wenigstens 2 Jahre, ist auf den meisten Gymnasien mit einem 
Cursus der mittlem und neuern Geschichte ausgefüllt — nach 
unsrer Meinung ein entschiedner Missgrtif. Für diese Zeit ge- 
hört ein Feld der Geschichte, für das der Schüler die nöthi- 
gen Vorkenntnisse hat, um es mit Gründlichkeit und in grösse- 
rem Umfange zu durchdringen uhd darin heimisch zu werden; 
wo er Gelegenheit findet, das zu Lernende mit seinen sonsti- 
gen Kenntnissen zu verbinden, um diese selbst zu ordnen und 
zu beleben, und seinen Geist auf das Allseitigste anzuspannen 
und ihn zu der Ahnung eines grossen Zusammenhanges der 
Wissenschaften zu erheben; wo er endlich Anregung erhält, 
auf dem gewonnenen Boden fortzubauen, und ein Muster zu- 
gleich, wie er die übrigen Thetle der historischen Wissen- 
schaft in spätem Studien zu betreiben hat. Bietet diess aber 
die mittlere und neuere Geschichte? Eine tiefere Einsicht in 
diese beruht auf Begriffen , die ausser dem Gesichtskreise des 
Gymnasiasten liegen: denn wie sollten Ursprung und Wesen 
der Hierarchie, die Ursachen ihrer Uebermacht über die welt- 
liche Herrschaft und ihres Falles, wie im Zusammenhange da- 
mit die religiöse Begeisterung der Kreuzzüge, wie die Entste- 
hung der Lehensverhältnisse, deren häufige Wechsel, das Her- 
vorgehen des Städtewesens aus jenen, dessen^ Einftuss auf den 
Fortschritt des Volkes, und andre Grundelemente des Mittel- 
alters Schülern so zur Einsicht gebracht werden können, dass 
sie sich daran die Entwickelung der Zeit klar zu machen ver- 
möchten? Wenn aber sonach der Charakter dieser Geschichte 
an sich dem Schüler eine tiefere Einsicht in die innere Bewe- 
gung dieser Zeit verschliesst: so ist hier ferner eine Verknü- 
pfung der Resultate anderer Lehrstunden unmöglich und eben 
HO wenig ist bei der Zersplitterung der Quellen und bei dem 
Mangel an Vorbereitung der Schüler daran zu denken, dass 
der Lehrer sie, um die Theilnahme zu beleben, hier und da 
hei seinen Forschungen in den Quellen zu Begleitern nehme. 
Der Schüler wird sich vielmehr begnügen müssen, sich die 
Haoptdata und deren äussern Zusammenhang, so wie chrono- 
logische Folge ins Gedächtniss zu prägen: und fast möchte man 
sagen, dass es ein Glück für ihn ist, wenn er auf diesem äus- 
sern Vorhofe dieses Zweiges der Geschichte stehen bleibt : so 



108 Geschichte. 

^088 ist für den Lehrer, der ihn weiter einzuführen versncht, 
die Gefahr, ihn durch haibverstandue Raisonnements zu ver- 
virren, und ihn durch den Dünkel zu urtheiien, wo er nicht 
fiieht, zu verblenden und zu verflachen. Welch ein ganz ande- 
res Feld des Wirkens und Bildens eröffnet sich dagegen dem 
Lehrer, wenn die mittlere und neuere Geschichte nach Secunda 
verwiesen und jene Zeit ihm zugestanden wird, um seine Schu- 
ler in der klassischen Geschichte heimisch zu machen! Beide, 
die griechische und römische Geschichte, steilen dem Schüler 
ein Ganzes vor die Seele, dessen Umlauf fast lediglich von In- 
nen heraus ohne fremden Einfluss erfolgt^ und die bewegen- 
den Ideen sind zugleich so einfach und entwickeln sich gross- 
tentheils so stätig, dass das innere Leben stets mit den äuaserii 
Krscheinungen zu Einem lebendigen Bilde zusammentritt. Die- 
sen Weg gehörig verfolgt, so. würde der Schüler, indem auch 
von den Staatsalterthümern, von der Entwickelung des Volkes 
für Rede- und bildende Kunst allgemeine Ueberblicke zu ver- 
weben wären, ein gewisses Ganze der klassischen Alterthums- 
Wissenschaft gewinnen — ein Gewinn , an sich bedeutend ge- 
nug, um den Lehrer für die Losung dieser Aufgabe zu begei- 
Stern. Wenn nun aber Einführung in die Denk- und Redeweise 
des klassischen Alterthums auch für die übrigen Lehrstundea 
die Hauptaufgabe ist: welche reiche Gelegenheit wird somit 
hierbei dem Lehrer der Geschichte gewährt, die lebendigste 
Beziehung zu den übrigen Zweigen des Unterrichts eintreteo 
BU lassen, indem er, was sonst gelernt ist, verbindet, durcU 
Beziehung auf das Ganze aufklärt und belebt, durch Anwen- 
dung übt! Man würde bei dem Schüler geringe Spannkraft 
des Geistes voraussetzen müssen, wenn er dabei niclit zu der 
thätigsten Theilnahme entzündet würde. Und wenn der Leh- 
rer dann auf passende Abschnitte in den Quellen aufmerksam 
macht, und nicht selten auch, wo er die Periode erst vollstän- 
dig zur Uebersicht gebracht hat, diesen oder jenen Punkt, der 
ein Ganzes bildet, von dem Schüler selbst nach den Quellen 
bearbeiten und frei vortragen lässt: so wird er diesen dadurch 
nicht allein durch die Bearbeitung und durch den freien Vor- 
trag üben, sondern eben dadurch, dass er ihn mit eingreifen 
lässt, am besten in den Zusammenhang und in den Plan des 
Ganzen einführen. Um nur noch einen Punkt hervorzuheben: 
wie sieht sich der Lehrer der alten Geschichte noch in Secunda 
bei der Behandlung der vorhistorischen Zeit durch den niedri- 
gen Standpunkt der Classe überall gehemmt und aufgehalten; 
jetzt in Prima wird er, wenn er es nur mit iMaass und Geschick 
thut, die Mythen, die er bei seinen Scliülern schon als be- 
kannt voraussetzen darf, ausdeuten und dadurch eine Masse, 
die bisher als ein todter Schatz im Gedächtniss geruht hat, be* 
leben , den Geist augleioh bUdcmd und auf das Anrcigendste be- 



Ueber den Vortrag der Gescbicbte in Gymnafien. 109 

gcbaftigend: denn wo könnte der Genusa grosser sein^ als bier, 
vio der Schüler mehr als anderwärts das Wacbsthnm seiner Eior 
sieht bei jedem Schritte inne wird? Welchem Lehrer würde 
die Brust nicht weit, wenn ersieh in diesem Unterrichtszweig 
die Möglichkeit eröffnet sieht, den Schiller für das klassische 
Alterthum zu erwärmen, und für Gründlichkeit und Selbst- 
ständigkeit — das wichtigste Ziel der Gjmnasialbildung über- 
haupt — zu gewinnen, wenn er sich mit den übrigen Lehrern 
in enger Beziehung gemeinschaftlich und daher auch desto 
wirksamer dem Ideale der Gymnasialbildung entgegenarbeitend, 
diese fördernd und von ihnen gefördert denkt! Auf diesem 
Wege 9 wenn irgend wie, würde sich dem Verderben einer 
bandwerksmässigen, abstumpfenden Vorbereitung auf die Abi- 
turientenprüfung entgegenarbeiten lassen, die sich nun dem 
Schüler selbst als unnöthig erweisen, die ihm sogar, was das 
Wichtigere ist, bei gründlicherer Gewöhnung Mnmöglich wer- 
den würde. 

Dieser Grundsatz, sagten wir, sei in den vorliegenden Pro- 
grammen nur erst vorbereitet. Hr. Schmidt erwähnt nur, dass 
beim Vortrage der alten Geschichte im weltgeschichtlichen Gor- 
8US für Prima eine nähere Beziehung mit den philologischen Stun- 
den und für die Schüler Selbstbenutzung der Quellen möglich 
werde (S. 8.). Herr Lucas beschränkt die in Prima auf die 
„Geschichte des Aiterthums'^ zu verwendende Zeit auf drei 
Vierteljahre und schliesst in den Cursus von Prima die neue 
Geschichte mit ein: da er sonst in der Forderung ausdrücklich 
mit uns übereinstimmt, dass die Gymnasiasten in der klassi- 
schen Geschichte heimisch zu machen seien. So bleibt es also 
nur zweifelhaft, ob jene Zeit ausreichend befunden werde, und 
ob nicht die Geschichte der übrigen Völker des Alterthuras gans 
aiiszuschliessen sei, wenn eine grössere Einheit erreicht wer- 
den soll. Einstimmig sind aber wiederum drittens die Herrea 
Verfasser in der Forderung, dass die Geographie durchgängig 
Begleiterin des Geschichtsunterrichts sei, ferner dass der Leh- 
rer nicht Lust und Eifer durch blosses Dictiren niederhalte, 
sondern die Lektionen durch freien Vortrag belebe: und end- 
lich, was damit zusammenhängt, dass er sich nicht an einem 
Handbuche, mehr interpretirend , als darstellend, hinwindei 
sondern den Schülern nur irgend ein Hülfsmittel in die Hände 
gebe, um ihnen die Uebersicht zu erleichtern und sich das An- 
sclireiben von Namen und das Dictiren von Jahrzahlen zu er- 
sparen: welches Hülfsmittel nach unserer Ansicht durch Zeit- 
tafeln von einiger Vollständigkeit gewährt werden würde. 

Gern führten wir diese letztere Ansicht weiter aus , theil- 
ten auch noch einiges Fernere von dem Inhalte dieser Pro- 
gramme mit: der Raum gebietet uns aber, diese Anzeige mit 
einer kurzep Charakteristik dieser Schriften zu schUesaeo. 



800 Geschichte. 

Von Hrn. Imanners Ansichten würde nur noch dtV Erwahnang 
▼erdienen, dass er für den Geschichtslehrer ausschliessliche 
Bildung zu diesem Berufe für nöthig hält (wogegen Hr. Schmidt 
sich ausdrücklich erklärt); in dem 2ten Theile seiner kleinen 
Abhandlung nennt er die Personen, deren Biographien in dem 
Cursus für niedere Classen hervorzuheben seien. Hrn. Krügers 
Abhandlung besteht mehr in Aphorismen^ als in zusammenhän- 
gender Darstellung: voraus geht ein Blick auf Umfang u. Werth 
der Geschichte, wobei manches Ungehörige. Gegen Special- 
geschichten vor der weltgeschichtlichen Uebersicht beruft er 
■ich auf Joh. v. Müiler*s Wort: „Die Schweizergeschichte lasse 
der Anfänger liegen! wie verstände er sie? Er muss nothwen- 
dig eine Ansicht der Universalhistorie haben :^^ welches gewiss 
eine andre Beziehung hat. Gleichwohl wiederholt es Herr 
Schmidt in derselben Absicht. Hr. Rospatt nähert sich mehr 
der analytischen Methode: ohne sie jedoch streng durchzofiih- 
ren. Er verlangt ein Handbuch: beschränkt jedoch dessen Ge- 
brauch so, dass ausführlichere Zeittafeln denselben Zweck bes* 
ser erfüllen würden. Hrn. Schmidt's Abhandlung glauben wir 
dnrch das beiläufig Gesagte hinlänglich bezeichnet, wenn wir 
noch hinzufügen y dass er die Noth wendigkeit der geographi- 
schen Begründung der Geschichte besonders hervorhebt, und 
dass er zum Schluss eine Uebersicht der Abschnitte der Welt- 
geschichte hinzufügt, die im Ganzen zweckmässig befunden 
werden wird. Wie kann er aber meinen (S. 8.)? dass Niebuhr'a 
' Rom. Geschichte dem Schüler zweckmässig zur Privatlektüre 
empfohlen werden könne? Mehr als seine Vorgänger hat seine 
Ansichten zu begründen gesucht der Verf. des neusten Pro- 
gramms unter den genannten, dessen Darstellung sich über- 
haupt, auch durch würdige und ideale Auffassung des Ge- 
schichtsunterrichts empfiehlt: nur Einzelnes ist uns darin un- 
statthaft erschienen, welches wir noch in der Kürze bemerken. 
So können wir uns nicht mit dem Spalten der Cnrse in den ein- 
zelnen Classen vereinigen, wie sie der Hr. Verf. in Tertia, Se- 
cnnda u. Prima selbst nach Vierteljahren eintreten lässt. Diess 
würde sich nur dann füglich thun lassen, wenn im Laufe der 
ganzen 2 Jahre dieselben Schüler in derselben Classe blieben« 
Anch wissen wir nicht, wie der wiederkehrende Cursus der 
vaterländischen Geschichte in Tertia und Secunda sich wesent- 
lich unterscheidet, wenn nicht das unterscheidende Merkmal 
in der vorwaltenden Rücksicht auf die Literatur in Secunda zu 
suchen ist: wogegen aber wieder Mancherlei zu sagen wäre. 
Dann zweifeln wir^ dass die lateinische Sprache hei ihrer durch- 
aus praktischen Tendenz sich, wie der Hr. Verf. S. 20 meint, 
gerade für die eingehendere Behandlung der Geschichte des 
Alterthums vorzüglich eignen dürfte. — Wenn man endlich an 
der Fassung der Definition der Geschichte, dass sie alles Ge* 



ficiliil- IL Unif erut&tmac^., Befonlenr. u. EbreiibesdgwigÖB. 201 

ichehene umfasse, sofern es dem Einzelnen zum Bewnsstsein 
gebracht werden solle, das Unbestiromle, und wie es uns 
scheint , die Vermischung des Objektiven nnd Subjektiven ta- 
deln kann, und bei der Disposition der Grundsätze des Ge- 
schichtsvortrags die Scheidung nach Stoff und Methode nicht 
in dieser Weise haltbar erscheint, sofern die Methode für den 
vorliegenden Zweck das einzige Bestimmende ist, oder wenig- 
stens im Einzelnen diese Scheidung nicht richtig durchgeführt 
ist: so erkennen wir auf der andern Seite die Vorzüge der 
Darstellung wohl und gern, durch die ein Jeder sich mit uns 
in seinen Ideen über den Gjmnasialunterricht nicht nur in der 
Geschichte, sondern überhaupt gefördert und gehoben sehen 
wird, und scheiden von dem Hrn. Verf. mit wahrem' Dank und 
aufrichtiger Verehrung, 

Halle. Peter. 



Todesfälle. 



Mßen 19. März starb in Riga der ehemalige Professor an der dasigen 
Domschule (von 1779 — 1817.) Joh. Dav. Sand, 86 Jahr alt. 

Den 22. März zu Mitau der Professor der Geschichte am Gymna- 
sium illustre C. JVilh, Cruse, 69 Jahr alt. 

Den 18. Juni zu Bonn der Geh. Ober- Regierun gs-Rath Dr. Chr, 
Ludw, Fr, Schultz, welcher, als Staatsmann sehr verdient, durch seine 
Grundlegung zu einer geschichtl. Siaaiswissenschaft der Römer (1833) ali 
neuer Gegner von Niebnhr's röm. Geschichte aufgetreten var. 

Den 29. Juni in Halle der Professor der orientalischen Sprachen 
Dr. Samuel Fr, Günther JVahU 



Schul* und Universiiätsnachrichten, Beförderungen und 

Ehrenbezeigungen, 

AüscLAM. Die dasige höhere Burgerschule ist, wie vir aus einem 
uns mitgetheilten Programm derselben vom Jahr 1833 {Zur Gedächi" 
fiiaafeier der durch göttliche Gnade der Stadt Anclam bereiteten Errettung 
von drohender Einäscherung im J. 1713) ersehen, in ihren drei obern 
Classen eine Art Progymnasium, welches seine Schüler im Lateinischen, 
Griechischen, Deutschen, Französischen, Englischen, in Religion, Ge-^ 
schichte, Geographie, Naturwissenschaften, Mathematik, Schönochrei- 
ben. Zeichnen und Gesang unterrichtet, und etwa bis zur Bildung der 
Obertertia eines Gymnasiums fuhrt. Die Lehrer für diese drei Classen 
sind der Rector Dr. Schade, der Gonrector Schiemann und der Sub« 
vector KretMchmar, welche noch von den Hulfslehrem JEArfce» Wolfff 



208 Schul- und Univertitätsnachriehten» 

JJärzer (Gantor) und Böttcher nnterstätzt werden. Die Yier letstem 
iiud an der allgemeinen Stadtschule als ordentliche Lehrer thätig*. 

Arnstadt. Die Einladung zu den auf hohe Verordnung des Hoch' 
füntl. Consistoriums anzustellenden . . • öffentlichen Prüfungen im Gymna« 
8ium im März dieses Jahres enthält ausser den Schulnachrichten : Fir- 
gilii geographia in Aeneide opere exhibita , Part, IV, , vom Director Dr. 
Heinr. Töpfer. [Arnstadt. 1834. 14 (8) S. 4.] Es ist dies die Fort- 
setzung der schon früher in unsern Jahrbüchern [ XIII, lOG u. NJbb. 
Vll, 476. ] erwähnten lobenswerthen Untersuchung , -welche diesmal die 
Specialerörterung der Fahrt des Aeneas von Leucate bis zum Vorge- 
birge Drepanum bringt und also einen geographischen Commentar xa 
Aen. III, 276 — 707 enthält. Die Schulnachrichten berichten , dass in 
der Anstalt keine wesentliche Veränderung vorgekommen ist: nur ist im 
vorigen Jahre Her Schreib - u. Rechenmeister Hüttig [ NJbb. VII, 475,] 
in den Ruhestand versetzt worden und bald darauf verstorben. Das 
Gymnasium war im Laufe des vorigen Schuljahrs nur von 47 Schülern 
. besucht, eine Anzahl, welche nach den Verhältnissen der Schwarzbnr- 
gischen Lande nicht grösser sein kann. 

AscnERSLEBEN. Am Gymnasium ist die durch den Abgang des 
Lehrers Svffrian [JVJbb. IX, 114.] erledigte dritte Lehrerstelle [NJbb. 
V, 220.] dem Lehrer Dr. Hoche, die durch den Abgang des Lehren 
Dr. Junghan [NJbb. VIII, 111.] erledigte vierte Lehrerstelle dem Leh- 
rer Dr. Lehmstedt und die erste GoUaboratur dem Lehrer Dr. Schröter 
übertragen worden. 

Berlin. Bei dem Kon. Gonsistorium und Provinzial - SchulcoUe- 
ginm ist der Consistorialrath Geiseler pensionirt und seine Stelle dem 
Reglern ngsrathe Stuhenrauch in Magdeburg übertragen worden. Die 
Universität zählt in diesem Sommer 1863 immatriculirte Studirende, 
von denen 578 (darunter 128 Ausländer) der theologischen , 594 (mit 
143 Aiisl.) der juristischen, 402 (mit 147 Ausl.) der medicinischen und 
289 (mit 107 Ausl.) der philosophischen Facultät angehören. Daia 
kommen noch 54 noch nicht immatriculirte Studenten , 193 Ghirurgen 
und Pharmaceuten und 279 Eleven des Friedrich -Wilhelms -Instituts, 
der med icinisch - Chirurg. Militair- Akademie, der Bau- und Forstaka- 
demie etc. vgl. NJbb. X, 219. Für dieselben waren in diesem Som- 
mer in der theologischen Facultät von 4 ordentlichen und 2 ausseror- 
dentlichen Professoren und 5 Privatdocenten , in der juristischen von 8 
ordentl. und 2 ausserordentl. Professoren [darunter der interimistisch 
hier befindliche ordentl. Prof. Dirksen aus Königsberg. ] und 2 Privat- 
docenten , in der medicinischen von 14 ordentl. und 13 ausserordenth 
Professoren und 15 Privatdocenten, in^der philosophischen von 20 or- 
dentl., 1 Ehren- und 24 ausserordentl. Professoren, 1 Mitglied der 
Akademie , 25 Privatdocenten und 4 Lectoren Vorlesungen angekündigt 
worden, vgl. NJbb. VIII, 464. Seit .der Zeit sind in der philosophi- 
schen Facultät die Privatdocenten Dr. Adolph Ermann u. Dr. G. Magnu9 
EU ausserordentlichen Professoren ernannt (letzterer für das Fach der 
Chemie mit einem Jahresgehalte von 500 TUrn.) and der Professor Dr, 



Beförderungen und Ehrenbeielgungea* 20$ 

Poggendorf als aasserordentl. Professor angestellt worden. Die Pro« 
f essoren Ranke und Helwing [ nicht Helwig, s. N Jbb. X, 329. ] sind be- 
reits in die neue Rangordnung eingereiht. Dem Lehrer Dr. Preuss am 
medicinisclf - chirurgischen Friedrich - Wilhelms - Institute ist das Prä- 
dicat „Professor^' beigelegt Im Prooemium zum Index lecUonum hat 
der GORR. Prof, Bockh einen Nachtrag zu Wolfs Prolegomenen zum 
Homer gegeben und deren Worte: Solon insUiuit^ ut^ quum prius sin- 
gulares rhapsodiae sine ullo ordine rerum et temporum canerentur^ ita 
partes distribuerentur pluribus rhapsodis, ut älio alium excipietitc dein- 
ceps perpetua et commoda ^«qp^ efficeretur, erläutert und gegen Kitzsch 
gerechtfertigt. Zur Begründung von Freitischen für arme Stndirende 
haben die Prinzen und Prinzessinnen des Kon. Hauses eine jährlich« 
Summe von 800 Thlrn. aus ihren Privatmitteln ausgesetzt, wozu der 
Kronprinz 200 Thlr. , die Kronprinzessin 50 Thir., die Prinzen n^ilhelm 
Bruder des Königs, Wilhelm Sohn des Königs, Karl^ Albrecht und 
August jeder 100 Thlr. und die Prinzessin Albrecht 50 Thlr. jährlich 
beiträgt. — Am Joachimsthalschen Gymnasium hat der Adjunct Dr. 
Reinganum das Prädicat Professor und der Adjunct Redepenning die er- 
betene Entlassung erhalten. Das am Berlinischen Gymnasium zum 
grauen Kloster zu Ostern d. J. erschienene Programm [Berlin, gedr. 
h. Nauck. 46 (26) S. gr. 4.] enthält sehr beachtenswerthe Untersu» 
chungen zur deutschen Metrik vom Professor Zelle, worin derselbe- xa 
erweisen sucht, dass die deutsche Sprache keine Quantität hat und die 
Verschiedenheit der Sylben nur durch den Accent hervorgebracht wird. 
Daran schliefst sich ein Versuch, die Gesetze des deutschen Accentes 
genauer zu bestimmen. Der Beweis wird aus unsern Kirchen - und 
Volksliedern gefuhrt, in denen der Verf. gefunden hat, „dass für den 
Vers alle Sylben gleiche Länge haben, also Verschiedenheit der Zeit- 
dauer in dem deutschen Gedichte kein Stoff für die Kunst isf In dem 
angehängten Jahresberichte hat der Director Dr. Köpke zunächst da« 
am 13 Nov. vor. Jahres festlich begangene Doctorjubilänm des emeritir- 
ten Direct. Bellermann beschrieben, und erwähnt, was in Berlin zu die- 
ser Feier von Seiten der Behörden, Universität und Schulen geschah. 
Vom Könige hatte der Jubilar zu diesem Tage die Schleife zum rothen 
Adlerorden dritter Classe erhalten *). In dem thätigen Lehrerperso- 
nale sind keine Veränderungen vorgegangen, vgl. NJahrbb. VIII, 115. 
Schüler waren zu Ostern dieses Jahres 521 in 6 Classen , die aber in 9 
verschiedene Coetns zerfielen. Zur Universität wurden im verflossenen 
Schuljahre 36 entlassen: 10 mit dem ersten und 26 mit dem zweiten 



\ 



*) Von auswärts kam folgende Gratulationsschrift: loanni loach. Bei- 
lermanno .... quinquaginta abhinc annis phtlosophiae doctoris et Aj4. LL. 
magistri honoribus rite omato festnm hoc gloriose redititegratum pie gra- 
tulatur generi frater Frid. Aug. Sigism, Schultze, phil. D., acad, equestr. 
Liegnit. profeesor et bihÜnthrcarius. Inest de obdisco Thcbano narratio, 
Licgnitz. 1833. 8 S. gr. 8. Er hat darin orzählt, auf welche Weise der 
nach Paris gebrachte Obelisk von Luxer in Aegyptea eingeflcfaiiTt oud nach 
Havre de Grace transportirt worden ist. 



20i Schal- und Universitätsnachriehten, 

Zeiin^uiss der Reife. Das Friedrichs - Gymnasinm auf dem WoJIer 
xahlte zu Ostern 314 Schüler in 7 Goetas und entlieas 14 zur Universi- 
tat: 4 mit IVr. I. und 10 mit Nr, II. lieber die durch Uenckendor^% 
Tod und EngelhardCs Beförderung zum Directorat in Danzig eotstan- 
denen Veränderungen im Lelirerpersonaie ist bereits in den NJahrbb. 
IX, 339 u. X, 330 berichtet worden. Doch hat zu Ostern dieses Jahres 
wieder der erste Cullaborator Professor Dove die Anstalt verlassen und 
ist am Friedrich- Wilhelms -Gymnasium als Lehrer der Mathematik an- 
gestellt worden. Tgl. NJbb. X, 330. Im Friedrichs -Gymnasium be- 
steht übrigens die Einrichtung, dass den Schülern der mittlem und 
untern Classen , um ihren Privatfleiss im elterlichen Hause zu regelo, 
XU Anfange jedes Halbjahrs besondere Arbeitspläne dictirt werden, 
über deren Befolgung die Eitern wachen müssen. Besondere gymna- 
siische Uebnngen bestehen bei diesem und dem andern Gymnasien nicht; 
doch hat ein Hr. Eiselen eine zweckmässige Anstalt für die Gymnastik 
in Berlin errichtet, deren Besuch den Gymnasiasten empfohlen wird« 
Das diesjährige Programm der Schule [Berlin, gedr. b. Nauck. 1834. 
8V (18) S. gr. 4. ] enthält eine Abhandlung vom Collaborator Dr. Sam^ 
Friedr. Jungk: De arte prlncipum historicorum Graccorum, In dem Pro- 
gramm des Cöllnischen Realgymnasiums [Berlin, gedr. beiden Gebrn- 
dßrn Unger. 1834. 42 (24) S. 4. ] steht De versu Glyconeo scenicae Grae^ 
curum poeseosy eine neue Erörterung der Bildungsgesetze dieses Verses 
\om Oberlehrer Selckmann. Von den Lehrern der Anstalt starb am 24. 
Decbr. vor. J. der Hülfslehrer JCarl Jul. Sigism, Curtins (geb. zu Ver- 
cbesar bei AUbraudeiiburg am 28. März 1805 und seit Ostern 1832 am 
Gymnasium angestellt) ; dagegen ist seit Ostern dieses J. der bisherigo 
Irispector an der Ritterakademie in Bbandenbfhg Dr. Heinr, Ludwig 
Polsberw als Collaborator neu angestellt Schüler waren zu Ostern 
853 in 8 Coctus. Zur UniTersität gingen 4, mit dem zweiten Zeug- 
viss der Reife. 

Braunsberg. Auf dem dasigen Lyceum Hosianum werden diesen 
Sommer für die anwesenden 26 Studirenden von vier Professoren der 
Theologie und drei Professoren der Philosophie 11 theologische und 8 
philosophische Vorlesungen und 4 Repetitoria gehalten. Der Indes 
lectionum stellt auf 10 Seiten die Stellen des Josephus zusammen , ia 
welchen derselbe von Christus und den Christen spricht, und verbreitet 
sich besonders über das bekannte Testimonium de Christo, dessen 
Aechtheit vertheidigt wird. 

Braunschwbio. Das Obergymnasiura war nach den zu Ostern 
dieses Jahres herausgegebenen Nachrichten in seinen fünf Classen sa 
Anfange des vorigen Schuljahres von 124 , am Ende von 123 Schulern 
besucht, von denen 67 Einheimische und 56 Auswärtige waren. Zur 
Universität gingen 8 und auf das CoUegium Carolinum 11. Die im 
Jahr 1828 erschienenen Schulgesetze sind im Laufe des vor. Jähret 
einer neuen Bearbeitung unterworfen und eben so die Abiturientenpru- 
fungen genauer geregelt und bestimmt worden, obschon für die leti- 
tem eine allgemein gesetzliche Bestimmung Ton Seiton der Regierung 



Bef (»rderangea nnd EhrenbeieigUBgefei. 205 

noch fehlt. Aas dem Lehrercollegiuin [s. NJbb, VIH, 3(i0.] schied ioi 
Soronier Tor. J. der Collaborator Jfllh. Elster und ging aU Sobcon- 
rector an die llerzogl. Klosterschule za IIolzmindb?!; zn Michaelis aber 
wurde der Collaborator Dr. Schütte als Subconrector nach Helnstbdv 
befördert. Die Schulamtscandidaten Päts, Lange und Dr. Schneidewin 
traten während der entstandenen Vncanzen nnd für den auf dem Land- 
tage beschäftigten Ilauptlchrer Assmann als Auxhülfslehrer ein, und in 
Michaelis vor. Jahres wurden der bisherige Colhiborator an der grossen 
Schule zu WoLFENBiJTTEL Dr. Ferd, Bamberger (geb. zu Braunschweig 
1809.) und der erwähnte Candidat Gustav Lange (geb. ebendas. 1807.^ 
als Collaboratoren angestellt. Das zum Beginn des Sommerhalbjahrs 
erschienene Programm enthält die wissenschaftliche Abhandlung: De 
formulae ccXX' ij et affinium particularum post negationes vel negativa» 
»ententias usurpatarum natura et usu Commentatio, Scripsit G, T. A. Krü" 
ger [Braunschweig 1834, bei Vieweg. 50 S. 4.], und ist auch in dea 
Bachhandel gekommen. 

Breslau. Der ausserordentliche Professor in der philosophischen 
Facultät Dr. E, J. Scholz ist zum ordentlichen Professor in derselben 
Facultat ernannt worden. 

Danzig. Das Gymnasium hat seit der Ankunft des neuen Directon 
Dr. Friedr. JFilh, Engelhardt [ eingeführt am 26. April 1833. s. NJbb. 
VII, 345. ] einige Veränderungen erfahren. Zu -Michaelis vor. J. nam- 
lieh schied der erste Oberlehrer Professor Georg Schöler [s. NJahrbb. 
IX, 439.], und es rückte nun der Professor Förstemann in die erste, der 
Prof. Herbst in die zweite , der Prof. Pflvgk in die dritte und der erste 
Oberlehrer Dr. Lehmann mit dem Titel „Professor*' In die vierte Pro- 
fessur auf. Als erster Oberlehrer wurde der schon seit zwei Jahren 
interimistisch an der Anstalt arbeitende Lehrer D/rZam [s. NJbh. 1X,343.] 
angestellt und zum zweiten Oberlehrer der Schulnmtscand. Dr. Hirsch^ 
ein geborener Danziger, berufen. In ihrem früheren Verhältnisse blie- 
ben der Oberlehrer Skusa nnd der Lehrer Dr. Uintz, Weil aber za 
Michaelis vor. J. die dritte Classe in zwei Abtheilungen getheilt werden 
musste, so wurde für die Untertertia der Lehrer Ruhl von der Löb&- 
nicht'schen Burgerschule in Konigsberc als vierter Oberlehrer ange- 
stellt. Der Dr. Hirsch ist ausschliesscnd als Lehrer der Geschichte und 
Geographie berufen and ertheüt diesen Unterricht durch alle 7 Abthei- 
langen des Gymnasiums [Geschichte zweistündig in Prima, Secunda, 
Ober- u. Untertertia und Quarta,^ und einstündig in Quinta nnd Sexta, 
Geographie zweistündig in Untertertia nnd Quarta, und dreistündig in 
Quinta und Sexta], während derselbe früher unter mehrere Lehrer 
Tertheilt war. Durch Schöler's Abgang war auch der französische Un- 
terricht in den obern Classen vacant geworden, und da keiner der an- 
gestellten Lehrer denselben übernehmen konnte, so wurde er dem an 
der Handelsakademie u. St. Petri- Schule angestellten franzus. Sprach- 
lehrer Gombert übertragen, welcher nun die vier obersten Abtheilun- 
gen jede wöchentlich 2 Stunden in dieser Sprache unterrichtet. Die 
dorch dessen Anstellung henrorgebrachte Erleichter ong des Lehrerper- 



206 Sebnl- und CniTertltätsnftcbrlcliteB, 

tonalf machte es möglich, den natorgescluchtlichen Ünterridt Ui Vb- 
tertertia [wüchentlich 2 Standen in jeder Abtheilang] ftoasaddboeBy 
welcher dann in den drei obern Abtheilnngen in Phjiik nliev|gehC 
Desgleichen werde ca Johannis Tor. J. der Gesanganterricht dnrcfc alle 
Clastten nea eingeführt and anfangs dem 3Iui»ikdirector JCZost nnd mmdk 
dessen Abgange (Ende Augusts) dem Blusiklebrer Boyd nbertiBgea. 
Desgleichen ist der Zeichenunterricht als ordentlicher Lehraweig^ hk das 
Tier untersten Abtheilungen eingeführt und bleibt bloss fnr dia drei 
obersten ein freiwilliger. Er wird vom Zeichenlehrer Breytig^ •• wie 
das Schreiben Tom Elementarlehrer fVaage besorgt. Den ReUg i a na 
Unterricht in den vier obern Classen übernahm nach der TerieCxmg to 
Predigers .^I6er(i [zu Michaelis 1833. Tgl.NJbb. Vllf, 406.] dar 
Borkowski an der St. Katharinenkirche. Die Schülerzahl war im 
mer vor. J. 305, im Winter 309, zu Ostern dieses J. 289. Ton 11 AU- 
turienten erhielten 2 das erste nnd 9 das zweite Zeugniaa dar Keife. 
Im diesjährigen Programm hat der Director Dr. Engelhardi JhmAm 
ihorura Platonicorum Spec, 1, bekannt gemacht [ Danzig 1834. IS 8. m 
16 S. Schnlnachrichten. gr. 4. ] und darin die Anakplutha in den Dia- 
logen Phadrus, Lysis, Protagoras, Laches, CharmideSy Eatliyplno, 
Parmenides, der Apologie, Krito, Ion, Hippias minor, üippnrdiaa, 
Minos , Alcibiades II. , Gorgias und Theaetetus erörtert. — - Die aeÜ 
zwei Jahren bestehende und von dem Schulrathe Dr. FViedr. Wffitet 
dirigirte Ilandelsakadeiiiie , welche gegenwartig zwei Glaaaen mit 31 
Zöglingen enthält, hat zu Oi>tern dieses J. ihren zweiten JakrtAeriM 
[46 (34) S. gr. 8.] herausgegeben, der von dem glücklichen Gedel- 
lien derselben erfreuliche Kunde bringt. Als Abhandlung enthält er 
Einige Bemerkungen über kaufmännisches Buchführen und die rmwkitdf- 
ncn Methoden desselben von dem Lehrer Karl Benj. Uichter, 

Fbankfcbt am Main. Zu Ostern d. J. erschien das Programms 
Examina solemnia gymnasii Francof. .... hoc ipso vemo tempore ptMiM 
eoncelebranda indicit Dr. loan. Theod. Voefnel, rector et prof. [Prankf.t 
gedr. b. Brönner. 36(28) S. 4.J, worin Notitia codicum Demosthmd' 
eorum II, enthalten ist. Es ist dies der Schluss der im voijährigei 
Herbstprogramm [s. NJbb. VIII, 473.] begonnenen Aufzählung nnd Be- 
schreibung der bis jetzt benutzten Handschriften des DemoatheaeiC 
Mit derselben Genauigkeit und Zuverlässigkeit , welche schon an Jenet 
Abtheilung gerühmt wurde, hat Hr. V. hier noch 9 rückständige Uand- 
achriftcn Keiske's und die von Auger, Bekker, Buttmann, Rüdiger, 
Amersfoord und Dindorf benutzten Handschriften beschrieben. Ange* 
hängt sind Schul nachrichten und der Lectionsplan. Aus den ersterä 
bemerken wir, dass am 28. Jan. dieses J. der seit dem 22. Mal 181i 
emeritirte Professor Joh, Dan. Meidinger im 87sten Lebensjahre geatov- 
ben , und dass an die Stelle des verstorbenen englischen SprachlehreH 
Will [s. NJbb, VIII, 245.] am 13. Sept. vor. J. IFilh. Karl Ludw. S^ 
[geb. in Frankfurt am 28. Mai 1803.] zum Lehrer der engl. SpracÜe 
ernannt worden ist. Der gutgeordnete Lehrplan umfasst alle Wiaaea* 
tchaÜazweige 9 welche jetzt in wohleingerichteten Gymnagfen gttld|iMf 






Beförderungen und Ehrenbezeignngen. Hn 

werden y und lasst dabei docli den classischen Studien das ihnen gebüh- 
rende Uebergewicht, indem für die lateinische Sprache in Prima 8, in . 
Secunda bis Quarta 12 und in Quinta und Sexta 10, für die griechische 
in Prima 10 , in Secunda bis Quarta 6 wöchentliche Lehrstnnden be- 
stimmt sind. Nur scheint uns die gesammte wöchentliche Stundenzahl 
für die einzelnen Classen viel zu gross, indem auf Prima und Secunda 
42, auf Tertia 40, auf Quarta 36, auf Quinta 27 und auf Sexta 31 
wöchentliche lichrstunden kommen. Indessen hat doch die Anstalt den 
Unterricht in der hebräischen ^ französichen und englischen Sprache, 
im Zeichnen und Singen für einen freiwilligen erklärt , den der Scha- 
ler nicht nothwendig zu besuchen braucht, find nach Abzug der dafür 
angesetzten Lehrstnnden bleiben nur 30 wöchentliche /Stunden für die 
▼iec obersten Classen übrig. Die jetzt so beliebten Naturwissenschaften 
sind hier nur wenig beachtet, indem bloss in Prima 2 St. Physik und 
in Sextä 2 St. Naturbeschreibung gelehrt wird. 

GisBA. Im Juli dieses J. hat der Schulrath und Director Dr. j4. G* 
Rein die aiehsehnte Nachricht von dem Zustande der Hochfürstl. Landes^ 
schule zu Gera [ 14 S. 4. ] herausgegeben, und darin über zweckmässige 
Bildung und Erziehung in den Gymnasien wieder mehrere beherzigen«- 
werthe Winke gegeben, vgl. NJbb. IX, 114. Er erzählt nämlich, dass 
auf dem Pädagogium in Halle schon in den letzten Deccnnien des vori- 
gen Jahrhunderts mit dem Unterrichte in den classischen Sprachen ein 
zweckmässiger Unterricht in den historischen, mathematischen und phy- 
sikalischen Wissenschaften , so wie in den neuern Sprachen , besonders 
in der deutschen und deren Literatur verbunden gewesen sei, und dasa 
Ewar Fr. A. Wolf diese Einrichtung oft bestritten, aber doch habe zn«- 
gestehen müssen , dass sie gute Früchte trage und die höhere Ausbil- 
dung im Lateinischen und Griechischen nicht beeinträchtige. Doch 
findet er den guten Erfolg hauptsächlich in dem Zusammenwirken ei- 
nes zahlreichen, tüchtigen und rüstigen LehrercoUegiuras und in der 
vervollkommneten Metfiodik begründet, welche eben damals durch 
Wolf herrschend zu werden anfing. Jetzt nun, meint er, habe man 
es in der Behandlung des Sprachunterrichts noch viel weiter ge- 
bracht, aber auch die Forderungen der Gymnasien so hoch hinaufge- 
schraubt^ dass viele denselben nur würden genügen können, wenn der 
Staat sie mit einer grössern Anzahl von Lehrern versehe. Bei dem 
Fortschreiten der wissenschaftlichen Bildung aber sei in den Gymnasien 
die sittliche und religiöse Bildung zurückgeblieben und von den Päda- 
gogen nicht immer gebührend beachtet worden. Der höhern Beach- 
tung nun wird sie hier noch des Weitern empfohlen. -— Die Schale 
war im Juli in ihren 5 Gymnasialclassen von 112, in den acht Bürgcr- 
schulclassen von 491 Schülern besucht. Im Gymnasium hat seit Mi- 
chaelis vor. J. der Schulamtscandidat Dr. Herrn. JVeissenbom aushülfs- 
weise einige Lehrstunden ertheilt und dadurch namentlich den kranken 
Director unterstützt. Von dem Consistorinm ist unter dem 12. Mai- 
d. J. ein besonderes Regulativ der Abiturientenprüfungen erlassen und 
in dem Amts- und NachrickUhlatte für das FüfBienikum Gera 1834 Ifr« 21 



20B Bebul- und UAlterBit&ttnachvIekifts», 

bekannt ^macht worden* Es schreibt mundlicbe and scbrifllldia Pri^ 
fangen Tor , welche den beiden geistlichen ConsistorialHUbea und fanf 
Lehrern am Gymnasium, dem Director, Professor, Proreetor, dem 
Lehrer der Mathematik und Physik und dem Lehrer der franaöeifdmi 
Sprache, übertragen sind. — Gegen das Ende des vor. J* enchiei: 
Solemne Schüssleri tnemoriam grate ac pie recolendi causa m slhisfri Ah 
iheneo o. d. XV L Dec. 1833. rite oheundum indicit Dr. Aug. GoOkiffRmMf 
Director. Praemissa est disputationb, de studiis humanitaÜB anrfra irtfew 
aetate magni aestimandis, pars XXVI. Gera, gedr. b. SchumaaB. 8 & d» 
Zur Fortsetzung der vorigen Abtheilung [NJbb. IX, 115.] ist oit aofib 
Einiges über Ovid beigebracht, dessen Metamorphosen und Faitsa 4|B 
Verfasser nicht unter die didaktischen Gedichte gerechnet wieaea vpL 
Daran schiiesst sich eine ausführlichere Erörterung über die Aatnn»* 
mica des Manilius« Es ist darin erst über die Abfassungsseift dm Ga- 
dichts und dessen Dichter das mitgetheiit, vas nach den Untenadna- 
gen der Erklärer, unter denen Jacob mit Recht für den sichersiea Füh- 
rer angesehen wird , als sicher gelten kann ; und daran schliefMB sich 
Bemerkungen über den Stil und poetischen Werth des Gedichtei. ■ ])Bf 
letztere ist mit Recht sehr gering angeschlagen. 

Gotha. Der Generalsoperintendent und Geh. Consistorialralb.IlCi 
Breischneider ist znm Ritter und der Consistorialrath Mosengeil in Hb- 
RiNGEN zum Comthur zweiter Classe des Herzogl. Sachs« Hauiordeii 
ernannt werden. 

Greifswald. Für den gegenwartigen Sommer haben anf d« 

Universität in der theologischen Facultät 4 ordentliche and 2 

ordentliche Professoren, in der juristischen 4 ordentl. und 2 

ordentl. Proff. u. 1 Adjnnct, in der medicinischen 4 ordentl« Prüft äad 

8 Priyatdocenten, in der philosophischen 9 ordentl, und 3 ausserordeatL 

Proff. u. 8 Priyatdocenten, also im Ganzen 35 akademische Lehrer Tgtr 

lesungen angekündigt. Der ausgegebene Index scholarum enth&U apH 

gleich eine recht brave lateinische Abhandlung vom Prof. Dr. Sehaaum 

über die Etymologie des Wortes auctoTj worin zuerst die AbleitiuiK dMp' 

eelben von avros zurückgewiesen, dann die nächste Ableitang TM 

augeo anerkannt, endlich aber das Wort auf den Stamm lyo aorncfe* 

geführt wird, so dass auctor in seiner ersten Bedeutung sein aollj ipA 

aliquid ait atqne afiirmat. Das Letztere ist, so scharfsinnig der Y^tjL 

es auch zu begründen sucht, freilich zu künstlich und der Uebei)gaa( 

des f in ü durch nichts erwiesen. Sollte eine solche Ableitung einaM^. 

Tersucht werden, dann hätte das griechische ava>, avai vielleicht nodk- 

näher gelegen als ajo. Allein wenn einmal die Form augeo keine UiPr ' 

form sein sollte, was Ref. dahin gestellt sein lassen will, so wfiid^ 

augeo und das griech. av^avoa immer eher auf aycOy ago^ alfl auf i|f9 

führen , weil das u leichter für ein Digamma als für ein verstärktes näll. 

Terwandeltes t erklärt werden kann. 

Halle. Bei der Universität werden in diesem Sommer nach daia.' 
Index scholarum von 62 akademischen Lehrern, nämlich in der tbeplAj., 
gischen Facultät von 7 ordentlichen und 4 ausserordentlichen Fr^fmab, 






Büf^rdcrrttBgen «ad E]ll^eabes•Ig1l■][f•B• 909 

ren a. 2 PrivatdocenteD, in der jaristiscben Ton 6 ordentl. und 1 aawer^ 
ordentl. Pruff. a. 2 Privatdocc. , in der medicinischeii Tpn 4 ordentl. 
und 3 ausserordentl. Proff. a. 1 Privatduc. , in der philosophischen tob 
18 ordentl. und 6 ausserordentl. ProiF., 8 Privatdocc. and 2 Lectorea 
Vorlesungen gebalten. Dem Verzeichniss hat der Professor Meier uh^ 
Prooemium Commentaiionia de gentiUtate Aitica Partie, IL beigefügt. — 
Am Waisenbause ist der College Dr. Liebmann sum Oberinspector der 
Waisenanstalt und der bisherige GoUaborator Dr, Eckstein xum Colle- 
gen an der lateinischen Schule ernannt worden. 

Hblmstedt. Um Ostern dieses Jahres erschien das Prog^mms 
Variae leciiones et Observationen in Tadti Germaniam. Commentatio lUm^ 
qua ediia ad examen HL superiorum clasaium gymnasü HelmBtadien$i$ el 

Scheningensie consociati invitat PhiU Cor, Hess , ph. Dr. , gyiat»^ 

prof. et director. [Heimst., gedr. b. Leuckart. 31 S. 4.] Es ist dief 
die Fortsetzung der beiden früheren 1827 und 1828 herausgegebene« 
und in öffentlichen Blattern gerahmten Commentationes, ganz in. der« 
selben Weise eingerichtet, vgl. Jbb. XIII, 71 ff. Hr. H. hi^t nämlich 
seitdem durch Heinr. Schubart eine Vergleichung der Wiener Hand- 
schrift erhalten [s. NJbb. IX, 230.] und deren Lesarten sammt den Va» 
rianten aus 10 alten Ausgaben , Ton denen fünf zum ersten Male, fünf 
nur genauer als früher Terglichen sind , in dieser Commentatio zu den 
ersten 27 Capiteln in der Weise bekannt gemacht, dass allerlei sprach- 
liche und historische Erörterungen eingewebt sind. Obgleich die letz- 
tem häufig in blossen Citaten und Nachweisnngen bestehen , so bieten 
sie doch eine sehr schätzbare Zusammenstellung alles dessen , was au« 
der neusten Literatur für die Germania von Bedeutung Ist Ueber daa 
Gymnasium erfährt man, dass dasselbe während des vorigen Wintenf 
in seinen 7 Classen von 295 Schülern besucht war und zu Michaeli« 
1833 und Ostern 1834 zusammen 8 Schüler zur Universität entliesf, 
Ton denen 1 das Zeugniss 1^. und 7 das Zeugniss IV, der Reife ^rhielr 
ten. Zu Michaelis vor. J. ging der Subconrector HiÜe.als Pfarrer nacl| 
Maribntdal; seine Stelle hat der CoUaborator Dr. Schütte vom Qber^ 
gjmnasium in Braunschweio erhalten, vgl. NJbb« X, 88. ^i 

Kiel. Bei der Universität , welche im vorigen Winter . yon SA^ 
in diesem Sommer von 320 Studirenden [von denen 98 Theologie, 13 
Theologie und Philologie, 9 Philologie, 123 Jurisprudenz^ 73 Medlr 
ein, 9 Pharmacie, 5 philosophische Wissenschaften studiren] besucht 
ist, hatten für den Winter 18|} 37 akademische Lehrer, nämlich in 
der theologischen Facultät 4 ordentliche Professoren, in der juristi? 
»eben 4 ordentl. und 2 ausserordentl. Proff« u. 2 Privatdocentep, in def 
medicinischen 4 ordentl. und 2 ausserordentl. Proff. u. 3 Privatdocc, 
in der philosophischen 4 ordentl. und 3 ausserordentl. Proff. , 6 Privat- 
docenten und 3 Lectoren, Vorlesungen angekündigt. Dos von dem 
Professor G. fV. Nitzsch dem Index scholarum vorausgeschickte, leseni- 
werthe Prooeraium empfiehlt bei historischen Forschungen, besondert 
hei denen über die ältesten Zeiten die ars nesciendi , warnt vor den so- 
genannten scharfsinnigen Hypothesen und erörtert an einigen Beispie- 
^. Jahrk, f. Fba. u.Fäd. od.Krti.BiU, Bd.%1 Hft.^ |4 



210 8«liiil-ma4 üniterttl&tffiteliflGliteB) 

len des griechischen AUerthums dien Untertehied der Geschichte mä 
Mythe. Von demselben Verfasser erschien im Januar dieses Jahre«: 
Soüemnia nataliiia Regis aug, ac ser. Friderici FL « . • rite celehramda 
Aeademiae Kiliemis Rect. et Senatus indicunt per Georg. Gtiil. Nitxackiuwu 
Inest : Meletematum de historia Homeri Fase, IL P. //. Sententiae vete^ 
tum de Homeri patria et aetate accuratiue digentntur. Kiel, gedr, bei 
Mohr, «M S. gr. 8. Es ist dies die Fortsetzung der gründlichen and 
umsichtigen Forschungen über Homer, welche der Verf. seit einigen 
Jahren bekannt zu machen angefangen hat. Das gegenwärtige Heft 
•ncht den Satz durchzuführen , discrepantiam veterum de Homeri pa- 
tria et aetate opinioni Wolfianorum , qnae de secta s. schola est Homo- 
rica , non suffragari. lieber die ganze Untersuchung wird in nnsem 
Jahrbüchern bald weiter berichtet werden. 

KöniGsBBRO in der Neumark. Das Gymnasium war im Sommer 
1833 von 152, im folgenden Winter von 151 Schulern besucht, welche 
von dem Director und Prof. Aug, Arnold , dem Prorector a. Prediger 
Gviatdy den Oberlehrern Dr. Pfefferkorn ^ Dr. Heiligendörfer und Dr. 
Haupt f dem Subconrector Fr, JV, Schulz [s. NJbb. VHi, 248.], dem 
Cantor Bieek und drei Schulamtscandidaten unterrichtet wurden. Zar 
VniTersitat wurden 3 Schaler entlassen. Das diesjährige Osterprogramm 
(Königsb. 1834. 36 (26) S. 4.] enthalt eine Abhandlung De reUgiottB 
Cabiriaca Tom Oberlehrer Dr. Haupt. 

KSsFBLD. Das Gymnasium hatte im Schuljahr 18^f su Anffanga 
136, am Ende 112 Schuler und entliess 14 mit dem zweiten Zeagnlft 
der Reife znr Universität Von seinen Lehrern verlor es am 10. Mftm 
1833 den Oberlehrer Reers durch den Tod. Sein Nachfolger ist der 
artte Lehrer vom Progymnasinm in Vrbdbn, Huppe, geworden, lai 
gegenwärtigen Sommer ist überdies der Lehrer Hagedom vom Progyn* 
nasium in Ribtbbbg als Unterlehrer hier angestellt worden, in dem 
vorjährigen Programm {Fünfter Jahresbericht über das Gymnasitim) hat 
der Oberlehrer Budde lieber die Vereinigung der Geschichte der dnt^ 
§ehen Sprache mit der deutschen Literaturgeschichte der altem ZeU sm 
Gymnasien geschrieben. [ Kosfeld 1833. 86(24) S. 4.] 

LiiSA. Das hiesige Gymnasium, welches in sich selbst die Be« 
•timmnng trägt, wie die Gymnasien in Posen and Broraberg, für die. 
dorch-und nebeneinander wohnende deutsche nnd slawische Bevöilc^ 
rang der Provinz Posen einen Herd höherer geistiger Bildung su ge- 
währen, strebt auch seiner Seits dem Musterbildo eines preussischett 
Gymnasiums zu, obgleich vor der Hand noch manche Schwierigkeiten, 
die zumeist in dem beengten Schnllocale liegen, zu besiegen sind. 
Beachtet and gefordert von einsichtigen Behörden, ermuntert dareh 
die liebevolle, persönliche Theilnahme ihres Curators, des Farsteo vem 
Sulkowskif beeifern sich die Lehrer dieser Anstalt, fast ohne Ausnahm« 
Männer in den rostigsten Lebensjahren^ ein auf Kenntnis« der classi* 
neben Welt basirtes Wissen ihrer Schnler mit jener Geistes- and G«- 
mathsbildung zu vereinigen , die sieh überall ergiebt , wo die Lehrg»- 
gwrtinde dar praMtiteheBGTmuilnitardi gatcldcicIalUtiHida ia eiaa 



Baflrfleriiflgen aiid E hr eil bete i^mi^M. Sir 

JiRrmonfsche Zasammenwirkang gesetzt werden. Oewiss wnrde et 
fär manchen mitteldeutschen Schulmann Ton Interesse sein, zu sehea, 
vie an dem genannten Gymnasium eine Jugend von nahe an 300 Sch&« 
lern, zur Hälfte polnischer, zur Hälfte deutscher Abkunft, tob der 
untersten Classe auf dahin bearbeitet werden, dass in Quarta schon der 
Unterricht polnisch oder deutscii , wie es dem Lehrer am bequemsten 
ist, ertheilt wird , bis in den beiden obersten Classen dann vorzugs- 
weise die lateinische Sprache als Interpretationssprache dient. Har- 
monisch, wie das sprachliche Zusammenleben, gestaltet sich auch das 
religiöse, und unerhört ist der Fall, wo die kathol. und evangelischen 
Lehrer oder Schäler der Anstalt über Confession in Misshelligkeit ge- 
rathen wären. In solchem Geiste wirkend hat das Institut auf die Pro- 
vinz Posen , wo eine flache französische Erziehung viel verschuldet hat, 
früher schon bedeutenden Einflnss gehabt, und wird ihn noch in höhe- 
rem Grade haben , da unter den gebildetem Ständen sich das Verlan- 
gen nach einer gründlichem, sittlichen und wissenschaftlichen Schul- 
bildung jetzt immer deutlicher ausspricht. Uebrigens werde für Un- 
Icundige noch bemerkt, dass Lissa, 5 Meilen von Glogau, 12 Meilen 
▼on Breslau, eine rein deutsche Stadt ist, die sich auch von der Seite 
cur Aufnahme auswärtiger Schuler empfiehlt, dass die Pension einee 
dort studirenden Schülers sehr wohlfeil ist, indem die höchste Summe, 
welche für Kost, Wohnung und Wäsche gezahlt wird, selten für daa 
Jahr 100 Thlr. übersteigt, oft aber auch nur 70 Thlr. beträgt. Junge 
Leute, die deutsch, polnisch oder französisch bis zum Sprechen erler- 
nen wollen, finden ausser dem Unterrichte im Umgange mit ihren Schul- 
eameraden (viele junge Polen sprechen auch das Französische schon 
Ton Hause aus fertig) die beste Gelegenheit der Uebung; seit kurzem 
ist für die Primaner und Secundaner auch Unterricht im Englischen an- 
geordnet. Sämmtlichen Lehrern hat das Kon. Ministerium Gratifica- 
tionen, keine unter 20 Thalern, verwilligt; zweien derselben auch 
40 Thlr. Unterstützung zu einer Badereise verliehen. Zu gleicher Zeit 
vermehrte dasselbe hohe Ministerium die. diesjährigen Einkünfte der 
Schnibibliothek bis auf 200 Thlr. [ Sl. ] 

LvBzcK. An der St. Katharinenschnle erschien zn den diesjähri- 
gen Osterprnfungen als Programm: De M. Manilio ^eUi particula alterOf 
fua de versibut a Bentlejo poeiae äbjudicatis tracUUur» Liber secunduM. 
und die 2Sste Fartüetzung von kurzen Nachrichten über die Schule 9 in bei- 
den Abtheilungen von dem Director und Professor Fr» Jacob verfasst. 
[Lübeck, gedr. b. Schmidt. 1834. 40 (26) S. 4.] Die lateinische Ab- 
handlung ist eine gelehrte n. gründliche Erörterung der Verse im zwei- 
ten Boche des Manilius, welche Bentley für nnächt erklärt hat» Nur 
in Vs. 944 f. stimmt der Verf. der Bentley'schen Ansicht bei; in allen 
übrigen Fällen hat er dieselbe widerlegt, vgl. NJbb. IX, 232. Da da« 
Katharineum zugleich Gelehrten - n. höhere Bürgerschule ist, so hat man 
im Laufe des vorigen Schuljahres eine grössere Absondemng beider 
Schulen dadurch zu erreichen gesucht, dats die dritte, vierte u. fünfte 
Clasae in je a^el geaendcrte Abtheilnngto geMbiedai «bii« ^^f*^ «ÜM 



812 Sebal- and UnivertitattnacbricbCea, 

dem Gymnasiam , die andere der Burgerschule ingehort Die ente 
und zweite Classe verfolgen rein den GymnasiaUweck; die sechste ge- 
hört mehr der Bürgerschule zu. vgl. NJbb. V, 467. In Folge dieser 
neuen Einrichtung ist auch das bisher bestehende Parallelsystem der 
Schülereintheilnng aufgehoben und das Classensystem eingeführt wor« 
den. Jeder Classe und resp. auch den verschiedenen Abtheilungen der- 
selben ist ein besonderer Ordinarius Torge^etzt. Die Unterrichtszweigo 
der Gymnasialclassen sind: Lateinisch, Griechisch [nur bis IV.], Deutsch^ 
Hebräisch [in I. u. IL] , Französisch [bis V.] , Englisch [bis IV« Dodi 
bt den Gymnasiasten frei gelassen , ob sie an diesem Unterrichte Theil 
nehmen wollen. ] , Religion, Geschichte [bis V.] , Mathematik [bis V.], 
Geographie [in III — VI.], Naturgeschichte und Naturlehre [in IV — VI.], 
Rechnen [in V. u. \1.] , Schreiben, Gesang und Zeichnen« Die Lehrer 
heider Schulen sind: der Director Prof. Jacobe die Professoren JEtm- 
hardty Jckermann und Clnssen, die CoUaboratoren MoscAe, Dr. Deeeke^ 
Dr. Tiburtiu8^ Dr. Zerrenner^ Grosse j Roquette^ Poser und von ChoMB-^ 
&etm, der franzos. Sprachlehrer Caleau, der englische Sprachlehrer 
Newtnan - Sherwood j der Schreiblehrer Kroger und der Rechenlehrer 
Grube. Auf die Universität gingen zu Michaelis vor. J. 3 Schüler. Die 
Gesammtzahl derselben betrug in den vier Vierteljahren von Ostern 1838 
bis dahin 1834 in allen 6 Classen 265, 2S6, 265 und 264. » 

Lyck. Das dasige Gymnasium war im Schuljahr 18|f zu Anfang^ 
von 192, am Ende von 205 Schülern besucht, und entliess 6 mit dem. 
zweiten Zeugniss der Reife zur Universität. Das Lehrerpersonal be- 
stand noch aus denselben Personen, welche in den NJbb. VI, 122 aol- 
gezählt sind. Nur ist zu bemerken , dass der zu Ostern 1832 als enter 
Hülfslehrer eingetretene Schulamtseandidat Röhl zu Ostern 1838 naoh- 
KoNiGsBEBG HU die L5benicht*sche Bürgerschule ging, von wo er in' 
Michaelis desselben Jahres nach Dahzio befördert wurde. Sein Nach* 
folger in Lyck war der Candidat der Theologie Dr. Woike aus Elhtng« 
der jedoch zu Michaelis vor. J. in ein Pfarramt übergetreten ist und- 
den Schulamtscandidaten Dr. Zeysa [vgl. NJbb. IX, 440 ] zum Nachfol^ 
ger erhalten hat. Der Lehrplan der Anstalt hat keine Veränderung 
erlitten , ausser dass seit Michaelis 1832 der Unterricht in der franzos» 
Sprache wieder in zwei wöchentlichen Lehrstunden für die drei ober- 
sten Classen in denselben aufgenommen ist. Nach der Verfügung dea 
ProvinzialschulcoUegiums sollten diese zwei Stunden dem deutschen Un- 
terrichte entzogen werden ; altein weil die Anstalt dies bedenklich fin- 
den musste, so verwendete sie dazu anfangs Eine deutsche und Eine 
lateinische Lehrstunde, hob aber später auch diese Einrichtung wieder 
auf und legte den französischen Unterricht auf zwei Stunden ausserhalb 
der gewöhnlichen Schulzeit. Dadurch ist freilich die wöchentliche Stnn-' 
denzahl in Prima und Secunda auf 35 gestiegen. Die gymnastbehen- 
Uebungen sind immer noch nicht eingeführt, weil der Anstalt bis Jetzt 
die Mittel zur Ausführung fehlten. Die Einladungsschrift zu der öflPent-. 
liehen Prüfung im Oetbr. vor. J. enthält eine sehr beachtenswerthe Ab- 
iMndlnng I7e6er den g 9 9€ hi d U l kheu und g€ögrüpki$ehim üwUniM In dan. 



Befordemiigeii nnd Ebrenbezeigmuge«, 21S 

GymnoBten von dem Oberlehrer F. Fahian, [Rattenbarg, gedr. b« Ha- 
berland. 1833. 48 (22) S. 4. ] Sie beitreitet besondert die Ton der 
vestphälischen Directorenconferenz für diesen Unterricht entworfen« 
Initruction [abgedruclct in d. NJahrbb. Supplementbd. I S. 110 — 129.] 
und weist mit guten Granden deren Unzweckmässigl<eit in den unter- 
sten Ciassen nach. Eben so wenig lässt sie aber auch die Einrichtung 
gelten, den historischen Unterricht erst in Quarta zu beginnen und nach 
Quarta und Tertia die Universalgesrhichte der alten Welt zu verlegen, 
auf welche dann anhangsweise in Tertia noch die vaterländische Cr«* 
schichte folgen soll. Das schon von Quarta an preussische und deut- 
sche Geschichte gelehrt werden könne und müsse, ist dann weiter er- 
wiesen« Hr. F. selbst schlägt nun folgenden Gang des geschichtlichen 
Unterrichts ror: In Sexta in einem einjährigen Gursus zwei Stunden 
biblische Geschichte in der Weise, wie sie die westphälische InstructioD 
S« 3 vorschreibt; in Quinta in einjährigem Cnrsns zwei Stunden die 
Heroenzeit der Griechen bis 479 und der Römer bis 201 , so dass man 
das biographische Princip festhalte, aber auch die zum Verständniss 
nothwendigen Staatsverhältnisse, die verschiedenen Charaktere der Völ- 
ker, Zeitalter und Personen zur Anschauung bringe, die letztere durch 
l^orzeigung von allerlei Abbildungen belebe, und vorzüglich das her- 
vorhebe, was zur Befestigung des sittlichen und religiösen Gefühls die- 
nen kann. Noch werden fleissige Wiederholungen empfohlen und be- 
sonders soll sich der Lehrer viel nacherzählen lassen, um so die Ge- 
schichtsstanden auch für das Deutsche förderlich zu machen. In Quarta 
das eine Halbjahr in drei Stunden die griechische Geschichte bis znm 
Tode Alexanders und die römische bis Augustus, so dass das in Quinta 
Vorgetragene erst kurz wiederholt und dann das Uebrige angeschlossen 
werde. Im zweiten Halbjahr drei Stunden preussische Geschichte und 
zwar erst einleitung8wei:$e die deutsche Geschichte bis zum Kaiser Fried- 
rich IL, dann die preussische, welche von der deutschen nur aufnimmt, 
was unumgänglich nöthig ist, z. B. Luther, Gustav Adolph. In Tertia 
zweijährigen Cursus drei Stunden. Im ersten Jahre vollständige Uni- 
versalgeschichte der alten Welt, doch so, dass die griech. Geschichte 
nach Alaxander und die römische nach Angustns nur im Abriss gege- 
ben werde. Im zweiten Jahre deutsche Geschichte, mit besonderer 
Beachtung der prenssischen. Auch hier müsse das brographische Ele- 
ment immer noch festgehalten nnd nichts für schädlicher erachtet wer- 
den, als seelenlose Massen aufzuthürmen. Es wird dafür ein Lehrbuch 
verlangt, das etwa den vierten Theil von dem Umfange des Ellendt'- 
schen hättOi und reich an Namen und sichern Thatsachen , etwas weni- 
ger reich an Zahlen wäre. In Secunda, in zwe^ährigem Cursus vier 
Stunden, das erste Jahr die alte Geschichte, das zweite die des Mit- 
telalters nach Eilendes Lehrbuch von S. 1 — 388. In Prima zwei- 
jährigen Cursus vier Stunden. Im ersten Halbjahr die alte Geschichte, 
im zweiten das Mittelalter , im dritten u. vierten die neuere Geschichte 
nach Eüendt von S. 389 bis Ende. In Secunda soll vorzüglich d|e 
politische Geschichte der Staaten int Ange gefasst, in Prima die Ver- 



rll] 



211 Scbul- ond UnitetftUaUnaGhrUhtea; 

lusnngs- und Cultorgeflchichte, die Kritik der Haopticbriftsteller vnA 
4ie Charakteristik der Classiker binzugefä^ werden. Ueberall soU sieh 
der Lehrer vor unnöthigen Abschweifungen hüten nnd namentlich je« 
' des Halbjahr das bestimmte Pensam zu Ende bringen. Für die Geo- 
graphie fordert der Verf. für die vier untersten Ciassen je zwei Stnndeo, 
and zwar so , dass in Sexta und Quinta physische , in Quarta n. Tertia 
statistische Geographie vorgetragen werde. Der Hauptbestandtbeil die« 
aer Vorträge sei in den 26 Tabellen der Roonischen Grundzuge der 
Erd-, Volker- und Staatenkunde enthalten und brauche nur sachge« 
mäss erweitert zu werden. Roon's Liehrbuch selbst sei viel zu weit- 
schicbtig. In der Secunda u. Prima soll in Einer wöchentlichen Stmide 
hutorische Geographie, besonders nach Volger*8 vergleichender Dar- 
stellung der alten, mittleren und neuen Geographie gelehrt werden} 
doch könne man in Prima dazu die vierte GesrhichtsKtunde benntscik 
Die Einzelheiten der Ausführung , welche der Verf. hierbei noch an« 
giebty lassen sich hier nicht gut ausziehen, weil sie an eine Cbarmkt»- 
ristik der Lehrbücher von Roon und Volger geknüpft sind. Doch ent« 
balten sie so viel nützliche Fingerzeige, dass sie von jedem Lehrer der 
Geschichte und Geographie nachgelesen zu werden verdieneo. 

MAG9BB111G. Am Domgjmnasium ist der Hülfslehrer Wu9% fan 
ordentl. Lehrer ernannt und am Pädagogium Unserer lieben Fraacn der 
Schularotscand. K. Friedr, Grunow als 5ter Lehrer neu angestellt wordea* 

Meisse!«. Zur Feier des jährlichen Stiftungsfestes der Landet- 
schule am 3. Juli d, J. erschien das Programm : Memoriam anmivena* 
riam dedieatae ante kos CCLXXXXl annos $cholae regiae AfrwMLt . • • 
fit celebrandam indicit Detlaua CaroU GuiL Baumgarten-CrunuSj illastr. 
Afr« Rector et Prof. I. Symbolae ad Lexica Graeca es Aretaeo Cappa^ 
doce, scriptore medico. [Meissen, gedr. b. Klinkidit. 59 (42) S. gr. 4.] 
Hr. BG. hat den Aretäus besonders in Rücksicht auf Homer dnrchsta« 
dirt und alle die Stellen genau beachtet, in welchen derselbe einzelna 
Stellen der llias und Odyssee nachgeahmt hat oder sonst zur Erläato- 
rang jener Gedichte dienen kann. Er verbreitet sich also nach eini-» 
gen Bemerkungen über das Leben des Aretäus ausführlich über die Art 
nnd Weise und über den Umfang seiner Nachahmung der homerischen 
Gedichte , und stellt hierauf ein reiches V^erzeichniss der bei Aretäafl 
vorkommenden Wörter und Formeln zusammen, welche die Wörter* 
klärung im Homer unterstützen und erläutern oder überhaupt unsbra 
Kenntniss des ionischen Dialekts bereichern. Die-fleissige und gelehrte 
Schrift ist daher für den Erklärer des Homer eben so wichtig als für 
den Lexicographen. Für den Schulmann aber sind die angehängtea 
reichhaltigen Schulnachrichten von Bedeutung und geben Stoff zu man- 
cherlei Betrachtungen. Im LeKrerpersonale ist die Professur der he- 
bräischen Sprache durch Krehts Weggang [ vgl. NJahrbb. IIL, 232 und 
Wf 116.] erledigt und der Unterricht im Hebräischen wird provborisch 
von dem Prof. M. Schumann besorgt. Die Schule hat sich im vorigen 
Jahre einen neuen Lehrplan entworfen , über welchen S. 44 f. Folgen« 
des bemerkt ist s „ £a war bei denaelbea ror alkaa daianC m iflha% 



Q«f(f4erviigen a^d Elif e|ift«i:«igm«^^. Slft 



üasfi die Vereinigung von zwei Clatsen in einer ünterriditistande, det 
ReiigioDsunterricht ausgenommen, iDÖglichst vermieden werde, nwi 
4la8s das Lesen der für die Schule geeignetsten griechischen und rö.rai- 
»chen Schriftsteller in einer durch Sprache und Inhält gebotenen Reibo 
-aufeinander folge. Zugleich war der Grundsatz festzuhalten , dass di^ 
alten Sprachen in den Geiehrtenschulen den ersten Rang behalten möi* 
tfen und dass neben ihnen gründliche Kenntniss der Muttersprache ub4 
der französischen, und die jedem Gebildeten unentbehrlichen Wissen- 
üchaften, Geschichte und Mathematik, ohne welche selbst das Studian 
der Meisterwerke des Alterthums als ungenügend und mangelhaft etv 
scheint, die nächste Stelle einnehmen. Der philosophische Unterridii 
in der ersten Classe ist , wie es in der Schule nicht anders sein dar( 
jind wie er als Vorbereitung auf die akademischen Vorträge erfordcM>* 
lieh ist, ein propädeutischer geblieben, beschränkt auf abwechselad^ 
*Vorträge über Logik und Psychologie. Einem oft wiederholten Xotr 
wurf , dass die Geographie in den Geiehrtenschulen zu sehr vernaeli- 
läösigt werde, wurde dadurch begegnet, dass in der vierten Glataa» 
deren Zöglinge noch mehrere Kenntnisse in dieser Wissensdiaft aus den 
•vorbereitenden Unterricht mitzubringen pflegen, eine Stunde, der 
dritten zwei Stunden wöchentlich zur Wiederholung und Einübung, 
der zweiten und ersten in diesem Unterricht Vereinigten Classen aber 
^wei Stunden über physikalische Geographie sagewiesen wurden.^ 
Der wöchentliche Stundenplan sieht nun so aus: 



in I. 


in II. 


in III. 


in IV. 


Quintilianus 2 St. 


, Livins 2 St.. 


, Cic. Laelius 2 St.. 


, Corn. Nep. 2 St. 


Tacit.Annal. 2 — 


, Cic. Oratt. 2 — , 


, Caesar 2 — . 


, Hist. select. 2— > 




Virgil. 2 — , 


, Ovid.Metara.2 — . 


, Elegeia Rom.2 — 


Demosthen. 2 — , 


1 Plutarch. 2 — , 


, Xenoph.Cyr.2 — 


y Xen. Anab. 2 — 


Sophocles 2 — . 


(Uom.Ilias 2 — 


y Hom.OdysB.2 — 


f Jacobs griech. 


Emendat. u. 


• 




B lumenlese 2-— 


Disputat. 2 — 


, Emendat. 2 — 


, Emendat. 2 — 


f Emendat. 2 — - 


Hebräisch 2 — 


, Hebräisch 2 — 


, Lat. Syntax 2 — 


, Lat. Syntax 2— 


Psychologie 2 — 


, Röm.Antiqq.2— 


,Griech.Synt.2 — 


, Griech. For- 
menlehre 2 — 


V, Testam. 


N. Testam. 






griech. 1 — 


9 griech. 1 — 


, Proiodie 1 — 


, Lat. Extemp. 1— 


Religionsl. 2 — 


, Relig. 2 - 


, Relig. 2 — 


, ReUg. 2 — 


Moralische 






• 


Vorlesungl — 


, Moral. Vorl. 1 — 


, Moral. Vorl. 1 — 


, Moral. Vorl. 1 — 


Geschichte 2 — 


t Geschichte 2 — 


, Geschichte 2 — 


, Geschichte 2 — 


Pliys.Geogr.2 — 


, phys. Geogr. 2 — 


, Geographie 2 — 


, Geographie 1 — 


Deutsche Sp. 1 — 


9 Deutsche Sp- 1 — 


, Deutsche Sp.l — 


, Deutsche Sp. 1 — 


Französ. 2 — 


, Französ. 2 — 


,Fninzda. 2— 


, Französ. 2— 


Trigonom. 2 — 


) Geometrie 2 — 


9 


Arithmet t -^ 


Physik 2 — 









29 St. 



29 St 



27 St 



«BSf. 



216 ßebnl- und Unlvertlt&tf nachricbten, 

Der Sing- Tans- und Schreibunterricht ist bferbei nlebt mit eini^erecb« 
neti Sollte aber mancher Scholmann an der gering^en Stondenzahl 
Anstosf nehmen und den S. 47 Torgebrachten Ausspruch, dafs Tieto 
Lehrstunden nichts als Hofmeistergelehrsamkeit geben» zwar im Allge- 
meinen wahr, aber hier doch zu weit ausgedehnt finden; sollte er 
namentlich furchten, dass für die griechische und lateinische Sprache 
ku wenig Unterricht angesetzt sei: so wird er doch vielleicht diesea 
Mangel durch zwei eigenthumliche Vorzöge der sächsischen Landes- 
■obulen ersetzt finden, welche in dem Programm weiter nachgewiesen 
sind. Einmal nämlich müssen an allen sieben Wochentagen die obern 
Sdioler mit den untern täglich eine Unterrichststunde halten und die- 
üelben Sonntags , Montags und Mittewochs im Lateinischen , Dienstage 
in der Mathematik , Donnerstags in der Prosodie , Freitags und Sonn- 
abends im Griechischen unterrichten ; und es gewährt diese Einriehtung 
^en grossen Vortheil, dass der erwachsenere Schüler söhon von der 
Socnnda an genöthigt ist , die erworbenen Kenntnisse selbstsländig zu 
entwickeln und in den Elementen immer heimisdi zu bleiben. Zwei- 
tens über sind alle Zöglinge der Anstalt in einem Alnmneum vereinigt 
nad während der gannen Tageszeit unter die fortwährende Aufsicht der 
Lehrer gestellt. Dies führt einen strenggeregelten Privatfleiss herbei, 
der den Schüler auch die kleinem Zeiträume sorgfältig ta benutzen 
liothlgt, und ihn frühzeitig an selbstständige Thätigkeit gewähnt. £• 
herrscht hierbei der Gebrauch, dass die Stndirstunden, soweit sie 
nicht zur Präparation und Repetition nothig sind, vorzugsweise auf dae 
Lesen der alten Schriftsteller verwendet werden.- Eine besondere Mi- 
nisteriafverordnung vom 5. April d, J. hat zu diesem Zwecke eine frü- 
here Sitte der Furstenschulen wieder eingeführt, dass jedesmal nach 
vierzehn Tagen ein allgemeiner Studirtag und zwar in der Art ange- 
setzt wird , . dass man in der Reihe der Wochentage fortschreitet und 
ihn nur dann , wenn in einer Woche durch andere Veranlassung meh- 
rere Lec^onen ausfallen, auf einen andern Tag verlegt. Diese Studir- 
tage sind dem zusammenhängenden Lesen griechischer und römischer 
Schriftsteller mit schriftlichen Auszügen vorzüglich bestimmt; nur am 
Ende des Halbjahrs dürfen sie zu freien Arbeiten sprachlichen oder wis- 
senschaftlichen Inhalts , niemals aber zu Fertigung der wöchentlichen 
oder monatlichen Aufgaben, benutzt werden. Die Classenlehrer führen 
über die Wahl der Schriftsteller, welche jeder lesen will, über die Be- 
nutzung der Zeit und die schriftlichen Ergebnisse der Privatlectüre vor^ 
während und nach den Studirtagen strenge Aufsicht, so dass in den 
obern Classen die Wahl durch das Urtheil der Lehrer bedingt, in der 
dritten das Lesen von dem Lehrer angeordnet, in der vierten, deren 
Zöglinge grossen Theils ohne Hülfe sich noch nicht zu finden wissen, 
die Abschnitte der Schriftsteller , welche übersetzt werden sollen, oder 
andere schriftliche grammatische Uebungen vorgeschrieben werden *)• 



*) Da man jetzt mit Recht auf allen bessern Gymnasien dahin gekom- 
ncB ist, dem Privatfidise der Schüler eine grössere Aufmerkeamkeit la 



BefftrderiingeB und Cbreiifcei^igitv^a. UV 

Er geht ant alle dem henror , dass für den classUchen Unterricht iWir 
nicht reichlich , aber doch auch nicht geradexu unznreichend gesorgt 
iflt, und nur darüber hat Ref. sein Bedenken, wie die Lehrer der An- 
stalt es möglich machen, beim Unterricht in der deutschen Sprache 
mit einer wöchentlichen Lehrstunde auszukommen. Sie scheint ihm 
nicht einmal für die Declamirübungen und Correctur der schriftlichem 
Arbeiten auszureichen, und er weiss nun nicht, auf welche Weise des 
Schülern die nöthige Kenntniss in der Stilistik, Rhetorik u. s. w. heim- 
gebracht und so ein Wissenschaftszweig beachtet wird , der für die 
Gymnasien viel dringender ist, als der Unterricht in der Logik und 
Psychologie, Uebrigens ist S. 53 die Nachricht mitgetheilt, dass das 
Sehulcoilegium iror kurzem einen neuen Organisationsplan der Anstalt 
entworfen und dem Cultusministerium zur Genehmigung vorgelegt hat, 
und dass demnach die gegenwärtige Einrichtung nur als eine proTiso-« 
rische anzusehen ist. Die übrigen mitgetheilten Kachrichten betreffen 
Localverhältnisse und Einrichtungen, welche der öffentlichen Beach- 
tung in unserer Zeitschrift minder werth sind. 

Nbapbl. Die Leitung des ganzen Unterrichtswesens im neapoli- 
tanischen 'Staate diesseits des Faro ist der Giunta delV isiruzione pubbliem 
anvertraut. Sie hat die Oberaufsicht über alle öffentlichen Unterrichts- 
Anstalten, giebt die Erlaubniss zur Errichtung ron Privat- Instituten, 
wacht über die Lehrer, ihre Vorträge, und über die Lehrbücher, und 
besorgt die Censnr aller in Neapel gedruckten und dahin eingeführtes 
Bücher. Die Mitglieder des Studienrathes sind beinahe lauter Geist- 
liche, denen meist eine allgemeine Bildung fehlt, und welche gewöhn- 
lich nur in der Kenntniss der-heil. Schrift (der Vulgata), in den Kir- 
chenvätern und in der Dialektik , Scholastik und Polemik bewandert 
sind. Hat aber auch der eine und andere bisweilen eine höhere Bil- 
dung erreicht, so bleibt dies auf den Unterricht schon darum ohne 
Einfluss, weil absichtlich für den öffentlichen Unterricht wenig gethuB 



Bchenken und denselben auf alle Weise zu erwecken und zu fordern ; so darf 
man wohl fragen, ob nicht diese Einrichtungen der Fürstensohuien, deren 
Erfolg durch lange Erfahrung erwiesen ist, auch auf den sogenannten freien 
Gymnasien dadurch eine ent«)prcchende Nachahmung finden könnten, dass 
neben dem Schulhause besondere Wohnhäuser eiuj^t^richtet wurden , in de- 
nen alle Schüler der Anstalt gegen eine billifi^e Miethsentschädigung wohnen 
und von den Lehrern beaufsichtigt werden mü^sten. Die Nachtheile, welche 
nach der gewöhnlichen Annahme aus die«!em Zusammenwohnen der Schüler 
entstehen sollen und über welche man auch in dem vorliegenden Programm 
mehrere entsprechende Bemerkungen findet , sind einerseits nicht so gross, 
dass sie nicht von dem dadurch erreichbaren Nutzen weit übertroffen wür- 
den , und lassen sich überdiess durch zweckmässige Vorkehrungen und eine 
zwar ernste, aber dabei doch liberale Schulzucht ohne übergrosse Mühe 
beseitigen. Wenigstens hat Ref. , der auf einem Alnmneum erzogen ist nod 
später an zwei andern Ainmneen als Lehrer gelebt hat und noch lebt , die 
wiederholte Erfahrung für sich , dass jene Mängel theils gar nicht vorhan- 
den waren, theils mit gutem Erfolg beseitigt wurden. Traten Nachtheile 
für die sittliche Bildung ein , so lagen sie immer entweder in fehlerhaften 
EinrichtnngeD oder in einem onzweckmäMigen Verfahren der Lehrer. 



S18 Sehal-nnd UBirersitättnacliriebtea» 

wird. Die Regicmng ist gegen di« Aufklurnng des Volket , nni die 
Zägel der Herrschaft leichter führen zu können , und die Geistlichkeit 
fürchtet, ea mochte durch Verminderung des religiösen Abergiauhena 
«ach ihre eigene Existens Gefahr laufen. Daher widersetzen sie sicli 
auch jeder Verbreitung eines bessern Unterrichts, und bis jetzt könnt« 
s. B. noch kein Protestant von der Giunta deU* istrnzione pubblica die 
£riaubnis8 zur Errichtung eines Privatinstituts erhalten, wenn er sich 
auch verpflichtet hätte, bloss Kinder protestantischen Glaubensbekeoofe- 
aisses aufzunehmen. Die Stadt Neapel hat 29 öffentliche Elementar- 
schulen für Knaben , welche 1831 von 1636 Schülern besucht waren. 
Die Lehrgegenstände sind Lesen, Schreiben, Rechnen, Katechismus, il 
Cralateo (d. h. ein Katechismus des Mönchs Galateo über einige Hanpt-* 
stucke der Moral , mit Beziehung auf das äussere Betragen in der Gp^ 
Seilschaft) , und. die Anfangsgrunde der italienischen Grammatik. Die 
meisten Schulen haben nur Einen Lehrer; bloss in einigen sind fär 
die Arithmetik und Religion besondere Lehrer angestellt. Zwei diflh 
ser Schulen folgen der Methode des wechselseitigen Unterrichts^ Elo^ 
mentarschulen für Mädchen sind 23, in denen beinahe 2000 Mädchen 
im Lesen, Schreiben, Kopfrechnen und Katechismus und in weifoliehen 
Handarbeiten unterrichtet werden. Jede der Mädchenschule^ hat eine 
Haupt > und meist auch noch eine Nebenlehrerin , und ein Geistlicher 
besorgt den Religionsunterricht. Jede dieser Schulen hat das Jahr über 
20 — 24 Wochen Ferien, und überdiess herrscht im Schulbesuche eiao 
solche Unordnung, dass die Eltern ihre Kinder nur in die Schnle schicken, 
wann sie wollen. Die Stadt verwendet für diese Schulen jährlich. 15000 c 
Ducati (d, i. 30000 Gulden rheinisch), wovon sämmtliche Lehrer und 
Lehrerinnen bezahlt und der Miethzins der Locale und die Erhaltung 
der öffentlichen Schulgebäude bestritten wird. Noch ist ausserdem eiaa 
Art Waisenschule (für Waisen und Findelkinder) vorhanden, and für 
höhere weibliche Bildung wirken einige Klöster und drei neuerriditeto 
Erziehungsliäuser. In den letztern werden die Mädchen bis zum 14ten 
Jahre in der italienischen u. französischen Sprache , in der Geschichte, 
Geographie, Religion, Arithmetik, in weiblichen Arbeiten, Musik, 
Zeichnen , Mahlen und Tanzen unterrichtet. Die öiTentliche Vorbere^ 
tungsanstalt für Knaben, welche sich den Universitätsstudien widmen 
wollen , ist das Real licco del salvatore, in welchem 150 Zöglinge Vwh 
terricht, Erziehung und Wohnung erhalten. 25 zahlen dafür monat- 
lich 3 Ducati, die übrigen 125 monatlich 6 Ducati. Ausserdem beso,- 
chen noch etwa 150 aus der Stadt bloss den Unterricht. Ausser dem 
Vorstande, der zugleich Professor bei der Universität ist, sind 14 Pra- 
fessoren dabei angestellt, welche in der italienischen, lateinischen nnd 
griechischen Sprache, Religion, Geschichte, Geographie, Mathema- 
tik und Physik, Rhetorik und den Anfangsgründen der Philosophie 
unterrichten. Neben diesem öffentlichen Institute bestehen noch meh* 
rere Gollegion in den Klöstern, in welchen Klostergeistliche nach einem 
von der Giunta delf istruzione pubblica gebilligten Lehrplane nnter- 
richten. Das besnchteste CoUegium ut das der Jesuiten Qd. coUegin da* 



Belfirdernngen und Ebrenbeseigmaf «m 119 

Gesniti k S. Sebastlaon), von etwa SOO Zöglingen besach^ welche adeH 
hier am besten unterrichtet werden. Unter der Aufsicht des Kriegsmi* 
nisteriums stehen die scaola militare (eine gewöhnliche Soidatenschule), 
ii real coUegio militare (zur Bildung der Officiere) , beide nach fran« 
sösischen Grundsätzen, und die reale accademia di roarina, die erstf^ 
für 150, die beiden letztern für je 100 Zöglinge. Die Hauptschwierig« 
keit in dem Elementarunterrichte ist der Mangel an guten Lehrbachern» 
Schon das ABC -Buch ist verkehrt eingerichtet und von ganz unpassen- 
demlnhalte. Noch schlimmer stehtsmit den verschiedenen Katechismen« 
Lesebücher für die Jagend fehlen gänzlich. Auch in den höhern Lehis 
Anstalten wird der Mangel an zweckmässigen Lehrbuchern sehr fühl« 
bar. Die Grammatiken der lateinischen Sprache z. B. gleichen denen^ 
die vor 100 Jahren in Deutschland existirten; sie geben eine lese Zu-» 
earomenstellung der Regeln der Etymologie und die ersten Element« 
der Syntax, ganz mechanisch und ohne eine Spar von tieferem Eia- 
dringen in das Wesen der Sprache. Ueberhnupt wird die lateinisch« 
Sprache nicht als formelles Bildungsmittel gebraucht, sondern band« 
werksmässig des Materials wegen eingeübt. Sobald der Knabe dl« 
nöthigsten Regeln der Etymologie kennt, beginnt man die Lecture. ei-r 
nes leichten Schriftstellers, und sobald er einigen Wdrtervorrath be- 
sitzt, lernt er lateinisch sprechen* Daher bringen es die Schüler auch 
im Lateinischen meist zu einer grossen Geläufigkeit, zumal da ihre eH> 
gene Muttersprache die Erlernung desselben ausserordentlich erleich- 
tert: nur ist ihr Wissen meist ein todtes Capital und ein leeres Formel-* 
Wesen. Das Uebersetzen aus dem Italienischen ins Lateinische wird 
gar nicht geübt , sondern immer nur gelesen und gesprochen. Im Le- 
ben wird man nicht leicht einen Geistlichen finden, der nicht latei- 
nisch zu sprechen vermöchte, und zwar nicht bloss über Gegenstände 
seiner Wissenschaft , sondern über Alles und Jedes. Die Ausgaben der 
lateinischen Classiker sind beinahe alle in Neapel gedruckt, und gebe« 
gewöhnlich einen blossen Abdruck des Textes, höchstens noch ein- 
fache historische und geographische Anmerkungen. Selten findet mas 
die Kenntniss der griechischen Sprache. Unter den Geistlichen wird 
die Nothwendigkeit derselben nicht gefühlt, weil die Vulgata für sie 
der Grundtext ist. In den Schulen ist sie wenig beachtet, und selbst 
die Jesuiten geben nur sparsamen Unterricht darin. Einzelne Gelehrte 
lernen sie noch in spätem Jahren des Studiums der Archäologie wegen» 
Sonst wird sie höchstens von den der Arzneikunde Beflissenen ein we- 
nig erlernt. Daher sucht man auch bei den Buchhändlern vergebens 
nach Ausgaben griechischer Autoren, die in Neapel gedruckt wärenE. 
Das einzige formelle Bildungsmittel in den Gelehrtenschulen ist die 
Mathematik. Sie wird mit grossem Fleiss und vielem Geschick (be* 
ionders von den Jesuiten) behandelt und es fehlt nicht an zwfKiknlässi^ 
gen Lehrbüchern in synthetischer und analytischer Form. Von den 14 
Professoren des real liceo unterrichten 3 in der lateinischen Sprache, 
aber 6 in den verschiedenen Theilen der Mathematik. Uebrigens ha^ 
ben die Keapolituner viel natürliche Anlagen für die nathemotitcheo 



SSQ Sebal - und UniTertitätsnacbrlcbtea, 

Wissenschaften. Der gemeinste Mann , der lielnen Bachstaben letoi 
und schreiben kann, kennt die Zahlen alle, spricht fünf-, sechsxiffrig« 
Zahlen schnell aus und rechnet im Kopfe, wie wenn er es Jahre lang 
in der Schule gelernt hätte. Der Unterricht in der Geschichte ist eebv 
dürftig, weil es die Giunta deir istruzione pubblica so haben will| 
der in der Geographie erbärmlich , and selbst ganz gelehrte Neapolifta- 
Der haben Ton der Lage, den Produkten und Sitten der Länder, Volker 
und Städte keinen Begriff. Höchstens kennen sie die Namen, aber 
auch so confus, dass selbst in dem Staatsalmanach von 1830 s. B. toa 
einem Sassonia Oldenhourg die Rede ist. Aehnliches kommt abeiall 
▼or. Aber freilich ist dieser Unterricht auch ganz Ternachlässigt. In 
real liceo unterrichtet ein einziger Professor neben der italienischett 
Sprache and der historia sacra wöchentlich zwei Stunden in der Ge«H 
graphie; die Jesuiten betreiben diesen Unterrichtszweig fast nodb nach- 
lässiger , und auf der mit Professoren reichlich besetzten Dniversitit 
findet sieh kein Lehrstuhl für denselben. Wie wenig übrigens aocb die 
Torhandenen Unterrichtsanstalten in Neapel benutzt werden, ergiebt 
•ich aus fcilgender Angabe GalantCs (in NapoU e eontomi, 1829« p. 187^): 
9, In Neapel und seinen Umgebungen leben 100,000 Kinder, welcha 
zwischen dem 5 — 18. Jahre stehen: von ihnen erhalten nicht meiir 
als 4000 Unterricht. In den Provinzen steht es noch schlimmer«^ 
Die Universität in Neapel (regia universitä degli studii, oder auch 
regium archigyranasium neapolitanum genannt, und schon 1224 unter 
dem Hohenstaufischen Kaiser Friedrich II. gegründet,) ist die einzige 
im ganzen Königreich diesseits des Faro (bei einer Bevölkerung vea 
5,700,000 Menschen). Der Vorstand der Giunta dell* istruz. pahblica| 
gegenwärtig Nonsignor Francesco Colangello , ist zugleich Präsident der 
Universität. Er führt nächst dem lebenslänglich vom Könige aus der 
Zahl der Professoren ernannten Bector den Vorsitz im Gollegiom der 
Decane , in welchem jede Facultät einen Decan und einen Cancelliere 
zn ihren Vertretern hat. Auch die Decune und Cancellire sind leheD»r 
länglich gewählt. Facultäten sind 5, nämlich 1) die theologische mit 
sechs, 2) die der physischen und mathematischen Wissenschaften mit 
vierzehn, 8) die der Rechtswissenschaften mit acht, 4) die der Phile- 
•ophie und Literatur mit acht, und 5) die der Medicin mit sechszeiia 
Lehrstühlen. In der physisch - mathematischen und in der medlcial- 
•eben Facultät sind übrigens neben den 14 und 16 Professoren noch S 
und 6 Aggiunti angestellt, welche aber nicht selbst Vorlesungen bat* 
ten, sondern im Verhindernng^falle des ordentlichen Professors an leiae 
Stelle treten, oder denselben im Falle einer zu grossen Anzahl Tea 
Schülern unterstützen. Die Vorlesungen der theologischen FacoU&t 
sind sehr wenig besucht, weil die meisten jungen Geistlichen im era- 
bischöflichen Seminar gebildet werden. Die Vorträge sind natürlich 
streng orthodox und hängen ängstlich au der Lehre der Kirchenvater. 
Die Facultät der physischen und mathematischen Wissenschaften bat 
ausgezeichnete Lehrer, i. B. Michele Tenore für die Botanik, Curie 
BriotM für die Aitronomie, FeUee G iQfmaUaii Q für die bdhere Blathe* 



BelörderiiBgea und Ehreabeieigiia'gCv, Sit 

natik. Die meisten Studenten der Universität widmen sieh den Rediti* 
Wissenschaften. Indess gieht es nicht, wie in manchen Lehrbüchem 
der Geographie erzählt wird, 20,000 Advocaten in Neapel. Im Jahr 
1831 waren daselbst 2721 Personen, welche sich der AdToeatnr und 
Procuratur widmeten , und als CiTilstaatsdiener waren in den verschie- 
denen Gollegien (vom Minister bis znm Abschreiber herab) 10,808 Per- 
sonen angestellt. In der Facultät der Philosophie und Literatur ist e« 
mit der Philosophie selbst schlecht bestellt, weil nur über Logik, Me- 
taphysik und Moral Vorträge gehalten werden. Uebrigens ist der Lehr- 
stuhl der Logik und Metaphysik durch Paschalis Galuppi jetzt sehr guft 
besetzt. Auch ist in dieser Facultät ein Lehrstuhl für die Rudiment» 
linguae hebraicae, die sonst im ganzen Lande nicht weiter gelehrt wer- 
den. Die medicinische Facultät ist sehr gut und in Bezug auf Klinik 
und Chirurgie vorzüglich. Das grosse Hospital degli incurabili^ wo; 
sich oft gegen 2000 Kranke befinden , bietet den jungen Mcdicinem 
eine reiche Schule der Uebung. Neben der mcdicinischen Facultät be-r 
steht übrigens noch eine besondere Lehranstalt für die innere Heilkunde 
und die Chirurgie, das real coUegio medico-cerusico, in dem ehemali- 
gen Kloster St. Gaudioso. Zwanzig Lehrer unterrichten hier 120 Zög- 
linge theils in den Vorwissenschaften, theils in der Medicin und Chi« 
rurgie selbst , und die Zöglinge , welche meist aus den Provinzen sind^ 
haben ausser dem Unterrichte auch Wohnung und Kost in St. Gaudioso» 
und tragen eine besondere Uniform. Ihre praktischen Uebungen haben 
sie ebenfalls in dem Hospital degli incurabili, Uebrigens sind auf der 
Universität, wie auf den Schulen, nach dem Universitätskalender im 
ganzen Jahre nur an 147 Tagen Vorlesungen gehalten worden. Jeder 
Professor hält täglich Eine Vorlesung, welche pünktlich eine halbe. 
Stunde dauert. Alle Vorträge sind übrigens frei, und nichts wird dictirt 
oder abgelesen. Die Besoldung eines Professors beträgt in der Regel 
50 Ducati monatlich; die Vorlesungen werden von den Studirenden, 
deren 1500 — 1800 in Neapel sind, nicht bezahlt, und sie kommen und. 
gehen, wenn sie wollen. Am Schluss der Vorlesung erfolgt regel- 
mässig ein allgemeiner Applaus , theils durch Händeklatschen, theili 
durch Klopfen auf Tische und Bänke. Weil die Professoren von ih-. 
rem Gehalte nur spärlich leben können, so treiben die meisten noch> 
eine andere Beschäftigung neben ihrer Berufsthätigkeit. [Auszug atu 
einem Aufsatz im Ausland 1834 Nr. 46 — 53. ] 

Norwegen. Im Jahre 1827 ist in Norwegen über den Volksunter- 
richt eine Kon. Verordnung ersdiienen, welche das Vplk^schulwesen 
ordnet und mit dem Kirchenwesen in Verbindung setzt. In jeder Diö* 
cese nämlich soll eine besondere Schulcasse bestehen , welche aus den 
Zinsen gewisser Gapitalien , aus jährlichen Abgaben der Gemeindeglie- 
der, aus freiwilligen Gaben, aus Strafgeldern und andern zufälligen 
Einkünften gebildet ist. Bei jeder Kirche muss ein Küster sein, der 
zugleich Schullehrer ist. Bei der Mutterkirche hält derselbe eine ste- 
hende Schule, wird vom Bischof ernannt, und bezieht ausser den Ein- 
koaften vom Kosterhofe und von seinem Kirchspiele noch ans der Schul-. 



S2S 'flelittl - and UniTersittttsnaclirfelite«/' 

casse eine jährliche Besoldong Ton 20 bii 40 Species. Der Kalter el^ 
ner Filiai - (Annex-) Kirche aber wird Toin Probst eingelotst ond ist 
ambulatorischer Schullehrer, 40 lange §ich daselbst noch keine feste 
Schule gründen lä^st. Wo ein Kirchspiel zu sehr aasgedehnt ist ond 
eine so zerstrente BeTÖlkerung hat, dass diese Küster für den Unter* 
rieht nicht ausreichen , da werdeif^darch den Probst und Pfarrer noch 
andere ambulatorische Schullehrer angestellt. Die Diucese wird dann 
in Districte und jeder District wieder in Rotten getheilt. Jeder Distrid 
hat einen wandernden Schullehrer, der von einer Rotte zur andern 
geht und auf jeder Stelle eine bestimmte Zeit lang Schale hält. Alte 
£inwohner der Rotte, welche Grnndeigenthum besitzen, das Abgaben 
zahlt, müssen ihm während seiner Anwesenheit Wohnung, Essen nn^ 
Aufwartung gewahren und aus der Schulcasse bezieht er noch jähriieli 
SO — 40 Species. ' Besitzer von Eisenhämmern und Fabriken mit wenig- 
stens 30 Arbeitern müssen auf ihre Kosten eine feste Schale nnterhaU 
ten. Wo keine dieser Bestimmungen anwendbar ist, mus« die Schnl<^ 
«n)mroission , welche aas den Geistlichen und mehrern Einwohnern der 
Diöcese besteht, bei der Stiftsdirection (dem Bischöfe und Stiftsaait- 
manne) eine andere Einrichtung in Vorschlag bringen und von der Re- 
gierung genehmigen lassen. Alle Kinder sind vom 7ten Jahre an bin 
au ihrer Confirraation schulpflichtig; doch kann der Pastor auf Befin- 
den auch früher dispensiren. Eltern, welche ihre Kinder ohne gnltiga 
Gründe aus der Schule behalten, müssen eine .Strafe Ton -^ bis 5 Spe- 
cies zahlen. Wer seine Kinder im Hause unterrichten lässt, brancM 
eie nicht in die Schule zu schicken, muss aber doch alle Autgaben und' 
Auflagen für das Schulwesen mit tragen. Hält der Pfarrer den b&nf- 
lichen Unterricht nicht für ausreichend, so kann er diese Kinder aar 
öffentlichen Schule anhalten. Jeder Schullehrer hält ein Veneichniai 
über die schulpflichtigen Kinder, ihr Alter und ihre Aufführung. Der 
Unterricht besteht in jeder Schale in Lesen und damit verbundenen Ver- 
atandesübungen , in Religion und biblischer Geschichte nach angeneaiH 
menen Handbüchern, in Gesang nach dem Gesangbuche und in Beck 
Ben und Schreiben. Wo es die Umstände gestatten , sollen noch aber- 
dies gemeinnützige Kenntnisse gelehrt werden. In jeder Schule nraii 
eine Bibel, ein Gesangbuch, eine Postille, ein Rechenbuch, ein Exem-' 
plar des norwegischen Grundgesetzes und ein Exemplar der Verordnaag 
über den Volksunterricht vorhanden sein. Jedes Jahr wird in Gegen-* 
wart der Schulcoramission ein öffentliches Examen gehalten, deieea 
Zeit der Prediger bestimmt. Dieser hat überhaupt die genanite Auf- 
sicht üli«r den Volksunterricht zu führen und die Amtsthätigkeit der 
Schullehrer zu beachten. Auch führt er die Correspondenz und jfthi^ 
liehe Schulrechnung und muss, wenn die Schule mehr Einkünfte bal» 
als sie gerade braucht, dieselben zinsentragend auszuleihen suchen. 
Für die Bildung der Lehrer an den festen Schulen bestehen einige Se« 
Biinarien, deren Zahl noch vermehrt werden soll, lobald die allge- 
meinen Schulfonds es gestatten. Die ambnlatorischen Lehrer erhalte« 
ihre Vorbildaag MeM bei den Käatom der tfaUterkireha «atar dar (Mbaa 



BftflrdieT«iige« usd Ehresbeaelgtittjftlk 

aufriebt dei Pastors. In allen Lnnddistricten Norwegens bestehen jettt 
183 feste und 1610 ambulatorische Schulen; in den erstem werdea 
13,693, in den letstern 132,(i32 Kinder unterrichtet. Ausserdem sind 
noch in den Städten 55 feste Vulksschulen mit 6 — 7(N)0 Kindern, au4 
in den meisten Städten bestehen noch sogenannte Real- oder Bürger- 
schulen , die auf Kosten der Communen unterhalten werden. Es sind 
deren jetzt im Ganzen 21 , in denen gegen 1100 Knaben unterrichtet 
werden. Diese Schulen sind theils Vorbereitungsanstalten für den Ein- 
tritt in die Gelehrtenschulen, theils Bildungsanstalten für Kinder, wel« 
che sich dem Handel oder höheren bürgerlichen Geschäften widmen wol- 
len. Die Kinder werden etwas in den todten, mehr aber in den lebenden 
ft^prachen und ausserdem in Geschichte , Geographie, Mathematik und 
dergl. unterrichtet. Einige dieser Schulen haben in einer besondera 
Classe die Methode des Wechselunterrichts eingeführt, welche in Nor- 
' wegen sonst selten ist. Das jährliche Schulgeld für ein Kind in der ^ 
Bürgerschule beträgt 36 — 72 Species; gehen mehrere Brüder in die- 
'selbe Schule, so wird das Schulgeld verringert: was auch in den 6e» 
lehrtenschulen geschieht. Ein bestimmtes Alter für die Anfnabme der 
Kinder ist nicht festgesetzt. Ueber den Bürgerschulen stehen die Mit- 
telschulen und die lateinischen Schulen, beide Arten als öffentliche An- 
stalten aus Staatsfonds gegründet und vom Staate erhalten. Die Mit- 
telschulen gleichen den schwedischen niederen Gelehrtenschulen und 
den dänischen Rectorschulen , und sind Gymnasien untergeordnetea 
Rang^, welche in denselben Lehrgegenständen, wie die Gymnasien, 
unterrichten, aber weniger Lehrer haben und ihre Schüler nicht ohne 
Tentamen bei einer lateinischen ScHule zur Universität schicken dürfen. 
Nach Kon. Verordnung vom J. 1809 nämlich hat nur der Rector einer 
Gelehrtenschule (latein. Schule) das Recht, Jünglinge zur Universität 
an entlassen, und daher muss sich Jeder, der bi^ dahin Privatunter» 
rieht genossen hat, bei einem Rector zur Prüfung stellen. Indess hat 
neuerdings das Kirchendepartement der Regierung auch Andern diese« 
Entlassungsrecht auf Ansuchen gestattet. Doch sind sie, wie die Re- 
ctoren, einer Strafe unterworfen, wenn sie Jünglinge zur Univerrität 
entlassen, die bei den Studentenexamen durchfallen; ja es kann ihnen 
in dem Falle sogar das Recht wieder genommen werden. Lateinische 
Schulen, d. b. eigentliche Gymnasien , bestehen in den Städten Chri- 
sTiAiiiA, Fhedrikshall , Dbammeh, Skien, Christi ANSAND, Stavangbr, 
Bkrobn und Trondhjbm. Sie sind theils durch milde Gaben fundirt, 
theils durch die Einkünfte von geistlichen Gütern , die bei der Refor- 
mation secularistrt wurden, theils durch die Abgaben der Zöglinge er- 
halten. Jeder Zögling hat nämlich jährlich gegen 39 Species zu zah- 
len. Doch haben mehrere dieser Schulen ansehnliche Donationen , so 
dass man auf ihnen Freischüler und selbst Stipendiaten findet. Jede 
dieser lateinischen Schulen besteht aus 4 Classen in ebensoviel Lehr« 
aimmern; nur in Christiania ist dife unterste in zwei Abtheilungen ge- 
theilt. Der Lehrer ist nicht nothwendig an Eine Classe gebunden, 
aeadam Inuui ia eia oder awel-WisteasitefteB dareh TcncliiedeAe-Clat« 



224 Schal- und Uoiversitätsnachritbftea;* 

■en unterrichteD. So wird s. B. in der Scbule za Christiania der Unter- 
richt im Lateinischen von zwei, im Griechischen u. Norwegischen Ton 
Einem , im Hebräigchen und in der Religion von £inem und in der Ge- 
schichte und Geographie von £inem Lehrer besorgt; ausserdem sind 
noch drei Hulfslehrer vorhanden , welche mehrere Gegenstande in den 
untern Classen lehren, wo der obern Lehrer Zeit nicht ausreicht. Die 
Lehrgegenstände sind ausser den genannten Franzosisch, Deutsch, Eng^ 
lisch, Moral, Kalligraphie und, wenn die Verhältnisse es gestatten, 
Naturwissenschaft, Zeichnen und Gesang. Das Lehrerpersonal besteht 
aus einem Rector, einigen Oberlehrern, Adjuncten u. Stnndenlehrem. 
Die Besoldung ist bei den verschiedenen Schulen verschieden ; jedoch 
kann man annehmen , dass die höchste Jahreseinnahme eines Recton 
ausser freier Wohnung, Holz und Licht in 11 — 1200 Species, die eiF- 
nes Oberlehrers in 600 Species und die eines Adjuncten in 800 Speciee 
besteht. Jeder Lehrer unterrichtet etwa 24 Stunden wöchentlich. Die 
Zöglinge werden im Alter von wenigstens 10 Jahren aufgenommen und 
der Schulcursus dauert 5 — 7 Jahre. Lehrstunden sind täglich 7, Vor- 
mittags 4 und Nachmittags 3. Schulferien treten um Weihnachteni 
Ostern , Pfingsten und Johannis ein , und betragen zusammen im gmi* 
Ben Jahre etwa 5 Wochen. Am Schlüsse jedes Schuljahres wird ein 
grosses öiTentliches Examen gehalten , bei welchem die Schuldirection 
(d. h. die Ephoren , der Stiftsbischof und der Stiftsamtmann,) und die 
Eltern der Kinder zugegen sind. Bei den meisten Schulen findet man 
eine Bibliothek zum Gebrauche der Schüler; die Bibliothek in Chri» 
etiania zählt etwa 10,000 Bände. Die lateinischen Schulen haben nn- 
sammen etwa 50 Lehrer und 500 Schuler. — Die Universität in Chei- 
BTiANiA ist erst im Jahr 1811 vom Könige Friedrich VI. von Dänemark 
gestiftet und im Jahr 1813 eröffnet. Ihre jetzige Fnndation ist vom 
24. Juli 1824. An der Spitze der Universität steht ein Kanzler, den 
der König ernennt (jetzt der Kronprinz); diesem zunächst ein Pro- 
kanzler (jetzt der Graf Wedel- Jarlsberg), welcher in des Kanzlei* 
Abwesenheit dessen Rechte und Pflichten übt. Die. Professoren ned 
Lectoren zerfallen in vier Facultäten und stehen unter jährlich weeb- 
telnden Decanen , wie in Deutschland. Die theologische Facnltät hnt 
zwei Professoren, die juristische einen Professor und drei Lectoren, 
die medicinische vier Professoren und einen Lector , die philosophische 
sehn Professoren und sieben Lectoren. Ferner ist noch ein Universl- 
tätssecretar und ein botanischer Gärtner angestellt. Die Facultäten bo- 
rathen unter sich Alles , was für die Beförderung der Facultätswissen- 
Schäften passend sein kann ; wichtigere Sachen gehören vor das CoUe- 
gium academicnm , welches die ganze Universität reprasentirt nnd leitet 
und die literarischen und ökonomischen Angelegenheiten, sowie daf 
ganze Universitatseigenthum und Geldwesen beaufsichtigt nnd verwaltet« 
£s besteht aus dem Prokanzler, den vier Decanen nnd zwei Professo- 
ren der philosophischen Facultät , welche dazu jährlich von sämmtll- 
chen Facnltätsmitgliedern gewählt werden. Der Proknnzler, oder in 
dessen Abwesenheit der älteste Decnuy iit Wortfahrender nnd nlln B«. 



Befordernngen und Ehrenbezeigungen; 826 

6chlu8feie werden durch Stimmenmehrheit gefa^st. ^ Alle Professoren, 
Lectoren und Beamte der Univer^itHt wjprdcn vom Konige nach einem 
"Von der He^rerung gemachten Vorsclilage ernannt. Die Ernennung ist 
hiosä Folge ihres wisäenschaftlichen Ansehens und fordert kein beson- 
deres Examen oder Proben, ausser dass der Beförderte gewöhnlich frü- 
her das herkömmliche Amtsexamen gemacht hat, welches übrigens nur 
für Theologie, Rechtswissenschaft, Medicin n. Philologie, nicht aber 
für Naturwissenschaft, Mathematik u. s. w. vorhanden ist. Auch Aus- 
länder können ohne besonderes Examen als Professoren angestellt wer« 
den. Die akademischen Lehrer erhalten ihre Besoldung aus der Staats- 
casse. Sie ist gewöhnlich in Getreide festgestellt. Die beiden ältesten 
Professoren erhalten 600 Tonnen, andere demnächst 450, 400 und 350 
Tonnen , die Lectoren 250 Tonnen. Früher gab es auch vom Könige 
angestellte Docenten , welche eine jährliche Besoldung von 600 Speciea 
erhielten. Jeder dieser Lehrer muss in seiner Wissenschaft öffentliche 

■ 

Vorlesungen halten, welche das ganze Jahr hindurch dauern und nur 
bei Universitätsfeierlichkeiten und während der akademischen Ferien» 
die um Weihnachten und im Sommer fallen und zusammen 2^ Monat 
nusmachen, ausgesetzt werden. Jeder Professor liest wöchentlich 5 — 11 
Stunden. Privatvorlcsungen werden nach gegenseitigem Uebereinkom- 
men bezahlt, finden aber selten oder nie statt. Jeder Festtag der Uni- 
Tersität wird durch eine lateinische Rede gefeiert, welche der Reilie 
nach einer der akademischen Lehrer hält, und wozu der Lehrer deti 
latein. Sprache durch ein lateinisches Programm einladet. Wer ala 
akademischer Bürger immatriculirt sein will, muss vorher das Studen- 
tenexamen (Examen artium) bestehen. Dieses wird jährlich einmal, 
gewöhnlich in den ersten Tagen des August, von einer durch das Col-. 
Icgium academicum ernannten Examendeputation gehalten , welche aui 
den Lehrern der Sprachen und allgemeinen Wissenschaften besteht. Daa 
Examen ist schriftlich u. mündlich. An drei Vormittagen nämlich musa 
der F^xaminand zunächst folgende drei Probearbeiten liefern: 1) einen 
Aufsatz in der Muttersprache, welcher besonders dessen Fertigkeit er- 
weisen soll, seine Gedanken mit Ordnung und Deutlichkeit schriftlich 
auszudrücken ; 2) eine Uebersetzung eines lateinischen Pensums aus ei- 
nem Classiker in die Muttersprache; 3) eine Uebersetzung eines Pen- 
fiunis aus der Muttersprache ins Lateinische. Zu allen diesen Arbeiten 
darf weder ein Wörterbuch noch ein anderes Hülfsmittel gebraucht wer- 
den. Jede dieser Arbeiten wird in doppelter Abschrift geliefert, ,die 
eine mit , die andere ohne den Namen des Verfassers. Die namenlose 
circulirt unter den Examinatoren, die mit dem Namen versehene bleibt 
bis nach der Bestimmung der Censur versiegelt bei dem Präses der 
Examendeputation. Das mündliche Examen machen gewöhnlich 10 
Jünglinge auf einmal. Es ist auf 6 Tage vertheilt, doch so, dass nur 
einen Tag um den andern, jedesmal einige Stunden , Examen gehalten 
wird. Ein königl. Decret vom 11. Jan. 1826 bestimmt das Minimum, 
was bei diesem mündlichen Examen im Lateinischen , Griechischen und 
Hebräischen gefordert werden soll, folgendermaassen : 1) LateinUcho 
A. Jahrb. J. PhU. u. Päd, o4. Krit. B0i. Bd. XI Hft, 6. 25 






S26 Schul- ond UniversUätfnacliTicliteii, 

Prosaiker: entweder 8 Bücher des Justiiius , Sallnsts Catilina n. Jngur* 
Um, Ci<;ero*8 vier cutilinarisclic Heden und derben Schriften de Amici- 
titt und de Senectute, oder mich den Cornelius Nepos, Caesar de hello 
Gailico, 3 Bncher de« Livius, Cicero 's Hede pro lege Manilia und pro 
Archia, und 1 oder 2 Bücher de officiis. 2) Lateinische Dichter: 2 Bä- 
cher ans Virgil^s Aeneis , 2 Bücher der Horazischen Oden , and au8f»er- 
deiu entweder Virgils Eclegen oder eine Komödie des Terens, Hora- 
tius Briefe und Ars poetica. 3) Griechische Prosaiker: eia Bach dea 
Herodot und ein Dialog Plato's, ausserdem entweder Herodian und eia 
Buch der Memorabilien Xenophon*s, oder auch ein Buch der Gjropa- 
die und eine Biographie des Plutarch. 4) Griechische Dichter: Z Bü- 
cher von Homers llias oder Odyssee, und ausserdem entweder eine 
Tragödie des Sophokles, oder Heäiod^s Theogonie und Bion's u. Mo<- 
achns' IdyHen. 5) Hebräiisch : entweder die Abschnitte aus dea Bn* 
ehern Mosis, der Richter und der Psalmen iu Gesenius Lahrbnche, 
oder 10 Psalmen und 20 Capitel aus den Büchern Mosis, der Richter^ 
Samuclis oder der Könige. Für die übrigen Wissenschaften gieht ea 
keine bestimmten Pensa. Im Deutschen und FranBosischen wird wenig 
gefordert , in der Religion Moral und biblische Geschichte , in der Ge- 
achichte eine generelle Uebersicht der allgemeinen und genaue Kennt* 
niss der Taterländischen Geschichte und Geographie, in der Geometrie 
die Elemente, in der Arithmetik ein vollständiger Cursus. Ueber je- 
den der schriftlichen und mündlichen Prüfung^gegenstände erhält der 
Kxaininand eins der folgenden sechs Zeugnisse: ausgezeichnet gut, 
sehr gut, gut, ziemlich gut, m ittelmässig, schlecht» 
Ans den einzelnen Zeugnissen wird dann das Ilauptzeugniss : Laudahi- 
lis prae ceteris^ laudahilis^ haud iÜaudabilis, n<m contemnendus ^ ent« 
Bommen. Wer für eine schriftliche Arbeit das Zeugnisa mittel- 
mässig oder schlecht erhält, wird nicht zum mündlichen Examen 
angelatfsen, und wer im mündlichen Examen irgendwo schlecht be- 
funden wird, kann für diesmal nicht immatriculirt werden. Den Tag^ 
nach Beendigung des mündlichen Examens wird von sämmtlidien Exa- 
minatoren das Hauptzeug^iss in der Weise bestimmt , dass ans aämmt- 
liehen Specialzeugnissen , weiche mit den Nummern l bis 6 bezeichnet 
aind , die Mittelzahl herausgenommen wird. Der Geprüfte erhält 2cnf- 
dabilis prac eeteris, wenn die Mittelzohi 1 bis 1^, laudahilis, wenn sie 
zwischen 1^ und 2«^, haud illaudabilia, wenn sie zwischen 2^ und S^ 
nnd non eontemneiidus , wenn sie zwischen 3j^ und 4^ ist. Wo sie über 
4^ beträgt, gilt der Examinand für unreif. Zur Erlangung der eraten 
Censur darf überdiess keine Specialcefisnr nnter sehr gut aein« Im 
Jahre 1832 hotten sich 109 Jünglinge zn diesem Examen gemeldet, 
von denen 79 von Privatlehrern und 30 von den Rectoren der Gelehr- 
tenschuien entlassen waren. 4 davon konnten dem Examen nicht bei- 
wohnen und nur 18 machten , als künftige Theologen oder Philologen, 
das hebräische Examen. Von ihnen erhielten 84 doa Zeugniss laudu" 
biÜSy 47 ^oiid illaudabiUs und 24 non tontemnendus. Die schwächatfl 
Seite derselben War die Aoiarbeitang in der Mattertpradio. Nebea die- 



B«lorderQngen und Ehren1ieieiga«gftii. tSV 

«em Examen artiam giebt es noch ein niedereres Studenten -Examea, 
Präliminar-Examen jjfenannt, in welchem die gelehrten Spra« 
chen nicht vorkommen. Wer dieses Examen besteht, wird nicht ali 
akademischer Bürger, sondern nur als Präliminarist immatricnlirt, und 
Icann Jurisprudenz und Medicin studiren , aber keine höhern Aemter io 
diesen Zweigen erhalten. Für die Immatriciilation werden 5 Speciea 
an die akademische Casse bezahlt. Jeder Immatriculirte muss sich naoh 
Belieben einen Professor zum Privatlehrer wählen , der dann sein spe- 
cielter Ratbgeber nnd Führer wird, ihm in wisscuschuCtliclien und aa- 
dern Angelegenheiten mit Rath und That nn die Hand geht nnd acina 
Aufführung beaufsichtigt. Die Anordnung i^t indess leider eine blosse 
•Formalität geworden und dagegen die Sitte anfgekommen, dass sich 6 
nnd 4 jüngere Studirende zu einer Partei vereinigen und sich einea 
altern Studenten oder Candidaten zum Privatlehrer und Fuhrer für die 
bevorstehenden Examina wählen, der dann Manuductor heisst nnd von 
jedem monUtlich etwa S Species bekommt. Gewöhnlich anderthalb 
Jahr nach der Immatriculation besteht der Student das Examen philo- 
logico - philosopfaicum , welches in den letzten 14 Tagen jedes Termini 
gehalten wird» Es besteht aus drei Abtheilungon : 1) lateinische und 
griechische , und für den Theologen hebräische Philologie ; 2) Mathe- 
matik, Astronomie und Geschichte; 3) ^'aturlehre, Philosophie nnd 
Creschichte. Der Examinand muss bei diesem Examen in der Philolo^ 
gie, Geschichte und Naturgeschichte mit dem, was in den vorherge- 
iienden drei Semestern gelehrt worden ist , ausserdem in der Mathema- 
tik init der Stereometrie, Trigonometrie nnd den Anfangsgründen der 
Algebra, in der Atitrononiie und IVaturlebre mit der sjstematischeu 
Uebersicht und den Hauptpunkten dieser Wissenschaften , in der Philo- 
bophie mit der Logik, Psychologie, Metaphysik und Ethik bekannt 
«ein. Es ist ihm übrigens frei gelassen, das ganze Examen in eineui 
und demselben Semester oder auch in drei verstbiedenen Semestern zu 
machen: nur kann er das Examen der höhern Abtheilung nicht eher 
bestehen, bevor er nicht das der vorhergehenden gemacht hat. Für 
jeden der genannten Zweige erhält der Candidat eins der oben angege- 
benen vier lateinischen Zeugnisse. Hat ein Examinand in einem Zweig« 
der Wissenschaften ein schlechteres Zeugniss erhalten und verlangt 
darin noch einmal examinirt zu werden, so wird das nicht gestattet. 
Dagegen kann er aber auf vorhergegangenes Ansuchen bei dem Colle- 
gium academicum die Erlaubniss erhalten, aufs Neue in der ganzen 
Abtheilung examinirt zu werden, zu welcher der fragliche Wissen*- 
fchnftszweig gehört. Hat ein Candidat das Examen in allen drei Ab- 
theilungen gemacht, so bekommt er ein Hanptzengniss nach der besten 
Hälfte der Specialzeugnisse. Er erhält darüber eine Bescheinigung 
von dem Decane der philosophischen Facultät, in welcher das Hanpt- 
zeugniss neb^t allen Specialxeugnissen aufgeführt ist. im Jahr 1830 
haben 101 Candidaten das Examen philologico - philosophicnm gemacht, 
von denen Y laudahilis prae ceterisy 52 laudabilisj 40 haud illaudabUut 
und 2 wm contenmendm erfaielten. Hat der Stadirande dieiet Examen 

15* 



228 Schul- nnd UniTersitätsnachricbteB, 

gemacht, so beginnt er sein eigentliches Fachstudium und fängt an, 
toich für das theologitiche , lateinisch- juridiäche, lateinisch -medicini- 
sehe oder das Lehrer- Amtsexamen vorzubereiten. Der Cursns dazu 
dauert 4 — 6 Jahr, aber der Studirende ist nicht verpflichtet, dieie 
ganze Zeit auf der Universität zuzubringen. Jedes dieser Amtsezamina 
vrird lateinisch gemacht, theils mundlich, theils schriftlich, und wer 
dasselbe bestanden hat, heisst Candidutus theologiac, juris, medicinae 
oder philosophiae. Zum theologischen Amtsexaraen wird Exegese des 
alten und neuen Testaments, Dogmatik, Kirchengeschichte, Moral 
und natürliche Theologie erfordert. Dasselbe wurde 1831 von 24 Sta- 
denten bestanden, von denen 4 laudahilis, 10 haud ülaudahilis and 10 
non contemnendus erhielten. Zu dem lateinisch -juridischen Amtsexa- 
tuen werden Kenntnisse in der allgemeinen Rechtslehre, dem öffent- 
lichen und Privatrechte des Vaterlandes , der norwegischen Gesetxge- 
schichte, der juridischen Hermeneutik, dem positiven Völker- und 
Staatsrechte, der Statistik, dem römischen Rechtssystem und seiner 
Geschichte und Antiquitäten gefordert. Bei dem juridischen Examen 
in der Muttersprache, welches ebenfalls mündlich und schriftlich zu- 
gleich ist, fordert man dieselben Wissenschaften; nur das römische 
Rechtssystem und die norwegische Gesetzgescbichte fallen weg. 1831 
machten 14Candidaten das lateinisch -juridische und 10 das norwegisch- 
juridische Amtsexamen. Von den erstem erhielten 7 laudabilisy 5 haud 
iUaudabilis^ 2 non contemnendus ; von den letztern 7 tauglich ond 3 
nicht untauglich. Eine kürzere oder längere Zeit nach dem Exa- 
men macht der Candidatus juris die sogenannte praktische Probe, d« li. 
er muss eine von der juristischen Facultät ihm vorgeschriebene Streit- 
sache auf der Stelle nach allen Formen des Proce^ses ausarbeiten, nnd 
erhält darüber ein besonderes Zeugniss. Das medicinische Examen 
machten 1831 6 Candidaten [5 mit dem Zengniss laudabilisj 1 mit non 
contemnendusy] und 4 Präliminaristen. In ihm wird Naturgeschichte, 
Chemie, Anatomie und Physiologie, Pharmakologie, Pathologie, The- 
rapie, Chirurgie, Entbindungskunst und gerichtliche Medicin gefordert. 
Zu dem philologischen Amts- oder Scliullehrerexamen sind grundlicho 
und ausgebreitete Kenntnisse in der griechischen und römischen Philo- 
logie und Kenntniss der hebräischen Sprache, der Geschichte, Philo- 
sophie und Mathematik erforderlich. Es gilt für sehr schwer und wird 
gewöhnlich Examen rigorosum genannt. Der Candidat muss dazu erst 
das philologische Seminarium besucht haben, dessen Mitglieder Alumni 
heissen und im ersten Jahre ein Stipendium von 80, in den folgenden 
von 100 Species erhalten. Diese vier Amtsexamina werden gewöhnlich* 
zweimal jährlich, im Juni und Dcceniber, gehalten. Keiner, der 
nicht das Amtsexamen auf der norwegischen Universität gemacht hat, 
kann zu einem geistlichen Amte , zu einer höhern Lehrstelle oder za 
einem höheren Amte Im Staatsdienste und in den Gerichten befördert 
werden. Noch giebt es übrigens bei der Universität ein sogenanntes 
Bergsexamen , in welchem der Candidat in der reinen nnd angewandt . 
ten Mathematik, Physik nnd Chemie, Geognosie, Metallorgie, Gm- 



Befordlernngen und Ehrenlieieigniigea; 229^ 

benbnn u. 8. w. examinirt wird und Gcschicltlichkeit iin Gebäude -, Ma- 
schinen- und Kartenzeichnen beweisen ninss. Ueberdiesa hat die Unik 
versität die kön. Erlanbniäs, akademische Würden zu ertheilen, näm- 
lich 1) daft Magiäterium artium und die Grade eines Licentiaten der 
Theologie, Rechtswiäsenschaften, Medicin und Philosophie. Daza| 
inuss der Candidat im Examen philologico-philosophicum und im Amte* 
examen das beste Zeugniss erhalten haben und eine lateinische Dispa*' 
tation schreiben und öffentlich vertheidigen , überdiess sich, wenn er 
das Amtsexamen noch nicht bestanden hat, vor dem Collegium acade- 
micum einem gelehrten Collegium , d. h. einer Prüfung im Lateini« 
sehen und Griechischen und in der Geschichte und Philosophie unter* 
werfen. 2) Den Grad eines Doctor/» in denselben Wissenschaften. Der 
Doctorand muss, nachdem er die Magister- oder Licentiaten- Prüfung' 
bestanden, eine lateinische Disputation öffentlich vertlieidigen und drei 
öffentliche Vorlesungen in Gegenwart des Collegium academicnm hal- 
ten. Männer von anerkannten literarischen Verdiensten können den 
Doctorgrad auch ohne Prüfung honoris causa erhalten. Bis jetzt sind 
die akademischen Würden noch sehr selten gesucht worden und nur 
%wei Mediciner haben sie seit der Stiftung der Universität erworben. 
Bis jetzt macht man den norwegischen Stiidirenden den Vorwurf, dass 
sie ihre Studien fast nur auf die zum Amtsexamen nöthigen Kenntnisse 
beschränken. Indess hofft man , dass bei der immer wachsenden Zahl 
derselben, welche die bisher so leichte und schnelle Beförderung er- 
schweren muss, der wissenschaftliche Geist schon aus äuiisern Rücksich- 
ten sich heben werde. Ueber die Aufrechthaltung der Ordnung, Ruhe 
und Sittlichkeit unter den Studenten wacht das Collegium academicum* 
Der Student, welcher einer Uebertretung akademischer Gesetze oder 
Beschlüsse des Collegiums , oder einer Unordnung oder unpassenden 
Aufführung gegen seine Lehrer sich schuldig macht, kann von dem 
Decan , oder von dem Prokanzler vor dem Collegium academicum oder 
in Gegenwart aller Univer&itätslehrer und 12 dazu berufener, als fieissig 
und ordentlich bekannter Studenten eine Zurechtweisung erhalten. Auf 
Vergehen durch Trunkenheit, ärgerliches Leben n. s. w. steht Rele- 
gation. Wird aber dieselbe auf länger als sechs Monate festgesetst 
und ist der Verurtheilte mit dem Urtheile nicht zufrieden, so gehört 
die Sache unmittelbar vor die Entscheidung des höchsten Gerichts« 
Bedürftige akademische Bürger, welche sich durch Fleiss und rühm- 
liches Betragen empfehlen , können vom Collegium academicum Sti* 
pendia erlmlten. Im J. 1831 wurden 1450 Species vertheilt. Auch 
werden Stipendia zu Reisen im In- und Auslande an akademische Bür- 
ger vertheilt, welche ihre akademische Laufbahn vollendet haben. 
Ausserdem haben 18 Alumnen im Universitätsgebäude freie Wohnung, 
Erleuchtung und Heizung. Die Universitätsbibliothek enthält etwa 
100,000 Bände und wächst jährlich. 18S0 wurden für sie über YOOO 
Species und 1831 3499 Species verwendet. Sie ist zur Verleihung von 
Büchern an 5 Tagen in der Woche von 12 — 2 Uhr geöffnet und wird 
fieissig benutzt. Die Munzsammloog ist erst im Beginn und hat etwa 



2S0 Schul- und UniterflUätBnacliTicliteii, 

11000 Münzen. Die Antiquitatensammlnn^ and das Nnturninsenm sind! 
unbedeutend. Der botuni^chH Garten iüt weitlauiiir und mit viel Ge- 
schmuck und Ordnung angelegt; er hat eine i»cliöne und vortfieillHifte 
Lage an dum Abhänge einer ilohe (^Tutjen), (li«*Jit «or der Stadt. Di« 
festen lieaiiztUüuier der Uui\er6itat itmd da^ Uui\er!>itrit6gebäade, die 
Aiiatomiekaniuier, da« chtniisclieLaburatoiium, dae Bibliothelfgcbäudc, 
d€i6 nahe vor der Stadt liegende ustroiioiniHcliii Observatorinni , dns ge-» 
nannte Landgut Toijen mit dem botanischen Garten uml einige kleinere 
Banern«iteilen. Der Cai^senfonds derUniTersität besteht in 142,(^77 Spe- 
cies in Obligationen und Staatssehnldseheinen; die jährlichen Einkünfte 
aber in dem auf dorn Budjet anfc:efübrten Staatsanechinge (1851 34,00# 
Spceies). in den Zinsen der nnsgRliebenen Capitalien, einem Theile der 

• 

Königszehnten, dem VorInge des Alivanuchs ii. dergi. Die bedf^utend» 
sten Ausgaben sind die Besoldungen , welche IBSl sich auf 33,000 Spe- 
cie» beliefen. [Aus der A 1 1 g. Schulzeit. >834 N r. 56 n. 57. ] 

Ohio. Nach dem Kataloge der Miami - Univerbitat im Staate Okio 
▼om J. 1831 Btudirten im Sommer dieoies Jahres auf derselben 192 jang^ 
Leute, für deren Unterricht folgende Lehrer vorhanden waren: der 
Präsident der Univür&iiät, zugleich Prolcstior d(^r Logik, Mora^hile- 
seplüe und Geschichte; ein Professor der Mathematik, Geographie, 
Physik, Abtronomie und politisclien Oekunomie; ein Professor der la-> 
teiri^hf'n , grie-*liis('ben und hebräischen Sprache; ein Magii^ter und 
Ilülfslehrer der lateinischen Schule (grammar shoolj; ein französischer 
Sprachmeister; ein spanischer Sprachmeister; ein Docent der Mathe- 
matik; einDocent für hchraifiche Sprache; ein pcstaiozzischer Lehrer; 
ein f>oc*^nt für griechische Sprache; ein Schreihmeister; vier Lehrer 
der Mathematik und vier Lehrer der Arithmetik. Die Cnrse fangen 
allemal den ersten Montag im Mai und November an und dauern bii 
zor letzten Mittewoche im März und September. Das Lehrgeld beträgt 
in der latoinischen Schule fgrammar shool) 5 Dullars, in den Colle- 
giumsr1ass4^n 10- Dollars fiir jeden Cursus. 

OsNABBLTK. Das ZU dpn diesjährigen O^terprnfungen am daslgen 
Rathsgymnasium von dem Rector Dr. Joh, Heinr, Benj. ForÜa^e her- 
ausgegebene Programm enthüll eine Comm^iiUaUo de nonnullis locis, qui 
legtintur apud Thucydidem in historia belli Peloponnesiaci vom SubconrecL 
J. D, H, Meyer. [Osnabr., gedr. b. Kissling. 1834, 14 S. 4.] Er be- 
handelt darin vier Stellen des dritten Buchs mit Geschick, Scharfsinn 
und Umsicht. In Cap. 11 wird die Lesart o ycig trotgrtßeiheLv rt ßavXi^ 
pevog ro firj yrQOFxmw «v unsXd'fTv ^noTQFnsrret dadurch vertheidigt, daw 
änorgsitfo&ai in der Bedeutung des Furchtens mit dem Accusatir ver- 
bunden werden könne und rö urf n^oFXfov aneXi^fiv das Ohne- U^ber-' 
macht' Angreifen bedeute, nnd die Stelle so erklärt; qui enim eam 
voluerit violare, is si non praepollet potentia aggrcdi rtformidat. Zn 
Cap. 38 ist ausführlich dnrgethan , dnss nur die Lesart rag d' tjfiFTFga^ 
^%ffi<poQug Toig ^vfifxuxoi'S ßXußccg Httd^i6Tafi:'v(xg^ nicht aber ov rottf 
^ufifjkuxoiCy zu dem Zwecke des Kloon und zu den Verhältnissen pas^e, 
und der Sinn and Zosaiumenhung der überall mitfaverstandenen Slelhr 



/ . ' ■ 



b^idr^ttHmg^n umi Clir«Kbe«%igttaf«ili» S8I 

finf c^ne eSg^tlidmlielie mni 8cli»rf«}Botg^ Weiee «r^rterf. Diittelfe« 

Ui aach Cup. 42 in den Worten ovt» ya^ o tb xaTop^tt»y nQ^gm* 

yfü&-tti, to nXij^og geschehen, welche so erklärt simi: üa enim et lt| 
qui obtinuit dicendoj minime^ ut plurU etiam habeaitur^ aUqüid praeUr 
animi aetUenUam atque in gratiam dixeriti et qui n9n assecuiua est^ f»* 
dem de eauea , gratue ex parte aliqua et ipte t »tuduerit muliäudinem »ibi 
etmciUare. Endlich sind auch ia Cap. 43 durch sorgfältige Auffassnag 
des ZveaNNnenhanges die Worte jt^iy 6\ n^og ro; (iiyietu xai iv rm roi^a 
a^iovvTi . . . T/)v vfisvigaw dxQoa*iv besser und richtiger erklärt, als m 
von den Interpreten geschehen ist. Das Prognirani verdient also reclit 
sehr, von den Bearbeitern des Thucydides beachtet zu werden. Uebav 
die Sehnle erfährt man aas dem Programme nur, dass 7 Schuler w» 
Ostern d. J. zur Universität entlassen worden sind. 

Farchih. Das hiesige Friederich-Pranz-Gymnasium hat Miclnw* 
lis vor. J. seinen vierten Lehrer , den Sftbrector Löscher ., welcher vaa 
der Gemeine der Pfarrkirche zu Güstrow zu ilirem Predigt erwählt 
wnrde, verloren. Se. Kon. Hoheit der Grossherzog gernheten also, 
die vier folgenden Lehrer, den Cantor Müüer^ Succentor Ste/Tcii^^flni^ 
Collab. Dr. Gieee önd CoHab. Niemarm, jeden in das Gehalt der nämhiC 
heberen Stelle aufrücken au lassen, und die auf diese Weise erledigta 
achte ordentliche Lehrerstelle mit dem Cand. theol. Schröder aus Wismaii 
gofort wieder zu besetzen, so dass die Unbequemlichkeiten und Nacb- 
theile einer Vacaaz von der Anstalt fast gar nicht empfunden sind. — « 
Die, wissenschaftliche Abhandlung in dem diesjährigen Osterprogramm 
(98 S. in 8.) ist geschrieben von dem Gonrector Gesellius und enthältt 
Bemerkungen über den Unterrieht in der Mathematik, Naturkunde und im 
Zeichnen auf Gymnasien (5(i S.). Die Zahl der Schuler war im erstes 
Halbjahr 148, darunter 52 Answärtlge , nämlich in I 27, in U in zwei 
Abtheilnngen 32, in III 20, in IV in zwei Abtheilungen ^5, in V 14 1 
Im zweiten 163, darunter 63 Auswärtige, nämlich in I 28, in II in zwei 
Abtheilungen 31, in III 23, in IV in awei Abtheilungen (i3 u. in V If^ 
Zur Universität gingen Michaelis vor. J. drei Zöglinge, nachdem ff# 
ihr Maturitätsexaraen in Gemässheit des am 4. Mai 1833 herausgegeb** 
neu Abiturientenprüfnngs-Edictes so bestanden hatten, dass ihnen daa 
Zengniss der Reife Nr. II ertheilt werden konnte. Ostern d» J best«»* 
den sechs Zöglinge diese Prifung so , dass einem das Zeugnlss Kr. f, 
und den übrigen das Zeag^iss Nr. II, jedoch mit der Steigerung er- 
theilt wurde, dass einer Nr. II mit rühmlicher Auszeichnung, zwei 
Nr. II mit Auszeichnung and einer Nr. H mit einiger Auszeichnung er* 
hielt. Von diesen neun Jünglingen widmen sich vier der Gottesg*» 
lahrtheit , vier der Rechtswissenschaft und einer der Arzneiknnde und 
vier gingen auf die Universität zu Leipzig , zwei nach Berlin, iwisi 
nach Gottingen und einer nach Rostock. [Z,} 

PLArsff. Zu Ostern dieses J. erschien am dasigea Lyceum dm 
Programm: Jd anniversaria hycei Plaviensis solennia etc. tnvitiit lüom* 
net Gottleb Doeüing, Rector. Praemissa est disputatiuneula de enelitiea ««. 
Plauen, gedr. bei Wiepredit. «I (1») S. 8. Die Abbaadlttog erörtert 



S82 Schal - and UniTersitätfinachricfaton, 

* 
den Gebrauch der Partikel ne in Fragesätzen auf eine verständige , wenn 
auch nicht erschöpfende Weise, und verdient die Beachtung der hitei- 
Dischen Grainiiiatiker. Die Schulnnchrichten geben ausser dem Schü- 
ler- und Lehrerverzeicbniss auE>t'ührlichere Auskunft über die Begrua- 
dung und Erweiterung der vor ein paar Jahren angelegten Schülerbi- 
hliothek, und sind den übrigen sächäischcn Gymnasien zu empfehlen, 
da es bei den meisten derselben noch an einer solchen fehlt. Von dea 
Lehrern der Schule starb am 5 Febr. dieses J. der Collega quintas Bf. 
Joh. Georg Friedr, Kolbe, dessen Tod jedoch auf die eigentlichen Ly- 
cealclassen keinen Einfluss gehabt hat, da er niir an der mit dem Gy- 
mnasinni verbundenen Stadtschule als Lehrer wirkte. Die Lehrer de« 
eigentlichen Lyceums sind : der Rector Dölling, der Conrector Pfretzsch* 
netj der Tertiiis M. Fiedler ^ die Collaboratoren Fo^e/ und JVüd und 
der Sprachlehrer Freytag. Ausserdem ertheilen auch der Superinten- 
dent Dr. Fiedler und der Landdiaconus M. SleifUiäuser einige LehrBton- 
den in demselben, vgl. NJbb. Vlll, 251. 

PosEiv. Das vorjährige Programm des dasigen Gymnasiums [Po- 
sen 1833. 47 (24) S. 4.] enthält ausser den Schulnachrichten Lectionvm 
JHiüianarum specimcn propositum a C. Bcnccke y M'orin der Verf., wel- 
cher eine neue Ausgabe von Cicero^s Reden beabsichtigt, die Stellen 
pro Quint. 14, 4G. 47. 7, 28., pro Rose. Am. 5, 11. 20, 57. 41, 120. 
45, 130. , in Verr. I, 8, 23. 10, 29. 12, 33. 28, 71. , pro Muren. 1, 2. 
19, 39. *^3, 48. , pro Ligar. 1, 3. 2, 5. 3, 7. 9. 5, 12. 13. 15. 10 kritisch 
behandelt hat. Das Gymnasium war zu Anfange des Schu^ahrs 18|§ 
von 350, am Ende von 412 Schülern besucht und entliess 4 mit dem 
eriiten und 1 mit dem zweiten Zeugniss der Reife zur Universität. 
Lehrer der Anstalt sind: der Director .S7oc, der.Studiendirector JVendt^ 
die Professoren von Buchowski, Cswalina, Martin und Müller^ die 
Oberlehrer Dr, Benecke , von JVannowski und Monski^ der Professor 
Motty, die Lehrer PopUnski, Schönborn ^ Cichotricz, Dr. Losynski und 
Dr. Low, drr kathoi. Religionslehrer jrieruszewski^ der Zeichenlehrer 
Perdisch und der Gesanglehrer Scigalski. Der seit dem 1. Januar 1808 
am Gymnasium angestellte Prof. von Ssumski ist im vorigen Jahre in 
den Ruhestand versetzt Morden. Seine Lehrstelle versah eine Zeitlang 
der Lehrer Ottawa vom Gymnasium in Bromberg [NJbb. Vlll, 123. Jy 
wurde aber schon im Juli vor. J. wieder in die Provinz versetzt« Der- 
Lehrer Dr. Adalbert Lozynski [geb. zu Culm 1808.] ist seit dem Octbr. 
1832 angestellt und der kathoi. Religionslehrer Michael Jfleruszewshi 
ist in derselben Zeit an die Stelle des Stifts- Canonicus und Probates 
IVroblewski getreten, vgl. KJbb. IX, 234. 

Potsdam. Bei dem dasigen Gymnasium ist an dea Profesaort 
Reimnitz Stelle [s. NJbb. IX. 120.] der Schulamtscandidat Karl Friedr» 
Meyer [geh. in Berlin am X. Novbr. 1807, und schon seit 1831 als Leh« 
rer an dem Friedrich- Wilhelms - und dann an dem Fried rieh- Werd er- 
sehen Gyumxisiniu in Berlin thätig,] unter dem 14. Octbr. vor. J. als 
Oberleiirer der Muihematik und Physik ungestellt worden, so das6 die 
gegenwärtigen Lehrer der Anatalt und: der Direeior Dr. Blume ^ die 



Baforilerungen and EhrenbeseigiiB|^e'il« 



Profesdoren Schmidt und Helmkoltz, die Oberlehrer Meyer nn^ Brüs8\ 
die Collaboratoren Dr. ining-efteif , Rührmund und MüÜery der Geianj^ 
lehrer Cantor Lindemann ^ der Zeichenlehrer Freyhoff und zwei Schal-^ 
ttintscandidaten. Die Schülerzahl war im Sommer des vor. Jahres 307 
und im Winter 310; zur Universität wurden 6 mit dem zweiten Zeu^ 
niss der Reife entlassen. Das zu Ostern dieses Jahres erschienene Pro- 
gramm zur Ankündigung der öffentlichen Prüfungen [Potsdam 1834. 
oO (22) S. gr. 4.J enthält eine recht hrave NarrtUh de Lycurgo oratore, 
über welche anderweit in unscrn Jahrbb. berichtet werden wird. 

Rostock. In der diesjährigen Einladnngsschrift zu den öffent- 
lichen Prüfungen der Schüler des Gymnasiums und der Realschule 
[Rostock, gedr. b. Adlers Erben. 1834. 34 S. gr. 4.] hat der Director 
Prof. Dr. Bachmann wieder sehr ausführliche Ai'achrichten über die 
beiden genannten Anstalten mitgetbeilt. Sie bewähren aufs Nene daa 
(»chon im Torjährigen Programme [ s. NJbb. IX, 235. ] dargelegte Stre. 
ben, in beiden Schulen nach allen Seiten hin eine feste Organisatioa 
herbeizuführen. Der Lehrplan ist folgender : 



» 


im Gymnasium * 


In 


dei 


' Realschule 


- 


I. 


II. III. 


IV. 


I. 


II. 


III. 


IV. 


Religionsunterricht 


2. 


2. 2. 


2. 


2. 


2. 


2. 


4 wochcntl. 


Lateinische Sprache 


9. 


10. 10. 


8. 


— 


— 


6. 


6 Lelir- 


Griechische Sprache 


5. 


6. 6. 


4. 


— 


— 


— 


— stunden. 


Hebräische Sprache 


2. 


2. 






— 


— - 


— 


Deutbchc Sprache 


2. 


2 2. 


2. 


2. 


4. 


2. 


4 


Französische Sprache 


2. 


2. 2. 


2. 


0. 


6. 


4. 


2 


Englische Sprache 


2. 


2. — 


— 


4. 


4. 


— 




Gelehrte Ilülfswlssenschaften 3. 


— — 




— 


— 




— 


Geschichte 


3. 


2. 2. 


2. 


2. 


2. 


2. 


— 


Mathematik 


4. 


4. 4. 


4. 


4. 


4. 


— 


— 


Natu r Wissenschaft 


2. 


2. 2. 


2. 


6. 


4. 


2. 


2 


Geographie 


— 


— 2. 


2. 


2. 


2. 


2. 


2 


Rechnen 


— 


— 2. 


2. 


2. 


4. 


4. 


6 


Schreiben 


— 





2. 


2. 


2. 


4 


4 


Gesangübungen 


2. 


2. 2. 




— 


— 


— 


— 


Zeichnen 




— 


— — 


4. 


4. 


~— 


— 



Die Schule steht unter dem Patronat des Stadtrathes und die g^nza 
administrative und executorische Gewalt ist in die Hände des Directors 
gelegt; eine Synodalverfassung, durch welche der Director nur primus 
inter pares wäre und auch die übrigen Lehrer an 'der Verwaltung Ao- 
theil hätten , ist nicht vorhanden. Die Specialleitung der einzelnen 
Olassen ist besondern Classen Ordinarien übertragen, .welche namentlich 
auch die Privatstudien der Schüler zu leiten haben. Für die Versetzung 
in den Classen und aus einer Ciasse in die andere ist vom Patronat un- 
ter dem 11. Sept. vor. J. ein besonderes Reglement festgestellt worden, 
aus welchem wir folgende Bestimmung ausheben: „Im Gymnasium ist 
der Schüler nur dann für versetzungsfähig zu halten, wenn mindesten« 
die Lehrer der lateinischen und deutsdien Sprache^ der Getchichte und 



fM Scliml- and Unit ersItättBaehrlchteiiy 

der Mathematik und hinstchtTich der übrig^en Lehrfächer (d. h. der g^e- 
chiflcben , franxösUchen und englischen Sprache , der Geographie uodl 
der Naturwissenschaften) wenigstens noch zwei Lehrer dieser Fächer 
die Versetzungsreife des Schälers anerkannt haben. '' Für die zur Uni- 
▼ersität Abgehenden hat die Landesregierung anter dem 4. Mai vor. J» 
•in besonderes Reglement der Abitarientenpnifiingen bekannt g^emacht» 
Die Schale hat überdieas noch das Eigenthfimliche, dass für das Leh- 
rercollegium ein strenggeregeltes Ersatznormativ färalle einzelnen Fälle 
ausgearbeitet ist, wo irgend ein Lehrer eine oder mehrere Lehrstande« 
nicht halten kann und von einem andern vertreten werden moss» Es 
gewährt den Vortheil, dass nicht störende Combinationen zweier da»* 
sen eintreten können ; auch hat es im Laufe des vorigen Schuljahre! 
häufig in Anwendung gebracht werden müssen, indem während detsel-» 
ben 280 Behinderung^fälle vorgekoramen sind. Die Schale war im 
Winter 18|| von 2S4 Schülern , im Sommer 1833 von 244 Schaler» 
[119 im Gymnasium und 125 in der Realschule], im Winter 18|^^ vom 
251 Schillern [121 im Gymn. n. 131 in der Realschule] besucht. Zav 
Universität wurden im verflossenen Schuljahre 6, alle mit dem zweiten 
Zengniss der Reife, entlassen. 

RivoLSTADT. Die Einladtmgsschrift zu der im Mars d. J« gehal* 
tenen öffaUlichen Schnhprüfunf^ von dem Director Dr. Ludw. Friedr» 
Hesse enthält das vierte Stuck des Verzeichnisses Schwarzburgischer Ge« 
lehrten und Künstler aus dem auslände [Uudolst., gedr. b. Fröbel. 21 S. 4.] 
und giebt von 13 Gelehrten u. Musikern biographische und literarhisto- 
rische Nachrichten. Ihre Namen sind; Paul Gleitsmann f 1710, Joh, 
Götze tlfö6, Paul Gdtse tl633, Joh. Graf f um 1745, Benj, Ckrigtopk 
Grasshof f 1778 , Georg Grosshain f 1638 , Joh, Kaspar GüHieh 1 1635^, 
Kaspar Gvttel tl542, Joh. BaUbasar Haberkom f 1706, Joh. FHtir. 
Hckel f gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts, Georg Alchatius Heker 
1 1667 , und David Held. vgl. NJbb. V, 476. — Von derselben Ge- 
lehrtenschale ist erschienen: Rede,, gesprochen am Sittenfeste dea Jmk* 
res 1833 im Gymnasium zu Rudolstadt von L, S. Ohbarius^ Prof. das» 
Rudolstadt, Hofbuchhandlung. 1834. IV u. 16 S. 8. geh. 3 Gr. Die 
Anstalt hat nämlich die Sitte, dass sie alljährlich eine Art Schntfest 
feiert, an welchem vor den versammelten Lehrern und Schülern ¥eA 
dem jedesmaligen Consistorialpräsidenten an sittlich -fleissige Schüler 
eine Anzahl nutzlicher Bnchcr als Prämien Vertheilt werden. Die von 
dem Prof. Obbarius am vorjährigen Sittenfeste gehaltene Festrede nun 
▼erbreitet sich über zwei Irrwege unserer Zeit, welche der studirenden 
Jugend Gefahr drohen, nämlich über die Verfhichung des Wissenschaft* 
liehen Strebens durch das realistische Princip und durch die Seihst» 
sucht in sittlicher Hinsicht. Vor beiden Irrwegen warnt er durch kräf- 
tige und gewichtige Worte und stellt den Werth der classischen Spmch* 
Studien auf nachdrückliche Weise ins rechte Licht , ohne das Stadinn 
der Muttersprache und der Reatwistienschaften ungebühreod suruckn«- 
setzen. Vielmehr wird das Verhältniss derselben zu jenem entsprechend 
angedentet. Die Bede verdient besonders von allen llasseni onserer 



BftftrdernngflB und Ehvevb^ialgaagttAk tSI 

t 

gegeawiirtigvm GjmnwialeiBVfßbimigm» f^elesen wm werden, «inl M 
»b^haapt der aUgemeineni Beattlrtiiiig wertK. Oasa enrpfebleis wir 
aber dieselbe am s« nebr, weUsie zugleich eiaen wohltMligen Zwedr« 
befördern soU , indenv der Ertrag to« den ^et kauften Czempbiren fu 
den Schttlbao zu Weitkberga bestimnit it4. 

SACjnE«, HenEegÜium. Veber die Forte chfitte, welche dat Sclhil^ 
and Erziehungsweeen in dieser Pnrf i«a gemaeht hat, ist folgende wieh-t 
tige SckrifC erschienen : Beiträge zu einer vergleichet^hit BanrsteUnng ihr 
Lehr - und ErzkJiiungitanstaUen m ifer Provitt» Sacitatn. Eine Uehersidi^ 
von den Fortschritten des Hildnns^swesens Kit dem Jahre "h^fl^- hi» ssmm 
Jahre 1833. MH Benutzung taniticher Quellen bearbeitet und hcravftg^ 
geben sovL J. II. B. Bure hur dt, Kmiv Preuis. üuCralbe, expedire»- 
dem Secretiiir des Kon. CaiifiisiorM und ProTinzrof - ScImtI - Co41egii mm 
Magdeburg. [iHngdeb., Rubaeb. 1834. VI a. IKS ^ gr. 8. geb. }BOr.> 
Pie 8cbf»^ liefert gbiiniende Belege to« dent gro8»eit Eifer, mit Wf4^ 
ebeni die Regrermig dns Schulwesen* fordert, nnd gewahrt eine befrici- 
digend"« Eebersfchfe von dem ZiwtMide desselben:. Sie verbreitet siokr hs 
drei Abuchiiltiten erst Aber die Crjronanen und bobrerea BUduagsanetat-^ 
ten, dann über die SehuUehrer- Senmarien mtd das Bürger > d. Land- 
schalwesen «nd endlich aber besondere BiMmigsenotollea. Die Uni- 
irersität in Halle nnd dns theologiBche Seminar in Wittenberg sind je- 
doch unbeachtet geblieben. Am wichtigsten für die Leser der Jabr- 
bneher \%t der erste Abscbail^t , welcher den kinem Zitotand der Gelehr- 
tenschulen dadurch darstellt, datis er die iiher die Wirksamkeit der 
LehrercolK^gia vorhandenen gesetzmä^^sigen Beritininiungen uml dt^n all- 
gerarinen Lehrplan samnit dem Lehr7.ie1 im Einzelnen nnd Ganzen be- 
kannt macht. Er ist für die Knnntniss des prenssischen Gjmnasialwe« 
sens überhaupt wichtig, weil die allgemeine Einrichtung der 23 Gym- 
nasien des Herzogthuras von der des gesammten Königreichs nicht ab- 
weicht. Diese allgemeine Einrichtung lernt man übrigens ziemlich 
vollständig koLuen; nur kommt mar« über den Lehrplan* nicht zurei- 
chend ins Ucihe, weil die Lchrstnndenzahl und das Verhaltniss der ein- 
zelnen Wispenschaffen zu einander nicht angegeben ist. Es stobt dies 
aaf den einzelnen Gymnasien ßllerdings nicht gleich;, wohl aber hatte 
doch die. hierin geltende' allgemeine Norm narhgeviescn werden kön- 
nen *). Eine hinzugefügte tabellarische Uebersicbt zeigt die ¥erbcsse- 



♦) Ein besonderes Verdienst würde srclk der Verf. dieser Scbrifc noch er- 
worbou hübeu , wenn er über den Erfolg , mit welchem die^ einzelneu Wis- 
f>«*nsehaften in den verschiedSrnen Gymnasieir vorgetragen worden sind, itfid 
über deu Eiullüsi« der einzelnen auf die Gesammtbi'lduug der Schüler die et- 
wa gemachten Crfahrnngen miü^ctlteilc hatte, rireodscn iwC nümli\ch da« 
Land', wMche»* ge:;rnwartig vielleicht dfe zwerkB»ns>rgjite Vereinigung nwff 
das richtigste Verhältni«^ der Sprach^- und* Reab>tudb*n zn einander hi sel^ 
nen Gymnat^ien eingelülirt hat. In der Theorie aber «.treitet man immer 
noch über die rechte Verbindung derselben; audi werden die TheoretiC:eiP 
darüber noch nicht sobald' ins Reine kommen , weil bei mebrem Wissen- 
schaftszweigen der Gitid' des Einflnsses und Nntzeds , welchen' sie für df ff 
allgemeine Geistesbildung g«währett, nodt flehr^aabcBtliniiit und zwdfel- 



ScIibI- und UniTeTfit&ttnachriclitCB^' . 

niDgen an, welche seit 1816 den 23 Gymnasien zu.Theil gewrprdea siod; 
eine zweite stellt die Resultate der Abiturientenprüfnng^n ans den Jah- 
ren 1827 — 1832 dar. Fatit bei allen ist Vergrössernng des Lehrerper-. 
•onales, Vermehrung der Kinnahmen, Verbesserang der Lebrergehalte, 
Vervollständigung der Bibliotheken u. Apparate angemerkt. So waren 
B. B. 1816 an den sämmtlichen Gymnasien 193, im J« 1838 abcw 2^ 
Lehrer angestellt. Die Jahrescinnahmen dieser Gymnasien haben sieh 
seit 1816 um 31,430 Thlr. erhöht , wofür 4255 Thir. durch erhöhtet 
Schulgeld gewonnen und 14,228 Thlr. aus Staatsfonds u. 12,947 Tldr. 
aus stadtischen und anderen Fonds zageschot»8en werden. Die Gesamiat- 
xahl der Schüler betrug 4037 im Jahre 1828, 8993 im J.1829, 3896 in 
J. 1830, 3824 im J. 1831, 3722 im J. 1832 u. 3669 im J. 1833. Ablta- 
rienten wurden in den genannten 6 Jahren zusammen 1615 entlaMen» 
Ton denen sich 930 der Theologie, 457 der Jurisprudenz, 135 der He- 
dicin , 28 der Pliilosop!iie und Philologie und (»5 anderen Künsten. und 
Wissenschaften widmeten; 416 das erbte, 1128 das zweite nnd 71 das 
dritte Zeugniss der Reife erhielten. Auffallend ist es, das die I^aade»-, 
schule Pforta, das Domgymnasium und das Pädagogium in !IIagdehai|{^> 
die Klosterschule in Rossleben und das Pädagogium in Halle Terhält- 
nissmnsäig bei weitem mehr Schüler mit dem Zeugnisse des ersten Gra- 
des entlassen haben , als die übrigen Gymnasien. Besondere zeic^aet 
sich Pforta aus, wo in den erwähnten 6 Jahren 74 Schüler das erstc^ 
66 das zweite und 6 das dritte Zeugniss erhielten. Merkwürdig ist, 



haft ist. Gewiss hat man aber in Prenssen eine Reihe praktischer Erhh- 
rungen gesammelt, und durch ^ie würde der Streit am ersten entochiedca 
werden können. llieor<;tieirh fragt es sich z. B. immer noch gar sehr, eb 
die Mathematik und Physik, die Naturwissenschaften, die phitoeophisdie 
Propädeutik, das au<sgebreitete Geschiclitsstudiiim den wesentlichen EinOon 
auf die Bildung der Gymnaeiia^ten üben, den man ihnen gewöhnlich bei» 
legt; aber aus der Erfahrung rauss sich allerdings ergeben, ob dic^jenigVB 
Gymnasien, in denen der eine oder andere dieser Wissenschaftszweige ver- 
züglich günstig behandelt wird , ihren Zöglingen im Gegensatz zn aadera 
einen höhern oder geringern Bildung-^grad gewähren. Die öffentlichen Prir 
fungen müssen darüber die beste Erfahrung gewähren, und daher verdieata 
wohl untersucht zu werden , ob /. B. die Gymnasien , welche der Mathe* 
watik eine besondere Aufmerksamkeit schenken , öder diejenigen , welcha 
dieüelbe zum Nutzen der clussischen Studien beschränken, eine grosseire An- 
zahl besser gebildeter Abiturienten entlassen. Die statistischen Berechnnä» 
gen , welche Ref. bis jetzt angestellt hat , sprechen sehr gegen die Mathe- ' 
matik ; jedoch gesteht er gern , dass sie in der Weise , wie er sie anetellea 
konnte, nicht ausreichend »ind, weil ihm gerade in den auffallendstea Fäl- 
len die überdiess nöthige SpecialkenntniiiS der Anstalten fehlt. Viel faiagt 
nämlich hierbei noch von der Individualität der Lehrer und andern betoa- 

■ 

dern Verhältnirisen ab, deren vollständige Kenntnis^ natürlich nur die Ober-. 
behörden sich erwerben können. Hr. B. hat über die hier berührten Puakia < 
sich aller Bemerkungen enthalten. Nur bei der Naturgeschichte fuhrt er 
an , dass die^e Di«ciplin in die Gymnasien nicht eigentlich eingeführt Mit 
obwohl sie auf einzelnen Anstalten in den untern und mittleren Classen var^ . 
getragen werde. Auch träten ihrer Einführung bedeutende Schwierigketlea, 
entgegen , worunter hauptsächlich der Mangel dazu völlig qnalificIiCerlivlh. 
rer und der Man£;el kostspieliger AppanUe gehöre. « .'^ 






Beförderungen und Ehrenbezeigungen. 239 

w 
dass anter den aasgezeichneten Anstalten alle diejenigen sich befinden, 
in welchen Alumnate bestehen, [vgl. Mbissen S. 214.] Der zweite Ab- 
i»chnitt über das Bürger- u. Lnndschulwesen beginnt ebenfalls mit einer 
Darlegung der innern Einrichtung und des Lehrplans der fünf Schnlleb- 
rerseminarien in Magdeburg, Ilalberstadt, Gardelegen, Weissenfels und 
£rfurt, und knüpft daran wiedenstatistische Kachrichten über die Stadt- 
iind Landschulen selbst. Wieviel für dieselben getlian worden sei, wer- 
ben folgende Notizen beweisen. Seit dem Jahre 1816 sind in der gan- 
zen Provinz 79 Stadt- und 42 Dorfschulen neu errichtet, in den Stadt- 
schulen 346 und in den Dorfschulen 54 neue Lchrerstellen gegründet, 
98 Küstereien Yon den Schulen getrennt, 167 Wandelschulen fixirt wor- 
den , so dass deren nur noch 101 übrig sind. Schulhauser sind in Städ- 
ten 98, auf den Dürfern 604 nen erbaut, überdiess in den Städten 162 
und auf den Dörfern 644 erweitert und sonst verbessert worden. Zar 
Ausführung dieser Verbesserungen sind 102,098 Tlilr. aus Staatsfonds, 
190,703 Thlr. aus Patronatsfonds und 671,912 Thlr. aus Gemeindefonds 
Terwendet worden. Für Verbesserung der Einnahme von 406 Lehrer- 
stellen in Städten und 948 andern auf den Dörfern vrerden 5379 Thlr. 
ous Staatsfonds verwendet und 78,255 Thlr. durch Schulgeld >and ans 
Coramunmitteln gewonnen. Die Zahl der schulpflichtigen Kinder be- 
trug in Städten im J. 1816 57,393, im J. 1831 86,595, auf den Dör- 
fern in dem erstgenannten Jahre 135,459, im letztgenannten 184,316* 
Der dritte Abschnitt endlich handelt noch von den Taubstummenanstal- 
ten, von der medicinisch - chirurgischen Lehranstalt in Magdeburg und 
von den Hebammen^ Lehrinstituten. Zuletzt sind noch im Auszuge die 
Bekanntmachungen abgedruckt, welche die Landesschule Fforta und 
die latein. Hauptschule und das Pädagogium in Halle über die häusliche 
Dinrichtung ihrer Alumnate zur öffentlichen Kunde gebracht haben. 

Salzwedel. Dem Rector Danneil am Gymnasium ist das Prädlcat 
„Professor" beigelegt worden. 

Schneeberg. Das diesjährige Osterprogramm des Lyceums ent- 
hält: De Punicis apud Plautum obviis Disput» Il.y vom Conrector Ed. 
Lindemann. vgl. NJbb. VHI, 254. 

ScHWERiiv. Nach dem Abgange des Lehrers Lisc^ , der zu ander- 
weitigem Staatsdienste befördert jetzt in Stettin und Berlin sich za 
seinem künftigen Berufe als Archivar der hiesigen Grossherzogl. Regie- 
rung vorbereitet, wurde der Oberlehrer am Gymnas. zu Halberstadt, 
Dr. Büchner , in gleicher Eigenschaft an das hiesige Gymnasium beru- 
fen und am 12. April von dem'Director JVex öffentlich in sein Amt ein- 
geführt. Zu gleicher Zeit wurden die CoUaboratoren Reitz und Brasch 
zu Oberlehrern ernannt. Im Monat Juni wurde Herr Dr. Carl SchiUer 
aus Rostock, Herausgeber Ton Sluiteri Lectiones Andocideae, als Colla- 
horator angestellt. Im nächsten Jahre wird das Gymnasium in zwei 
Anstalten getheilt werden. Das Gebäude für die abzuzweigende Real- 
schule wird Ende Juni vollendet sein, nnd dann sogleich der Bau dm 
neuen Gymnasialgebändes beginnen. 



238 Sclinl - nnd UnlTersitätinachrlclites» 

Stral8I7m>. Im Ortober vor. J. erschien am dasi^n Gymnasiam 
das Programni : Examinia adusque oratorii soüemnia in gjftnn. Sundenai 
.... iadicunt Reetor et CoUegium. In«unt: Fi'ld, Crameri DissertaUo de 
Pijtha^rora qnnnodo eduntverit atque infttituefit, atqne Fa$ti Crymnafii, 
8tniUiind 1833. 29 (29) S. gr, 4. Die gelehrte Abhaadlang ist ein 
«chätzenswertiier Excnrs an der von demselben Gelehrten heraas^^- 
beneii Geschichte der l!)mehung und de8 Unterrichts, übrigens freiUch 
nur ein Fragment von einer ausführlicheren Untersuchung über diesen 
Gegenstand , den der Verf. anderswo weiter behandeln will. Ans den 
S^'huluaclirichten heben wir ans , dass das Gymnasium im Schn^ahr 
▼on Michaelis 1822 bis dahin 18S3 xu Anfange von 283, am Ende yon 
292 Sehnlern besucht war null 8 Schuler (3 mit dem ersten and 5 mit 
dem zweiten Zeugniss der Reife) aar Universität entliess. Auch wnrde 
SU Gütern vor. J. die erledigte Stelle des Geeanglehrers [vgl. NJbb. 
lX,2^n. ] wieder besetzt und dem Stadtmusikdirector Daniel Lorens 
Fn-dhand Fischer übertragen. Im Laufe des gegenwärtigen Somraera 
aber ist der Reetor AVrre znm Director ernannt, der Oberlebrerr Crtr- 
mer mit dem Prädic<it „Profe^eior^' belehnt, und die Schulanitscandidn» 
ten Dr. Küster Cbicther am Crauerschen Institut in CHAHLorrENBunG be- 
schäftigt) und Joh. Karl Fischer als Lehrer angestellt worden. 

Stuttgart. Der zu Michaeliä vor. J. in den Ruhestand versetito 
Reetor Ach Gymnasiums Prof. M. Cammerer [s. NJbb. IX, 351.] hat 
bei setaeui Abgange von der Schule noch Beiträge zur Geschichte des 
Stuttgarter Gymnasiums drucken lassen, worin er besonders von den 
Lehrern, ihren Schriften und Verhältniseien seit der Jubelfeier dei 
Gyinn.iäinms 178<i handelt und manche interessante Nachricht giebt* 
Auch erzälilt er darin, dass dem Gymnasium von der Regierung seit 
1828 das Seniorat entzogen worden ist, welches darin bestand, das« 
der Senior des Lehrercollegiums jederzeit ein besonderes Haus neben 
der Schule zur Wohnung eingeräumt erhielt. Zum Reetor des Gym- 
nasiums wurde der bisherige Professor der Philologie und Geschichte 
M. Georg Gottlieb Uchelen ernannt , welcher seit 1814 als Professor am 
mittlem Gymnnsinm und an der damit verbundenen Realschule lehrte 
und 1818 ans Obergymnasium trat. Die erledigte Professur erhielt der 
Professor M. Klumpp , der seit 1821 am mittlem Gymnnsinm angestellt 
war. Dem Senior Professor M. Oslander wurde das Ritterkrens det 
Wnrtemb. Kronenordens ertheilt. Die gegenwärtigen Professoren det 
Obergymnasiums sind nach der Anciennität ihrer Anstellung: M. von 
Osiander [seit 1808.], llofrath Dr, Georg Reinbeck [seit 1811.], Georg 
Fr, Jäger [für Naturgeschichte und Chemie, seit 1822.], E, Fr. Hoch" 
stetter [seit 1823.], Karl Cless [seit 1825.], Joh, Gottfr. Klaiber [seit 
1823 ausserordentlicher und seit 1825 ordentlicher Professor], Chr, 
Gottl, Holder [für französ. Sprache, seit 1818 am mittl. nnd seit 1827 
am Obergymnas. ] , Chr, GottU Schmid [für Philologie und Philosophie, 
seit 1829.], G. Jr. A, Pauly [seit 1830; früher in Hbilbronh. ] , F^ 
If; Äivmpjp [seit 1833.]. 



}/ 



BefdrdernBgen and EltcenlieielgaBf to. 

WiEsiBAVEvr. Am 28. Mai hielt die bietige Gesellfchaft „tmf AUev- 
thnmekiinde und Geschiolitflforacliuiig^' ihre 12te GeperalTersamailaBg, 
Unter den für das Mufieum nea erworbenen Gegenstanden seiebnen sidi 
besonders ans: ein reni^cher Schild -Umbo, über welchen Prof. Dr. 
Braun in Mainz in jener Sitzung eine Vorlesung hielt, und ein jAngaft ' 
im Wald unfern der Platte gefundenes Cohorten - Zeichen , den Capri- 
corn Torsteilend , bis jetzt wohl einzig in seiner Art. Bennerkenswertli 
ht noch der Vertrag des auswärtigen Directors, Geh. -Raths von Ger* 
ning: Historisch - philologische Bemerkungen über die Kriege der R6- 
mer und ihre Colonien in Deutschland und Bereicherung der deutschen 
Sprache durch die römische. [ S.] 

Zittau. Zu Ostern dieses Jahres erschien am Gjmnasium: M 
unnuam lustrationem gymnasii Ziitaoienais et ad solennia valedietionU ete. 
ittvitat Frid, LindemannuSy Dir. gynin. Praemittuntur emendationes ad 
Jthesum atque ejusdem fabulae inierpretatio Teutonica. [Zittau, gedr. |i« 
^eyfert. 50 (42) S. gr. 8.] Hr. L. hat in der gelehrten Abhandlung 
nach einigen Vorerinnerungen über das Stuck überhaupt eine Reihe 
recht braver kritischer Bemerkungen zu demselben gegeben, welche 
für die Textesverbessernng von nicht gemeiner Wichtigkeit sind und 
eich besonders an Hermann's Verbesserungen anlehnen. Diesen folgt 
eine gelungene metrische Uebersetzung des Stücks, welches Hr. L. in 
den Zeiten der ersten Ptolemaer verfasst sein lässt. Aus den angehäng- 
ten Schulnacfarichten heben wir ans , dass am 2. Octbr. vor. J. der 6e- 
ttanglehrer des Gymnasiums , Organist nnd Musikdirector Benj. GottUeb 
Hösler im 648ten Lebensjahre verstorben und seine Stelle seit Anfang 
dieses Jahres durch den Candidaten der Theologie Karl Franz Theodor 
Sturm (geb. in Geioing bei Altenberg am 26. Mai 1806.) wieder besetst 
ist. vgl. NJfob. VlII^ 2!96. Vom Conrcctor Lachmann ist im vor. Jahre 
das Programm erschienen: De scientiae et opinionis differentia in virtuth 
studio probe tenenda. Spec. III. De opinione speciatim quaeritur, [Zittau, 
Seyfert. 8 S. 4.] Der Subrector L. J, Hückert hat ebenfalls im vor. J. 
Kwei Einladungsschriften Ueher den Gehrauch der deutschen Sprache bei 
öffentlichen Sc^lreden und Programmen [ 8 u. 4 S. 4. ] herausgegeben, 
und darin auf eine geschickte Weise darzuthun gesucht, dass die Gym* 
nasien gegenwärtig des Publiknms und der Forderungen der Zeit wegen 
ihre Programme in deutscher Sprache schreiben und die öffentlichen 
Schnlreden in derselben Sprache halten lassen müssen. Die vorge- 
brachten Gründe sind treffend und wahr, nnd wir wünschten nur, dasi 
der Verf. dabei auch den Punkt weiter erörtert hätte , dass übrigens in 
den Gymnasien das Studium der alten Sprachen die Hauptsache bleiben 
müsse. Das Streben der Zeit nämlich geht ja jetzt mehr als zu irgend 
einer Zeit dahin, den classischen Unterricht in den Schulen zu beschran- 
ken, und unter solchen Umständen können Erörterungen, wie die obige, 
leicht schädlich werden. 

Zwickau. Das Lyeeum hat am 18. Octbr. vor. J. seinen dritten 
Lehrer Joh. Gottloh Thümmler durch den Tod verloren, s. NJbb. IX, llO. 
Er war zu Mulssen St. Jacob 1768 geboren , erhielt seine erste Bildung 



240 Sebnl-iutJaWenitätinacbn;. , Beförderr. n. 

aut dem Lyrenm in Zwirbau, stndirte Ton 1788 in Leipzig Theolog;ie 
und lebte dann aUPriratgelehrti^rinAInliHien und Zwicliun, bis er 1808 
al« Terliii« am Lyceiim de« leutern Ortes angciilellt wurde. Er wid- 
mete seitdem seine gnnxe Thruiglieit der Schule und ist nie als Schrirt- 
clcller aufgetreten. Seine Leli»lelle am LTceum wird, da man eins 
l'iDgealaitung deasellien erwartet, nur interimiätUch Terwaltct, nad dia 
l^nnze, ans drei Claeien liralelionde Gelelirtenecliule hat überhaupt jatit 
nur folgende Lehrer: den Kector M. Ilcrtct, den Cnnrector lAnJemmui, 
den Malhenintihug M. Voigt, den Colliiboratur Pel=oldt (inlerimigtiacfaeB 
Verweser der dritten Lehrerstelle) und den Mniiiblelirer Ileiitr.' Bet^, 
Hchulze. Letzterer int an die Stelle des mit einer Pension von 150 Thlrii. 
in den Ruhestlnd vereetKten übereanturs Sicbcck getreten und zugleich 
Lehrer an der Bürgir^chule. vgl. ^Jbb. VUI, 3(>& Der Lchrplan ont- 
fu^st mit AuüQHhrae der i'hiloioi>liie alle gewöhnlichen LJnterrichlssweig« 
ilrr GjmnuKien und die Anitall hat tnr andern Schuten Sachsen« noch 
das voraua , dass an derselben schnn i^eit mehrern Jahren gymnastisch« 
llebungen bestehen, welche von einem ehemaligen Zöglinge des Lj- 
ceuius, Ila$cki:r, geli'ilet werden, lu dem diesjäbrigcn Osterprograa|ai 
[ Zwickau, gedr. b. Hüfer. 1834. 3fi (30) S, 4. ], aus welchem die obi- 
gen Nachrichten entnnmraensind, hat der Rector M. /Jerfel sehr leaent- 
verttie und belehrende /4miehlen über den f7ntcrrtVA( >r der dttitiehtM 
Sprache und den Vortrag der deuhcken Literaturgeschichte avf Cymnatim 
liekannl gemacht, in welchen eine Reihe Irelllicher \Vinkf< für die H»^ 
tliodik dieses Unterrichts enthalten sind. Während nämlich diegewöhD- 
lichen Methndiken meist eine gelehrte Theurie darüber aufzustellen pfl»- 
gen and doch selten etwas mehr bringen , aU was ^ich Jeder bei eini- 
ger Ucberlegiing selbst sagen kann; sn hat der Verf. sich darauf b«-- 
Hcliränkt, nur aDz<i|;eben, wie er es selbst bei diesem UnterrirJue ge- 
macht hat. Uadurcli aber ist er eben vernnlassl worden, eine Reih« 
■oleher Punkte zu besprechen, welche beim Unterrichte die gTfifito 
Schwierigkeit bieten, und bei welchen man sich im Vortrage leicht 
vergreift und über die Fassungskraft des Schülers hinauastellL Hr. B, 
fordert im Allgemeinen, dass der deutsche Unterricht in den Gymak- 
sien vorzugsweise praktisch lei und nicht auf syslemu tische Theorien 
■ich einlasse, und giebt dann seine Ansichten über die Behandlung der 
deutsclien Slilübungen, die Wahl der Themata, da« VerFahreu bei de« 
Veclamir- u, Redeübnngen, den Unterricht in der Rhetorik n. Poetik« . 
und den A'ortrag der LiteraturgeschichtB. Da diese Aniioliteo meiit ein — 
seine Winke und Andeataageii lind, lo Iasmb rio lieh nldit g«t MW- - 
aiehen. Aber aie sin d aUe yi^fltdl. Te»iH«dij[-wd W«lrt tj ~ 
lief, wenigstens B 
gelernt hat, aU fi 

WD er ein anderes und ■xagedabBtom «V«fifbMa fw nitUgilSU (wia 'i^ 
z. B. bei der Behaudlung der U«ulam((üba■■1:l^n und bei Eietteriing de^ X 
(■igenHicl>e)B;yaiiijngtisdi»B .Sg^^p^' ' '"huAift **'" -■rr.pibeiia ^ 



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JAHRBÜCHER * 

FÜR 

PHILOLOGIEu]VDPiea>AGOGIK, 

oder 

Kritische Bibllotliek 

für das . 

Schul- und Unterrichtswesen. 



In Yerbindung mit einem Vereine Ton Gelehrten 

herausgegeben 



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Dr. Gottfried Seebode^ 
M. Johann Christian Jahn 

und 

Prof« Reinhold Klotz. 



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Vierter Jahrgang. 
EUfier Band.. Drittes Hefi. 



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^''' ^.^Srack and Verlag von E 6. Tenbner. 







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Kritische Benrtheilangen. 

» ■ 

1) Praktischer Unterricht in der gerammten Rw 
chenkunat^ für Anfänger und Geübtere. Yon Ludwig Kanudf 
Lehrer der Rechenkunst. 2 Thle. Zerbst 1830. In Conomistiui 
bei G. A. Kammer, gr. 8. 349 Seiten. Preis 1 Thlr. 8 Gr. 

2) Einweisung im Rechnen. Kntworfen von dmradGearg 
» Schlingloffj Lehrer der Handlungswissenschaft in Hanau. Deia. 

- Schul- und Selbstunterrichte gewidmet. Zweite vermehrte und 
verbesserte Auflage. Hanau 1838. Druck und Verlag der £• J. £d- 
lerschen Buchhandlung, gr. 8. 267 Seiten* 

T erliegende zwei Schriften, Welche die gewöhnliche Rechen* 

kanst zu ihrem Gegenstande haben, stimmen darin nbereiot, 

* dass die in ihnen vorkommenden Regeln nur in den seltensten 

Fällen begründet sind, unterscheiden sich aber in Bezug auf 

Behandlung wesentlich von einander. 

Im Lehrbuche Nr. 1 sind ausser den praktischen Aufga- 
llien nur wenige§§. aufzufinden, aus denen sich abnehmen Uesse,/ 
ob Erklärungen , Folgerungen oder Beweise in ihnen vorkom- 
men. Grosse Verworrenheit in deii Begriffen, Unkenntniss in 
den elementJEirsten Dingen und die grösste Weitläufigkeit b«! 
Betrachtungen, die sich mit wenigen Worten abmachen lassen^ 
machen das Buch sowohl zum Schul-, als auch zum Selbstunter- . 
richte unbrauchbar. Hätte der Hr. Verf. dieise Beispiele aal 
wenige Bogen gebracht und das so entstandene Bxempelbucll 
dem Drucke iibef^ben, so wäre seine Arbeit keine Tergeb- 
liehe gewesen. 

Bas Lehrbuch Nr. 2 lässt in wissenschaftlicher Hinsicht 
ebenfalls noch vieles zu wünschen übrig, zeichnet sibh dage- 
gen durch Klarheit in den praktischen Entwickelungen nnd 
durch passende Anwendung in den gegebenen Regeln vortheU- 
haft aus. — Der Hr. Verf. hat bei Bearbeitung seines Lehr- 
buches darin gefehlt, dass er die Auflösungen specleller Auf- 
gaben für Beweise gelten Hess, und also in seinem Buche ein 
gänzlicher Mangel an bündigen Beweisen sich zeigt. Allda 
denjenigen aber, denen es darum zn thnn isti d^e Eechenhunt 



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244 M a t h e m B t i 1r. 

in praktischer Beziehung (auch ohne Hülfe eines Lehrern ) za 
erlernen, kannRec. das mit vielen passenden Uebungsbeispielen 
▼ersehene Buch empfehlen. — 

CJm das hier gefällte Urtheil mit Griinden zu belegen, nimmt 
Rec. jedes der aufgezeichneten 2 Lehrbücher einzeln durch. 

Nr. 1. Der Hr. Verf. hat sein Buch in 2 Theiie getheilt, 
wovon der erste: die 4 Species in ganzen unbenannten und be- 
nannten Zahlen, die 4 Species in Brüchen, die Regel de tri, die 
Zinsrechnung, die Regel quinque, die Decimalbrüche; und der 
zweite: die Kettenregel, die Gesellschaftsrechnung, die Mi- 
zchungsrechnung, die Regel Cöci, die Progressionen, die Qua- 
drat- und Cubik- Wurzeln, und die Regel falsi enthält. Nach- 
dem der Hr. Verf. in §. 3 das Zahlsystem folgendermassea 
erklärt: ^^Was ist das Zahlensystem? Diejenige Ordnung, die 
Ziffern zu stellen , sie von Einern zu Zehnern gehörig zu ord" 
nen und in Classen zu bringen, dadurch man ungeheure GröS" 
sen bequem schreiben und benennen kann^^^ sagt er in §. 4: 
„ Wie viel Classen des Zahlen - Systems gibt es ? Die Anzahl 
der Classen lässt sich eigentlich nicht genau bestimmen^ denn 
man kann so viele Classen machen , dass die hierdurch entsie* 
hende Zahlengrösse ins Undenkliche fiele y welches für die Mß" 
chenkunst unnöthig sein würde. Das bequemste Zahlensystem 
für die Rechenkunst enthält vier Classen^ wo die ^te Classe mit 
der Quadrillion sich schliesst. '*■ Der Hr. Verf. setzt hier dea 
Begriff der Ziffer als gegeben voraus ( da in frühem §§• noch 
von keiner Ziffer die Rede war) und lässt dann aus Ziffern un- 
geheure Grössen hervorgehen. Eben so legt er Werth darauf, 
dass das Zahlensystem , dessen Bedeutung aus der Erklärung 
nicht zu erkennen ist, nur aus 4 Classen besteht , und lässt da- 
für den Umstand unberücksichtigt, dass Ziffern ausser ihrea 
eigenthümlichen noch einen Stelienwerth haben können. la 
§. 6 heisst es: ^^EineNull gilt einzeln nichts; zur Linken einer 
Ziffer auch nichts; zur Rechten aber gilt sie 10,'^ und in §. 
wird gesagt : „ Was erkennt man aus dem Numeriren ? Dass 
allezeit die zur Linken folgende Ziffer zehnmal mehr bedeute^ 
als die vorhergehende u. s, w. ^^ Wollte Rec. den Worten dea 
Hrn. Verf. unbedingten Glauben schenken, so müsste er 10= 
Eilf setzen, weil zur Rechten einer Zahl Zehn bedeutet, und 
Zehn + Eins = Eilf ist. Eben so müsste So == fünf und 
fünfzig sein, weil hier die Zahl 3 = 5.10 ist, — In §. 16 sagt 
der Hr. Verf.: ^^Addiren heisst Zahlen zusammenzählen ^ um 
dadurch zu erfahren: wie gross diese gegebenen Zahlen zu» 
sammengenommen s*nd;^^ und in §. 17 heisst es: ^^Wo fange 
ich an zuzählen? Zur Rechten^ bei den Einern ; dabei sAe 
ich alle Zahlen als Einer an^ und zähle die Zehner {oderHun" 
derter) zur folgenden Zahl, *^ Wer wird aus §. 16 herausfinden 
können, was man sich unter Addition zn denken habe, und aua 



AnleUiing siir Becheokiuist von Kamm u. SdUiqgUlll Mft 

§. n das Addiren zn erlernen im Stande sein? In §. 27 heisat 
es: ^^Wasfürein Wo rtchen gebraucht man heim Subtrahirenf 
Das fFörtchen von , und das Zeichen — (minus oder weniger)^ 
als: „5 von 8 bleiben 3-6 — 10 = 4 u. s. w,^^ Der Hr. Verf. 
zeigt hier auf das Deutlichste, dass er keinen Begriff von dem 
Zeichen ( — )hat, weil er sonst gewiss nicht die Wörter von 
und minus für gleichbedeutend gehalten und also 6 von 10 = 
6 weniger 10 gesetzt hätte. In §. 32 wird gesagt: ^^fFas heisst 
multipliciren? Mullipliciren heisst: zwei Zahlen mit einan* 
der vermehren;*"^ und in §. 33 heisst es; y^ Wo fange ich an zu 
multipliciren ? Zur Hechten bei den Einern, Dabei sehe ich 
alle Ziffern als Einer an , schreibe die Einer unter die Linie^ 
und zähle die Zehner zur folgenden Stelle,^* Die ErLIärun^^ 
der Multiplication Ul noch nichtssagender, ah die der Addi- 
tion, und das Multipliciren aus §. 33 gar nicht zu erlernen. -« 
Der Hr. Verf. sagt in §. 31: ^Wenn der Multiplicator sichbe^ 
quem in 2 gleichförmige einfache Zahlen ohne Rest theilen 
lässt^^ u. 8. w. Er hat aber weder von gleichförmigen Zahlea 
noch Ton Division (Theilung) in früheren §§. etwas gesagt. In 
§. 40 wird von einer ungleichen Znhl gesprochen, ohne dass 
der Hr. Verf. früher noch mit einem Worte erklärt hat, was 
man sich unter einer ungleichen Zahl denken soll. In §. 45 
heisst es : ^^ Dividiren heisst : Eine gegebene Zahl durch eine 
andere gegebene theilen. ^^ In §. 48 steht: „jPö ich die gege- 
bene grössere Zahl durch eine kleinere theilen soll^ so ist leicht 
zu erkennen^ dass ich bei der höchsten Stelle derselben zu thei- 
len atifangen und bis zur niedrigsten Stelle fortfahren müsse ;^^ 
und in §.49 setzt der Hr. Verf.: ,,3:27 = 9'' u. s. w. la 
§. 66 heisst es: Man soll eine Sorte zerstreuen. Man findet 
späterhin aus speciellen Aufgaben, dass das Zerstreuen einer 
Zahl, z. B. der Zahl 5, nichts anderes heisst, als: man soll 5 
in die Summanden 3 und 2 zerlegen. Die in §. 76 u. 77 gege- 
benen Erklärungen setzen Rec. in Erstaunen; er stellt sie des- 
halb wörtlich folgendermassen hin: „§. 76: Die Zahl, welche 
anzeigt, in wie viel Theile das Ganze getheilt worden sei, wirS 
oben über eine schräge Linie gesetzt, und heisst der Zähler^ 
weil er die Theile des Ganzen zählt; die Zahl hingegen^ welche: 
diese Theüe benennt , heisst der Nenner , weil er den Theilen 
eines Ganzen den Namen gibt, und wird unter die schräge Li^ 
nie gesetzt, §'77: In wie viel Theile kann man ein Ganzes 
theilen f Dies ist unbestimmt , und kann oft nach ffillkühr ge- 
schehen ; oft aber bringt die Rechenkunst nach Beschaffenkeit 
der Umstände die Brüche selber hervor,*^ In §. 81 heisst ea: 
^^ Wie werden die Brüche verkleinert, und une nennt man dies? 
Man nennt es abbreviren oder aufheben, welches geschieht, wenn 
man Zähler und Nenner durch eine beliebige Zahl dividirt, so 
dass kein Rest bleibt;^*' uad in §.83 steht: ^^Was heisst Brüche 



SM Mathematik. 

reduciren? Brüche reduciren heisst: Mehrere Theile eines 
Ganzen in einen Bruch verwandeln , der sich auf das Ganze 
bezieht,*^ Den Regeln, welche bei den Brüchen angewandt 
werden, mangelt jedweder Beweis. Wenn hier und da ein nach 
des Verf. Ansicht gültiger Beweis vorhanden ist, so ist er so 
dürftig und verworren, dass man ihn lieber ganz wegwünschen 
möchte. So sagt z. B. der Hr. Verf. in §. 115: ^^Warum muss 
bei der Division der Brüche der Divisor umgekehrt werden ? 
Dies kann theils aus der Natur der Sache , theils durch Bei- 
spiele bewiesen werden: 1) weil die Division das Umgekehrte 
der MuUiplication ist^ so muss auch in der Division umgekehrt 
verfahren werden. Da nun in der MuUiplication Zähler mit 
Zähler und Nenner mit Nenner multiplicirt werden , so muss 
man in der Division Zähler mit Nenner und Nenner mit Zäh- 
ler multipliciren.^'' In §. 123 heisst es: ^^ff'as ist die Kegel de 
tri ? Die Hegel de tri ist die Lehre von 3 gegebenen geome- 
trischen Proportional -Zahlen oder Sätzen^ zu welchen die ^te 
gefunden werden soll;"' und in §. 125 steht: ^^Was ist ein geo- 
metrisches Verhältniss? Es ist die Gleichheit 2er Zahlen^ 
welche durch die Division gesucht wird.^^ In §. 12T werden 
72 Pfd. mit 24 Thir. multiplicirt und das Product durch 6 Pfd. 
dividirt. Ueberhaupt sind dem Hrn. Verf. die Sätze, welche 
die Regel de tri begründen sollen, gänzlich verunglückt. Wel- 
che Verwirrung herrscht z. B. in den ersten Zeilen des §. 104; 
es heisst nämlich daselbst: ^.Decimalbrüche, Zehnerbrüche oder 
%ehntheilige Brüche sind keine unmittelbaren^ sondern, mittelst 
Vervielfältigung des Zählers , aus einfachen Brüchen entstan- 
dene Brüche-"- In §. 167 wird 0,16(56 — 1x9+6 = ^§=3 
^ gesetzt. Die in §. 1 des 2ten Theiies auf 12 Seiten ^e^^" 
bene Kettenregel ist nicht zu verstehen. Die Mischungi^rech- 
nung kann nur aus einzelnen Beispielen, nicht aber aas den all- 
gemeinen Regeln erlernt werden. Der Hr. Verf. sagt auf Seite 
104: ,y Die Regel C'öci oder die Blindrechnung ist die Kunst ^ 
aus proportionirt aufgegebenen Sätzen ein Facit zu finden^ 
welches aus mehreren Theilen besteht, Uebrigens werden 
durch die Hegel Cöci viele zum Vergnügen dienende Aufgaben 
berechnet.^'' Auf S. 122 Nr. 5 heisst es von den geometrischen 
Progressionen : Die geometrischen Progressionen steigen durchs 
Multipliciren eines jeden Gliedes mit dem gegebenen Exponen- 
ten , und fallen umgekehrt durch die Division, Da dies aber 
bei einer grossen Anzahl der Glieder sehr weitläufig und müh- 
sam wäre, so hat man es kürzer^ wenn man die Dignität oder 
Potenz der Progression genau untersucht und mittelst dersel" 
ben bearbeitet. Der Hr. Verf. sagt auf S. 126 Nr. 1 und auf 
S. 128 Nr. 8 vom Quadriren und Wurzelausziehen, Nr. 1: Ein 
Quadrat oder Viereck ist eine Figur ^ welche ^ gleiche Seiten 
und daher auch 4 rechte Winkel hat. Will man sieh also eine 



t 

f 



I 

Anleitang su BfedienkiiMt too fisnfti n. SchltagldBi MV 

QnadratsuM richtig vorstellen ^ eo denU man eiek einsM^ 
Viereck^ welches in wiÜkührlick gleiche Theile oder Fieredto 
geiheilt worden ist^ deren jedes ein gewisses Maaes hat; diessB 
zusammengenommen multiplicirt gibt die Qaadrat%ahL Nr. 8s 
Die allgemeine Regel zum Ausziehen einer ^uadraitimrzel ist 9 
Man duplire jede Wurzehiffer nach Eins, Zehn , Hundert tf • «. 
w, zum Divisor^ und dividire durchs Duplum ; darnach rüdt^ 
man die noch zehnfach offne Ziffer an^ und subtrahire dasQuiH 
drat von der Ufachen Wurzelzahl an, bis zur hundert "^ ta»* 
send" und mehrfachen^ bis am Ende die letzte Wurzelziffer 
nichts,^ oder einen Bruch übrig lässt. Die Regeln , welche fir 
das Ausziehen der Kubikwurzeln gelten , sind eben so verwor« 
ren, wie die für Quadratwurzeln. Die Lösungen der letsten 
Aufgaben des Buches sind schwer zu verstehen. 

Nr. 2. In dem Rechenhnche des Hrn. Schlingloff sind 
der Reihe nach folgende Rechnungsarten abgehandelt: 1) dio 
Rechnungsarten in unbenannten ganzen Zahlen; 2) die Rech' 
nungsarten in benannten ganzen Zahlen , z. B. ilesolntion , Re- 
duction, Addition; Subtraction, Regula de tri, umgekehrte Re- 
gula de tri ; 3) die Rechnungsarten in unbenannten gebrochnen 
Zahlen; 4) die Rechnungsarten in benannten gebrochnen Zah^ 
len^ z. B. Resolution, Reduction, Addition, Subtraction, Regal« 
de tri, Kettenregel, Interessen- Rechnung, Gesellschafts-Recb*- 
nung, Gewinn- und Verlust- Rechnung. Schon aus dem hier 
gegebenen Inhaltsverzeichniss wird man ersehen, dass der Hr. 
Verf. in Bezug auf die Reihenfolge der einzelnen Lehren sich 
etwas geirrt, und dass dieser Irrthnm eine bedeutende Weit- 
läufigkeit in der Behandlung einiger Rechnungsarten verur- 
sacht hat. Warum hat der Hr. Verf. nicht die Rechnungsar- 
ten der unbenannten Zahlen unmittelbar nach einander abge- 
handelt und dann erst mit benannten Zahlen operirt? 

Wäre auf diese Weise an einem Orte eine Regula de tri 
mit ganzen, und an einem andern eine mit gebrochnen Zahlen, 
wären ferner in einem Capitel die 4Speeies mit ganzen, in einem 
andern die mit «gebrochnen Zahlen nöthig gewesen? Doch 
nun zum eigentlichen Inhalte des Werkes. Der Hr. Verf. ver- 
mischt auf S. 2 die Ziffern mit den Zahlen, und wird dadurch 
an roehrern Stellen dunkel. Auf S. 14 wird gesagt: ^^Eine 
Probe über die Addition , ob man richtig gerechnet hat , anzU' 
stellen, kann durch die Zahl 9 oder durch Hinweglassung einU 
ger Zahlen geschehen, ^' Mit welchem Rechte kann schon bei 
der Addition die Nennerprobe, deren Richtigkeit nur ans Divi-' 
sions-Sätzen sich ableiten lässt, gegeben werden, und welchen 
Vortheii kann ein Lehrer dadurch erlangen, dass der Schüler 
Regeln ohne alle Begründung erlernt. Wird nicht der Ler- 
nende zu einer blossen Rechenmaschine herabsinken, and wird 
er wohl nach Jahren noch eine einsige so auswendig gelernte 



t 



M8 Mathematik. 

Regel anzugeben im Stande sein? Der Hr. Verf. sagt auf & 
17 (§. 1): ^jSubirahiren heisst eine gegebene Zahl von einer an" 
dern ebenfalls gegebenen grössern oder derselben gleichenden 
Zahl abziehen ;^^ er nennt dann (in §. 2) die Zahl, von der ab- 
gezogen wird, Subtrahend^ diejenige, weiche man abzieht, Sub- 
tractor^ u. s. w., und sagt dann in § 3: ^yder Subtractor und 
Rest zusammengenommen müssen den Subtrahend ausmachend' 
Rec. ist es aus §. 1 nicht klar geworden, warum Subtractor und 
Rest zusammengenommen denSubtrahenden geben müssen, weil 
in diesem §. in der That nichts anders erklärt ist, als dass Sub- 
trahiren auch Abziehen heisst. Bei der Division ist nicht dar- 
gethan worden, dass der Divisor mit dem Quotienten mullipli^. 
eirt den Dividenden erzeugt^ und dennoch wird bei praktischen 
Aufgaben dieser Satz beständig aufwandt. Die Bearbeitung 
der Regel de tri in ganzen Zahlen ist mangelhaft; eine Begrün- 
dung dieser Regel ist nicht vorhanden, und nur aus einigen 
wohl durchgeführten praktischen Beispielen kann man diese 
Rechnungsart praktisch erlernen. So sagt z. B. der Hr. Verf. 
auf S. 80 u. 81: i^Zu 3 gegebenen Grössen die ^te zu finden^ 
welche mit den gegebenen in gehöriger Proportion oder Fer- 
haltniss steht , diese Rechnungsart nennt man insgemein Re^ 
gula de tri, oder Rechnungsart von 3 Sätzen^ auch Gliedern, 
Die zu findende ^te Zahl bildet das ^te Glied. Bei dem auf- 
stellen einer hierher gehörigen Aufgabe verfährt man auf fol" 
gende Art: 1) Schreibt man die gegebenen 3 Glieder von der 
Linken zur Rechten , wie solche mit einander in Verbindung 
stehen^ nämlich wie das erste Glied sich zum 2ten oder mittlem 
verhält , so das dritte zu dem zu suchenden ^ten. 2) Multi- 
plicirt man das 2t e mit dem '^ten Glied e^ und dividirt das Pro- 
duct durch das erste^ wodurch man das ^te Glied erhält; z,B. 
3 Personen zahlen 9fl,^ wie viel nach diesem VerhäUniss 6 
Personen ? 

Z P. — 9 fl. — 6 R? 
6 

S|51|18^. 
8 

24 
24 





Warum werden aber bier die 3 Glieder von der Linken zur 
Rechten, wie solche mit einander in Verbindung stehen, neben 
einander gesetzt; warum wird das 2te Glied mit dem 3ten mul- 
tiplicirt, und warum in dem Beispiele nicht die Multiplication 
der benannten Zahlen 9 fl. und 8 Pers. vollzogen, wie dies doch 
die vorhergehende Regel verlangt 1 — Noch viele solcher Fra- 
gen könnte Rec. bei der Regel de tri aufatelleo; er. bemerkt 



*•■'■■ ■ ■ .:- »■ 






jbdjolfaiig BnrB^dbeafcoiitt irosi 



• . "k 



aber nar noch , dasa die Regel de tri nur ana einer Torimf^ * 
achickten gründlichen Lehre der geometrischen Proportion^ . ^ ' 
gründlich abgeleitet werden kann. Auf S. 111 (§. 1) gagt der ! 
Hr. Verf.: ^^Wenn bei Brüchen der Zähler und der Nenner 
solche Zahlen sind^ die beide durch eine und die nämliche Zahl 
dividirt werden können j ohne daas ein Rest sich zeigt, so kanik /;> 
ein solcher Bruch verkleinert werden , wodurch man dessen ^' 
Werth deutlicher vorstellt. Man bedient sich zwar des AuB* 
drucks: die Brüche werden verkleinert ^ jedoch iehalten die^ 
selben ihren anfänglichen Werth^*' n. 8. w. Der auf S. 112 ge« ' 
gebene Beweis dieses Satzes ist aber keineswegs überzeugende .^ - 
Ueberha'upt ISsst sich der Beweis, dass z. B. f = } ist, erat 
nach der Multfplioation i^nd Division der Brüche führent Auf 
S. 113 — 116 kommen alle Regeln vor, welche von der Thett*r ^ 
barkeit einer Zahl durch 2, 3> 4^ 5, 6, 8^ 9, sich aufstellen Jaa*« V 
aen. Warum stehen aber diese so leicht ecweisbaren Regelni 
ganz ohne Begründung da? Die Regeln, welche für die MaW ^ 
tiplication und Division der Brüche gelten, sind klar dargestellt^- 
doah auch hier sind keine bündigen Beweise aufzufinden. Der 
Hr. Verf. kann doch z, B. nicht als Bewei« der Multiplicatioii. 
mit Brüchen ansehen, was er S. 143 (§.4) sagt: y,fVenn man 
f mit ^ multiplicirt , so heisst das Product ^, Würden die. . 
beiden Zähler Ganze gewesen sein^ so hätte das Product eben^' 
falls Ganze geheissen; so aber nannte sich der eine Zähler • 
Drittheile urid den andere Fünftheile; das Product muss daher 
eine Benennung oder einen Nenner erhalten, welcher gemischt - 
war y nämlich Fünf zehntheile. ^^ Die Kettenregel ist nicht be* 
gründet; von der Zinsrechnung sind nur die einfachsten Fälto j 
angegeben, und von der Mischungsrechnung hat Rec. nichtt 
wahrgenommen. 13 m aber nun noch an einem Beispiele zn zel^ ' 
gen, wie klar der Hr. Verf. bei Erklärungen praktischer Rech-^ 
nungen ist, stellt Rec. die auf der ISten Seite gegebene Auf^' 
gäbe folgend ermassen hin: / 

6441 i>^^^^ ^^^ ^*^ Einer addirt, so erhält man 18 sttr 
5^39 ^^^^^If ^^^ 8 Einer schreibt man unter die erste 
^oon Reihet und zählt den einen Zehner zur folgenden ; die - 
9876 ^^^^^ ^^^ Zehner ist 23/ die 8 Zehner stellt man 

unter die Reihe der Zehner^ und addirt die 2 Hunderte 

26438 zu den Hunderten. Man bekömmt 24 zur Antwort i 
wovon die 4 Hunderte in die Zte Stelle der Summe geschrie* r 
ben und die 2 Tausende zu den Tausenden summirt werden^ '"- 
In der Stelle der Tausende entsteht hierdurch die Zahl 26^ ; 
wovon die 6 Tausende in die ^te^ und die 2 Tausende in die 
&A? Steüe angemerkt werden, ^* 

Die Resultate aller im Buche vorkommenden Beispiele sin^ 
in ein eigenes Bändchen gebracht worden. Rec. hält dieao 
J^inrichtiing für sehr zweckmäsaig) kann ea aber nicht billige»^ 



- V 



SSO Mathematik. 

dass bei jedem neaen Kapitel die §§. aufs Neue wieder begin- 
nen* — Druck und Papier sind in beiden Werken zu loben. 

Dr. Götz. 



Grossenlehre, systematisch bearbeitet von Dr. Ferd, Schweins^ 
Hofr. u. ordentl. Prof. in Heidelberg^. Leipzig, bei Leop. Vos8. 
1833. XX u. 201 S in 8. 

Es Ist erfreulich , wenn Männer wie der Verf. dieses Bu* 
cbes Hand anlegen^ um den Innern Anbau der Wissenschaft zu 
fördern; sein Buch ist daher gewiss Vielen wilikommen , und 
namentlich wohl allen denen, die in einer Wissenschaft noch 
etwas mehr suchen, als eine Aufschichtung von Wahrheiten* 
Wenn es sich nun aber in solchem Werke um den Stamm, ja 
um die Wurzel der Wissenschaft handelt, die durch die Menge 
des Reisigs und Blattwerks dem Auge ganz entzogen sind, und 
wenn von dem glücklichen Auffinden dieses Stammes das Ge- 
, delhen der Wissenschaft abhängt, so verdient ein Buch dieser 
Art die grösste Beachtung, aber zugleich auch die sorgfältigste 
Prüfung, damit man sich vergewissere, um wie viel man durch 
dasselbe dem Ziele näher gekommen sei. Zu bedauern ist, 
dass der Verf. sich nicht darüber ausgesprochen hat, was für 
Anforderungen er an eine systematische Bearbeitung machte, 
und müssen wir dieselben daher aus dem Buche selbst zu ent* 
wickeln suchen. Da es bei einem Buche dieser Art gleichgül- 
tig Ist, wie viel mitgetheilt Ist, so wird eine ganz kurze Inhalts- 
anzeige genügen. Es handelt der Vf. Addition, Subtractlon, 
Multiplicatlon, Division, Gleichungen des ersten Grades, Com- 
binationslehre In ihren Elementen, arithmetische Reihen, geo- 
metrische Reihen, Potenziren, Depotenziren (Wurzelausziehea 
und Logarithmensuchen) in der genannten Ordnung ab, und 
gibt, seinem Zwecke getreu, nicht sowohl alle die Einzelnhei- 
ten, die hierbei gewöhnlich zur Sprache kommen, sondern nur 
den Faden, wie alles systematisch an einander hängt; auch ist 
ganz mit Recht hierbei die gewöhnliche Form der Darstellung 
in Lehrsätzen verlassen. Heben wir nun zunächst mit dem an, 
was uns als ein wesentlicher Gewinn für die Wissenschaft er- 
scheint, so Ist es vornehmlich das Bestreben, die Wissenschaft 
aus ihrem Elemente, bei durchaus festgehaltenem Principe, in 
allen Ihren Thellen zu construlren; es Ist das Bestreben, die 
W^ahrhelten von einem elementaren Begriffe aus auf ganz ele- 
mentarem Wege zu entwickeln und die gewonnenen Wahrhei- 
ten wieder Im Begriffe festzuhalten. Dieser Gegensatz gegen 
die Formel -Mathematik der neuern Zeit ist ein Hauptvorzug, 
und heben wir denselben um so stärker hervor, als gerade die- 
ser Gegensatz leicht das Buch in Misskredit bringen könnte; 



-t- V, ^^ 






Sehr«!«: CMwnMnb . ■■Wk'"' 

denn Mandiem encbeint eine Wabrheit iiicbf «Bderi Wab»« 
heit, als wenn sie eine blosse Form ist, ond hat manche Hti-^ 
thenatik gar kein andres Streben, als blosse Verkofipfongsfor« . 
men lu geben , denen man absiehllicb jeden begriflflicbeo Sina 
absprechen soll. Der Vf. geht vom Zählen aus und entwickelt 
die ganze allgemeine Grössenlebre von hier aus , und so muae^ 
es sein; es hat daher der Vf. auch gani bestimmte Zahlen sei- 
nen Beweisen zum Grunde gelegt, welches ebenfalls richtig ist, 
und möchte es nicht sch%ver halten, zu zeigen, dass die gewöhn« . 
liehe Art zu beweisen zwar ein Zugestäudniss der Richtigkeil 
erzwingt) aber keine Ueberzeugung gewahrt. Ein andres Ver* 
dienst ist ferner, dass der Vf. die allgemein^ Grössenlebre an 
aulfasst, dass die Combinations^ehre nothwendlg als ein inte« 
grirender Theil derselben mit auftritt. Dieselbe Ansicht ist im 
einem Schulprogramm des Stettiner Gjmn. vom Prof. Grase« 
mann r. J. 1826 auch ausgesprochen und vollständig entwickelt| 
was hier keinesweges angeführt werden soll, um das Verdienai 
des Vfs. zu verringern, sondern nur, um anzudeuten, wie dies« . 
Ansicht schon einige Freunde zählt, und so die Hoffnung halt' 
sich Geltung zu verschaffen gegen diejenige, nach welcher die 
Comb. L. als gar nicht zur Mathematik gehörig betrachtet wird« 
Erfreulich ist drittens der Versuch, mehrere Zweige derallgem» 
Grössenlehre wirklich systematisch an einander zu knüpfen« . 
die bis dahin vereinzelt dastanden, und rechnen wir daliin die 
Lehre von den Gleichungen, den arithmet. und geometr. Heiheo« 
Es ist uns bishero noch kein Versuch dieser Art bekannt, diese 
Gegenständeso, wie hier geschehen, aufzufassen ; sondern man 
bat meist nur immer eine Definition aufgestellt und von dieser ' 
Definition aus entwickelt. Einen Parallelismus und innern Za« 
sammenhang zwischen der arithm. und geom. Reihe hat der 
Vf. gewiss im Sinne gehabt, welchen herauszufinden er freilich 
dem Leser überlässt. Es ist überraschend, wie der Vf. aof 
einem so elementaren Wege zu diesen Dingen gelangt, und wer 
auch nicht von der Darstellung vollkommen befriedigt wirdf 
der wird dennoch das Sinnreiche dieser Ansicht, die \m We* 
sentlichen den rechten Weg vor Augen hat, nicht verkennen« - 
Am wenigsten genügt die begrMflicbe Entwickelung der Fun- 
ction, von der gesagt wird, „sie sei die bestimmte Bildunga- 
weise ans einer oder aus mehrern Zahlen, ^^ wenngleich das, , . 
was kurz darauf folgt, „dass die Gleichung den Gehalt^ die > 
Function die GestaU festhalte, ^^ sehr charakterisirend ist. 
Recht hat der Vf. viertens, wenji er einen rein combinatorischen ' 
Theil parallel den elementaren Rechnungsstnfen gegenübersteiltt 
ejne Ansicht, die nicht dringend genug empfohlen werden kann." 
Wie jetzt gewöhnlich die Comb. L. in die Algebra eingeflickl' 
wird, wird sie selber verunstaltet, nnd gibt der^Algebra ein ^ 
Biiasgestalletea Anaehep. Vornebmlieh aber verdient diene 



<, 



258 Mathematik. 

Ansicht aasser den wissenschaftlichen Gründen auch noch ans 
pädagogischen und methodischen Rücksichtea sehr empfohlen 
9sa werden^ und es mnss wie von der Geonfetrie und Arithmetik, 
80 auch von derCombinationslehre ein elementarer reiner Theil 
behandelt werden, ehe man zu spätem Zweigen der Mathema- 
tik übergeht, und ehe diese Ansicht eine allgemeine Anerken- 
nung gefunden, wird man weder zu einem Systeme der Mathe- 
matik^ noch zu einem naturgemässen Vortrage derselben gelangen. 
Wenn nun dieses Werk in seinen Grundzügen so sehr be- 
friedigt, so ist es um der Wissenschaft willen um so mehr zu 
bedauern, dass es im Einzelnen nicht streng und consequent 
genug an den aufgestellten Begriffen hält. Der Schade ist 
grdRser, als vielleicht der Vf. glauben mag; denn die kritische 
Richtung unsrer Tage geht vom Einzelnen aus, und nur wena 
alle einzelnen Theile scharf gezeichnet und gut schattirt sind, 
hält sie das Ganze für gut, missfallen aber einzelne Theile, so 
missfällt das Ganze. Es kann auch der, dem die Ideen des 
Vfs. neu sein möchten, zunächst nicht anders den Werth der- 
selben beurtheilen, als eben nach der Art und Weise, wie sie 
aich in der Durchführung des Einzelnen gestalten. Zu diesea 
Schwächen rechnen wir, um das Grosse zunächst im Auge zu 
behalten, die mitgetheilte Skizze der Combinationslehre; sie 
ist un^tystematisch und entbehrt eines Princips, aus dem man, 
wie in der Arithmetik durch das Zählen, die combinatorischen 
Grössen entwickelt. In der Einleitung sagt der Vf- ganz rich- 
tig: „das Wiederholen derselben Grösse und das Nebenernan- 
dersein (?) verschiedener Grössen ist der Grundgedanke der 
Grössenlehre. Die Wissenschaft, welche der entwickelte Grunde 
gedanke ist, beschäftigt sich zuerst mit der Vielheit gleicher 
lind dann mit dem Nebeneinandersein oder mit der Aufeinan- 
derfolge ungleicher Grössen/' Man würde hiernach kurz sa- 
gen: die Grössenlehre ist die Synthesis als gleich oder als un- 
gleich. Dieses charakteristische Merkmal der Combination, 
dass es die Verbindung der Grössen als ungleich sei, verlässt 
hernach der Vf. (§58) und wird dadurch auf den gewöhnlichea 
Weg der Darstellung hingetrieben. Es wird nun das Neben- 
einandersein der Grössen zum Kennzeicheu erhoben, was ledig- 
lich doch hergenommen ist von der räumlichen Aufsteiluug ia 
der Ebne, und daher gar kein Merkmai ist, und darum auch 
nichts zur Entwickelung der Comb. L. hergibt. Dies zeigt 
sich nun auch gleich darin, dass der Vf. keinen andern Aus- 
gangspunct für die Combinationslehre hatte, als die Aufgabe, 
alle möglichen Verbindungen gegebner Elemente (Variationeu 
m. W ) ohne allen Beweis hinzustellen, und daraus die einzel- 
nen Theile der C. L. zu entwickeln. Wenn dies richtig wäre, 
dann müsste in der Arithmetik die erste Aufgabe die sein: alle 
mögiicheu Zahienverkuüpfungen aufzustellen , und müsste maa 






'' Jt- 






• . - '" ■" " 

mns einer ^golclien Anfgtellang dann alle elnielnenTKefle djft)^. 
Arithmetik entwickeln^ Der Vf. leitet nun §. M wieder relll 
combinatorisch die einzelnen Theile der C. L. aus dieser Sxä^. 
gäbe ab, und findet selbst, ^ass er die leMe Abtheilung, ge» 
ordnete Verbindungen mit Wiederholungen und mit Versetm^H 
gen, voran genommen hat. *Dass die Union und Nullion andl 
8chon eine Combinatipn sei, das wird stillschweigend angenoqn^ 
men. Wäre der Vf. seiner erst gegebnen Erklärung, dass di« 
Comb, die Verbindung der Grössen als ungleich sei, treu gCH 
blieben, so wiirde er gewiss einen bessern Weg gefunden, sich 
aber apch zu der Untersuchung veranlasst gesehen haben, ob 
man in einer reinen Comb. L. von Verbindungen mit Wieder« 
holungen reden dürfe, welches, wie leicht zu erweisen, trtts 
der Annahme aller Combinationslehren sehr fraglich ist. Aber 
auch damit, was der Vf. im Einzelnen zur C. L. rechnet, kann ' 
man "nicht einverstanden sein. Er sagt so: „An diesen Ver- 
bindungen ( Variationen mit W. ) können wir folgende Eigen* 
Schäften unterscheiden; 1) die Folge der Elemente, 2) da«^ 
Wiederholen der Elemente, 3) den Werth einer Verbinduikg« 
Mo. 2 ist Schon nicht mehr klar, doch sieht man leicht, was der 
Vf. damit bezeichnen will ; aber No. 3 kann bei einer unbefan-^ 
genen Prüfung der Worte nur den Sinn haben, dass unter dent 
l^erthe ein combinatorischer Werth des Gebindes verstanden 
werden müsse, und fragt man nach einem solchen, so besteht 
der doch nur in dem cpmbinator. Inhalate, d. h. entweder in der 
Menge, öder ii^ der Beschaffenheit der im Gebinde vorkommeiH 
den Elemente; der Vf. versteht aber darunter die Verbindung 
KU einer Summe. Es ist klar, dass hierdurch den Elementen 
wie auch den Gebinden ein arithmetischer Sinn untergescho^^ 
ben wird, und daher von solchen Verbindungen in einer reinen 
C. L. gar nicht geredet werden könne. Zu allen diesen Misa« ; 
griffen scheint der Vf. dadprch getrieben zu sein, dass er alletg 
was gewöhnlich in den combinator. Werken behandelt wird,: 
hier auch aufführen und an einander reihen wollte, und ist doch 
die Untersuchung über das, was zur C. L. gehöre, noch nicht 
geschlossen, oder richtiger gesagt, sie ist noch nicht begonnen. 
Ausser diesen gewöhnlichen Verbindungsarten gibt nun der VH 
»och eine ihm eigenthümliche, die er Versetzungen ohne und 
mit Wiederholungen nennt, die später besser auch Zerstreuuo-^ 
gen genannt werden, denn sie bestehen darin, mehrere Elemente 
auf mehrere gegebene Fächer zu vertheil^. Diese Zerstreuun-'' 
gen V. W. sind auch vom Prof . Oettinger In seinem Werke: D!f-y 
ferenzial- und Differenzen-Caicul, Mainz 1S3V P« ll^i «bgehan«' 
delt, doch nicht; die mit Wiederholungen oder die vielfachen 
Versetzungen, deren Wesen darin besteht, dass in einem Fache 
auch mehrere Elemente stehen können* Nach dem) was nun hier 
von 4i«t^ Verbindungsarten beigebra^t ist, m&saen wir ifo 



254 Mathematik. 

für uberflassi^ für s System halten ; denn es ist gar nicht ge- 
sagt, weder wie sie aus dem Begriffe von Combiaation, noch 
wie sie sich aus der Darstellung der ersten Fundamentalaufgabe 
entwickeln, sondern sie erscheinen hier nur als ein bequemes 
Mittel , durch sie die Anzahl der Verbindungen zu ermitteln, 
also als eine Hiilfsoperation. Da nun aber auch, wie leicht 
zu erachten, die Ermittelung dieser Yerbindnngszahlen nicht 
die Aufgabe der reinen Combinationslehre sein kann, und wena 
man ohnehin auf einem ganz elementaren nnd direkten Wege 
diese Verbindungszahlen ausmitteln kann, so müssen wir diese 
i;iel fachen Versetzungen für überüüssig halten für das System, 
wollen aber damit keinesweges behaupten, dass man nicht viel- 
leicht von ihnen einen sehr guten Gebrauch machen könne. 
Nach diesem Allen ist also die C. L. durch dies Werk nicht 
gefördert, wenigstens bleibt noch immer die Aufgabe, daaPrin- 
cip der C. L. festzustellen und ihre systematische Entwickeinng 
zu geben, was aber gewiss nicht eher gelingen wird, als bis 
man Gehöriges und Ungehöriges gesondert, bis man ermittelt 
hat, worin das Wesen der C. L. bestände. Ein andrer Mangel 
ist der, dass gar nicht darauf hingewiesen ist, wie denn nun die 
spätem Theile der Arithmetik eben mit der C. L. zusammen- 
hängen ; man sieht nicht ein, warum die C. L. nicht erst ganz 
am Ende steht? In einem System muss jedes Glied als ein an 
seiner Stelle nothwendiges erscheinen. Es musste gezeigt wer- 
den, wie sich in der arithmetischen Reihe eben ein combinato* 
risches und arithmetisches Element durchdringe. So sinnreich 
nnd elementar auch der vom Vf. §. 102 eingeschlagene Weg 
ist, durch den man die Summen- und Gliedzahl einer reinen 
arithm. Reihe findet, so Ist dieser Weg nur zu finden möglich, 
wenn man bereits diese Zahl kennt, d. h. dieser Weg ist der 
analytische und nicht der synthetische, und Beweise dieser Art, 
die immer erst aus dem zu Beweisenden abstrahirt worden, die 
Tergewissern uns allemal, dass man nicht mehr systematisch zu 
Werke gegangen sei. Die arithmetische Reihe 1, 3, 6 etc. muss 
Ton einem solchen Gesichtspuncte aus construirt werden , dass 

n n I 1 

die Gliedzahl -J — IlL. sich daraus von selbst ergibt, und so 

1.2 o , 

lange dieser nicht aufgefunden, hat man noch nicht den rechten 
Weg. Diese Reihe entsteht uns durchs Zuzählen, aber so, dass 
die Einheit während des Zählens wächst, und darin liegt nun 
eben das combinatorische Element, indem nämlich durch die 
Anzahl der Glieder gewissermassen ein Ungleiches gezählt wird. 
Zu diesen Mängeln müssen wir nun auch noch rechnen, 
dass der Vf. die Lehre von den Potenzen ganz in das Gebiet 
der geometrischen Reihe hineingezogen hat, und wenn wir der 
elementaren Behandlung dieser Gegenstände auch unsern gan- 
zen Beifall schenken und das Eigenthümliche und Originelle 



diHa nicht Tm-keiiRen , weno «fr «och nicht tu Abrede stellen, n 
das« der Vf. «nf den ■llereinfichsten We;e *u dem Wurzelan»- ' 
liehen und LogaritbmeniucbcD, aelbst cur AaflBgiin? von Gle(- " 
chviigen felangt, ao nAagen wir daa Ganae doch ^cifeLltuca- 
BCD. Das Weaen der Potena nnd des Logaritbinus und aook "; 
der Warael. wird TcrbSlIt; daa WurBfll-aDdLogeritlimeMnchn 
ertcbeint als eine willknrlieheABffabe, di« in denfrübernTha^ ' 
)en gar keine Analogie findet, ein Zeichen, daia der Bjatematt- 
aebe Gang; acbon verlassen ist. Die EzponenleD Verden Biat-- - 
lieh dem Vf. nichts weiter, als die Zähler der Glieder einer 
geometrischen Reihe, deisen tniltlea Glied 1 ist. Der Esp»^ 
■CBt ist aber ein Fac^renaihler , wie der Factor ein ZahlsilH 
1er, wie die Zahl ein ElnheltsaShler ht. Dieae S ZiblatufoB - 
geliea die S RecbnnRgsstufeD und die beliannten 1 Rechnnng^ 
arten, and ihre Trennung gibt einen Riss, der dnrch nichli 
verdeclLt werden bann. Es ist in bedsnern, dsss dem V& 
nicht das schon oben erwähnte Programm an Gesichte gekoB> 
men , es vürde ihn einmal die Uebereinstimmang der Grond- 
anaiehten erfreot, andreraeitB aber ihn anch viellehiht vor deai 
.•ben berBhrtcn Hlsigriffe bewahrt haben. 

IVenden wir ans nun an dem Einselnen, ao musaen wir m. 
als etwaa Lobenawerthea bezeichnen, dasa nicht vott' DefinlUo- . 
, uen aoagegangea wird, sondern dass die Grösse darch die Art« 
wie sie entsteht, in ihrem ganzen Wesen aar Anschaunng ge- 
bracht wird; es iit lobeoswertfa ujid der WisseuKhaft Törder- 
licb, dass, wo erlilärt wird, nicht eine Form-, sondern eine B^ 
griffserlclärong gegeben wird. Aber da der Vf. auf dieae^ 
Wege viel Anstoss fladea wird, indetn ea ganz gebräuchlich g«> 
worden, fast immer nnr Formerkläraagen in gehen, i. B, -^ 
ist die Zahl , welcfra mit b multlplicirt a gibt n. dgl. mehr, M 
war in dieser Befliehnrrg die grosste Sorgfalt notbig, um nicM 
dnrch Uagenauigkeit noch mehr Anstoss xn erregen und dn 
Richtige dadurch n verdächtigen. Nicht ana Tadetsucbi, ttHf 
^rn UoB ans reiner Liebe für diese Ansicht, wollen wir «f 
daher unternehmen, das, was nnv nicht scharf genug scbehrij 
zn bexeichnea und nach Vermögen zn berichtigen; SoglelA 
§. 1 wird gesagt : „ Die Grösse an aich ist Einheit oder Bln^ 
und Ihre Wiederhohrng ist die Zahl.'^ Zur Vorstellung wom 
Blnheit gehngenwirdadnrch, dasswir unter mehreren als gMdll 
fesetzten Vorstelinngen eine absondern, nnd dieae eine ist Iv 
Rttcksicbt anf die fibrlgen die Einheit Soll die Einheit nr 
Elni werden^ so mnm sie erit gesähH werden, indem das Zllb- 
len nn» den Begriff gibt, wie oft di&Binbelt gedacht sei. WeM - 
man dies festhält, so bat man den Beweis in g. 4, dSsa 4+Q=i 
6-)-4 wl, viel BtHng«nter ■us' derGleichheit aller Einhelt«b 
1» S.9 «jmI $. 8 irird dwSablrahlrai nehxerar Staate, r. $.'^ 



256 Mathematik. 

S4 — (9-1-7), ein 2maJi^e8 Abzahlen ^enaDiii, was nicht richtig 
iet^ CK ist nur ein Abzählen zweier Grössen; dazu kommt, dasi 
§. 17 unter einem Gmalig^en xlbzahien Tergtanden wird 6X — 5. 
IS'icht ^anz befriedigend erscheint uns der Ausdruck, wenn 
6(4+^), das Geschäft des Ver\]elf8chens und des Zusahleni 
(§. 14)^ als ein Geschäft mit Unterbrechung genannt wird, wel- 
cher Ausdruck sich auch schon in §.9 findet. Die Behandlung 
der negativen Zahl in §.17 befriedigt nicht; denn einmal sieht 
man gar nicht, wie man zn einer Zahl — 5 gelangt, und dana 
wird doch eigentlich hier grundsätzlich angenommen, dass 
6X — 5 = — 6X5 — (6X5) sei; der Begriff eines negativen 
Multiplicators ist gar nicht festgestellt; es fehlt eigentlich der 
Hauptsatz, dass — 3X — 4=+ 12 sei. Obgleich §. 19 dieser 
Fall zur Sprache gebracht wird durch 6X — (8 — 5) = — 6x 
(6— 5) = — 0X8 + 6X5, so befriedigt der Beweis nicht, da 
er sich auf die grundsätzliche Annahme in §. 17 stützt; auch 
^ ist unsrer Ansicht nach noch immer nicht bewiesen , das« 
— 6X — 5=+6X + 5, wenn— 6(8 — 5) gibt —6.8+6.5. 
Die negative Zahl entsteht uns auf synthetischem Wege durch 
die unlösliche Subtractions- Aufgabe, z. B. 12 — 17 gleich — 5 
d. i. — 5^ in welchem Falle nun die — 5 solche Einheiten hat, 
welche die Eigenschaften der Einheiten eines Subtrahenden 
haben, d. h. die Eigenschaft, dass, wenn sie mit einem Minuend 
(der Ton nun an positive Zahl genannt wird) Terbunden wer- 
den, sie eben so viel Einheiten in demselben aufheben, als sie 
selber betragen. Ein negativer Multiplicator wird demnach 
bedeuten, dass der Multiplicand so oft aufgehoben (snbtrahirt) 
werden soll, wenn nämlich vorher ermittelt worden, dass jede 
Einheit des Multiplicator der Multiplicand ist. Ganz fehler- 
haft erscheint uns aber die Behandlung der Division, die Tom 
Bruche aus beginnt. Es ist der Bruch gerade so eine unauf- 
lösliche Divisions- Aufgabe ^, wie die negative Zahl eine Sub- 
tractions- Auf gäbe ist. Die Einheit, als das Element, muss ja 
untheilbar gedacht werden, und noch mehr die 1 als der Aus- 
druck , dass die Einheit einmal vorhanden gedacht sei. Nor 
der Gedanke an die anderweitige (räumliche) Grösse, welche 
durch die Einheit oder 1 etwa vorgestellt wird, kann die Theil- 
harkeit der Einheit möglich finden ; der Vf. selbst scheint der 
Meinung zu sein, dass dies noch einer Rechtfertigung bedürfe, 
wenn er §. 22 so sagt: ^^Jede Zahl kann als Product zweier 
anderer Zahlen betrachtet werden, von denen also auch ein 
Factor aufgehoben werden kann. Damit dies allgemein mög- 
lich ist, müssen wir die Einheit nach Willkür in Theile zerle- 
gen können.^' Bedarf denn aber dieser Vordersatz nicht erst 
eines Beweises , und wie kann eine nicht erwiesene Bedingung 
die Annahme einer 2ten eben so wenig erwiesenen Behauptung 
erzwingen. Der Divisor verhält sich ala Factor xum Dividend 



Schweins: Grqsflenldue. 257 

gerade eben so, wie sich der Subtrahend zomMinnend ala Stück 
verhält; jeuer hebt so Factoren anf, wie dieser Stücke aufhebt, 
und aus dieser Idee lassen sich alle Sätze für die Brüche gans 
elementar und stringent beweisen, und diese Idee drin|[t sich 
bei einem systematischen Gange als noth wendig auf. Ein an- 
drer Uebelstand bei der Dinsion ist der, dass dem Theilea 
und Messen nicht sein rechter Platz angewiesen ist; daher 
kommt es, dass dieser Abschnitt bei aller Schärfe der Durch- 
rührung der innern Einheit ermangelt, wie denn auch nicht 
einmal die Einführung der Begriffe Theil und Maass anf irgend 

eine Weise vermittelt ist. Eine Messungsaufgabe ist ^|^p) 

eine Theilungsaufgabe ^— und eine Aufgabe -^ kann man 

für die eine oder die andere nehmen, wofür der Beweis aoa 
der Vertauschung der Factoren eines Productes nicht schwer 
ist. Ferner hat sich der Vf. durch das Abzählen und Zuzäh- 
len verführen lassen, die richtige Idee in §. 21, „dass das Divi- 
diren dem Multipliciren entgegenfl;esetzt sei,^^ aufzugeben, und 
liat nun das Letzte vorangestellt. In einer systematischen 
Ordnung mussten voraufgestellt werden §. S4 und §. 35, Mes- 
f^en und Vervielfachen, als die reinen Gegensätze; dann §28 — 
§. 33 Messen und Abzählen, als die vermischte Aufgabe, und 
dann erst §.22 — 27 die Lehre vom Bruche. Der Vf. hat 
dies wohl gefühlt, oder er ist, es anzuerkennen, gezwungen 
'worden, indem er die Multiplication der Brüche vor deren Ad- 
dition behandelt; nur trennt er leider die Division derselben 
"Weit von der Multiplication. Der Abschnitt §. 44 — 51, welcher 
die Lehre von den Proportionen enthält, ist vom Vf. ganz rich- 
tig als ein besonderer Fall des Messens, gleiche Mess barkeit, 
(besser Gleichheit der Brüche) genannt. Diese Lehre von den 
Proportionen hat nur Bedeutung für die räumlichen Grössen 
der Mathematik und gehört nicht zum Systeme der allgemeinen 
Grössenlehre, indem es keinen synthetischen Weg gibt, der 
darauf fuhren könnte. Darum ist es nun aber zu verwundern, 
dass der Vf. die Darstellung des Zahlensystems mit in sein 
Werk aufgenommen, da dieses dem Systeme gewiss ganz fern 
liegt, und nichts weiter ist, als das Instrument, mit welchem 
man Zahlgrössen darstellt, wenn die Menge der Einheiten sehr 
gross wird. Es kann auch ein solcher Zahlenausdruck nach 
allen seinen Theilen nur erst klar werden, wenn die Lehre von 
den Potenzen schon abgehandelt ist. Möge dies hinreichen, 
um den Lesern dieses Werkes, das namentlich allen Lehrern 
der Mathematik empfohlen werden darf, anzudeuten, wie daa 
etwanige Mangelhafte in demselben leicht zu verbessern sein 
möchte, um sie dadurch den Grundideen desto befreundeter 

"'"*^^^"- C. G. Scheiben. 



If,Jmbrb,f.Fha. u,Pid, 9d.Kra,Bm. Bd,\l EffLl, |<y 



S58 Biographie. 

Leben und Studien Friedrich August Wolfs des 

Philologen. Von Dr. fFilhelm Körte. Erster Theil. XIV 
n. 363 S. Zweiter Theil. 314 S. Essen, bei BädekeT. 1833. 8. 

Das wesenllichste Verdienst des vorliegenden Boches be- - 
steht in der Zusammenstellung authentischer Actenstücke über 
das Leben eines so ausgezeichneten Mannes. Die Verarbeitung 
dieses Stoffes aber zu einem organisch zosammenhingenden • 
biographischen Kunstwerkeist nicht gelungen, und wenn niaa 
sich die oft nur allzu chaotisch hingeworfenen Massen au eig- 
nem Genüsse nicht selbst einigermassen zurechtstellt, verwirrt 
das Buch eher den Lebenslauf des grossen Pliilologen, als dasa 
es ein klares Bild dieses so fruchtbaren, nach allen Seiten hin 
wirkenden Geistes vor Augen stellte. Diesen Mangel scheint 
der Verfasser selbst gefühlt zu haben, als er sich S. VI zu dem 
offnen Geständniss bekannte, er habe sich als aq)il6Xoyog be- 
gnügen müssen, statt eines des grossen Mannes würdigen Denk- 
mals den gewissenhaft gesammelten Stoff für irgend einenMei- 
ster seines Fachs zusammenznordnen, zwar kunstlos, aber 
durchdrungen vom Innern Auschaun des unvergleichlichen Man- 
nes. Dessenungeachtet wäre noch grössere Sichtung und An- 
ordnung des reichhaltigen Materials zu wünschen und zu er- 
warten: dann würden auch eine Unzahl unnützer Wiederho« 
lungen von selbst weggefallen sein, die jetzt den Leser um so 
eher unangenehm berühren, als sie nicht selten mit einer ge- 
wissen leidenschaftlichen Bitterkeft durchdrungen sind. Ein 
schreiendes Unrecht hat Hr. K. in dieser Beziehung gegen den 
von Grund der Seele redlichen, Wahrheit und Recht über Alles 
schätzenden Franz Passow begangen, der sich freilich gegen 
Verunglimpfungen nicht mehr selbst vertheidigen konnte, wie 
sie In der Vorrede S. VI und Thl. 1, S. 165. thl. 2, S.91 au« 
gekränkter Eitelkeit nnd andern unlautern Trieben gegen ihn 
erhoben werden, nnd zwar mit einem solchen Unmnth, dasi 
eich Hr. K. nicht einmal Zeit lässt, über das richtige Sachver- 
hältniss nähere Erkundigungen einzuziehen. So schimpft er 
unter andern Passow „einen mehrfach unbesonnenen Schüler 
von Ihm,^' ohne zu bedenken, dass P. in dem Sinne, wie man 
gewöhnlich das Wort nimmt und wie es Hr. K. hier unbedenk- 
lich gefasst hat, Wolfs Schüler nicht gewesen ist, so ansseroi^ 
dentiich viel er auch sonst von ihm gelernt zu haben offen be- 
kannte und ausserdem in freundschaftlichem Verkehr mit ihm 
stand. Dass er sich aber von einem Manne, der mit Gleima 
litt. Nachlass so unverantwortlich geschaltet, für Wolfs philo- 
logische Hefte und litterarische Papiere nicht viel versprechen 
mochte, wird ihm schwerlich ein unparteiischer Beobachter 
verargen. Am empörendsten aber ist es, dass jener unphiloio- 
gische, gereizte Schwiegersohn dem nur Gutes wollenden Passow. 






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Leben n. SMIen F« A* Wglrj. Von Klrttf^ 

«ogar lilier dem Grabe noch Hohn sptechen' konnte. NIctK 
inindeir keck^ j« frech mitunter sind die absprechenden Urlhell« 
liber andre Philologen von höchster Bedentaamkeil, wie über 
Heyne, J. H. Voss, Heindorf, Buttmann, am der noch lebendett 
nicht zn gedenken, Urtheile, die in wissenschaftlichen Gedeih . 
standen um so Terdächfi<rer erscheinen müssen, als Hr. K. seibsi C 
sich S. IV einen Nichtphilologen nennt und somit das Gestand- 
niss seiner Incompetenz g^gen sich selbst ausspricht. 

In den letzten Jahren seines Lebens entschloss sich Wolf 
Nachrichten aus seinem Leben niederznscli reiben. Wenn Rk 
K. in der Vorrede S. IV bemerkt, an eigne Vollendung diesdt 
rhapsodischen Blitter habeW. nie gedacht, so steht diese kahle 
Notiz in offnem Widerspruch nicht nur mit eirfzelnen, theilweise 
sehr Sorgfältig in lateinischer Sprache ausgearbeiteten Stückefi 
(Thl. 2, S. 246 ff.), sondern auch mit dem von ihm selbst anf- 
geschrlebenen Titel: De vita et siudiis P. A. Wolfit^ Philologti 
eommentatio ipsius ad suos olim audüorea et amicos^ partim 
in Germania^ partim apud esteros^^mprimis Helvetios. Berth * 
Uni m. Febr. 18231» der die orsprüngliche Absicht einer zö- .^ 
sammenhingenden Biographie gar nicht verkennet! lässi. Wfr 
können uns daher der Vermuthung nicht erwehren, W. habe, ' 
sowie ihm gerade die Stimmung dazu kam, einzelne Skizzeji 
seines grossen Leb^nsgemäldes ursprünglich deshalb entwor- '- 
feni, um sie dereinst mit leichterer Behaglichkeit zu einem iii 
sich abgeschlossenen Kunstwerk zu verarbeiten, an der AoS- 
führung aber habe ihn allein der Tod Verhindert. Dem scheint 
nun wiecfer sein eignes Bekenntniss zn widerstreben, er liefere 
not Materialien zu seinem Lebensgange, „deren künftigen Gcj- 
hranch ich von einem oder einer der Meinigen oder sonst einedl 
nui* nicht feindlich gesinnten Bekannten wünsche.^* Ebendal. * 
Thl. 2, S. 147: „Ich schreibe dies alles so halb schlafend se 
Deutsch fort, da ich früher das Nämliche lateinisch auf besoit* , 
dern Blättern sorgfältiger verfasst habe. ^^ Diese lateinisch eid 
Blätter wird er aber schwerlich zur weiteren Ausführnng für 
eine seiner Töchter bestimmt haben. Es ist daher wahrschein* ,* 
lieh, dass er in einer schwachen Stunde an der eignen Ausfüh- 
rung seines ursprünglichen Planes verzweifelnd sich zn den 
deutschen Mittheilungen entschloss. Ueber den nrsprüfnglicheB 
Plan aber äussert er sich in der Einleitung zu der begonnenefl 
Biographie, Thl. 2, S. 249, ziemlich unzweideutig: Haud apä*- 
roaum igitur mihifuit, meae afi hanc närrationem conß&ere in^ ' 
tegros annales quosdam omnis vitae^^ quam ut nunc tandeik 
(d. 15. Fehr, 1^23) ausciperem, suaserunt et persuaserunt plti» 
res familiarium et atnicorum, ipsaqne ingruens senectua ddm&r 
nuit, Ac iuvat äesagenario iam maiorem tranaactornm tot ati» 
norum memoriam replicare^ e/, quid in vita egerim aut cert^ 
votuerkn agere^ ad e&rum^ qtii id aum interesae dicebatUf mH- 



* ^ 



■S r 



260 Biographie. 

Harn prodere^ neque longius specie ementifae modestiae amaTi" 
tissimorum hominum frustrari exspectaiionem. Diese lateinisch 
nieder|s:escliriebenen Blätter scheint I!r. K. Tollständig and la 
passender Reihenfolge mitgetheilt zu haben; die deutschen 
aber sind grösstentheils in die Terwickelte Erzählung des Vfg. 
gelegentlich eingeilochten, bald so, dass es ganz handgreiflich 
ist, die Geistesblitze des grossen Meisters von dem fortlaufen- 
den Faden des nicht immer geschickten Wirkers zu sondern, 
bald wieder weniger in die Augen fallend. Da Hr. K. aeia 
Hauptaugenmerk mehr auf Zusammentragen des Afaterials, als 
auf eine durchgängige Verarbeitung desselben gerichtet hat, so 
wäre es wohl am verdienstlichsten gewesen, wenn er alle hier- 
her gehörigen Blätter in chronologischer Reihenfolge geordnet 
wörtlich mitgetheilt hätte. Eine solche Fundgrube würde dem 
künftigen Biographen weit erspriesslicher gewesen sein, als 
solch ein halbes Verfahren, dem man weder den Ruhm einer 
wahrhaft wissenschaftlichen Behandlung, noch den eines durch- 
weg gewissenhaften Sammlerfleisses beilegen kann. 

Das Ganze zerfällt in zweiHauptbcstandtheile, in die eigent- 
liche, freilich sehr zerstückelte Erzählung (Thl. 1 und 2 big 
S. 188) und in die Beilagen (Thl. 2, S. 189 — 313). Der erste 
Theil scheidet sich wieder in folgende Abschnitte : 1) Geburt 
zu Hainrode den 15. Februar 1759 und früheste Kindheit; 2) 
Besuch des Gymnasiums zu Nordhausen von ]lf65 — 1777; 3) 
Studien auf der Universität zu Göttingen von Ostern 1777 bis 
zum Julius 1779. (Die Thl. 1, S. 40 angegebene Jahrzahl 1776 
im März für den Abgang Tom Gymnasium ist lediglich einer 
Uebereilung des Hrn. K. zuzuschreiben, da die Thl. 2, S. 198 ff. 
abgedruckten Abgangs -Zeugnisse unterm 20. December 1776 
und 28. Januar 1777 ausgestellt sind, und sich aus der ganzen 
chronologischen Anlage ergibt, dass W. im Frühling 1777 nach 
Göttingen gekommen sein musste); 4) Wolf Coilaborator in 
Ilefeld von 1779 bis Ostern 1782; 5) Rector in Osterode von 
1782 bis zum August 1783; 0) Professor in Halle 1783 bis zum 
Frühjahr 1807; 7) Uebergang nach Berlin 1807—1824; 8) Tod 
in IVIarseille den 8. August 1824. — Die Beilagen enthalten: 

1) ein Antrittsgedicht des Conrectors Haue in Nordhausen; 

2) Einiges aus dem Leben des Organisten Schröter; 3) Wolfs 
Schulzeugnisse; 4) Bestallung als Coilaborator in Ilefeld; 5) 
Schulgesetze für das Gymnasium zu Osterode; 0) Bestallung 
als Professor in Halle; 7) Wolfs amtliche Einladung zu Sem- 
lers Leichenbegängniss; 8) chronologisches Verzeichniss von 
Wolfs Vorlesungen in Halle und Berlin; 9) lateinische Auffor- 
derung zur Eröffnung des philologischen Seminars in Halle; 
10) Wielands Ansicliten über die Prolegomena; 11) Flaxmanns 
Brief über Wolfs Homer, Englisch und Deutsch; 12) Wolfs 
Vorschläge zur Errichtung einer Universität in Berlin; 13) 



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Iiebeü o. Stadien F. A. Wolfe. Ton ItoHe. ... 

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Brachstucke de vtia et siudüa F. A. JFolßi; 14) VerieichniiMl 
Ton Wolfs iiUerarischem Nachlas»; endlich ein Bijef von Fichte 
an Wolf., 

Mach dieser Darlegung des Inhaltes im AlFgemeinen sei 
ea uns vergönnt, noch einige Puncte einer hesondern Erörterung 
zu unterziehen. Ungemein anziehend ist Wolfs Benehmen, äla 
ihn Heyne und der damalige Prorector der Götting. Universitll 
Ton seinem festen Vorsätze abbringen wollten, sich ausschliess* 
lieh der Philologie zu widmen, und die aus seinen Papieren der' 
Erzählung eingewebten Sentenzen machen den Wunsch nalr 
noch mehr rege, solche Fragmente Wort für Wort originalitef 
zu besitzen. Dann würde man auch schwerlich .solche philister», 
hafte Bemerkungen mit eingestreut finden, wie ThI. 1,. S. 41 
gegen den gewiss aus redlichster Absicht und aus Rücksicht 
auf die perückenhaften Zeitverhältnisse abmahnenden Heyne: 
,,WOLF, ganz bedonnert von dem beruhigtesten PhjlologeQ 
selbst, — dessen Name in seiner Vaterstadt selten ohne An* 
dacht und Haudefalten ausgesprochen wurde^ — die Philologie 
aa gering geachtet zu sehen, und wie dieser selbst einen dieser 
Studien so begierigen Jüngling davon könne zurückschrecken 
wollen, erwiederte: er, obgleich ohne Vermögen , sehe doch 
auf weiter nichts , als auf die Annehmlichkeiten dieses Fachs, 
und dass es wohl sa viele Felder habe, wo sich noch Ruhm 
ernten lasse ^^ u. ». w. Ueberhaupt ist da^ ganze Capitel über 
Heyne mit einer widrigen Malice und offenbaren Verdrehung 
der eigentlichen, wenn gleich manchmal etwas engherzigen, aber 
doch immer gutgemeinten Absichten dieses würdigen Vorgän- 
gers von Wolf behandelt, und es kostet einen die schwerste 
Ueberwindung, nicht in den heftigsten Unwillen auszubrechen, 
wenn man sieht, wie der Leumund oft das Reinste schwarz zn 
brennen versteht. In der redlichsten Absicht trug Heyne sei-» 
nem zwar untreuen, aber höchst talentvollen Zuhörer die Gol-^ 
laborator- Stelle in Uefeld an; was wird nun daraus für ein^ 
Mährchen ausgeheckt? „Es war beiden Theilen erwünscht: 
ihm aus eben gedachten Gründen, Heynen, weil somit der 
aelbstständige, unternehmende, originale, auf gleicher Ehren« 
bahn als künftiger Nebenbuhler wenigstens höchst unbequem» 
philologische Kopf auf die plausibelste Weise hoffentlich anf 
immer von Göttingen entfernt wurde. ^* — Einen solchen Arg« \ 
wohn mag vielleicht Wolf einmal in . einem Anlauf übler Laune 
gehabt haben, aber aus dem tiefsten Grunde seines Herzena 
Ist er gewiss nicht gekommen , er , der jenen später noch id 
Halle bezeichnete als praeceptorem qnondam meum qui oeulU 
tneis mihi carior eat^ der noch später nach mancherlei Händeln, 
die sich durch die Homerischen Untersuchungen entspannen, 
nach der Kunde von Heyne's Tod öffentlich Trauer anlegte und 
der Welt wie seinen Zuhörern durah dieses äuaaere Zeichen 



"r ^ 



• I 



262 Biographie. 

geine wahre Gesinnung zn erkennen geben wollte. Und in der 
That war mit FIejne ein Genius ins Grab gegangen, der in deu 
Auuaiea der Philologie unsterblich fortleben wird. 

Da$8 Wolf als Rector die Schule in Osterode sehr yer- 
wahrlosit fand, wollen wir gern glauben, müssen es aber für 
ein nichts weniger als vorsichtiges und besonnenes pädagogi- 
sches Kunststück halten, dass er an die Stelle der alten abge- 
schmackten Schulgesetze die neuen, nicht etwa bloss nach eig- 
ner bester Einsicht oder mit Zuziehung seiner Collegen, son- 
dern mit den vorhandenen 30 Primanern entwarf. Wir wollen 
dieses Verfahren (sowie sein Bestreben, aus allen Schülern Au- 
todidakten zu machen) gern als eine jugendliche Uebereilnng 
hinnehmen, die W. selbst in späteren Jahren unmöglich würde 
gebilligt haben. Als solche hätte sie daher auch von dem Bio- 
graphen behandelt werden müssen. Dass jener hingegen öf- 
fentliche Examina , die doch sehr häufig zuletzt nur auf eiu 
theatralisches Manövre und eine leere Spiegelfechterei hinaus- 
laufen , wie auch J. FI. Voss in Eutin , im Bewnsstsein seines 
rastlosen Strebens für das wahre Wvihl der Anstalt bei Seite 
setzte, darin mochte er wohl nicht Unrecht gehabt haben. 
Seine grammatischen Exercitia, ohne ein besonderes Lehrbuch, 
sind wohl nur theilweise zu billigen, da es doch dringend noth- 
wendig ist, dem Schüler einen systematischen Leitfaden in die 
Hand zu geben. Die Mathematik scheint ganz leer ausgegao« 
gen zu sein, gewiss nicht zum Vortheil der Schule. 

Um über das von Wolf zu Halle ins Leben berufene philo- 
logische Seminarium ein zusammenhängendes Bild zu gewin- 
nen, rouss man sich die Notizen dazu an wenigstens vier Stel- 
len zusammenklauben, Tbl. 1, S; 118, 162, 200, Tbl. 2, S.218. 
Ganz Deutschland wird es gewiss, so lange wahre Geistesbil- 
dung ein Bedürfoiss ist, stets dankbar anerkennen, dass W. mit 
unerschütterlichem Muthe dahin gearbeitet hat, den Stand der 
gelehrten Schulmänner unabhängig von dem der Theologen zu 
machen. Wie ist es auch anders möglich, dass Jen;and ein 
Schulamt mit warmer Liebe und echter Begeisterung für sei- 
nen Beruf verwalten wird, wenn er darin doch weiter nichts 
sieht, als einen blossen Durcligangspunct zu einer reich dotir- 
ten geistlichen Pfründe? Alles Halbe ist vom Uebel und trägt 
früher oder später nur unreife Früchte. Entweder ganz und 
allein ein tüchtiger Theolog oder ein tüchtiger Philolog üa 
werden soll jeder streben, der sich der einen oder der andern 
Richtung entschieden hingibt; aber beides zusammen sein zu 
wollen, führt in der Regel nur zu einem aufgedunsenen Zwit- 
tergewäehs, dessen gleichmässige Entwickelung gewaltsam ge- 
stört worden. „Das philologische Seminarium sollte nun be- 
sonders diesen Zweck haben und durch seine innre Organisa- 
tion die Wissbegierde der Jünglinge ohnß alle Rücksicht auf 



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Leben «u SMIe« |*. tu l^^V^ fenKSift; "" f|| 

gewabll«! Bredstudiom reixfia lud tbitig «rMteft« JSogMril^ 
6.olite damit der von den leidigen Pädagogen (befonders tii|| 
Salzmann und Campe) unbedachts^m und verfnbreri«€h gepre«. 
digtea Entbehrlichkeit, ja Nutzlosigkeit d^s Studiomi der alte^i 
Litteratur überhaupt, die Axt an die Wurzel ^ei^% werdei;^^ 
Aus Wolfs eigenhändigen Entwürfen für die Einrichtung de9 
^emiuariums wollen wir die wichtigsten hervorheben und tbeiti^. 
weise etwas naher beleuchten. Sie erstrecken sich im Wesejpt? 
lieben auf 14 Hauptpuncte. 1) Tüchtige Lehrer für dieGym- 
nasien, besonders für die oberen Classen vorzubereiten. 2) Or^ 
deniiiche und ausserordentliche Mitglieder des Seminariumk 
3) Stipendien filfr Ordd. 4) Anzahl der Seminaristen nicl^! 
immer gleich. 5) Ein Director und Inspector als Vorsteher. 
6) Philologie Hauptstudium der Seminaristen, jedoch ohne Ver^ 
nachlässigung der übrigem zu allgemeiner Bildung dienendeni 
Wissenschaften , wie der Geschichte, der Philosophie, Matherr 
matik und Physik. Wenn aber W, hierbei wieder allerhand 
Ausnahmen statuirt, so verglast er seinen ursprünglichen Zweck) 
und scheint pur den damals herrschenden Ansichten einige 
Zugeständnisse machen zu wollen, insonderheit wenn er sagt; 
,,Wer sich weiter auszubreiten vermag, Jcann aoch noch einf 
der drei ßedarfswissenschaften daneben betreiben. Also auch 
Juristen^ Theologen, Mediciner, wenn sie obige zum künftigeil 
Lehramte nothwendige Kenntnisse zugleich umfassen ,- können 
selbst ordentliche Mitglieder, des Seminars werden. ^^ — t) Dia 
Vebungen des Sem. verschieden von den eigentlichen Cdliegien. 
8) In vier Semestern sind griechische und lateih. Dichter und 
Prosaiker abwechselnd von den Seminaristen selbst zu erklären, 
und zwar gewöhnlich in lat. Sprache; ^^ Deutsch' Ueberäetzem 
darf jedoch nicht vernachlässigt werden.'^ 9) ^^ Eine Stunde 
die Woche wendet der Director mit den beiden ersten Abthef* 
kingen auf die Uebongen im grammatischen und kritischen Er« 
läutern von Schriftstellern, auch in ästhetischer F|insicht ; eine 
zweite aufs Disputiren und Beurtheilen schriftlicher Aufsätze; 
eine dritte^ des Monats zweimal wenigstens, auf mündliche Ue^ • 
bungen in der Didaktik. ^^ — 10) Jene didaktischen Cebnngea 
sind dreifach: a) praktische Hebungen mit wenigen Schülern^ 
und die Beurtheilung des Directors ^ b) in einer oberen Classei 
lehrt theils der Director selbst vor, theils Ksst er die SeminB^ 
risten lehren ; c) die Seminaristen als Collaboratoren an Gym«» 
nasien. Man sieht hieraus , dass W. die philologischen Semt 
^arien von den pädagogischen Aicht gejlrennlt wissen ivollte, und 
^arin dürfte er wohl nicht (Jqrecht haben. 11) Die Seminarfl 
f ten haben vor ihrem Austritt eipe über einen selbstgewijihltf^ 
^toff gesphriebene Arbeit einzureichen , gLeichsani die Fruftbl 
ih^er bisherigen Bildung. 12) Vergehen. }8) Hier wird daf 
jPr^digt^^t niit dem jgchuUoit irM^ iiim9^ 9P» Rp^k^cbt Wl4 



S6t Biographie, 

die Zeitverliältiiisge in Verbindung frebracht. Spater würde 
W. diesen Artikel gewiss selbst gestrichen haben, wenn er xa 
einer Reorganisation geschritten wäre. Wir l^öniien uns jedoch 
des Verdachtes nicht erwehren, dass Hr. K. ans ganz verschie- 
denen Zeiten herstammende Entwürfe gar za planlos durch 
einander geworfen haben dürfte; denn W. würde mindestens 
besser logisch eingetheilt haben. 14) Fonds des Instituts 1200 
Thaler jährlich. 

Unter den ehemaligen Mitgliedern des Seminars werden 
besonders Heindorf 9 Böckh und I. Bekker hervorgehoben, bei 
denen Hr. K. es nicht unterlassen kann, seinem ziemlich matten 
Witz znwei^en die Zügel schiessen zu lassen. Wenn er von 
den beiden letzteren, noch lebenden Männern Stellen aus Brie- 
fen an W. mittheilt, so fragt es sich, ob diess mit ihrer Erlaub- 
niss geschehen, oder ob Hr. K. indiscret genug gewesen sei, 
fremdes Gut ohne alle Umstände feil zu bieten, er, der so ge- 
waltiges Geschrei gegen solche erhebt, die Wolfs litterarische 
Hefte ohne seine, des leiblichen Erben, Erlaubniss haben ab- 
drucken lassen. 

Tbl. 1, S. 240 finden sich einige recht beherzigenswerthe 
Bemerkungen über die Gegenstände des Unterrichtes auf Gym- 
nasien, die sich auf dasjenige beschränken sollen, was man wis« 
sen muss, um sich in die Vorlesungen auf der Universität fin- 
den zu können, und wodurch das Selbststudium in manchen Fä- 
chern möglich wird. Also nur vorbereitend sei der Gymnasial- 
Unterricht und nur im Allgemeinen bildend, nicht einem beson- 
dern Fache als solchem vorzugsweise gewidmet. „In den 
Schulen sind besondere Stunden für griechische und römische 
Litteratur (soll wohl heissen Litteratur^Geschichte ; denn jenes 
kann W. selbst unmöglich gemeint haben ) , Theorie der schö- 
nen Wissenschaften, Technologie, Botanik , Astronomie, Logik 
und dergleichen mehr durchaus überflüssig und nachth eilig. '^ 
Wenn man nur immer die ersten Grundpfeiler aller höheren 
geistigen Bildung, die beiden alten Sprachen in Verbindung 
mit der Muttersprache, Geschichte und Mathematik, fest im 
Auge behielte, so würden in der Praxis nicht so tausenderlei 
Missgriffe begangen werden. Denke man doch nur an die 
Dutzende von Schulplanen im Baierischen, von denen auch kein 
einziger ins Leben übergegangen zu sein scheint, an die Zwit- 
terwesen von Lyceen, und wie die Monstra alle heissen mögen. 

Dass Hr. K. in dem Artikel über W's. schriftstellerische 
Thätigkeit die Prolegomena zu der Leptinea in seiner Art ex- 
cerpirt, ist zum mindesten unnütz, um nicht zu sagen abge- 
schmackt; denn wem es um die Sache zuthun ist, wird wohl 
bis zur Quelle selbst hinabsteigen. Bei dieser Gelegenheit 
entwickelt Hr, K. wieder einmal seine plumpe Manier ^ indem 







Iiclieii n. Stadien F. A. Wolfii. 1 

' ' • • • 

er uberSchSfer herfSUt M&chte doch derSchtitter bei 
Leisten bleiben! -^^ 

S. 321 findet sieb die merkwiirdige Notiz, W. habe oft 
dariiber Klage geführt, dass er während sdner Abwesenheit ife 
der westphälischen Zeit an seinen gelehrten Apparaten heillat 
bestohlen worden sei, und von Jemand, der Iceineswegs einDn^ 
kundiger müsse gewesen sein. In diesen Worten liegt eine Be^ 
schuldignngy die denjenigen, auf den sie so hämisch und so hartdn 
greiflich gerichtet ist , schwer verletzen mnss. Es hatten sich 
aber damals ganz andre Gerüchte im Hallisohen. Publicum vei^ 
breitet, die Hrn. K. unmöglich unbekannt geblieben sein konop» 
len. Warum also davon kein Wort? Durch wen z. B. solldl 
manche Bücher aus Wolfs Bibliothek au dortige Antiquare verw 
. handelt worden sein, die W. später, wie es verlautet, dureli 
fremden Beistand und mit grösster Mühe nur theiiweise zuriicfc*' 
erhielt? Wenigstens hat er briefliche Aufträge der Art er* 
theilt. Wer sich einmal auf Klatschereien einlässt, muss auch 
alles klatschen. Dasselbe gilt von dem Pracht - Exemplar dei 
Homer, welches dem Marschall Bernadotte überreicht wurdet« 
Da auch diese Klatscherei durch Hrn. K's. Rechtfertigung nocV 
keineswegs zu aller Welt Befriedigung beseitigt ist, et adhw 
sub iudice lia est, so hätte derselben lieber gar nicht gedaehl 
werden sollen. Die Geschichte mit dem Falz klingt gar i« 
fabelhaft und wie mit Haaren herbeigezogen. Sollte sich W. 
auch wirklich einmal auf einer Uebereilung haben ertappen las-, 
aen, so wird darum sein wahrer, unsterblicher Ruhm^ der Mch 
mehr auf geistige als sittliche Grösse erstreckt, auch nicht im 
Blindesten geschmälert werden. 

So sehr auch wir das Verfabren von f. H. Voss und seinen^ 
Sohne gegen Wolfs Uebersetzung der Aristophanischen Wot^ 
ken vom sittlichen und wissenschaftlichen Standpunkte aus roisa« 
billigen miissen^ finden wir doch Hrn. K's. Bemerkung Tbl. t^ 
8. 87 bei Weitem verwerflicher, indem er, der Nichtphilolog, 
Vossens Uebersetzungsweseh ein wahres Hammerwerk nennt 
und dann fortfährt: ,^ Seitdem nun wurden mehr zum Vortheil 
des Hauswesens, als der Fortbildung, die Werke der Alten, 
eines nach dem andern, rüstig zwar, aber Alles über Einen un4 
denselben Leisten gedolmetscht, die Griechen wie die Römei^ 
Episches wie Lyrisches, Elegisches wie Didaktisches, allen 
starr, leblos und steif, etwa wie ein handwerkmässiger Gipa- 
Abguss über ein lebend Antlitz, bis auf die Faser treu, aber 
erstarrt^ erstorben und zum Erschrecken ähnlich. <' — Solch 
freches Urtheil einies dilettantischen Pfuschers überläuft eineii 
eiskalt, wenn man Wahres und Falsches, Schönes undHässli^ 
ches zu unterscheiden versteht. Umständliche Widerlegung 
aller dieser Absurditäten und Extremitäten würde zu Nichts füh« 
ren; ea mag aber doch anf das Urtlieil eines gnmdgediegeneft 



^r V 



866 Bumirtche Litteratar. 

Kenners, auf W. v. Humboldt, in der Vorrede zu Aeschjlos 
Agamemnon S. XVIII verwiesen werden, um das wahre Ver- 
dienst von J. II. Voss in sein gebührendes Licht zu stellen. 

Doch lassen wir alle diese Scandalosa, wie sie sich gele- 
gentlich wiederholen, und tliun lieber einen weiten Schritt vor- 
wärts zu Wolfs schriftiichem Nachlass, während ihn das Buch 
vorher noch vielfältig zauken, murren, das fiij' r^ ct^ccf verges- 
sen und zuletzt sterben lä^st. Der Nachlass selbst ist wie das 
ganze Buch in ein buntes Allerlei durch einander gewürfelt. la 
einem gedruckten Buche, das verkauft wird, kann man mit Recht 
Anspruch auf zweckmässige Anordnung der Theile machen. 
Hier aber überbietet ein iioTBQOv ngozegov das andre. S. 2(i3 
findet sich die Notiz, dass die Uebersetzung der Wolken 9,zar 
neuen Ausgabe voll8tändig von ihm zugerichtet'^ sei. Soviel 
wir wissen, ist dieses Meisterstück der Uebersetzungskunsl 
vergriffen. Warum wird also die neue Ausgabe nicht besorgt? 
An einem zahlreichen Abgang ist doch gewiss nicht zu zwei- 
feln. Hierbei würde es nun wohl am zweckmässigsten sein, 
dass die von Wolf selbstgemachten Veränderungen zwar alle 
I in den Text aufgenommen, die Varianten der früheren Ueber- 
setzung aber vollständig in den Noten verzeichnet würden« 
Eine solche Vergleichung wäre gewiss äusserst belehrend. Ein 
Gleiches gilt von den Zusätzen zu derLeptinea, die gewiss all- 
gemein willkommen sein werden und am ersten geeignet sein 
dürften, die misslungene Wiederholung der ersten Ausgabe 
(durch Bremi) wieder ganz in den Hintergrund zu drücken« 
Sollte sich aber ( was uns bei einem so bedeutenden Werke 
kaum glaublich erscheint) der erste Verleger zum neuen Ab- 
druck des Ganzen nicht verstehen wollen, so wäre wenigstens 
eine einfache Mittheilung der Supplemente höchst erwünscht« 
In diesem Falle würden wir rathen, den ganzen schriftlichen 
Nachlass, insoweit es ausführbar, in Form von Adversarien dem 
Publicum zu übergeben. Auch die Prolegomena ad Homerum 
sollen „mit vielen Aenderuugeu und Zusätzen von W.^^ verse- 
J^ensein. Dr^ jV: Bach. 



D e fabula togata Romanorum, Accednnt fabulamm to- 
gatarum reliquiae. Scripsit et edidit Joh. Henr. Neukirch, ph. D. 
Leipzig , bei Weidmann. 1833. gr. 8. X u. 300 S. 

Diese mit ausgezeichneter Sorgfalt gearbeitete Schrift ver- 
breitet sich über einen Theil der Geschichte des römische^ 
Theaters, den man bisher noch nicht speciell genug ins Auge 
gefasst hatte, und gibt eine so klare und bestimmte Idee der 
togata uncMhrer Classen, als es nur irgend bei unsern Quellep 
möglich ist. So ist man gezwungen im Allgemeinen 9u iirthev- 



.^' '. ' ■ . *■ ^ Jt ' . • . ■ ■ 



len, wenn man auch 6ber einige untergeordnete Penkte mit dtqj^ 
Hrn. Vf. nicht gleicher Meinung ist. Doch da der hier Ter-<i 
stattete Raum dem Unterzeichneten nur die Wahl liea«^ eniwe^ 
der eine Analyse der reichen, fast alle Gattungen der BihneiH 
stücke bei den Römern berührenden Abhandlung su geben^ 
oder näher auf die Kritik der Fragmente der iogaiae einsuge- 
ben, so hat er, im Besits einiger handschriftliehen Subsidien^ 
und weil er über Einiges seine Ansichten schon bei Gelegen- 
heit Ton Munks Pomponins und Schobers Atellanen mitgetbeilt^ 
das Letztere vorgezogen, und empfiehlt nur kurz, aber aus XJe^ 
berzeuguQg, die Leetüre der mit viel Besonnenheit und lieber** 
leguug geschriebenen Bntwickehing S. 1 — 68. Die» Ilauptf und«« 
grübe der Fragmente l«t Nonius, auf dessen kritischen Zustand 
hier das Meiste ankommt. Hr. N. hat ausser Mercier, 1614^'' 
noch acht vorausgegangene Ausgaben mit der grössten Genauig- 
keit verglichen und fast durchgehends deren Varianten ange- 
geben — und allerdings bat diese mühevolle Arbeit ihren Nu- 
tzen hie uird da bewährt, aber in weit mehr Fällen die Wahr- 
h^t verdunkelt. Es ist wahr, dass Mercier häufig stillschwei- 
gend Conjecturen von Gniieimus, Lipäius, Scaliger, handschrift^' 
liehe aus den Exemplaren von Putean, Faber und Passerat^ die 
noch auf der königi. Bibl. sind, aufnahm; aber dennoch gründen 
eich bei Weitem, die meisten Abweichungen von seinen Vorgän- 
gern auf die ältesten und besten Handschriften, so dass ihm^ 
wie man aus Lindemanns Ausgabe sehen wird, Hr. N. weit treuer 
hätte folgen sollen, als von ihm geschehen ist. Eben dadyrch 
wären mehrere Bogen auRaUi erspart worden, die jetzt dorcb ' 
die unnützesten, verdorbenen und verfälschtesten Lesarteii 
von der Welt angefüllt sind. Es versteht sich, dass wir dar- 
aus nicht etwa einen Vorwurf machen: im Gegenthdl mxkH 
ihm sein kritisches Misstrauen, beim Mangel an andern Mittel|i| 
aum Lobe angerechnet werden. Ferner hat er die Lesarteii 
am Rande der Ausgabe von Junins häufig für Conjecturen ge-' 
liommen, da sie, wo nicht ausdrücklich ein leg, oder derglei-« 
eben dabeisteht y Lesarten aus freilich zuweilen mittelmässigeii 
'Handschriften sind. Ich kann gegenwärtig darüber nur iiyi 
Allgenieinen reden und nicht mehr im Einzelnen iiberall nach- 
kommen, da die CoiUtiouen selbst nicht mehr in meinen Häo« ^ 
den sind: aber schon die zwei gegebenen Notizen würden nicht 
Weniges an seiner Arbeit modificirt haben. Ich gehe nun m 
einzelnen Stellen über, für die sich mir gerade eine BemerkuQip 
darbot, ohne die zahlreichen, von Hrn. N. glücklich hergestell*- 
tea oder auf ihre wahrscheinlichen Metra zurückgeführte« 
Fragmente im Einzelneajiamhaft zu machen. 

L Praetextatae, Vom Romulus desNävins ist zu we^ 
nig vorhanden, als dass Lange (Findic. tr. p. 14» not. 18) ta- 
gen durfte: Cujus fragmenia speeiem eomoediae potius voi 



.^^^' 



■* - 



268 Römische Littcratur. 

satirae faciunt. Die einzige nähere Notiz über den Inhalt des- 
selben ist Firn. N«, 60 wie den Frühem^ entgangen: Donat. zu 
Terent. Adelph. IV, v. 21: „Nam falsum est quod dicitur^ in" 
tervenisse lupum Naevianae fabulae ^ Alimonio (so die altea 
edd., n\c\\t alimoniae) Retni et Romuli ^ dum in theatro 
agereturj'^ Ueber seine Ansicht der beiden Varronischen Stel- 
len 8. jetzt K. O. Müller. — Den Paullus des Pacuvius bezieht 
er mit Recht, wie es uns scheint, auf den L. Aemilius P., der 
bei Cannä fiel. Im Fr. 3 Nunc te obtestor war nicht ^e^e her- 
zustellen, wovon anderswo. Fr. 4 gibt Prise so : Quae via ca- 
prigeno generi gradibilis gressio est; Macrob.: Quamvis e. 
pecori grandior gr, est^ woraus Hr. N. iambisch schreibt: 
— Quae via \ Caprigeno generi grddibilisque gressio est. Mit 
geringerer oder vielmehr keiner Veränderung bietet sich dar: 

sx-l-o Quaevts caprigeno generi gradibilis gressio est, 

Atta Aeneadae. Fr. 2 steht bei Non. so: Dis summa tHd 
perduellum est^ quorum aut quibus se a partibus gliscunt» Hr. 
N. nimmt J)is aus Aeneadis entstanden und schreibt: A, Sum- 
ma tibi perduellium est. 3. Quorum ? aüt quibus se a partim 
hus I Gliscunt, rnit der Erklärung der ersten Worte: Id est^ 
summa vis hostium in te invasum venit; dictumque hacputo 
alteri tantum consuli^ qui idem porro interroget, Ausdruck 
und Rhythmen scheinen hier an Schwerfälligkeit zu leiden und 
Vossius Conjectur den Vorzug zu verdienen, wenn man nur ans 
Aeneadis Dis nicht bloss Aen. Vis , wie er , sondern Die via 
machen will: 

Dtc, via summa uhi pirdueUium est? quönam aut qvibua m 

a pdrtibu» 
GUscunt? 

In Fr. 6, Saepe ignavit fortem in spe esspectatio^ war nicht 
fortem in spe zu verbinden und für spefretum zu nehmen, son- 
dern in spe ist so viel als dum sperat» — Fr. 8 Verruncent 
hat cod. Fabri. Derselbe im Folg. devoro; was Hrn. N. Con- 
jectur noch mehr bestätigt, da dieser cod. besser ist, als der 
Wolfenb. Fr. 10 möchte ich lieber rem summam patriam 
(adj.) nostram ohne Kommata schreiben, wenn einmal et nach 
summam getilgt werden soll. Aber nichts ist weniger nöthi^ 
als diess. Der Römer fühlte wohl, was ihm res stiTrama war ; 
übrigens gehört auch nostram zu beiden Substantiven. Bei 
Fr. 11 kann wohl kaum ein Zweifel sein, dass man Castra haeo 
vestra est durch die Interpunction trennen muss, und dass No- 
nius eben durch falsche Verbindung der Worte zu seinem jPV- 
minini generis gekommen ist. Die Stelle erwartet aber noch 
ihre Heilung. — Brutus. Zu Fr. 2 — 8 war Reiz diss. de Bur- 
manno zu nennen; 3, 4 Proin vide^ He quam tu esse käbetem 
däputas cett. zu schreiben. 



Nenkircb: De fabnla togata Romanomm. 9^0 

IT. Ta bernariae* Nach Fr. 2 schein t Naevil CXasiidium 
ein römisches La^er bei Clastidium dargestellt za haben. Wor- 
auf sich K. O. Müllers Clastidius stützt (zu Varro p. 163), ent- 
geht mir. — Titinius, Bßrbatus, In Fr. 1 ist vielleicht . . • 
Phrygiö fui (nicht /wi?f) primo: bdne id opus za schreiben, wie 
ausser den alt. Aus^. der, wie es scheint, sehr neue cod. Passe- 
rat, hat, die freilich an sich keine Auctorität sind ; aber in ge- 
genwärtigem Falle begreift sich das Einschieben des que. Fr. 
2 lässt Hr. N. die Worte, wie sie bei Non. sieben, als Bacch.: 
... Übt ambitiönem viriüii \ Videds antecedere. Mit Verset- 
zung der gleichanfangenden Wörter, die durch das Auslassea 
des einen so leicht entsteh t^ hat man einen wohlklingenden octon.: 

-^ I76t amhitiönem videas virtuti antecedere. 

In Fr. 3 ist quemquam hostem , was in den sonst richtig hier 
entdeckten Creticis nicht am Ende des tetram. stehen kann, 
Tielleicht der Anfang von darauf folgenden Bacchiacis. Fr. 5 
ist als Bothischer Asynartet aus dim. troch. und dim. iamb. ge- 
nommen, da die ganz rein erscheinenden Cäsaren folgende 
iamb. septen. an die Hand gaben: 

• . . • Quod quidem pol tnülier dicit: 
Namque üni collegi sumus. 

— Fullones. In Fr. 3 ist es auffallend statt nunc tecum obse* 
cro die Munk'sche Conjectur Nunc te hoc obs, aufgenommen 
zu sehen, da jene aus einer Vereinigung zweier Vorstellungen 
hervorgegangene Construction bei den Komikern über allem 
Zweifei feststeht. In Fr. 7 finde ich die Lesart der altern 
Handschriften, zu denen ich den von CL Puteanus verglichenen 
cod. Tornesii fügen kann, nach Accent und Verscäsuren ganz 
richtig: 

— Terra haec est, nön aqua, übi tu cett. 

Schwerlich hat Titinius geschrieben: Terra haec^ non aqudst^ 
tibi tu solitus argutarier, — Gemina, In Fr. 3 ist die Wort- 
folge Uxorem paiiciens video oder videbo von Non. und Festus 
übereinstimmend gegeben, dürfte also auf keine Weise geän- 
dert werden; es wäre möglich, dass bei Tit. gestanden hätte: 

Posteäquam f actus 4s maritus, hdnc domum (nach Hrn. N.) 

Jbhörres; tuam quoque eliam uxorem paucies 
Video, 

uras hier ganz besonders passend ist, und Nonios selbst kann 
quoque ausgelassen haben. In Fr. 4 wird man die von Hrn. N. 
verworfene Conjectur Bothe's Ruras inique schwerlich so übel 
finden. Mir scheint sie das Wahre zu treffen; die letzten 
Worte aber, venire soles^ haben den Anschein einer Zusammen- 



27Ö Romiiche Litterafnr. 

viehong, durch dielVonias tiiir denSina verrollständigeii wollte, 
so dass man wol schreiben muss : 

• • . Ruras inique: in urbem paücies 
J'enire • • . . solea • . • . 

Fr. 6 scheint ein troch. octon. gewesen zu sein: i 

— u Mulier crddo advorsus illum res suds conquerilur. 

Bei Fr. 7 weiss ich nicht, warum Ilr. N., der die Bacchiaci rich- 
tig erkannte, nicht so schrieb: 



Ergo üt sua serucft dona, nöhis fachindum est 
Ita , üt cum ea primüm blanditer compar^mua 



CoUoquia, 

In Fr. 8 ist dieEintheilung in senar. iamh., die Ilr. N. vorschlagt, 
der in troch. offenbar vorzuziehen. In Fr. 11 hat Hr. N. mit 
Hecht die Kritik von Lud. Carrio gebilligt. Ganz dieselbe An- 
sicht hegte Douza von der Steile, der Carrions Conj. wörtlich 
als die seinige vorbringt Plaut. EjcpL /F, 13, p. 359 (FraucoC 
l(i02; , nur Si rus Syius schreibend. Cod. Fabri gibt Si rua^ 
dann obstrudi Fr. 12 constituirt Ilr. N. so: Eil ecastor si mo' 
raiae sitis ambae ibiis ut ego \ Möribus. Die codd. geben alle 
ibus ut pro ego innjoribus.m Die Aenderung des letzten in 
tnoribus ist paläographis^ch sehr leicht (dieselbe Verwechse- 
lung bei Tacit. Ann. II, 2 fin.); aber wie soll pro hereingekom- 
men sein ; Ich vermuthe PEOEGO oder ROEGO aus FOSCO 
entstanden : 

... Ku ecastor! si mordlae sitis dmhae 
Ibus , ut posco, moribus . . • . 

In Fr, 15 haben wirklich die codd. his zu denen des zehnten 
Jahrh. censeo; denqoch könnte Mercier's sentio aus dem cod. 
St. Vict. Par. seyn. — Im Fr. der llarubra geben codd. Fabri 
D. Passerat. mit anderem Sinne: Laudo^ quod osculavii 
privignae caput. — Jurisperita. Fr, 1 stellt Hr. N« mit vielen 
Veränderungen Bacchiaci her, während mit der einzigen von 
sese in se folgende iamb. erscheinen: 

Nunc ddeo visam: velle rem magnam aibat se mecüm loqvi. 
Et commodo eccnm i^xit, 

— Psaltria, In Fr. 5 hat cod. Fabri mulieres. Zum vorher- 
gehenden Fr. vergl. Sciopp. Susp, lectt. II., 9, S. 113 f. — i'^r- 
rhia. Das sechste Fr. gibt Non. so: Magisque famae objecto^ 
rent^ ne eam malef actis nobilitarent ^ worin folgender Sinifc 
nichts Anstössiges hat: „Dass sie sie, um ihren Fehltritt nicht 
bekannt werden zu lassen (durch irgend eine verkehrte Mass- 
regel), noch mehr dem Stadtgeschwätz anssetsten/^ als dnrch 
4a8 Auskommen jenes Fehltritta geschehen sein würde. Wo- 



•■•.^•- -■•■.' ■'■■ ■'■■■ r'-'Y'.: 



liigstens hi dies viel Hat&rlictier, als Hrn. If. Sehreibongt <-*> 
Mßgisque f. objectar^ntne eam? | Malefäctü nohüüdrentf Fei^ 
ner ist es «iiffailend, dass er, der In diesen Fragmenten so viele 
Bacchlaci richtig aufgefunden, dieselben hier Terkannl Uai: 

. • • Magisque fdmae ohjectdreaty 
■ * Ne eäm malefacüs nohiÜiirent* 

Fr. 9 steht in allen codd. so: Sed (oder Sede), amaibo^ quid 
desubiio tarn repente ad me venisH ? wo tarn repente. alterding« 
störend nachkömmt. Hr. N. wirft es also mit Bothe als Glosse 
heraus; dagegen aber ist zweierlei zu berücksichtigen; ers^ 
lieh, dass die Abbreviaturen des Nonius, Ton denen es schon 
aus dem zehnten Jahrh. codd. gibt, die Stelle so lasen; zwei- 
tens, dass im ganzen Nonius kein einziges Beispiel einer sol- 
chen Interpolation vorhanden ist, der ja von dergleichen voll 
sein mVisste, wenn je Erklärungen zu seinen alten Worten ge- 
schrieben worden wären., Es muss also, wenn man die Worte 
nicht will gelten lassen , etwas anderes darunter gesucht wer- 
den. Quintus* In Fr. 1 war die Lesart, die die codd. an der 
«weiten Stelle des Non. , p. 2t7, geben , der Cäsur wegen vor- 
zuziehen und trochüisch zu schreiben: 

Quid isiuc 4sty aut quid isüc 8{bi vvU sdrmo^ tnofer, d^ea. 

In Fr. 2 ist wol hur quts für qui zu bessern. Für illum hat der 
cod. v6n Montpellier und, wie es scheint, auch die Collatioa- 
ton Faber, iUam, In Fr. 4 Ilem uti eum oportet libertatem^ 
qui sapit^ ist vielleicht 2//i absolut gesagt von der Lebensweise, 
wie öfter; dann wäre allerdings libertatem qui sapit zu ver- 
binden^ wie Bothe wollte. — Setina. In Fr!. 5 geben codd. und > 
Ausg.: Accede ad sponsum audactter: virgonulla est tale 
(st. talt) Setiae^ wo Bothe leichtfertig audacter schrieb, we- 
idurch freilich ein iambischer Vers herauskömmt, den auch Hh 
N. so gibt ; aber die Uebereinstimmung in der seltneren Schreib« 
-srt, die zugleich auch die Cäsur erhält, musste bedenklich ma- 
chen. Vielleicht ist so zu lesen: 

Accede ad sponsum auddciter: Virgo 'ülltt est taW "SfHiae? 

Das Letzte an den Verlobten gerichtet In Fr. 6 ist onnöthig 
eam in illam verwandelt. Sum ohne Elision. Fr. 8 schreibt 
Mr. N. so: — Quom (nt. Quem) procul adspdsit ^ illum mit" 
tere (tiusimmitter) \ Voluit. RevortU^ qudm iam (st. quon- 
iam) catapulta dvolat. Mit der Erklärung: Mittete^ wm . 
ümplius persequi. Catapulta hie dici videtur ts, quem alter 
ipersecutue est. Man wird diess gezwungen und in vieler Hin» 
sieht anstössig finden. Folgendes gibt wenigatena einen deu^ 
lieberen Gedanken: 

-» (iu^m procäl «1 mdspMt^ in emn nüier 
VoImUs revrtU q^dti ^%m ^atOfiOt^ ^»eM* 



272 Bömische Litteratar. 

Quasi cum gehört Bothe. iVir'^t in aliquem Ton einem, der einen 
andern verfolgt. Passeratius noiirt aus cod. Fabri: Quae pro^ 
cul ssumpsit . . . ., dann qui st. quouiam, — Veliterna. la 
Fr. 1 ist Quot pestes handschriftlich und von sehr gutem Sinn, 
also nicht zu ändern. Fr. 8. hat auch cod. Pass« aufero. Fr. 
Ogibt Hr. N. so: — Omnium Vitium expertem^ cönsili \ FLe'" 
num prohibui. Passerat, dessen Handexemplar auf der königL 
Bibliothek einen reichen Schatz von guten Anmerkungen und 
vielen noch unbekannten, zum Theil sehr wahrscheinlichen 
Conjecturen enthält, aber sehr schwer zu lesen ist, vermuthet 
probi ^i^Xt prohibui. Wonach zu schreiben wäre: 

— ^ Omnium vitium cxpertemy cönaili plenüm probt. 

Fr. 11 ist iogula obuncula nicht Conjertur, sondern in so weit 
handschriftlich, dass codd. des zehnten Jahrh. haben co^tito 
obunlula; cod. Fabri cymbola obnucula, 

Atta. Im Fragment der Megalensia ist die Lesart bei 
Serv. Eclog. VH, 33 der bei Ang. Mai. Interpp. Virg. vorgezo- 
gen; aber jene Stelle des Servius ist nur aus alten Ausgaben, 
deren Verfertiger allerdings einen dem Fuldensis ähnlichen 
cod. über den ganzen Virgil hatten, aber ihn oft sehr willkür- 
lich behandelten, wie aus den Resten des Fuld. zusehen ist« 
Auch ohne diess bemerkt man , beide Lesarten neben einander 
gehalten, welche mehr Spuren der Aechtheit trä^t. Ubi sermö 
solet scheint das Ende des Verses, Suboriri seditiösus der An- 
fang des neuen. 

Afr anius, Abducta, In Fr. 1 sind Anapästen herge- 
stellt, deren Gebrauch bei Afranius nicht glaublich ist. Die 
Aenderung, durch die Bothe einen guten troch. oct. findet, bat 
nichts Gezwungenes; das Wort rem war nach Numeri leicht 
zu übersehen, und wurde, da man sein Fehlen an omnem und 
quam merkte, vor quajn eingesetzt. — Aequales, In Fr. 1 ver- 
setzt Hr. N. Worte« Ohne alle Veränderung gibt sich Folgendes: 

. • . . Is(e, 'üt tu rem narrdsy bona 
Comest hie quotidic. 

Bona fiir das sinnlose dona schrieb vor Mercier Donza Ejcpl, 
Plaut, lir, 24, p. 304. — Augur. Fr.l war nicht zu ändern. 
Es fehlt der letzte Fuss des Senars. Fr. 3 folgt Hr.N. Bothe, 
der puer stäiim versetzt, wegen der Regel des Nonius: S/a- 
iim producta prima syllaba a stando perseveranter et aequali* 
ier signijicat^ welcher Lindemann zu Amphitruo I, ], 125 mit 
Recht widerspricht. An allen von Nonius angeführten Stellen 
gibt der Rhythmus die Kürze so offenbar, dass die Regel nur 
aus Nonius Zeit herrühren kann, wo man die obsolet gewor- 
dene Bedeutung durch eine Veränderung der Aussprache be- 
merklicb machen wollte^ wie diess in allen Sprachen gesciiiebt. 



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— Brundusina. In Fr, 1 hal Bf Ureter nieht oeeuM$$e^ ten» 
dem hoccubüiseej woraus Pasteralias niob't onwahrfcheinlioh 
nacht hoc ebibiase; das andere konnte dnrch die alte Sehreib- . 
ort rrtir B entstehen. — CompUalia. In Fr. 1 war die L6i<^ 
art bei Mercier, die auch Bothe angenommen, nicht zn inderfl; 
-^ Crimen. Auf dieses Stäclc spielt das Fragm. de com. et trag, 
an: ^^Eventu {nomen habent fabulae): Commorientes^ CrU . 
men^ Heautontimorumenos [so die ed. pr. ond einige ihr fol* 
gende, wahrend in den jetzigen Abdrncicen ohne Sinn steht 
^delphi.y* Fr. 2. Stephanus führt diese Stelle in Thes. L. O. ' 
unter ^/^icgatl^onai so an: Haec jejunia jentavit^ wie auch 
der cod. Passer, hat Der Fehler ist viel leicht dadurch ent« 
standen, weil altecodd., wornntelr auch der Von Montpelüer^ . 
durchgehends schjreiben j>;Vn^ar(7. — Emancipatua. In Fr. ^ 
vermnthet Fasseratius: Violentiaque terrent cett In Fr. 2S 
hat die Lesart der Handschriften 

SoWcUo corde cbrpuB poUtur nino qui^ 

nichts AnstSssiges. — Epistula. In Fr. 10 schreibt anch Pash 
eeratios Jactabit st. jactamt , wie Taubmann. Und es scheint 
' noth wendig. — JEsceptua, Fr. 7. Die von Mercier hergestellte ^ 
Lesart bestätigt der cod. Toroesii, der überall mit den bestell 
Handschrr. übereinstimmt, aber von Potean nur zum cap. Pe 
var. signif, aerm. verglichen ist, vielleicht, weil er bloss dieses 
enthielt. In Fr. 8 durfte die proverbiale Redensart herbam 
dare nicht geändert werden. Der Vers Icann ja bei Xtictf/cm- 
tum angefangen haben, so dass kein metrischer Grund gegen 
die Lesart vorhanden i^t. In Fr. 11 conj. Passerat. seponeboß 
für supponeb. — Fratriae. Fr. 1. Man kann nicht sagen me^ " 
rendam occurro für ad m, occurro. Die Worte sind diese; 
Interim merendam occurro; ädcoenam quum veni^ juvat^ dio 
wol nicht anders zu schreiben sind , als mit Bothe, Tnter mer.^ 
oder Fratriia: [Hia] inter m.: „Ich suchte sie während der 
tnerenda auf: als ich aber zur coena bei ihnen ankam, war es 
mir gerade recht. ^^ Die missrathenen Conjecturen von Lipsius 
und Gifanins sind mit Recht gar nicht erwähnt. In Fr. 4 be« 
atätigt Scaligers ater dies auch cod. Fabri. In Fr. 10 cod« 
Torn. praegnatem, und Fr. 19 laverent auch der cod. M ontpelU 

— Incendium. Fr. 1 scheint dnrch eine Versitzung zweier 
Worte entstellt: lUud mementOy ne quid inprimis blateres (im 
Fall in in primis nichts Anderes liegt), statt 

lllüd memento inprimisj ne quid blateres • « • • 

Uebrigens ist diess einer der drei Scazonten, die Hr. N. (s. p. IW, 
S) bei Afranius gefunden zu haben meint; der andere bd 
Fest. V. Seotes; der dritte bei Non. t. Baeülumf BacUlum de-: 
Ueätmn üomesiümposcU^ wo aJU, oder poposeii in einem IIa* 

iir.Jdkr»./.A<l.«.iM.Ml.JQrlt.JM M,XIIiyi.V. 18 



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2)4 Röniifcho Litteratnr. 

^ereii Verse geHtiiuleii liabeii kann, wenn man einmil prom/ 
nicht will. Der letzte Tlicil von Fr. 2 lieiitst nach Guiielmua 
VerbeHH. : la cum filio \ It (it. ei) conjicere ad neacfo quid de 
raliunciila. Wozu llr. N. : Pulo^ conjicere hie eaae susjn* 
Cfiri, colUf^ere; ad aecimdum^ es; wafi gchwerlicli so angeht. 
Nicht übel hi hac, statt ad^ was Passerat. conjicirt. Uebrigena 
ist fieacio quid handschriftlich, 80 wie de rat imicula ^ucli In 
codd. l'orncs. o. Fabii ateht. — Inimici, In Fr. 2 geben die 
Handschriften: 

Ihc übiccro igitur dgite, et me adjutdmini, 

lind auch im Sinne ist zu den Aenderuiigen f/aec u. ui me ad" 
jutemini kein Grund zu entdecken. In aolclien Fällen habea 
die alten edd. gegen iVlercier niemals Gewicht. — Materierae» 
In Fr. 2 stellt llr. N. her: Poslqnam ae vidit \ Inibi esae in^ 
gralam — ; aber inibi eaae ht eine Impersonale Itedenaart, mit 
dem Sinne in eo est rea^ wie er selbMt richtig erläutert: daher 
zweifele ich nicht an der liichti^keit der KothischenConjectiiri 
wenn man ihr nämlich et einschiebt, und die Verse folgender« 
roasscu abtheiit: 

PoHtqtiam cnne vidit 

Inibi et 8CiC scgrcgatum j ihiroulam Boröribua 
Commendaty 

oder Comnufndat^ wenn der Stoff eine Veränderung der Veraart 
mit sich brachte. — Privignua, In Fr. 3 war das von Gullelmui 
gefundene triaiem^ an et um {ni. aervum)^ aerium das Richtige, 
wie aus Terenz. Adelpli. Ti, 4, 12 u. anderen Steilen der KomL 
ker hervorgeht. Ilr. N. hat accrbum^ wodurch die Aaaonans 
verwincht wird. Warum ist in Fr. 7 ?/mi//« geändert? In Fr. 
10 cod. Torn. u. PiiHser. auHculfari^ was man vielleicht wegen 
Videt gesetzt hat. Da iu Fr. II alle codd. geben Occaaioneni 
rar/a (oder cartha) mulier inrolal in collum cett., ist es auffal« 
leud, warum Niemand auf die UiitürlicIisteCJonjectur gefallen ist: 

(kciisionc cüpta mnlicr involui cctt. 

In Fr. 14 und an zwei andern Stellen hat Hr. N. nutnero nicht 
richtig erklärt, weil er itoHt'a vortreffliches Programm nicht 
kannte. In Fr. 11 konnte wohl der erste Vera nach den Iland- 
ficbriftcn bleiben: 

Quae fi'üti} faccrc n6H solcmn» in dic^ 

nur mit Kiuschiebung dos in bei Fr. 21 i^tkcin Grund dte Les- 
art zu andern, da einScIave sehr gut Helb«4t sagen kann durüer 
conattlo tergo mno. In Fr. 22 emeudirt Passerat sehr scheinbar 
eoTmalil, — TItaia. In Fr. 1 schreibt Passerat mit viel Wahr« 
acheiulichkeit (iuani fjuae real/iciim cett. — ropUcua. Fr. 
2 gibt Moo. so: ISlovi^ non inacüuram aneillulam vespere ei 



Offttorom Bobim, Ffagmatta. CMIbf # lUfm 

peHhptoami woraus Hr. N. olin« alle Probabllltit muhh Nw^ • 
non hi8p0Cturafn anoillulam 1 Veipdriifio veti, Iti§oUlitM9ß . 
Bobeliii von Gullelmus rlohtlff lior(«iiielU| da|e;en lui v§Mü9r§ ' 
0i^ wie loh meliio, unbedenklloli au airelolion. Iii d«a vormN 
f chendon Beltplelen hatte Nou. von vettUptcut^ maio. , f ahau« 
dalti mit der Stello dea Afranlua fangen die Deliplele dea Fft« 
inininuina an; nun ateht aelbat in den ftitoaten Ilandaohrlftaa 
deaNonlui, die ich geaehen, bei aoiclien Gelegenheiten daaneu« 
Wort am Rande ; dieiea aohelnt in den Text golcommen lu aeln 
und die Dittographie veapere et vernraaoht lu haben. In Fr. 6 
haben auch viele andere eodd. Tintinnire. In Fr. lit/irojVo«- 
ret ein leidonaohaftlleher Auadrneic für qspoiHiret^ wodurch 
daa ganae Fragm. aelnen Sinn erhlit. «— Jneeria, In Fr. 1 lat 
Merolera dimiUe in ordine aua guten Handachrr.i doch find« 
Ich In dieien aehr verdorbenen Worten nichta WahraoheloU* 
ehorea aii Ilr. N. Zu Fr. 15 vergi. Burmann aur Anthol, 6. % 
p. 661. Fr. 10 lat nach den Varianten bei Otto vlelleloblio 
aehreiben: 

* Qnum »pMit» ad me, filhularique ineipit^ 
Kx öro ei oeulia iut§ bibionea m9 involant, 

Uebor Fr. 21 aua Varro, wo K. 0. Mttiler p. 11 $ublueula$ 
aobrieb, mehr bei einer andern Gelegenheit. 

Nachautragen habe loh nur awol Fragmente; in Tltlnlua 
folgendes depravirte aua Appulejua deOrthogr. $• 10t t^Ota* 
diaior mi gtoria t/uoina hmuloatu» (wo Oa. UmnUoaiui) meri* 
dioaariai uam erü haeo aeplima laurtia/^ Die Verbeaierung 
dea Gelehrten In der Hall Lit. Z. 1827, nr. 276 geht nloht au. 
Daa I weite su Afranlua, Sorviua ad Donat. de Metanlaam. p» 
417 iq« ed. Lindem. t ^^Charientiamua. Ecc0 hao^mui m 
jifianio, Inlenogat aervum aduUacvms Num gut 9 m^ 
quaaaiitf M ille aervna : Bona fortuna^ idvainulkm. 
^tiaai rem diiram dictu miiiua disiL^^ 

Die Aufitatlung des Uuchoa litvon aeltener Bleyani, und 
der Druck faat gani fehlerloi. 

Fr. Dühner. 



Oratorum nomanorum Fragmenta ab Applo Inda Oaaeo 
ot M. I'ornio CJnlon« luqiio ad Q. Aiireliiim fSyminnohum. GolUgll* 
nlqiio IlliutnivU ilenr, Meyenttf Ph. D. et AA. LL. M. Zftrlob| 
OroH, FiUill et Comp. 1832. XXIV u. 278 S. 8. 

Daa dringende UodarrnifiifWeloheadieaevortreiriloheSehrlft 
hervorgerufen, wird ale bereita In ao viele lUnde gebracht ht- 
ben, daaa eine auaführllche Ueschrolbung ihrer KInrIchtuof 
Jetit lu apüt kommen mttebtei Ba aoll alao bler nur daa Wft« . 

18* 



ITff Römiflche Litteratar. 

nentlicbsCe berührt und hie and da eine Berichtiganj der Texte 
aas Hrn. M. unsugänglichen Quellen gegeben werden. Den 
Fragmenten der in chronologischer Folge anfgeführten Redner 
gehen überall gedrängte historische Notizen über den Manu 
und die gewisse oder muthmassliche Veranlassung der Rede 
voraus, die, so weit ich hier urtheilen kann, nach gewissenhaf- 
ter Prüfung aller betreffenden Umstände nledergeschriebea 
sind ; die kritische Behandlurg der Fragmente ist mit grosser 
Besonnenheit betrieben; die Erklärung bei aller geflissentli- 
chen Kurze gelehrt und genügend. Ueberhaupt hat sich Hr. 
M. einer ungewöhnlichen Bündigkeit beflissen, wozu ihn die 
sichtbare Herrschaft über den Gegenstand autorisirte. Die 
letzte zeigt sich besonders in der einsichtsvollen Anordnaof 
der Fragmente, deren Belobung man um so mehr hervorheben 
rouss, weil die dadurch für den Leser gewonnene Bequemlich- 
keit und leichte Uebersicht die darauf vom Verfasser verwandte 
Mühe vergessen lässt« Ausstellungen über das Ganze der Ar- 
beit habe ich nur zwei zu machen; erstlich, dass Hr. M. aus 
den Schriftstellern, die die Fragmente gaben, häufig zu weni^ 
ausgeschrieben und Dinge weggelassen hat, die auf das Frag- 
ment ein Licht werfen ; ich habe mir leider ! von den vielen 
vorkommenden Fällen keinen angemerkt, und erinnere mich nur 
an die Catonische Rede pro Rhodiensibus ^ wo noch mehr aus 
Gellius Worten zwischen und nach den Fragmenten beizugeben 
war; ferner an die Rede von C. Gracchus in P. Popillium, wo 
aus Gellius XI, 13 nicht bemerkt ist, dass das Fragm. ^^inprm^ 
cipio orationis^^ stand. Zweitens hat Hr. M. bei den aus Fe- 
stus entlehnten Fragmenten in der Regel unterlassen, die Worte 
des Cod. von den Ergänzungen der Gelehrten zu scheiden, ob 
diese gleich an einigen Stellen mehr als zweifelhaft sind. -— > 
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen glaube ich auf Einzel- 
nes übergehen zu können, wozu ich gerade eine Berichtigung 
oder nicht ganz unwichtige Variante in Handschriften vorfand. 
Cato. Der Veranlassung, bei welcher Hr. M. die zweite 
Rede, quam dixit Numantiae apud equitea y gehalten denkt, 
scheint die geographische Lage der Oerter nicht günstig m 
sein. Eher möchte ich dieselbe auf die Ereignisse bei Liviua 
XXXIV, c. 19 beziehen. — 5. Or. contra Thermum, Im Fr. 
bei Gell. XIII, 24 fehlt im cod. Reg. facinore; dann liest er 
tantam trucidaiionem^ beides, wie es scheint, weniger gut, als 
die vulg. Im Fr. ausFestus V. Sacramento wäre wohl noch die 
Ironie in den Worten bonafide anzudeuten gewesen. — 18- Or. 
in L, Veturium de sacrißcio commisso etc. Das erste Fr., aua 
Festus V. Stata^ lautet so: Quod tu^ quod in tefuit^ sacra 
Btata^ solemniOy capite sancta deseruiati. Auffallend ist hier 
eapilCy da sonst sanetus niclxi mit einem Ablat. vorkömmt. Man 
könnte freilich erklären quoirum violatio capitia poeua bdimr i 



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, \ . ■ ■ - • .\ . . 

%. - ■■•-'.- ^ 

«ber da, wai ansrnnerkeii war, eapüs bei Paitlia fehlte belniAf- 
«R einer Vertheidi^nn^. Bei dieser Gelffeobeit bemerke klil 
dass bei M aerob. II f, 3: Sanctae leges^ qua» non debmmtpoik. ' 
nae sanctione corrumpi, wie aacli ein cod. des lehnten JahrK« 
liest, Terdächtig ist, da Semus zn Aen. XI, 158 vermnlbUidi 
daher hat: S. l. appellantur quae neque corruptae 9unt^ nefM 
corrumpi possunt^ freilich nur in den alten edd., die mit ihri^ * 
denen des Fnidensis ähnlichen Scholien etwas frei umgingen» 

— 2S. Or, in Q. Minucium Thermum post censuram könnt« 
freilich nach Hrn. M. erklärt werden: quam notae eenaofia^ 
addidit (vergL die Stelle des Liviu» S. ^); aber et ist vial« . 
leicht wahrscheinlicher, das« sie Cato nach seinem Cenaov* 
amte gehalten, bei einer Gelegenheit, wo man den Thei^moä 
beehrte, ohne sich an die vorhergegangene Censur des CatO: W 
kehren, wie in den Fällen bei Cic pro Cluent. c. 42, 48, 45. *^ 
27. Or. uti praeda in publicum rerferaiur. Fr, aus Prise. 6* 1« 
p« 855 Kr.: Miror audere^ atque reHgionem non tenere (ftebl 
antike Construction , an der nicht au iweifeln war), »iaimm$ 
deorum^ exempla earum facierum^fsigna domi prosi^peUe*> 
etile statuere. So liest auch ein cod* au« dem neunten Jahrb. 
cod. Genof.X Saec. harum. Weber: eorum^ was sehr hart' 
ist. Vielleicht stand sacrarum^ was man abkuVate. — S& Ot\ 
de aedilibus vitio creatis scheint nicht nnter die censorischeil . 
2U gehören. Bei Gell. cod. Reg.: in gegetidua^ in h. ohne «£ 

— 4<h Or« proRhodiensibuB. Die lange Stelle aus Gell. VII, , 
3 steht noch in dem ersten cod. Reg. 5165, der bald darauf 
.endigt; er gehört ins dreizehnte Jahrb., ob man ihn gleiell 
nach Gronov's Beschreibung für älter halten sollte; aber ma« 
sieht, dass er aus einem cod. mit sehr alter Orthographie aa4 
Cnclalschrift copirt ist, z. B. statt nosira 9«feiil steht nosIrtMP 
sunt aus nostra esent; ^rtt^o^tm statt privatim; ferner acheioft * 
das Fehlen einaelner Buchstaben, fnr die der Schreiber die 
leeren Räume gelassen, anfein altes, verwittertea Bxemplar^g« 
deuten. Für die Gronov'sche Ausgabe ist er, so viel ich mich 
aus der Vorrede erinnere, dreimal verglichen worden; ealal 
daher kein Wunder, wenn eraiemlich erschöpft ist } dennodi 
linde ich bei einem Blick in dieselbe, dass noch Nachlese Mm 
halten wäre; z. B. ist in eben diesem Capitel zu Anfang LS 
Mhodienges zu streichen, was stört and nicht im cod. ist. 8. 
878, 1 ist nach ihm animatoa eos zu lesen. S. 88O9 18 bat er 
t)iro quiquod opL esset publicum esistimabat^ waa eiif 
quodquod zu deuten scheint. Für das Folg. habe leb die Anag« 
nicht einsehen können; ea ist daher möglich, dass ich manchü . 
anführe, was sie enthält Zeile ^ ist aus dem cod. za leaea 1 
Quod mihi nunc^ wegen der Gedankenverbindung. Z. 5 eed. 
processit. Z. 7 ist laeiiUa zu lesen «tatt Ucentia^ was hier nicht 
paaat, uad vieUeicbi mir ein ichreibfcMer ist« %• 9 ead« m 



218 RGmisclie Litteratnr. 

recto cons. Absatz Z. 2 cod. uii st. ut^ Z. 4 dertselbe das 
Catonische atque st. ac, S. M^ Z. 1 cod. arbitrantur, Z. 2 
derselbe richtig ne advorsus eam flat st. illanu Absatz Qui ac. 
Z. 2 cod. qui vosirorum st. t70«^ ^. , was näher zu untersuchen 
wäre. Z. 3 fehlt quemquam im cod. mit Recht; die edd. ha- 
ben es eingesetzt des Infinit, activi wegen. Neuer Abs. Z. 1 
cod. Ecqua st. Ecquae In folg. : Si quis etc. war Gronov's 
richtige Ansiclit zu billigen. Letzte Z. cod. besser si quis au* 
perbior est q. n. — 46. Or. de bello Carthag. scheint Colli- 
scunt^ was Hr. M. vorschlägt, das Wahre, ist wenigstens wahr- 
scheinlicher als calliscerent^ was Struve wollte, Declin. u. Couj. 
S. 217, und was keinen Irrthiim hervorbringen konnte. Gegeu 
A^%Poenoriim historia^a C. singularilibro coniposita hat schon 
Krause richtige Bemerkungen gemacht, Fragm. hist. S. 97| 
113 f. — 55. Or. hl Pansam. Mercier's Ausgabe des Nonius 
wird häufig^ wie auch von Ilrn. M. geschehen, getadelt, wenn 
die frühern edd. Lesarten geben, die mehr Sinn zu haben 
scheinen, während diess gerade das grosse Verdienst Merciers 
ist, die Schreibart der ältesten und besten codd. überall her- 
gestellt zu haben, wo dieselbe nicht mit Evidenz corrigirt war* 
Auch hier haben die besten codd., wie er drucken liess, sodass 
nicht die leichtfertisreErfindung so/e/i^, sondern sacellos pasceo- 
los^ was Palmerius wollte, das Wahre scheint^ wie die ältesten 
Schriftsteller häufig das genereile und specielle Wort zusam- 
menstellen. — 58. S. 65 aus Isidor De diff, verb, OrsuSy was 
Hr. M. S. 269 conjicirte, finde ich in den hiesigen codd. der- 
selben; ebenso 7ie statt nee weiter unten. — 61. Or, contra 
Cornelium adpopulum halte ich für dieselbe, die Hr. M. nr. lY 
gestellt. — S. 89 auch die hiesigen codd. supprimis^ in der 
Stelle ans Isid. Difl^. — S. 118 Gracchus contio ad pop, aas 
Gell. XV, 12. Gegen Ende cod. Reg.: Zonas, quasplenas ar^ 
genti estuUy eas ex provincia in an es retuli^ stviit vacuas^ rieh«* 
tig. — S. 123, Z. 1 uii balneis esigerentur^ so auch cod. Reg., 
aber mit der Gorrectur von derselben Hand, esirent^ die man 
nicht begreift, wenn nicht wirklich so im Original stand. — - 
8. 126 im Fr. aus Isidor haben hiesige codd. senectuti statt 
des Genit. — S. 136 C. Manilio] Sic codd. omne8 Prise. 
Cod. Genof. hat C Manlio, S. 137 1. penult. cod. Reg. velle 
nobis debefit; 138 , 2 der9. facimus. — S. 152 am Ende ans 
Yaler. Max. VI, 2, 2 nach den besten codd. zu lesen Non es 
tu^ inq, cett; dieselben bestätigen auch ne. — S. 158 bei 
Macrob. Sat. II, 12 hat in den Worten des Titius ein cod. des 
X. Jahrh. Z. 2 die bessere Wortstellung studiose delibuti un-' 
guentis, scortis stipati. Z. 10 ders. narrant st. dicunt^ was 
auf den Hanpttheil der Rede ginge: jedenfalls eine auffallende 
Variante. Z. 14 ders. cum istis nugatoribus potius^ quam cett. 
— S. m. Der Servius Fold. hat weder Lucüiano^ wie Barnu, 



Oratomm Roman. Fragnienta« CoUeg. Mcyer^ ^ 219 

noch Luciliaco^ wie Dan., gondern deatlich LuciUaca IIITy 
\9orm zu liegen scheint: De triumpho Luculli Asiatico. So 
kömmt der Titel mit der andern Stelle bei SerTius in Ueber- 
einstimmung, und die anstössige Zahl fällt weg; denn sollte 
Memmius über diesen Triumph vier Reden gehalten haben? -— 
S. 179 hat der cod. Reg. nicht in libuisti^ wie Gron. angibt, 
eondern in libusiiy was also genau den aufgenommenen Text 
gibt. Das langgezogene / der ältesten codd. ist oft für / ge- 
uommen worden. — S. 180 Or. 5. Statt Vinici cod. Reg. uince, 
— S. 186 aus Gell. XV, 8, Z. cod. Reg. nisi si von zw. H. 
Z« 15 ders. pergit luxuria^ was richtiger. Z. 16 uti st. ut; 17 
defetigentur, — S. 253 haben auch die ältesten codd. des Pri- 
fician, die ich gesehen, Donatia?iu8 und prosper. Vielleicht ist 
zu schreiben: Ut prosper i dicendi successus ostende rent 
(oder ostende runt)^ auditonim benevolentia crescere dicen^ 

iium facultatem^ aus dem Exordium. Statt et cod. Genof. es 
(so.) • Das Fragm. aus Isidor auf S. 25^ hat Otto in der Ausg. 
des Isidor mit Unrecht ausgestossen; nicht nur steht es in hie- 
sigen codd. aus dem 8ten Jahrb., sondern es bleibt auch unbe- 
greiflich , wie Glossatoren zu dieser Stelle aus dem längst ver- 
lornen Fronto gekommen wären. — Ich weiss nicht, aus wel* 
eher Ausg. Hr. M. die^Stücke des Symmachus genommen ^ ist; 
es aus der letzten, so wäre noch viel in diesem Schriftsteller 
zu Gorrigiren, wie man durch folgende Proben aus einem cod. 
des zehnten Jahrh. sich überzeugen wird. S. 264 aus Ep. I, 
78: Hes cecidit es voto: utor teste quo volo. Cod. volui. Ib. 
1,96: Studium^ quod scribendis orationibus eshibeam^ prae- 
mio laudis ausisti. Cod. eshibebam» S. 265, aus III, 7: Cujus 
edendae fiduciam mihi (was fehlte) favor civium dedit^ Ib. 
aus IV, 36 : Ais in manus tuas scripta nostra venissef rotte tuo 
Minervio. Der cod. fügt hinzu proditore^ was vielleicht aus 
Versehen weggefallen ist. Ib. aus IV, 45: Fiducia mihi stili 
atque ingenii mei (was fehlte) nulla est, Sed tua benignitaa 
cett. Man sieht, dass das mei nöthig ist. Ib. aus IV, 64: Nee 
tantum epistolas poscis^ oratiunculas quoque nostras^ non edi" 
tas^ deferri in manus tuas praecipis. Cod. nondum tibi editas^ 
Dann: Misi igitur es recentioribus numero quinque^ quarum 
uni jam fiduciam fecit publicus favor ; aber er hatte gewiss die 
Reden gehalten, ehe er sie entfernten Freunden schickte. Der 
cod. gibt das richtige mihi^ wie oben in III, 7. S. 266 aus V^ 
9: Earum una ad urbanos fascea reauUantem candidattun ie^ 
nuiL Cod. tenuit cand. 

lieber die Vollständigkeit der Sammlung kann ich nicht arthei- 
len, da ich mir nie für die Redner Etwas aufgezeichnet. Doch 
ist mir ein von Hrn. M. übergangenes Fragment aufgestossen, 
bei Macrob. II, : Ipsa vero edulium gener a quam dietu turpiaf 



280 Bümiflclie Littcratur. 

nam Cinoius in suasione legis Fauniae ohjicit eae^ 
culo 8110^ quod porcum Trojanum inensis inferant, quem Uli ideo 
sie vocabant^ quasi aliis inclusis aninialibus gravidum^ ut ille 
Trojanus equus gravid us armatis fuit. So ed. Pontani und der 
oben erwähnte cod. Es ist C. Tiiius^ ans dessen Rede eia 
anderes Fragm, S. 158 stellt. — Nicht angezeigte wichtigere 
Druck- und Schreibfehler sind mir folgende anfi^estossen : S. 4?, 
Z. 7 V. n. Catonem z. I. st. Cato. S. 70 in der Steile ausFeatua 
V. Prodidisse z. 1. fecisse st. fuisse. S. 78, zn Or. 72: Serv. 
ad Aen. 2, wo es 4 ist. S. 86 aus Festos v. Faseales: Ovem^ 
quam (,) in agro Tarentino quod pasceretur. Es fehlt Ta." 
rentinam dicunt, S. 202 in der Stelle aus Severian zn iiH 
terpungiren: audacissimum, de f actione divitem^ wie beiRuhn- 
ken. S. 271, letzte Z. Serv, Aen. st. U z. 1. XI. — Die S. 14 
beilänfig geäusserte Ansicht überNepos trifft gewiss daa Wahre« 
Ein ganz ähnliches Urtheil ist mir auch aus Böckh's academi- 
schen Vorträgen mitgetheilt worden. 



Als Obiges zur Absendung bereit lag, theilte mir Hr. 
T. Sinn er aus seiner reichen Sammlung holländischer Unfver« 
8itätsschriften die von Bolhuis über Cato mit: Diatribe HL 
in M, Porcii Cat. Cens» quae siipersunt scripta et fragmenta 
. . .publ.ej; amini submittit Joan, Hugo van Bolhuis, Traf, 
ad Rh, 1826) Sept. Ohne mich für jetzt auf nähere Erörte- 
rungen Vlber dieselbe einzulassen, ziehe ich bloss das aus, was 
zur VerTollständigong des Buches von Hrn. Meyer dienen kanu. 
1. Or. de lege Oppia» B. glaubt aus der peroratio genommen, 
was man bei Zonaras IX, 17 liest, ohne Zweifel aus Dio Cassiaa 
ausgeschrieben: Koöusl(S&(o6av ovv al yvvccliCEg^ fiTJts XQVö^^ 
HT]rsM^oig, 7J xiöLV ccv^rjQolg xal dpoQyivoig eö^tjuaöiv^ dXXd 

C(X)(pQOOVVy ^ q}LXttVÖQla, CpiXoXBKvla, nscd^ol^ flSXQLOTTJtV j TOiis 

vopoLgrolg TCELiievoig^ tolg onkoig xolg '^^ezigoig^ xalgvlTcaig^ 
toig XQonaioig, (Vergl. auch S. 91 bei Hrn. M.) — 6. Or. de 
falsis pugnis contra Thermum. In der Stelle TonGeliius p.23) 
1. 9 zieht B. Et (für Sed) quantum aus cod. Reg. vor. — 18. 
Or. in L, Veturium. Auch B. will in der Stelle des Festna 
capite streichen, dessen kritischer Beifall ijbrigens nicht eben 
erfreulich ist, da sein Buch von verkehrten Conjectnren strotit. 
— 19. Or. De mutet a contra L. Furium. Im zweiten Fr« aus 
Charis. will B. lesen: Prorsum^ quodcunque videbatur (at. ri- 
debat) , fecisse, — 84 und 35 liält B. für dieselbe Rede. — 
Zu 40, Or. pro Rhodiensibus fügt B. hinzu: AppianPuD. §.65: 
Elöl ydg di^aX xoÖB vop>l^ovöLV^ avxov (Scipionem) ig'Pm^ 
l^aimv C(Dq}Qovt6(i6v a^sltj^at yzLxova xal avxlnaXov avtol^ 
ipoßov kg del naxakintlv^ Iva fitj noxs h^ßglöstccv iv ii$yi&H 
xvxfig ^^^ dyktQiyLvlff xal xq8s ovxo q>QOvq0ai tov Sxtitbovstf 



. *■■■ 



.c 



QW^vfi^hoig ^ütä'Podov. — 50* Adfilium, S. B. p. IdSum» 
— 54. Suaa, in legem populi. . B. schlägt vor legem PetiUi {Pi^ 
tili), 80 dafis die Rede de pecunia regis jintiochi gemeint §ei^. J ' . 
bei Hrn. M. nr. 11. Im Fr. liest er reddidimuSy ans einer Autg. 
des Noniu». — 87 ist aucli B. anf de ambitu gefallen. -^ 8§« 
On ffeletorio. So Non. B : „/« noiis Gothofr. emendatur D4 
Laeiörio (so anch Hr. M.): negue tarnen deflnio, ulrum haeo * ,"^ 
oratio spectaverit ad legem Laetoriam quae CatonSs aetate ej^t 
stabatj quamque A. U. 490 M, Laetorius trib, pL tulerat: t?. 
Em. in Qave.^^ P. 28 fnlirt Hr. M. Piularch: c. 10 blos an, 
aber B. scheint daraus mit Recht das Fragment einer Rede cum 
Censuram peteret zu machen: ^O Kaxav ovdBp,lav ivdiÖovt 
iniBlKttav, aXX &vziXQvg ditukäv ra roig novriQoXg äno tov 
ßi](iarvg^ ical xSHQaycig ^Byäkov nad^ag^iov TQytBiv trjv sroJUfS 
9/|/ov tovg nolXovg^ sl 6o(pQovovOL^ (ifj tov t^ölözov^ äkld td¥ 
Cq)odQ6ravov atgtiö^M täv latgäv xovxov !f a^ov tlvatf 
deal T<Sv xatQiiäGiv Sva, ^XdxTiov OvuXsQiov. Mst ixBlvov 
yag oUcd'ai [idvov t^v zQvq>fiv xal xi[v (laXaxlav^ ßöXBQvÖQov^ 
xBfivfov dcal axoTtataiv^ ngovQyov xi noiijöBiv' xßv d* ßXXmv 
ogav exaöxov äg^ai, xuKcSg ßia^ofiBvov^ oxi xovg xaXßg ag^av^ 
xag didoLKBv^ — Wollte mau umgekehrt Boihuis aus Hrn. -M» 
Arbeit Tervollständigen, so würde man fast einFünftel desGan* 
sen nachzutragen haben; und übrigens steht die Einsicht und 
der kritische Sinn, mit denen die deutsche Sammlung voran*- 
staltet ist, so hoch über der holländitichen Jugendarbeit, das« 
man an eine eigentliche Vergleichung nicht denken kann. Bot» 
huis Vermuthung, dass, nach einer Andeutung Yon AJontfaueo«^ 
noch unedirte Fragmente Ton Cato in der BIbl. Coisliniana Hch ! « 
gen möchten, beruht auf einem Irrthum. Aber Indem künK > 
lieh erschienenen fünften Bande der Auctores class. von Ang*. * 
Mai in 8. scheinen wirklich einige unter Cato'a Namen ange» 
führte Steilen dem alten anzugehören, obgleich die meisten aua 
der Feder ehies sehr späten gleichnamigen Schriflstellera sind* 

Fr. Dübner. 



1) Altdeutsche Dichtungen. Ans der Handschrift heraus-« 
geg. Ton dem Königl. Preaff. Begiernngfl-Medicinalradie Dr. iV^ 
Meyer und dem Kanfmunne E. JP. Maayer, Quediinb« u. Leipi» 
1833. Drnck n. Verlag von 6. Basse. X u. 82 S. gr. 8. 

2) Altdeutsches Elementarbuch. Von Ad. Ziemam. Ente 
Abtheilntig: Grundriss zur Buchstaben* und Fit- 
sionslehre des Altdeutschen^ nebst einemWurT 
%elver%eichniss. Nach Grimm bearbeitet. VIII und 68 B. 
SSwaitoAbthi.-« AtidBUtseh^s t99ebuth^ mit'AiimerbvjH 



282 Altdeutiche Litteratar. 

gen. ym u. 176 S. Qaedlinb. a. Leips. 1833. Drack u. Verlag 
Ton 6. Basse, gr. 8. 

Nr. 1. Die Hrn. Herausgeber dieser Sammlang, von dem 
löblichen Wunsche beseelt, etwas Unbekanntes des deutscheD 
Mittelalters der Vergessenheit entrissen zu sehen, unterzogea 
eich der Bekanntmachang mehrerer mittelhochdeutschen Ge- 
dichte, welche in einem dem Hrn. Dr. Meyer in Minden gehö- 
rigen Papiercodex aus dem 15. Jahrhundert enthalten sind. Den 
Freidank ^ der fast die ganze erste Hälfte des aus 172 Quart- 
blättern bestehenden Manuscripts füllt, schlössen sie bei die- 
aem Abdruck aus, weil es nicht ihr Zweck war, schon bekannte 
Denkmäler von Neuem zu wiederholen oder in einer gereinig- 
tem Form zu geben , sondern bloss einige noch ungedruckte 
Ueberreste aus der vaterländischen Vorzeit an das Tageslicht 
2u fördern, um den gänzlichen Untergang zu verhüten. Dabei 
ging ihr Bestreben dahin, sich nirgends eine Nachlässigkeit oder 
Untreue bei Mittheilung der Texte zu Schulden kommen xa 
lassen, sondern lediglich die Handschrift treu und unverflilscht 
nviederzugeben , weshalb sie sich selbst da keine Abweichang 
von dieser erlaubten, wo Reim und Sinn dieselbe an die Hand 
gaben und forderten. 

Wir haben so die Absicht der Hrn. Heransgeber grosaten- 
theils mit deren eigenen Worten kurz dargelegt. Eine genauere 
Angabe ihres Verfahrens folgt unten. Es sind acht thella 
grössere, theils kleinere Dichtungen, welche das Buch enthält, 
von denen sechs bisher noch gar nicht gedruckt, wenn auch 
8ni|i Theil schon anderswoher bekannt waren. Die erste, auch 
dem Umfange nach bedeutendste (1530 Verse), behandelt die. 
Legende vom heiligen AlexiuSy wie dieser fromme Jünglinf, 
des reichen und vornehmen Römers Effemianus Sohn, um sda- 
Leben in unbefleckter Reinheit und Keuschheit ganz dem Dien- 
fite des Heilandes zu weihen , die liebenden Eltern und eine 
blühende Braut in der Hochzeitsnacht verlässt und siebeniehn 
Jahre lang in Edessa, wo er täglich an der Pforte des Tempels 
aitzt, zur Ehre des Flerrn im Elend und von Ahnosen lebt; wie 
dann seine Frömmigkeit und Heiligkeit durch. eine Erschei- 
nung der Jungfrau Maria dem Volke verkündigt wird, worasf 
er, um den Ehrenbezeigungen der Menschen zu entgehen, aich 
nach Tarsus in Cilicien einschifft, durch einen Storm aber naeh 
Rom verschlagen wird , worüber er anfangs in Schrecken ge- 
räth, bald aber dem Willen Gottes nicht zn widerstreben sieh 
entschliesst und in die Stadt geht; wie er da seinem Vater, der . 
eben mit grossem Gefolge vom Kaiser herkommt, begegnet, ihn 
erkennt, selbst aber unerkannt bleibt, und ihn bei dem Elends 
seines eigenen Sohnes Alexius, den er in Edessa gekannt su 
haben vorgibt, um einen Winkel im Hanse als Wobnplito md. 



«' 



Altdeutsche Dichtungen. Von Meyer u. Moojrer* 

nm geringe Nahrung anspricht; wie er dann, gntea Gemach und 
köstliche Speise abweisend^ auf einem schiechten Strohlager 
unter einer Stiege im Hause des Vaters abermals siebenzehn 
Jahre hindurch lebt, die ärmlichste Kost geniesst, mancherlei 
Spott und Muthwillen der Knechte ruhig erträgt, täglich die 
verlassenen Lieben, Vater, Mutter und Gemahlin, sieht, oft ihre 
Klagen um den verlornen Sohn und Gatten anhört^ ohne je sich . 
ihnen zu erkennen zu gehen, und endlich, als er die Nähe des 
Todes fühlt, seine ganze Lebensgeschichte niederschreibt; wie 
hierauf die Engel seine Seele in den Himmel führen, und eine 
Stimme in der Kirche, die gerade (am Palmsonntage) von Men- 
schen angefüllt ist, gehört wird, welche das Abscheiden eines 
heiligen Mannes im Hause des Elfemianus laut verkündigt. Da- 
hin gehen nun die beiden Kaiser von Rom, Honorins und Acha- 
cus (Arcadius), mit ihnen Papst Innocentius, die Kardinäle und 
die ganze Geistlichkeit; Eifemianus weiss sich die Sache gar 
nicht zu erklären, bis ihm ein Knecht den Tod des elenden 
Filgrims unter der Stiege anzeigt und zugleich das gottselige ^ 
Leben des Mannes preist. Eifemianus eilt an die Stelle, findet 
den Todten blühend wie eine Rose und vom lieblichsten Dufte 
umflossen, in der Hand einen Brief, den er vergeblich sich be- 
müht herauszunehmen. Der Papst, die zwei Kaiser und viele 
Begleiter sind indessen auch herztigetreten, und dem heiligen 
Vater öffnet sich die vorher so fest geschlossene Hand sogleich; 
der ßrief wird gelesen, dann der Leichnam in die Kirche ge- 
tragen, wobei die Glocken von selbst läuten und Gesang von 
Engelstimmen gehört wird. Acht Tage lang bleibt der Leich- 
nam noch in der Kirche stehen, und viele Kranke aller Art 
werden durch seine Wunderkraft gesund; hierauf wird er fei- 
erlich zu Grabe gebracht. Das Gedicht schliesst mit frommen 
Wünschen und Gebeten um ein gottgefälliges Leben und seli- 
gen Tod. — Diese Legende war ein sehr beliebter Stoff bei 
unsern altern Dichtern; die Herausgeber selbst machen einige 
andere Bearbeitungen namhaft. Wir benutzen diese Gelegen- 
heit, um die von ihnen ausgesprochene Vermuthung, das hand- 
schriftlich in Strassburg vorhandene Gedicht Konrads von 
Würzburg über den heiligen Alexius sei mit dem von ihnen be- 
kannt gemachten identisch, als irrig zurückzuweisen, da die 
Vergleichong der von Oberlin (diatribe de Conr. Herbipolit. 
p. 11 n. p. 33 — 35) mitgetheilten Bruchstücke Konrads das 
Gegentheil hinlänglich erweist. Konrad bearbeitete sein Ge« 
dicht nach einem lateinischen Werke, wie er selbst am Anfange 
und wieder am Schlüsse angibt , Oberlin vermuthet nach der 
historia Lombardica des Jacobns de Voragine. Man könnte 
meinen, dass der unbekannte Verfasser unsers Gedichtes viel- 
leicht Konrads Darstellung benutzt habe, wenn mehrere so ähnlf- 
che Stellen in beid en sich filnden, wie bei Konrad (Oberlin p. 35 b.) 



S31 Altdeatiche Litteratar. 

ein maget rtch von böher ftrt, 
diu von keisera künne wof^ 
wart im ze wlbe, ah ich ea loi^ 
gegeben in der kintbeit etc, 

and in unserem Gedichte v. 270 sqq. 

eine maget schoene unde gemeit, 
diu Ton geflehte, als ich ez las^ 
eines höhen keiserg künne was» 

Allein ausser dieser einzigen Stelle ist sonst nirgends eine aol- 
cheUebereinstinimung beider Dichtungen wahrzunehmen. Aach 
beruft sich unser Dichter auf die Legende vom heiligen Aleziai 
als seine Quelle, v. 10, 17. Die in Graffs Diutiska 111.2. p. 2n 
aqq. stehenden Proben aus einer Neuburger Uandschrift vom 
Leben des heiligen Alexius treffen ebenfalls nur in einer Stella 
wohl zufällig mit unserm Gedichte zusammen, während aie im 
Ganzen davon abweichen. Dort heisst es gegen das Enda 
(p. 210 Gr. ) 

— — er gap so starken smac, 

daz ich daz wol sagen mac, 

daz nie von aller würze kraft 

kein appotek sO smakaft 

wart, als was des töten grap. , 

und hier v. 1356 sqq. 

dd vant er in ligen tdt, 
unde bluejete sam ein rdse röt, 
ein solicher smac ton ime gie, 
daz alle apotecken nie 
86 rehte wol gesmahten. 

Anch späterhin wurde das Leben des heiligen Alexias n^dk 
mehrmals Gegenstand dichterischer Bearbeitung, worüber dhi 
Herausg. p. 2 sqq. Einiges beigebracht haben. Ein MeisteriieA 
von Breymyng in Görres aUd, Volks- und MeisterL p. 2M oo^ 
hält einige Züge, welche die ältere Bearbeitung nicht keimt. 

Das zweite Gedicht hat die Ueberschrift : diz ist der t§h 
sant. Es war bisher noch ganz unbekannt. Den Inhalt bUdot 
die aus anderen Bearbeitungen, namentlich einem unserer acbW* 
sten Volksbücher (s. Görres, die teutschen Volksb. p.l5S •44*) 
bekannte und auch durch Tleck (in Leberechts Volksmihrcheü 
und im Phantasus i.) ins Andenken zurückgerufene Geachtchto 
von Peter und der schönen Magelone. Hier ist jedoch aaa deat- 
provencalischen Grafen Peter ein englischer Prinz and aiia der 
neapolitanischen Königstochter eine französische gewordea; 
Beider Namen werden nicht genannt. Der Raubvogel, welcher 
dem Prinzen y während die Geliebte im Schatten dea lUUl^p 






AUdeutscfae Mclll«lge8^ Voü M «jrwiu Mm; 



, 1 






auf seiiiem^Schoosse schlaft, einen ihrer Ringe weplmiiit, Um' 
dass dieser ihn verfolgt und dadurch in der Wildnias sich Ter*, 
irrt, heisst hier ein busant, d. i. Bussard. Das Wort findet sieb 
so auch immitteiniederiSndischenReinaertT. 1153 (inj. Grimnie. . 
Reinh. F. p. 154), wo Grimm anmerlct: mhd. bisant^ ahfiransu 
besant. Das Gedic|it fnllt 1074 Verse. Im Anfang der ErzSb- 
Inng, d.h. nach der voraasgeschickten Einleitung, ist eineLücke« 
die aber von den Herausgebern nischlich nach v. 48 angenom« 
men wird. Offenbar ist zwischen ▼. 40 u. 41 ein tiemiichea 
Stück ausgefallen, welches den Schluss der einleitenden Be- 
trachtungen und den Anfang der Geschichte selbst enthielt! 
T. 41 — 48 gehören der letztern schon an^ und stehen in enger 
Verbindung mit dem Folgenden. ;^ ^^ 

Unter Nr. III. erhalten wir ein schon früher in der Müller- 
sehen Sammlung, Bd. I, gedrucktes Gellicht: Der Ritter underm ' 
zuber. Ein Eheweib treibt heimliche Buhlschaft mit eineni 
Kitter; der Mann, durch seine Bröder aufmerksam gemacht^ 
gibt eine uuTerzüglich nothwendige und roehrtigige Reise vor« . 
um die Ungetreue sicher zu machen und auf der That zu über« 
raschen. Fast wäre es ihm auch gelungen; allein die Fraa 
heisst den Ritter unter eine Wanne schlöpfen, verbirgt schnell 
seine Kleider, und weiss hernach den Zorn des mit seinen Brü- 
dern hereindringenden Mannes zu begütigen und durch List di6 
Suchenden ron dem Zuber abzuhalten. Eine Nachbarin be- 
merkt die Bedringniss der Frau, und hilft ihr dadurch aua 
der Noth , dass sie in einem Stalle Feuer f nlegt. Dieses za ' 
löschen eilen die Männer hinweg, und der Ritter kann nun un*: 
gesehen entfliehen. Die Herausgeber rechtfertigen den Wie« 
derabdruck des Gedichts theits mit der Seltenheit Ton Müllera 
Sammlung, theiis durch die Abweichungen ihrer Handschrifl, 
wo es nur 351 Verse enthält (bei Müller 3d6). Ganz verschie« 
den davon ist die Erzählung von der wibe list im Koloczaer 
Codex, wie die Perausgeber p. 39 allerdings schon richtig vet^ 
muthet haben. 

Die vierte Dichtung, 546 V. Isng, führt den Titel: 0ofi 
eime gewerbe eins und einer. Bisher noch nicht gedruckt« 
Ein Liebender erzählt, wie er bei Bewerbung um die Gunst 
seiner Geliebten anfangs zwar spöttisch zurückgewiesen sei, 
zuletzt aber doch, da sie seine unwandelbare Treue erkannt« 
Liebe zugesagt bekommen habe. Dem grossten Theile nach 
Zwiegespräch zwischen den Beiden. Der Schluss ist eine Er- 
mahnung und Anweisung zum Minnedienst. Ausgezeichneten 
poetischen Werth kann man diesem Stücke freilich nicht ge» 
rade beilegen, jedoch sind einzehie Stellen recht heiter und 
naiT| z. B. v. 117 sqq. 

ich sprach: ir went vertrlbeB mich? 

sl q^radi: gang hin weg, wer hsj^t dicht 



» ■ . 



286 Altdeatsche Litteratur. 

icli sprach: öwd, ich enniac nicht gän, 

61 sprach: s6 solt du varn län. 

ich sprach: Trouwc, ich klage iuch minen smerzen, 

61 sprach: ja ez gct mir an niiner basen herzen« 

ich sprach: ich stirbe an dirre stat, 

81 sprach: dast war, wie tet dir dez bat? 

ich sprach: ihr werdet schnldic an mir, 

6i sprach: ich tnon doch nicht mit dir. 

ich sprach: die sinne han ich yerlorn, 

si sprach: snoche si hinder den ören etc. 

Bisweilen ist der Ausdruck von grosser, Tolksmässiger Derbheit, 
E. B. V. 116, 140, 175, 191, 545. 

Hierauf folgt: dh ist der künec von Frankrichy eine schSne 
Erzählung in 702 Versen, deren Inhalt sehr vielfach zu poeti- 
schen Darstellungen benutzt ist. Ein König von Frankreich 
hat eine reizende und tugendhafte Gemahlin. Diese wird vom 
Marschali, dem Günstling des Königs, um Liebe angesprochen, 
und als sie ihn züchtig zurückweist, sinnt er auf Rache. > Alt 
der König einmal früh auf die Jagd gezogen ist, legt der Mar- 
schali einen Zwerg, der am Hofe gehalten wird, schlafend zur 
schlafenden Königin ins Bette, eilt dann dem Könige nach und 
führt ihn zurück ins Schiai'gemach der Frau. Der König 
schmettert sogleich im Zorn den Zwerg an die Wand, so das« 
er stirbt; auch die Königin soll getödtet werden, und nur auf 
die Vorstellungen und Bitten des Herzogs Leopold von Oester- 
reich, Schwestersohns des Königs, wird ihr das Leben geschenkt. 
Jedoch wird sie durch einen Ritter aus dem Lande geführt» 
Dieser soll sie so lange begleiten, bis sie das Kind, das sie un- 
term Herzen trägt, gebiert, dann dieses dem Könige überbrin- 
gen und die Mutter in der Fremde zurücklassen. Als der Rit- 
ter mit der Königin durch einen Wald zieht, wird er vom Mar- 
schall angefallen und ermordet; die Königin aber entflieht ins 
Gehölz, wo sie einen Köhler findet, bei dem sie mehrere Jahre 
bleibt und weibliche Arbeiten verfertigt, die der Köhler in dag 
nahe Paris zum Verkauf trägt. Sie gebiert hier einen schönea 
Sohn. Der ermordete Ritter hatte einen treuen Hund ; dieser 
bleibt beim Leichnam, bis ihn der Hunger von dannen treibt. 
Er läuft an den königl. Hof, sieht da den Marschall, beiast 
ihm eine tiefe Wunde und raubt dann vom Tische ein Brot^ 
mit dem er wieder in den Wald zum Leichnam seines Herrn 
zurückeilt. Dasselbe wiederholt er noch öfter; einmal aber 
lässt der Marschali die Thüre schliessen, da der Hund gekom« 
men, und als dieser nun wieder den Marschall heftig in dea 
Schenkel beisst, so befiehlt der König, ihn zu tödten. Der 
Hund findet keinen Ausweg und springt endlich dem Herzog 
Leupold auf den Schooss, als suche er da Hülfe. Dieser oimmt 



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jUMeotscbo JElidttangeH« Toa Meyvf ' «. ^'^- 

sich auch seiner an und tpricht oiBTen die Vermothong Ins, datt" 
der treue Hund den Marschali wohl .bloss deswegen anfalle, 
weil dieser der Mörder seines Herrn sei. Ein Gottesurtheil 
soll die Safhe entscheiden. Der Marschall muss mit denH Hnnde 
kämpfen, wird besiegt und bekennt unter den Zähnen desPm^ 
des , der ihn fest an der Kehle gepackt hält, alle, seine Verbre* 
chen; worauf er gerädert wird. Nach der Königin aber wer«' 
den nun überallhin Boten ausgeschickt, jedoch lange Tergebena. 
Endlich aber leiten die feinen Arbeiten, die der Köhler immw 
in die Stadt bringt, auf die Spur; der König lässt den Mann vor 
sich bringen y erfährt Alles und auch die Geburt des Sohnes, 
reitet dann mit grossem Gefolge in den Wald und führt fröh- 
lich die Wiedergefundene mit dem Kinde nach Hatase. — Daa- 
selbe Gedicht hat auch Graff in der DintiskaHI. 3. p. 318 — 
3d7 herausgegeben aus einer Wiener Handschr. des 15. Jahrb.. 
welche jedoch der von den Hrn. M. u. M. mitgetheilten gar 
sehr nachsteht, indem diese im Ganaen weit vollständiger und 
im Einzelnen reiner und correcter ist. Einzehie Verse aber^^ 
die in dieser durch Nachlässigkeit des Schreibers ausgefallen, 
können aus dem Wiener Codex ergänzt und auch mehreres Fal-« 
ache bei^ichtigt werden. Mehr Uebereinstimmung scheint bei 
der frülier im Vatican befindlichen Heidelberger Handschrift 
nr« 472 nach dem in Wilkens Gesch. der Heidelb. Büchers. 
p« 487 gedruckten Anfange Statt zu finden. Das ausserdem 
noch von den Herausgebern erwähnte Gedicht des Büheler, von 
einer Königstochter von Frankreich^ hat gar nichts, wiesle 
richtig Termutheten , mit dem unsern gemein. 

Das sechste Gedicht, 707 Verse enthaltend, führt die Ue-> 
berschrift : dh ist der schuoler von Paris. Die überaus schöne 
Tochter eines reichen Pariser Bürgers wird vom Vater, der ein 
LiebesTcrhältniss zwischen ihr und einem Schüler (Studenten) 
bemerkt* in so strenger Hut gehalten, dass sie den Geliebten, 
den schönsten aller Jünglinge, lange Zeit nicht sehen und spre- 
chen kann. Jedoch durch Vermittelang eines Priesters, dem 
sie in der Beichte ihr Ungemach anvertraut, besucht der Schü- - 
1er in Frauenkleidern die Geliebte, und setzt nun zwei Jahre 
lang unentdeckt diese Besuche fort Allein als sie einmal in 
der Nacht neben einander ruhen nach vorhergegangeni^n in- 
nigsten und feurigsten Liebesbezeignngen, zerspringt dem Jüng- 
ling eine Ader, so dass er im Schlafe sich verblutet. Der 
Schmerz des Mädchens, als sie erwachend das Geschehene be- 
merkt, ist grenzenlos. Um sie vor Schande zu bewahren, trägt 
ein treuer Knecht den Todten noch vor Tages An|iroch hin- 
weg in seine Wohnung, allein auch von dem Leichnam kann 
sie sich kaum trennen: 

61 stuont in solchen liden, 

Jüan mdht ea nibt vol gescbrlbea 



288 Altdeutsche Litteratur. 

allez ir bit nnde ire swaer; 

unt war itel tinten daz raer 

unt der himel permentin, 

daran niöht ez allez niht geschriben sin. 

Ein prächtiges Leichenbe^än^niss wird Tcranstaltet , und das 
Mädchen erlangt vom Vater die Erlaubnisse e^ mit ansehen zu 
dürfen. Sie folgt der Bahre, und der übergrosse Schmerz und 
Gram, den sie nicht laut werden lassen darf, zerreisst ihr Hers 
dermassen, dass sie todt auf den Geliebten niedersinkt, ala er 
in das Grab gelegt wird. Der Vater stiftet ein Frauenkloster 
und geht selbst auf die Pilgerfahrt. — Diese Erzählung war 
zwar schon früher bekannt (s. Wiiken, Gesch. d. Heideib« Ba- 
chers, p. 305), aber noch nicht gedruckt. 

Unter nr. VII finden wir einen hübischen Spruch von liebe^ 
263 V. lang. Eines Ritters Tochter und der Sohn eines be- 
nachbarten Ritters lieben sich gegenseitig, ohne zu einander 
gelangen zu können. Endlich weiss das Mädchen durch vor- 
gegebene Krankheit die Eitern zu bewegen, dass sie ihr gestat- 
ten, in einer Gartenlaube zu schlafen, damit durch den Duft 
der Kräuter und Blumen und durch den Gesang der Vögel, vou 
denen sie vielleicht gar einen erhaschen könne, ihr Herzweh 
vergehe. Der Junkherr bekommt Machricht davon ^ steigt 
Abends in den Garten und kommt zur Geliebten. Der weitere 
Verlauf ist zu obscön, um hier wiedererzählt zu werden. — 
Die Herausgg. gestehen, dass ihnen alle Kunde von dieser Erzäh- 
lung abgehe; auch wir wissen weiter nichts darüber anzugeben, 
als dass sie sich in Boccaccios Decameron gleichfalls findet. 

Das letzte und kürzeste Gedicht (106 V.), bis jetzt auch 
unbekannt, ist ein Bruchstück. Esheisst: von einie trunken 
buoben. In einer Gesellschaft von Frauen und Männern, die 
beim Weine sitzen , wird ein Bube in der Trunkenheit unbe^ 
scheiden und spricht viel böse Worte, wofür er denn der m aa- 
sen geschlagen, gestossen, gerauft, ja selbst mit Feuer gebrannt 
wird y dass er traurig in einer Scheune zum Schlafen sich nie- 
derlegt. Als er des Morgens erwacht, will er sein Gebet spre* 
eben , und nun sieben ihm die Leiden der vergangenen Nacht 
noch so lebhaft vor Augen, dass Klagen darüber mit denWor« 
ten des Gebetes sich immer durchkreuzen und verwirren^ s. B« 

pater noster herre got vater unser, 

ich wart nebten zerdunsen (d. i. gezogen) 

mit dem hdre durch die kol, 

daz weist dil selber wol, 

d& bist in den himeln, 

mit beaken unde mit sideln 

wart mir min rücke wol gebert, 

warumbe häit dA mir daz betcheri? 



.•"; 



*■ - ... ' 

■■■■ ^ -V . i. 



gelielliget ver4e dln vnnie, 
zewäre si mngen rieh ichainen, 
das si mich ie 06 e^re geslaOgen €te^ 
Bei der Tierten Bitte, 

nnter tegelich brdt gip um herre hiot» 
dioein Unten dA gebint, 

bricht das Stück ab; es fehlen am Ende der Ilatidichrift e!otg€i 
Blätter. 

Der Grundsatz der Herausgeber, den Text ihres Mann« 
fcrtptes mit der grössten Treue, ohne die kleinste Besserunf^ 
abdrucken lu lassen, verdient auf der einen Seite gewiss Billi- 
gung, wcdi so mit den Emendatfoneti luglelch allerdings aucll 
alle Corrnptionen vermieden sind, bat aber auf der andernSeilo 
auch wieder manchen Nachtheil herbeigefiihrt. Denn, das Ma« 
nuscript ist keineswegs sorgfältig und coi^rect geschrieben. Dto 
Zeit, in der es entstand, wohl auch die Gegend, in welcher der 
Schreiber lebte, mögen dieses lum Theil veranlasst haben, lona 
Theil flllt aber auch dieSchuld auf den Schreiber selbst. DenA 
nicht nur durchgehende Abweichungen und Verstösse §egeik 
die Gesetze der mittelhochd. Mundart fallen in die Augen, wie 
die beständige Verwechselung der so scharf geschiedenen Laute 
% und 8 (z. B. fvaz fijr was^ was f&r waz, gotte% für gottes^ hie9 
für hiez^ das für dax, es fiir ez n. s. w.), der Gebrauch d'es €t 
statt ä (z. B. noch för näch^ war für tpär^ iomer farjämer^ 
kmocheit für smäckeit^ oder fvLV äder y möge tat mäge y getam. 
Tär getan u. s. w.), diu für die und umgekehrt, so wie manchet 
Andere, welches als provincielle Eigenthümlichlreit angesehen 
werden könnte; sondern auch im Einzelnen sind zahlreiche 
Fehler, welche lediglich dem Schreiber zur Last fallen, wahr^ 
zunehmen. Dahin gehört es z. B.^ wenn zwei Worte in eine* 
zusammengezogen sind, wie p. 6, v. 196: ander für andere 
p. 7, V. 306: darette für dö rette ^ d. J. dö redete; p. 9, v«429: 
michelschar für michel schar; p. 17, ▼. 1118: handespil für 
hande spil; p. 18, v. 1154: volleUicher für votleilich er; p«19i 
T. 1188: martelerlon für marteler lön; p. 19, v. 1228: gottete 
für got taete (wo die Herausgeber falsch vermuthen, 'die letzte 
Silbe sei aus Versehen doppelt geschrieben f^r gotte)^ p« 85^ 
V. 877: doffur für dö vür. Noch häufiger findet sieh umge- 
kehrt, dass ein Wort zerrissen ist, wie p. 6, v, 218: suettisser 
für sn^wizer; v. 225: über er äfft für Überkraft {superabat^ von 
überJcreften; v. 280: er werben für erworben; p. 10, v. 558: 
der eilenden für ter eilenden ( vgl. v. 978 ) J p. 11 , v. 606: sine 
hine vorn für sin hinevam^ d. i. sein Weggehen; p. 12, v. 66St 
wider wertekeit für widerwert ekei^; v. 707: dan man für dan^ 
nen; p. 14, v. 882: er hart für erhört; p. 22, v. 1458 u. p.47, 
V. 211: sy der für sider; p.27, v.255: boum garten für bourn- 
garten (vgl. p. 75, ▼. 91, 187, 170, wo es richtig ateht, während 



290 Altdcntiche Litt€r«tnr. 

T. 61 es eLenfalls falsch getrennt ist); p. SR, t. 293: hanäen 
lunge für handeUmge ; v. S12: ougen weide für ougemaeide; 
p. 29» T. 385: er lieh wohl für herlich; v. 422: ^e e/te für 
ge^rie: p. 38, t. 706: er sach far ersach; p. 36, v. 698: c^sr 
lier so geslahie wohl für der herzöge gealahte; p.39, t.9: oJfeR 
türe für äventiure ; p. 44, v. SO: über schein Tür üherschein; 
p. 46, V. 161 : zu versiht für zuversiht; t. 181: f^m fit^e Tür 
unmaerc; p. 50, v. 464: über gut für überguot, d. i. überguo- 
iet (mau muss wol Jtu sUtt ^i/; hier lesen, dagegen unp v.465, 
06); p. 09;, T. 409: uberfaht für übervaht (\ on übervehien^ 
uberwilti^en ). Ferner sind zahlreiche Worter und Stellen 
durch Schreibfehler oft bis sur Sinnlosigkeit entstellt, wovou 
schon Beispiele iu den oben angeführten Stellen Torkommen; 
ich füge noch mos der grossen Anzahl verhältnissmässig nnr 
wenige hinzu: p. 6, v. 283: wz für weiz; p. 7, ▼. 383: das ich 
nuo bihte wohl für swa ich nuo hraeche ; p. 9, t. 427 : sachs 
für saz; T. 431: windekeit Tür wirdekeit; t. 455: bruluofft für 
brütlouß ; V. 457: kunige Tor kunne^ wodurch die Meinung der 
Herausgeber, es möchten hier zwei Verse fehlen, erledigt wird; 
V. 471: riete für raete; v. 472: nit für mit; v. 479: fiir für 
ervuor; p. 10, v. 509: m nun min war wohl Tur ie nim min 
war ; \. 560: win Tür trcin, wo die Herausg. eben so irrig wie 
corrigiren wollten , als hernach t. 562 öne sprechen für tmen 
spreche, wo oifenbar zu emendiren iemen spraeche ; p. 11, t.609: 
du -hunder für zuo-hinder; p, 12, t. 685 a. vant Tnr läiU^ wo 
die Emeudation der Herausg. wann wieder gar keinen Sinn 
gibt; V. 687 b. die so clegelich die muge vielleicht Tür da s6 
clegeUch diu junge ; v. 71 4 hucten w ohl für ziten ; p. 1 3, v. 776 : 
so für £o/, in welchem Verse die HerauRj]:eber ebenfalls eine 
falsche Vermnthung aufstellen; p. 14, t. 849: sunne für siner; 
T. HUb: der hies har für den heiz her; p. 15, t. 888: knehte 
für kirche; p. 16, v. 985: hertzen für smerze; p. 17, v. 1080 
u. p. 21, T. 1400: henant für bekant; p. 18, v. 1134: vi/ für 
wie; V. 1140; vermuette für vermiie; p. 19, t. 1258: tuon für 
nun; p. 20, t. 1285: lute für Hute {honünum); t. 1810: un- 
glepleich für unglouplich ; p. 22, t. 1488: vil gros zer für wie 
gröz der; p. 25, t. 98, p. 80, t. 489, 456, p. 71, t. 568: aU 
für allez; p. 86, v. 962: dan flir man; p. 37, ▼. 1072: yemer 
für niemer; p. 40, t. 128: st> für sin; p. 55, ▼. 138: t'r, wo 
der cod. Viudob. richtiger «ohat; v. 164: verderben für ver-' 
s^ren^ was der Reim verlangt; p. 5u, v. 233: als ich gezeme 
mere für als iuch (iu) gezaeme waere; der cod. Vind. hat hier 
als euch wol messig (gemäss) wer; p.60, T.5OI9 502: ob ieman 

i 

utverneme^ war die frbwe kamen were moas nach cod. Vind, 
heisaen ob ieman hiet vernomen^ war diufroutüe waere kamen; 
p.61, V. 604: weite y man konnte vermuthen liuie^ allein eod. 



Altflentsclie Dichtno^ea. V»n Meyer «• HMfer. , SU 

V. hat ÄCTTff»; V. 61?! tpar f\\r gettar ; T,67t ▼• 218: «ft&t 
für Sülle; p. 68, v. 228: «^e^ wolil fi'ir ez tet; p. 61^, ▼• 367: 

zuo statt i?o«; v. S75: getruget fr fnr getriuwe tu; 

T. 4S4: nie für me. Druckfehler fit Tielieicht t. S87: ro/e» 
rofißfi für rosenrötez ; p. 74, t. 50: ^» Tiir sus; p. 75, v« 67: 
härmen für houmen; p. 76, v. 185: hmdht f&r htnaht. Solcher 
Ent8lelliiii<:en könnten noch weit mehrere an^elTihrt werden, 
aber vielleicht sind diese echon zu viel. Austierdem wird die 
Ungenaui^keit und Unzuverlässi^keit der Handschrift daraoe 
klar, dafis häufig; einzelne Worte oder ganze Verse ansgelasseii 
sind. Erstere lassen sich oft leicht ond ziemlich sicher er- 
gänzen, wie p. 3, T. 20 mac^ p. 10, t. 510 m/d^ p. 13, v. 746 
herze, p. 14, v. 871 er, t. 882 got (v^l. v. 880) , p. 16, v- 1030 
ich, p. 17, V. 1079 er, p 18, v. 1146 t«, plO, v. 1251 er, p.2l, 
T. 1399 e am Schlüsse des Verses, was ausser dem Sinne auch 
der Reim erheischt, so wie t. 1416 sere (v. 1417 lies ^eVe statt 
herre), p. 22, t. 1479 zuo, p. 25, t. 91 daz, p. 41, t. 146 allCf 
T. 183 tTzne, p. 42, t. 301 tiz, p. 46, v. 126 iit&/, p. 47, v. 212 
^an, p. 54, v. 54 vrauwen nach cod. Vind., p. 55, t. 111 gr^zeu 
nach ▼. 162, p. 57, t. 272 starken nach c. V., p.58, t. 369 alten 
nach c. V., p. 68, t. 332 tehlt die Neg^ation, t.343 ist vielleicht 
balde einzuschieben, p. 69, v. 360 sus^ t. 374 er IroTz^ muas 
heissen er erkant, p. 72, ▼. 602 du, p. 73, t. 686 nihU Bedeu- 
tend schwieriger und verfänglicher würde es sein, ganze Verse, 
wo sie ausgefallen, wiederherstellen zu wollen; denn man kann 
dann wohl allerlei Vermuthungen hegen (z. B. p. 13 nach t.762 
einschieben : so waere mir gröz leit gesckehem), allein mit Si- 
cherheit etwas zu bestimmen , ist nicht möglich. Solcher Lü- 
cken haben schon die Herausg. ziemlich viele angezeigt, dass 
jedoch noch mehrere vorhanden sind , zeigen Reim und Sinn 
an den betreffenden Stellen. Besonders viele finden sich im 
jLönig von Frankreich^ hier jedoch lassen sie sich nicht selten 
aus dem cod. Viudob. ausrollen. So hat dieser z. B. nach v. 31 
(wo die Herausgeber irrthümlich meinen, dass zwei Verse feh- 
len, da es doch nach dem metrist^heu Bau ihur einer oder drei 
sein mfissen) die Zeile: purig, stet und lant, wofür wohl wie 
in V. 147 u. 681 bürge, stete unt tmte laut in schreiben ist. 
Bei V. 70 ist nicht mit den Herausg. an Wortversetzung zu den- 
ken, sondern es sind zwei Zeilen ausgefallen, wie cod. Vind. 
zeigt. Nach v. 100 ist wohl einzufügen : kein schulde ez niß 
dar an gewarp (gewan c. V.)* ^- 144 aqq- sind so zn lesen: 

nein, spraüh der her^g, inwer gebort, 

die Bi in irem übe treit, 

toetent ir, das ez iuch wirt leit; 

Sit ir erben niht erhänt, 

borgte, stete unt wlte lant 

es billidhen von loch erben aol t£* 

19* 



802 Altdeutiche Litteratur. 

wo die cnrsiv gedruckten Worte in dem cod. derHeransg. aas- 
gefallen sind. V. 239 liest der cod. Vind. 

und ge pald und ejl 

des wegsz wol siben raeil, 

so dass keine Zeile auagefallen. V. 371 heisst der fehlende 
Vers nach cod. Vind. 

du lange tage gelebet hdst« 

Ausser diesen Liicken sind nun noch andere Mängel derTIand- 
schrift und Nachlässigkeiten des Schreibers, dass zuweilen et- 
was zweimal geschrieben ist (ausser den von den Ilerausg. 
schon bemerkten Steilen z. B. noch p, 10, v. 533, p. 31, v.5ü0, 
p. 51, V. 472 y p. 68, V. 327), dass zuweilen Unnützes und Ue« 
berflüssiges den Zusammenhang stört (z.B. p. 0, v.^Hwas^ 
p. 35, V. 887 ichj p. 44, v. 20 vor)^ dass sich falsche Stellungen 
eingeschlichen haben, wie z. B. p. 13, v. 703, wo statt niemer 
me fro umgekehrt frö niemer md und im folgenden Verse wä 
statt me zu lesen ist. Auch p. 55, t. 131 glaubte ich erst um« 
stellen und schreiben zu müssen 

öhem, Idz erbarmen dich. 

Dd sprach der edel künec rieh etc., 

e 

indem das ohett der Handschr. eher auf öhem (avtincule), als 
auf dje Vermuthung der Herausgeber ö herre zu leiten schien; 
allein auch der Wiener Codex hat die andere Ordnung und liest 

e 

Qchein für ohen^ was mir aber alsinterjectiodolentis noch nicht 
▼orgekoniroen. 

Fallen nun diese vielfachen Ungenaui£:kei(en und Fehler 
wirklich dem Schreiber zur Last, wie wir nach der Versiche- 
rung der Herausgeber, p. VI, dass auf richtige Entzifferung 
und sorgfältigen Abdruck der Handschrift der grösste Fleisa 
verwendet ist, doch annehmen können, so muss man fast ver- 
muthen , dass schon dieser an vielen Stellen den Sinn des von 
ihm Niedergeschriebenen nicht fasste, sondern nur mechanisch 
sein Geschäft betrieb. Um so mehr wäre zu wünschen gewe- 
sen, dass diese Dichtongen uns nicht in so mangelhafter Gestalty 
sondern in möglichster Reinheit und Richtigkeit überliefert, 
npd etwa, wo Abweichungen vom Cod. sich als nöthig zeigten, 
die handschriftlichen Lesarten unter dem Texte angezeigt wor- 
den waren. Noch immer hört man Klagen über die geringe 
Theilnahme, welche das grössere Publicum gegen die vater- 
ländische Dichtkunst der früheren Zeit zeige; allein die Schuld 
davon liegt zum Theil an den Freunden und Förderern dieser 
Litteratnr selbst. So lange ein altdeutsches Gedicht noch in 
der Gestalt vorliegt, wie diese Dichtungen und so viele andere, 
wo nicht einmal Interpunction angewendet ist, so lange das Ver- 
ständniss schwieriger Worte und Stellen nicht durch Brläute- 



AUdeatscIie Dichtangen. Ton Meyer iL' Mooyor« SdS 

riingen oder Glossarien erleichtert wird, so lange die unom- 
g;iinglich nothwendige grammatische Kenntniss unserer alten 
Sprache nicht verbreitet ist: so lange werden auch die altdeut- 
schen Poesien keinen Eingang finden; denn bloss halbes Ver- 
ständniss und unsicheres Rathen kann weder Liebe und Theil- 
nahme erregen, noch sonst etwas Gutes wirken. Sorgfältige, 
den Ueberblick erleichternde Interpunetion kann wohl vor al- 
len Dingen gefordert werden ; auch offenbare Sinnlosigkeiten, 
wo das Richtige so leicht und so sicher sich darbietet, sind 
höchst widerwärtig; beiderlei Mängel aber finden sich hier. 
Indessen wollen wir hiermit nur im Allgemeinen einen billigen, 
gewiss von Vielen getheilten und von den achtbarsten Männern 
(wir verweisen nur Buf Benecices Beitrage ^ Forrede p, VIII sq., 
u. Grimm^ d, Gr. I^ p. IX sq.) schon nachdrücklich ausgespro- 
chenen Wunsch wiederholt haben, und sind weit entfernt, den 
Herausgebern des vorliegenden Buches Vorwiirfe machen lU 
wollen , da sie ja selbst mit rühmlicher Bescheidenheit erklä* 
ren, dass sie nur ihre Handschrift bekannt machen wollten, 
weil es über ihre Kräfte ^ehe, einen festen und gereinigten 
Text zu geben. Wir billigen und rühmen es vielmehr, dass 
sie aller eigenen voreiligen Aenderungen und Besserungen sich 
fsuthielten, weil wir gewiss mit Recht besorgen konnten, dass 
sonst noch manches Unrichtige in den Text hineingekommen 
sein würde. Denn wir dürfen nicht verhehlen, dass an zahl« 
reichen Stellen, wo die Herausgeber über Verbesserung der 
handschriftlichen Lesart in den kurzen Anmerkungen ihreMei-^ 
nung mittheilen, das Richtige von ihnen nicht gefunden, ja 
mehrmals statt der vollkommen sichern und guten Lesart des 
Cod. augenscheinlich Falsches vorgeschlagen ist. Einiges der 
Art, wie über p. 10, v. 560, 562, p. 12, v. 685, p. 13, ▼. 7T6, 
p. 19, V. 1223y ist schon vorher erwähnt worden; hier znni 
Belege nur noch Weniges aus Vielem. So ist p. 9, v. 453 daa 
ouch ganz richtig, während weder zouch (sollte wohl auch 
zöch heissen) noch nam^ was sie beides vermutlieü, irgend einea 
Sinn gibt. P. 18, v. 1154 kann ja gar kein Zweifel sein, dasa 
es heissen muss vollecUch er si nie ane gesach; das ine passt 
durchaus nicht. P. 24, v. 1 muss offenbar mir statt wir ge- 
schrieben werden, nicht wer. P. 40, v. 81 ist truwen sehr leicht 
in triutaen (im Cod. wohl truwen) zu ändern, trüren passt nicht 
hierher. P. 55, v. 105 ist list^ d. i. ligstj 8. deutsche Gramm. 
I, p. 943, ganz richtig (der cod. Vindob. hat legst) ^ wogegen 
gehalten das bist der Herausgeber nur einen sehr matten Sinn 
gibt. P. 50, V. 195 durfte statt gohe nicht goch (böse) vermu- 
thet werden, sondern o steht, wie so uuzähligemal, für tf, und 
es ist zu schreiben uf den ritter wart im gäch. Sehr gewöhn- 
lich ist ja mir ist gäch oder mir wirtgäch^ d. h. ich eile, vgl. 
p. 76, V. 188 der mutier wart %uo ir gäoh. P. 65, v^ 65 muss 



294 Altdeatfche Litteratur. 

geschrieben werden so gar in ein geflöhter^ ^ si enkunden noch 
enmohten etc. Nicht selten haben auch die Herausgeber Wort- 
formen und Flexionen fiir falsch gehalten und in den Anmer- 
kungen corriglrt, welche im Mittelhochdeutschen gan« richtig 
und gewöhnlich sind, z. B. p. 5, ▼. 134 kinden^ p. 7, v. 286 
wo sie lä (die Hdschr. hat wie gewöhnlich lo) mit losz vertau- 
schen wollen. P. 8, V. 38& t?a/er als Genit. , wo sie vßttera 
schreiben wollen, da doch vater im Singul. indeclin. ist. P. 10« 
T. 508 sime statt sineme^ wo sie sinem bessern wollen, ebenso 
p. 21i V. 1408 mtme, P. 15, v. 809 erhalt wo sie er^c/ia/ schrei- 
ben zu müssen wähnen. P. 19, v. 1262 setzen sie beslos statt 
beflos^ es mus^ aber beslöz heissen. P. 41, v. 203 haben sie 
Btatt irowe allerdings das richtige Wort gefunden, es darf aber 
nicht trörne heissen, sopdern troun^e, P. 61, v. 630 ist nicht 
tfor, sondern vür statt vir zu schreiben. P. 12^ v. 617 ist bete 
die richtige mittelhochd. Forpi, bitte wäre neuhochdeutsch« 
Allzugrosse Genauigkeit im Reim setzen die Herausgeber voraus 
p. 61, V. 580 u. p. 66, V. 161; denn bei flüchtigster Durchsiebt 
dieser Dichtungen werden sie zahlreiche ähnliche Fälle flndea« 

Gewiss können die schon früher als eifrige Förderer und 
Liebhaber des vaterländischen Alterthums rührplichst bekann« 
ten Herausgeber für die Mittheilung ihrer Handschrift sich den 
DaMk aller Freunde der altdeutschen Litteratur versprechen, 
wenn auch die Art der Mittheilung unbefriedigend erscheint. 
Sie (laben gethan, was hi ihren Kräften stand, und das verdient 
die achtbarste Anerkennung. Es wäre ungerecht, nach der 
bestimmten Erklärung in der Vorrede noch andere Forderun- 
gen als die eines genauen und zuverlässigen Abdrucks an ge- 
genwärtiges Buch zu machen, allein „so geht es oft; statt es 
Jemandem Dank zu wissen, für eine gute, unbillig vergeäsene 
Sache auf Irgend eine Art mitgewirkt zu haben, beäugelt der 
müssige Tadel das Wie^ und vergisst, dass, wenn es auf ihn an- 
gekommen wäre, das Ganiee uMberührt und unbekannt noch 
hundert Jahre hätte fortruhen können.^^ (Docen Mise. 1, 252.) 
f^ec. wünscht, dass die Hrn. Heransg. ihm diesen Vorwurf nicht 
machen, sondern seine Bemerkungen für das nehmen, was sie 
8,ein sollen, ein kleiner Beitrag zur Verbessemng und Reinigung 
fieser ihnen zu verdankeuden Gedichte. 

Nr. 2. im Gefühle des Mangels aii einem passenden Eie^ 
mentarbuche zur Erkeqntniss unserer Sprache in ihrer Eotwi- 
<jcelung und Fortbildung unternahm der Hr. Verf. von Nr. 2. 
diese Arbeit. Dass das Unternehmen an sich nützlich und 
2iweckraäsdg sei, wird Niemand In Abrede stellen; was die 
Art der Ausführung betrifft, so müssen wir der Umsicht^ Ge- 
nauigkeit und Bemüliung um Cprrectheit, die Hr. Z. überall 
bewiesen hat, unfern aufrichtigen Beifall zollen, wenn wir auch 
über Manches anderer Meinung sein soUtäu. Die erste Abthei- 



Altdeutsches Elementarbndi« Von ZiemaiiD. 295 

lung oder der Grondriss besteht aos drei Abschoitten: einer 
Lautlehre (p. 2 — 11), einer Wortbiegungslehre (p. 12 — 42) und 
einem Verzeichnisse der Wurzelwörter mit den wichtigsten 
Ableitungen (p. 43 — 62). Auf pag. 1 finden sich kurze Vorbe- 
merkungen über die Lautverschiebung in den indogermanischen 
Sprachen und über die deutschen Dialekte. Die zweite Abthei- 
lung oder das Lesebuch gibt einige Proben der gothischen 
Sprache p. 1 — 4, althochdeutsche Stücke p. 4 — 25, mittel- 
hochdeutsche p. 25 — 168, und grammatische Excurse p. 168 — 
1T6. Den Lesestücken sind zur Erläuterung kurze Anmerkun- 
gen untergesetzt, die meist auf den Grundriss, namentlich das 
Wurzeiverzeichniss, verweisen, oft aber auch sogleich die Er- 
klärung enthalten. 

Mit Recht sind die drei wichtigsten Dialekte unserer Spra- 
che, der gothische, althochdeutsche und mittelhochdeutsche, 
Gegenstand des Buches, und es zeugt vom richtigen Blicke dea 
Verf., dass er das Niederdeutsche und noch, ferner liegende 
Mundarten ganz ausschloss. Denn der Anfanger, für den doch 
das Buch bestimmt ist, gerath in Verwirrung und kann dea 
Stoffes nicht Herr werden , wenn ihm gar zu vielerlei auf ein- 
mal dargeboten wird. Ja wir möchten sogar behaupten, dass 
es für die Schule am gerathensten sei, den geschichtlichen Un- 
terricht in der deutschen Sprache mit nur einem Dialekte, dem 
uns am nächsten liegenden mittelhochdeutschen , zu beginneUi 
und dann erst, wenn dieser einigermassen erkannt iind erlernt 
ist, zur Kenntniss der übrigen anzuleiten. Allerdings kann 
schon beim grammatischen Unterrichte im Mittelhochdeutschen 
die Vergleichung der älteren Sprachformen nicht vermieden 
werden, und es kommt natürlich dem Rec. nicht in den Sinn« 
2u behaupten , dass auf diese Weise eine gründliche, wahrhaft 
wissenschaftliche Ansicht von der Sprache und deren Bildungs- 
gang gewonnen werden könne. Allein es fragt sich hier auch 
nur, ob in der Schule und überhaupt beim Anfänger ein rein 
wissenschaftlicher Sprachunterricht möglich oder zweckmässig, 
ob nicht hier die Rücksicht auf praktischen Nutzen überwie- 
gend ist. Wie man beim Griechischen immer mit dem attischen 
Dialekte beginnt und später erst die übrigen nachholt, während 
ein rein wissenschaftliches Verfahren doch offenbar die älteste 
Form der Sprache zum Grunde legen und wie aus dieser das 
Spätere sich entwickelt habe, zeigen müsste: ähnlich, glauben 
wir y muss auch der Unterricht in der deutschen Sprache für 
die Schule eingerichtet werden. In der obersten CUsse oder 
auf der Universität mag man denn auch ein anderes Verfahren 
anwenden. Beim Lesebnehe hat es auch Hr. Ziemann eingese- 
hen, dass das Mittelhochdeutsche vorherrschen müsse; allein 
im Grnndriss ist diess nicht der Fall. 

Den Vorwurf, dass die allzugrosse Kurie einen Mangel an 



£96 Altdeutsche Litteratar. 

hinreichender Verständlichkeit und Deutlichkeit herbeigeführt 
habe^ hat Hr. Z. im Voraua durch die Bemerkung abgewiesen, 
dass das zu einem Leitfaden bestimmte Buch nicht durch sich 
selbst genügen soll, sondern einen Lehrer voraussetzt, der das 
Dunkelscheinende erkläre und das Mangelhafte ergänze. Da- 
gegen ist allerdings nichts zu sagen: der Hr. Verf. M'ollte keine 
Anleitung zum Selbststudium des Altd. geben, und man darf 
daher nach diesem Maassstabe sein Buch nicht beurtheilen, wenn 
auch eine solche Schrift recht sehr zu wünschen wäre. Indes- 
sen ist doch unseres Bedüukens zuweilen die Darstellung gar 
SU kurz gehalten. Wir würden Beispiele zur Unterscheidung 
der verschiedenen Laute, wie sie z. B. über e, e, 4 im Leseba- 
che p. 36 zu Nibel. 854, 2 gegeben werden, lieber im Grund- 
riss gehörigen Orts bei der Lautlehre mitgetheilt sehen, woza 
Ja auch Grimm schon hätte veranlassen können. Im Capitel 
von der Conjugation durften wohl manche Bemerkungen über 
nicht ungewöhnliche Abweichungen der Formation nicht feh- 
leui wie z. B. dass die 2*p. sing, zuweilen auf b statt at ausgeht, 
wovon Beispiele im Leseboche p. 88 (LXXXI, v. 1. 3. 8), p* 116 
(Parciv. 442, 21), p. 124 ( Willeh. 60; 28), p. 125 (62, 24), p. 12? 
(6T, 19) vorkommen; ferner dass in der Endung der 1. plur. 
oft n vor wir wegfällt, wie im Leseb. p. 72 (INib. 2270, 1), 
p. 104 (Parc. 232, 22), p. 135 (Trist. 6815), p. 136 (6831), wo 
erst zur letzten Stelle Hr. Z. auf diese Eigenheit aufmerksam 
macht. So sind auch die Zahlwörter gar zu kurz abgehandelt. 
Es Hesse sich von diesem Gesichtspuncte aus noch Manches 
anführen, allein es kommt uns hier nur darauf au, eine Ansicht 
im Allgemeinen auszusprechen; durch die genannten einzelnen 
Fälle ist sie wohl schon hinreichend deutlich. Da der Hr. Vf. 
den Stoff aus der deutschen Grammatik entlehnt hat und also 
auch nicht selbst zu vertreten braucht, so kann von einem Be- 
richtigen wirklicher Irrthümer hier nicht die Rede sein. Wir 
wollen es daher auch nicht als solches angesehen wissen, wenn 
wir die Meinung aussprechen, dass wir die Stellung der Coa- 
jugationslehre vor die Declinationslehre zwar nicht tadeln wol- 
len, aber hier auch keinen wesentlichen Vortheil darin finden; 
oder dass im Wurzelverzeichnisse wohl manche Vermuthuog 
bei näherem Betrachten sich als unhaltbar erweisen dürfte (z.B. 
dass nidar zu niden gezogen ist) u. dgl. m. Als Umlaut von 
uo wäre wohl (p. 4) nicht ue sondern üe^ wenigstens auf keinen 
Fall oe (in der tabellarischen Uebersicht p. 10) anzugeben ge- 
wesen, da ja Hr. Z. im Lesebuche selbst müexe^ grüezen^ küelj 
gef liege u. s. w. schreibt, nicht mueze, gruezen^ kuel^ g^fuege. 
Doch wir brechen hier in unsern Bemerkungen über den Grund« 
riss ab, am auch über das Lesebuch kürzlich noch Einigei 
lu sagen. 

Der Inhalt desselben ist im Allgemeinen schon vorhin in- 



AltdeBtochef Elementarbach. Von Ziemti». jtBV 

gegeben; dass im Einzelnen hierüber immer abweichende An« 
sichten Statt finden werden, ist natürlich, und das« es Jemand 
Allen ganz zu Dienste machen werde, 8teht nicht zu erwarten* 
Wir haben schon angedeutet, dass wir die Ausdehnung und den 
Umfang der Lesestücke nach den drei Dialekten durchaus billi- 
gen. Die gothischen sind eigentlich als blosse Sprachprobei| 
anzusehen, und als solche reichen auch die hier gegebenei| 
schon völlig hin. Bedeutend mehr Raum ist mit Recht dem 
Aithochdeut8chen gegönnt, und da hiervon Steilen aus Schrift* 
stellern der verschiedenen Zeiten ausgehoben sind, so kann 
daraus schon eine ziemlich deutliche Anschauung vom Gango 
und der Kntwickelung unserer Sprache geschöpft werden. Was 
die Stücke selbst betrifft, so hätten wir das Ilildebrandslied 
und Schmeilers Muspilli eher als manches Andere erwartet, 
da ja beide sowohl von Seilen der Sprache als des poetischen 
Werthes und literargeschiclitlichen Interesses den'meisten von 
Hrn. Z. gewählten voran^tehen und viel Raum durch selbige 
nicht hinweggenommen wäre. Die übrigen Stücke, aus Isidor, 
die exhortatio, aus Keros Benedictinerregel, den Hymnen des 
Wessobrunner (im Inhaltsverzeichniss falsch Weissenbrunner 
genannt) und das Gebet an St. Petrus, aus Otfrid, das Ludwiga« 
lied, aus Tatian, Notker, Willeram, Nortpert und dem Physio- 
logus I. und IL, scheinen uns alle passend und verständig aus- 
gesucht. Bei den mittelhochdeutschen, aus der Kaiserchronik, 
Kürenberg, den Nibelungen, Nithart, Hartmann, Reinmar dem 
Alten, Walther (warum schreibt Hr. Z. Walter ohne h?), Wolf- 
ram, Gotfrid, Wirnt, Wiesbeke, Freidank, dem Sttitker, Hein- 
rich von Sax, Ulrich von Lichtenstein , Konrad von Würzburg, 
und Bonerios, könnte man darüber mit dem Hcrausg. rechten, 
dass er so Viel aus den Nibelungen aufgenommen hat, deni^ die 
daraus entlehnten Stücke füllen 50 Seiten, p. 27 — IT Lach- 
manns Ansicht, dass die Nibelungen von einer Chrestomathie 
ganz auszuschliessen sind, weil Jeder, der unsere Sprache in 
ihrer älteren Form kennen zu lernen sich bemüht, unser herr- 
lichstes Nationalepos ganz lesen soll, scheint uns vollkommen' 
richtig; und wenn Hr. Z. ihr gefolgt wäre, so hätte er einen 
beträchtlichen Raum zu solchen Stücken gewonnen, die weni- 
ger zugänglich sind und in der Regel weniger gelesen werden, 
namentlich aus dem Heldenbuche und den Minnesingern. Denn 
mit den Proben aus letzteren ist Hr. Z. sehr sparsam gewesen; 
aus ersterem ist ganz und gar nichts mitgetheilt, was wir aus 
mehrfachen Gründen nicht gutheissen. Auch einige der klei- 
neren und meist so schönen Erzählungen, an denen die mittel- 
hochdeutsche Litteratur nicht arm ist, hätten wir hier gern ge- 
sehen, namentlich Hartmanns armen Heinrich. Ein in sich ab- 
geschlossenes und vollendetes Ganzes zieht immer weit mehr 
an lind bat auch «of Geist oud Gemüth des Lesenden eine 



298 Altdeutsche Litteratnr. 

ganz andere, weit tiefere Wirkun^^, als eia Bruchstuck. Schade 
ferner, dass Hr Z. nicht noch eine und die andere inittelhochd. 
Thierfabel, z. B. die Im Kolocz. Cod. und nun in J. Gfirnma 
Reinh. Fuchs befindliche, des hundes nöt^ oder ein Stück aus 
dem Reinhart F. mitgetbeilt hat; denn in dem btspel des SirU 
cker ist doch das eigentliche Wesen der deutscheu Fabel nicht 
mehr wahrzunehmen. 

Was die Art und Weise betriift, wie die gewählten Stucke 
hier gegeben sind, so ist darin ganz besonders Hrn. Ziemanng 
Verdienst rühmend anzuerkennen. An grammatischer Correct- 
heit übertrifft sein Buch alle ahnlichen, dem Rec. bekannt ge- 
wordenen bei Weitem; denn Lachmanns Auswahl erschien ia 
einer früheren Zeit (Lisch's Auswahl, Schwerin 1829, ist gar 
zu kurz), und die andern sind meist ohne genaqere Kenntnisg 
der Sprache unternommen und ausgearbeitet, wie namentlich 
die von Dilschneider und Budde. Hier dagegen sind die langen 
Vocaie sorgfältig bezeichnet, in den gothischen Stücken äi und 
du von ai und aü^ in den althochd. e Ton e immer unterschie* 
den, letzteres in den mittelhochd. zwar wieder aufgegeben (mit 
gutem Grunde, s. deutsche Gramm, 3, p. VII.), aber z und 3 
überall Ton einander gehalten , was bis jetzt, so viel dem Rec* 
bekannt, noch in keiner Ausgabe altd. Sprachdenkmäler gesche- 
hen ist. Auch die Anmerkungen Terdienen das Lob der Ge- 
nauigkeit und Zweckmässigkeit; sollte man hie und da eine 
weitere Ausdehnung und grössere Deutlichkeit derselben wün- 
schen , so erinnere man sich, dasa absichtlich Vieles dem Leh- 
rer übriggelassen Ist. 

Bisher haben wir fast nur gelobt; es sei uns erlaubt, auch 
einige tadelnde Bemerkungen hinzuzufügen oder wenigstens 
einige Einwürfe gegen den Herausg. Torzubringen. Bei deu 
Stücken in mittelhochd. Sprache wünschten wir, dass derselbe« 
wenn auch nicht in allen aus Terschiedenen Zelten ganz auf 
einerlei Weise, doch wenigstens jedesmal in den einzelnen eine 
gleichmässigere Schreibung befolgt hätte, die nach den allge- 
meinen Gesetzen der mittelhochd. Grammatik geregelt wäre. 
Es scheint uns wenigstens einleuchtend zu sein , dass In dieser 
Hinsicht dem kritischen Bearbeiter eines Sprachdenkmals gans 
andere Pflichten zu erfüllen obliegen, als dem Sammler einer ^ 
Chrestomathie , eines Lesebuches für Anfänger. Diese werden 
gewiss In Verwirrung gerathen, wenn sre in ein und demselben 
Stücke nahe bei eini^nder finden PrünhiUund Brünhil( ^ Jäger 
und jeg^r^ dicke und dike^ senden und ßenten^ tievel upd ttuvei^ 
gabilöt und gabylot^ Vivianz und Vivians^ fr'öuwine and vrdU' 
wine u. s. w. Dergleichen hätte Hr. Z. in seinem Buche wohl 
vermeiden müssen , während es natürlich in Lachmanns trefflt- 
chen Ausgaben aus anderen Gründen ganz untadelhaft ist. So 
billigen wir es auch nicht, dass die Bezeichnung der Unge 



Altdeutschef Elementarbnch. Von Ziemann« . 

i' 

eines Vocales bei UncialbuGhstaben immer unterlassen^ ist , i. B. 
bei 4 Nib. 949, 1. 1017, 1. 1080, 1. 1811, 1 ; bei Jmr«p. 158, 
bei ere p. 162; ferner, dass in den Ueberschriften der einzel- 
nen Stüclce und der Blattseiten, wo die raittelhochd. Wortform 
doch beibehalten, gleichfalls die Längenzeichen weggelassen 
werden, z. B. JFigalois »L Wigäl. (Hr. Z. schreibt auch im 
Texte fälschlich }Figalois\ Frigedanc st. Frig,^ Amis st. Amis^ 
bispel st. btspel^ uzreise st. üzr. , torecht und torheit st. törecht 
und iörheit. Was die Anmerkungen betrifft, so sehen wir niciht 
ein, warum Hr. Z. manche erst am Ende des Buches gibt, die 
weit friiher, wo das Besprochene zuerst vorkam, wohl schickli- 
cher ihren Platz gefunden hätte. So wird z, B. da» unbe- 
stimmte Pronomen rhar^ p. 164 erklärt, da es doch auch früher 
fast auf jeder Seite sich findet, Hanne p. 166 u. dgl. m. Ferner 
wundern wir uns, da Hr. Z. im Ganzen die grösste Sparsamkeife 
des Raumes zeigt und bisweilen wohl eher zu gedrängt und 
kurz, als za weitläufig wird, dass er doch an andern Stellen Dingo 
beibringt, die man da und iiberhaupt in seinem Buche schwer- 
lich erwartet, z.B. dass mons von eminere abzuleiten, dasa 
valde für valide gesagt sei , dass kostis nicht von oötig her- 
komme (p. J09. 132. 43) u. dgl.; dass er Erläuterungen za 
Stellen gibt, wo sie nicht hingehören, wie zu LX^XYIII, 11. 
Wigal. 1526. (hätte lieber zu Winsb. 20, 10 gesetzt werden 
sollen) CXXXVII, 1. CXXXVllI, 3- Wir knüpfen hieraa 
noch einige Bemerkungen über einzelne Stelleu, wie sie sich 
gerade bei Durchsicht des Buches darbieten. P. 26, v. 12 wür- 
den wir schreiben irgetzet hdn. — P. 31, zu Nib. 64, 3 konnte' 
zur Erklärung von velt passend Parc. 124, 24 ein velt in dem 
walde angeführt werden. — P. 39, zu 84, 2 wird vüegen neu- 
tral erklärt, i. q. sich fugen ^ wo es doch rein transitiv ist. — 
P. 40, zu 86, 3 ist zeiner stunt wohl nicht augenblicklich, 
sondern einmal, wie ze keiner stunt i. q. niemals. — P» 
41, zu 94t, 4 hält Hr. Z. dfem für mascul., wir möchten es lie- 
ber auf licht beziehen. — Ebendas* zu 53» 2 ist es ein Irr- 
thum, dass we wicht bloss klagend, sondern drohend und ver- 
wünschend sein soll. Diess ist natürlich nicht möglich bei der 
ersten Persou, sondern nur bei der zweiten und dritten, siehe 
deutsche Gramm, \\\^ p. 292. — P. 61, zu649 1 hätten wir 
eine Hinweisung auf 1881, % 1899, I. 2313^2 gern gesehen. 
— P. 15, zu 2291, 4 wäre das mich ensüme wohl genauer zu 
übersetzen gewesen. — Ebendas. zu 99« 4 It^alten wir Hrn. Z. 
Vermuthung für unzulässig. — P. 18, 61 könnte aus der An- 
merkung geschlossen werden, vil heisse bald. — P. 10, 20 
hat sich Hr. Z. durch ein Versehen Beneckes, das nun in deo 
MaclUrägep berechtigt ist, täuschen lassen: wäfenriemen ist 
Genit. Piur. von lützel abhängig. — P. 83», 61 ist unde aber in 
den Nachträigeu von Beuecke durch mehrere Beispiele in der 



800 Altdeutsche Litteratur. 

Bedeutung wiewohl nachgewiesen. — P. 84, 20 war ^aft 
wohl besser durch erwiderte als durch stritt mit zu 
erklären. — Ebendas. v. 28 ist von Benecke in den Nachtragen 
richtiger erklärt; den da angeführten Stellen kann man Par- 
civ. 4I^^5, 11 hinzufügen; diu trüebe ist ge$!agt für: Aufhören 
des trüben Nebels, nach einer bei Griechen und Lateinern 
siemlifch häufigen « auch unsern altern Dichtern nicht fremden 
und Ton Hrn. Z. selbst zu Parciv. 477, 24, p. 118 berührten 
Ausdrucksweise. — P. 86, 60 ist falsch erklärt: wenn nicht 
— wollten, es heisst: da vermochten nicht. — P. 88^ 
in LXX.XI, 8 verstehe ich duz nicht , muss man vielleicht dus 
lesen? — P. 80, in LXXXIl, 33 ist wohl mit Benecke unge^ 
füege zn* ändern in infuoge^ wie v. 8. — P. 92, 31 muss statt 
geligeniu doch wohl geliheniu geschrieben werden , da es Hr« 
Z. von liäen herleitet , s. deutsche Gramm. I, p. OST. — P. 05« 
zu Parc. A16» 18 scheint die Erklärung als ungenau getadelt 
werden ziu müssen, denil der Anfänger könnte danach die s^le 
für den J\'ominativ halten. Es war anzugeben, dass swer In 
V. 17 heis^tt wenn jemand. — P. 133, v. 6690, 92 sipd die 
Interpunctitonszeichen wohl umzustellen, oder nach beiden Ver- 
sen ein Komma zu setzen. — P. 139, v. 6993 kann doch ko^ 
men unmö|;lich für homt stehen, wie Hr. Z. annimmt; es Ist 
8. plur.conj.: drum mögen (müssen) sie bald kommen. 
-7- P. 157, zu Frlged. 28, 4 konnte aus dem Lesebuche selbst 
Amis V. 890 angeführt werden; die neuhochdeutsche Redens- 
art nicht einen Heller werth lä^st sich aber schwerlich 
mit den angeführten vergleichen, da ja hier der eigentliche 
Wortsinn ganz genau festzuhalten ist. — P. 161 musste ange* 
deutet werden, dass der Leich des Heinrich von Sax aus einem 
grösseren Gedichte genommen ist, und das doch des ersten Ver-* 
ses sich auf das (hier weggelassene) Vorhergehende bezieht. 

Papier und Druck sind zu loben. Einige wenige Fehler 
sind auf der letzten Seite angegeben; ausserdem sind uns noch 
folgende aufgestossen : p. 26, v. 46 clunge für düngen; p. 27» 
XXXllI, 1 viel für vil; p. 32, Z. 1 vier en st. vierden; p. 62, 
Z. 3 V. u. Ärtwg für ringe; p. 65 Z. 8 v. u. Volkheren st, Fo/4- 
hdren; p. 69 Z. 3 v. u. Bogenatr eiche für Bogenstriche ; p. 9V 
nach 120, 6 ein Komma statt eines Punctes; p. 114 a. Z.^ nickt 
für niht; p. 12^ Z. 13 v. u. wihe (kann vielleicht auch ein Man* 
gel bloss in unserem Exemplare sein); p. 125 b. Z. 16 ein Komma 
statt eines Punci'es (der Fehler ist aus Lachmanns Wolfram 
mit herütxQrgenorx^men, wie noch einige andere, die aber vom 
Herausgebe schon angezeigt sind); p. l28Anm. zu 48 CXXXVI. 
statt CXXXVIL; p, 149 Anm. Z. 1 brüke statt brücke; p. lÖO 
Z. 2 V. u. smiugen für smiegen, 

Hildesheim, iL Schädel 



Bibliographisch« Berichte. MI 

Bibliographische Berichte. 



A ristoplianis Nuhes secundum ediU Btnssonadii, Vartetatem lecticH 
nis et adnotationem adjecit L. d e S i n n e r. Paris, ap. L. Hachette. 1834. 
XII u. 137 S. in 8. (Preis 1 Fr. 50 Gent.) und Euripidis Medea 
sectmdum ed, Boiasonadii. Farietatem leciionis et adnotationem adjecit 
li. de Sinn er. Ebcndas. 1834. VI u. 150 S. in 8. (Derselbe Preis.) 
Zu beiden Stücken giebt Hr. v. S. eine sorgfältige Auswahl aller in 
irgend einer Elingicht widitigen Varianten und das Vorzuglichste, was 
für die Erklärung Ton den Interpreten beigebracht ist, mit eingestreu* 
ten eignen Bemerkungen und Ansichten. Die Behandlung der Medeä 
ist ausführlicher als die der Wolken. Zu jedem der Stücke wird auf 
Verlangen eine ganz neu gearbeitete lateinische Uebersetzung beigege- 
hen, Wolken 51 S., Medea 48 S. (Diese letzte enthält noch einen An- 
hang über die Medeen einiger andern Dichter, auch der neuern Zeit.) — 
Luciani Somnium seu Gallua, Accessit Alciphronis Epiatola 
l III, 10. ]. . Ad codicum fidem recensuit et brevibus notia inatruxit L. d e 
Sinn er. In uaum acholarum. Paris, ap. L. Hacliette. 1834. IV u. 33 S. 
in 8, (1 Fr.). Da die Ausgabe für die Colleges bestimmt war, muss- 
ten, nach franzosischen Rücksichten, einige Stellen gestrichen werden« 
In der Recension folgt Hr. v. S. grosstentheils Fritzsche, doch nicht 
durchgängig; auch §. 2: st aoi rj r^g *jiQyovs xQonig iXalrjasv^ wgttBQ 
910TS 17 qtrjyog iv J(o8(ov7j avtoqxovog ifiavtBvaato y hätte er sich unse- 
res Bedünkens Ton ihm trennen , und die Lesart ifia'VTtvBro lassen sol- 
len , da die Unglaublichkeit eines einmal Torgefallenen Facturas durch 
Vergleichung eines sich oft wiederholenden Wunders gemildert werden 
Boll. Dagegen war vielleicht mit ihm §. 31 avaXoyi^Ofisvov rovg ro- 
Kovg Koträ rovg daTiTvXovg zu schreiben, statt der Vulg. xa/, die dem 
Styl des Lucian nicht angemessen scheint Ueber die Sache s. Bergler« 
zu Alciphron. I, 20. Eine wichtige kritische Rüge heben wir aus der 
Vorrede ans, nämlich dass bei Reitz das cursive P die ed. Bourdelotii, 
1015,* das röm F den cod. Poli bezeichnet: dieser Unterschied aber sei 
Ton keinem der nenern Herausgeber gehörig beachtet worden, so 
dass man sich an Stellen, die man näher untersuchen will, immer ans 
der Originalausgabe Raths erholen mnss. Zum Briefe des Alciphron 
verglich Hr. v. S. die beiden Codd., 1090 (A) und 3021 (B), der Kon. 
Bibliothek, von denen jener namentlich ausgezeichnet ist. Den von 
Negri mit Recht hergestellten Namen üaTaxicova bestätigt A; beide 
haben nagsordvcei: kurz vorher A slnsg^ B slnag. Im Anfang des 
nächsten Satzes fehlt in B Si^i dann A nQocsX&ovtBg ^ B nciQBld'. Wei- 
ter B ißoav, A ißofiasi dann B slvat für köravai^ wie 2 bei Wagner. 
^m Ende derselbe 'tpivörj» Besonders wird die neue sehr sorgfältig 
gearbeitete lat. Uebersetzung gegeben , 22 S* [Fn D.] 



Lettre ä Monaieur Haae aur une inacription du aecond siVcZe, trouv^ 
ä Bourborme-'lea'Baina, h 6. Janv. 1833, et tur Vhiitoire de c^e viUe^ 



802 Bibliographische Berichte, 

par Jales Berger de Xivroy, Doct en phil, Paris, chez Aim^- 
Andre, libr. 1833. 264 S. 8. mit 6 lithographirten Blättern. Am 
£nde des Jahres 1832 'entdeckte man in Folge einer Feuersbrunst su 
Bourbonne-Ies-Bains in Champagne (Departement de la Ilaute-Marne) 
eine lateinisclie Inschrift und schickte sie nebst einigen andern kars 
Torher gefundenen Alterthümern an Hrn. Berger de Xivrey, um Er- 
öffnungen darüber von ihm zu erhalten. Dicss gab die Veranlassung^ 
KU gegenwärtigem sehr anmuthig geschriebenen Buche, aus welchem 
vir so viel ausheben , als die Leser der Jahrbücher interessiren mag, 
den übrigen Inhalt nur kurz andeutend. Die hier zuerst bekannt ge- 
machte, vortrefTlich erhaltene Inschrift muss nach Hrn. Rasens Ur- 
theil noch vor das Ende des zweiten Jahrhunderts gesetzt werden, 
weil die Buchstaben noch ganz die alten Proportionen zeigen. Sie 
lautet: D£0. APOL || LIM. BORVOKI || ET. DAMONJS || C. 
DAMIMVS II FEROX. CIVIS |I LINGONVS. EX || VOTO. Herr B. 
vermuthet, dass die kleine Marmorplatte, deren Facsimile die erste 
lithographirte planche giebt, la einen Votivaltar eingesetj^t gewesen, 
tmd vergleicht damit eine zu Bourbon - Lancy gefundene Inschrift bei 
Miliin, monum, ant, inedits^ Bd. 1. S. 148: C. Julius EporedirigU 
/(ilius) Magnus, [| pro L. Julio Caleno filio, || Bormoni ee (et) J9a* 
fiionae || vot(um) so2(vit). Ausführlich aber behandelt er eine dritte 
hierher gehurige Inschrift und verfolgt deren Geschichte im Detail 
S. 9 — 33, wozu eine vorher nie gedruckte, 1761 in der Acaddmie dei 
Inscript. et Beiles -lettres gelesene Abhandlung von Gibert kommt, 
S. 201 — 206. Nach dem zweiten an Ort und Stelle gemachten Facsi- 
mile, und der aus Hrn. B. Untersuchungen sich ergebenden AusfäU 
lung der Lücken ist der sichere Text der oft, aber falsch abgedruck- 
ten Inschrift folgender: [B] orvont. ^. (d. i. et Td) \\ monae, C.Ia\\ fi- 
nius Ro II manus. In || g, (d. i. Ingenuus odertngentius) prosalu || [t]e« 
Cocillae || eie (yvoXfiliae) (5- Ex, voto. Eine vierte zu Bourbon - Läncy 
auf Facs. 3, wovon nur die ersten zwei Zeilen gut erhalten, aber Yom 
übrigen so viel , dass man die Richtigkeit der altern Abschriften dar- 
aus erkennt: Borvoni ei Damonae || T. Severius Mo || destus omnihQus) || 
honorihus atque officiis || (Das Folgende blosse Ergänzung des ahge- 
sChlagenen Stückes) apud Aeduos functus || F. S. L. M. Zur Erklft» 
rung dieser Inschriften wird im Wesentlichen Folgendes beigebraehti 
Nach Cäsar VI, 17. verehrten die Gallier den Apollo, «it morbos cte- 
peVentem; und wirklich findet sich dessen Name in Frankreich sehr 
häufig auf Inschriften, so wie Statuen von ihm, dagegen nirgendf 
eine Spur von Aesculap : ja eine zu Lyon gefundene Statue mit allen 
Kennzeichen des Aesculap trägt die alte Unterschrift JflOAASlN'» Der 
Name des Apollo und anderer römischen Gottheiten ward nun mit Lo- 
calgottheiten verbunden, woton S. 38 — 47 ein Verzeichniis ans la- 
Schriften folgt, z. B. Minervae Nemanso^ Apöllini Chranno: hi weW 
eben Fällen Hr. B. geneigt ist, den NamCn des Gallischen Gottes ad« 
jectivisch zu nehmen. So Apolloni Borvoni, In den drei andern ef- 
scheint Botvo allein, den tnan auf ähnliche Art mit deid A|^oUo ideati- 



Bibliographifch« Berielitei 

ficirte, wie wir diess genauer yon Belenufl wisten ans Herodlaa« 
VIII, 8, Gapitolin. Maxiniini dno c. 22. coli. Orell. Inscr. ar. 1968. 
Auf denselben Apollo Borvo bezieht Hr. B. Eumen. Paneg. Const Aug. 
c« 21: j4poÜo, cujus ferventibus aquis perjuria jpimiuntur, weil in dem 
Lande der Aeduer es keine warmen Bader gab ausser denen zu Bourbon- 
Lancy. Die Formverscbiedenheit Bormo auf der zweiten Inschrift steht 
fest durch Ortsnamen und die Tab. Pcuting. S. S. 55 f. (So dsQßrj a. 
^BQfiT]^ und viele andere.) Der Name Borvo kommt ohne Zweifel von 
hourbes, trübem, schlammigem Wasser, dessen Heilkraft in jenen Ge- 
genden einen alten Ruhm hatte; s. unter andern Vales. Noiit Galliar, 
S. 280. Bei Gelegenheit verunglückter Etymologien dieses und ande- 
rer fälschlich als auf der dritten Inschrift stehend angenommener Na- 
men macht Hr. B. eine sehr interessante Digression über die Celtoma- 
nie im Etymologisiren, die fast den ganzen §. 4 einnimmt, S. 73 — 100, 
und zeigt, in welchen Grenzen sich celtische Ableitungen halten müs- 
sen. §. 5 handelt über die in den Inschriften vorkommenden Namen: 
latlnius sei nicht in Latinius zu ändern, da noch romische Familiea 
Gtattmi existiren. S. 105 — 109 zahlreiche Beispiele des Namens Ferox. 
Lingonus finde sich nur noch bei Martial. VITI, 75, sonst immer Lin- 
gones, Tamonae^ oder vielmehr T. monae in der dritten Inschrift 
könne nur Schreibfehler für Damonae sein , über welche Göttin übri- 
gens nichts beigebracht wird. Bei Gelegenheit des doppelten Inter- 
punktionszeichens in der letzten Zeile derselben Inschrift: Q^ (denn 
wie ^ sind die Punkte zwischen den Wotfen gebildet) giebt Herr B« 
8. 118 f. folgende Bemerkungen: En parcourant quelques salles du Mu- 
s6e des antiques^ fapei'gois la ponciuation avec des especes de coeurs^ 
dans une inscription placke sur un autel taurohoUque , n" 30. Celle de 
Vurne de C. Jul, Comcius Fortunatus ^ n° 487, offre pour s^parer les tnotB 
des especes de virgules, Sur le cippe sepulcral de Flavius Satumtnus^ 
n^ 509 , je vois comme signe de ponciuation une forme de clou, Dans 
V inscription d^Aelius Pastor^ sur le pi^destal de la statue de Sexius Pom^ 
pee y n^ 150 , les lettres D M (^Diis Manibus') sont separies par une fagon 
de petit T de cette maniere D t M; et les mime lettres sont separees par 
une petite croix , D-^' M ^ dans Vinscription d^Aurelius Anatellon , sur le 
piidestal de la statue d^un personnage Romain, n° 130 etc, — II est vrai 
qu*ä cet endroit de Vancienne inscription de Bourbonne , il y a deux signeB 
de ponctuation pour un : mais ceci indique entre tout le Corps de Vinscri" 
ption et les mots sacramentals ex votoy une Separation plus märqu4e 
qu entre les auires mots. Je trouve le mime exemple d'un signe de pon-^ 
ctuation particulier^ pour indiquer un repos plus marqu6 dans Vinscription 
du Musee des antiqueSj n^ 30, que je viens de citer, Touts les mots y 
sont scpares par des coeurs , et ä la fin de la premiere Ugne il y a une 
feuille de fougere, — S. 128 ff. Spuren römischer Colonien in jener 
Gegend , worunter das 1829 zu Bourbonne entdeckte Monument eines 
Schauspielers. Es ist blos das obere Stück übrig, in f^orm eines Gie- 
bels, auf dessen Felde die Inschrift, darunter ein Kopf, den Coqnebert 
du Montbret (in Memoirei de la Soc^ dee AntigwUres de France Bd. 9. 



804 Bibliog;rapb!fcbe Berichte. 

1832. S. 201.) für den einefl Löwen nahm, Hr. B. aber lieber für den 
eines Affen erklärt, „ce qui s' accorderait mieux avec la profession du 
mort,^^ Der Form der Buchstaben nach auf Facsimile 4 ist die Inschrift 
bedeutend neuer, als die erste der obig^en. Sie lautet: MARONV 11 
HISTRIOROCABA || IVS DIG .... IIANNXXX. Maronus (obgleich 
vom 8 keine Spur) histrio Rocabaius dic{lu8 Tix)i ann(is)XXX, (Hr. 
B. giebt vixit,) Zur Erklärung Ton Roc, hat Hr. B. nichts aufgebracht« 
Die fünfte Platte giebt die Abzeichnung eines Bockes von Bronze, den 
man 1828 ebendaselbst gefunden. Von S. 146 an folgt die Geschichte 
der Stadt Bourbonne-les-Bains und ihrer Herrn bis za den neuesten 
Zeiten , mit vielen unedirten Belegen aus den Archiven und der Köiu 
Bibliothek, und den Wappen der Trichastel, Choiseul, Vergy, Bauffre* 
mont und Livron auf planche 6. [Fr. D.] 



Oeuvres completes de Tactte, Traduction nouvelle^ avee le texte 
en regard^ des Variante et des notes, par J. L. Burnouf, prof. au 
coli. Roy. de France, inspecteur g6n. de TUniversitö. 8. Paris, libral- 
rie classique de L. Hachette. Tome I. (Ann. I — III.) 1833. LIV und 
542 S. T. II. (Ann. IV— Xtl.) 1828. 558 S. T. IIl. (Ann. bis Ende.) 
1830. 572 S. T. IV. (Hist. I, II.) 1827. XV u. 440 S. T. V. (HIatä 
bis Ende.) 1828. 558 S. T. VI. 1831. 462 S. Wenn es für einen 
Ausländer überhaupt misslich ist, von einer Uebersetzung mehr als dai 
Materielle, d. h. die Auffassung des Sinnes im Original, beurtheiten 
und auch Form und Ton derselben richten zu wollen , so wird die Ge- 
fahr, eine Ungerechtigkeit zu begehen, doppelt, wenn ein Deutscher 
über eine französische Uebersetzung des Tacitus seine Stimme ab- 
geben soll. Schon dem Reichthum und der glücklichen Bildsamkeit 
der deutschen Sprache wird es schwer und zum Theil unmöglich , die 
sinnvolle und ihre Satzglieder so vielgestaltig variirende Kürze des Rö- 
mers nach den heutigen Forderungen treu wiederzugeben: wie soll sich 
aber die in eine conventionelle Form und stereotypische Wortfolge ein- 
geengte französische eine gleiche Aufgabe stellen können? So findet 
man in der hier so geachteten und mit sichtbarer Ueberlegung u. Soi;g- 
falt gearbeiteten Uebersetzung. des Hrn. B. bald eine Nuance des Latei- 
nischen verwischt, bald eine neue zur Abrundung der französischen 
Periode hinzugefügt; vieles eintönig, was im Lateinischen eine schdttO 
Bewegung hat, anderes fast pomphaft, was Tacitus nur flüchtig hin- 
warf, vorzüglich aber viele dem Wesen des Tacitus widersprechendn 
vermeintliche Ausschmückungen. Von allen diesem und anderm Auf* 
fälligen ist man aber, sobald man Hrn. B. über seinen Schriftsteller 
sprechen hört, geneigt, die Schuld auf seine Sprache zu werfen, in 
welcher ein Bild der Taciteischen Rede viele seiner eigenthümlichen 
Züge einbüssen musste» Denn Einleitung und Anmerkungen geben so 
viel Proben von Einsicht in den Geist des Historikers and den Inhalt n» 
tlharakter seiner Compositionen , dass man annehmen möchte, mehr» 
als von Hrn. B. geschehen, lasse sich in der französischen Uebertra- 
gnng des Tacitas nicht ansdrücken« Wir mof sen demlialb diesen Thdl 



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BIbllograpiliselie B«y|»UV 

4er Arbeit ganzlich den einheimiicihen Richtern fiberiMften, und 
sar Beschreibang. des gegebenen lateinischen Textes wenden. -— W 
den zuerst erschienenen Banden , d. i. IV, V, II u. III, hatte Herr B«' ; 

kein neueres Hülfsmittel als die Ausgabe von Oberlin ; er legte also ; 
diese zu Grunde ^ Terglichfcnhere Heraasgeber und Uebersetzer, h»^ 
eonders Lallemand und Brotier durchgängig, revidirte die Varianteii^. 
und gab in Berücksichtigung dieser, der Sprache und der Geschichler 
eine an mehrern hundert Stellen von Oberlin abweichende Becog^itiont ' .' 
am häufigsten kehrt er zu der mit Unrecht verlassenen Lesart dorHaad- 
echi^iften zurück und trifft darin mit Walther sehr oft zusammen. Für . 
Bd. I konnte er endlich den letztern benutzen , und folgt ihm meist, 
doch 80 , dass auch er das zu weit gehende Bestreben desselben , die . 
Lesart des Cod. zu erhalten , eingesehen und an einer Anzahl von Stel* 
len mit Grund abgewiesen hat. Bei den kleinern Schriften Bd. VI sind 
die hauptsächlichsten unter den neuern deutschen Arbeiten zugezogen, 
leider aber noch nicht Orelli beim Dialogus. In der Germ, fehlte - 
ihm auch Dilthey. An kritischen Mitteln ist eine wiederholte Collatieli , 
des Regius (nr. 6118.) hinzugekommen, der d^, wo er nicht mit der 
ed. pr. übereinstimmt, die Lesart des Flor. hat. Desshalb glaube icb 
nichts Unnützes zu unternehmen, wenn ich die bei Hrn. fi. zerstreuten 
Varianten, die sich bei Brotier (nach Walther zu schliessen) nicht oder 
falsch notirt finden , hier nachtrage , mit Ausnahme der Stellen , wo . ^ 
Walther seine Lesart als die aller Codd. bezeichnet, oder wo die Cor* ' (' 
ruptfon zu handgreiflich ist. Den andern Pariser Cod., Instit. Or. Jesu, 
den Dotteville verglich, hat, wie mir erzählt wird, Hr. B. aufsuchen 
lassen, aber auch Hrn. Hase ist es nicht gelungen, eine Spur dessel- ' 
ben in Paris zu entdecken. — Die s^hr angenehm geschriebenen An- 
merkungen besehäftigen sich vorzüglich mit Feststellung des Sinnes, ^ 
mit Erläuterung der Alterthümer und der Geschichte« Der reiche Stefl^ 
dein die Herausgeber bisher dazu zusammengebracht, ist unter den ge^ 
eignetsten Gesichtspunkten verarbeitet, und besonders in juristischem 
Dingen durch die neuern Aufschlüsse vermehrt« Ueber manche Punkte 
haben wir Ungenügendes oder Unrichtiges bemerkt gefunden, wo die 
neuern Forschungen Hrn. B. vielleicht nicht zuganglich waren, %• B» 
über die Vexillarii, die Atellanen, Asinius Pollio, den Historiker Cur- 
tius. Doch verschwindet dieses gegen die allgemeine Richtigkeit und 
Gründlichkeit seiner Auseinandersetzungen ; und man kann sich bei deif 
Leetüre des Wunsches nicht erwehren, dass man doch auch in Deutsch- 
land eine auf ähnliche Weise Punkt für Punkt historisch und antiqnar* 
risch den Schriftsteller, aber mit etwas weniger Ausführlichkeit in ▼ie-'' 
len bekannten Dingen, durcharbeitende Ausgabe veranstalten möge. 
Ich meine natürlich die grossen historischen Werke, zu denen OMUi 
zwar das Meiste und Wichtigste schon in den Ausgaben von Gronoir nnd . 
Oberlin findet, doch so, dass noch viele Lücken auszufüllen nnd oft 
aus dem angehäuften Stoff das belehrende Resultat erst noch za ziehen 
ist •■ Ueberhaupt haben wir ans aber bei G^legenhdt der grossem 
Bddker*eehen Anigabegowtti^ert,' dasei Bm»;<iiaithiei4urfd^ dnmnt . 



o 



.. 1 



SO0 Bibliographisehe Beriehto. 

knngeii toii Eroesä gestrichen , und dafar ans Gronovs Ansgabe un- 
endlich wichtigere Ton RyckinSy Pichena und Andern aufgenommen, 
wodurch das Buch ohne allen Vergleich nützlicher und wichtiger ge- 
worden wäre , als es gegenwärtig ist. Um auf Hrn. B. zucnckzukom- 
' men, so ist noch zu bemerken, dass die Lücken der Taciteischen Schrif- 
ten durch historische Uebersichten ausgefüllt sind; dass in den Anmer- 
kungen eine Menge geistreicher und interessanter Vergleichungen Ton 
Stellen franzosischer Glassiker angeführt werden, und dass endlich 
aus den Büchern von Reisenden und Orientalisten vieles Neue und Fas- 
sende zur Erklärung beigebracht ist. Aus diesen Andeutungen wird 
man sich einen Begriff von der Ausstattung dieser Ausgabe machen kön- 
nen, aber zugleich auch einsehen, dass es an diesem Orte zu weit füh- 
lten würde , entweder Auszüge über besondere Erklärungsweisen zu ge- 
ben , oder eine Anzahl tou Stellen neu zur Sprache zu bringen. Ich 
begnüge mich daher, ausser den bei Brotier fehlenden Varianten des 
Regius Einiges von dem Neuen anzugeben , ohne darin weder vollstän- 
dig sein zu wollen noch zu können. In Vielem ist auch VITalther mit 
ihm zusammengetroffen, was unnütz wäre zu bemerken. Ann. I, 43 
versteht Herr B. in den Worten eluant hanc maculam mit Recht nicht 
Varianam cladem , wie man jetzt allgemein erklärt , sondern die kurz' 
vorher genannten iras ctviles, und führt diesen Sinn befriedigend ans. 
Zu n, 33 über die vestea Sericae und bombycinae^ als synonym für seidene, 
S. 407 — 470. In II, 57 nimmt er opertis odiis^ wie der Cod. liest, mit 
Recht in Schutz statt des allgemein aufgenommenen apertis. Zu III, 75 
(S. 538 f.) führt er Gründe auf, warum gar nichts im Wege stehe, un- 
ter dem Laben bei Horaz Sat. I, 3, 82 denselben Labeo zu verstehen, 
von dem Tacitus spricht. Zu IV, 33 eine sehr ausführliche £rläute> 
rnng der gemischten Regierungsform, von der Tacitus sagt, dass sie 
leichter gerühmt als in der Geschichte gefunden werden könne, aus 
Cic. de Rep. , Stob. Serm. 141 u. a. Vom Worte Surena, VI, 43, zeigt 
er S. 490 f. nach St. - Martin ans armenischen Schriftstellern , dass es 
nicht der Name einer Würde, wie man bisher allgemein angenommen, 
aondern ein nomen propr. sei. XI, 2 hat Reg. (man wird , Walthers 
Ausgabe vor Augen, die Worte jedesmal leicht finden, zu denen die 
Variante gehört) indito sUenUo, woraus der Uebergang von victo, indo 
bis indicto klar wird« 11 die besten Codd. negotiantury woraus Hr. B., 
den Schriftzügen am ähnlichsten , vorschlägt negotia ineantur. 8 init 
Reg. Caesaria perduetum, 20 perdurit, qua invecta (so statt tncerta) 
oetarenttir, worunter Hr. B. vitarentur vermuthet. 23 wird Anquetil 
angeführt, Extraiis de Tactte, ovec des notes (Par. 1810.), der S. 390 
die unerklärlichen Worte per ae satts evident, wie es scheint, verbes- 
sert in paene strotts. 26 init. Reg. aduUeriorum, 30 citU veiitis Plantio^ 
was Gronov's Conjectur am nächsten käme. XII, 13 HercuUs, 54 nach 
der Lücke, wie Walther. 66. In den ersten Worten dieses Capitels, 
fn fonto tmole curanim Claudius valetudine adversa eorripitury hat 
Hr. B. zuerst einen wichtigen Fehler entdeckt, den alle Ausgaben bia 
J0tgi inn wMeilioU haben, ealbtt ohae (bif auf Walther) eme Variant« 

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BlblUgraphlfciie Berichte. MT 

bh geben» Ich echreibe defshalb feine Anmerkiing daraber TolItUndig 
ab , S. 554 ! 11 est certotn que c^est Narcisse qui est en proie aux soueüy 
que c^est Narcisse qui est malade^ que c'esl Narcisse qui se rend aux eaux 
de Sinuesscy comme Dion^ LX^ 34 Vafflrme positivement II est eertain 
aussi^ par tout ce qui va suivre^ que Claude mourut ä Rome^ dans le 
palais (eh. 69). Comment donc se fait - il que les ^dd, les plus estimäe$ 
portent Clauäius? Le mot Claudius n*est ni dans la premiire 4d,y 
nt dans le ms, du Hot, m dans eelui qui appartenait ä Vlnst, de VOro' 
toire, Bien plus^ sur les sept manuscrits du Vaticatt^ il ne se trouve 
que dans un seül^ eopid ä Genes en 1448. La coüation de tous cesmo- 
nuscritSy en ce qui conceme ce passage, a 4U adressie ä Dotteviüey par 
lettre de Rome en date du 17 avril 1782, et se trouve^ avee la UUrtj 
attach^e ä la premicre page du manuscrit de la Bibl, du Roi, — 

XIII, 1 Reg. irritaverat, 19 conjugiaque ejus et imperio, ohne jam, 
vai Brotier angibt. 21 ac si, 30 promisit. 31 quadrageni^ nicht 
vie Brot. 35 GoZoctam. 86 adirent, ,38 majorem auferri» 42 ac deo. 

43 mairis et avi acceperant, 48 plehs et ordo^ wie ed. pr. 57 eluvie 
bis /usa, wie Walther im Text; dann exitiosum, 58 Juhionum. — • 

XIV, 4 init. iuta (vita wie ed. pr.)* -^^ molliri^ nicht moliri. Vor- 
her cum selirtA statt cum coenaret» 15 ahsistentibus fades, jihcesserat» 
17 Burrum y ac si citaretur, 21 Graeci amictus quo, 28 cujus ii, 
48 gloriam quaesisse, 58 mortem , octum, woraus Hr« B. odium eonj« 
60 extr. his quamquam Nero poen» flag. 61 repetUum venerantium, -— 

XV, 2 Reg. aut (nicht haud") modice. 12 adipihcerentur ^ nicht — etur, 
14 memorat, 34 dehincj wie Flor. 40. Ilaec dum metus post aut 
redihat levis aut rursum grassaius ignis^ was Herr B. so verändert: 
Necdum posiius metus redibat haud levior, et rursum grassßtus ighis^ 

44 Igitur primum. 47 extr. depressum für repr, 57 intactis tormentis* 
59 Domitius Situs, 63 auch Reg. formidinem , dann temperare dotori^ 
ne aet, susc, 71 Nonio Prisco , was Walther für Druckfehler seit Pl- 
chena hielt. 74 extr. hat Reg., anders als Brotier angiebt, so: oene- 
ratio ad deum item hominum merito quorumdam ad omnia (oder ominaj 
dolum verieretur. — XVI, 3 Reg. blos ab oratoribusque ^ ohne narrat» 
10 prec, et invidia juxta^ wie Gronov schrieb. 11 ac senior priuSm 
21 pareri inexspectabilem, 26 per vanitatem AugwAi, wo alle ubrigeü 
p, immanitatem, — Hist. I, 3 extr. Reg. indiciis^ nicht Jud, 19 medie, 
81 eventior te (i. e. evenit forte) magis^ wie Flor, bei Pichena; dae 
Folgende wie Walther im Text. 40 aspectu für prosp. Gegen Ende 
proconcuüato, (In demselben Cap. bemerkt Hr. B. zu den Worten Nom 
tumültusy non gutes, quäle magni metus etc., dass sie dem Xenoph., 
Ages. c. 2, nachgebildet seien: Xocl Hgavyrf (ilv ovdißla nciQ^v^ ov 
[lijv ov8l atyi^* tpouvri Si tig tjv toiütvtijf oTav oQyi^ re k«1 (tccxfi ftct- 
^daxoiT* av.) 41 afflixit. 49 t>endtcator. 51 et ad dedecus, ohne ad 
usum, 55 duoetvicesimay dagegen aber 18 u. 56 richtig duodeincestina, 
was auch in dessen Lesart 11^ 100, duodecimoy zu suchen. 60 prori' 
puerat, 68 deditione accepta, 70 SylUmam, Gegen Ende in cetera 
victoriae» 75 imperium för la^tme. — • H, 8 modesUar. 6 Cytkaum 

20* 



WS Bibliographische Berichte. 

ohne in. 14 zu Anfang die Ordnung der Worte vie ed. pr. 16 -die 
Form halineis (Hr. B. giebt halinei^ vielleicht Druckfehler). 30 prope 
ohne ac, 37 ut consenserim» 48 remanendo, 59 principi minisU 65 non 
tfi mixtricibus, 68 viri vor eonsularis fehlt. 76 nee OÜionem , und so- 
gleich darauf propera, 88 accinctis, — III, 1 pari, Flav, r 6 Seho^ 
nianum nomen^ nicht wie Brot. 18 in den Worten quos militiae u. folg. 
vie Walther im Text, nicht wie die Note. 23 intuUsset, 25 precäba^ 
iur piatos, 32 glioquin. Dann majorum opum specie. 48 Sedothezorum^ 
wie Vat (Daselbst bringt Hr. B. auf eine Mittheilnng von St. -Martin 
eine wichtige Bestätigung der Conjectur von Colerus bei, aus Procop. 
de hello Goth. IV, 3.) 63 non sine decore. 83 extr. acaderet. — IV, 5 
Tarentino municipio, 15 gegen Ende congregahaniur» 16 extr. capto- 
retur für caperetur, 22 concurrentes, 32 meliora für moÜ. — V, 5 
gere&aiit. — Eine werthvolle Zugabe dieses Buches sind zwei Excurse 
des Hrn. Guigniaut, Verfasser von Religions de Vantiquit^ consicZ^ 
r^es principalement dans leurs formes symholiques et mythologiques etc.<, 
bis jetzf zwei Bände, worin die Creuzer'schen Resultate theils mehr 
ausgeführt und ^etaillirt, theils (und diess sehr häufig) eingeschränkt 
oder modificirt werden. Der erste: La Venus de Paphos et son tetnple, 
Commentaire sur Hist. U, 2, 4 , in Bd. IV S. 419 — 434. Öer zweite : 
Sirapis et son origine, Commentaire sur Hist. IV, 83 — 84, iu Bd. V 
8. 531 — 558. Beide sind auch besonders gedruckt zu haben. Sie 
zeichnen sich durch zwei in Frankreich nicht oft vorkommende Eigen- 
schaften aus, durch Belesenheit in den verschiedenartigsten Schrift- 
stellern, und durch grosse Vorsieht im Gombiniren. Ich wurde das 
Wichtigere und Biene ausgezogen haben , wenn mir die nothigen deut- 
schen Schriften zur Hand gewesen wären , um wissen zu können , was 
aus den reichen Zusammenstellungen zu erwähnen war, und was unter 
uns schon gesagt ist. Noch muss mit einem Worte der eben so geist- 
reichen als angenehm geschriebenen Einleitung des Herrn B. gedacht 
werden ,- die auch derjenige mit wahrem Genüsse lesen wird , dem die 
darin ausgesprochenen schönen Gedanken nicht neu sind. [D ü b ne r.J 



Index Graecitatis in Plutarchum, Man hat in dem C%- 
talog der Ostermesse einen neuen Abdruck des Index Graecitatis in 
Ptutarchum von Wyttenbach angekündigt, mit dem Ausdrucke 
^emendatius expressum,^^ Schreiber dieses , der den genannten Index 
eeit Jahren täglich gebraucht hat, zweifelt sehr, ob bei diesem 
Werke eine emendatior expressio hinreichend sei, wie man sogleich 
vernehmen wird. Erstlich ist der Index unvollständig, wie der 
Oxforder Herausgeber selbst schon bemerkt, und desshalb am Ende 
des zweiten Bandes viele hundert Wörter, die sich gar nicht in 
Wyttenbach's Sammlung befanden, aus Reiske's Index nachträgt. Man 
kann nun zwar dem Leipziger Besorger nicht zumuthen , diese Lücke 
(denn in beiden Index fehlen Wörter) auszufüllen — diess hiesse ein 
ganz neues Werk veranstalten — aber so weit wenigstens war die vom 
dxforäer angefangene VervolUtändignng bu fahren» doss der Beiske*- 



Bibliographiiche Berichte« 80B - 

• 

gehe Index In denWytienhaehischen hineiniuarheiten war, vm so mehr, 
da Reiske in der Regel nur das Seltenere und Merkwürdigere erwähnt, 
das bei Wyttenb. zuweilen gerade aufgefallen ist« Vielleicht ist diest 
auch die Absicht des Leipziger Crelehrten, die jedoch zur Befriedigung 
der Kenner nicht ohne Erwähnung zu lassen war. Aber der zweite» 
wo möglich noch bedeutendere Uebelstand des Wyttenbachisehen Index 
ist die fast durchgängige Planlosigkeit: kaum ist es nöthig fast 
hinzuzusetzen, indem der von Wyttenbach wirklich disponirten Ar- 
tikel überaus wenige sind. Ueber .viele Worter giebt er (d. h. seine vor- 
läufigen Sammlungen, wie man sie abgedruckt hat), zwanzig, dreissig 
Stellen ohne die mindeste Andeutung über den darin enthaltenen Ge- 
hrauch der Wörter; in andern Artikeln ist zwar eine ungefähre Dispo^ 
sition vorhanden, aber häufig so, dass der seltenere Gebrauch vorans- 
geht, der gewöhnliche nachfolgt, oder dass Beispiele derselben Art 
in drei, vier Rubriken zerstreut sindi ja in hundert Fällen findet man 
die Worte des Plutarch ,. wenn man aufschlägt, der Angabe der Ri|- 
brik geradezu widersprechend , was sich aus dem Zustand, des Manu- 
Scripts, wie ihn der Oxforder Herausgeber beschrieben, leicht begreift. 
Namentlich in sehr langen Artikeln ist die Zerstreutheit dessen, was 
zusammengehört, und die Wiederholung von Stellen über denselben 
Wortgebrauch an den entferntesten Orten sehr verdriesslich. Nichts 
von allem diesen hat nöthig, mit Beispielen belegt zu werden; man 
braucht nur den ersten besten , etwa über 10 — 12 Zeilen langen Arti- 
kel vorzunehmen und die Stellen alle nachzuschlagen, so wird man 
das Gesagte bestätigt finden. Es bleibt also, um das Buch übersicht- 
lich und überhaupt brauchbar zu machen, nur das einzige Mittel übrig, 
alle und jede Stelle, ohne Ausnahme , nachzusehlagen und diesel- 
ben nach ihrer Beschafi*enheit unter grösstentheils neu zu machende 
Rubriken einzuschalten; geschieht dieses vom Herausgeber nicht (und 
man darf ihm eine solche Aufopferung kaum zumuthen, da mit dem- 
selben Zeitaufwande beinahe ein neuer Index anzufertigen wäre), so 
muss ehrlicherweise dem Käufer in der Vorrede gesagt werden, dasa 
er sich auf kein einziges Citat verlassen dürfe : das Wort zwar werde 
er finden (und in der That sind die Zahlen der Faginen gewöhnlich 
richtig, nur in den beigegebenen Randbuchstaben sind viele Fehler), 
aber man könne nicht dafür stehen, ob es daselbst die angegebene Bo- 
deutung oder Gonstruction habe. Dennoch muntern wir unseres Thells 
aufrichtig zur Ausführung dieses Unternehmens auf, da ein reicher 
Schatz von, obgleich kurz angedeuteten, trefflichen Bemerkungen unA . 
Conjecturen, gute Stellen über die Worte ausser Plutarch noch aua 
Bio Chrysostomus, Aristides , Forphyrins , Eusebius, Stobäns Floril.' 
und andern (Plato kann wohl jetzt wegfallen) in dem Index enthalten 
sind. Wir bedauern nur, dass dem Herausgeber eine so lange und 
mühevolle Arbeit erwächst, wenn es ihm wirklich darum zu thun ^t, 
dem Buche diejenige Braudibarkeit zu geben, welcher es, wohl be* 
handelt, fähig ist. '*' 



810 Bibliographlscbe Berichte. 

Essai 8ur Vhistoire litidraire du moyen äge^ par J.-P. 
Cbarpentier (de Saint -Frest}, prof. de la rh^tor. au coli. roy. 
de Saint -Louis. Paris , Maire-Nyon, libr. 1833. 384 S. gr, 8. Von 
den vielen gegenwärtig in Frankreicli erscheinenden Schriften , die daa 
Mittelalter näher oder entfernter berühren, gehören nur wenige in den 
für die Jahrbücher bezeichneten Kreis: unter diesen abe^ vorzüglich 
der eben genannte mit Geist verfasste Abriss der Literaturgeschichte 
des M. A. Um dieselbe so darzustellen, dass dem Leser ein dentli- 
ches Gesammtbild ihrer Haupterscheinungen und ihres Ganges bleibe, 
bat sich Hr. Ch. wenig mit dem überreichen Detail beschäftigt, wae 
man bis jetzt kennt, sondern die Grundzüge dieser so verschiedenarti- 
gen Literatur in einem so sinnreichen Raisonnement entworfen , dass 
man durch den Reichthum historischer Ideen für Einzelnheiten, die 
man vermissen könnte, völlig entschädigt wird. Die Haltung des Gän- 
sen ist durchaus pragmatisch, und die grossen Einflüsse des kirchlichen 
nnd politischen Zustande« jeder Periode auf die Literatur sind vollstän- 
dig dargelegt; besonders weiss Hr. Ch. die einzelnen Elemente jeder 
Erscheinung sehr gut auf den Punkt zusammenzuführen , wo das Pro- 
duct derselben in's Leben zu treten anfängt. Was die sehr schön ge* 
flchriebene Schrift noch ausserdem für .Deutschland interessant machen 
wird, ist, dass er sich fast ausschliesslich mit den ^^nations fiUes de la 
romaine^^ beschäftigt, und man hier nicht wiederfindet, was die ein- 
heimischen Schriftsteller behandelt haben. Um endlich zu sehen, wel- 
che Gruppirung Hr. Ch. seinem grossen Steife gegeben hat, wird es 
hinreichen, den Inhalt der einzelnen Capitel anzudeuten. Nach der 
Einleitung, worin unter anderem geistreiche Worte über den Sinn von 
Fortschritt und Rückschritt, wenn man von solchen im Mittel- 
alter redet, werden im zweiten Capitel die Elemente desselben und 
seine Vorbereitung im Verfall des Römerreichs angedeutet, und ge- 
schlossen: Souvenirs classiqueSy pensde religieuse^ naivite harbare., teh 
sont donc les trois caractcrcs du moyen äge^ ses irois origines, Par ses 
iiudes^ il se raitache ä Vantiquite ; par ses coyances, il est lui-mSme^ 
par le sang germanique <, il enfante les peuples modernes, II est le lieu 
du pass^y le germe de tavenir. II cache les racines de nos lots , de noB 
moeursj de nos idiomes» Mais plus qu^aucune autre terre^ le sol gaulola 
a reuni toutes ses influences ; c^est donc lä quil les faul d'ahord Studier. 
Wir haben diese Worte nur ausgezogen, um zu zeigen, warum der 
Herr Verf. vor allem Frankreich zum Mittelpunkte seiner Darstellung 
machte. Cap. 3. Aeltester Zustand Galliens. Eindringen römischer 
Cultur. Franken mit dem Christenthum. Cap. 4. Ende der römischen 
Cultur mit Sidonius Apollinaris, aus welchem diese Periode gezeichnet 
ist. Charakteristik desselben. Anfang des Vulgärlateins in Gregorys 
von Tours Schriftsprache. Cap. 5. Die Dichter Fortnnatus und Ale. 
Avitns. (Dazu S. 350 — 59 interessante Vergleichung einiger Stellen 
aus seinem Gedichte de initio mundi mit Milton's Paradis.) Charakte- 
ristik und Elemente der Legenden. Macht des Clerus y der Chlodewig 
nachgab , aber dennoch blieben Reste des Heidentbums. Cap. 6. Zeit 



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€m1 det Gr. Cap. 7. BöclEfall unter d«ii ÜKcliffllgwii» i I» 

■(ern allein die Zaflucht der Wisseiitchaften« [S. 83 kit in « 
▼on Cuvier ¥om Besenbiren der Codd. die Bede« De id l'esp^ 
de gratter vn manuaeiii povr eubeUtuer vn mtUe ouvrmge emr la n 
peau. Aber et ist beloinnt, data die Schrift häufiger anagewsai 
ala aasgekratzt wurde : sonst könnten vir keinö Werke ans Pi 
•ten haben.] Cap. 8. Irland und Britannien mit der röm. Prop 
Normandie mit Lanfrane und Anselm. Cap. 9. Abatlard. Bein 
Betrachtungen darüber, wie' seine bekannte Liebe der im Mitt« 
durch die Dichter gefeierten ganz fremd gewesen und erst in neuarM^ 
Zeit Anklang in den Gemuthern habe finden könne ; dann über Po9iP# 
und Bousseau*« Heloise.^ Cap. 10. Der heiL Bernhard, d^r, ohne ee 
au wollen, dureh die Idee der Kreuzsfifl^e dte Emaneipa^on Bvropa^i 
Torbereitet. Verhältniss seiner Schriften au seinem Wirken. Cap* U. 
UniTersitaten, auch hier richtig in der Grundbedeutung von CotpavÄ^ 
tionen erklärt. In diesem Gap. auch interessante Details, besondofa 
über die Pariser Universität. Vgl. auch S.xSfiO f. Cap. 12. Seholastikw 
Cap. 13. Geistliche Secten, die nadh einander gegen den röndsdili^ 
Stuhl auftraten. Cap, 14. Ckdrängtes G^emälde des Zustandes der WW 
senschaften im 12ten und ISten Jahrhundert, worin dar Keim der hm^ 
tigen Facnltaten (in Frankreich )• Cap. 15. Einfluss der Araber 4iS 
den Oceident. Cap. 16. Bildung der neuem Idiome, und besondosi 
des Bomanischen. Cap. 17. Einmischung des Deutschen und Nebeia^ 
einanderbestehen beider bis aur Schlacht bei Fontenay^ yon wo 
etwa die eigentliche französisdie Sprache zu datiren habe, die sich 
den bis dahin Tereinigten Elementen nunmehr fortbildete. Cap. IA0 
Wallonische Sprache und Poesie. Hinblicke auf das Latein der Zeft^^ 
Gauthier's Alexandreis. Cap. 19. Proben ^aliiche Literatur. Cap. M^ 
Bomane, nach den Terschiedenen Sagenkreisen, die ihnen den SteM 
gegeben. Allgemeine Betrachtungen über seine Bedeutung und satad 
Gattungen in der neuern Zeit. Die Bomane führen auf Cap. 21 iS» 
Chroniken , die in diesem Capitel charakterisirt werden. Cap. 22. fSd^ \ 
düng des Italienischen , wo wir besonders Seiten beleuchtet gefundeaf 
haben , die bisher unberücksichtigt waren.v Cap. 23. Fortschritt dea > 
Italienischen zur Poesie. Dante und Petrarca. Cep, 24. Kurze Skiffid 
der Bildung und ^er Fortschritte des Spanischen u. Englischen. Cfip. M; 
Blick auf die Byzantinische Literatur. Cap. 26. Ankymft der Griedios ^ 
in Italien , mit vorausgeschickten Nachweisungen von Spuren des StiN ^ 
dinms der griechischen Sprache vor dieser Zeit im Oceident. Aufle-' 
ben der classischen Literatur und^ nächste Einflüsse desselben. Cap. V« 
Bückbiick auf das Nebeneinanderbestehen der Bomahbchen und 'd^ 
Studiums der Classiker im M. A. Cap. 28. Fortschritt des roensdili- 
diea Geistes im Mittelalter. (Wozu ein Anhang S. 380 — 82 über diä • 
materiellen Erfindungen während desselben.) Von 8. 341 an folge» 
Notea mit einigen wichtigen Belegstücken der in der Darstellung selfiat ' 
gegebenen Ansichten oder Facta. * 



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812 Bibliographiscbe Berichte. 

Programme karhessischer Gymnasien.] Ans den 
Programmen , mit welchen die sechs kurhessischen Gymnasien zu ihren 
jüngsten Osterprüfungen eingeladen , ist zu entnehmen , dass das neue 
Leben, welches die Umbildung der Staatsverfassung in fast alleTheile 
der Landes- Verwaltung bringt, auch das Gelehrtenschulwesen durch- 
dringt, wenn gleich einige örtliche Verhältnisse die Erscheinung einer 
umfassenden Verordnung für diese Schulen und die Einweisung der Leh* 
rer in die standischer Seits consentirten Norraalgehalte noch immer auf- 
halten. Während die hauptsächlichsten Differenzen in Absicht des Ly* 
ceums in Cassel noch fortdauern , welches zum Theil städtische Anstalt 
ist und nun zur unmittelbaren Verwaltung des Staates übergehen soll, 
wirken die Lehrer indessen in der Hoffnung einer baldigen Entwicke- 
lung der Verhältnisse mit Eifer fort. Ein Merkmal davon ist zu- 
nächst folgende Gelegenheitsschrift , die wir hier zur Anzeige bringen: 
Examina vema in Lyceo Fridericiano dd. XV II — XXI Martii instituenda 
orationesque d, XXI habendae rite indicuntur. Inaunt ducenta Oweni 
epigrammata^ quae in usum discipulorum selecta brevibus aimototto- 
nibus instruxit Dr. C. L. Brauns. Cassel. 1834. 64 S, 4. Der Ver- 
fasser hat also 200 von Owens Epigrammen für die Jugend abdrucken 
lassen und mit den nötbigen Erklärungen versehen. Wenn die Rück- 
sicht vorwalten dürfte , eben der Jugend etwas Angenehmes und Nütz- 
liches zu geben , so ist Wahl und Auswahl sehr zu billigen , wiewohl 
der Verfasser aus Patriotismus noch eher die Epigramnre eines Eurycius 
Cordus, Eobaous Hassus, Lotichius, Rodolphus Goclenius und anderer 
hessischen Neulateiner früherer Zeit hätte vorziehen können, die aus- 
serdem weniger verbreitet sind. Die Erklärung der schwereren Ge- 
dichte bekundet überall Gründlichkeit und Belesenheit, wie Gewandt- 
heit des Ausdruckes; so dass Ref. nur bei wenigen Stellen angestossen 
ist. Wenn in dem Epigr. ludicium Paridis, wo es heisst: ,yNec prae^ 
ferret utram sciret utrique magis " utrique für utri stehen soll , Weiches 
sich ohnehin vor dem Sprachgebrauche bchwerlich rechtfertigen Hesse, 
so ist utrique vielmehr in seiner gewöhnlichen Bedeutung zu nehmen; 
eine der drei Göttinnen musste jeden Falles zwei anderen vorgezogen 
werden. Richtiger hätte der Dichter gesagt, statt utram ^ quam, da, 
80 lange noch unter dreien die Wahl war, die eine vorzuziehende nicht 
eine von zweien, sondern von dreien war. Indessen kommt uter nicht 
ganz selten vor, auch wo von mehren die Rede ist, vergl. Cic. Verr« 
II, 47 u. 59 init. , Senec. d. ira III, 7 u. Ruddira. ed. Stallbaum S. 86 ff., 
Vitruv. VII, praef. Zu Epigr. 35 hätte die Licenz dilapidät, zu 164 
raro bemerkt werden mögen. Epigr. 47 wird legum lis filia auf die 
Uebertretung der Gesetze bezogen, während vielmehr an die Strei- 
tigkeiten zu denken iüt, welche der Sinn und die Anwendung der Ge- 
setze zu veranlassen pflegen. Zu Epigr. 64 hätte Fl. 6, 3 citirt wer- 
den können; zu 120 noch Hör. Carm. II, 17, 6; zu 142 Ovid. Fast. 
IV, 311 ; zu 170 Lucan Phars. VI, 810 u. s. w. Die Erklärungen selbst 
sind sonst durchgängig richtig, bündig vorgetragen und besonders auf 
die Jugend berechnet. Mit denselben bietet die Gelegenheitsschrift el- 



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BlbllogTaphifclie^ tt'er 






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seil reichen Stoff zum Nachdenken und Vergleielien; h&tiQ9iitr»\m$-: 
tcbriftlichen üebungen da|*. Wie indeesen diese EpigmnuDe gröwlenr^ « ^ 
theils überaus nütz^che Stoffe fdr die Jugend enthalten, so hätte diee% -^ - V '.'. 
Auswahl noch nützlicher gemacht werden können, wenn die Gedichte ' ' 
nach ihrem Inhalte in gewisse Classen geordnet und noch mehr Bemer« 
kungen über ihren, doch sehr Terschiedenen , Werth gemacht wordea Ä 

wären, zumal die Torkommenden Annotationen dieser Art besondect 
treffend sind. Druckfehler kommen eben nicht vor, als Epigr. 8 lacri^ 
morum st. lacrimarum. 

Nach den angehängten kurzem Schulnachrichten betragt die Schft-* 
lerzahl der Anstalt in fünf Classen 253, von denen acht kur Universitäl 
entlassen worden sind. Anseerdem liat ein verdienter nnd wegen sei- . 
ner manaichfalligen Kenntnisse höchst achtbarer Lehrer, der Conrectos 
Dr. Matthias j nach einer dreissigjährigen treuen Amtsführung wegea 
zunehmender Körperschwäche seinen Abschied genommen. 

Ein anderes Programm hat folgenden Titel: Ueher die m€^ 
irischen Uehersetatungen classiseher' Dichierwerhe der 
Alten in die deutsehe Sprache^ mit Bestimmung des Begrijfm 
van Gedickt und heiläußgen Bemerkungen über einzelne poetiscffce Erzentg-^ 
Risse von Dr. H. W. Kraushaar, Conrector des Gymnasiums wk/ 
Hersfeld. Cassel. 1834. 34 S. 4. Die Hauptfrage, welche der Terf. 
hier stellt und beantwortet, ist: ob man griechische nnd lateinlsdie 
Dichterwerke in deutsche Verse übersetzen solle, nnd umgekehrt, -— ' . 
welches mit Berufung i^uf die nothwendige Unvollkommenheit solchef 
Xeistyngen verneint wird. Der Verf. holt etwas weit aus, indem er 
die Fragen : 1) was ist Dichtung ? 2) was ist dichterische Behandlung 
irgend eines Gegenstandes? 3) was ist ein Gedicht? nnd 4) was beab* 
sichtiget man bei dem Uebersetzen alter classischer Dichter, und waf 
insbesondere in Hinsicht auf die Bildung der Jugend? nacfi einander 
zu beantworten unternimmt. Bei der Behandlung der erstem Fragen 
verweilt er bei dem Begriffe des Schönen und zeigt, wie Kants Defini-r 
tioi\ nicht genüge, sowie bei dem Begriffe des Ideales. Bei der zwei- 
ten Frage über dichterische Behandlung wird zwischen Natur- und 
Kunstpoesie unterschieden und gezeigt, wie jene auf dem Standpunkte 
sinnlicher Anschauung von selbst entstehen. Wird indessen auch diese 
sogen. Naturpoesie als Poesie betrachtet, so passt in dem von dichte- 
rischer Behandlung gegebenen Begriff, da sie nämlich d|e mö glichst, 
volle ndjBte sinnliche Darstellung des Gegenstandes in höchst sinnli^ 
eher Rede- und Schreibart sein soll, nicht das Merkmal einer mögr ' 
liehst vollendeten Darstellung. Es wird besonders seit Wolfs berühm- . 
ten Prolegoraenen zumHomer oft wiederholt und auch, hier angenoiilr> 
men, dass die Poesie älter als die Prosa sei. Indessen ist dieser Sati 
nur wahr, wenn man die sinnliche Weltanschauung und Darstellnng 
von dem Standpunkte der verständigen Betrachtung beurtheilt. Gott 
sprach : es werde Licht etc. , was der JTerf. anfuhrt , ist auf dem Stand- 
punkte des Urschriftsteilers nicht sowohl sinnliche Darstellung, sondern 
seine wirkliche AiiMcht« ond für ihn Uei^riicbe Wahrheit, Bei^der 



814 Bibliographische Berichte. 

dritten Frage, was ein Gedicht sei, welches als die möglichst Tollen- 
dete Darstellung irgend eines Gegenstanäes in höchst sinnlicher Rede« 
art bestimmt wird, ist besonders ansgefuhrt worden, dass auch daa 
Lehrgedicht zur Poesie gehört und (gegen Jean Faul) eine eigene Gat- 
tung ausmacht. Die Aufnahme des Merkmals der möglichsten Vollen- 
dung, so üblich es auch bei den Definitionen über die Foesie ist, hält 
Ref. für unwesentlich, weil es sich von selbst verstehet, dass die Dar- 
stellung möglichst vollendet sei und diese möglichste Vollendung in der 
prosaischen u. oratorischen Darstellung nicht weniger, als in der poe- 
tischen, gefordert werden muss; nur dass die Vollendung bei der er- 
fiten nach der Wirkung auf den Verstand, bei der zweiten auf den Wil* 
len , bei der dritten auf das Gefühl zu beurtheilen ist. Indessen ist 
Alles dieses mit vieler Deutlichkeit, nur in einem zu breiten Ausdrucke, 
dargestellt. So heisst es S. 17 : hiermit glaube ich denn meine An- 
sichten über das Wesen eines Gedichtes begründet zu haben , trete nun 
meinem Ziele weiter entgegen, und beantworte die vierte der mir vor- 
gelegten Fragen, nämlich: was beabsichtigt man wohl überhaupt bei 
dem Uebersetzen alter classischer Dichter, und was insbesondere in 
Hinsicht auf die Bildung der Jugend ? Ref. hält fdst die ganze vor- 
ausgegangene Abhandlung, so fern es nur auf die eigentliche Aufgabe 
abgesehen war, für überflüssig, indem doch nur von einigen dadurch 
erläuterten Sätzen ein weiterer Qpbrauch bei Lösung derselben gemacht 
werden kann , die erst S. 17 beginnt. Der Verf. behauptet darin zu- 
erst, dass, da die Vollkommenheit von Gedichten in der möglichst 
sinnlichen Darstellung bestehe, man bei dem Lesen und Uebersetzen 
der alten Dichter den Zweck nicht haben könne, der Jugend eine gpe« 
wisse Gewandtheit im richtigen und deutlichen Ausdrucke für das ge- 
lehrte Leben in einer der alten Sprachen , z. B. der lateinischen , odev 
Kenntniss derselben beizubringen, um sich dadurch mit den Fortschrit- 
ten des Alterthuros in den Wissenschaften vertraut zu machen, sondern 
nur die Kunst der Alten kennen zu lernen. So sehr diese Behauptung 
beim ersten Lesen befremden kann, so sehr wird doch die Wichtigkeit 
aller dieser Kenntniss für die intellectuelle Bildung wieder anerkannt; 
wobei in Bezug auf die Kenntniss der Sprache und die Etymologie der 
Wörter besonders der Einfluss der Prosodie noch zu erwähnen gewesen 
wäre. Hierauf wird aus dem Begriffe von Rhythmus, zu dessen Gr- 
läuterung kein Etymon angegeben ist, wie der Verf. bei den bekannte- 
ren gethan hat, dargethan , dass die Alten gradual verschiedene Län- 
gen und Kürzen gehabt, woran indessen Niemand zweifeln kann, je- 
mehr es schon in der Natur der Sache und dem Einflüsse der Position 
liegt, die ja wenigstens dreifach verschieden sein kann, und, mit na- 
türlichen Längen vereinigt, zu derselben noch ein Zeittheilchen zu- 
setzen muss. Nun hebt der Verf. die Verschiedenheit der alten Spra- 
chen und der deutschen, als quantitirender und einer accentuirenden 
heraus; wobei die Behauptung vorkommt, dass die Position in dieser 
eigentlich keine Rollo spiele. Der Verf. wird indessen zugeben , dass, 
wenn sich gleich unsere Dichter eben so wenig an eine Position bindeSy 



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idi anfere Prosodikev bierdit» Regela darfiber avfgetteUt ktbeii , 'i«#i^ 

immer ein proflodischer UnterBchied swischen er Mt und er eprtfcA, Al^ 

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Frau und der Mafui Statt findet, mid in der dostacben SpradM, w«l»t 
che m LutheVB Zeit fast noch gar nicht qnantitirte, bei weiterer Fart» ; 
bildong na^h and nach dia Fasition immer mehr gehört und Eiaftiaa - 
gewinnen werde , eben so wie bei der lateinischen Sprache auf da ^ 
Wege ihres Verfalls das QnaatitirJnde verloren, gegangen. Hiemacli 
kommt der Verf. endlich auf den eigentlichen Crmndy ans welchem at 
das metrische Uebersetzen alter Dichterwerke verwirft, dass namlMl^ 
bei der höchst sinnlichen Ansdmcksweise derselben und der Versdiia« 
denheit der deutschen Sprachen die Rhythmen Jeiier nicht wieder gair* 
geben werden können , und hiemach der Zweck , den ein Uebenetait. 
haben müsse , nicht erreichbar sm. Nachdem diese» dann noch nae|i> 
▼erschiedenen Stellen aus Uebersetzungen von Voss erläutert ist , eoä* 
pfiehlt der Verf. bloss unmetrische Uebersetzungen und erw a rtet davMl 
zur Herbeiführung des goldnen Zeitalters deutschof Dichtkunst ersprieaa» 
liebere Erfolge. — So sehr nun auch zugegeben werden muss , daaa ^ 
die metrischen Uebersetzungen in der Regel ihre Originale nicht errel*» 
eben, so kann doch Ref. mit den! Verfasser nicht in der Sdilussfolga . 
einstimmen, da auch in anderer Hinsicht eine Uebersetznng, wie Gev- 
▼ahtes sagt , immer nur die Rückseite einer durchwirkten Tapete .bleibt| ' 
aber die Nachbildung sich der Urschrift immer mehr und weniger pi 
nähern vermag, wie denn dadurch unsere Sprache offenbar an ebatt 
den Vorzügen überaus gewonnen hat, die ihr im Vergleiche mit deai 
Griechischen und dem Lateinischen noch immer abgehen , aber in frü- 
herer Zeit in einem weit hohem Grade abgegangen sind. Der Verf. 
fdgt noch eine lateinische, bloss accentnirende , Uebersetzung voA 
'fVetide, schöner Gotterfuiiftre bei, ans welcher sich ergaben soll, daaa 
man eben so wenig deutsche Originale lateinisch wieder geben könne«*-' 
Da ein lateinisches Ohr an diese gereimten Verse gar nicht gewöhnt isl^ 
so kommen sie uns freilich widerlich und ungeraimt vor, während 
echulgerechte qnantitirende Verse sehr wohl dazu geeignet sind. Uo-- 
geachtet der Verfasser bei manchen Ausführungen mehr seine Schular 
Tor Augen gehabt zu haben scheint, so ist doch die Abhandlung übar* 
haupt auch für gelehrte Leser mehrfach interessant. Von Drackfel|!*. 
lern ist zu bemerken S. 13 n. 14 Ry thmus statt Rhythmus , S. 17 saim 
doppelt, S. 22 Tytire st. Tityre. 

Die angehängten Schulnachrichten vom Director Dr. MüMcker an^ 
halten , dasS der Unterricht in der Masik und im Zeichnen , woran ea 
bisher gefehlt, ebenfall« aufgenommen, die Aufnahme der Gymnastik 
zu erwarten und die Zahl der Schüler, 45, von denen acht, einer ml|' 
dem Zengniis der Reife, abgegangen, auf 101 gestiegen ist. 

Ein drittes Programm hat den Titel: Gytnnasii Ehdoraliä Mat» 
hurgensis ^hmnia explorandis discipulorum in lUeria profectibu» — m^ 
aUtuenda cammendat Hug. Frid. Chr. Vilmar, Dr. G. Directac. 
Inest de genitivi eattra •y»to«t| fuätR gmekemt Btsnmmm Bm / m 



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S16 Bibliographische Berichte. 

geUorumf saxonica diälecto seculo IX, scripta^ commentatio» Marburgii 
MDCCCXXXIV. 74 S. 4., aus welchem einstweilen folgende Schul- 
nachrichten zu bemerken sind. Mit der UniTorsität zu Marburg wurde 
im Jahre 1527 zugleich ein Pädagogium gestiftet und blieb seitdem mit 
derselben in jeder Hinsicht verbunden. Da sich diese Verbindung in 
neuerer Zeit als nachtheilig darstellte, so wurde die Schulanstalt ge- 
trennt und ihr der Name Gymnasium beigelegt, die Leitung desselben 
unmittelbar unter kurFrstl. Ministerium des Innern dem Director über- 
geben, welcher nur in ökonomischen Angelegenheiten mit einem sogen. 
Verwaltungs - Commissair concurrirt. Einschliesslich des Directors sind 
sechs ordentliche Lehrer angestellt , zu welchen drei ausserord entliehe 
kommen. Die Zahl der Schüler beträgt jetzt 104, welche in Tier 
Classen unterrichtet werden. 

Dann ist ein viertes Programm unter folgendem Titel erschienen: 
Quaestionum Horatianarum Üb, quart. quo sübjuncta armalium 8€ko~ 
lasticorum particula tricesima tertia ad Gymnasii Hasso - SchaumhurgensU 
actus vemos invitat — Wiss Rintelii. Es sind darin Epist. I, 6, 51; 
I, 16, 12; I, 16, 40; II, 3, 46; III, 3, 310; IV, 3, 358 seqq. behandelt 
worden. Hier werden einstweilen folgende Schulnachrichten darauf 
mitgetheilt. Das Gymnasium zu Rinteln ist mit Aufhebung eines bis- 
herigen Schulrathes gleichfalls so gestellt, dass dem Director unter 
der Aufsicht des Ministeriums des Innern die ganze Leitung der Anstalt 
hinsichtlich ihrer innern und äussern Verfassung obliegt, wie das vorge- 
nannte. Zum Unterrichte in der Gymnastik ist ein Garten neben dem 
Gymnasialgebäude eingeräumt und zum Unterrichte der fünften.^ Classe 
ein weiterer Ausbau desselben genehmigt worden. Das Lehramt der 
Mathematik und der Xaturwissenschaft hat der bisherige Lehrer an der 
Realschule in Fulda, Joseph Wiesen, erhalten. Die Zahl der Schüler in 
fünf Classen betrug im Winter- Seroester 146. Sechs wurden nach be* 
etandener Maturitäts- Prüfung zur Universität entlassen« Dr. Fnldner 
disputirte zur Feier des Reforrantionsfestes u. Stiftungstages des Gymna- 
siums über Theses, die mitgetheilt werden. In Beziehung auf das 
kurhessische Gymnasialwesen überhaupt wird als ein neuer Fortschritt 
zum Bessern angeführt, dass zur Prüfung der theoretischen BefSn- 
gung der Bewerber um das Gymnasial- Lehramt eine Commission von 
sechs Mitgliedern der philosophischen Facultät der Landes -Universitftt 
angeordnet worden, und eine Commission von gelehrten Schulmännern 
zur Prüfung der praktischen Befähigung oder zurBewirkung desStaatf- 
Examens demnächst bestellt werden dürfte. rTheoDhilas.l 



Zu den schätzbaren Beiträgen, welche Herr Professor Madvig 
zu Kopenhagen zu der Kritik der Ciceronischcn Schriften geliefert hat^ 
sind in neuerer Zeit noch drei akademische Gelegenheitsschriften ge- 
kommen: D, lo. Nie, Madvigiij Prof, Lit, Laiin. , de emendandit 
Ciceronia orationibua pro P. Sestio et in jP. Fatinium P. I — IIL 81, d8 
u. 34 ä. 4.y wovon die erste zu Ende des vorigen Jahres, die bei- 



" •" ■ ': '.': -V-:'. 1 . 



BI4btl•fr«pbi•ebe^lB«rli•i^. 



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den anitoren In diesem Jahre erschienen tind. ' Dia Fan I u. II befdUljr.C- 
tigen sich lediglich mit der Heie pro P. Sestio^ die Partlll aber aa#»/ 

' hält die Bemerkangen zn der tlede in P, Vatinium, In der P. I sucU 
Hr. M. zanächst za zeigen, dass Hr. Orelli und noch mehr Hr« Wan^ 
der zwar eingesehen, wie schwach die gewöhnliche Grundlage dea TSs^ 
tes, und was die hesiten Hulfsmittel zur Wiederherstellung desselben 
seien ; aber dennoch den Werth der einzelnen Handschriften , der naek - / 

, ihrer Tcrschiedenen Ableitung bestimmt werden müsse , noch nicht inV 
gehörige Licht gesetzt hätten. Nachdem er daher in der Anmerkung^ 
S. 4 fg. noch eine nachträgliche Berichtigung zu der Rede pro M. Cat- 
lio Rufo c. 18. §. 43 gegeben hat, wo er statt der, gewöhnlichen Les- 
art: esqiUbua neminem mihi neeesse est nonämare; vo8me$ vobiscum recor^ 
damini. nach der Pariser, Berner und andern Handschriften, die mUd 
liquet haben , nicht mihi licet, sondern mihi Übet zu lesen Torschlägti • * 
bestimmt er S. 5 — 7 den Wer(h des von A. Maio bekannt gemachten 
Vaticanischen Palimpsestus , der an sich dihe selbststaadige Familie hü» 
dend auch unTerdorbener sei als alle übrigen Handschriften, was an ^, 
nigen anerkannt nnumstosslichen Beispielen gezeigt wird ; auf der an«* 
deren Seite aber doch nicht ganz fleckenlos genannt, werden könne und 
besonders deshalb bei der Kritik vorsichtig zu benutzen sei, weil jener 
Grammatiker selbst, da er die Worte Cicero'snur dann anführt, wenn 
er dieselben erklären will , öfters entweder Etwas , was zu seinem 
Zwecke unwesentlich ist, auslässt, wie Cap. 19. §. 42 ac bonis^ Gap. 2]^ 
S« 48 opinoTj Cap. 27. §. 58 ttium, oder auch Etwas des Zusammen- 
hanges wegen hinzufügt, wie Cap. 63. §• 132 vcrbum u. s. w« Auf' 
diesen Gründen erklärt nun Hr. M. , dass er Cap. 18. §. 40 Hrn. Orelii'^ 
Lesart, die derselbe in seiner neuesten Ausgabe der Reden pro M* Cae^ 
lio Rufo et pro P. Sestio vom Jahre 1832 nach jenem Palimpsestus auf- 
genommen habe, nicht billigen könne. Hr. Orelli schrieb: Quiderg^f 
inimiei A|toJ£, vana praesertim, tarn improbe in elariinmos viro$ conieete , 
me movit? Me vero non iüiu8 oraUo^ sied eortim tadtumitas mone&olj ^ 
quo8 Ula oratio conferebatur» ^enn da die Urhandschriftv aus Velchor , 
die übrigen Handschriften aus&er dem Palimpsestus geflossen zu sein 

'scheinen, movit ^ was in der Vulgata statt movebat^ was Hr. Orelli aus 
dem Palimpsestus aufnahm, aber an einer anderen Stelle steht, nicht 
gehabt zu haben scheine, was daraus erhelle, weil die Handschriftea 
•S^. Vict, Bern. 1* 2. Pal. 9. movit weglassen , so müsse man annehmea» 
dass jener Grammatiker, dessen Schollen uns in jenem Palimpsestus auf-, 
bewahrt seien , nur des Zusammenhanges wegen movebat hinzugefügt 
habe. Auf der andern Seite müsse man aber wohl gegen die Ansicht 
Hrn. Orelli's die Worte tarn improbe vor eonferebuUtr ^ die sämmtlicha 
Bandschriften ausser jenem Palimpsestus schützen, unangetastet lassen^ 
da jener Grammatiker sie weggelassen habe, weil sie zu seinem Zwo« • 
cko unwesentlich waren. 

Von S. 7 an spricht Herr M. "über die Classification und de& 
Werth der übrigen Handschriften und stellt darüber folgendes 
Steamia. aufs . 






I ^ 



T !■ 



S18 



Bibllographifoh« Bericht«. 



Codex arehelypu8 



Cod, reg, Par, 



Cod, Bern. 1. Cod. & Fict. 



Cod.Flor. Talenti. Cod.Naug. Cod.Bem,2. 

(jßd. IIervag»\ '^ "^"*'*^ 

Ex hoc autprorsuB gemeüOf pluribua interiecUt^ 

Erf.^ Pal. non.^ Gemhl. Cod. ignotwt 

(Cod, C, Steph.) Cod, ignotus Cod* ignotu$ 

contractua contractus 

et et 

interpolatus interpolatus 

Oxx. 4, Osx. ü; c; 

ed. a, 1480. ed. 1472« 
Palat. tdiq. Pcdai, aUq. 
welches er von S. 9 — 24 noch näher zu begründen sucht. S. 24 — 26 
folgt: I. Comparatio codicis Parisiensis et Bemensium per 12 prima capiia 
orationis pro Sestio , adnotatis quoque nonnullis , quae ad aUos codd. per^ . 
tinent, facta ad ed. Orell. maiorem. Sodann S. 26. 27. II. Comparath 
variarum lectionum omnium [, quae?] ad calcem editionU C. Stephani e 
Codice (sive iUi Codices fuerunt) adnotatae sunt, cum aliis eodicilnt» per 
ücto prima capita. D^r übrige Banm bis S. 31 gehört akademischen 
Angelegenheiten an. 

Die Pars II. behandelt nnn einzelne Stellen nach der in der Paral 
festgesetzten Geltung der Handschrr., wo Hr. Madvig von Hrn. Orelli's 
Ausgabe abweichen zu müssen glaubt. So sehr wir nnn nicht nar mit 
den von Hrn. M. dargelegten kritischen Grundsätzen, die auf eine itreog 
diplomatische Genauigkeit dringen, sondern auch mit der Behandlung der 
meisten einzelnen Stellen im Ganzen im Einverständnisse sind, so haben 
wir doch manche einzelne Stelle gefunden , wo wir nicht gani teiner 
Ansicht sein können. Sogleich Cap. 1. §.2, wo es bei Hrn. Orelli 
heisst: Ego autem^ iudices, quia^ qua voce mihi in agendis gratiis eem' 
memorandoque eorum ^ qui de me optume meriti sunt , beneficio esse tite»- 
dum putaham , ea nunc uti cogor in eorum periculis depellendis , iie potie- 
sumum vox haec serviat , quorum opera et mihi et vohis et populo JRoflume 
restituta est. Hier stösst Hr. M. aus doppeltem Grunde an der Partikel 
quia vor qua voce an , weil dieselbe nicht nur die Par. Handschr. umA 
Naug, Ausgabe (primae familiae Codices) , sondern auch die Handichrr« 
der dritten Classe (codd. volgares omnes) fallen lassen, und dieselbe 
hier, wo man eher quoniam erwartet hätte, unpassend sei. Wir sind 
anderer Ansicht, denn was die Handschriften betrilTt, so schlitzen die 
beiden Berner Handschrr. quia einstimmig, wenn aber Hr. M. behaup- 
tet, es werde quoniam von dem Sinne der Stelle erfordert, so konnte 
allerdings auch quia hier richtig gesagt werden und man kann quia we- 
nigstens weit eher dulden, als folgende Wendung, welche Hr. M. mit 
Auslassung von quia hervorruft: ego autem, tWices, qua voce -- ute^ 
dum putabam, ea nunc uti cogor in eorum periculis depeÜendis* lU jielj»- 



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9wnumpox kaec serviai^ quorum operaeU.f wo nadi imier^GefdU» :. 
Cicero gewiss Quare iis poUstunivm i^x haee aerviatdto» getchrieboa ' \ 
haben wurde. Eben so wenig können wir Hm. M. beipflichiOB, wenn *. 
er Cap» 6. §. 13 mit der Fariier Handschrift schreiben will: Ad iribu-, 
natum, qtU ipsei ad sese tarn dudum vocat et quodam modo ah$orbet ofs- ', 
tionemmeanif contento studio eursuque veiuamu8j während die nbrigm ; 
Handschriften sammtlich statt qui ip»e haben quia ipse^ was ganx pa^ 
send ist, wenn man nur auf dio vlorhergehen^en Worte» Verum haeo 
ita praetereamu8 i ut tarnen intttentea et respectantes reUnquamuM achtet. 
Denn Cicero sagt, er gehe deshalb, ohne noch besonders über dlei ^' 

Verwaltung der Provinz Macedonien ' su sprechen, zu dem Tribnnate 
des Sestius über, weil dieser gleichsam selbst den Sprecher abrufe " •* 

nnd seine ganze Bede für sich in Anspruch nehme. Kann denn EtwM , *; ',y 
hier passender sein ? Uebrigens ist quia öfters in qui corrumpirt i^or- 
den, als umgekehrten Falles, TergU den Bef. zu Cic. ad fam. Hb. I* . 
ep. 7. §. 8. ed. Grell, in diesen Jahrbb. v. J. 1833. VIII, 1 S. 32 n.tgi, 
Doch man findet in dieser Abhandlung, die bis S. 60 reicht, während *.,r 

die letzten Seiten wieder akademischen Bekanntmachungen gewidmet ^ < ^ '■_ -i 
eind , so viel Treffliches , dass man dem Hm. Herausgeber für diese ge» 
naucn kritischen Untersuchungen, die. auch da noch belehren, wo man 
▼on seiner Meinung abweichen muss, den grössten Dank schuldig ist* 

Wenn die Pars II. sich vorzuglich mit Stellen aus der Bede pro 
P. Sestio beschäftigte und nur in den Anmerkungen auf einige ander» 
Stellen Bücksicht nahm , so behandelt die Pars III. endlich nur Stelleo 
BUS der Bede in P. Vatinium^ wozu Hr. M. hauptsächlich die theil«' 
weise aus der ersten Berner Handschrift angegebenen Lesarten und die . 
Erfurter Handschrift, jedoch zweiten Banges, benutzte. Seine Be- 
nerkUngen gehen von S. 3 — 17« Denn S. 18 — 31 folgen: Scripturme 
eodicia regit Pariaiensia n. 7794 ah Oreüii editione ftmiore diacrepaates m .. 
orationibu8 pro P, Sestio et in P. Vatinium, , welche eine sehr dankent- 
werthe Zugabe bilden. Da Hr. Prof. Madvig jüngst versprochen hat, 
•eine kleinern kritischen Schriften gesammelt herauszugeben , so brau* 
chen wir die einzelnen vortrefflichen kritischen Untersuchungen, die 
auch in diesen drei Schriften sich finden , nicht besonders hervorzuhe-, 
ben, sondern wollten nur im Allgemeinen unsere Leser darauf aufmerk- 
sam machen , was man in denselben zu suchen hat. 

Ausserdem sind uns von demselben Gelehrten noch angekommene 
De emendatione aliquot locorum oratioma TuUianae pro M. CaeUo diapu^ 
Uttionis Part. 1. IL Hauniae, 1833. 28 u. 12 S. 4., in welchen Pro- 
grammen Hr. Madvig theils nach einer genauen Vergleichnng der kön. 
Pariser Handschrift 7794, welche ihm N. B. Kramp überlassen hatti^ 
theils naeh eignen gründlicheren Untersuchungen eine sehr schätzbare 
Nachlese zu der späteren Ore 1 1 i' sehen Ausgabe hält. So richtig sieh 
Herr M. P. I. S. 5 über Hm. Orelli's Verdienste bei jener Einzelaus- 
gabe ausspricht, so wenig können wir ihm doch in der in der Anmer- > 
kung daselbst behandelten Stelle aus der Bede pro P. ^S^sfio c. 20l §* ^ 
psdit geben, wo «r in den Wartent depagmanm poimi tum nmmh m« 



320 Bibliographische Berichte. 

dicam exitto^ sed periculo certe vestro liberortanque vestrorufttf quam non 
i<2, quod Omnibus impendebat y unus pro omnibus' ausciperem ac subirem? 
das zweite non^ welches nach quam sich findet, vertilgt wissen wilL 
Denn zugegeben, dass der Satz auch ohne jenes non verständlich sei» 
8o hat doch Herr Orelli recht , wenn er S« 136 seiner ^^sgabe sagt: 
negatio tarnen manifestius significat eum id reapse fecisse, Hr, M. würde 
den Gebrauch der wiederholten Negation freilich eher anerkannt haben, 
wenn Herr Orelli gesagt hätte, dass nicht nur der Grieche, sondern 
anch der Römer bei dem Coroparativus und den Partikeln rj oder quam 
in das zweite Glied, was von Rechtswegen affirmativ sein sollte, noch 
die Negation eingesetzt habe , weil er mehr an dem Gedanken ^\B an 
der grammatischen Construction hing, so z. B. Thukyd. B. 3 Cap« 80 
Wfiov to ßovXsvfia^ noXiv oXi]v dt,aq)d'elQat ^ (iccXXov fj ov Tovff aittovg^ 
vergl. Herodot 4, 118. Gaisf. u. Schweigh. A. Matth. gr. Gr. S. 851 
der 2ten Ausgabe. So schrieb nun auch Cicero hier quam non id» quod 
Omnibus impendebat, unus pro omnibus susciperem ao subirem j wo man 
quam i(2, quodetc, erwarten konnte. Am Ende drückt dies freilich da» 
ans, was Hr. Orelli wollte, nur hat er den Gebrauch nicht gramma- 
tisch entwickelt und konnte also leicht falsch verstanden werden. Hier- 
auf giebt Hr. M. S. 6 noch einige nachträgliche Variantenberichtignn- 
gen aus der genannten Pariser Handschrift und kommt auf die Stelle 
pro Caelio c. 26. §. 63, wo man gewöhnlich las ^id tradendum pyxidem^ 
die Berner Handschriften aber, so wie die Erfurter, richtig ad traden» 
dam pyxidem lesen , was Herr Krarup auch in der Pariser Handschrift 
fand, aus welcher es bei Hrn. Orelli nicht angegeben war. Hieran 
Bchliesst nun Hr. M. eine sehr gründliche Untersuchung über den Ge* 
brauch des Gerundiums bei Präpositionen mit den Casus des Verbnme 
und längnot mit vollem Rechte geradezu, dass man hier habe sagen kön- 
nen ad iradendum pyxidem^ indem er beweiset, dass mah indergleichen 
Stellen, fast immer nach den bessten Handschrr., überall das sogenannte 
Partie, fut. pass, wieder herzustellen habe. Seine sehr interessanten 
und belehrenden Untersuchungen hierüber finden sich S. 6 — 14. S. 14 
giebt er noch eine Berichtigung der Varianten bei Orelli aus der Pariser 
Handschrift. Sodann folgen der Reihe nach treffliche Bemerkougen 
zu der Rede pro Caelio S. 15 — 22. Der Schluss S. 23 —28 ist akade« 
mischen Interessen gewidmet. Die in der Part. I. abgebrochenen Be- 
merkungen zur Caeliana werden in der Part. H. S. 3'^— 11 mit demsel- 
ben S.charfsinne und derselben bedächtigen Umsicht fortgesetzt; doch 
würde es uns zu weit führen, über das Einzelne entweder ausführli- 
cher zu berichten oder wohl gar noch einige Ansichten zu bekämpfen^ 
wo wir entgegengesetzter Meinung sein zu müssen glauben. 

[Reinhold Klots.] 



Phaedri Epicuret^ vulgo Anonymi Hercvlanensis , de natura deorum 
fragmentumj instauratum et illustratum a Christiane Petersen,' 
phil. D. et philologiae classicae professore pnbl. in gymnosio Hamburg« 
academico. Hamburg | Perthes und Besser« 183S. &2 S. gr. 4«. Die 



Bibliögtaphi'sehe Berfclit«. Sil 

Scbrift ist eigentlich das Prooemiiim zum Verzeichniss der akademischea 
Vorlesungen auf dem genannten Gymnasium für den Winter 183S—- 1834« 
Sie bringt eine neue Ausgabe des griechischen Fragmentes nt^l (pvastog 
^smv, welches aus den herculanischen Papyrusrollen zuerst von Drum« 
mond in der Schrift; Hbrculänensia or ärcheological und philohgical 
dissertations etc» [London 1810. 4.] herausgegeben iitrurde. Herr F. 
hat die ganze Schrift in sechs Capitel getheilt. Das erste bringt eine 
literarhistorische Uebersicht voti den hetcülanischen Rollen. £s sind 
darin ihre Auffindung und die von den Neapolitanern und dem Englän- 
der llayter angestellten £nt\Fickelung8versuche erwähnt und die aufge- 
fundenen Schriften und ihre Bearbeitungen aufgezählt. Namentlich 
enthält es einen vollständigen Inhaltsbericht von den HerCuIanensibiis 
voluminibus, deren zwei in Neapel [1797 u. 1809.] und drei in Oxford 
[1824. 1825 u. 1827.] erschienen sind. Auch ist der Katalog der zwar 
aufgefundenen aber noch nicht herausgegebenen Werke beigefügt und 
bemerkt, dass dieselben sammt den herausgegebenen fast alle Schriftea 
epicureischer I^hilosophen sind. Im zweiten Ca^itel folgt eine Unter- 
suchung über den Verfasser des erivähnten Fragments , Welches Cicero 
im ersten Buche seiner Schrift de natura deoriim benutzt hat. Hr. P. 
macht wahrscheinlich, dass sie von dem Epikureer Phädrus herrührüi 
und folgert aus Cic. ad Attic. XIII, 43, dass ihr Titel nsgl ^sav nal 
IJaXXdöog gewesen. Aus den verdorbetien Wol^teti des Cicero dürfte 
aber natürlicher der Titel tceqI d^scSv Ttjg'ElXdöos herauszubringen setd. 
Das dritte Capitcl enthält treffende Bemerkungen über den Weg, wel- 
<iher in der kritischen Behandlung dieses Fragments «inzuschlageii ist. 
Im vierten aber folgt der griechische Text selbst in dreifacher Gestalt^ 
nämlich 1) so wie er auf dem Papyrus gelesen worden ist, 2) mit den 
Ergänzungen deil Londoner Ausgabe und 3) so wie ihn Hr. P. gestal- 
tet hat. Das fünfte Capitel füg;t die lateinische Uebe^setzüng des Tes- 
tes iilnzu Und das sechste bringt reichhaltige kritische und exegetische 
Anmerkuhg«»n. Die ganze Arbeit Ist mit l^esonnetiheit, Scharfsinn und 
Gelehrsamkeit üarchgefuhrt und gelungen zu nennen. Der Text, tr si- 
cher durch die Ergänzungen der Londoner Ausgabe oft ziemlich un* 
griechisch geworden Var, erscheint hier in rein griechische^ und an- 
gemessener Gestalt, und wenn man auch iiicht alle Verbessefüngeh des 
Hrn. P. für unbezweifelt richtig anerkenheb kann, so sind sie doch 
sprach - und sacihgemäss. Die Anmerkungen erörtern zureichend die 
sprachlichen und noch mehi^ die sachlichen Sbhl^ierigkeiten des Textes. 
Da, wie schon erwähnt ist, Cicero dieses f^ragment in de natura deo- 
riim IIb. I. stark benutzt und ausgezogen hat, so hat der Herausgeber 
in den Anmerkungen auf die entsprechenden Stellen desselben überall 
Rücksicht genommen und überhaupt über den philosophis^chen Inhalt 
des Textes sich torzugS\teise verbreitet. Darum ist auch seine Söhrift 
für die Erklärer von CiCero*s Büchern de natura dcorum und für die 
Bearbeiter der epicureischen Philosophie von besonderer W^idhitgkeit, 
überhaupt aber ein interessantes philoldgisdhes Etzeugnisi. Eine l0- 

iV. Jahn. f. Fhii. «• ^d. od. KHU Biil, Bd, XI Hß* '"' 21 



S22 Bibliographitebe Berichte. 

bende Anzeige derselben bat Wendt in den Göttiog. Anzz. 1834 St. 91 
S. Ü02— 904 gegeben. [Jahn.] 



Unter den Lehrgegenstanden , welche selbst noch in den neusten 
Zeiten vielfachen Anklagen ausgesetzt gewesen sind, stehen die nietri- 
•clicn Uebungen obenan ; eine Erscheinung , die bei der ausserordent- 
lichen Vorliebe, mit welcher dieselben in den vergangenen Jahrhunder- 
ten betrieben wurden, auffallend sein könnte, wenn sie sich nicht tbeiU 
aus der hohen Vollendung, zu welcher die deutsche Nationalpoesie ge- 
diehen ist , theils aus dem verächtlichen Nutzlichkeitsprincip der Rea- 
listen des vorigen und theilweise auch unseres Jahrhunderts erklären 
Hesse. Wozu, das hört man noch immer, soll man die liebe Schul« 
Jugend mit Versemachen plagen, da ja ein Dichter geboren, nicht ge- 
bildet wird? Welchen Nutzen bringt es für das praktische Leben» für 
den künftigen Beruf? Sollte man nicht vielmehr solche Uebungen Ter-r 
bannen , da aus der eifrigen Beförderung derselben leicht sehr nach- 
theilige Folgen für die Reinheit des prosaischen Ausdrucks erwachsen 
könnten? Aber in der Regel gilt auch hier das bekannte ars non ha- 
bet osorem nisi ignorantem. Wie ja alle Gegenstände , die auf Gym- 
nasien gelehrt werden , nur Mittel sind zu höherer geistiger Vollkom- 
menheit, so sollen auch bei den metrischen Uebungen nicht Verskunst- 
ler gezogen werden: vielmehr sind sie ein jugendliches Geistesspiel» 
welches alle Kräfte zu gleicher Zeit in die höchste und wohlthätigste 
Thätigkeit setzen soll; sie beabsichtigen eine ästhetische Bildung, die 
den Genuss der Dtchterlektüre erhöht; sie beabsichtigen Reichthum 
und Fülle in der Sprache, und weit entfernt, dem prosaischen Auf- 
drucke zu schaden, werden sie denselben heben und veredeln. Tref- 
fend spricht sich grade hierüber der Verf. des nachher zu charakterisi- 
renden Buches in der mit vieler Wärme und meisterhafter Eleganz ge- 
schriebenen Vorrede p. XI. also aus: Et tamen eaedem ezeror^ationee 
mirum est, quanto subsidio sint studio solutae orationie« siquidem le- 
ges poeticae linguae Romanorum partim tarn sunt terminatae finibni,. 
partim suo quasi lumine oculos ita offendunt, ut ex contrario prosa 
oratio et quo difTerat, melius perspiciatur, et quae quasi insignia ha- 
bet , animos quippe paratiores ab ornamentis altius penetrent« ' Neque 
ad compositionem verborum verendum erit illi auriculas Midae ne affa- 
rant, sed quo iam sunt solertiore iudicio numeri, quod incnltum In 
hoc est et asperum , quod contra leve et conclusum , ut advertent me- 
lius legendo^ ita usu ipsi felicius aut evitabunt aut consequentur. Heber 
diesen vielfachen Nutzen haben einsichtsvolle Männer längst einstimmig 
geurtheilt, und in den Lehrplänen der meisten Gymnasien findet sich 
jetzt dafür eine Lektion. Daher ist es auch zu erklären, dass die we- 
nig zweckmässig und sorgfältig gearbeiteten Hülfsbücher von Linde- 
mann, Friedemann und Fiedler vielfältig benutzt und soweit 
verbreitet wurden. Aber es war auf diesem Felde noch viel an thnut 



Bibliographifclie B«irielit6; JBi| 

und wenn bei Biicliem der Art jede nene Bearbeitnng des GegenstaiH 
des dem Lehrer willkommen ist , weil die Ausarbeitungen der Schüler 
nur zu leicht sich von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen und sich 
eine Tradition bildet, die der geistigen und sittlichen Bildung gleich 
nachtheilig sein mnss , so wird gewiss eine Schrift doppelt willkommoa 
sein, die, was Methode und Inhalt anlangt, alle ihre Vorgänger weit 
hinter sich zurücklässt. Wir meinen die Palaestra Musarum *)• Ma* 
terialicn zur Einübung der gewöhnlicheren Metra und Erlernung der poe- 
tischen Sprache der Römern Für untere Gymnaaialclassen herauagegebem 
Ton Dr. Moritz Seyffert, Lehrer am königl. Fädagog. zu Halle« 
[Halle, Buchhandl. d. Waisenhauses 1834. XVIU u. 177 S. kl. 8. 12 Gr.] 
Sie bildet den ersten Theil eines in drei Bänden zu beendigenden toII« 
etändigen Cursus einer Anleitung zum Verfertigen lateinischer Verse» 
deren Bearbeitung der Verf. zugleich mit Dr. Th. Echtermejer 
unternommen hat. ' Herr Dr. S. theilt seine Materialien in Verse zum 
Versetzen (S. 1 — 109) und Verse zum Vebersetzen (S. 110—174), bat 
sich aber, was wir nur billigen können, dabei auf Hexameter , Disti- 
chen und iambische.Senare beschränkt. In stetem Fortschreiten Ton 
dem Leichten zu dem Schwierigem kommen zuerst Hexameter ohne 
und mit Elisionen , Distichen mit und ohne angegebene Versabtheilung, 
und erst S. 25 folgen Verse , in denen leichtere Umänderungen , auf 
etymologische u. syntaktische Eigenthümlichkeiten der poetischen Spra- 
che begründet, dem Schüler vielfache Gelegenheit zur Erweiterung 
seiner Sprachkenntnisse geben. Lobenswerth ist es, dass in treffender 
Auswahl und gehörigem Maasse Nachweisungen aus den Grammatiken 
Ton Zumpt (6. Ausg.) und O. Schulz, als den am meisten Terbreiteten, 
hinzugefügt sind. Freilich dürfte man in der Ordnung der einzelnen 
Beispiele in den verschiedenen Paragraphen Manches besser wünschen, 
wie z. B. §. 1 mit solchen Versen hätte angefangen werden müssen» 
in denen die beiden Theile des Hexameters durch Interpunktion von 
einander getrennt werden, dann übergegangen werden zu denen, wel- 
che aus längern und folglich wenigen Wörtern bestehen; hierauf konn- 
ten die folgen, welche eine mehrfache Anordnung gestattefi, und end- 
lich der Beschluss mit denen gemacht werden, die viele kleine Wörter 
enthalten und nur eine Art der Bildung zulassen. So hätten auch 
§. 2 die Verse, welche nur eine Elision enthalten , allen übrigen vor- 
angehen müssen. Gleiches Hesse sich auch aus den übrigen Paragra- 
phen anführen , aber wir wollen dem wackern Verf. damit keinen Vor- 
wurf machen , wenn wir die unglaubliche Mühe bedenken , mit wel- 
cher diese Materialien zusammengetragen sein müssen. Der Verf. hat 



*) Diesen kurzem Titel wählte der Verf. aus pädagog. Gründen und zur 
Erinnerung an die rühmliche Thätigkeit des Jesuiten Jacob Mas en ins, 
der in seiner Palaestra Eloquentiae Ligatae [ Cöln 1682 u. 83. ] eine eben 
so gründliche als fleissige Anleitung zum Verständniss des poet. Stils und zu 
einer Anwendung desselben gegeb^ hat. 

21* 



S24 Bibllographigche Berichte. 

nämlich den gewohnlichen Weg, die Vene aus den alten latein. Dich* 
tern zu nehmen, verlassen, weil besonders bei den längern Aufgaben 
der Schüler dieselben leicht auffinden ticann , und die neuem lateio« 
Dichter, welche theils in den von Janus Grnterns unter dem Titel 
Delieiae poetarum Italorum , Gallorum , Germanorum etc. veranstalteten 
Sammlungen enthalten , theils in besondern Ausgaben erschienen sind, 
mit einer Sorgfalt durchgesucht, die nur derjenige vollkommen in 
würdigen im Stande ist, welcher aus Erfahrung weiss , wie wenig dei 
Vollendeten namentlich in jenen unförmlichen Sammlungen enthalten 
ist. Was durch Inhalt und Form ausgezeicnnet war, ist gewiss nicht 
übergangen, wie es sich von dem durch seine meisterhafte lieber- 
Setzung einiger Gedichte von Goethe und Schiller rühmlichst bekannten 
Verfasser erwarten liess. Wenn wir aber doch Einiges zu tadeln jg»- 
funden haben, so durfte sich dieses aus dem Ueberdrnss, welchen das 
unerfreuliche Studium der meisten jener Dichter hervorbringen rnnss, 
erklaren und auch wohl entschuldigen lassen. Manche Verse sollten 
schon wegen ihres Inhalts* und noch mehr, was hier besonders der Be- 
rücksichtigung werth erscheint , ihrer Form wegeq ausgeschlossen leln* 
So wegen der Gäsnren §. 2. v. 18. 

^namque hombes snmus et cito possnmus esse, qnod hi fitali 

S.4.T.52. Vera premi possttnt vi, sed non funere mergi. 

§•5. V.8. optima tunc mors est^ cum vita est criminis expers* 

V.16. quod tibi nunc praesens est, cura, et crastina mitte ^ 

Verse , die ein genauer Lehrer seinen Schülern eben so wenig renei» 
hen würde, als die Ausgänge in §.3. v. 13. 

es^pers consiiii vis mole sna ruit omnis \ 
und V, 59. 

quantnla sint hominum öorpuscuta discite, ^nm noi'^ 
solstitiale velut germen floremus in horas: 

oder Pentameter mit den im ersten Theile ganz Ternachlassigten C&iil- 

ren , wie §. 4. v. 49. 

f 

tu magis, in te si spemque fidemqnö locas; 

§.7. V. 0« horaque dum quota sit quaeritur, hora fugitj 

▼.15. Sat cito, si bene quid feceris, istud erit) 

§.9. V.12. copia, si fera mors singula falce meät; 

oder gar Ausgänge, wie pede (§. 4. v. 7. u. 50. §. 6. ▼. 80.), prop« 
(§. 6. V. 10.), ope (§. 6. V. 19. §. 9. v. 70.), bona (§. 6. v. 40.), toi« 
(§. 6. V. 45.), vice (§.9. v. 81.) und der drebilbigen Zephyrnm (g. 9. 
▼. 29.), und Pentameter, wie §. 4. v« 54. 

tn mihi dives eris, cum tibi pauper eris« 



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Docli vir enthalten uns aller ureftern AöMtelliAigeli/dlö irb lilot i« r 
der Absicht gemacht l^ahen» 4em Verf. einen BWMit ton der lebenÜ^ 
gen Theilnahme zu gehen , mit welcher vir sehi treffÜchet iBuch abf^ 
genApimen haben , und auch einen geringen BeitQig au des TerheM6r ' 
rangen einer 2ten Aufl.» die ea gewiss bald erhalten ^rd, an liefenk 
Dann wnnsclien wir auch einen andern Uebelatand gehoben zu sehen^' 
der uns hie und da 'unangenehm , zumal in einem Schulbache, berührt 
hat , wir meinen die ungleidimSssige und bisweilen ganz falsche Inter- . 
punktion und die Druckfehler , die doch wohl auch auf des Terfasseri 
Schuld kommen 9 da bisweilen ganze Worter fehlen, oder andere ge- 
setzt sind) 'als in Sinn und Zusammenhang passen. — Da nicht alle . 
Lehrer, welche die Ordnung der Schule mit diesem Unterrichtszweige ' 
beauftragt, in ihrer Jugend genügende Anleitung gdiabt haben, und' 
da selbst dic^fenigen, welche sich einer solchen zu erfreuen hatten,;'] 
nicht immer Neigung und Zeit haben, mit ihren Schälern zu arbeiten,' 
80 musste anch der Verf., deip Beispiele seiner Vorgänger folgend^' 
eich der Mühe unterziehen , den Text seiner Slatenatien zusainmenzo- ' 
stellen, was unter dem Titels Text am den Aföterlalten der FoIäesM' 
AffMarum für untere GymnasialcloBaem, eder: jMkolegie aus neueren %h>'' 
tetni«c%en Dichtem. [Ir Tbl. XII u. 164 S. K6r.] geschehen ist €riii^ 
wäre es, wenn man solche Bücher ganz entbehren könnte, da der hieiiii 
unermüdiiche Eifer träger und nachlässiger Sohuler leicht denselben' 
auf die Spur kommt, und, wenn sie auch nidifc Im Stande sind, deir' 
genau beobachtenden und mit den Kenntniiisen und Fähigkeiten seiner 
Schuler vertrauten Lehrer zu täuschen , so dürfte doch der Nachtheil, * 
der für die Fortbildung jener Schüler selbst ans der Bienutzung solcher 
Hülfsmittel entsteht, nicht gering s(dn. Wenn da die Bnchhandlungen 
Ihre Mitwirkung anböten, und sie nur an Männer im Amte oder söI- \ 
che, von denen ein Missbrauch nicht na befürchten ist, abliessen, dana ' 
dürften alle Besorgnisse Tersohwinden. Aber audh abgesehen von die* 
sen engeren Zwecken für den Sehulgebraueli wird gerade dieser TheU 
den Freunden der lateinischen Poesie willkommen sein, da et Bruch*' ' 
atücke ans mehr denn hundert Dichtem enthält, unter ^eichen die ' 
deutschen einen bedeutenden Platz behaupten« IHese sind es audi, 
welche der Verf. in den ]^etischen Vorwort als« nf)jier charakterlsirtr 

AudiTl sonorQS, eora non fuit ultima, 
Germaniae i^r arva fludos ToWier? 
Bine caevnla vada temperans Moenus lyrat 
lunctos MioylU sociat impares modos. 
Et parva 9 nomine grandiora mox vao^ 
Lotichia laheUa roranteni luvat« 
Illinc Phüippi visitat sacrarium 
Discentiumqne tocö mutua choro« 

Albis salntat refluitque docttor« T 

Eine tenuis Ilnms altins toUit eapot 
4, Cjfcnum tulisse tnigidoa SHgtMum^ 



: » 



826 Bibllographlscbe BeriohCe, 

Illinc flaenta confreniant Bayariae 
Rorisque certant ebria Bhodopeii 
Flectrum sab astra ferre Baldeae lyrae. 

VfiT echoiden von dem Verf, mit dem lebhaftesten Dank und wünschen, 
dass er, in seinem Streben nicht ermüdend, die beiden letzten Bände 
recht bald möge nachfolgen lassen. [F, A. Eckstein.] 



Aufgaben und Muster su deuUchen Stylubungen in den mittleren 
Classen der Gelehrten - und Bürgerschulen, Von August Hörschel- 
mann, ordentl. Lehrer am GöUnischen Real- Gymnasium zu Berlin« 
[Berlin 1829. Verlag von Theod. Chr. Friedr. Enslin. XII u. 195 S. 8.] 
Ein empfehlenswerthes Buch^ sowohl in Hinsicht des Plans als auch 
der Ausfuhrung. Ersterer ist nicht ohne Eigen thi^mlichkeit und in der 
Vorrede auseinandergesetzt« Er besteht in einer Anleitung und in Ma-r 
fiterarbeiten. Der Verfasser drückt sich darüber folgend ermaasseu aus x 
Die Anleitung, welche der Schüler zur Erfüllung (besser und gewöhn« 
lieber: Bearbeitung) der Aufgaben erhält, ist eine zwiefache, und be- 
steht erstens in einer Erläuterung des Thema, einer Zusammenstellung 
der Hauptgedanken und einer Warnung vor möglichen Abwegen, und 
zweitens in einem Musteraufsatze , der einen verwandten Stoff in der- 
selben Form behandelt, die der Schüler seinem Aufsatze geben soll» 
Die Erläuterungen der Aufgaben sind mehr oder weniger ausführlicb, 
und beziehen sich zuweilen auch auf die Theorie des Styls , besonden 
da, wo gewisse Formen der Darstellung zum erstenmale vorkommen. 
Wichtiger als diese Belehrungen hält der Verfasser die Musterarbeiten, 
welche jeder Aufgabe beigefügt sind und in den Händen der Schüler 
durch Anschauung bezwecken sollen, was auf dem beschwerlichen Wege 
der Anweisung unvollständig oder gar nicht erreicht wird. Der Ab- 
fassung dieser Muster hat der Verf. einen grossen Tbeil des Besten ge- 
widmet, was er an Zeit und Kräften gewinnen konnte, und wenn es 
ihm nicht jedesmal geglückt ist, die Idee eines zweckmässigen Muster- 
auföatzes zu verwirklichen , so hofft er dennoch, dass eine unbefangene 
Würdigung der dabei obwaltenden Schwierigkeiten ihm eine billige 
Würdi|^ung sichern wird. Die Idee eines zweckmässigen Musters hängt 
vorzüglich von dem geistigen Standpunkte dessen ab, der es benutzen 
soll. Der Verf. durfte daher weder zeigen wollen, was er sich an Ge- 
danken und Empfindungen abgewinnen könne, noch was er selbst in 
der schonen Darstellung durch Worte, Sätze und Perioden zu leisten 
vermöge. Vielmehr musste jede Zeile mit steter Selbstverläugnnng ge- 
schrieben werden, wenn sie für den 12 bis 14jährigen Knaben brauch- 
bar sein sollte. Gegen diese Ansichten und Erklärungen lässt sich 
schwerlich etwas einwenden, so wenig wie gegen die Erlaubniss, wel« 
che er sich genommen hat, vorhandene Hülfsmittel ähnlicher Art , wie 
die Schriften von Heinsius , Kunhardt u. 8. w. zu seinem Zwecke zu be- 
nutzen. — Das Buch zerfällt nun in 5 Abtheilungen , 1) Beschreibun- 
gen i^nd Schilderungen, 2) Erzählungeq, 8) Kleine Abhandlnn^eo, 



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4) Brfefo, 5) Vemifsdito AuftUm», tob denen JeMAi iee • 

fahrten £rUärang zufolge in Aufgaben und M netec ( ist. 

Vorrath von Aufgaben Ut freUidi nur massig, indess der 1 

dass bei der Bearbeitung Einer Aufgabe in jeder Sehnkwocna das 
hinreichenden Stoff enthalte, um den Schüler anderthalb bis iwei M 
hindurch zu beschäftigen, und man kann diess um so eher auj 
da wohl nicht leicht ein Lehrer so geistlos fein durfte, dass er n r 
andre ahnliche Aufgaben den hier gegebenen naehzubiid 
die meisten auch wohl noch ein anderes HulCBmittel besitaen , um i 
Fehlende daraus zu ergänzen. Nun beklagen sich zwar manche K 
fer, dass sie in einem neuen Buche häufig so viel Altes wieder! ^ 
und also dasselbe doppelt besahlen müssen, und diese Klage irird si 
denn auch hier wiederholen, da der Verf. telbat erklärt hat, daes 
nicht bloss Neues liefere« Besser wäre es auch freilich, wenn nam^ 
nur Neues in einem neuen Buche anträfe ; indess man muss wohl billig^, 
sein, und das anerkannt Gute zulassen, aumal wenn man bedenkt, daaf 
manchem Käufer diess eine Hülfsmittel statt aller andern dienen tolL 
Noch erlaubter, ja sogar lobenswerth ist es, wenn alte Aufgaben auf 
eine neue und aweokmässigere Weise bearbeitet werden. So weicht hief 
z. B. die Erläuterung und Gedankenanordnung der Aufgabe S. S5 vom 
den Ursachen des Irrthums sehr ab von der sehr fthnlidiens über dM 
Haoptquellen des Irrthums in der menschlichen Erkenntniis, von Ku»* 
hardt in dessen Ideenvorrath für deutsche Stylübungen, wovon ieh iü: 
2te Auflage vor mir habe, und ich möchte hier Hörschelmann voraie* 
heu. — Die 5te AbtheÜung , vermischte Aufsätze , gebort au des; 
reichhaltigsten und die Aufgaben sind sehr mannichfaltig, z.B. Ver* 
suche , ein Stylstück mit andern Worten oder fn anderm Tone inedeiy 
zugeben, prosaisdie Umschreibungen poetischer Erzählungen und F»» 
beln, Gespräche, Versuche im Erklären, besonders sianverwaädtet 
Wörter, Räthsel, Uebungen im Disponiren, Umschreibungen echwerttf' 
Stellen aus guten Schriftstellern, Stoff zu Eingilngen, £rweitemn|f': 
einfacher Sätze,. Anreden, verbesserte Perioden, Beantwortung von; 
Fragen, Inhaltsanzeigen von Gediditen« •— « Reeht löblich sind di^ 
Muster, so viele ich deren gelesen habe. Sie entsprechen ganz deaiv 
Zwecke , d. h. sie sind für die Fassungskraft von Sehujern mittlerer 
Schnlclassen berechnet, in einem einfachen, würdigen Tone. UntcäP 
andern hat mir die Apostrophe an dje Nacht,' die Abhandlungen i Ge-» 
rioges ist die Wiege des Grossen , über die Würde und den Nutzen dea * 
Ackerbaues, die Parallele Abend und Morgen zugesagt. -—^ In eineln^ 
Anhange folgen endlich noch Geschäftsaufsätze, von denen der Verf» 
in der Vorrede sagt: »Auf Wechsel, Quittungen, Rechnungen und 
ähnliche , nur in Ansehung der ]Porm widttige Aufgaben möchte der 
Verf. beim Schulunterricht wenig Gewicht legen , und sie allenfalls nur 
als kalligraphische Vorschriften benutzt wissen. Damit jedoch das Buch 
auch Andersdenkende nicht unbefriedigt lasse, sind in einem Anhange 
die nöthigen Anweisungen zu Aufsätzen dieser Art belgebradit worden.^. 
Hieran hat dar Verf. wolü|getlwa$ denn der Andersdenkenden moi^ta 



'*■•■ 






.'*. 



I 



828 Bibliographiic|ie Berichte* 

et Tiele geben. Durch die Benutzung Ton dergleicben Aufiätxen aU 
kalligraphischen Vorschriften wird der Schüler schwerlich hinlängliche 
Kenntniäs und noch weniger Uebung erhalten. Für das Leben Ist ea 
sehr wichtig, dergleichen richtig und geläufig abfassen zu können, und 
der Unterricht darm keineswegs entbehrlich. rKanneeiesserl 

Frans Osswald^ oder der hohe Beruf des mannUchen GeschlechU in 
jedem Lebensalter, ein sicherer Wegweiser durchs ganze Lehen, Toa 
Gott fr. Aug. PietzBch. [Zeitz, Wcbersche Buchband Inng 1830. 
XIV u. 226 S. 8. 16 Gr. ] Ein frommer und wohlwoUender Greia bie- 
tet hier der männlichen Jngend in einfacher und treuherziger Spmcha> 
▼erständige und wohlgemeinte Ansichten und Vorschriften über die ver- 
schiedenen Lcbenspcrlodcn des männlichen Lebens dar, welche der Gy« 
mnasjaljugcnd in vielfacher Hinsicht zu empfehlen sind. Zwar spricht 
er darin mit vieler BrcitQ, bisweilen selbst mit der Schwatzhaftig- 
keit des Alters, und streift häufig durch Episoden und Nebenbemerkun-- 
gen vort seinem Ziele ab; allein der treuherzige und väterliche Ton, 
welcher durch das Ganze herrscht , macht diese Breite nicht anang^ 
nehm , sondern verleiht ihr noch manchen Reiz. Das Buch würde un-- 
bedingt jungen Studirenden als ein vorzüglicher Lebensführer zu eoEi-"- 
pfehlen sein , wenn nicht einige Aeusserungen etwas bedenklich , and 
Mcihreres nicht sowohl für Jünglinge, als für Männer geschrieben wäre. 
Avch möchte man für die Jugend noch eine grössere Sorgfalt ond Ele- 
ganz in der Darstellungswciäe wünschen. Kach den vier Lebensperio- 
den ist das Buch in vier Capitel getheilt. Das erste handelt vom 
kindlichen Alter und ist mehr für Eltern und Erzieher geschrie-- 
ben. Wenigstens wissen wir nicht, was junge Leute mit den meUtea ' 
der darin niedergelegten Ansichten anfangen sollen, zumal da mancher 
Gedanke an sich etwas paradox ist, wie z. B. wenn die Kleinkinder- 
schulen ein „göttlicher Gedanke'' genannt werden. Doch enthäU daa 
Capjtcl auch für den Jüngling einen herrlichen Abschnitt über die Wahl 
des Standes und namentlich über sein Verfahren , wenn er zum Gelehri- 
tenstande gezwungen worden ist. Das zweite €apitel, vom jugendv 
liehen Alter, ist ganz für den studirenden Jüngling bestimmt und 
liat vorzugsweise den jungen Theologen im Auge, dessen Studien- und 
Lobensplan auf eine treffende Weise vorgezeichnet ist. Väterlich und 
eindringend ermahnt er ihn , über dem Gelehrten dep Menschen nidit 
zu vernachläst»igen und neben seinem wissenschaftlichen Streben die 
Bildung des Herzens zur Gottesfurcht und Tugend nicht zu vergeasen. 
Rühmend gedenkt er dabei der Sorge, welche neuerdings in den Qjt 
mnasicn auf den religiösen Unterricht verwendet worden ist, und hd- 
thet eich verständig vor dem gewöhnlichen Irrwege vieler TheoIogeQ» 
die dnrcli unbesonnene Klagen über die irreligiöse Richtung der Ge« 
Ibbrtenschulen und über die falsche Behandlung des Beligionsunter- 
richtti in denselben das jugendliche Gemüth, welches diesen Unterricht. 
ohu^bjv gern als eine lästige Nebensache fmüebtt P»eh mehr störea 









Hn^M^iirrapMfeli« - B^i 






J-* --.1 . . 









«nd vdni rel%iß»eR lafeires^e abxleliem Hat doch lelUi e!o BeeJNMM^ ■* ' ' 
del Bachs in Rohrs krit Freclig«rhibliothek 1834 Bd. 15 S. 502 1 ^^ / *' '''] 
Verf. geiadelt, das« er sltli nicht über die Terkehrte Unterrichtfwelte ^ . < - 
Brancher Religionslehrer verbreitet habe« Als ob dies nämlidt Tor Atti ]' 
Forum des Jünglings gehörte!! Eindringend und nachdrücklich spridht ^ ./ < 
dann der Vesf, über die Verirrungen des Geschlechtstriebes und warnt * 
besonders mit strengem Ernste Tor den sogenannten heimlichen Sünden« ■ .-[ 
Verständig hat er sich adoh liier Tor den gewöhnlichen Uebertreibnit«, * * 
gen und der allzugrellen ochilderung der traurigen Folgen gehüthet^\' 
und diieselben nur wahr dargestellt und mit zweckmässigen roedicini-^ 
sehen Belehrungen begleitet. Bei diesem richtigen Takte aber und bef^^ 
dem streng sittliohen Ernste, der durch das ganze Buch herrscht, ist' 
es auffallend, dass er nicht nachdrucklicher Tor der naturlichen Befrie-^f 
digung der Geschlechtslnst warnt, ja dieselbe fast zu billigen sdieintw» 
Höchst auffallend und gefährlich wenigstens ist folgende Aeussemngr 
„Weil nun der Jüngling jenen Trieb nicht auf eine erlaubte^^ 
Weise befriedigen kann, und aus Blödigkeit, Schamhaftig«*; ' 
keit u, Furcht vor den nachtheiligen Folgbn nicht wagt»?' 
ihn auf eine natörKche Weise «u befriedigen, wenn er auch Oe**t 
legenheit dazu haben sollte; so hat schon Mancher diese Be«> 
friedigung sich auf die allerunnatürlichste Weise zu versdiaifett g»^. 
sucht. ^' Desto treffender und überzeugender aber spricht der IfeitJ'V 
über die Vermeidung geheimer Verbindungen ^ und Gesell ^haften auf 1' 
der Universität. Mit grosser Lebensklugheit hat er sich hier wenige^'^ 
an das Herz als an den Verstand des Jüngling-s gewendet und gezeigt, wie i 
alles Geheime schon an sich verdächtig und alle Zustande, über welcb«; 
man sich nicht mit klaren, deutlichen und Terständlichen Worten an»r.; 
sprechen, sondern nur im verhüllenden Helldunkel rechtfertigen kann^i- 
ein SjSdichen unklarer Begriffe und unrichtiger Auffassung sind. Ebea^ 
so vevständig ist das , was über den Besuch der Gollegia und das Nadi^f 
schreiben in denselben gesagt ist. Besonders' warnt.er vor dem BesOffA 
eben zu vieler Gollegia und vor dem wörtlichen und ängstlichen Naeb« 1 
schreiben. Bio Warnung vor Liebschaften dagegen und vor frühs^iti-r 
gen Eheversprechungen ist nicht eindringend genug; so wie man ia . 
dem Abschnitte über die rechte theologische Denkweise etwas weniges i 
dogmatische Aengstlickelt wünschen möchte. Auch der letzte Abschnitt, f 
über das Leben als Hauslehrer und Erzieher, genügt nicht ganz uni^" 
giebt eigentlich nur diaAekanhten Aussprüche Kiemeyer» wieder. Dai ^ 
dritte Capitel, vom minovlichen Alter, beginnt mit einer JSimrt:^ 
pfehlung der Ehe und handelt dann vom Eintritte ins Amt, vom Lebeai 
in der Ehe, von der Kinderzueht, Berufserfüllung u. s. w. Auch hiev'- 
bat der Verf. besonders den geistlichen Stand im Auge, scheint nni<r 
aber doch das geistliohe Amts - und häusliche Leben bisweilen etwas 'f 
zu einseitig ««nd zu ängstlich aufgefasst zu haben. Auch Yi^^^b^^^ ^- 
zu Vieles, was schon im vo)r%en Capitel gesagt ist. Im letzten CapUi 
tel, über die höheren Lebensjahre, redet derselbe ganz ei*T^/ 
geittMcli von seisev e%eam Lage, mid saine WoHt> fskeä von iwd ia 



^ * 



880 Bibliographische Berichtt. 

dem Herzen. Nor kann Ref. nicht bergen, dafs hier, wie Im Ton* 
gen Gapitel, mehr der Theolog als der fromme und brave Mann la 
sprechen scheint. Doch wird man diese kleinen Schwächen leicht 
übersehen nnd im übrigen die Ansichten und Rathschiage desielbea 
gern und mit Nutzen lesen. 

[Jahn.] 

Die Pflichten des Menschen, Guter Roth an einen Jüngling Toa 
Silvio Pciiico von Saluzzo. Aus dem Italienischen von *r. [Mit 
dem Bildnisse des Dichters. Leipzig, Ernst Fleischer. 1834. VIII lu 
117 S« 8. geh. l5Gr. ] Diese Schrift soll, wie die vorige, ein Weg- 
weiser und Führer durch das Leben des Mannes sein und den Jüngling 
über seine verschiedenen Pflichten belehren; nur hat der Verf. die- 
sen Zweck auf eine andere Weise zu erreichen gesucht, als ef im 
Franz Osswald geschehen ist. Er hat nämlich die Pflichten einzeln 
vorgenommen und in 32 Abschnitten abgehandelt, welche folgende 
Ueberschriften führen; Nothwendigkeit und Werth der Pflicht; Wahr- 
heitsliebe; Die Religion; Einige Zeugnisse; Religiöse Vorsätze ; Men- 
schenliebe und christliche Liebe; Achtung des Menschen; Vaterlande- 
liebe; Der wahre Vaterland^freund ; Kindliche Liebe; Achtung fnr*fl 
Alter und unsere Vorfahren; Brüderliche Liebe; Freundschaft; Dio 
Wissenschaften ; Wahl eines Standes ; Beschwichtigung der Unrnhe; 
Reue u. Busse; Die Ehelosigkeit; Ehre dem Weibe; Werth der Liebe; 
Tadelnswerthe Liebe ; Achtung vor Jungfrauen und vor Gattinnen An- 
derer; die Ehe; Väterliche Liebe, Liebe zu Kindern und zu der Ja- 
gend; Reichthum; Achtung für*s (?) Unglück, Wohlthätigkeit; Ach- 
tung der Wissenschaft; Freundlichkeit; Dankbarkeit; Demuth, Be- 
scheidenheit und Verzeihung; Muth ; Hohe Idee des Lebens und GeiV 
■tesstärke im Tode. Dio über diese einzelnen Gegenstände gegebenen 
Vorschriften sind in einfacher Rede hingestellt und in kurzen Sätaea 
ausgesprochen, so dass sie meist die Form von Sentenzen und Geboten 
haben. Allen Schmuck der Rede hat der Verf. absichtlich vermieden, 
und daher sprechen auch seine Vorschriften nie zum Herzen , sondern . 
sind überall auf den Verstand gerechnet. Aber er hat denselben eino 
so natürliche Einkleidungsform zu geben gewusst und so einfach die 
eine aus der andern entwickelt, dass es immer aussieht, als ob sie sieh 
von selbst verständen. Dies und die durchaus herrschende Klarheit der 
Gedanken geben dem Buche den meisten Reiz, und man liest es gern, 
obschon es die Vorschriften nur einfach hinstellt und mehr durch ihre 
£ntwickelung au^ einander und aus einfachen philosophischen Grand- 
sätzen als wahr und richtig erweist, als durch viele Argumente beatlb- 
tigt oder durch Beispiele u. dergl. erläutert. Dem Jünglinge von noch 
reinem und lauterem Gemütbe wird man sie daher mit Nutzen in die 
Hände geben. Uebrigons hat der Verf. keinen besonderen Stand der 
männliclien Jugend im Auge gehabt, sondern nur die Pflichten der fall* 
gemeinen Menschenbild ung aas allgemeinen Grundsätzen erläutert» 
Seine Ansichten sind richtig and verrothen überall den reohtlichen, tut- 



Bibllograpbifelie BeYUlit«. 

lieh reinen , BuFgeklärten und ventändig^n Mann s nur an «!n pan. 
Stellen hat er sich nicht frei genug über die Angichten der katholischea 
Kirche erheben können. IVamontlich blickt der Katholik in dem Ab« 
schnitte über die Ehelosigkeit durch. Indes« sind solcher Fälle nnr 
wenigo und die ausgesprochenen Grundsätze so unschädlich, dass dal 
Buch von protestantischen Jünglingen auch in solchen Stellen ohne G«^ 
fahr gelesen werden kann. In dem Abschnitte über die religiösen Vor* 
Sätze hat der deutsche Uebersetzer das weggelassen, was im Original 
zu Ehren der katholischen Religion gesagt war. Die Uebersetznng 
selbst ist leicht und fliessend, die äussere Ausstattung anständig, und 
das Buch sonach von allen Seiten eropfehlenswerth. rjahn 1 



Wissenschaft y Kunst und Religion im innigen und ewigen Bunde, 
Ideen, seinem Sohne mitgetheilt und zum Besten studirender JüngUngß. 
herausgegeben von Wilh. Schröter, Lioent. d. Theol., Adjunct ii« 
Pfarrer zu Grossheringen. [Altena, Hammerich. 1834. XVI u. 140 S«. 
gr. 8. geh. 20 Gr.] Es sind 14 briefliche Mittheilungen, die der Verf. an 
seinen in Weimar befindlichen Sohn gerichtet hat und worin er ihn über- 
das Ziel und die Richtung seiner Gymnasialstudien belehren und na- 
mentlich dahin fuhren will, dass er alle Bildung auf die sittlich reli- 
giöse zurück beziehen möge. Dieser Zweck selbst, sowie der warma 
upd väterliche Ton und der wissenschaftliche Sinn, der in diesen Mit- 
theilungen herrscht, machen, dass man das Buch gern in den Hände« 
aller Gymnasiasten sehen möchte« Dennoch aber kann man dasselbe 
nur mit Behutsamkeit empfehlen, und namentlich wird es ahne beson-* 
dere Oberaufsicht des Lehrers von dem Schüler nicht gelesen werden 
dürfen. Zunächst ist es schon in einer sehr abstracten und noch daza 
oft schwerfälligen und holperichten Sprache geschrieben und strotzt von 
wissenschaftlichen Kunstwörtern aller Art. Dann aber hebt es die Re- 
ligion zu sehr hervor, will alles auf dieselbe bezogen wissen, und 
wird durch übermässige Forderung einerseits seinen Einfluss auf daa 
jugendliche Gcmüth verfehlen , anderseits aber auch dasselbe leicht^ 
irre führen. Endlich hat der Verf. eine Reihe auffallender Paradoxien 
eingewebt, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Schüler noch nicht 
zu würdigen weiss und die wiederholt mit den Forderungen der Schule 
in VITiderspruch treten. Hat man nun Schüler vor sich, Welche reif 
genug sind , dass diese Mängel keinen schädlichen Einfluss auf sie üben 
können ; so wird man diesen das Buch mit gutem Erfolg in die Hände 
geben können. Sein Inhalt ist folgender: 1) Höchste Zwecke der Wis- 
senschaften. Humaniora, 2) Einheit des Studiums durch Gründlichkeit» 
Das Göttliche, Beide Aufsätze sind recht gut geschrieben. 8) Natur^ 
die erste und beste Lehrerin, Ist so gehalten, dass es den Schüler 
wahrscheinlich verwirrt und confus macht. 4) Grammatik der alten 
Sprachen, Religiöse Grundlage, Ist sehr paradox und wird durch die 
Forderung, dass die gramraatisohen Studien später als gewöhnlich an- 
gefnpgen werden sollen, den Schaler mit der S^nie in Widerspruch 



832 Bibliographisclie Berichte. 

«teilen. 5) Römer und Griechen, Charakteristik ihrer Werke, 6) l«*ori- 
eetzung, f erfall der JVissensohaften und Künste, T) Folgerungen dar-^ 
aus. Alle di'ci Aufsätze bringen für den Schüler recht Tiel Gatei« 

8) SiilUche Kraft y Zweck aller Bildung, Ist ganz falsch oder wenig- 
stens sehr unklar aufgefasst und dargestellt. Die sittliche Kraft soll 
durch die Stndi^n, namentlich durch Pliilosophiren, entstehen! 

9) lleligionsphilosophie. Der Verf. Terstelit darunter bloss Nachdenken 
über Religion, welches jedoch auch Begeisterung in sich fassen eolL 

10) Mathematik» Der Verf. meint , dass Religion und Mathematik in* 
nig mit einander verwandt seien. 11. 12) Geschichte, religiös zu fte* 
handeln. Enthält viel Treffendes, aber auch viel Verkehrtes. Die 
Geschichte soll nicht nur die Menschen allseitig und naturgemäss, son- 
dern auch für den höchsten Zweck der sittlichen Freiheit und sittlichen 
Kraft bilden. Egoismus und Eigennutz sollen in der Ausbildung inr 
Tugend werden! 13) Poesie. lA) JVenig und doch vieh Behandlung 
des Grundsatzes: Xulla dies sine linea ducta. Es ist recht sehr sii 
bedauern , dass der Verf. auf eine so übertriebene VITeise den Jangling 
überall mit Gewalt zur Religion hat hinwenden wollen. Wenn man 
es so künstlich sucht, wie es hier geschehen, und so verkehrt beweist) 
1)0 macht man die ganze Sache lächerlich und nützt nicht, sondern 
schadet. Veberhaupt hat der Verf. den grossen Fehler begangen, dasi 
er mehr seine Ansichten über Unterricht und Erziehung ausgesprocheOf 
als das dargestellt hat, was für das jugendliche Gemüth passt. Daher 
möchteu wir das Buch auch mehr angehenden Gymnasiallehrern eou 
|»fehlen, welche trotz der darin Torkomnicnden mannichfachen Ueber- ' 
treibungen und paradoxen Ansichtep doch auch manches Gute darauf 
lernen werden, [Jahn.] 

Historischer und geographischer Atlas von Europa* Herausgegebem 
Ton W. Fischer und Dr. F. W. Streit etc. [Berlin, b. W. NatorflF 
u. Comp. 1838.] Im Jahre 1833 wurde obiges V^erk, das in einzelnen 
Lieferungen zu 5 — 6 Gr. erscheint, angekündigt und eine SubsoriptiQ^I 
darauf eröffnet. Referent, der für sich sowohl als für seine Schotee 
etwas vorzüglich Brtiuchbares davon sich versprach, forderte diese SOB 
Subscription auf und unterzeichnete selbst. Bereits sind dayon 3 Lie- 
ferungen erschienen, welche 9 Charten (1 ^on Europa, 1 von Spanieil 
11. Portugal, 1 von der Schweiz, 5 von Frankreich und 1 von Deatichr- 
land), und dazu in 3 Heften den Text über Portugal, Spapiea und 
die Schweiz enthalten; und es scheint für den Fortgang dieses Uptar^ 
Hehmens zweckmässig, auch diese schon einer Beurtheilung ^n nntaiy 
\rerfcn uud daran einige Wünsche zu knüpfen, welche bei den folgen-i 
den Lieferungen beachtet werden niochten, ja nach deren Verwir|;-r 
lichung erst wir allein die Vollendung dieses Werkes für nöthig ipn4 
a^ockmässig , selbst für höchst verdienstlich erklären kdnpen. Wa« 
nun zuvorderst den gelieferten Text (208 S.) anlangt, welcher, nach 
einem allgemci(ieix UoborbUcke von gani Europa (S. l— ITOi ^oa je- 



4 



Bibliographische Berichte» . 

dem Lande zuerst die Topographie y dann die Gesehtekte enthalt; ta 
müssen wir , ohne uns auf Einzelheiten einzulassen , im Allgemeinen 
hekennen , dass der geschichtliche Theil wohl der gelungenste ist unA 
rieh namentlich, wozu er wohl auch nur gegeben ist, ganz Torzüglich 
eignet, von einem Staate gleichsam mit Einem Blicke den Gang seiner 
gesammtcn Bildung und den Verlauf seiner wichtigsten Ereignisse und 
Veränderungen von seinem Entstehen bis zu seinem Untcrgungo oder bis 
zu seinem gegenwärtigen Zustande im Zusammenhange zu überschauen, 
dem Gedächtnisse einzuprägen und so der Geschichte dieses Staates, 
wenigstens in den treffendsten Umrissen, sich ziemlich sicher zu be- 
meistern. Wir können daher diese Partie des Werkes, so weit sie 
vor uns liegt , nur empfehlen und ihren gleichmässigen Fortgang wün- 
schen« Wären indess, was vielleicht noch geschehen könnte und noch 
mehr zur Empfehlung dienen würde , zur Geschichte jedes Landei 
(auch von den kleineren möchten wir sie nicht gern entbehren) von 
den Regenten - Familien genealogische Tabelien gegeben , nur wie sie 
z. B. in Merlekers Repetitionsbuche sich finden; so würde dieser Zweck 
noch leichter und sicherer erreicht worden sein. Ein gedrängter Ue-* 
herblick über Literatur und Kunst würde die Gabe noch vollständiger 
und willkommner machen. -^ Der geographische Theil hingegen hat 
t^ns, so wenig Fleiss auch daran gespart sein mag, weniger befriedigt; 
hauptsächlich desshalb , weil er nicht nur nicht viel Mehr und Anderes, 
als was man fast in allen geographischen Lehr- und Handbüchern von 
einigem Werthe findet, sondern diess auch nicht in einer, wir möch- 
ten sagen, geistvolleren Ordnung und Gestalt giebt , wodurch sich z. B. 
die Vollr. Hoffmann*schen Werke dieser Art so auszeichnen. Verglei- 
chende Vebersichten und Zusammenstellungen, und auffallende Resul- 
tate, aus den merkwürdigsten Erscheinungen auf der Erde gezogen, 
das wären höchst dankenswerthe Gaben, sind Jedoch nicht zu finden. 
Dann aber vermisseq wir auch dabei, was gerade in einem histo* 
risch- geographischen Werke die Hauptsache war, die stete ROcksichi 
auf das Geschichtliche ^ wodurch die topographische Beschreibung eines 
Landes erst ihr Interesse und ihren Werth erhält« Wohl sind bei die-» 
flem und jenem Namen einzelne merkwürdige Ereignisse nach ihrer 
Bedeutung und Zeit angegeben ; aber es sind ihrer theils viel zu wenig, 
theils fehlt ihnen die zu ihrer vollen Würdigung nöthige Erklärung und 
genauere Bestimmung, was oft vielleicht schon durch eine Hinweisung 
auf den geschichtlichen Theil zu bewirken gewesen wäre. Dass end« 
lieh zur richtigen Aussprache und Betonung der fremden Wörter u. Na- 
men, so wie zur Kenntniss der wichtigsteh früheren (älteren) Na-« 
men, Eintheilungen u. s* w. so gar nichts gethan worden ist, wird Je^* 
der, der diesen Text benutzen will, nur beklagen müssen. — Die 
schwächste Partie aber, worin doch gerade der Werth und das \er» 
dienst dieses Unternehmens bestehen sollte, sind die Charten» Denn -^ 
wenigstens ist diess bei dem Exemplare der Fall , welches Referent bo' 
kommen hat — das Papier ist zwar fest und stark , aber schmutzig, 
die Zeichnung nicht scharf» der Abdruck selbst sehr unrein , oft un«» 



S34 Bibliographische Berichte^ 

deutlich, die Farben fahl und auf den General -Charten die Namen nxA 
Angaben gar zu spärlich. Vergleicht man damit die Itleinen Schrei- 
her»chcn oder die Meyerschen Charten, welche in HildburghauBen ep- 
»cheinen, oder andere wohl von gleich niedrigem Preise; so bleibem 
sie hinter diesen doch weit zurück. Doch das nqmxov 'tpsvdog zeigt der 
Titel des Werkes an. Als ein historischer und geographischer Atlas ist 
es angekündigt worden. Darunter dachten wir uns, wie wohl ancb 
das Wort „historisch" mit „Atlas^' verbunden („geographisch'' ist eia 
ganz überflüssiger Zusatz) eine andere Deutung nicht znlässt, unge^ 
fähr das, was der Atlas von Kruse, Ton Le Sage n. s. w. etwa dar* 
bietet; nämlich eine Reihe Ton Charten, auf denen in chronologischer 
Folge die Veränderungen und gänzlichen Umgestaltungen genaa und 
bestimmt angegeben wären, welche im Laufe der Jahrhunderte bis 
auf die neueste Zeit Europa in seinen einzelnen Ländern und Staateil 
erfahren hat, wozu dann der versprochene Text die Erklärung liefen 
wurde. Ein Atlas in dieser Bedeutung, wie wir ihn allerdings nach 
dem Titel zu erwarten berechtigt waren , hätte in der That ein -sehr 
grosses Bedürfniss befriedigt, das Niemand mehr kennt und Bchmers- 
licher fühlt, als wer in der Geschichte Unterricht ertheilt und sich 
selbst genau in ihr orientiren will. Geschichte und Geographie geben 
stets Hand in Hand , und Niemand kann jene recht fassen und behal- 
ten, wenn er diese nicht kennt. Das bedarf keines Beweises. Die 
geographische Lage und Gestalt der einzelnen Länder und Staaten aber, 
wie sie in den verschiedenen Jahrhunderten war, bei dem Vortrage ih- 
rer Geschichte durch Worte anzugeben und anschaulich zu machen» 
ist immer, auch wenn man die vergleichende Geographie gebraucht 
und neue Charten zu Hülfe nimmt, tbeils eine höchst schwierige^ 
theils eine fruchttose Arbeit. Das kann durch nichts ersetzt werden» 
als durch gute Charten , die theils nach den historischen Forschnn-^ 
gen und Angaben, theils nach alten Charten ^ die freilich eben' aar 
Wenigen zugänglich sind , entworfen , ein deutliches Bild des Lande* 
und Reiches geben , welches in dieser oder jener Periode gerade ge- 
schichtlich behandelt wird. Es würde demnach dieser Atlas aus zweier- 
lei Charten haben bestehen müssen : 1) aus solchen , welche für /edtf 
Hauptperiode der Geschichte in einem Ueberblicke die Lage und Gestalt 
aller in denselben agirenden oder passiyen Staaten mit ihren wichtige 
sten Eintheilungen und Bestandtheilen genau darstellen ; also General* 
Charten der ganzen Erdlage für die einzelnen Geschichts- Perioden; wo- 
bei schon mit den alten Reichen der Assyrer, Babjlonier, Meder, 
Israeliten, Aegypter etc. angefangen werden könnte, und welche na- 
mentlich ein deutliches Bild von dem Umfange und den Bestandthei- 
len der einzelnen grossen Reiche y als des Persischen , des Macedonl- 
schen, des Römischen (und zwar sowohl des Ost- als Weströmischen), 
des Fränkischen, des Arabischen, Mongolischen etc. vor Augen leg^ 
ten; 2) ans solchen, welche in mehrern Blättern jeden wichtige- 
ren Staat Europa's einzeln mit seiner in einer beatiminten Periode h^^ 
stehenden Eintheilung nnd mit seinen wichtigsten - Bergen , IplÖMen, 



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tttlrli«g#llpdbrlttM*: !NH 



fSäldteii n, 0. '«r, oadb il» Hsuptreräiideniägeii, irvlcte dIerMilid i|| . ';i ' ).;; 
Laufe der Zeit erlitten Iiat, darttelleni also Speeitd^ Chlmim ehmMü^ ' .'" ■ \i 
Lander und Staaten für die Haaptperioden ihrev Getckidile in dif^ ' -' 

Bologificher Folge. Wie iriel Charten von einem Staate la'dieecar -"S 

Sinne gegeben werden möditen, das wurde daTon abhängen, wie «11 '- /iA. 
er während seines Bestehens wesentlich seine Innere und äassupi 
Gestalt Terändort hat« So wurden wi« a. B. Polen dargestellt sn ••* 
hen wünschen : 1) wie es dnrch Boleslaw's HI. Theiiung nnter sein« 
Söhne 1139%. anssah, wobei die einzelnen Theile, wie Gross- mul 
Klein- Polen ^ Masovieo, Cujavien, Sandomir etc. mit ihren JJaupt « 
•dev ^r€i9»Siädten so genau als möglich nach ihren Grannen angege«* 
bea sein mnsstea ; 2) als Ganxes nnter Casimir Hl. (etwa 1343); 8) naeb 
dem Thomer Frieden (1466) ; 4) nnter August d. Starken vor dem Umn 
disehen Kriege (1760) f 5) nach den Theilungen tou 1772, 1798 u. 1795i 
6) als Gross - Herzogthum Warschan, und endlich 7) in seiner geges-c 
wärtigen Gestalt. Polen würde demnach 7-^9 ▼erschiedene ZeichniuK 
gen und Dars<jellungen erfordern. Am Speciellsten und Genauestes 
möchte aber .Dentsdilaad behandelt weiden , und dam würden wir fol*^ 
gende Darstellungen vorschlagen: 1) nur Römer- Zeit; 2) nach der 
Völkerwanderung, etwa um 560; 3) beim Tode Carls d. Gr. um 814 f^ 

4) als Römisch -^ deutsches Reich beim Tode Otto's d, Gr. um 978f 

5) beim Tode Heinrichs UL um 1656; 6) beim Regierun^ntritt» 
Friedrichs H. um 1215; 7) unter Sigismund um 1486; 8) gegen da» 
£nde der Regierung Catls V. um 1556; 9) nach dem Westphäl. Frie« 
den, und awar nach dreierlei Eintheilungen: a) des ganzen Reichs ia 
10- Kreise nebst den dazu gehörigen Neben - Staaten ; b) nach den Be- 
stimmungen der goldnen Bulle und der Reichstagsordnung in die Ge- 
biete der Chnrfürsten, der Reichsfursten und Grafen, und der Reiche« 
Städte; c) in Länder unter einem gemeinschaftl. Herrn:, s. B. Besitzuil-' 
gen dee Hauses Oesterreich, Brandenburg, Braun^weig, Sachsen^ 
Bayern n. s. w. ; 16) endlidi nach den Veränderungen , welche ^sselba 
durch die französ* RoTolution , durdi die Friedensschlüsse von Lüne*^ 
TiUe a^l)9 Fresbnrg (1865) [vom Rheinbünde], Tilsit (1867), Wien 
(1869) u. Paris (1815), durch den Wiener Congress und endlich durch- 
den deutschen Zollverein erfahren hat. Es worden also von Deutsdh- 
land 16 <» 26 -verschiedene Charten nöthig sein. Wenn ausserdem aacb' 
Verhältniss auch noch einzelne Staaten Deutschlands, namentlicli 
die alten Churfürstenthumer und wichtigeren Herzogthumer, auf ähn- 
liche Weise behandelt würden; so könnte diess Allen nur höchst er-* 
freulich sein. Zugleich könnte der Ar. Verleger aber die Einrichtung 
treffen, dass man auch einzelne Charten, insofern sie ein Ganzes auf- 
machen, erhalten könnte. Wir verbergen es uns keineswegs, dass die 
Ausführung eines Werkes nach diesen Angaben und in diesem Urofa^gUi 
von Seiten der Herausgeber sowohl als des Verlegers, nicht geringa 
Kräfte erfordere : — denn mit möglichster Genauigkeit müsste sie al- 
lerdings geschdien, und ,.6et«pteUose Wohlfeilheit**, das klägliche Lo<* 
enngiwort onfarer Zeltt dfirfta nhihl. de» ibiiiitab ^dmn 



830 Bibliographische Berichte. 

Aber vir dürfen zuverlässig auch der Zustimmung aller Freunde der 
Geographie und Geschichte uns versichert halten, wenn vrir dennoch 
dazu auffordern, und behaupten, dass ein solches Werk, so wie et 
überdiess ein wahres Bedürfniss ist, nicht nur dem deutschen Fleisse 
und der deutschen Kunst und Gelehrsamkeit den höchsten Ruhm , son- 
,dern auch für das Studium jener beiden Wissenschaften die segensreichr 
fiten Folgen bringen würde. Sollten indess die Hrn. Herausgeber, de- 
nen es übrigens an den dazu nöthigen Kenntnissen und Hülfsmitteln 
gewiss nicht fehlt, so wie der Herr Verleger, nicht mehr in diesea 
l:*ian ganz so , wie wir ihn oben kurz entworfen haben , eingehen kön* 
nen oder wollen — wie wir fast befürchten — ) so könnten sie aber 
doch gewiss Eiuiges daraus, auch wenn sie den Preis zu erhöhea 
«ich dann genöthigt sehen sollten, gar leicht noch in Ausführung brin- 
gen, und von jedem wichtigeren Lande wenigstems Eine Charte geben, 
auf der dasselbe in seiner grössten Blüthe und Ausdehnung aus einer 
früheren Periode, also von der Zeit, wo es in der Geschichte eine vor- 
zügliche Rolle spielte, so ausführlich als möglich dargestellt wäre. 
Was ihnen übrigens von den Bemerkungen , die wir über das Ganze, 
wie es uns vorliegt , zu machen für Pflicht gehalten haben , zu beach« 
ten und zu berücksichtigen gefallen werde, müssen wir ihrem Ermes- 
sen anheim stellen , können aber nicht umhin , nochmals zu erklären, 
dass, wenn die folgenden Lieferungen in derselben Welse, wie die drei 
ersten, gearbeitet Werden, mit Ausnahme des geschichtlichen Theüe^^ 
dieses Werk vor allen ähnlichen — denn in dieser Gestalt hat es Vettern 
und Brüder genug — auch weiter keinen Vorzug habe, als kaum den 
einer grösseren Wohlfeilheit. Benn ^ wenn man z. B. den „Neuen Al- 
ias der ganzen Erde von Br. C. G. B. Stein in 24 Charten 'S die kaum 
etwas zu wünschen übrig lassen , zu 3 Thlr. 16 Gr. , und ein geogra- 
phisches Handbuch, wie etwa von Volger, Hoffmann, Schacht^ Bit- 
tenborger, V. Ranmer etc. ^ zu 1 Thln 8 6r. sich kauft und vor sich 
hinlegt; so erreicht man, selbst mit noch geringeren Kosten, ganz 
denselben Zweck , und hat noch den Vortheil ^ daSli man auch noch die 
übrigen Welttheile und Alles auf einmal beisammen hat, während 
man hier nur Europa, und diess in Bruchstücken erhält, die man viel«» 
leicht erst nach 2 Jahren binden, lassen kann, wo dann die ersten fast 
schon wieder veraltet sindi [Manitius.] 



2wei Wunsche und Bitien.j Ber ^rsie Wunsch, den 
ttiisere Wissbegierde uns hier auszusprechen treibt, gilt dem verehrton 
Herausgeber und Verleger des Handbuchs des fVtssensiüürdigsten aus der 
tfaiür und (ßreschichte der Erde und ihrer Bewohner von Br. Blanc 
[tialie, li. Schwetschke. 18^3 u. 1834.], und gehet dahin, dass es ih- 
nen gefallen möchte, entweder spater besonders, oder zu döm letzten 
Bande, der bald erscheinen soll, noch einen Anhang zu geben, in 
welchem zu jedem in diesem tre£flichen Werke behandelten Lande Bä^- 
Jenige nachgetragen würde, was seit dm Ende dei J. 18321, itro die 



BiblUgrapbiiche Berlfclite. tt7 

* ■ 

UmarbeituBg desselben weggenomnien wurde, hU auf diejängsien TVige 
in gescbichtlicher , literärMchet , statistischer und geographischer Hin- 
sicht JVissensumrdiges in demselben sich zugetragen hat. Alle Besitzer 
dieses Handbuchs würden diese Nachtrage, zumal wenn sie, was na- 
mentlich die Verfassungen (auch wobl die Geschichte) einzelner (auch 
der Ideinenen) Staaten anlangt, noch etwas ausführlicher wären, ala 
hie und da (wie z. B. bei Deutschland) im Werke selbst geschehen ist, 
ikicht nur mit dem grosäteh Interesse lesen, sondern auch selbst zu ei« 
nem kleinen (Geld-) Nachschusse bereitwillig sein , wiewohl man von 
einer neuen Auflage, die ihren Werth Torzüglich in der Aufnahme 
und Angabe der neuesten Ereignisse und Veränderungen hat, mit 
öinSgeiti Rechte fordern kann , dass sie bis zu ihrem Erscheinen auch 
wirklith das Neueste dieser Art darbietet. Wir sind indess über- 
ziBügt, dass Whr, indem wir fui^ uns diesen Wunsch aussprechen, zu- 
gleich den Wunsch allein Pränumeranten dieses Werkes laut werden 
lassen ; dass aber au«^h der Hr. Xhttasset sowohl als der Hr. Verleger 
darin ^ur eln6 Terdiente Anerkennung ihter Behinhungen und Gaben 
finden — iind ehren Werd<fn. Dab^si können wir Jedotth nicht unter- 
lassen, Xu fragen,* Warum auf dem Titel des zweiten Bandes ,',erläa- 
ternde Abbitdnngdn^^ angezeigt Sind, in dem ganzen Bande aber doch 
auch nicht Eine silch findet. — Der zweite Wunsch^ au« derselbea 
Quelle entsprungen , betrifft den geschichtlichen Atlas t>Dn €kr, KruaCf 
wovon die 4te Vob Nduem durchgesehene und fortgesetkto Ausgabe zu 
Halle in dei^ Rengcrschen ßufehhandlung 1S27 erschien, und welche 
die Geschichte der wichtigsten Länder und Staaten nur bis 1823 incL 
giebt. Diese Ausgabe besorgte der Sohn des Begründers dieses aus- 
gezeichneten Werkes, der Itr. Prof. Dr. Fr. Kruse, und dieser Ter- 
sprach in der Vorrede dazu, die Geschichte der Jahre 1824 — 1827 in 
einer Tabelle bald nachfolgen zu lassen. Refierent hat aber diese Ton 
seinem Buehhändler nicht erhalten können, 'Und muss also darauf 
schliessen, dass sie gar nicht erschienen ist. Er erlaubt sich daher, 
eben um die Geschichte in dieser tabellarischen Uebersicht bis auf die 
neuesten Zeiten fortgeführt zu haben, den Wunsch und die Bitte hier 
auszusprechen^ dass der verehrte Hr. Professor sich doch entschliessen 
möge, diese Tabellen in gleicher Weise von 1824 — 1834 fortzusetzen 
und dadurch den Besitzern der früheren die Geschichte auch der neue- 
eten Zeit zugänglich und anschaulich zu machen. Könnten TieTleicht 
auch die genealogischen Tabellen , zu denen selbst noch einige von an- 
deren berühmten Regentenfamilien , wie die tou den türkischen Sulta- 
nen, den polnischen Königen, den Weifen, dem Hause Wettin, den 
Witteisbachern, den Oraniern etc. hinzukommen könnten, bis auf die 
neueste Zeit fortgeführt, und namentlich auch 1 oder 2 Charten zuge- 
geben' werden, auf welchen die neuesten Veränderungen, und zwar in 
grösserer Specialität und in schärferen Umrissen , nicht bloss ins Eu- 
ropa, sondern auch in den übrigen Welttheiien, Torzüglich in Ame- 
nriea, angegeben wären: so wurde sich der Herr Herausgeber gewiss 
des grössten Dankes aller seiner Verehrer versichert halten dürfen^ 
i^. Jabrk. /. l%a. u. Päd. od. Krit. BOi, Bd. W UfX.I. ^^ 



SSS Blbliograplilfche Berloht«. 

and sieh ein neaes VecdieBSt om sie, so wie um die Crescbichte selbfet« 
erwerben. [MnnitinfJ 

I 

Essai hislorique et arckiologique suf la reliüre des Uvres et svr Vdtai 
de la lihraire chez les anciens, Avec pUmches» Far 6 a b r. Fei g n o U 
Paris 1884. Ist eine neae Untersuchung über das Einbinden der Bücher 
und den Buchhandel der Römer , deren Verf. aber mit den deutscheoi 
Forschungen darüber nicht bekannt gewesen and darum hinter de« 
Forderungen zurückgeblieben ist, welche wir an eine llntersachaog 
dieser Art machen müssen. Ueberdies mangelt die streng folgend!- 
tige Anordnung und Auseinandersetzung. Vom Einbände der Badier 
ausgehend verbreitet er sich zunächst über die Leute und Stände, welr 
che in Rom mit dem Einbinden und Verkaufen der Bücher besch&ftigC 
waren, und zeigt durch ausführlichere Behandlung der hierheige« 
hörigen vier Stellen des Catull , Ovid , Horaz und Martial , wie da« 
Aeussere und das Material der alten Bücher beschaffen war. laden 
er hier zugleich Tom Fapier und Fergament spricht , hat er doch vem 
gössen, die in Herculanum und Fompeji gefundenen Rollen, za heaeh« 
ten, und den Gegenstand nicht so klar gemacht, als es nögUch war» 
Zwei Kupfer machen jedoch das Aeussere der Schreibrollen aasdiao- 
lieh. Glücklich ist hierauf die Nachweisung, dass die römiecheii 
Buchhändler die Bücher, welche sie in Rom nicht absetzen konntea» 
in die Provinzen schickten , und diese mit schlechten Büchern aberr 
schwemmten. Zuletzt ist der Unterschied zwischen Codices, libellip 
pugillares und tabellae cereae gelehrt, die Anordnung einer BibliotMc 
bei den Römern beschrieben und über die Schreibmaterialien (Balu% 
Federmesser, Dinte, Stilus) das Nöthige beigebracht» Eine Fort- 
setzung der Sdirift, über das Buchbinden im Mittelalter, mU nachfol-: 
gen. vgl. Blatt, f. llt Unterh. 1834 Nr. 128 S. 507 f. [Jahn.] 



Ittutßinated omarkents^ seUcted from manuseript» tmd eofijf , 
hoohs from the sixfh to the seventeenth centuries, Drawn «nT emgrm^itd 
by Henry Shaw, wUh deseripiioni by Freder. Madden. [Lao* 
don. 1883.] Dieses Prachtwerk wird in Deutschland wohl nnv ia dap 
Besitz einiger Bibliotheken gelangen, and es genügt, mit wenig War* 
ten aut dasselbe aufmerksam zu machen. Es sind Abbildnngea im 
Verzierungen und Malereien alter Handschriften mit Untereae&aagi« 
über die Entstehung und Ausbildung der Sitte, dieselben auf eaMbä 
V^eise zu verschönern. Die Sitte, den Anfang, die Titel oder eia^ 
zolne Worte durch rothe Farbe auszuzeichnen, wird von den Aegy^ 
ptern hergeleitet, wo man sie noch In den Papyrus finde. Aaeh aelM 
man dort schon mythologische Figoren in Roth, Blau, GrAn, GeUb 
nnd' VITeiss gemalt. Die Herculanischen Papyrus zeigen nichta der- 
gleichen. Die Ausschmückung durch Gold nnd Silber soll an« des 
OHent stammen und kam später nach Griechenland und Romt wa bm*, 
soaderg im 8 — lOCea Jahrhandert viele Haadtahrütoa büI f tHaait 



9 



Baelittäben entttaiMleiii Ef istilaiiii asaffiludldier OMhfewIwM» ^4» 
Tom Stein Jahrliandert an die AaMchdiäckaog der BBclütoliaa sich \imm 
ner mehr ausbildete oitd nach und nach eine fänaliche MlalatiimAte« 
rei entstand. Da Hr. Madden hierbei die einaelnea Schule^ und lah»f 
handerte unterscheidet, so sind seilte Bemerkungen fuir die Haodschiilr 
tenbuode und fnr die Altecsbestimmiing dei^ Handschriften von Wielif 
tigkeit) obschon sie m^hr der Kunstgeschichte des Mittelalters aiigWr 
hören, vgl. Blatt, f. lit. Vnterb. 1834 Nr. 137 B. 564» tmd d. Londonef 
Literary Gazette Nr. 885 (1834) p. 7 — 8. [Jahn.] ^ 



j 



;- Poggii EpiiioU»* Jffditos toÜegii et emendavU, pleravque es eo^ 
mss*' ertitt, ordihe ehronologieo äiapöitui n^sque iÜustrdvii Eqn* Thä^ 
mas de Tonellis. Vel. I. Florenz 1832. XVI u. 867 S. 8. Der 
Florentiner Giovanni Francesco Poggio Bracciolini gehört sit den ans- 
gezeichnetsten Gelehrten des I5ten Jahrb. und is^ eben sp durch seUi 
IVirken im kirchlichen Leben , wie durch seine rein irissenschaitllclia| 
Bestrebungen zur Zeit des Wiederaqfblnbens der classlsdien, LiteratOf 
in Italien beachtenswertfa. Schepho|d's tJ^e of Pöggip' (ym* 4.) 
Vnd Tonelli^s Pttii df Poggio (1Ö25.) Werdep in Deutsehland aich* 
sehr bekannt geworden sein , und darua^ werden Tlei deutsche Gelehrig 
Ton Foggio's Leben und, Wirken noch Wflni|^ wissen. Um so Wichtigef: 
ist die oben genannte Briefsamnslong , welcihe ans in df^s wlssenschafib^ 
liehe Leben des Mannes hineinfuhrt und ihQ. in seinen Verbindungen ittif 
den Torzügliehsten Gelehrten der damaligen Zeit l^nnen lehi^t. Sie is| 
die erste TolUtandigere Sammlpng| da bis jetzt nurelazelne Briefe get 
druckt waren. Der erste Band entÜllt die Briefe aus den JJ. ]|.4l6— 1^1^ 
und umfasst die wichtigste Lebensperiode Poggio s. Die Theologen et^ 
fahren daraus seine Mittheilungen über das Costnitser.Conf^lliliiii, vf 
besonders der schöne Brief über den T* pd 4es HieropjrmusTpn Prag slel| 
auszeichnet, und seine Schilderungen ton der Unwissenheit dör englti|^ 
echen Geistlichkeit« Philologen sehen Ihn ifuth di(| Klöster wandeitHt^ 
Handschrifteninventarien aufnehmen und Codices absi^reiben. Er ei^ 
SBahlty wie er de^i Silius Italiens, den Qulntiltänus , liiehrere Cieei^onit 
sehe Reden, den Asconius Pedianus, den Petrodiiiis i|. A. aiifgefnildeit| 
«nd theilt eine Menge Literatamotizen mit, Welche fur.4le Hands^rij^ 
tenkunde und Literaturgeschichte TOtt deif bpchsteii WichtigMf , finiÄ| 
pas Bttch^ .dessen zweiter Theil apch febm Verdient demnach ijrenigk; 
stens für unsere Bibliotheken angebauft %vl weisen« TgL fialL tM*Z^ 
1834 Nr. 108, U S« 212— 3M* [ Jaitn*] .,. 

Scfaulmännei' a« GelehHe iibefiiiMlpty weteiia Ihre Wlseeiiiciiaflt ela« 
mal von einer andern Seite ansehen wellen, als man sie gewdhiilieh he* 
trachtet« machen wir auf die Bilder mu Stkwaben tea Aug. Zolle« 
[Stuttgart, Hallberger. 1884. 8. 1 Thli*. 4 Gr.] und besonders auf dea 
darin enthaltenen Abschnitt die Gel^iien,md Srni^her aufmerksam. Daa 
gttMe Badi bringt ateikli alae ftellNf fvaiimlthiiatf «ad üeiil alM 

82*. 



I ■ 



X 



|V . 



SM Bibliographifche Beftebte. 

GeUt geschmbener Skizsen cur Schilderung des Landes und gjiiner Zu- 
stände, 'die wohl überhaupt sn sehr ins Schwarze gemalt sind und Vie- 
les übertreiben, aber auch oft veraltete Mängel treffend rügen. In dem 
erwähnten speciellen Aufsätze nun hat sich der Verf. zum Ziele gesetzt^ 
die Gjrnnasial-und Universitätslehrer in Stuttgart und Tübingen alt 
eingerostete Pedanten und Stubengelehrte darzustellen und die Fehler 
der Erziehung überhaupt und besonders ron der jetzt beliebten Seite sa 
vügtMi , 4ass der Schüler nicht fürs Leben , eondern nur für die todle 
Gelehrsamkeit lerne, Indess Terfähri'der Verf. hierbei doch etwa« ge- 
schickter, als viele Andere, tadelt IManches nicht mit Unredit und — 
das Ganze liest sich wenigstens gut, wenn es auch nicht überall wahr 
ist. Ygl! Gesellschafter 1834 Nr. 84 «. 85. [Jahn.] 



Der bekannte Plemontesische Gelehrte, Oberst della Mar^ 
m r a , weUher im. vorigen Jahre die Alterthumer von Sardinien an- 
tersncht und besonders eine Beschreibung der dasigen Grabdenkmaler 
für das archäologisthe Institut in Rom geliefert hatte, welche im 
Septemberhefte des Bullotino von 1933 mitgetheilt ist [vergL NJbb. 
X, 293. ] , hat seitdem auch eine rfntiquarische Reise uai^ den Balea- 
rischen Jnseln und nach Malta Und Gozzo gemacht, über deren Resul- 
tate er am 14. Febr. d. J. fn Rom einen Vortrag gehalten hat. Nach 
demselben fand er ahch ih Majorca und Minorca alte Grabhügel und 
Grabmonumente, TälajoU genannt, welche den Nuregen in Sardinien 
Sehr ähnlich sind. Von Aussem gleichen sie Ihnen gtfnz, nur dass siiB 
einfacher ynd nur ein Stock hoch sind , während die Nuregen die Höhe 
von*zwei, drei Stock erreichen. Eben so haben sie im Innern dieselbe 
Raumvertheilung, und nur die Bauart der Mauern weicht etwas ab. 
vgl. Hall. LZ. 1884 Int. Bl. 83. Die in den Talajols gefundenen Lel- 
^henreste und Metallgegenstände wiesen auf phönicischen oder kartha* 
glschenf Ursprung hin. Von den phönicisoheu Münzen , welche er auf 
den Balkarischen Inseln fand , hatten mehrere phSniicIsch - iroroische In- 
schriften.' Die Darstellungen derselben bieten auffallende Aehnlieh- 
keit lüit den Sardinischen Gutteridolen. Auch von den alten Baudenk- 
mälern Malta*s und Gozzo's gewann della Marmora die Veberzengung, 
dass sie mit den Sardlnischeu und Baleaiischen glerchen Ursprungs und 
demselben Volksstauime .züzusehreiben seien. Am meisten zeigt dies 
der sogenannte GigantenUkurm [NJbb. X, 293.], welchen er übrigens 
nicht für ein Grabmonnment,' sondern für einen nach phünicischem Ri- 
tus erbauten Tempel hält. .Den Nuregen gleicht er keineswegs ao sehr, 
als Marmora früher selbst vermuthet hatte, und die Zeichnungen von 
demselben in der Ardiaeologia Britannica Vol. XXII p. 296 sind ziem- 
lich nözuverlässig« — - Die Ausgrabungen in Etrurien werjden jetst 
nur noch in Cere von dem Prinzen Ruspoli und in Fold von den Herren 
Gauipanari fortgesetzt. Unter den gefundene^ Vasen zeichnet sich eine 
mit der seltsamen Darstellung des vom Drachen ausgeworfenen lasen 
Mäf; niehstdem eine Anpheim mit jderilcfaen scbwaraen Figuren etmski- 



A - 



BIbllogrfieliftclitt Bfriehl«.. - -ff) 

fcherProTtnElalmaid^r ni^ init 4em tcshon bekannten fCftnafleniiiiiiettd«» 
Nikosthenes, ' ^ — In Pompeji hat nito im December vor. J. hinter itm 
Tempel der Fortuna ; unmittelbar hinter der 1829^ ausgegrabenen CiMi 
di Baeco , ein Zhnmer mit einer lebr ichdnen und frltfcben Wandaial»- 
rei gefunden. Ein mit perspectiTiacher Architektur vermischtet Onw» 
mept in der Mitte der Wand (heilt das Gemälde in zwei Theile. A«f 
der einen Seite sieht man ein Diadem auf einem -Fiedestal, dem sicli 
drei Amorea*und eine Psyche mit einem Pfau opfernd nahen. Auf der 
andern Seite sieht man einen^Helm, ein Schild und einen Speer und 
auf dem. Schilde eine Schlange; dieselben vier Gestalten eilen mit ei^ 
nem Lamme auf diese Gegenstande zu. Auf einer Seitenwand erschei- 
nefi dietetbeA Figuren vie^ei; mi^oyfeni dem fmgw» 



Bttpport 8urree'herehe$f relathes äVinvenUon premiire et ä lu9ag€ 
le plus ancien de Vimprhnerie aUrdoUfpef faites ä lademande du gouver» ' 
tiement^ par le Baron de Westreenen de Tielland. [^laHaye. 
1^. ^5 S. gr. 8. ] Eine in französischer und holländischer Sprach« 
abgefeisste und darum auch noch mJt besonderem holländischen Tit6l 
'verQehene Schrift ubejr die Erfindung der Stereotypie. Dass in unserer 
Zelt F. Dldot aU der eigentliche Begründer dieser Druclart anzusehen 
«ei 9 Ist gebührender Welse anerkannt 9 aber zugleich nachgewleseot 
dass bereits der X716 verstorbene Prediger der deutsch -reformirten 
Gemeinde zu Leyden, Johann Hlüller, diese Knnst erfunden und in 
Anwendung gebracht habe. Es sind zu dem Ende vier Stereotypr- 
Flatten abgedruckt, welche von diesem MüUef henrühen sollen. 

, [Jahn.] 

In Kopenhagen Ist vor kurzem der achte Theil der Sl6r(plorft 
rerum Danicarum erschienen und somit' endlich die lang unterlooiH 
ebene Quellenslimmlung zur Gesöhiehte des dänischen Mittelalters 
fortgesetzt. Die Sammlung wurde Ton . Langebeok angefangen und 
Ton S ahm. fortgesetzt, der 1792 den siebenten Theil erscheinen Hess. 
Der Druck des achten Bandes wurde damals auch angefangen*, aber 
beim Brande im Jahre 1795 wurde die ganze Auflage bis auf zwei 
Exemplare ein Raub der Flammen« Jetzt ist nun endlich derst^be 
achte Band durch die Etatsräthe Engelstoft und Werlanff 
wieder neu herausgegeben. Ein neunter Band soll noch den Best 
der Materialien und die Register zum ganaen Werke bringen und 
somit die ganze Sanunlnng schliessen. 

[Jahn.] 



S4S Nekrolog, 

Chri9tian Wilhelm Snell^ 

Doctor der Philosophie, Hercogl. Nassaatst^ev Oherschulratfi, Tomali 
Director a. Professor des Gymnasiums zu Weilbarg. 

Ein treoer dankbarer Schfiler wanderte ans weiter Ferne der Hei» 
vnath zu , um die granlichen Wellen des Rheinstroros und die friidieft 
Bebenhugel sapimt den alten Bargen wieder zu begrnssen. Doch ehe 
er die bezaubernden Gefilde selbst betrat, wollte er dicht fth dem Rande 
des Bheingaues einem alten würdigen, in seinem segenreichen Wir- 
kungskreise ergraneten Lehrer die lautersten Geffihle der Dankbarkeit 
'persönlich erneuern und dann gestarbt durch ein Uebevollee Worirt «Is 
dem Munde des hochbetdgten Sehers seines Weges weiter ziehen. Alk 
1« August 1B34 in Wiesbaden angelangt eilte ich sofort nach Saell'i 
Wohnung; kaum aber hatte ich die Schwelle überschritten, als mir 
die Todebbotschaft eptgegenlcam : der Geist war, eben vollends ^gereift 
für ein höheres Leben, Tags zuvor aus der gebrechlichen irdischen 
Hülle gewichen , der innerste lebendige Kern , der sich nur noch mnh* 
sam seither in der morschen Schalle gehalten, war durchgebrochen 
und hatte sich zu frischer, unverwelklicher Blüthe entfaltet« Dass die- 
ses in der That das letzte Ereigniss des sterblichen Weisen war, ven 
dieser Wahrheit fühlte ich mich augenblicklich wie durch einen Zan» 
berschlag durchdrungen , und sie allein gewährte Trost für die Ter* 
eitelte Sehnsucht: doch trotz dieser einzig richtigen Ansicht belmaptete 
auch der sinnliche Schmerz seine Rechte, suchte sich aber hanptsäiA- 
lich durch den Gedanken und festen Vorsatz zu zerstreuen, ein Wert 
der Dankbarkeit dem Andenken des unvergleichlichen Mannes %^ welheo. 

Genaue und vollständig zusammenhängende Nachrichten ans dem 
Leben des ebenso geistvollen als hochgelehrten Mannes vermag ieh hier 
freilich nicht zu geben : über ihn aber als musterhaften Lehrer ein paar 
Zeilen niederzuschreiben halte ich mich wie verpflichtet also auch befugt. 

Christian Wilhelm Snell wurde den 11. April 1754 zu Dadisenhmi- 
sen nicht weit vom Rheine geboren*), wo sein Vater Prediger war and 
die Stunden seiner Müsse ausschliesslich der Erziehung und geistigen 
Ausbildung seiner Kinder widmete. Später studirte er in Giessen Tfaee- 
logie Und Philosophie , wurde dann Lehrer am dortigen Pädagoginniy 
wo er seine innigst geliebte erst im J. 1880 ihm entrissene Gattin faoi» 
bis er 1784 ^um Prorector an das Gymnasium zu Idstein berafen lind 
1797 nach Rizhaubs Tode ebendaselbst zum Rector erwählt - wurde. 
Dort lebte und wirkte er bis zum J. 1817, wo die gelehrten Seholea 
des Herzogthums Nassau von neuem organisirt wurden , so zwar daiS 
ausser einigen Pädagogien (d. h« den vier untersten Glassen eines Toll- 
ständigen Gymnasiums) nur ein einziges Gymnasium zn Weiibnrg 



*) Wenn Bnderf) die Erinnerung nicht tauscht ; denn der 1825 in Wies- 
baden mit Snells Rildoiss gedruckte und von ihm selbst mir verdirte Ab« 
riss seipes Lebens ut gerade jetzt auf der Reise nicht zur £tand. 



1 ■ . ■ 'i 



■c 

riditetimWI«, wakliM ^raMdlmAWieiliingtB^liWfStaniaav..]^^ 
<Dinef preusgitchea Gymnatiunit «BtsprichL ■ Shfll wweä sam Itirriftif, 
flieter höchstoi wSiaenfchamiclicii Anstalt des Hefsogthima «ad wm* 
gleich som Obenchvlratli ernanat, ia weldier Elgeatchafl er gewi^i 
flach die äossersten Erwacta^gea der ihm Torgesetiten Behörde, aacli 
piehr aber die Sehasncht seiaer difrigen Schaler nach geistiger wil 
sittlicher Veredlang erffallte. Der Unteneichnete rechnet et aa .dfui 
höchsten Gluck leiaet JOeieiat, de^ü er in dieser Zelt der weisen Fwih 
rang eines so selteaea , auf Geist und Qemuth gleich mechtig einwif» 
Jcenden penius aaTertrant wurde, nad scheut sich nicht (wie er es deapi 
bereits auch früher schon in ider Zueignung der Solonischea Gedichfp 
gethaii)^offea .an hekeaaea, dass ihm erst darch Snell^s fast maguchä 
Einwirkung das wahre Licht der Weisheit anfgegaagea sei, welchoi 
Ihn fortan durch das Labyrinth des Lebens sicher leiten und im StiaiH - 
cheln auf den rechten Weg zurückführen sollte. 

Als Lehrer und Bildner der Jugend war S, einsig in seiner Art oni 
jnn über trefflich 9 Ton seinen Schülern geliebt und geachtet, so dass ea 
selbst diejenigen 9 welchen der Sinn Dur Wahres, Schönes und Gatai 
aiemlich fremd geblieben war,^ aidit nber's Hera bringen konnten, den 
Vorschriften des in Wort und That gleich grossen Meisters au wldei^ 
streben. Vergass sich einmal einer wahrend der Lehrstunden, ea 
reichte ein einziger Blick oder ein leiser Wink ToHkommen hin , ihn ia ' 
die Schranken der Piflicht zurücksuf ühren : eines aüchtigenden Wortea 
.bedurfte es nur sehr selten. Strafen sind gar nicht oder nur in dep 
aussersten Nothfällen und daaa Torgekommea y wann es die allgemeinf» 
iSchulzucht erheischte oder wann er als Director einschreiten mus^jta» 
um Widersetzlichkeiten gegen aadere Lehrer gebührend su ahadeo« 
Und doch wie streng und gewbsenhaft hielt er auf alles, was sowohl 
das Heil des Ganzen als auch die Wohlfahrt des Einzelnen zu fördern < 
vermochte; und diess alles erzielte er lediglich durch sanfte Täterlidio 
Worte und ernste Ermunterungen. Strenge gepaart mit Milda, 
das war der Grundzug seiaes ganzen Wesens , und mit diesen beiden 
Eigenschaften that er Wunder bei seinen Schülern und drang eia ia die 
Jtiefsten Gründe, ihres Geistesund Gemütbes, um sie zu läutern yon 
/den Schlacken des Irrthums, der Sünde nad jedweder schnöden Leidea* 
Schaft und sinnlichen Sohwüche. Seine Methode war äusserst eiafaeh 
und echt Sokratisch. Ihm genügte es keiaeswegs, seinen JAngera die ' 
Wahrheit Torzutragen und es fjana auf sich beruhen zu lassen , war 
▼on ihnen folgen könnte oder wollte : nein er suchte durch Fragen uild 
.Wiederfragen, dnrch leise Winke und alle ihm zu Gebote steheadan 
Alittel den angebomea Sinn echter Wlssensebaft zu wecken und so aua 
dem Innern eines jeden IndiTiduums heraus den. Keim zu entwickeln, 
der noch verborgen schlummerte und nur der ftufsern Anregung be- 
durfte, wie das Saamenkom des erquickenden Begens, um zur Blüthe 
und Fracht zu gelangen. Dabei aber verlor er aie die Geduld , selbst 
dann nicht, wann er minder fähige und unachtsame Schüler vor sidi 
hatte: im Gegeatheil er venreiUe bei diesen fendp am längsten nad 



%^ K e k r 1 (f. 

suchte sie alles Ernstes und mit gelassehster Aasdaner Ihrer 'wa^rMi 
Bestimmung immer näher su bringen. Gewöhnlich stand er da, ia 
der linken Hand das Lehrbuch, die rechte, je nachdem er im-Lehmt 
ruhiger oder lebhafter war, im Busen haltend (und dreses swar bei 
weitem am meisten) oder frei und ungezwungen bewegend,- den Blick 
eben so fest auf den einzelnen gerichtet, dem es gerade galt, aU ancll 
über die ganze Classe unanfliörKch verbreitend : kurzum er T^rstend et 
meisterlich , alle Schüler zugleich in Regsamkeit zu erhalten und sehie 
Lehrwcise so einzurichten , ditss alle ohne Unterschied , die starberiM 
wie die schwächeren, stets die' edelste Nahrung für Geist und Hers fam^ 
den. Dabei waf sein Vortrag einfach und ungeschmaokl; 

Auf dem Gymnasium zu Weilburg^ unterrichtete er selbtl BW im 
den beiden oberen Classen, zum Therl in den alten Sprachen, Baal 
Theil in andern Gegenständen des TVissens, Pie grieehtsehen nad !•• 
teinischen Auetoren interprettrte er mit der ihm hiwohnendea Gr8nd<>* 
lichk eh und Genauigkeit, wohl unterscheidend, was jedesmal för seiae 
Schäler {^fruchtend und was erst für reifere Jahre- geeijgnet war ; ia 
jeder Stunde musste das in der vorhergehenden Vorgefiommene wiedei^ 
holt werden , sowie man sich auf das Folgende sorgfältig vonaberel- 
ten hatte. Die lateinischen und deutschen Aufsätze corriglrte er aab 
pünktlichste und wusste durch seine Bemerkungen in der Claese dea 
einzelnen, welchen es zunächst anging, wie alle andern sugleitcfa g»- 
schickt zu belehren. Die Art und Weise, wie er ein Thema an eiaer 
schriftlichen Arbeit vorher im Gespräche mit seinen Schülern entwickefai 
and sohematisiren liess, kann als unübertreffliches Musterbild der di- 
daktischen Kunst aufgestellt werden. Seine Vorträge über die Rell-' 
glons- Geschichte und Wissenschaft waren für alle Schüler ohne Unter* 
ffchied des äusseren Bekenntnisses gleich anregend und erbauend* Hier 
merkte man auch liicht die leiseste Spur einer Parteiansrcht oder kläg^ 
lieber Intoleranz s der reinste Hauch christlicher Lehre und lantenter 
Weliiheit durchwehete die Worte des von der Wahrheit tief durchdran-» 
genen Meisters, und wenn irgend wer, so hat dieser Weise in derTU^ 
gezeigt , dass die echten Jünger Jesu trotz aller Irrungen und IKIisaver« . 
etändnrsse sich zuletzt doch alle am Kreuze wieder zusaroraenfindeaL 
]Mcht weniger verstand er die seltene Kunst in den der philosophischea 
Propädeutik zugetheilten Stunden das Studium der Philosophie iweck« 
massig einzuleiten und nicht allein für den bevorstehenden Betncfa aba«* 
demischer Vorlesungen zu erleichtern, sondern, wa0 noch weit nebv 
heissen will, auch dauernde Liebe dafür zu erwecken» In s^ner Ja^ 
gend war er, wie alle bedeutenden Geister damaliger Zeit, durch KaaCf . 
Auftreten mächtig angeregt worden, und unternahm es, im Verein aiH 
seinem Bruder zu Giessen die Grundsätze dieser Philosophie in eiaec 
fasslicheren Form vorzutragen. So entstanden die allgemein bebaaaf 
ten Lehr- und Handbücher, welche in der Literatur stets ihren gebah** 
renden Rang behaupten werden. Es würde uns hier zu weil fahrea^ 
über Snells literarische Thätigkeit noch mehr hinzuzufügen, die js 
ohnehin an andern Orten nach Verdienst gewüidigt worden itt ' 



* ^ ' l . 



- ».-.1 *• ' .•».^ 

: *r lA 4arf 9Lhex tiitht «cbliwtfM^ oline ehil^ Wfir(b #iii dem'BfMl 
eines seiner würdigsten Weilbarger Collegen iqitzutheileo, um der Cha^ 
nikterisftilc eines so Torzfiglichen Bfannes erst die Krone atifsosetsen«. 
„In feiner Stellung gegen di« Lehrer war er hier,, wie in Idstein', w^ 
noch einer setner ehemaligen dortigen Collegen bezeugt, und alle Jfft 
hiesigen bezeugen müssen, sehr friedfertig^, war anspruchslos u ad l^A^ 
meinen grossen Kenntnissen ohne Anmassung und Stolz; war wOlfan- 
rig und gab gern nach. Gegen die Schüler war er, wie Sie wisseni| 
freundlich, -human, nicht hitzig, nicht auffahrerisch noch grob. Zum 
Strafen war er nicht geneigt, und seine ihnn näheren abern Schlief 
regierte er durch die ihm inwohnende Achtung, die er durcli kein bo*> 
fies Wort oder durch eine seiner unwürdige Handlung ^y erletzte. Er 
war ein frommer, redlicher, brayer Mann, ohne Falsdi ui^d Hdocbaf 
Jei, stets treu der Wahrheit; Im geselligen Leben heiter und momter, 
aber überschritt nie die Schrankeu und liebte daher auch nicht öffentr' ' 
liehe Vergnügungen. — In seinen Amtsgeschäften war er sehr gevit* 
senbaft; er war ein Mann nach der Uhr, indem er auf dem Platze war. 
wann ihn dje Stunde rief, und indem^^r die Stunde schloss, wann si^-, 
aus war, weil er eines andern Stunde zu verkleinem sich scheute^ 
Besuche hielten ihn nie ab, weder eine Stnnde ^u versäumen, iioeli 
selbst später zukommen. — Doch genug, er ist einer der verdienstr 
Tollsten Schulqiänp^r unserer Nassau, dessen Grab die Bürgerkron^ 
bekränzen muss, £hrp pnd Achtung dem, welchem £hre und Äd^ 
tung gebührt!^* 



I 



Im J. 1818 erlebt^ er die seltene Auszeichnung, tou den Nassau}^ 
sehen in Wiesbaden versammelten Landständen zu ihrem Frät^identea 
gewählt zu werden, woraus man den sichersten Schlnss auf die hoh^ 
Achtung zu ziehen berechtigt ist, worin er bei seinen Mitbürgern stanzt 
Im Frühjahr 1825 feierten seine. Verehrer in Wiesbaden seinen Olsten 
Geburtstag, bei welcher Gelegenheit dn Umriss seines wohlg^troffe^ 
neu Bildnisses in Kupfer gestochen ward , hegleitet von einem Gedicht« 
des Professor Braun in Maihz, einer kurzen Anrede des Jubelgreises 
selbst und einer gedrungenen Uebersicht seines rustigeil und sege^iel- 
chen Lebenslaufes. v^ • -' 

So stand dieser ausgezeichnete Mann auf der Hohe seines Lebena 
noch immer in voller Thätigkeit und mit der Kraft eines Jünglingea 
da , als zuletzt ein Kopfschwindel seine Wirksamkeit hemmte , worauf 
ihn die Hegierung 1828 in Ruhestand vernetzte. Seitdem verlebte ev 
den Rest seiner Tage unter den Seioigen in Wiesbaden , bis er den 
81. Julius zu Gott ghig. Der Segen aber, den er hienieden gestiftet» 
wird fortwähren von Geschlepht zu Geschlecht und ihm in den Hej- 
Ben der Menschen ein unverwüstliches Denkmal sichern, dauernder. ali 
Stein und Erz. 

Geschrieben auf einer Rheinreise 
im August 1834« 

Dr. N. BaeK 



^giiw— 1 . 11 1 j f»*^*"".— ^^p" 



Schul- nnA UnlTevilt&tinachrlelite»» 

Bchnl- und Universitätsnachriditen, Befördeningen und 

Ehrenbezeigungen < 

Bbbit« Der Regieniogflrath hat zu Frofeisoren an der Univenit&i er- 
nannt : den Prof. Lutz für die ezeget. Theologie ; Prof. Schnekeuburger 
für Kirchengeschichte ; Prof. Schnell für das Taterländische Recht; ProfL 
TVilh.Snell für das Römische und Criminal- Recht; Prof. Kortümtnx 
die Geschichte; Prof. Trechsel für die Mathematik. [S.] 

Emden. Das Kon. Ministerium der geistl. und UnterHchti- Ange- 
legenheilen hat die feste Anstellung des Dr. E. Krüger cum ordeatL 
Lehrer an der hiesigen Gelehrten -Schule genehmiget [S.] 

Frankbbicu. Ueher den Zustand des öffentlichen Unterrichfa falt 
Hr. Gillon In dem Bericht üher das Budget desselben mehrere In te rMh 
•ante Angaben veröffentlicht, tou denen wir hier folgende ansxleheBS 
Höheren Unterricht geniessen gegenwartig 67,217 junge Leute, yon de- 
nen 10,350 in königl. Collegien, 25,437 In Gemeinde - Collegien , 76n 
in Instituten und 23,791 In Pensionen erzogen werden. Von Ihnefi wtiU 
men sich wenigstens 50,000 dem Studium des Lateinischen und Griechf* 
sehen und wollen sich zu einer gelehrten Laufbahn yorbereiten. Td!4 
Bwel die Rechtswissenschaft studirenden Zöglingen treibt es gewöhn- 
lich Einer zur Vollendung. Bei der roedicinischen Schule hiog^egen 
▼ermehrt sich die Zahl derer, welche den Doctorgrad erlangen, wSh- 
rend sich die Zahl der beim Sanitätswesen Anstellung Suchenden yer- 
mindert Der Grad eines Baccalaureus wird nicht mehr so leicht be- 
willigt, wie früher. Von 2047 jungen Leuten, welche sieh im Ter- 
flossenen' Jahre darum bewarben , erhielten ihn nur 1654. Die 'Fort* 
ichrUte des Primärunterriohts zeigt folgende Tabelle: 

1831 1832 18» 

Gemeinden ohne Schulen 13,998 11,439 9568 

Gemeinden mit Schulen 24,148 26,710 27.619 

Gesammtzahl der Schulen 80,796 42,092 45^ 

Tou den letzteren sind 23,468 Gemeindeschulen, 10,275 PriyafMhiileii 
und 11,376 Institute für Mädchenerziehung, welche in 8154 Gemeinde« 
errichtet sind. Im Jahr 1832 gab es 81,420 Knaben - und 10»070 Mid- 
chenschnlen. Die Zahl der Schüler «betrug 1,935,624 Im J. 1888 ui 
2,386,070 im J. 1833. Von den letztern erhielten 451,756 unentgeMU 
liehen Unterricht und .1,933,864 bezahlten denselben. Die Kinder >•* 
suchen gewöhnlich Tom fünften bis zum zwölften Jahre ilea FiiniAi^ 
enterricht. Im Ganzen giebt es 4,802,356 Kinder In diesem Alter, nai 
da viele über das zwölfte Jahr hinaus In der Schule bleiben, te Inmn' 
plan folgern, dass immer noch fast. swel Drittheile der Kinder ahne 
Unterricht bleiben. Der öffentliche Unterricht kostet j&hrlieh. et«» 
7,800,000 Franken , nämlich 1,600,000 Fr. Nationalbeltrag, 8,000,MI 
Brtrag tou zwei Zusatzcentimen der Departements und 8,200^00O Fjr. 
Ertrag von drei von den Municipalräthen Totirten Centimen. Dddi 
gehören hierher noch die auf die Besoldung der Lehrer yerweadetaM 






c.« 



B«ffl»i*mii««a«ai'-B|»«ltli«MliMMii.. ' "i|| 

■ \ 

«yrderiltidiiM Ckmtminiri^iBkmrfie «n4 die fiv lüeWrfwh yig daMdMi 
«M-dss Mobiliar der Seiittlen erforderiichen Summen« 

HiLDSSHEm. Der philologische Hnifslehrer am K5ii» ÄitdremiOji 
SeHtaldf hat eine Gratificaüon toIi 40 Thirn. erbahen^ . [^«l 

Kiek, Der Privatdocent Dr« KienUff ist ^snm ansserordenflicli^ 
Profetisor der Rechte ernannt. C S. ] ' 

KoPBHHAOBN. Ücbor die dasige Unirersität iiind im yorigen Jabi» 
swei Icleine dänisch geschriebene Schriften erschienen , welche die daf> 
selbst bestehende verkehrte Einrichtung der juridischen Candidatenexft- 
mina zur öffentlichen Keontniss bringen und tadeln, und also eigentUch 
«nr einen localen Biangel betreffen, indessen doch dabei Terkehrte Ein- 
vichtongen berühren, die mehr oder minder auf andern Uaiversitätap 
wiedersukehren scheinen: wenhalb dieselben wohl einer allgemainei|^ 
Beachtung werth sein dürften« Die erste ist überschrieben: Bemerkmmr 
■gen, betreffend die Privat- Manudu^on aiu dem voUetändigen juridisebeii 
Examen bei der Kopenhagener Univeraität. Von A. B. Rotke^ Confo- 
trensrathe etc. [Kopenhagen, Sohnlts. .188S. dO S. gr. 8.] Sici yev- 
Jireitet sich über ein Unwesen, das /in solchem Umfange, wie in i(ii- 
ipenhageii, Tielleicht nirgends weiter besteht. Seit dem Jahre ITID 
nämlich hat sich in der theologischen und juristischen Facultät der Ge- 
brauch ausgebildet, dass die grosse Mehrsahl der Studenten nl^ 
4urch selbstständige Studien , sondern durch Manndnctioa sich suvi 
Candidtttenezamen Torbereitet. Diese besteht aber darin, dass Cai|^ 
didaten sich gute Hefte tou den Gollegien der Professoren TerschaffaA 
-und dieselben nun den Studenten systematisch auswendig lernen und 
•nachbeten' lassen, so dass der Student die Collegia selbst gar nicht 
-einmal gehört zu haben braucht. Dieses consequent durchgeführte 
-Auswendiglernen bringt am Ende freilich eine Masse Ton Kenntnissen 
in den Kopf, aber es ist auch nur eine todte Masse, durch welche alle 
•geistige Regsamkeit getödtet wird, und wahrhaft wissenschaftKdie Bil- 
dung und Selbstdenken gar nicht erzielt werden kann« Wie sehr übri« 
f^ens dieses Unwesen eingerissen ist, beweist am besten der Umstand, 
dass unter den seit 12 Jahren examinirten Candidaten der Jurisprudenz 
-nur 16 nicht Manuducirte sich befanden. Die Ursachen des Uebeli deu- 
-tet der Verf. nur beiläufig an, und sucht mehr ded Stodirenden daran- 
thnn, dass jener Studiengang gar kein nothwendiger sei. Offeabtr 
Hegt aber der Grupd der herrschenden Manuduction zumeist in dei| 
Terkehrten Prüfungen , in welchen die Examinatoren zu sehr nach ih* 
-ren Collegienheften examiniren, zuviel auf eingepfropfte Masse von 
Kenntnissen , als auf wirklich wissenschaftliche Erkenntniss halten ui^d 
daher den Tollgestopften Gedächtnisskrämern meist bessere Censuren 
' ausstellen als den Selbstdenkenden. Die weiteren Mängel der juridj- 
< sehen Prüfungsbehörde weist aber' die zweite Schrift nach: Veber dm 
juridiaeke Studium auf der JKopenhagener Uniii&rsitai. Sendschreiben an 
Rothe t>on F. E, S^erUng. [fCopenhagen, Schubothe. 1833. 30 S. 8.] 
Er beginnt von der Bemerkung, das» man ven dem CäufjUdaten der 



948 fiehal- and UniTerf itätinacbrichtaiy^ 

Jaülspradenz zu Tiel materielle Keontnidse fordere, indem er nicht nar 
das däniäclie Gesetzbuch, sondern auch 19 Bände Verordnungen, 38 
Bände Rescripte und eine ungeheuere Masse Ton V^erfügungen im Kopf« 
liaben solle* Die Masse sei so gross und wachse so schnell, das« selbst 
die Vorlesungen der Professoren fast nur im Dictiren nöthiger Sus&tie 
Bu dem gedruckten Handhuche beständen. Weil übrigens nur der Ver- 
mögende jene grossen Gesetzsammlungen sich anschaffen könne; so 
könne der junge Jurist oft gar nicht anders als durch Manuduction snr 
▼ollständigen Kenntniss der Gesetze gelangen. Dann aber wird.di« 
Verkehrtheit des Examens selbst nachgewiesen. Ausserdem nämlich, 
dass man eine solche Masse materieller Kenntnisse tou dem Examinan- 
den fordert, besteht das Examen der Hauptsache nach in dem schrift- 
lichen Examen. Der Student darf wiederholt um dasselbe nachsachea. 
Daher lässt er sich die verschiedenen Fragen » welche beantwortet wen- 
den sollen, geben: findet er sie leicht genug, so bleibt er dabei; 'siad 
sie ihm zu schwer, so tritt er zurück, und wartet die günstigere. Ge- 
legenheit ab. Da übrigens die Arbeiten nicht nach Einem Maasastaby 
sondern relativ nach dem jedesmaligen Ergebniss beurtheilt werden; 
00 sucht er mit recht viel schlechten Subjecten zusammenzukommen, 
um eine gute Censur zu^ erlangen. Die mündlichen Examina haben 
cu wenig Gewicht , werden kurz und oberflächlich abgethan y and be^ 
fördern dadurch die Manuduction. Die Censur wird nur nach des 
Totaleindruck gegeben , nicht aber aus den besonderen Prädicaten he^- 
Busgezogen, und man nimmt es mit der Ertheilung guter Prädicate viel 
XU leicht. Endlich ist es noch sehr nachtheilig, dass das praktische 
Kxamen auch bei der Universität gemacht wird und sehr unzweckmäfr- 
eig eingerichtet ist. Die weitere Erörterung darüber, so wie die Ver« 
achläge zur Verbesserung müssen freili(^h bei dem Verf. selbst nachga^- 
lesen werden. Manches davon kann auch für andere Universitäten be- 
herzigt werden, vgl. Hall. LZ. 1834 Nr. 109, II S. 257—263. 

Landshut. Unterm 14. Juni d. J. wurde der Professor dea 6^ 
mnasiums dahier, Haggenmüller, seines Lehramtes am Gymnasians 
und des Lehrvortrages der Geschichte und Philologie am Lycenm ent- 
hoben und bis zur anderweitigen Verwendung in temporäre Quieseens 
versetzt. Sofort wurde den Professoren des Gymnasiums Eckart^ Hhf 
terhuber und Stanco die Vorrückung in die nächst höheren Ciassen 
willigt und die sich hieduroh eröffnende Lehrstelle der ersten Gymi 
Bialclasse provisorisch dem Subrector der lateinischen Sohule dahier» 
Mutzet, verliehen. [E.] 

MöKNERSTADT. Seit Umgestaltung und Vervollständigung dea hie- 
sigen Gymnasiums (NJbb. XI, 123.) hat auch die lateinische Schale 
ihre Vervollständigung erhalten« Die Lehrstelle der IV (obersten) 
Classe wurde dem Vorbereitungslehrer an der lateinischen Sohule aa 
Miltenberg, Michael Fertig, übertragen. Der Vorbereitniigslehrer 
Joseph Manier blieb an seiner Stelle in der III Classe* Die hisher 
vereinigten Lehrstellen der II und I Classe wurden getrennt und er* 
stere dem bisherigen Vorbereitungslehrer an dar lateinisohen Sehsle am 



; i ., ■^■.>,:.-'^*? 



liAmmo ^' Jeseph Häuf, letEteredeiD Müteiigen'trtMw 9er Yf^rcl^gk 
ten Classen , Mois Leitsehuh , Terliehen. Der Ldiramticandidat JoJM 
BegfMnm , seit 1^^ Verweser der IV Clatse der lateii^ Schule,, warÜi 
dispenibel. Möthte er, bald eine seinen KenntDissrnt seiner Lehr^e^ 
ücbickHchkeit und seinem untadeligen Wapd^l entspreehende Stell» 
«rhalten. [£•] ; 

NrENBVRQ. Dem Conrector am fa!«^. Frogymnasium F. G. KtUÜtt 
Ist die Pfarre zti Didderse-^ Inspect. Gifborli^ übertragen. [S.] 

NoRD£if (la Ostfriesland), Der zweite Lehrer und Conrector Am 
Hetdeiberg ist als solcher und der bisherige Canior /. H» Schötttet all 
dritter Lehrer am hiesigen Progymnasium bestätigt tl^orden. [S.] ' 

Piü&i8. > Der deutsche Geichiditsfiorf eher SciUesser itt bereu« teil 
den Anfange Mal's -in Paris, um eine Umarbeitung seinem Ge^chichlA 
des vorigen Jahrhunderts au veranstalten. Zu diesem Behufe sind ihni 
¥on der hiesigen Regierung mit der grös^ten Liberalitat die Ardiivo 
geoffiict^ und Schlosser soll geäussert haben , dass er dadurch grossea 
Nachlässigkeiten , welche sich Capefigue , Lemontey a. A. bei Abfai» 
sung ihrer hi^rischen Werke erlaubt haben, auf die Spur gekommen 
sei. — Bei dem ^(linisterium des offentl. Unterrichts ist eine Cenr 
missien niedergesetzt worden, um, unter Vorsitz des Ministers, lur 
Lekoflg and' Beaofsichtigutig der Aufsuchung und Bekanntmachung des 
noch nicht veröffentlichten Urkunden aus der französischen Geschidite 
mitzuwirken, wozu- bekanntlich im Budget von 18S3 die Gelder bewtt- 
ligt worden^ sind. Als Mitglieder. dieser Cemmittee wurden ernannt ^ 
Vilienuiin, Palr vion Frankreich «nd Vicepräsident der Commissioa; 
Daunou, Mitglied des Instituts und Archivar des Königreichs; Naudet, 
Mitglied des Listituts; Guerard, Mitglied des Instituts; Mignet, Mit^ 
glied. des Instituts; Champollion Figeac, Conservateur der Manu«cripte 
in der Kon. Bibliothek; Fauriel, Gehulfis - Conservateur<in der Koit* 
Bibliothek und Professor der Literatur; Vitet, General- Secretair tot 
Ministerium des Handels; Desnoyers, Secretair der Gesellschaft für 
französische Geschichte; und Fallet, Zögling der Urkundenschule , de^ 
sugleich das Geschäft des Secretairs der Commission übernehmen wird» 
In diese Commission können alle Personen, welche speciell mit dem 
Aufsuchen und der Veröffentlichung der fraglichen Documente besdbäf»^ 
tigt sind , aufgenommen werden und für kurze Zeit oder für iouner dea 
Sitzungen beiwohtaen. Die Commission wird sich wenigstens alle 14 
Tage -einmal versammelOk "-^ In der letzten Sitzung der „Akademie 
der Wissenschaften'* verlas Bht eine Abhandlung über einige astrono- 
mische Bestimmungen der Alten. Durch Zurückberechnungen erwiea 
er, dass die Aegypter schon 3285 Jul^anische Jahre tor der christlichen 
Zeitrechnung an dem Himmel die wahre Lage der Frählingsnachtglel« 
che , der Sommer - Sonnen - Wende und der Herbstnachtgleiche aufge* 
funden, und dass sie 1305 Jahre später, nämlich lt80 Jahre vor Chr« 
Geb. , schon erkannt hatten , dass diese Punkte sich bedeutend verän* 
dort hättep» Auf ihren Denkmalttra ist beidea angegebeB. Höchst auf« 






I . - 



SSO .8e]iQl- ond- UiilfariitfttfatebTieliteay' 

feilend lit die Aehnlichkeit swif eben dieien Begtimmiiiigeä def figyptt- 
f^en Monameote, namentlich der Tafel det Rhameuenms , mil dev 
Denicmälern des Mithradienttes bei den Cbaldäem in Atieni Mut webi 
jedocli nicht, ob diese astronomischen Entdecicnngen in erst von de« 
Aegyptern oder Ton dei^ Chaldäem gemacht wurden. Die älteste« 
astronomischen Beobachtungen, welche in den Büchern der Chineees 
erwähnt werden, gehen nur 2400 Jahre vor unsere Zeitrechnung sorficir* 
Sie sind also 9 Jahrhunderte spater als die ältesten auf den »gyj^tificliea 
Denkmälern. Die Art der Chinesen , den Himmel durch Rectascensior 
nen einzutheilen , die Wahl ihrer Constellationen nnd die Art der Be« 
ftennong derselben halben durchaus keine Aehnlichkeit mit dem Sitro- 
nomischen Systeme der Aegypter. Im Jahre 2357 Tor Chr. Geb. fiel 
die Frühlingsnachtgleiche in die Pleiaden des Stieres, die SonsmeF- 
Sonnen- Wende auf den Regulas im Löwen, die Herbstnacbigleiebe 
In die westlichen Sterne des Scorpions, wie dies auch auf den ägypti- 
schen Monumenten angegeben ist; aber in den chinesischen Bäcfaem 
findet sich nichts , was mit diesen Symbolen Aehnlichkeit hätte. Beide 
Systeme scheinen ganz unabhängig von einander zu sein. 

Rbgbnsbubg. Der Rector des Lyceums und Prof. der Theologie 
X B, fVeigl ist znm Domkapitnlar ernannt worden. [S.] 

ScHWBiifnjRT *). Das dasige Gymnasium hat Tor kanteni den Jab* 
restag seiner 200jährigen Stiftung feierlich begangen nnd daiu aneiev 
anderen Gelegenheitsschriften folgendes wichtige Programm heraasgege* 
ben: Lectiones Plinianae* Ser, Ludov,Janu8, ph. D., gymn. Suevof ort. prof« 
Partie. /., inedita quaedam ad C, PUnii Seeundi Naturalis Hiüoriuß ßnt/emk^ 
BuppUmentum addenda continens, Schweinf., Campe. 1834. 14 S, 4, Herr 
T. Jan hatte schon in seinen ObserTationibns critieis darauf anfoierikMB 
gemacht, dass in der Naturgeschichte des Plintus der Schlaff des tf. 
Buches fehle und dies aus dem InhaltsTerzeichnisse im ersten Bache ev* 
wiesen, wo Ton einer Laus Hispaniae die Rede ist, die sich Jetit nicbl 
findet* Später benutzte er nun die Bamberger Handschrift des Pilafos, 
welche zwar nur die letzten sechs Bücher des Werkes enthält, aber la 
denselben mehrere noch nicht bekannte Supplemente und ancb dea Ter« 
missten Schluss des 37. Buches bietet. Er hat nun in gegpenwärtigeas 
Programm diese aus dem lOten Jahrh. stammende Handschrift geaaa 
beschrieben nnd den Schluss jenes Buches selbst abdrucken lassen 
mit kritischen Erörterungen und Rechtfertigungen begleitet. Db 
Schluss lautet nun nach J.'s Verbesserungen also t „ Ab ea ezceptis la- 
diae fabulosis proximam equidem duzerim Hispaniam , ^nacamqae ans- 
bitur mari; quamquadi squalidam ex parte, Terum nbi gignlt, fmmeem 
(Cod, facem) frugttm, olei, Tini, equorum meta/loncfn^fae (Co il. «Ise- 
rumque) omninm genernm; ad baec pari Gallia« Vemm deserftia auli 



*) Bei dieser Gelegenheit berichtlgett iHr den in aosere NJbb. X, 3^ 
eingeschlichenen Irrthum , wo erwälut wird , der Bector Eitetuchudd sei 
Tor einigen Jahren zur katholischen Kirche übergetreten. Das Richtig war« 
dass er von der katholischen zur proteftantiscfaen KIrdie ah eig q gaag aa ilfc 



■.••■•, .• ■ -. ■ . ' 

•l^afto viBclr Hitpftifia ei lapide tp«e«1«ri', )figmmdmnm «tboi 4MMii^ 
lahBrnm excitatione, idrroviiia'ezercitio, üorporaai hiMMBorani ^mt^ % 
tia, vehementia cordis. ReruBi aatem iptamni' »aziaiiiili mit pr«Uff«% 
in mare nascentiam mai^garitis : extra teUairtm cry»toUii; intr», «4i^ 
■tantiy smaragdis, gemteit^ iiilirrbiiiit; t tenm ▼«ro exeiinüftaty im 
eocco, lagere; in froäde, liardo, Seri€i»*fettibttt; in avbore citr«r|; ift 
ffrutice cinDomo, catia, afttOmo; arborit ani Eroticb tacco, in saecini^, 
opobalsamo , noyrrba , tbnve ; in- radicibus coatet. £x iis, (|eae spi}rai# 
convemt, aniioalibns in terra maxiiaom dentibui elephantoram, in caaii 
testudinum eortici, in tergore pellibus, qnas Seres infieiimt^ etAial»!^ 
caprarum tiHo , qnod ladanum Tocavinint ; ex Hi , qnae terrena , al 
marie eonchyliit , porpurae. Voluet am- natarae. praeter eonos bellicoa 
et Gonmiagenum ansefnaof adiptei oaHaoft adnotatn'i' ibtigBe, Noto pra^f ' 
terenndufli est, aure, circa qnod emnei ntoi'tafes intaniant,. decimin» ,- 
▼ix esse in pretio locnm , argento i^ero , quo anrnm enutuv, paene iri» 
cetimnm. — Salve parens reum omnioniy Natnra, teqae nobii Qnifi» 
tinn felis celebratam esse numeris onaibos tnis ...... fave.*' lDt% 

AecfatbeU dieser Wofte, welche. Hr# y^ J. am erweisen sacht ^ uSge«/ . 
andere nalersachen ; SUUg hat sie in der Ana. dieses Programms ia d^ 
Jen. LSL 1834 "St. 91, II S. 245r-2l8 f&r acht anerkannt Auch m6^ - 
gen sie mit H^n. J. weiter präfen, wie weit die Ihschrift der Qam.betf* 
get Handschrift vor dem S8. nnd-SS. Buchet Über »» , incipU pesi « i a r< 
lern eeUtuf , währ ist Ref. begnügt sich , auf das widitig^ FrogmmaÄ 
anfmericsam gemacht zu haben. Nur das muss er noch erwähnen, daM' 
Hr. J. beiläufig aus Plinias £pist II|, 5 den Beweis an führen sndi^ 
08 habe schon, damals eine Art Ton Bncbhändler- Honorar bestandea^ 
und auch der ältere Plinius^ habe ein solches für seine Natnrgeschiehfe 
arhaltev können. Er sucht dies noch weiter aus Cic. ad Attic. XIII, 28 
aa beweisen; aber beide Stellen sind fälsch erklärt and es wird wohl 
zur Zeit noch bei Manso's Betrelse bleiben muison, dali im Alterthon 
keia Honorar statt fand. 

So&oTnvBN. Znm Professor de^ Philosophie am Ljeenm witvia 
H^ DMnefftr von dem Studienrathe gewählt. [S.] 

SximrisART. Nach einer Bekanntmachung des Stndienraths solleit 
«n dicjenigea, welche die Vorprüfung für das akademische Studium be« 
itehen wollen, folgende Forderungen gemacht werden: 1) Alle, dhnai 
Ausnahmt , habea die KeantnbA dar lateinischen Sprachig dareh sdbfifl«» 
liehe and mundliche Uebersetsnngen xa erproben, Fragen aa» der fot^: 
malen j reinen und angewaadten Lc^ik , aas der alten und neuea Go« 
schichte und Geographie zu beaatwortea , Aufgabea aus der Arithme-» 
tik und der Elementar -Algpebra, sowie ^us der Groometrie (soweit sia 
ia den 3 ersten Büchern Euclid^s enthalten ist) z« losen, endlich abef 
Gegenstände der Religions- and Sittenlehre einen deatschen Aufsata, 
welcher zugleich Probe der Gewandtheit im schriftUchen Gebrauch der 
Muttersprache sein spli, auszuarbeiten. 8) Biejenigen, iKekhe sich 
dem Studium der Theologie, Rechtsgelehrsamkeit and ArzneiwisseB*/ 
Schaft widmen wollen, werden maadlich und schriftUch In der griechl- 



I ' 



tot UOm^-m. tMnräaÜKMÜat.r BetttUrr. i 

aAea Spnebe gofriRi 41« känftigad TfaMlofan «UMi^na 'svAiÄi ' 
4er babrätiehen. •) Von den CandMatra äer Font- and niiigilnipii ' ' 
•diaft wird eia fümMret Hnau *ob mathemätüdun KtM tri w M i, «ll 
4« Kr. 1 beMichBvte, KcrotdoTL ^«.jt.-^- 

l*aa«4D. Die in den NJbb. X, 460 äbw da» GymoariwBi gagi*Mi 
Macbricht iit dahin *m beriabtigen, da*« ia -Falge der AaitollBBB'dai 
Hmtlieinatika« Jdolph Webir ( MJbb. VlIJ, 4B0.-] mnd «i 
'in ^ßp vierte Obeitehrentdle der creto OI»rldireT (Con 
4m Pr&dicat Frarector, der swrite (Snbraetor Stnippe) da* VwUtat ' 
Cenrector, der dritte (üt. Qvmff) tm Fridicat SnbiMtM. ■■•; 'te' 
vierte dai PridiOBt Sabconrestor eriielten ' bat> ■• ' '-«rni , 

TfiiHORr. Die Zahl der hier Studireaden beträgt tut gugw riliw 
tigen Sommerbalbjabr 746, weraatM Ml Aiulün<ler. { S. j 

UiiK. Bei dem daiigen OjiDBniiDni iit im vorigen Jahre erachi»< 
Bent SymboUrntm erilitamm md Cieer^M» Spccimcn tertium, quo taira 
«al«t(tiB 01^. re;. WVrtaatfr. 6hRliebiu . . , -tt esamina publica . . . indicit 
0. B, MoitT, ph, Dr.> gyntnatii regli rector, claeii» «upreiuae frot. 
p. o., iGhQlaruDi ■nperioram in praefectora Diinul>iiin prnefectut, Ulm, 
pdr. b. Wagner. 18U. 28 (26) S. gr.,4. Mosers [{>^Ji«ndluDgsweiia 
dea Cieero lit bekannt. Er nbl eine Art «lek-hiUiJiRT Kritik, beatihlet 
UmnII lOrgfSItig, #>■ fDB Ander« über die bh behandelnde Stelle ge- 
■Kgt worden iitf kennt den Spfaehgritraneh de» Cicero lehr gcnsH, 
kagnägt lieh aber nickt mit den nethweädigiitcn Beweisen und hust 
'■ich selten auf epeeiellare oder abiehweifende S p räche rürte runden ein. 
Dvaetbfl Verfahren «e^ lidt anch in dieMm Spccunen, velrhcB er 
. mehr für Sehdter ali fnr Gelehrte geschrieben h.ilen will. Behandelt 
•lad folgende Stellen: De orat. II. 9, 86. iit hir vt certlafü ila meao-. 
vJat und 'Tute. I, 18, 80. nmu entm nuterel «1 siio incomntoda in lese« 
Targeachlageo. Cato maj. VII, 38, sollen die Worte in lui's s(u<fii9 Glo»- 
■em sein. Lael, 24. wird in oteegiua (oder Uues obaequio) aiUem .... 
cotnes oeritni ad»U, Tnac. I, 22, M. ia homine »na ccmf oniHiii 
cerrigirt. De Repnbh VI, 9. sollen die Worttr Groti's tibi | /tgo sümtrta 
' Sol iKiHigtie religui Ca&itlf eij) Uicfaterfragmeiit sein. De Kep. VI, U. 
Ist ilirie opemtn parutaper et audile oeleni, fär et parum rebus: oudila 
mtsra, I, 12. tmo nlterove tpotio, pro Milonc 13, B3. ^uan^uiiM 
biudar« noft posiMM, de Rep. I, 8. negw« /«tilc solum iii faniit n^at, 
dsNatDeor. II, 64,162. tolam Iktt amimi, tanquam oeutia tustrare 
Urram, pro leg, Maoll. 16, 40. nl aam rsm «■ i'nperalorsni praefictre 
pouitii, und De Rep. II, S. nsn soUn mnitü periculh oppositae, ted 
etiam eaeei* corn'girt. De Orat. I, 46, 208, eniHiob soll so interpnn- 
girt -werden: isd enm cCrtim, ^hi primuM sjl fjiii nrfii antütcs, cujus 
(artiOi fuitin tpsn naitirii nngiia» itiMunt j[<a|)iia) facuUalem daret, ta~ 
wen ein (proprius aliqoi) dem pM Kereariiia) , ut etc. 

WünzBUBS. Die an der Heotuoh e na Würzburg erUAigle Pro- 

' feisnr der Physiologie wurde dem nerigeB ai ntlichen Fr«- 

fetioT Dr. ifcNsler TerllebaB. 










N.BiJ.B.,-;-^,'..:r^.^ 



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JAHRBÜCHER 

FÜK 

PHILOLOGIEuNDPJBaDAGOGIK^ 

oder 

Kritische Bibliothek 

für das 

Schul- nnd Unterrichtsweseiu 



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In yerbindimg mit einem Vereine von Gelehrten 

herausgegeben 



von 



Dr. Gottfried Seebode^ 
AI. Johann Christian Jahn 

und 

Prof. Reinhold Klotz. 




Vierter Jahrgang* 
EUfter Band. Viertes Heft. 



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L e i p z i g^ 

Druck und Verlag Ton B. O. Teubner. 

18 3 4. 



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Kritische Beurtheilnngen. 



'Neueste Aristotelische Litter atur. 

[Einleitende Bemerkungen. Erster Artikel.] 

„ Stünden mir jetzt in ruhiger Zeit jugendlichere Kräfte zu 
Gebote so würde ich mich dem Griechischen völlig erge* 
hen^ trotz aller Schwierigkeiten j die ich kenne. Die Natur 
und Aristoteles würden mein Augenmerk sein. Es ist 
über alle Begriffe^ was dieser Mann erblickte^ sah^ schaute^ 
bemerkte, beobachtete; dabei aber freilich im Erklären sich 
übereilte ! ^^ — 

Dies Geständniss Goethe's, in einem Briefe an seinen Zel- 
ter vom 29. März 1827 (Briefwechsel zwischen Goethe undZel« 
ter, Bd. IV, S. 288) ausgesprochen, wird gewiss jeden Freund 
des alten Weisen um so mächtiger anregen und inniger er- 
freuen, da es zugleich für den Ealtsinn und die Vernachlässi- 
gung, womit die neuere Philologie his etwa vor einem halben 
Jahrzehend sich von den Werken desselben entfernt gehalten 
hat, in hohem Grade beschämend sein muss. Mir wenigstens 
ist nicht leicht etwas erhebender und begeisternder gewesen, 
als diese Huldigung, die der grösste Genius der neuen Zeit ia 
jenen Worten dem grossen Alten darbringt, dessen Geistes^ 
denkmale und gesammtes inneres und äusseres Leben für mich 
schon seit Jahren Gegenstand des liebsten und erfreulichstea 
Studiums sind. Erst in den Jahren des Greisenalters scheint 
Goethe iräher an Aristoteles herangetreten sä sein, und um die 
Zeit jener brieflichen Aeusserung mag auch die unübertreff- 
liche Erklärung jener berüchtigten Stelle der Poetik (die Defi- 
nition der Tragödie in Arist. Poet. cp. VI.) fallen, durch welche 
endlich der hundertzüngige Streit über die Auffassung der 
Worte des alten Stagirlten für immer seine Schlichtung und 
Lösung gefunden haben mag (s. GoetheV nachgelassene Werk Ci 
Band VI, S. 16— 21). 

Aber während so die würdigsten Vertreter unserer Zeit, 
die tiefsten Denker auf der einen und der hochbegabteste Dich- 
ter auf der andern Seite, den Bestrebungen unserer philologi- 

28* 



SSO Griechiidhe LItteratar. 

seilen Welt ein würdiges Ziel anweisen , indem sie vereint die 
Aufmerksamkeit auf den fast verschollenen Aristoteles hinlen- 
ken , muss es für diese Wissenschaft des Alterthums , die sich 
nur zu oft und zu laut ihres jetzigen hohen Standpunktes rühmt 
und rühmen hört, in der That gleichsam als Gewissens- und 
Ehrensache erscheinen , solchen Anmahnungen in würdiger 
Weise zu entsprechen. Ist uns doch eigentlich allein in den 
Werken dieses Riesengeistes durcli das Walten eines günsti- 
gen Geschicks fast vor allen Ueberresten des klassischen Al- 
terthums ein vollständiges Bild allumfassenden Strebenp» 
und somit auch zugleich ein Maasstab für die Summe geisti- 
ger Bildung seiner gesammten Zeit erhalten. Ja Aristoteles 
kann in seinem ganzen Streben und Wirken recht eigentlich 
als Begründer und Vater der Philologie in ihrer höchsten Be- 
deutung angesehen werden. Um so mehr also steigert sich 
die Verpflichtung der letztern, jenes Bild uns Entfernten mög- 
lichst nahe zu bringen, die dunkleren Züge neu zu beleben, die 
ganz verwischten wenigstens mit sicheren Umrissen asu beseicb- 
iien, und so die Möglichkeit zu gewähren, uns Form und Inhalt 
zum lebendigsten Bewusstsein, zu klarster Anschauung zn briiK 
gen. Dazu reichen freilich einzelne Kräfte nicht aus; aber wai 
hindert denn die Vereinigung ^der gemeinsamen Bestrebungen 
Vieler zu einem so würdigen Zwecke, worin uns die früheren 
Jahrhunderte, trotz der unendlich grösseren Schwierigkeiten 
und Beschränkungen, mit denen sie zu kämpfen hatten, in fO 
nachahmungswerther Weise vorangegangen sind. 

Werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Aristote- 
lischen Litteratuf seit dem Wiederaufleben der Wissenschaften 
in Italien bis auf unsre Tage, so stellen sich leicht drei scharf 
gesonderte Perioden heraus. Die erste geht bis auf Isaak Ca- 
sauhonus^ und hebt sich als die Glanzperiode dieser Stndien 
und Bestrebungen hervor, in welcher Fürsten und Edle dnrcli 
begeisterte Griechen, wie der treffliche Argyropulos von By- 
zanz (f 1486), angeregt, den Werken des Stagiriten Stndiam 
nnd Neigung zuwandten, und die gefeiertsten Namen der Ge- 
schichte der Philologie dieselben zum Gegenstande ihres Eifers 
und ihrer Bestrebungen machten , und Uebersetzungen , Com- 
mentare, Gesammt- und Einzelausgaben in einer Fülle hervor« 
gingen, die, an sich Staunen erregend, zugleich einen sprechen- 
den Beweis von der Theilnahme der Zeitgenossen im Allge- 
meinen abgeben mag. Von /«. Cuaaubonua an, also vom An- 
fange des siebzehnten bis gegen das Bude des achtzehnten 
Jahrhunderts, gleicht die Geschichte der Aristotelischen Litte- 
ratur, gegen die regsame Geschäftigkeit und reiche Prodoctivi- 
tat der ersten Periode gehalten, fast einer vollkommenen Wüste. 
Die Blüthe holländischer Philologie und ihres Sammlerfleisses 
brachte für Aristoteles specieii weder Förderung noch Gewinn» 



I ; . . . . K . . r 






Denn müer der gössen AniaU iler Pliilölögeii ^ wddie dffii^ 
Schule aufzuweiflen hat, ist aaiter Damel Hein»im temeriril 
Behandlung der Poetik apd Ethik aueh nicht Einer nainbafl 
XU rpachen, der nicht lieber Fleiss und Talent dem i^ertchollei^ 
fiten und ledernsten Lateiner, ala dem griechiscbenPhUoaophe^' 
gewidmet hätte; ein Umstand , an .deaaen Folgen der Zuatai|i|. 
der Aristoteiiachen Schriften in Bezug auf Sammlung und Auj^. 
apeicherung dea Materials für Kritik und grammatische und le^ 
xikologlsehe Interpretation gegenwärtig um ao, empfind Lieber - 
erinnert, als der beschränkte aber eiserne Fleiss jener Zeiten« 
der in anderen Bereichen uns Neueren so unsäglich zu Gutd 
kommt, eben unter uns immer seltner zu wwden beginnt Aneli 
Englands und Deutschlands Philologen liefern in dieser Zeil 
nichts Bedeutenderes. — . An der Spitze der dritten Periode« 
die bis auf unsere Tage hinabreicht, stehen Lesaing,^ ^^}f% 
Beiz, Hermann und Schneider. Seit und dnreh Lessing zeigte > 
sich immer allgemeiner daa Bedürfnisa, aich diß Werke dta , 
lange vernachlässigten Denkers wieder näher zu bringen. Vofl^ ; 
obgleich selbst ihm ferner bleibend und an Ansfuhrung beabr 
siclitigter Bearbeitungen durch seine Eigenthümlichkeit gehbn. 
dert, wirkte doch anregend auf manche Schuler {FüUebom^ 
Vater^ Delbrück u. a,); deutsche Uebersetzongen der populär« - 
sten Werke, von einer gewissen Zeitrichtung begünstigt, traten 
hervor {Garve^ Schlosser , f^oigt^ Curtius^ Buihle% und, vom 
Heyne angeregt, unternahm der fleissige /. G. Buhle eine neue 
Revision der gesammten Werke (5 Bände 1101 — 1800 unvoll? 
endet), die selbst von Wolf für „ bäehst leitgemäss und selbsf 
bei beschränktem Gelingen derAuafuhrung ala höchst erwupseht 
und dankenswerth^^ angesehen wurde« Die Krone aber dev 
Bestrebungen dieser und der nächstfolgenden Jabre gebBhi^ 
dem trefflichen J. G. Schneider y dessen Bearbeitong zweiflV- , 
Hauptwerke dea Stagiriten alles Andere weit hinter %iiäx liesa'*')» 

De via ei ratione qua Aristoteles in s^ummi bani 
notione invenienda et describenda usus esi^; 
Disaertatio quam — dettndet HenrkußXruklf Saganentis, gymnatii. 
regü catliolici Vratblavientis oollega« Vtatislaviat» typis Grassüt 
Qartfaii et sociomra. 1833. 34 S. 4i 

In dem kurzen Vorworte des Verf. Ist nkhts gesagt, waa 
den über dasselbe gesetzten Titel introductia reohtfertigm 

*-) Hier brechen wir unsere „einleitende Bsmerkniigaa^^ ab, i|K 
dem whr uns vorlbcbalteii, an Anfange jeder von uns späterhin in diesen 
Jahrbb. zu liefernden Mittheilongen über nene Erscheinungen anf dem 
Gebiete dieser Litteratur, Fortsetzongen derselben zu geben, in denen 
wir dasGerast der hier aut kurz •kiasirtenAbschnItte auszufallen «.die all- 
gi»meine Uebersi<At bis auf die neaeste Baoa«sion aatand^en gedenken* 



SS8 Griecfcifche Llftteratar« 

konnte, ja eigentlich gar nichtg, was nicht ans dem Titel der 
Schjrift selbst abznnehmen wäre, ausser der wunderlichen co* 
ptatio benevoleniiae der ^^judtces^^^ von denen es heisst: guo$ 
ut aequos et benevolos habe am libellum perspicuüatis eatua 
in capita et paragraphos diuidi. Es wäre schlimm , wenn daa 
Alles wäre, was der Yf. zu diesem Zwecke gethan bat; und 
fast will es uns scheinen, er habe sich damit ein achlimmei 
Urtheii selbst gesprochen. 

Die Schrift zerfällt in sieben Kapitel und fünfzig Paragra- 
phen. Im ersten Kapitel gibt Hr. Kr. einen kurzen Abriat der 
Aristotelischen Begriffseutwickelung des höchsten Gutes. Dh 
Kürze dieser Entwickelung wird genügend durch eine früher 
( 1832 als Schulprogramm) erschienene Schrift desselben Ver- 
fassers: Des Aristoteles Begriff vom höchsten 6at 
nach seinen Schriften und besonders nach seiner Nikomachi- 
sehen Ethik dargestellt, Breslau 1832, bei Grass, Barth n. Comp. 
20 S. 4. ergänzt, welche uns auch schon darum ungleich mehr 
als die vorliegende gefallen hat, weil dort Hr. K. nur als Refe- 
rent auftretend, und nicht durch die Fesseln eines ihm nicht 
geläufigen Idioms beschränkt, mit recht erfreulicher Klarheit 
den Gegenstand darstellt, welches ihm um so besser gelangen 
ist, je enger er sich an Aristoteles eigne Worte gehalten hat . 
Hier aber tritt er nun als Beurtheiler der Aristotelischen Theo- 
rie anf, und verspricht den Beweis zu führen 1) dass Aristote* 
les die Glückseligkeit mit Unrecht als höchsten Zweck nnd 
höchstes Gut aufgestellt habe; 2) dass seine dafür vorgebrach- 
ten Gründe allesammt nichts taugen; und 3) dass er irrtbüm- 
lieh das höchste Gute als letzten Endzweck aufgestellt habe. 
Dies wollen die Kapitel II — Y beweisen. Kap. VI soll leigeo, 
dass Ar. summt boni notionem ex prinoipiis sive fontibu8 quoB 
ex arbitrio quasi elegit , nee sibi constantem nee cogitandi legi^ 
bus convenienter agnovisse et descripsisse^ und dass er dio 
„halb wahren, halb falschen ^^ Lehren über die. „Bestiromnog 
des Menschen" eigentlich mehr aus einer Art von unbewnsa- 
tem Drange (magis recti bonique sensu ductus)^ als^nach wah- 
rem dialektischen Verfahren „enucleirt^^ und ausserdem noch, 
einige andre Sünden begangen habe, die Seite 33 zu lesen atehit. 
^^Necessarium enim (heisst es dort) fontem officii praeeepto- 
rum^ raiionem practicam non satis monstravit^ iUustrauit^ ei 
abomni,utrum exstet neency dubitatione liberavit. JDenique 
res sensibiles et intelleotuales temere confundens ad boni naüh 
tarn et essentißm definiendam prorsus falsa in medium protuBi* 
Das Vllte Kapitel endlich berührt kurz (obiter sagt der Hr. VfL) 
einige gravissimas reprehensiones des Philosophen hinsichtlich 
ievfontes autprincipia cognoscendL 

Wohl bekomm's dem alten Stagiriten (Hr. Kruhl achrelbt 
noob wie viele Scholastiker des Mitteiaitera StagyriL)\ Du 



ICwM? tk$ ^ " ft^ ^ teil BftiliMMr j 



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hekksi Ttel auf eimnal , «nd dabei Iidsat*a In 

' gfin, die so ein MauD nich^ gesehen, nielii Dea< 
quia tarnen nottvidetf — guisest quin vidi ^ — - oaer: 
eumfacere oportuerit vis opus est monerel — hellaen ji2ac 
von ilini j^absurda^ Wenn der selige Letiing daa liöi 
konnte, der drehte sich noch im Grabe um! — 

Referent ist kein Philosoph von Profession« Er hat swir 
die Ethik des Aristoteles gelesen und stndirt, aber er kanp 
nicht sagen, dass er über des alten Denkers tief durchdachtem 
Morai-Sjsteme stehe, und, einzelne Liicken und Mängel abge« 
rechnety die längst erkannt worden sind, ist ihm die Ethik, die 
Fracht liefer Studien und reicher Erfahrung eines bewegten 
Lebens, bisher noch immer eine AVt heidnischen Bvangeliuma 
gewesen.. Hr. li[ruhl ist Philosoph, der Richtung seiner SIih 
dien nach, wie aus der Aeusserung in seiner angehängten Vtia 
erhellet, in welcher er beklagt, dass er von den mathematischen 
und philosophischen Unterrichtsstunden an der Anstalt, an^ 
welcher er arbeitet, ausgeschlossen sei. Doch wagen wir es^ 
als Laie seine Refutation des alten Weisen ein wenig nSb^r ra 
betrachten. 

Aristoteles sagtt der letzte und höchste Zweck und das 
summum bonum muss dasjenige sein, welches der höchsteü 
Kunst angehört. Die höchste Kunst aber ist die Staatskünst} 
deren Zweck ab^r ist Glückseligkeit, folglich u. s. f. Di|t 
gegen bemerkt Hr. Kruhl: Nosti aniiqui aetn hvminem^ nan^ 
recentiorum neminem fugit (o jal diese receniiore$ 
sind über Alles hinaus) rerum publicarum regendarum scten* 
tiae primum locum non esse concedendum. rrimum ars poli^ 
iica ab ipsa qfficiorum morumque döctrina pendet ( was bewei- 
set dies? Bei Plato und Aristoteles jdurchdringen aich Politik 
und Moral als ein Ganzes); deinde singularüm sedtaem 
eunctorum saluti^ postkabere saepissime CQgÜvr (ist in Thesl 
falsch, denn was dem Heile der Gesammtheit gutist, musa 
es auch für alle Einzelnen sein)) dum ethicaunicuique constUH 
nee quemquam negligÜ (das soll auch die vollendete Politik )| 
demque artis politicae finis non felioitas sed libertas esset 
videtur (als ob nicht die letztere in der ersteren enthalteii 
wäre, oder denken Sie sich, Hr. K., dass Aristoteles einen Un- 
freien seiner Glückseligkeit theilhaft werden lässt? ich dächte, 
daswüssten wir aus seiner Politik besser); eam dico^ fäiirt 
Hr. E. fort, qua euivis permissum est^ut se ipsum ad arbürium 
et pro viribus beatum aut infelicem reddat, hac tarnen condi- 
tione, ut ab aliis non impeditus vidssim aUos non impediaL^ 
Nun das ist eine Erklärung der politischen Freiheit, die sich 
selbst den Kopf abbeisst Oder kann denn in einem Staate 
ein Mensch sich pro viribus unglücklich machen, ohne andere 
mittelbar oder unmittelbar an. berühren T ^^ ^ ^^8® Beruh- 



S60 Griechische Litteratar« 

rnug keine fordernde, muss sie niclit irgendwie eine hindernde 
sein? Und ist das wirklich Vorzug einer Staatsverfasaang, 
wenn sie, selbst in dem angenommenen Falle , solche Freiheit 
den Individuen gestattet. Es ist wunderlich anzusehn, wie sich 
die Leute behaben , wenn sie in diesen precairen Zeiten politi- 
sche Freiheit unverfänglich definiren sollen. Nach jener Defi- 
nition hatte der Engländer Recht, der den Gerichtsdiener auf 
Verletzung der bürgerlichen Freiheit anklagte, der ihn Tom 
Selbstmorde abgehalten hatte, indem er ihn mit Lebensgefahr 
aus dem Wasser zog. 

In §. 26 und folgenden bekämpft der Verf. die swel 
übrigen Gründe, welche den Aristot* bewegen, die Eadaimonie 
als höchstes Ziel za setzen, 1) weil alle Menschen nach ihr 
streben ( jeder natürlich in seiner, der beste in der besten und 
richtigsteh Weise ), und 2) weil sie allein rein um ihrer selbst 
willen erstrebt werde. Ob Aristoteles es unterlassen hat, seine 
Eudaimonie ^^accuratius deacribere^^ wie Hr. K. meint (p. 11)^ 
lassen wir zunächst dahingestellt sein. Dass sich Hr. K. we- 
nigstens keine gehörige Definition nach Aristoteles sn bilden 
gewi^sst hat, zeigt sein Verfahren : Hoc tarnen jam nunc appon 
ret (sagt er), beatitudinem abaque voUiptate cogUarij nedum 
sentiri nan pbsse. voluptatem ergo necessario seetü" 
tur qui beatae vitae studet. Und nun kommt er (p. 12)^ 
mit den Deciern, Leonidas und Socrates an, und fragt: haben 
die etwa nach der Lust gestrebt, als sie ihr Leben opfeitenf 
„Aber/^ fährt er fort, „wozu noch viel Redens? Aristoteles 
weiss ja gar nichts von der Lust, quam es recti bonique coit- 
ßcientiaenaaciputamua,*'^ — So'? ich meine doch, wenn jemand 
sagt, nur der Gute liebt das Leben schon darum, weil tm9 
te — nsTtgay^ivcov Itc itBQJteig at iiv^^iai xalzmvfißl' 
XovTQOV elnlÖBg dyuQ^al' altoiaikat dsTJÖBiav; und wenn Eben- 
derselbe erklärt, nur die Lasterhaften fliehen das Leben, denn 
ihnen fehlt dieses frohe Bewusstsein, weil sie xokkä xal dstvi 
verübt haben, und dasBewusstsein und dieErinnerungsnaroMii 
xaidvöx^QV ^^^ peinige, und die innere Angst vor den Folgen 
ihrer Ilandlungeii sie quäle {dvaiiL[ivi]6K0VTac yag nokkäv xol 
dv.0xBQ0v 7ta\tocav^*^eT£Qa Hxt^ovöVf xa^ sccwovs ovtsg* — 
— ^Bttt^skslccg yäg ol q)avXov yi^iovcfw) — wer sofche 
Dinge sagt, wie sie in der Nikomachischen Ethik zu lesen sind, 
der kennt gewiss: ,^voluptatem quam es recti bonique consoien- 
iia enasci putamits^ und da Hr.K. auf dasFehlen dieser Kennt- 
niss so grosses Gewicht legt , dass er sich einer weitem Wi-> 
Verlegung für enthoben hält, so wird er es uns gewiss nicht 
verargen, wenn wir jetzt in dem umgekehrten Falle dasselbe 
Hecht in Anspruch nehmen, und erklären, dass alte seine Ar- 
gumentationen mit jenen Exempeln der Decier, des Leonidas u. 
Socrjiies iq Ali^^hts zerfailei^ Vor allen Dingen gilt dies von 



• • . 1,- ■ ^ 



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Kttlkii'-V« >mimiA U^wta^'äifäS^äSiS^t: 



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p. IS9 WO ron dem blinden Drange, der AH ITdiMtf initi J^iil^ 
dein treibt, §. 28 von den verschledßfteQri Motiven, dfie tten rn 
verscbiedenen Gesicbtspuncten ans «in und derselben Hi^ndtiiftg 
unterlegen könne» und §.29, wo gegen die Luat ohngeflbt w 
geredet wird, wie Cicero , weil er die Bpikorische 'qdov^ lM(f* 
lieh missvemtand, gegen sie predigte. 

Im IVten Kapitel aoll erwiesen werden, dasa ArlstOtelei*^ 
den handgreiflichen Irrtham sich habe sa Schulden kommes 
lassen, der Glückseligkeit an sich, ohne Beyug anf das Lebenj 
Realit&t und Werth zu verleihen. Aber wo in aller Welt thul 
er das ? -~ Allein Hr. K. geht noch weiter. Er behauptet, 
AHstoteles Theorie der EndKmonie laufe anf den verderblich-^ 
sten Egoismns {in pernieiosisaimum siii ipsius Studium p. 16) 
nnd aof die weichlichste Lustbegierde (tu moUiaaimam voltqftm* 
tum cupidinem) hinaus; ferner, die Tugend werde nach der« 
selben der Lust untergeordnet, und es könne der Fall eintre« 
ten: ut e numero virtuttim esimatur quaecunjue voluptatem 
minuat. Doch es sei fem von uns, diese Dinge tu widerlegen« 
Mag das ein Andrer thun. Wir sehen lieber zu, was der Vf. 
an die Stelle des umgestossenen Princips setzt. Es ist ofßcU 
et — Deiamor^ der den Menschen antreibt (soll wohl heissen 
„antreiben soU'^) die Tugend zu üben. Aber abgesehen davo^. 
dass zwischen dem Beweggrund des Handelns und dem letzte« 
Ziele und Endzwecke des Handelns ein kleiner Unterschied ttt 
— denn der Pflicht- upd Gottesliebe des Hrn. K. entspricht jn 
bei dem alten Denker nicht die EHidaimonie, sondern das Stre« 
ben und Verlangen nach ihr, — - abgesehen also davon, will es 
uns bedjnnken, 1) als habe der Stagirit Recht mit seinem Prin« 
cip des Handelns für die Menschheit, wie^e ist, und Hr.Eruhl 
Unrecht Denn ein Zweck des Handelns muss dasein, nnd dai 
^ um seiner selbst willen ^^ ist entweder ein leerer Schall, oder 
muss so gefasst werden, wie Aristot. es gefasst hat ; und 2) alt 
habe der alte Heide das, was der Vf. ihn zu' lehren glaubt,- 
selbst schon eben so gut gewusst und ausgesprochen. Und hi 
der That ahqdet Hr.K. selbst so etwas, wenn er sagt: Profectpr 
haec vp$a aententia ( die seinige nimUch von dem amor üffidt 
et De%) jam tatet apud Nostrum, quando in extremo Mtht" 
eorum Nicomacheorum libro cenaet aummam felicitatem im 
summa virtute, aaptentiüy contineri^ eumque heattsaimum futur 
rum eaae, gut veriä inveatigandia et contemplandia Beo mäsimm 
optimo propfor accedat. 

Dies nun führt uns auf die Bestimmung dessen zurück, wat 
Aristoteles unter JSudaimonie verstanden hat. Hr. K. kann bei 
Aristot. eine genauere Definition nicht finden; wir erlauben uns 
also, ihn auf eine kleine Schrift zu verweisen, in welcher die-- 
ser Gegenstand treflFlicb, wenngleich nur beiläufig, abgehanddt 
worden ist, auf: F^agm«9t der Arlst0fdiadie«1Erfieh^ 



868 Griechigche Litteratar. 

als Einleitang zu einer prüfenden Vergleichun; der antiken 
und modernen Pädagogik, Aarau 1806 (von Dr. Ernst jiugusi 
Jivers), S. 3 — 11. Hier indess vorläufig Folgendes an richti- 
gerer Würdigung 80 des Besprochenen , wie des zunächat an 
Besprechenden. Die Eudaimonie entspringt aus der Vereini- 
gung der oLQBzri und fiSovri^ d. h. der Virtuosität und dea Ver- 
gnügens, d. li. des besten Handelns und des angenehmsten Le- 
bens. Beide, Virtuosität and Vergnügen, sind doppelter Art; 
die Virtuosität ist entweder eine ethische^ deren Object Leiden- 
achaften uud Handlungen, oder eine theoretische^ deren Object 
Erkenntniss der Wahrheit und ihres Gegentheils ist. Aach 
das Vergnügen ist ein ethisches oder theoretisches^ jenea daa 
zufällig, dieses das nothwendig Angenehme. Sonach wird alao 
auch die Eudaimonie eine doppelte sein, und hier ist wiederum 
die theoretische Eudaimonie die höchste. Das Handeln dieaer 
höchsten Eudaimonie, von allen zufälligen Bedingungen unab- 
hängig, und sein Object in sich selbst tragend, ist das reinsteii 
und gewährt daher auch die reinste Lust, ja „diese Eudaimonie 
fällt (vgl. Evers S. 9) mit dem höchsten Vergnügen in Eüia 
zusammen, als höchste Gleichmüthigkeit, Selbstgenügendheifc 
(avtagnua) und Müsse, ungefesselt und mühelos , daa freiste 
und erhabenste Sein. Dies ist nicht der Sterblichen Looa, aon- 
dern der seligen Götter. Gottähnlichkeit aber soll daa Ziel 
des menschlichen Strebens sein. Will der Mensch jene hoch- 
ate Eudaimonie in das Leben herabziehen^ so müsste er aie in 
der Vereinigung des doppelten Ziels finden, welches dem Geist 
und dem Leben gesteckt ist, d. h. in der Vereinigung der Be«- 
trachtung'und der Ruhe. Soll der Mensch sich jener frei hin-« 
geben können, so bedarf er dieser, bedarf mannigfacher äuaae« 
rer Begünstigung seines innern Lebens/^ Die dem Menschen 
am meisten angemessene Eudaimonie ist nun aber tveniger die 
eben geschilderte theoretische^ als vielmehr die e/At^cAe. f^Dieao 
geht hervor aus der Verbindung der höchsten praktischen 
(d. h. der durch die Vernunft bestimmten ethischen) Virtno- 
aität mit allem demjenigen , was die unbeschränkte Aensaernng 
derselben und dadurch das höchste praktische Vergnügen ge» 
währt. Um jene Virtuosität mit allen ihren Aeosserungen la 
offenbaren, bedarf der Mensch der Ausrüstung mit vielen ana- 
aeren Beförderungen, die ihn, wenn er jene nicht besässe, bloaa 
zu nichtigen Sinnengenüssen (d. h. zu der von Hrn. K. gefurch- 
teten voluptas) verleiten würden; im Einklänge aber mit ihr 
die schönste Müsse und die genussreichste Thätigkeit (öxoi'g 
xal dtaycoyi]) erzeugen. Auf ähnliche Art legt schon Solon- 
demjenigen Eudaimonie bei, der sattsam mit äussern Gutem 
ausgerüstet, das Schönste nach Kräften thue und massig lebe. 
Und so setzt auch Aristoteles die Eudaimonie eines Staats 
in die Vereinigung des tugendhaften Handeina und {ßm dlum 



* ^ . ■ I 



-, ■-*. 



KffoMs INiMiimItMBi -^ 

sakSrniea) desOtseins äusserer Uiilent&tmi%«li «nd i*Mi^ 
mAgen, also in der Harmonie des Formellen nod Materhilienii 
welches beides^ höher gesteigert^ durch Aufhebung alles Gegen^ 
Satzes wechselseitig durchdrungen^ die höchste Eudaittuml^- 
ausdrücit.'^ Doch jetzt surück bu Hrn»^ K. >- 

Kap. V. bat es mit der Bestreitung des Aristoteliscfaef 
Satzes zu thun: Quivis finis bonum est. Ergo supremus finik 
summum bonum. Es würde zu weit fuhren , alle die einzelnen 
Irfthümer zu entwickeln, durch welche der Yf, zu dem Resul- 
tat gelangt, dass Aristot. nur durch eine offenbare ConfusioQ 
der Begriffe die Eudaimonie zum Begriff des absolut Guten erw 
hoben habe. Nur ^o viel sei zu bemerken erlaubt, dass Ari^ 
die Scheidung des Outen in das absolute und relative ^ und im 
letzteren wiederum in das wirkliche und nur scheinbare (rd 9¥^ 
ixdötq» dya&ov und to tpULVo^Bvov iicdöT^) dya&ov) längst auf^ 
gestellt hat, Eth. Nie. VIll, 2), und dass Hrn« K. Benennung 
dieses letztern durch bonum phtfsicum (p. 19) uns keinesweg» 
als passend erscheint, mindestens ganz unaristptelisoh ist« Doe 
Satz ^^quMs finis bonum est** ist unumstösslich richtig, weim 
mlin das dyahov in seiner allgemeinsten Bedeutung fasst, ia 
i^elcher es alle drei Arten in sich begreift. 

Von den beiden iibrigen Kapiteln genügt es, den Inhi^^ 
kurz anzugeben. Das Ylte soll zeigen, 1) dass von Aristoteles 
^yüt probbret^ quem ad finem homo natus sit^^ perpauca ess0 
allata quae plausum ferant; 2) dass es bei ihm nicht klar seis 
^^qua lege^ quove duce altera vis alter am (d. h. appetitus ra^ 
iionem) finire debeat^** und dass Aristoteles „sich im Kreise 
drehe,^^ indem tr felicitatem virtute und pirtutem feUcüate de« 
finire. (Hier rächt sich die falsche Auffassung des Begriff« 
der Eudaimonie am schlimmsten.) Dabei wird §. ^^ p. 89 der 
Satz: €xa(5T0i/ tv KazA ti^v olnslav dg^'^v dnotslBitai (Etb«- 
N. 1,6, p. 1098 Bk.) so aufgefasst, als berechtige er zur An« 
nähme folgender Absurdität, die wir mit des Vfs. Worten her«» 
schreibeUif iTristot sagt: equus est perfectus, quando nulbs 
equi perfecti virtute caret -^ „iSimjb* rationenobis argumen* 
tari Heer et (sagt Hr. K.), lapidem iüum sapienttumfabulosum^ 
virtutibus, ut prudentia^ tempetantia^ justitia et reliquiä coii- 
stare. Lapis enim sapientium perfeetus erit^ eimulatque was 
virttUibus suis convenienter perfeceris. Virtutibus ig itur 
continetur^ sapientis tamen^ sicut summum bonum hominis^ 
ergo moderaiione^fortitudine etreliquis. Sequitur^ licet per» 
gamuSf ut lapis sapientium sit summum bonUm- ^ Hier begrei* 
fen wir bloss die Absurdität, aber auf wessen Seite sie liegt >«• 
ihat is the questiont So wenig wir früher bei Aristoteles die 
ihm aufgebürdete Confosion der verschiedenen Arten des dya^^ 
^6v finden konnten, eben so wenig wird uns Hr. K. überzeugeoi 
dass derselbe hier dfBVJj^ im Sinne dee HütelimassH wioeiet' 



S64 Griechische Litteratar. 

Extreme^ und uQ^tri im Sinne Ton Virtuosität confandirt habe; 
Hat das wer gethan , so i8t*s Hr. Kruhl selbst. 

§. 45^ p. 32 heisst es: Quod ad ipsam humanae destina^ 
tianis noCionem y ab Arisiotele exhibitam^ atiinet ^ negari nan 
potest^ quiriy quamvis magis recti bonique aensu^ 
quam mentis sagacitate^ omnino non contetn" 
nenda (welche Anerkennung!) duceretur, veritatem prape 
modum atligerit virtuti primas partes impertiens. Diesem Biii'« 
gestandniss aber folgt gleich wieder eine- Verwunderang dar- 
über, wie nur Ar. habe deatinationem felicitati aequiparare 
wagen können. Denn es sei ja doch gar nicht unbedingt noth- 
wendig, ut is qui destinationem assequatur beatus sit. Die da- 
für in Form eines Beispiels gegebene Argumentation beweiael 
aber nichts. Hr. K. raisonnirt so: Wenn ich mir etwas vor- 
setze, und diesen Vorsatz erreiche, so gewährt mir das aller- 
dings Vergnügen , — aber wenn mir diese Bestimmuog, dies 
XU erreichende Ziel, von einem andern, als von mir selbst, ia 
gegenwärtigem Falle also von der Gottheit selbst gegeben und 
vorgesteckt {quasi vi intrusa sagt Hr. K.) wird, so kommi'a 
noch erst darauf an, ob ich diese Bestimmung durch einen Act 
meines freien Willens anerkenne und zu der meinigen macbe, 
sonst u. 8. f. Hr. K. selbst nennt diesen Einwand jprocor and 
impia, und darin geben wir ihm vollkommen Recht, und fdgea 
nur hinzu, dass er obenein absurd ist. Es verhält sich damit 
wie mit jenem Einwurfe gegen den Aristotelischen Satz (Bth. 
Nie. I, 7, 15 Zell. 6, p. 1098 lin. 15 Bkk.): „Jedwedes Ding 
wird gut vollendet gemäss der ihm einwohnenden dgiSti^.** 
„Aber,'^ wendet Jemand ein, „man denke sich einen Spitzbu- 
ben; der wäre nach jener Bestimmung ein vollendeter , wena 
er aller erdenklichen Schliche und Pfiffe {virtutes latronis) Mei-» 
fiter ist, und doch — wer wird sagen, dass diese Eigenscliaftea 
•— lobenswerthesind?'^ — Kein Mensch, Hr. K«, und am aller- 
wenigsten Aristoteles ; aberhandelt es sich denn darum? Doch 
as ist widerwärtig, bei diesen und ähnlichen Wunderlichkeiten, 
die p. 31 zu lesen sind , noch länger zu verweilen. 

Erlauben wir uns schliesslich noch einige Bemerknngea 
über Sprache und Form der Darstellung. Wäre Hr. K. alleia 
Philosoph, 60 würden wir uns solcher zu enthalten haben, da 
die Zeit der Leibnitze vorüber, und schlechtes und barbari- 
sches Latein bei den neuern Philosophen gäng und gäbe gewor- 
den zu sein scheint. Aber der Vf. ist Schulmann, der die bela- 
den alten Sprachen in den oberen Klassen lehrt, und einem 
solchen ist ein solches Latein, wie das dieser Dissertation, nicht 
zu verzeihen. Denn abgesehen davon, dass es die Leetüre 
durch Mangel an Präcision und Klarheit erschwert, findet sich 
darin nicht nur keine Spur antiker Form und Farbe, sondern 
es beleidigt seihst durch Verstösse, die kaum Schülern ra ver-. 



Krnhl: De lonuni boni aotioira 8p«d Ailtlot SOft 

geben sind. "Welclier Alte braucht authentia (g. d^ntrodactia}« 
womit der Vf. j^Aechtbeit^' der Bücher ausdrücken will? Die 
Juristen haben authentice in einer gewissen speciellen Beden« 
tung^ und Kirchenscribenten das Adjectiv authenticua. Aber 
das Substantiv wird Hr. K. vergeblich suchen. Wo liest man 
bei einem KIp ^iker Wendungen wie hac de re Noster Herum 
nullus est >. 28) = nihil dicit^ habet? Das nullus sum 
und nvllus dubito der Komiker wird Hr. K. doch sicherlich 
nicht für sich in Anspruch nehmen wollen. Dabei der upla- 
teinische, bis zum Ekel gesteigerte Gebrauch von Noster^ was 
zuweilen auf einer Seite über ein halbdutzend mal wiederkehrt« 
Ferner tandem statt denique^ p. 13. — Quodsi igilur und quodsi 
vero^ Schülersclinitzer, p, 18 u. p. 24. — Structuren wie fol- 
gende: VideSy quomodo — degener at Nostri doctrina. — rem 
honam ferre = dicere ( p. 18 ). — In eo omnea fere consent 
tiunt^ quod sit animi facultas^ per quam etc. (p. 24). -^ Beson- 
ders unglücklich ist der Vf. in dem Gebrauch von quin^ das er 
auf die seltsamste Weise anwendet, z. B. p. 27 lesen wir: qua 
in re tarnen non praetermittendum videtur, quin illa denomi" 
natioy qua practicam ferunt^ latisaime pateat, Oder p. 32: 
negari non potest^ quin (Arist.) veritatem attigerit j was sich 
indess noch einigermassen retten Hesse. Solcherlei Dinge, wozu 
noch Ausdrücke, wie quid et qualia sit^ — En Socratem = 
adspice Socr. — ^ und der horribleGraecismus admonere ut sit 
{dsix^ijvav on SötLv)^ das zweifelhafte jper|;/2ire5 und zweimal 
numena (statt des Kantischen nooumena, im Gegensatz von 
phaenomena) kommen, sollten billig nicht in der Schrift eines 
Lehrers der altklassischen Litteratur gerügt werden dürfeä; 
besonders, wenn die Kritik in diesen Dingen durch einen so ho- 
hen Grad von Selbstvertrauen, als womit Hr. K. seinen Stoff 
und seinen Aristoteles behandelt hat, gleichsam herausgefor- 
dert wird. Wir erwähnten zu Anfange unseres Berichts Les- 
sing*8. Sollte es Hrn. Kruhl, der so oft. die offenbarsten Wi- 
dersprüche und handgreiflichsten Irrthümer dem alten Denker 
nachzuweisen meint, und dem es an Ehrfurcht vordem tief- 
sinnigsten und gründlichsten aller Forscher sosehr zu mangeln 
scheint, — sollte es ihm unbekannt sdn, wie Lessing bei ähn- 
licher Gelegenheit sich ausspricht? „Eines offenbaren Wider- 
spruchs^^' sagt er in seiner Dramaturgie, ,,macht sich ein Ari- 
stoteles nicht leicht schuldig. Wo ich dergleichen bei so einem 
Manne zu finden glaube, setze ich das grössere Misstrauen lie- 
ber in meinen , als in seinen Verstand. Ich verdoppele meine 
Aufmerksamkeit, ich überlese die Stelle zehnmal ^ und glaube 
nicht eher, dass er sich widersprochen, als bis ich aus dem 
ganzen Zusammenhange seines Systems ersehe, wie und wo- 
durch er zu diesem Widerspruch verleitet worden. Finde ich 
nichts, was ihn dazu verleiten können, was ihm diesen Wider- 



806 Griechlfche Litfteratar. 

0pruch gewissermassea unvermeidlich machen miissen , so Un 
ich überzeugt, dass er nur anscheinend ist Denn sonst würde 
er dem Verfasser, der seine Materie so oft überdenken mHa- 
8cn, gewiss am ersten aufgefallen sein, und nicht mir an^eub- 
term Leser, der ich ihn zn meinem Unterrichte in die Hand 
nehme. Ich bleibe also stehen, verfolge den Faden seiner Ge- 
danken zurück, ponderire ein jedes JFort^ und sage mir immer; 
„„Aristoteles kann irren, und hat oft geirrt; aber das« er hier 
etwas behaupten sollte, wovon er auf der nächsten Seite gerade 
das Gegentheil behauptet, das kann Aristoteles nicht. '^^^ End* 
lieh findet sich'g auch/^ — 

Ueber die zweite, schon erwähnte Schrift desselben Yfa.: 

Des Aristoteles Begriff vom höchsten Gut^ sack 
seinen Schriften und besonders nach seiner Nikomachischen £thik 
dargestellt von Heinrich KruhU Wissenschaftliche Abhandlaag 
zum Programm des Gymnasinms für das J. 1832. Breslau 1882^ 
gedruckt bei Grass, Barth et Comp. 

erlauben wir uns nur einige Bemerkungen, die sich an ein Paar 
Anmerkungen des Hrn. Vfs. anknüpfen. Seite 19 spricht Hr. 
K. über eine der schwierigsten Stellen der ganzen Nikomach. 
Ethik, das Xlte Kap. des Iten Buches (p. 66— 67 Zell., p.llOl 
Bkk. )• Besonders ist §. 4 ungemein verschieden aufgefasst, 
wie man aus den Commentaren ZelFs und der Compilation bei 
Cardvell ersehen kann. Am besten half sich noch der seither 
beste (so schlimm steht's mit Aristoteles noch) Ueberaetier' 
Dan. Jenisch, der — das ganze Kapitel geradezu anslieai, wo- 
bei er höchst naiv auf eine Aeusserung d'Alamberts (sie) pror 
vocirt, man müsse aus dem Alterthum nur das Beste öberaetsen. 
TVir können hier vollständig unsere Gedanken über daa ganke 
Kapitel nicht entwickeln, daher beschränken wir nna auf die 
Worte des §. 4, wo es heisst: Sia^pigoi 8b täv jtat(5v Sxaötw 
nsQi .^(Svtag ^ tslevti^öavTag 6v^ßalvBtv xoXv (jLaU,ov ^ ri 
naQcivofitt Tial dsivä TtQovTcaQXBiv Iv talg tgayipdlaLg ^ ngdt" 
tBö&ac'^). Was Aristoteles in diesen Worten sagen will^ ist 
eben so klar, als das Ganze dunkel ist, wenn nicht nach Samh 
rag eine Lücke zu setzen und anzunehmen ist , dass achoii Ufer 
die Vergleichung mit der Tragödie begonnen habe, die ein 
Paar Zeilen darauf gar zu sehr aus den Wolken fallt **). Arl- 



*) Bekker hat die Lesart nXavtBod'aif worauf Ref. bereits Tov 
Jahren fiel, und die nach dem Paraphrasten aach Koraes verth^igt 
und aufgenommen hat, nicht angeführt. 

**) Eine weniger gewaltsame Art derErklämog ist nachfolgende: 
Aristoteles häufiges Folemisiren ist bekannt, und seine oft stillschwei- 
genden Beziehungen auf bedeutende Schriften von damals aUgemeiaar 



Krnhls De sumnil bonl noUoae tpad Aiistot S8V 

stoteles sa^: ,,0b unglückliche Schickaale aeloer Freonde 
einen Menschen lebend oder todi treffen, das ist ein viel gröa- 
eerer Unterschied, als ob in der Tragödie die gewaltsamea 
und frevelhaften Thaten (die das Tragische in der Katastrophe 
herbeiführen) ein von vorn herein Gegebnes, aus der Wirklich- 
keit Entnommenes sind, oder vom Dichter erfunden werden. Dies 
ist die eine Erklärung, welche sich auf die Lesart nktttth6%ai und 
auf die Bedeutung von nQOvnaQ%tiv = vorweg gegeben sein 
(vgl. Eth. Nie. IV, 2, 14. X, 9, 8 u. X, 9, 14), so wie endlich 
auf Aristoteles Aeusserungen in seiner Poetik cp. 8, §. 22 — 26 
Reiz, stützt. Die andere beruht auf einer verschiedenen Auf-« 
fassung von nQOvnigxiiv and auf dem durch die MSS. gegebenen 
nQccTTBöd'ai^ und gibt diesen Sinn: — es ist ein bei weitem 
bedeutenderer Unterschied, ob einerlebt oder todtist, wahrend 
es seinen Freunden schlecht geht , als, ob jene nagavofia kuX 
ösivd der Tragödien (wie z. B. im Ajax des Sophocles) voraus- 
gehen, ein als Vorausgegebenes betrachtet werden müssen, oder 
im Stücke selbst vorgehen. Wie verfahrt aber Hr. Krohll 
Er sagt: „Beide Ausdrücke (^TtgovnccQXHv iv r.r. und TtgattB^ 
6^ai) stehen sich gegenüber; ngovnccgxsLV Iv talg rgayad» 
heisst : etnen gegebenen mythologischen und historischen »Sioff 
zugleich schaffen und in einer Tragödie darstellen — ngdx-^ 
XBO&ai einen Stoff zugleich schaffen und aufführen! I Er bil- 
ligt also die erstere Auffassungsweise; aber was ist das für 
eine Erklärung, ngovndg%tiv soll schaffen und darstellen heit- 
sen! — Und dann fügt er hinzu: der Paraphrast hatte mehr 
dag Ganze und den Hauptgedanken im Auge — wenn er er- 
klärte 1%H da diaq)ogdv oöa ^dvtov ht rtSv ^axaglcjv tolg 
olTteloig öviißalvei , rcav &ufißaiv6vt(Dv fisra triv aizdv rsAcv- 
n}t/, o 6 rjv |y€t rä iv talg Tgayq)5lccig TcXaxxofiBva xaxä 
t(3v xgoijaag^avrtov- Umgekehrtes ist kaum zu begreifen, 
und ein neuer Beweis, dass es mit nnserm Texte nicht recht 
richtig ist, dass der Erklärer hier so geradezu mit seinem oörjv 
$X^i dem Aristoteles widerspricht. 

S. 12, N. 3 sagt der Vf.: Ueber den Begriff des ßlovxB" 
IbIov (Eth. Nie. I, % 16, vgl. I, cp. 9 ext. cp. 10 §. 14—15) 
und über die von mir gegebene Auslegung desselben, erkläre 
ich mich, lohnt es anders, ein ander Mal, weil auch diese Un- 
tersuchnng mit der Widerlegung anderer zusammenfällt und 
den Umfang einer blossen Note überschreitet.^ — Das ist von 
Andern bereits geschehen, namentlich von Joh. Fr. GottL DeU^ 
brück in seiner Dissertation Aristotelis Ethicor. Nicom. adum-^ 



Bekanntheit scheinen ein nicht nnbedentendes Moment zur Erklärung 
vieler dunkeln Stellen abzugeben. In die Kategorie solcher möchte 
ich auch diese rechnen« 



368 Griechifche LItteratar. 

oratio accommodate ad nostrae philosophiae rationem facta 
(Halle 171)0) p. 14 ff., vgl. p. 40. Man sehe auch Etil. Nie. X, 
7, 7. Cic. de fia. II, 27, 87. neque enim in aliqua parte sed in 
temporis perpetuiiate vita beata dici soleL Dagegen 
redet Cato de Fin. III , 22 extr. 



lieber das Nachahmende in der Kun^t nach Art" 
stoteles. Von Dr. Af uUer, Prorector am K. GymnaBiuiA lu 
Ratibor. Scimiprogramm Ratibor 1834. 24 S. 4. 

Je erfreulicher dem Ref. die gegenwärtige Schrift erscheinty 
am 80 mehr bedauert er , dass ihm eine frühere Abhandiuiig 
des Ilrn. Vfs. : ^^Ueber das Nachahmende in der Kunst nach 
Platof-^ (Osterprogramm der Schale v. J. 1831) nicht za Gesicht 
gekommen ist*), an welche sich die hier vorliegende onmitteti 
bar anschliesst. Nach einer zum Schlüsse angehängten Be- 
merkung sind beide Bestandtheile einer ,,Geschichte der Theo- 
rie der Kunst bei den Alten ^^^ deren erster Theil bereits im 
Drucke befindlich ist. Unsere Abhandlung bildet den Anfang 
des iEweitenTheiles, dessen baldiges Erscheinen der Vf. gleich- 
falls verspricht^ and lässt allem Anschein nach etwas Gründli- 
ches und Tüchtiges erwarten. 

Ilr. M. tritt uns nämlich als einer von den wenigen entge- 
gen, die, frei von den Fessein irgend einer neuern Schule, es 
unternehmen, mit unbefangnem Studium die Theorien des mlten 
Denkers zn durchforschen and so darzustellen »^ dass sie nio 
etwas Fremde« hineintragen, sondern ihn überall, wo es Irgend^ 
thunlich , aus sich selbst erklären. Dazu gehört freilich etwas 
mehr, als die zu glauben scheinen, welche es vorziehen, die 
aus dem Zusammenhange des organischen Ganzen gerissenen 
Sätze des Mannes zu „beraisonniren^^, und ihn nach Befinden 
wie einen Schuiknaben zurecht zu weisen. Solche Darstellnn- 
gen erfordern eine umfassende Belesenheit in den Werken des 
Philosophen, und diese wiederum eine das Kleinste and anschei- 
nend Minutiöseste der Kritik and Grammatik nicht verschmi- 
hende philologische Ausrüstung, die freilieh jenen Philosophs' 
Stern als lästig, pedantisch und unbeholfen erscheint, weil sie 
sie nicht besitzen, und eben deshalb nicht würdigen können, 
die aber doch gegen Irrthümerund Blossen besser sichert, als 
ihre eigne blecherne Theaterrüstnng vornehmet Phrasen und 
hochklingendei", aber oft hohler, zum Theil aas der RompeL 



*) Seitdem ist dieser Gegenstand auch von Rüge in seiner treff- 
lichen : Platonischen Aesthetik ( Halle 1832 J abgehandelt worden. S. 
KJührbb. 1833 u. Berl. Jahrbb. für wL». Kritik, Jahrg. 1833^ 










•' ■ ^ • . • -l . ' 

kammeT der Sdholtttik herfeho||er RedjenMTteOt die IiclJel«iK. 
LafUtreiche, den sie führen, suvor da« Oht dareh ihir Klap» , 

Sern betäubl, aber gegen einen grnndliclien Ausfall olebtätleE 
alt. Wir glauben dem Verf. nicht besaef pnsre IflöcbachtQnf 
ausdrlicken zu können, als 'wenn wir aagen^ dass es nna scheioei^ 
er habe sich bei seiner Behandlung des Aristoteles Leasing aona 
Vorbilde genommen, der nnsrer Ansicht nach Immer unüber- 
treffliches Mustfer bleiben tvlrd. Dies gilt nicht bloss von der 
erschöpfenden Weise , in welcher Hr. M. keine der in Arisl« 
Schriften an verschiedenen Orten zerstreuten Stellen, nament- 
lich aus den noch lange nicht genug beachteten Problemen, der 
Rhetorik, Politik und Poetik vernachlässigt hat, sondern selbst 
¥on der anspruchslosen ^ klaren und deutlichen Form der Dar« 
Stellung, die nur zuweilen ein wenig zu gedehnt erscheint» und 

{*ener kerntigen, zusammengefassten Kürze und der springendeil 
ielchtigkeit ermangelt, wie man sie an Lessing bewundert. ^ 
Der Vf. geht aus von der Uebereinstimmung der Bezeieh^ 
nung der schönen Künste als nachahmender bei Piaton und Ari- 
atoteles , um gleich von vorn herein daran die Warnung zu kn^ 
pifen, aus dieser Nainensübereinstimmung auf ein Einveratind-^ 
niss beider Denker in. der Ansicht über das Wesen derselben za 
achliessen. Aristoteles nahm von seipen Vorgängern, gleichviel 
ob von Piaton oder von, früheren, die Namen auf.vnicbt, um den 
Künstler und sein Werk herabzusetzen, sondern ',,well sein 
forschender Geist die psychologische Erklärung des. UreprunsB 
der höhern Knnstthäii^keit, sowie der Wirkung^ welche die 
Werke der Kunfst auf die Seelp ausüben, eben in der nachah* 
merischen Natur derselben entdeckt zu haben glaubte/' Der 
dem Menschen ursprün^rlich einwohnende Trieb zum Nachah*' 
men^ womit sich der Trieb zulernen und A\q LueC an Nath^ 
ahmungen aufs Schönste verbinden, ist der Ursprung der Poe* 
sie und der ihr verwandten Künste (Arlst. Poet. IV, vgl; Problem* 
XXX, 6. p.956, 11. T. IL Bkk.); «nd eben daher erklärt sich 
auch die Lust, welche künstlerische Thätigkeit und ihre Prd- 
ductionen erregen. Der zweite Punkt, welchen hierauf der Vf. 
ins Auge fassit (S. S) ist die Eintheitting ier Künste. Sie er« 
weiset sich als eine dreifache, jenachdem man entweder daa 
ivas^ oder das wodurch^ oder dss wie der Nachahmung ala 
Eintheilungsgrund ansieht. Zu diesen aber gesellt Aristot iii 
der Politik und in den Problemen' noch einen vierten^ nach wel- 
chem die nachahmenden Künsteln solche zerfallen, deren Pro* 
ductionen sich als Nachahmungen von GemtUhsbew^gungen liik 
eigentlichen oder nur im uneigentlichen Sinne geltend macheil. 
Hinsichtlich der Mittel der Nachahmung unterscheidet Arktot. 
(Poet. 1, 4t Herrn.) dreiAfteu der Künste, 1) die, welche durcli 
Farben und Gestalt, 2) die, welche durch die Stimme, und S) 
die , welche durch Wort, Harmonie und Rhy tfamtta nadiahmeit. 



*, 



S70 Griechifche Litteratar. 

Aber wahrend er einerseits zugesteht , dass diese Daratelläng«- 
mittel gar wohl mit einander in Verbindung treten könoeiii 
bemerkt er zugleich andrerseits, dass dieselben nicht immer 
in der Verbindung, wie sie in der ersten und dritten Kianse la- 
aammengestellt siAd , angewendet werden. Ferner geseilt er 
zu diesem ersten ein zweites Prineip der Eintheilnngf denlTtifurf- 
styl der Nachahmung (S. 5 Idealisirung^ Karrikhung, JKopie). 
Die meiste Beachtung aber wendet der Vf. derjenigen Binthcl- 
lung zu, nach welcher Aristoteles die Künste in solche acheideCi 
deren Froductionen sich als rtäebahmungen von Gemüthsbewe- 
gungen und GemüthsstimmungeÄ^^ eigentlichen^ und flolchCi 
deren Werke sich als solche Nacna)imungen nur im uneigemtR' 
chen SinnQ erweisen. Zwar bezeichnet Aristoteles beide gletelh 
massig mit demselben Namen (S. 6), allein nur in Folge im 
eben herrschenden Sprachgebrauchs. Hr. M. geht nun Tön 
dem; in den Problemen ausgesprochenen und in der Politik, mir 
etwas weniger bestimmt, wiederholten Satze aus: f^dass fo» 
jdllem, was durch die Sinne wahrgenommen werde (f«dvoy TOV 
al0^Tc5v\ allein das durch das Gehör wahrnehmbare {tdixmh 
6x6v ) ein unmittelbarer Ausdruck sei von dem innem Leien 
des Gemüths {^^og Mxsi).^^ Nachdem der Vf. die Begrfindug 
dieses Satzes aus Aristot. gegeben (S. 6 — 7), und nach Uui 
die Frage beantwortet hat: warum denn die Musik diese Macht 
hat, in Gemüthsstimmungen zu versetzen, während dagegen dör 
Eiufluss der bildenden Künste nur sehr gering ist' (S* 8— 9)« 
geht er an die Lösung einerneuen: ,, wiefern nämlich ^ niA 
Aristoteles Ansicht, auch bei den übrigen Künsten entwete 
eine wirkliche Nachahmung innerer Stimmungen und ftegu- 
gen, d.h. überhaupt geistiger Zustände oder nur eine Andefr- 
tung derselben heraustrete (S. 9 ff.).^' Hier gelangt er sn den 
Resultat, dessen nähere Begründung S. 10 — IS nacHsoIeaea 
ist, dass die Schauspielkunst und die ihr Terwaödten Kftnate 
al« unmittelbar nachahmende, die Poesie dagegen an steh, io- 
wie die bildenden Künste als solche zu betrachten seien, in de- 
nen nicht sowohl eine unmittelbare Nachahmung von J7afidEttfiih 
gen (über den Sinn des Ausdrucks ngä^tg s. S. ll), als lietmehir 
nur eine Bezeichnung derselben enthalten sei. Ebenso ericheliit 
die Musik als wirkliche Nachahmung von GemüthssCimmilngen 
und Regungen; die übrigen Künste, ausser der Orcheatik , in- 
sofern ein dem Gehör wahrnehmbarer Rhythmus sie t«gl'eltet| 
nur als Andeutungen der Zustände des Gemüthslebens. iBUer- 
auf bestimmt der Vf. noch das Verhältniss der Muaik Yn der 
Nachahmung von Handlungen näher, und erweiset aodanni dais 
weder bei Piaton, noch bei Aristoteles der aufgezeigte dop- 
pelte BegriJOr der Nachahmung immer gehörig scharf auaelnan- • 
dergehalten werde, sondern dass vielmehr nur von einem Mehr 
oder Minder in Bezug auf die Treue, Lebhaftigkolt fmitWäir- 






Jbeit der NachabmuDg^ die Rede sei, «o^ dast wohl ^e Sttaln^^ 
folge lier versobiedeuen £i|08te in Rucksicbi aal das Macbah- 
nieriscbe derselben sieb feststellen, nicbt aber eine strengfi 
Soudernng in jene zwei Klassen^ der im eigentlichen (strengem) 
und uneigentliehen (weitern) Sinne nachämenden ^ch dar|di* 
fobi^n lasse. — .. 

Als Resultat endlich der gansen Untersocjhnng hebt dar 
Yf. zom Schlüsse die Behauptung herana (S. lif): dass in den 
.Gegenständen , welche die Künste nacbabnien , an und für sich 
kein Eintheiiungsprincip für die nachahmenden Künste liegen . 
denn alle ahmen mehr oder minder tren und lebendig GemütbfN 
instande und ^andluiigea nai^h. , ^^l^^er noch in einem dritten 
Sinne^^^ fahrt Hr. M. fort, „spricht Ä^st von dem^ waa durch . 
die Kunst nachgeahmt wird. Von drei Dingen nämlich, sagt ^ 
er (Poet. 24, 3), muss die Poesie (und Hr. M. setzt hinau: auch 
alle nacbahmenden Künste) immer eins nachahmen , ^ yäg ola 
f^v ij Söttv* ij olcc g^aol xal öokbI' S ola slvcci ÖbL Also die 
Wirklichkeit^ die SageunA der Glaube der Memehen^ und die 
ewige Wahrheit^ das sind die Quellen, ans denen der Künstler 
schöpfen söH.*^ '— Nachahmen, was sein soll/ d. h, Erfi^sen 
und. Festbalten des wahren Innern Seins der Dinge, „das ist 
die Blütbe des Machabmongstriebs, die uns hier Aristoteles 
kennen Idhrt, dessen scharfer Blick selbst zwischen den rohea 
Versuchendes Kindes, nachzumachen und nachzubiideQ, waa ' 
ihm gerade vor Augen kommt, und der erhabensten dichteri- 
f Beben Thätigkdt, die daa innerste Wesen der Dinge durch- 
dringt und «lurcb nachäIhnendeXnnst zur klarsten Anschauung 
an bringen versteht» diie Terborgene Verwandtschaft leicht her- 
ausfand« fS- 17). 

Nachdem wir so> den Hrn. Vf. «prnn|fweise auf dem Gange 
seiner Darstellung begleitet haben « gestatten: wir uns nur noch 
ein Piuir Bepierkungen, zn welchen uns die seiner Abhandhing 
angeh|Lngten kleinen Excurse (v. S. 18—24) veranlassen, in 
welchlBn einzelne Punkte genauer erläutert^ i^nd Auflfassungea 
. Aristotelischer Stellen begründet^werden. In dem ersten wird 
%die Lesart Bekkers und der alten MSS. dmr^^ tpc^v^S (niclit ' 
diä g)(ovijg^ wi^Hr. Bf. schreibt) gegen die Emendation Her- 
manns und Anderer: Sm z^ qyuös&Qf gut vertbeidigt. In dem 
zweiten einedunkleSteÜe derPolitik; VUI, 5; p. 267 1.IS GoetÜ. 
Cxriliata yagi kfu fcoiavtit aiX htl fuugov xal xuvzsg t^g toy^ 
avtijg Ttot'mvov^v al6d'ij(Uff}g durch richtige Beziehung 4et 
Worte dXk* i,nl fic^gov auf das Folgende ( was indessen noch 
deutlicher hätte gemacht werden miiSBen), und durch dies sehr 
glückliche Vermutbung, dass ov vor sravrag ein^uiiGbalten sei, 
in ein ganz neues Licht gesetzt. Die Excurse i^i-^V jEtind 
minder wichtig. In dem Vlteä wird genau erläptect, was Ari- 
stoteles mit dem Aoadryckf) (i^opt. id jt) fW $^^^S 4.^^ 
■ • ^ ' . ' . 24*. • "^ 



/■ 






ST2 Griechitche Litteratvr* 

öTfi %al %if^aQi6tixijg habe tagen wollen. In dem leUteii end- 
lich rechtfertigt der Vf. gerne Uebersetzang des griechischen 
Autdrockt iiifLtlö^at nnd iilfujötg^ indem er lelgt, „dmac der 
Haoptbegriff des ersteren, der einet Bildent, wobei mmn ein 
Objectivet, Sinnliches oder Geittiget anm Vorbilde hat, wei- 
chet man nicht gerade abbilden, sondern nach deaten Matter 
man etwat Anderes hervorbringen will, nur dann gerettet wird, 
wenn man ftiiinö^M durch nachahmen oder nachbilden aber- 
aetxt, wenn gleich anch der Sprache damit einige Ckwftlt go* 
achehen tollte/' 

Referent tchliesst mit dem aufrichtigen Wnntche, diem 
Hrn. Vf. recht bald wieder auf einem Felde an begegneo, dti 
ao rästiger Hinde und to guten , von tüchtiger fiinaicht 1llltc^ 
at&tzten Wilient noch to tehr bedarf.' 



AristoteleM über den Sinn de9 Gesehmaeis^ h 
Ferien Schriften von Karl Zeü^ Dr» der Fbilot. n. ¥nL 
der alteo Litteratur an der UniTersität la Freibarg. Dritte Sanut- 
laog. Freiburg im Breiflgaa, bei Friedr. Wagner. 1888. U.S» 119 & 

Der obengenannte Anfsatx f&llt die ertten drelaaig Sdten 
dieser dritten Sammlung kleiner philologischer Auftitse, de« 
ren frOhere Abt h eilungen neben Ihrem eignen Werthe und dem 
allgemeinen Interesse der darin behan'delten Gegenstinde idie 
Aufmerksamkeit eines grössern Publikums auch durch die go* 
wichtige Empfehlung 6roe<A(e'« sich gewonnen, der iaKanat ul 
Alterthum (V, 3. S. 187) den Vf. durch das Urtheil ehrte, dait 
er „sich die vorzutragenden Gegenstande so ansueignen gewuit 
habe, und sie so heiter vorxutragen verstehe, data maa aick 
dabei befinde, als hatte man das selbst schonte gedacht.** Steha 
nun gleich die in dieser Sammlung mitgetheilten Anftitse ÜL 
Gänsen an Feile und Durcharbeitung den beiden frühem ctwtt 
nach, so bleiben sie doch immer eine dankenswerthe Gabe, de- 
ren Fortsetzung um so mehr zu wiknschen ist, als wir noch im- 
mer an Arbeiten solcher Art Mangel haben, die über halbver- 
gessene einzelne Punkte des Alterthums Aufschlliste ia dner 
Weise geben, welche neben der Beachtung der IHinner tob 
Fach auch die Theilnahme det nicht blots so genannten, gebft- 
deten Publikums in Anspruch nehmen. Ist doch die Forttetmng 
dieser Sammlung schon an sich , was den letztern Punkt anbo* 
trifft, ein erfreuliches Zeichen, dass Pressen und Pabliknra un- 
serer Landsleute in Stiddeutschland neben all den politltchea 
Irr- und Wirrsalen, dem Schreiben und Treiben der Tagalitt^ 
ratur, auch für tolche Dinge noch ein wenig Zeit nod Intereato 
übrig haben. 

Der erste Aufsatz: Aristoteles über den Sinm des fi»- 
sehtnacks^ iat laut eigner Mahnung dea Verfaucn niäw VM 



' JL '■ ■ "-r, ^t . ■■ ■ m. - « ■ 

f ••*-■■■.•.-■.''■*. ••■»**! 

l < ■ .-..--■ V .' • ;■>■■ -v-v^".f~*-^ ■ ■■<•. \- .» 

[ [ZeU: JMrMtotelra ftW: im GeidlMüdk; - 991: 

dem literarhistorischen i\%naitirwiss9n$eh^fiUdlM$lMui^^ 
•US zu betrachten, da er teiae Botstehung kunichtt nur de« . 
Wunsche des Vfs. verdankt^ sich mit den naturwitsensehaflUt* 
eben Werken des Aristoteles etwas genauer bekannt 9a mai^; 
chen^ nachdem er längere Zeit sich mit seinen übrigen Sd^r^«^,. 
ten heschäfti^t hatte.. Von diesen früheren Stadien hatte der., 
yf.| wie den Lesern d. BL bekannt seih wird, vor vieraehnJahr:' : 
ren in seiner Ausgabe von Aristoteles. Nikomachischer Eth^c^ 
eine Probe gegeben, die bei allen ihren Mängeln doch so Gotea 
' und Erspriessliches für Aristoteles Werke erwarten Hess, dass. 
es Ref. nur bedauern konnte, durch vierseh^ijähriges Stillschwel- 
gen des Vf. auch vpn ihm annehmen znmusseni dass er alle 
weitere Sorge für den alten Stagiriten nach diesem ersten Ver- ; 
suche aufgegeben habe, zumal da wir ihm spiter als Red^dor 
eine;r. Klassikersammlung, and später gar als Landtagsabgeoi^d« ^ , 
neten wieder begegneten. Um so erfreulicher ist daher Air ane . 
dies erste Zeichen des Gegentheils, and da wir ans demselben i 
ersehen, dass Hr. Zell sich jetzt, wo, seit seinem ejrsten Aaftre* \ 
ten 80 viel für Aristot. geschehen ist, dem Stadium seiner phy^ 
sischen Schriften zugewendet habe, so möchten wir uns erlaa- 
ben, ihn dringend aufzufordern, sei es in der Fortsetzung dieser 
Samfnlung, sei es anderswo, i^n Problemen seine Thätigkeit 
zuzuwenden, welche die allseitigste Behandlung eben so si^; 
verdienen als bedürfen« — Doch damit wir nicht zu weit voa 
ilQserm Aufsätze abgeratben, so erlauben wir uns hier ein^ 
kurze Mittheilung der iq demselben dargestellten Hauptpunkte. 
Der Vf. folgt' bei der Zusammenstellung nnd Anordnung alier 
Stellen, in denen Aristotv sich über den Geschmackssinn analisst^ 
der Aristotelischen Eintheilung, und beantwortet sonadi die.' 
drei Fragen: Was lehrt Arist. über das Geschmactsorganp. 
was über die ^rt^ wie das Schmecken geschieht ^ nnd dritieni 
über die schmeckbaren Gegenständet Daran reihen sich eine 
Classification der Geschmacksempfindungen, einige Vergleichun« 
gen des Geschmackssinnes mit den übrigen menschlichen ^in«» 
nen, sowie endlich eineVerglelchung des menschlichelinütdeiii 
Geschmackssinn der übrigen Thierklassen. 

Alleiniges Organ, des Geschmacks ist nach Aristoteles die 
Zunge*) (Arist. H. An. I, cp, 9> §• 6 Sehn«), und zwar vornehm* . 
lieh deren äusserste Spitae' (ro äxgop). Weiter . findet sich / 
keine nähereBeschreibnng des menschlichen Gteschmackaorgana 
bei Arist, welche vielleicht mit seinen verlornen anatomiachea 



*) Die mens cbliche Zange hat nur zwei Verrlebtangsn, ievaeUtg^ 
das Schmecken und Sprechen. De Partib. An. II, 16« de üeepirat* 
cp, 4, p. 17, Sylb. de AnimalU, cp. 13. $• 4« ed. TrendeL, ibi^. Trend. 
F»g-5W. 






8Y4 Griechische Litteratar. 

ond physiologischen Schriften zugleich Terloren gegangen tat. 
Nur das sagt er von der Zange, dass ihr Fleisch locker and 
weich sei (H. An. 1, 1) *). Die Zungenwärzchen, Zongenner- 
ven kennt er nicht (p. 1— 8.)^ Zur Hervo^bringung der ©»-' 
schmacksempßndung bedarf es einmal , nnd vornehmlich der 
unmittelbaren Berührung des Gegenstandes nnd des Organ^j 
wie hei dem Lustsinn, während bei den drei übrigen Sinneä 
Licht und Luft als Media {(leta^} intercediren, sodann der . 
Auflösung im Nassen, wobei jedoch des Speichels im Beaotiderit 
nie gedacht, sondern immer nur das feuchte Element im All- 
gemeinen (v^poV, vyQotfig) erwähnt wird. Das Organ 8eib«t ist' 
daher nur ein relativ trocknes (denn im ganz trocknen Znstande 
schmeckt die Zqnge eben so wenig als im ganz feuchten), trdr 
ches zugleich das Vermögen hat, das Feuchte in sich aufanneV- 
men (dvvccfitvov vyQav^^vat) **). Der Sitz des gemeinacfaaft- 
lichenSensorinmsist das/Ters (departib.Anim. n,p.30Sylb.)^)* 
Ausführlicher äussert Aristot. seine, zumTheil gani eigen- 
thümlichen Ansichten über das Schmeckbare und über dasjenigei 
was in den Gegenständen den objectiven Geschmack hervor- 
bringt, indem er seine Vorgänger nach seiner Gewohnheit kri« 
tisirt. Hier hat er's mit Emppdokles nnd Demokritoa sn thnn. 
Empedokles sagte: in dem Wasser seien alle 'Geschmäcfce ent- 
halten {nccvöTCSQiila xviiav)^ Wärme und Sonne rufen die ein- 
zelnen hervor. Aristoteles, diese Ansicht als handgreiflichen 
Irrthum auf dem Wege der Induction widerlegend, behaupte 
grade umgekehrt: Das Element des Wassers sei geschmacUlM^ 
und das Schmeckbare ergebe sich eben d&durch , dasa man nnr 
tersnche, was denn dasjenige sei, was dem Wasser Geachmadic 
mittheile,, und verwirft lugleich die Ansicht des Atomlatikera 
Demokritos, der diese, wie alle übrigen Wahrnehmuifgen,' cdn- 
sequent seinem Systeme, auf den Sinn des Tastetis anrack- 
führte (p. 13 — 16). Eine Ansicht, welche übrigens in neuerer 
Zeit durch £or. J9e//tm ( saeouL XVII; f 1713) ernenertnnd 



*) Dazu Problem. X, 21. Ilf, 29. ftnmxymSrjg ictlr i v^c^yXahnfg 
cAq^, ßQSxofiivTj ovv i^atQSTOii, XXXIIII, 3. Philippspn'^TXi} ^Av&Qone» 
p. 34. Die Zunge ist bei keinem Thiere fett^ Problem. X, 21. Farbaa 
äer Zange, ibid. XXXIV, 6. Die si^ bedeckende Haut Ut äasfcursft Mb 
und zart, ibid. Die Zange ist gespalten, de partib. Anlm. II, IM pA 

**) Diese Bestimmang leitet sich her aus dem för alles Sfamliche 
bei Aristot. geltenden Satze, dass das Organ des Sinne« der MdglichluBtt 
( dwocfLSt ) nach dasselbe sei , was sein Gegenstand der WiriclichkeU 
nach (^hsgysla). Vgl. Chr. Herrn. Weisse Anmerk. sä Arift. TOn (jier 
SeQle , p. 262. 

***) Daza de sensa et sensili cp, 9 ei^t, nffdg z^ twfiitf YO «faO^ 
T^yi^v, 4e Gfinerat. Aiiima}. P, & 



■*• ■... * * 



Mit ArHirtitlir JUtt i^ fltwJWiwfciif* 

aodi im IStoii Jalirb. ▼«vt|i«Mfgtirarde: DäMflf^^^MH^^ 
ist nim *da8 Schmeckbare ein' Festes, wddiee Im RMien willh^ 
lört li^ird. Seine SeiimeekbarkeU bedingt iiiy^letater lotteiui 
rd TQO^ifiov ^giv^ d. L der NahmDgwtoff. Alles 8ebmedc-> 
bare enthält Nahmagsstoff und nmgekehrt (p.l6— Is). Bec 
yt erklärt (p; 18—19), wie Ar^et an dieser ^heinbar wv|> 
derlichen Ansicht geibommen sei, häli^s aber niehtsdestowe» 
niger für unrichtig, „da gerade die nahrhaftesten S|toffea«| 
venigsten schmecken, dagegen die nicht ndirhaften Gew&rsei 
Salse n. dgL den stärksten Geschmack haben. ^^ Dieser Nahpi 
rungsstofT ist nun dem Aristot. das Süsse {Zuckerstoff bei Nene-t* 
ren), dessen Ersengang er ans einem gehörigen Verhältniss« 
des Warmen nnd Feuchten ani dem Troc^Enen und Kalten^ und 
ans der gehörigen Dnrcbdringnng nnd Irarcbkochnqg derbet; 
den ersteren herleitet. Aufhebung des richtigen VerhUtnisscSi, 
erzengt die verschiedenen Abstufungen des Bittern. Hierdardi 
wird für die Classification der Geschmäcke ein feste» JPnnkl^ 
gewonnen. Grund- und Hauptgeschmack (^ das Positive de« 
9e8chmacka^^) ist daa Süsse j dessen direkte Negation das i}d-> 
tere. Au« heider Mischung entstehen die Ikbrigen Gesohmicke^ 
wie aus sckwarzt und weiss die übrigen Hauptfarlien, deren Sio? 
bensahl er die Geschmäcke paralleOsirt* 

Einfache; t to yXvHV* II. iQ MixQip*^ 

Beiden angrenaend: ad I. rd XtMOQOVy*) ad IL vd HinvQisff 
. Mitten innen zwischen diesen liegen: ro Sgiiiv der scharf(| 

Geschmack, to avötfjgdv der zusammenziehende strenge 

Geschmack, to ötQvgruov der herbe, ondrödSi; der saure 

Geschmack'*'^). 
Verhältnisa des Geschmackssinnes an den Ikbrtgen Sinnen des 
Menschen. Verwandt sind ihm am meisten der Tastsinn n^d 



*) IVei9se: das Oelige. TM : der feit^ nad dlige Geselunaok. Com- 
mentol. CtmimMc. (ad AriU. db Aonia, p. 9/», Qaaestio I, Art^. II» 
Qoae ^int species Baporom ) pinguU in batiro^ lacte et o)eo* 

"^O Weisse fibersetst (p. 59): „das Beifaende nnd Öanre und 
Herbe und Scharfe. Drend^iMurg-^n der Schrift da AaiipaConunent p.4M 
lasst sieh aber den Unterschied der Ansdröcka ßQtiM und iiv so vei^», 
nehmen t d^ißvf ei o£vg ita fnrtasse diffarant gastas, nt Qle magfi 
mordetet, hio magis paogat. ßnod ut credanus facit Dioscorides, qqi 
solani describeai radicem, ysvetp dixit B^^^tX4itp at idntowsap tiQii tpi* 
qvyya (cf, Steph. s. t.> Piatonis Tisiaeus: t^ajT^ss« ^Iv eiv Sfrv» 
exqvtpra^ i^rtov d^ 'Cf^xiv orta uvetfj^ä tpn^wai; qaibuseniti 
Gonseatinnt quae Stephanas ex Aetio in praef. 1, 1. affert : otssw xq ael^ 
aia^oir «j^ yhare^ emt&a a^sd^s ^«^^7 a«^ ewd^ aal '^f^xi^ P^ 
XQi ßa^evsnUiovog avt^ et^v^^hp «xor* xkteumep^ eeefut/noi^ 
8srs9 letl» bmxstofiivov «iexii^ o v. 



116 Uofliodik dei deutschen Sprachanterddiis. 

Oerochsinn (p. 22 — 25). Die Notixen aas dem Gebiete der 
vergleichenden Anatomie und Physiologie, welche von p. 25 bis 
IQ Ende der kleinen Abhandlung zusammengestellt sind, leiden 
keinen Auszug, man muss sie selbst nachlesen. Die Polemik 
jedoch gegen Aristot. Behauptung: dass alle Thierklassen Ge* 
schmack haben müssen, wenn auch In verschiedecedi Grade, 
vFeil alle Nahrung einnehmen, und weil man überdiess faat bei 
allen nachweisen könne, dass sie ihre Nahrung wählen^ ond 
durch diese Auswahl zeigten, dass die verschiedenen Nahrung««- 
mittel auch verschiedene Eindriicke auf ihr Geschmacksorgan 
hervorbringen (De Anim. Hi8t.iV, 8), ist schwach, und mödbte 
Bcbwerlich Stich halten. 

Sollte es dem Hrn. Vf. gefallen, — und wir unsrerseits spre- 
chen dies als einen WUnsch aus — ähnliche Punkte auf ihn-' 
liehe Weise zu behandeln, so würden wir neben gleicher hiatiH 
rischer Treue der Darstellung nur noch eine befriedigenderei 
ausfuhrlichere Kritik durch Bezugnahme auf die Resultate neue« 
rer Untersuchungen zu wünschen haben. Denn erst dadurch 
wird durch solche Abbandlungen das gewonnen, was für Ref. 
wenigstens das Interessanteste ist, wahre Einsicht in den Ge- 
balt dessen, was der Meister der Gelehrten wirklich gefunden 
und erforscht hat. Freilich ist dies eine Seite der Behandlung^ 
in welcher selbst das Meisterwerk Schneiders^ die Bearbeitung 
der Aristotelischen Thiergeschiqbte, noch immer als mangel-i 
haft ersqheint, jd. J§tahr, 



S^ndsohreiien an die geehrten I^ehrer der 
Muttersprache in deutschen Qelehrtensehu" 

len^ von Dr. Georg Reinbeck ^ Königl. Wärtemberg^. Hofi* 
rath etq. Nebst sechs Beilagen, die deutsche Sprache und den 
Sprachanterricht betreffend. Ein Beitrag zur Methodik» Statt« 
gart, bei F. C. Löflund u. Sohn, 1832. 

Beobachtet man, wie seit geraumer Zelt Grammatiken, Sats- 
lehren, Stillehren, Rhetoriken, Poetiken und welches die Na- 
men derauf den deutschen Sprachunterricht berechneten Schale 
bücher sein mögen, in immer mehr zunehmender Menge in je- 
dem Frühjahr und Herbst wie dichte Wolken auf der LeipMfer 
Messe sich aufschichten: so dürfte man vielleicht aus dieaer 
Erscheinung und dem sie hervorrufenden „Bedürfnisse^ schiiea- * 
sen, dass die Pflege des muttersprachlichen Unterrichtes ia 
voller Blüthe stehe, wenigstens einer ganz besondern Aufmerk- 
samkeit in Deutschlands Lehranstalten sich zn erfreuen habe. 
Wie aber soll man hiermit zusammenreimen, dass, ebenfalU 
schon seit geraumer Zeit, kein Jahr vergeht, in welcliem nicht 
•^ «bierecbnel die Scbulprogramme -^ eine oder mehrere 



Beinbeck'i SeBcUcIireiben aa die Lehrer der MoltanprulM, STY 

Schriften erschienen mit der Tendenz, dieten Unterrichtsge« 
genstaud der pädagogischen Welt aufs dringendste anzuempfeh« 
len, seine Nothwendigiceit , seine Erspriesslichkeit mit aller 
Wärme hervorzuheben? Man könnte hieraus folgern: entwe* 
der dass die Zweckmässigkeit dieses Gegenstandes an sich selbst 
noch nicht zu allgerneiner Anerkennung gelangt sei^ oder diese 
bereits schon in Abnahme zu kommen drohe; oder dass man 
die Sache selbst zwar gelten lasse ^ aber nicht die Form; da« 
Object zwar^ aber nicht die Methode, wie sie sich gegenwärtig 
als angewandt herausstellt, billige; oder endlich, dass über 6er« 
des noch ein Zwiespalt herrsche. Die letztere Folgerung dürftQ 
die richtige sein. Wenn auch der grösste Theil der Schul- 
männer von der Zweckmässigkeit des deutschen Sprachunter«» 
richts an und für sich überzeugt ist, so hat er doch auch noch 
ziemlich viele Gegner; und die Methode •— die liegt allerdings 
noch sehr im Argen« -*^ 

Es ist allbekannt, dass man noch vor zwei, drei Decennien 
und früher den Unterricht in der Muttersprache auf deutschen 
Gymnasien entweder gänzlich vernachlässigte oder doch hoch-* 
stens nur so nebenbei in den Lehrplan mit aufnahm. Als vor: 
etwa zwei Jahrzehnten durch Erwachung und momentane Er-. 
Stärkung des Nationalsinnes die Unabhängigkeit des Vaterlan-* 
des errungen und sichergestellt war: da zeigte sich das allge«. 
meine, aus dieser grossartigen Aufregung hervorgegangene Be« 
streben, die deutsche Nationalität nach allen Seiten hin zu be« 
gründen und für die Dauer zu bewahren, auch darin, dass man 
auf den Anbau der Muttersprache, welche ja die festesten Bandf 
um eine Nation schlinge, ein besonderes Gewicht legte und na- 
türlich gleich in der Schulwelt damit den Anfang machte. Dia 
Absicht war gut. Aber woher sogleich, ohne vorausgegangene 
Erfahrung und Vorbereitung, die richtigen, sicher zum Zweck 
führenden Mittel nehmen? Ohne zu bedenken, dass es ein 
Andres sei mit dem Erlernen einer fremden Sprache, ein An- 
dres mit dem der eignen Muttersprache, Hess man nun Lehr<-> 
hücher auf Lehrbücher erscheinen, alle nach dem Zuschnitt 
der üblichen lateinischen Grammatiken, voll unübersehbarer 
Regeln, Tabellen, Paradigmen u. d^l. über Dinge, welche wol 
etwa ein Ausländer, nicht aber ein Eingeborner zur Erlernung 
der deutschen Sprache sich einzuprägen hat. Der Erfolg war 
kläglich. Und wie konnte dies fehlen? Schon zeigte sich 
in Folge dessen auf Seiten der anfangs für ihren Gegenstand 
begeisterten Lehrer der deutschen Sprache Muthlosigkeit und 
Verzagen an der Erspriesslichkeit ihres grammatischen Untere 
richtes« Was stand nun vollends zu befürchten, als der ausge- 
zeichnetste Forscher der deutschen Sprache, als J. Grimm mi| 
gerechtem Ingrimm gegen diese Verkehrtheit auftretend, ge^ 
gen den Unterricht in der Muttersprache iich anf das Bestimm« 



SIS Moäiodik des deutschen Sprachunterrichts. 

teste erklärte, denselben geradezu als eine nnaägliGhey die freie 
Entfaltung des Sprachvermögena störende Pedanterei hinstelltei 
und behauptete: jeder Deutsche, der sein Deutsch schlecht und 
recht, d. h. ungelehrt, wisse, könne klthnlich alle Sprachmei- . 
' sterregeln fahren lassen! — Der Ausspruch eines solchetiMaiH 
nes fand bei denjenigen Philologefi, welche schon längst mit 
scheelen Blicken die Stundenanslahi für ihr Latein be»chr£akt 
sahen, den lautesten Beifall, und nun entstand ein leidiges 60« 
zanke, in welchem man zuletat au vergesse« schien, was maii 
denn eigentlich wolle, und gewiss au^h die deutsche Sprache 
wieder aus dem Lehrplane hinausgegeisselt hätte^ wäre nicht 
mittlerweile der Einspruch der s. g. realistischen Richtung 
schon zu weit «vorgeschritten gewesen, als dass die orlhodoxeoL 
Philologen ihr ancien rdgime hätten behaupten könnerv 

Es wlirde hier »1 weit führen,: den hin- und'bersobwaii-r 
kenden Kampf näher zu beschreiben; sahen wir hebtr sogleioh 
auf den jetzigen Stand der Dinge. 

Die Zweckmässigkeit der Sache selbst hat sich AarcYige- 
fochten; nur Wenige geifern noch dagegen; im AllgemeiBen 
sseigt sich der Sieg des Deutschen in der Erweiterung u»d ^ieU 
seitigen Begünstiguiig seiner Lehrstunden, namentlich in preus« 
sischen Schulen. Allein etwas Andres, als das gaiiz abstrakt 
eingestellte „deutsche Sprache/^ ist das TFie?, welches , wie* 
derum von dem fFasf oder Wieviel? abhängt. — Hier herrscht 
1»ei den Siegern selbst noch eine, grosse Unbestimmtheit und 
Verschiedenheit der Ansichten, wie dies z, B. am klarsten aas 
den Schulprogrammen erhellet. Dies greifen die Ueberwan- 
denen auf, und, esmit Jder Sache selbst verwechselnd , sucheo 
sie dieselbe zu verdächtigen. So werden die Fried enspräliml« 
Barien noch bedeutend verzögert. Auch auf , 4®r siegreiche^ 
Partei selbst sehen Einige sich noch nicht genug eingeräumti 
und machen erhöhete Ansprüche; Andre begnügen sich vor« 
läufig, bestreiten sich aber unter einander selbst über das eigent- 
liche Mass und deshalb natürlich auch über die Form. 

Diese Innern Widersprüche au lösen, durch Darlegung eige- 
ner Erfahrungen einen Beitrag zur Methode zu geben und so- 
gleich das auswärtige Dreinreden abzuweisen , ist die Tendens 
des vorliegenden Sendschreibens, welches dem Referenten desK 
halb eine ausführliche Anzeige au verdienen schien, weiler 
dasselbe, obgleich es den Gegenstand weder vollkommen er- 
schöpft, noch ohne Einseitigkeit behandelt, doch unter allen 
Schriften dieser Gattung, so viele ihm deren bekannt geworden 
sind , für die umfassendste und gediegenste hielt. Denn die 
n^eisten derselben sind von der Art, dass sie sich theils ledig* 
lieh auf Besprechung des einen oder des andern Punktes be- 
schränken, theils mit einer eignen Methode hervortreten, die 
sie als die allein mögliche und unfehlbare hinzustellen suchen, 



Reinbeck'f Sctadscbreibeii an ^ 6 I^ebrer der Hattanpradie. 819 

theils an aitdern Einseitigkeiten and Qberflacliliiclikeiten leiden. 
Selbst z. B. eine der besten onter den erst berührten ^qhriften : * 
^^die Bildung der deutschen BeredtsamJceit^ In Briefen an 
einen Staatsmann. Von Br. Tb. Hein,sin8. Berlin 1831.% 
auf welche das Prenssische Bohe Ministerium die ProTinzial- 
ScbulbehöVden anfmetksam gemacht hat, und bei welcher da- 
her eine ziemliche V<^rbreitnng, wenigstens in der Preussischen' 
Schnlwelt, vorausgesetzt werden darf, ist, so sehr die Wärmei 
mit weicher der unermüdlich für den routtersprachlichen Un*- 
terricht arbeitende Verfasser den deutschen Pädagogen die 
Ausbildung ihrer Zöglinge in der Redefertigkeit ^ Wohlreden- 
heit und Beredtsamkeit anempfiehlt, achtungsTolle Anerkennung 
verdient, doch wegen ihrer durtb den beqnemen Briefstil her-' 
beigeführten Oberflächlichkeit nicht als dazu geeignet zu be- 
zeichnen, 'etwanige Gegner von der Nothwendigkeit und Er- 
trpriesslichkeit eines auf die Erzielung jener Redefertigkeit un- 
mittelbar hinarbeitenden Unterrichtes völlig zu überzeugen. 
Dies bat sich denn auch sogleich in einer Recension (der Je- 
naer Litteraturzeitung ) herausgestellt, in welcher einer der 
zahllosen, aber keineswegs zahnlöseil anonymen Recensenten, 
ausser denen, wie Jean Paul sagt^ nur noch die Scharfrichter in 
England verlarvt executiren , — die Anleitung zur deutschen 
Redekunst mit methodischer Ausbildung einer „Berliner O&p 
schwätzigkeit ^^ ( — die ihm viel zu schaffen gemacht haben 
mussl — ) verwechselnd, die ganze Tendenz des Büchleins ver-. 
dächtig machen wollte und in seiner Animosität das Kind mit 
dem Bade ausschüttete. Gemässigter; ruhiger und schon des- 
halb auch für den Verf. etwas vortheilhafter sich aussprechend 
ist die Relation von J. Compass in diesen Jahrbb. T. V^ p.407f 
Kehren wir nach Erwähnung dieses Schriftchens zu unse^ 
rem Sendschreiben zurück. 

„Verehrte Herren Mitarbeiter an dem grossen Werke der 
höhern deutschen Nationalbildung! Erlauben Sie einem Manne, 
der seit vierzig J^hrei) unter sehr verschiedenen Verhältnissen 
mit dem Unterrichte der ]>Juttersprache sich in öflfentlichen 
Lehranstalten beschäftigt hat, dass er Ihnen seine darin ge- 
machten Erfahrungen mittheilen darf/^ 

Dies siqd die Worte, mit denen der Verf., ein Veteran der* 
gesammten deutschen Schulwelt — denn wer wollte den Wir- 
kungskreis des Mannes, dessen zahlreiche Lehrbücher sich 
einer so allgemeinen Verbreitung zu erfreuen gehabt haben, 
in engere Grenzen einschliessen*! — die Darlegqng seines bei 
dem muttersprachlichen Unterricht genommenen Ganges dem 
pädagogischen Publikum überreicht, nicht etwa, um ein Moster 
für Ail^ aufzustellen, — denn an eine allein seligmachende 
Methode glaubt er nicht — sondern am seinen Jüngern Mit- 
arbeitern Gelegenheit %n geben ^ mit dem Verfahren und den 



SSO Methodik des deutschen Sprachonterrlchti« 

Erfahrungen eines altern die ihrigen za yergleichen, sie darm 
zu prüfen, darnach zu erweitern, zu modificiren. 

Um die Wichtigkeit des rauttersprachlichen Unterrichtes 
auf Gelehrtenschulen^ die, wunderbar genug, noch keineswegs 
überall einzuleuchten scheine, hervorzuheben, geht der Verf., 
der für seine Person diesen Unterricht als die Grundlage echt 
deutscher Bildung, als eine heilige Angelegenheit betrachtet, 
Ton der Hauptteiidenz des Gymnasialunterriclites überhaupt 
aus. Dieser bildet Jünglinge, welche berufen sind, meist gei- 
stig, folglich durch das fFort^ für Staat und Kirche, für Wis- 
senschaft und Kunst zu wirken. Er bildet aber keineswegs an- 
mittelbar zur Wissenschaft , und zur Kunst (zur Dichtkunst) 
eigentlich gar nicht-, er bildet vielmehr zunächst znmwiBsen^ 
schaftlichen Geiste und dadurch zur Tauglichkeit für einen 
streng wissenschaftlichen Vortrag der Verschiedenen Zweige 
des menschlichen Wissens, wie er auf der Universität eintritt; 
kurz, er bildet den jugendlichen Geist zum wissenschaftlichen- 
Denken, Was nur irgend dem Geiste Inhalt und Form au ge- 
winnen vermag, gehört in den Kreis des Unterrichtes der Ge- 
lehrtenschulen, muss aber darin nicht als Endzweck an sich, 
sondern als Mittel für Weckung des wissenschaftlichen Qeistea 
und als Schlüssel zum Eindjcingen in die Wissenschaften ange« 
wendet werden, 

Dass nun zur Erreichung dieses Zieles das Studium des 
llassischen Alterthums und seiner Sprachen — so hoch auch 
dessen Bedeutung, so anregend, so unentbehrlich-es für die wis- 
senschaftliche Bildung des jugendlichen Geistes sei -— försich 
allein^ d, h. dass blosse Philologie nicht ausreiche; dass gerade 
das Studium der Muttersprache, d. i. des Organes unsres Den- 
kens, ein Studium also, dem es nicht um blosse Kenntnissei son- 
dern um Erkenntnisse zu thnn sei, und durch welches, wenn 
es nur, wie es soll, wissenschaftlich betrieben werde, das den- 
kende Begreifen am freiesten und natürlichsten sich entfalten 
lasse, den günstigsten Stoff zur Bildung des wissenschaftlichen 
Geistes darbiete) dass es endlich, weil es überdies auch noch 
^ine unmittelbar praktische Tüchtigkeit für das jetzt immer 
mehr und mehr zur Oeffentlichkeit hinneigende und die dsau 
erforderliche Redefertigkeit erheischende Leben vorbereite^ 
als ein Hauptgegenstand des Gjmnasialunterrichtes angesehen 
und als solcher einer besondern Pflege gewürdigt werden müsse 
— dies entwickelt der Verf. sehr einfach und in gemässigtem 
Tone'*'), hUiige Einwendungen billig berücksichtigend, fast 



*) Iq einem ganz falschen Lichte erscheint das Sendschreiben in 
der kurzen Kritik , welche in dem zum Morgenblatt gehörigen Litte- 
ratnrblatt (fedigirt?onDr, W.Menzel) enthalten ist (1823. Nor, p«447), 



.. ■ ."-«..■■•. ... »■■»-.'.. A 







iAeran sich frei haltend von jeneV mt efnid 
oft aber auch aas Bf^ennuts hervoi*g[ehenden und nur ttiüehc^ 
treibupgen nnd hslbwabren oder gana falschen Behänptnnfätt 
fahrenden Absprecherei and pausbiclipgen Schwfilstigkefty w!4^> 
sie so oft in de.i'glefchen Apolo^en vorherrscht. Narjiiet luonf 
^a scheint er etwas ongerecht in seinen Klagen aber dieUnt^; ' 
Ordnung des deatsch'en Unterrichtes anf den GelehHenschnteH^ 
inderti er, was er vielleicht nur von einzelnen sagen l(ann, anf**' 
alle deutschen Gymnasien libertragti also auch z. B. auf alte' 

Sreossischen , aus deren Lehrplänen er sich doch einea Bessern 
itte belehren können. • 

Doch zur Sache! Wie soll denn nnn der muttersprachliche 
Unterricht auf unseril Gelehrtenschulen betrieben trerde^, uitt 
geistanregend, uro bildend zu sein 1 Der Verf., welcher sitifli" 
nie mit dem allerersten Unterrichte, sondern nnr mit dem schon ' 
etwa^ höheren der mittleren nnd oberen Classen beschäftigt 
hat, bescheidet sich, aber jene aus eigner Erfahrung etwas be^ 
stimmen zu wollen ^ and theilt nur den Gang mit, den er Hdk 
selbst etwa vorschreiben würde f&r den Unterricht bei' Kn«* 
bän von acht bis vierzehn Jahren. v , 

Die in Lehrbuchern so häufig wahrzunehmende kindische^ / 
sich aber für kindlich einfach haltende Methode ^er mft 
„Kindern kinüelnden pädagogischen Qlännlein'* (die schon von > 
Logan nndK&stner gegeisselt werden), ebenso wie jeglichen 
Mechanismus weist er,* da sie statt geisterweckend nur geist- 
tödtend sein können, auf das Bcistimmteste znr&ck; verlangt, 
aber auch von einem vierzehnjährigen Schüler nichts weniger^ 
als eine systematische Kenntniss der Muttersprache und eigent» 
liehe Declamation : zwei Zweige an dem lebendigen Baum ddr ; 
Muttersprache, die, allzutief zu den Kleinen herabgezogen, hi . 
der That nicht nnr keine Früchte zu tragen vermö|;eny sondern ' 
abbrechen müssen and zuletzt nichts als dürres Reisig in den 
Händen zurücklassen können. Wie tief solche Verkehrtheit 
noch auf vielen Schulen wurzle, geben schon die zu diesem 
Behufe in immer neuen Auflagen erscheinenden Leitfäden ge« 
nugsam zu erkennen. Mit den Declamatibns-Uebangen wirA 
bekanntlich grosser Missbrauch getrieben^ aber nicht weniger 
auch mit dem grammatischen Unterricht, Was soll man s. B« 
dazu sagen, dass auf den meisten Schulen In den antersten 



and in welcher all RaUpttendenz deuelben angegeben wird , den IT»« 
terricht in der Muttersprache gegen die „Latinitatf narren and Gräe<H 
manen '^ zu Tertheidigen, die mitten in Dentichland die Arroganz häft» 
ten, Ton der deutichen Sprache nichts wissen an wollen. -^ Ref. vei^ 
weist in Bezug auf diese and ähnliche Kritikeii Jenes Blattes auf dett 
Aufsata von Böanell in der Allg. Schalzaitting, Abthl. II, Nr. 11. OS»). 



882 ^ Meihodik des deatschjen Spnicliantemchtt« 

Classen dein deutschen Unterricht systeinatische Grammatiken 
zum Grunde gelegt und Jahr ans Jahr ein abschuittw^se durch- 
genommen werden! 

Die Frucht davon ist, dasB, wenn ed gut geht, viele der 
Schüler ruhig sitzen , mehrere die Unzahl grammatischer Re- 
geln und Ausnahmen, gegen welche sie gewöhnlich mcA^ Ver- 
stössen^ wie eine ablaufende Weckuhr herleiern, einige auch, 
von Natur dazu geschickt^ erträglich deklainiren^ d. h. affekti- 
ren können ^ aber richtig lesen, richtig sprechen und Bchreibeo, 
oder Gelesenes, Gesprochenes und Geschriebenes verstehen — 
VFie viele gewinnen diese Fertigkeit gerade aus diesen dasu be- 
stimmten Lehrstunden 1 — 

Der Verf. dringt dagegen zunächst auf veraiändigea Xe- 
sen mit reiner Aussprache und richtigem , d. h. natürlichem 
Tone^ verbunden mit Uebungen in der Itechtschreibung,^ Zu 
diesem Behufe empfiehlt er, statt der kindischen s. g. Kinder- 
erzählungen, als zweckmässigstes Bildungsmittel die J^aie/, die 
Bildnerin der Menschheit in ihrer Kindheit ^ wo sie noch mit 
der Natur in unmittelbarer, ungetrübter Verbindung steht "*)• 
Und in der That, der Verf. weiss aus der Fabel gar reichhaltl- 
g[en Lehrstoff für die'ae Bildungsstufe zu entbinden; allein es 
ist doch, wenn nicht Abwechselung eintritt, sehr leicht Errnft- 
dung zu befürchten. Indess jeder Lehrer hat bekanntlich sein 
Steckenpferd; so hier der eine dieFabel, der andre das Sprach- 
vrort, die Weisheit auf der Gasse. 

Diesen rein praktischen Weg will der Verf. in den folgen- 
den Stufen bis zur Classe der 12jährigen Knaben nur erweitert 
wissen^ durch Deutung der Fabel, durch Hinzuziehung yqü 
Märchen [ die sollten aber doch eigentlich in die Kinderatabe 
verwiesen bleiben!] — von kleinen Erzählungen , beaondera 
geschichtlichen, von interessanten Schilderungen ausderThier- 
welt; durch mündliche und schriftliche Wiedererzählong dea 
Gelesenen und Gehörten; durch Dictate; endlich durch achrift- 
liehe und mündliche Uebungen in Umformung gegebner Ani- 
drücke und Wendungen, ja ganzer Stücke, z. B. auch der metri- 
Bchen in Prosa ( welche letzter^ Uebung indeaaen nach lieber- 



*) Schon die Crrlechoii benutzten ihren Aesop zum Unterricht, te 
ndHeiferen Jugend ( man vgl. das Aristophanische ovS* Atonnow nwmir- 
X7i%aq in den Vögeln v. 472 ). Und die Griechen , welche ^ wie man 
schon daraus schliessen kann^ dass sie wenig oder gar nichts .über Bl^ 
thode schriebm^ Methode hatten^ gingen hier gewiss, wie in Allem, -mfM 
sie angriffen , einen natargemässen Gang. — Quiuctilianus Inst. Or« 
I, 9. empfiehlt die Fabel künftigen Rednern als dic^ndi primordia. Und 
wer erinnert sich nicht, wie nadidrücklich Luther ^ Xiessiag, Herder 
dieselbe aU Unterrichtsmittel empfohlen haben? 



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sc^^g des Ref. nicht alhm oft TO»rgepo ihii)i» :^»t»d«l''j^ 
wenn man nicht schaden wil(); dtircK WortaUdlliliif qd* Wk>' 
dun^ Ton Wortfamilien ; durch Besdiretlning^ eiafMHHP jBi* 
genstände, deren Anschanungen dem Knahen snr Hand aini,^ 
Ulad dergl. mehr. ' * . - '-- 

V ZtLT grammatische Kentitniga der MotterspraShe will dar - 
Verf. erst nach dfesen Vorubangen , im iwoiften Jahre , avldi-^ 
ten, vhd hier etwa nach Kranse's Anleitung vom einfachen Saist0 ) 
ausgehen^ weil mit diesem der Knabe weit^mehr bekannt aa^' 
als mit den dnaeinen- Wörtern, und Entwiclcelung der Sprach- 
liegriffe an der Anschauung, nicht aber ein System und Sprach- 
'regelnj äaf dÜBser Stufe das W^esentiichäte seien. Gani rich^ 
tfgl Nur HtsC stell AliBlf Alt^ besseir methodisch angeben aU 
aVisf Shrte. 6b lange der Gylilnasialunterriclit in den -unterste 
Classen schon fremde Sprachen anHingt, und dabei, nach dar ^i 
herIcSmmlichen, synthetischen Methode, mit den einaelnen Wor^ 
tericlasseh anhebt, so dass also der junge Schüler döchschaa 
mit Declinatldns- tind. Coii}ii^j[itftions^temeii u. dgl. bekannt ga- 
roacht wird: ao laiige jd&rftie ^ docli ^ohl gerathen, ja fait 
nothwendig sein, die Znsailirmiekistelliing'dtir verschiednen W&r- 
terkiassen und der ihnen elgenfhilmllcfaen Veränderungen auidi 
Im deutschen VntcHrrichtöiiiclit gir «n hinge su, versch}eben| 
oder gar gänzlich bei Seite zu setaenf d^H^hen der Schüler 
Vnhekanntes an Bekanntes anknüpfeiidijielies durch dieses erst, 
recht begreifend, auf jenem fremdet Wege doch etnigermasscai 
^festen Boden und freie Umsicht gewinne. •'Fi'dfieh nüsste hiär 
Immer die analytische Methode vorherrsehen^ damit dem Schft- 
ier üicht ein blossea'Oeripj^e Tor Augen gehalten und ein na- 
tfijrlich er Schreck eingejagt werde. Am gedefhliehateB aber,' 
"ond selbst für die Erlemufig einer fremden Sprache linbedlaigt 
^am fördeiVchsten würde es wohl immar sein, dne fremdeSprsk 
che lieber gar nicht eher anzufairgen , als bis 189ai^heit der eht« - 
Achaten grammstisehen Begriffe in der MutterspttiChe selbst 
erreicht, d. h. 'SpraChsinn überhaupt geweckt wären. Arfa^ 
-tete man rorläuflg eben nur daraufhin ,' so Wäre aUerd!lij[(a dfer 
Ent Wickelung der Sprach begriffe an der Anschsfuting des Quh 
ten, d. h. der Anfailg niit dem Satze die l)at'ai^em£s^ste, 'S»* 
re^gendste und bildendate Methede ^ wiie tinter mehreren >ef^ - 
'diet|str^len Arbeiterafür das Gedeihen des deutschen Spftctr- ^ 
Unterrichtes, namentlich fierft^ und Becker in ibripn Lehrbü- 
chern überzeugend auaeinaädergesetst haben« '^) Allein m die- 



% *) Besondere £rwfthnmigTerdleat für den ersten £iemenäil^>1Tttter- 
richt Beckers Schriftebeo: „Üebbir idie Methode des Unterrichts in der 
deatschen Sprache, als £iald||tlig alt ÄimLeMiden ffir den ersten Un- 
terricht ia der deatschen SpMlM»«^ iMikitÜ «t ISMl. 



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884 Metliodik des denticheii Sprachanteniclitfc 

8er Einrichtang werden sich onsre Gjmnasiftn sobald noch 
nicht Terstehen wollen. — Gewiss wird der Knabe von etwa 
12 Jahren, in welchem vermittelst der Anfliellung der Begriffe 
seiner Muttersprache der Sprachsinn überhaupt geweckt ist, 
eine, ja mehrere fremde Sprachen mit weit grösserem Erfolge 
anfangen, und das darin vorgeschriebene Mass der Erkenntntsa 
und Fertigkeit viel rascher sich aneignen, als der, welcher sich 
vorher erst vom achten Jahre an; zwei bis drei Classen auf die 
mühsamste Weise hindurchgequält hat mit Deciinationen, Coa- 
jugationen und mit dem s. g. Construiren, welches letztere man 
nicht übel mit dem Blindekuhspielen verglichen hat* 

Man wende hier nur nichts wie gewöhnlich, ein, dass denn 
doch die tüchtigsten, die ausgezeichnetsten Männer ihre Vor- 
bildung auf Gymnasien der bisherigen alten Einrichtung erhal- 
ten hätten, ohne vielleicht je deutschen Unterricht genossen in 
haben, ja dass die meisten unsrer Classiker die alte Schule 
durchlaufen haben. Von Genies ist hier nicht die Rede; die 
lernen auch ohne Methode, ja gewi^hnlich nur ohne Methode, 
und bezeugen eben dadurch ihre aussergewöhnliche Natur« 
Wir haben es hier mit der Masse zu thun, und auf diese schau- 
end — wer möchte deren langsames, schwerfälliges Fortschrei- 
ten nicht zum guten Theil auf Rechnung der mangelhaften 
Methode schreiben? — 

Doch wir wollen auf die Rathschläge des Sendschreib ena 
wieder zurückkommen. Gleichzeitig mit der vom Satze ausge- 
henden Anleitung zur grammatischen Kenntniss der Mutter- 
sprache will er dem 12jährigen Knaben zur Uebung im begrei- 
fenden Lesen längere, doch keinei^egs weitläufige Geschichta- 
erzählungen, blühende Beschreibungen, Schilderungen aus der 
Oekonomie der Natur, Züge aus dem Natur- und Volksleben« 
und besonders auch leichte, aber in wirklichen Verhältnissen 
verfasste Briefe vorlegen. — Diese Verhältnisse müssen die 
Knaben selbst auffinden und darnach aus den ihrigen kleine 
Briefe schreiben, nicht mindern Fleiss aber auf schriftliche B«k 
Schreibungen verwenden, wobei denn die treffliche Abänderung 
des Ausdruckes und des Satzbanes ein Flauptaugenmerk sein 
müssten. Mit diesen Uebungen würde der Verf. im ISten Jahre 
fortfahren, und glauben, den 14jährigen Schüler zu dem Unter- 
richte, der jetzt mit wissenschaftlicher Strenge hervortreten 
müsse, gehörig vorbereitet zu finden. Und von nun an Ifiaat 
er seine eigne Erfahrung sprechen. Zuerst aber gibt er eine 
Beschreibung seiner im Jahre 1792 begonnenen erfreulichen 
Wirksamkeit als Lehrers der deutschen und englischen Sprache 
und der Aesthetik an der von Büsching bei der lutherischen 
Peterskirche zu Petersburg gestifteten deutschen Hauptschule 
(für beide Geschlechter) , die , von der Kaiserin Katharina be* 
günstigt, für eine Landesanstalt erklärt und den höhern kalaer- 



■■■■*'• ' . .■ 



.fidsbeckV Seiididifeiben an die Ldbrclr der)^^ . 

liehen Normalschulen gleicbgestellt, aueh unter ttidger Paol 
iu ihrem Lehrplan unbeschränkt g^elassen , — völlig, das reali* 
eirt habe, was als Ideal einer höhern Bildungsanstalt f&r nicht 
philologisch Studirende so oft in Deutschland gewünscht wor* 
den sei ; die aber später , als sich , mehrere Jahre nach dem 
Austritt des Verf., der damalige Director'(Staatsrath v. Weisse). • 
Alters wegen zuruckgesogen hatte , ihren Charakter geändert 
und mit ihrer inneren Haltung auch das Vertrauen des Publi- 
kums verloren habe, weil sie, eine Anstalt, welcher in ihrer da- 
maligen Einrichtung, wie der Verf. sagt, Russland seine ausge- 
zeichnetsten Gewerb- und Staatsmänner zu verdanken hat, sich 
in eine philologische Anstalt umzuwandeln suchte, und noch 
dazu der Geüt des Fietisnuta. wie er sich in den letzten Jakren 
der Regierung Alexandere entwickelte^ auch' dieser Anstalt 
sich zu bemächtigen wusste, VLnA selbst Verfolgungen gegen 
freidenkende würdige Lehrer eintraten (//)/' 

Da der Verf. die ihm hier gestellte, mehr praktische Auf- 
gabe, — die Grundsätze der deutschen Sprache zu lehren und 
durch Uebungen einzuprägen — nach einer Methode löste, die 
er auch jetzt noch befolgt und im Verlauf seiner Mittheilungen 
auch noch umständlicher bespricht; so wollen wir uns hier auf 
das Einzelne nicht einlassen. Nur einen Punkt hebt Ref. her- 
vor , weil er nicht wieder darauf zurückzukommen Gelegenheit 
finden wird, nämlich die Uebungen in der deutschen Synony. 
mik. Es scheint in den Lehrkursen wenig Gewicht auf diesel- 
ben gelegt zu werden, und doch ist, abgesehen voii dem un- . 
mittelbaren Nutzen, nichts so sehr geeignet, den Scharfsinn 
des Schülers zu entwickeln, als gerade sie; nur ':ins8 man ih- 
nen nicht allzu viel eigne Stunden widmen, Indem sie zwar, 
wie der Verf. richtig bemerkt, im Anfang anziehend, bald abe# . 
durch den nothwendig dabei stattfindenden einförmigen Gang 
zu wenig anregend und gehaltreich erscheint. 

Mit nicht weniger Freudigkeit als auf seine frühere Wirk-, 
aamkeit an der russisch -deutschen Hauptschnle zu Petersburg 
und auf seine Mitwirkung an der Ausbildung des kaiserlichen 
Pagencorps unter der Directi^n des Generalmajors Klinger, 
scheint Herr Hofrath R. auf seine im Jahr 1811 angetretene 
Lehrertbätigkeit am königl. Ober -Gymnasium zu Stuttgart zu 
blicken, mit dessen damaligem Director Brastberger er für die 
Muttersprache einen neuen Lehrplan entwarf, der indesseh zu 
wenig Elgenthümliches hat, als das^ er hier eiiie Mittheilung 
verdiente, zumal daauch das Classensystem dieses Ober-Gym* 
iiasiums ein ganz uagewöhnliches Ist. Ueberhaupt lässt sich 
über Vertheilung dea Lehrstoffes im EJinzelnen an bestimmte 
Classen nicht leicht eine bestimmte Norm festsetzen; jede An^ 
stalt wird hier Modificationen eintreten lassen, wie sie ihrer . 
Organisation gemäss erscheinen: weit wichtiger ist es, alch 

N. Jabrb. J, Fkü, u. FäA. od. KHt. BOi. Bd. XI Hß. S. £6 



980 Ifethoilik des deatschen Sprachiint«rriehtf. 

aber das Maass der Kenntnisse und Fertigkeiten, welche delr 
in ihr gereifte Schüler aus derselben mitnehmen soll, au ver- 
Biändigen. 

Dass der Schüler nach gehöriger Vorbildung seine Mutter- 
sprache anch wahrhaft wissenschaftlich im System auffasse und 
erkennen solle, ist eine gegründete Anforderung des Verfassers; 
und dass hier die Muttersprache in ihrer gegenwärtigen Aaabil- 
düng zum Grunde gelegt werden müsse; dass der historische 
Gang, — worauf wir unten noch zurückkommen werden, — 
nur dann anwendbar und erspriesslich sein könne, wenn der 
Jüngling mit dem gegenwärtigen Sprachstande völlig bekannt 
sei, dass er also dem künftigen Universitätsstudium überlassen 
werden müsse, dies sind Ansichten, welche die allermeiaten 
deutschen Gymnasien, trotz der Widersprüche von mehrem 
Seiten , in ihren Lehrplänen als die allgemein gebilligten am- 
sprechen. 

Bei Erwähnung der ^^ Regellehre der deutschen Sprache^** 
welche der Verf zum Behuf seines wissenschaftlichen Unter- 
richtes ausgearbeitet hat, vertheidigt er die deutsche "Benen" 
nung grammatischer Begriffe. Der Wunsch, dass sich die Gram- 
matiker hierüber endlich einmal vereinigen mögen, wird sobald 
noch nicht, vielleicht auch nie in Erfüllung gehen, «ua Gran- 
den, die schon oft genug besprochen sind. 

Nachdem der Schüler die Muttersprache im System aiifge* 
fasst hat, soll der Anfang zur Entwickelung der allgemeinen 
Gesetze der Sprache gemacht, d. h. der fnnfzehn bis sechseho- 
jährige Schüler auf den Standpunkt der Idee erhoben werden« 
„Es ist dies,^^ — sagt der Verf. — „vielleicht der einsig mög« 
liehe Weg, dem Jüngling das Reich der Ideen zu eröffnen und 
es ihn selbst in seinem Inneren finden zu lassen und aufso- 
schliessen. Hier ergiebt sich das Eindringen in die Tiefe den 
menschlichen Geistes und seiner mannichfaltigen Kräfte snr 
Gestaltung von Vorstellungen, deren Verschiedenheit in (!) 
sinnliche und geistige jetzt so recht klar gemacht werden kann. 
Da alle Materialien zu dieser Wissenschaft im Geiste selbst lie* 
gen und nur ins Bewusstsein dffrfen erhoben werden; so giebl 
' es wohl kein trefflicheres und wirksameres Mittel, ein geregel- 
tes Denken anzuregen und zu diesem zn bilden, als diese Ent- 
wicklung der Sprache, und sie mnss dies noch in einem weit 
höheren Grade leisten, — von der künftigen praktischen An- 
wendung auch ganz abgesehen, — als die bisher dazu vorsttg- 
lieh bestimmte Mathematik^ deren Gesetze doch dem jogend*' 
liehen Geiste nicht so zugänglich sind, und die durch ihre ab« 
strakte Anschauung Ideen anregend nun ganz und gar nicht iat.^ 
(Letztere Behauptung wird vielleicht einigen Widersprach mehr 
finden als die, dass der historische Gang des Sprachunterrich- 
tes jene Entwickelung der Sprache ans der Idee, — - die sweck« 



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massigste Einleiiimg züt PsycMogi« iiiid Legifi» r- nfclit eiu 
.setzen könne.) ^^Docb darf ea^ nicht bei der bloiaen Eutwii^k^ 
long der Spracbidee sein Beweaden h^bea, sond^n nothwen- 
dig mass auch die verscbledne An^iprendong der Sprache inr Dar- 
ateiiong der Teyrschiednen menschlichen Vorstellungen nachge.« 
wiesen werden. In. dieser Anwendung erst verbreitet sich e{i| 
eignes Licht über die Wilyenschaft des Sprachlebens. — DIea 
ist eine ganz andre Anwendung, als ihm (dem Schüler) auf der 
Schule von der Mathematik frei steht: er verwendet das Er- 
kannte sofort in seinen eignen Nutzen. Aber hier muss ein 
durchgreifendes Prinzip vorherrschen 3 bei aller Freiheit musa 
nichts als id^ülklihr epscbeiaan ; ei» beatimmter Gang muss im 
Vortrage dorcbans .8t|ittt finden^ wenn er wahjrhaf4 geiatesbil- 
dend wirken soll. ^ 

Dieser Ueberzeugnng des Verf.s verdankt nun dessen be- 
kanntes ^^ Handbuch der Sprachwissensckafien^ seinen Ur- 
sprung, welches die allgemeine Sprachlehre, die Rhetorik und 
Poetik, einen Abri^s der I^itteratnrgeschichte und eine Beispiel- 
sammlung zur Poetik umfasste. Bei allen Mängeln dieser Com- 
pendien wird man doch deni Verf. — (er rechtfertigt sich hi^r 
gegen ansgesprochnen Tadel) — das Verdienst unangetastet 
lasset! müssen , dass er mit zuerst durch dieselben auf eine 
wissenschaftliche Beha'^dlung des Unterrichtes in der deutschen 
Sprache hingewirkt hat, und dass sie, wenn auch in einzelnen 
Theilen seit ihrem Erscheinen durch brauchbarere Arbeiten 
überboten, doch als ein systematisches, von einem Prinzip 
durchdrungenes Ganze für den Schulunterricht noch nicht er- 
setzt sind. Man bedenke doch auch, dass wer die Laterne 
trigt, leichter stolpert, als der ihm Nachtretende. 

Auch eine Rechtfertigung des Lehrstoffecj selbst hat der 
Verf. hier noch einmal fiir nptbig igehalten, besqpders der Rhe« 
torik und Poetik, dieser „zwei unentbehrlichen Glieder der 
Sprachwissenschaft.'^ Einwürfe, wie sie noch alltäglich ge- 
macht werden, ^z. B. wie der in einem vorjährigen Programm^ 
vorkommende: „der Styl ist die BJüthe, die .Offenbarung des 
Geistes, ja er ist — der ganze Mensch; nur wo der Geist ai> 
Wohlgestalt, Kraft und Frische gewonnen hat, da kann auch 
erst der Styl Fülle, Frische und Kraft^ewinnen. Alle durreo 
Anweisungen zum schönen Styl, ode^ zur deutschen Beredsam- 
keit, sind überflussige , oft abgeschmackte Conglomerate aller^ 
lei äusserlicher, armseliger und einschnürender Bemerkungea 
und Vorschriften, welche oft den wahren Styl eher tödteti oder 
wenigstens erschweren, als ihn erzeugen ; nirgends als hier gilt 
auch der grosse Ausspruch der Alten so seUfr: pectus est quod 
disertos facit^* u. s. w. — Einwiirfe dieser Art , die doch all« 
nur als wohlfeile Variationen auf das bekfumte Theip^: 

Vi* 



Mefliodik des deotfldien Spracbunteniditi. 



91 
9* 



Es trä^ Terstand und rechter Sinn 

Mit wenig Knnst sich sellier vor; 
,.Und wenns auch ernst ist, was zu sagen, 
^Ifits ndthig Worten nachzujagen '^ u. s. w. 

(G. FauBt.) 

anzusehen eind^ kennt der Verfasser; er bemerkt daher: ^bu 
sorgen ist nur dafür, dass die Freiheit des Geistes nicht in der 
strengen Schulregel verloren gehe. Die Wissenschaft soll den 
Geist nicht fesseln , aoodern ihn frei machen , indem sie ihm 
Sicherheit gewinnt. ^ 

Auch der Vortrag der Poetik wird gerechtfertigt und schon 
deshalb als unumgänglich nothwendig bezeiqhnet, weil ja sonst 
die Wissenschaft nur zur Hälfte vollendet würde. Dichter an 
bilden kann freilich der Gymnasialnnterricht mit dieser Diaci- 
plin nicht bezwecken, und es könnte jemand behaupten, das« 
gerade seitdem man auf den Schulen Poetik lehre, weniger 
Poeten aus denselben hervorgingen als vordem; aliein, bo wahr 
dies Factum leider ist, der Grund davon dürfte doch wohl an- 
derswo zu suchen sein. Bildend ist jener Unterricht jedenfalls, 
wenn er sich nur, was freilich nicht überall beachtet werden 
mag^ mehr mit Poesien selbst als mit Theorien derselben bp- 
schäftiget. Warum legten wohl schon die Alten, die Griechen 
wie die Römer, so viel Gewicht auf das Studium der Dichter? 
Warum wollte Aristophanes lieber Unbekanntschaft mit den so- 
lonischen Gesetzefn als mit Homer? Wie mochte Piaton behaup- 
ten^ die Dichter seien gleichsam Väter und Führer in der Weis- 
heit? Wie konnte Cicero sie mit Seelenarzten vergleichen? — 
Doch wer wird erst noch darüber belehrt sein wollen, dass die 
Dichtungen dem jugendlichen Alter nicht als blosser geistiger 
Luxus erscheinen dürfen; dass sie ihm als belehrend und geist- 
bildend vorgeführt werden müssen ! Das aber könnte man ein- 
wenden , dass die Jugend schon von selbst sich zu seinen vater- 
ländischen Dichtem hingezogen fühle; dass die Beschäfti^nng 
mit den Dichtern des klassischen Alterthums schon hinreichen- 
den Stoff gebe, dem jugendlichen Gemüthe den Zweck nnd den 
Werth der Dichtkunst zu erschiiessen. Indessen man bedenke 
doch, mit welchen unzähligen Schwierigkeiten der Schüler erst 
zu kämpfen hat, ehe er zum vollkommnen Verständniss eines 
fremdfsprach liehen Gedichtes gelangt, und dass ihm über die- 
ser Mühe der erste und also der beste Eindruck gewohnlich 
verloren geht, der durch alle nachhelfende Erklärnn^en von 
Seiten des Lehrers, selbst wenn er auch, wozu es oft vor 
Sprachbemerkungen gar nicht kommt, auf die eigentliche Poe- 
sie des vorliegenden Gedichtes eingeht, wohl schwerlich ersetzt 
wird. Und was jene eigne Hinneigung der Jugend an seinen 
Nationaldichtern betrifft , so lehrt die Erfahrung hinlinglich» 







welchen Verirran^en sie avsg^eUt ht^ und wie JMuifelliaft Ihr 
oft ^E8 Verstäadniss klasnscher Gedichte bleibt. Auch wer- 
den wohl nicht viele Pädagogen ganz die Ansicht theüen , die 
vor kurzem wieder Wackemagei in seiner ^Auswahl 4entacher 
Gedichte für höhere Schulen'' (Berlin 1832.) Vorrede p. UV 
ausgesprochen hat: >,^Man sorge dafür, dass die Knaben «eh 
der schönsten (Gedichte) erfreuen, aber versuche es nc^Avtne 
Weise^ ihnen die Schönhdt zu erklären. Des Zergtiederns tfaat 
man leicht zu rieL Besser^ man lässt in dem Gedaciimes der 
Schüler etwas Ufwerstandnes zurück^ mit weldbem sie , bis sie 
es verstehen, sich tragen können, als dass man sie mit Erklä- 
rungen langweilt oder ängstigt, die den Gegenstand im Ganzen 
doch nicht naher bringen. Den Sinn für Schönheit kann nur 
die Schönheit bilden; wo diese nidit machtig genug ist, wird 
vich auch jedes Reden über sie als unwiriLsam erweisen. Der 
Lehrer soU überall den Gang bedenken^ den er genommen (!), 
nicht die Brücken hinter sich abbrechen und die Schüler un^ 
mittelbar auf seinen Standpunkt fuhren wollen.'' Ganz annehm- 
bar erscheint, was er weiterhin sagt: ^Er lasse sie lernen, 
und muthe ihnen zu, was Schülern gebiihrt, nicht mehr^ aber 
auch nicht weniger; in beidem fehlt man auf jenem Irrwege. 
Dagegen hebe man alle Schwierigkeiten , die in der Sprache 
liegen, löse den Missverstand der Construetioa, jedes gramma- 
tische Hindeniiss , nnd erläutere den Gegenstand des Gedich- 
tes , so weit es möglich und der Classe angemessen ist. Mehr 
darf man kaum thun, und selbst dies kann zu wdt getrieben 
werden, namentlich wenn man erklärt, wo nichts zu erklären 
ist" u. 8. w. — 

8. 42 fuhrt uns Hr. Hofn R. in das Ober -Gymnasium zu 
Stuttgart ein nnd macht uns aufmerksam auf die Missverhält- 
nisse und Verdriesslichkeiten, welche einem Lehrer, der von 
der Wichtigkeit des motterspraehlichen Dnterriidites begeistert 
ist, hier (wie indessen iheüu>eue wohl noch so ziemlich über- 
all) entgegentreten. Dahin gehören : die überfüllten Classen, 
vielleicht gar noch in beengten, dunkeln Hörsälen;, die be- 
schränkte Anzahl von nur zwei wöchentlichen Lehrstnnden für 
den deutschen Unterricht in den oberen Classen, nnd dagegen 
d^r unverhältnissmässige Zeitaufwand, den man vom frühesten 
Alter an fortdauernd den alten Sprachen auf Kosten der aadom 
Fensen widme u. s. w. 

Zwei Stunden — das ist wahr — können nicht hinreichen 
für den deutschen Unterricht in den oberen Classen und die 
Forderung von wenigstens dret Stunden erscheint sehr billig ^). 



*) Der Verf. vertbeilt ae so : -ewei bb» wifieentdiaftliclieii VoHrag 
init den Böthigen Beiegea nnd mm: lux iie AitfsaUe, f«r die laterpreU- 



100 Methodik dea deutschen Sprachunterrichti. 

Mehr bedarf eg aber auch in der That nicht, sobald nur der 
Zweck der Denk- nnd Sprachbiidang, auf den der deutsche 
Unterricht insbesondre hinarbeitet, als allgemeines Prinzip auch 
in den andern Lehrstunden sich' geltend macht, so darss ihm, 
in den Mittelpunkt des ganzen Gymna8ialunterrichte8 gestelit, 
von den verschiedensten Seiten her Nahrung zufliesst. Aber 
freilich ist dies schwierig und deshalb auch selten durchge- 
führt ; vielmehr wird sehr häufig das Wirken des Einen durch 
das Thun und Treiben des Andern paralysirt, indem z. B. bei 
Uebersetzungen der Richtigkeit des Sinnes der echtdeotsche 
und gewandte Aqsdrnck aufgeopfert wird. 

Der Verf. meint (S. 45.) i die Frage, ob die alten Spra- 
chen für den eigentlichen Zweck der Gymnasialbildung alfen 
CJebrige wirklich zu ersetzen vermöchten, werde nach dem 
bisherigen Betrieb in unsern Geiehrtenschulen allerdings be- 
jaht werden mQssen. Allein dies Unheil ist, wie schon be- 
merkt, doch zu ungerecht, wenn mit ,^unsern^^ Gymnasien, wie 
der Titel des Sendschreibens folgern lässt, die deutschen Gym- 
nasien überhaupt gemeint sind. Es wird keinem besonnenen 
Pädagogen in den Sinn kommen, jene leidige Frage zu bejaheo; 
wohl aber wird er dabei stehen bleiben y dass die beiden alten 
Sprachen für den bezeichneten Zweck unentbehrlich und jeder 
von ihnen unbedingt das Uebergewicht über jeden andern Dn« 
terrichtsgegenstand gelassen werden müsse. Dass den alten 
Sprachen vom frühesten Alter an fortwährend so viele Zeit ra« 
gewendet wird nnd, um die zur Universität Abgehenden nvf 
auf eine leidliche Stufe der Erkenntniss und Fertigkeit darin 
zu bringen, zugewendet werden muss, — das zeigt freilich von 
einer ungenügenden Methode: allein, ob man gerade mit der 
Hamilton'schen oder Jacotot'schen , die so geradezu mitten in 
die Sache selbst hineinführen, zu einem erfreulich^en Ziele 
kommen könne, darüber kann erst reifere Erfahrung entscheidea» 
Vor allem aber bleibt zu bedenken, was Lessing sagt: „Es Ist 
nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist.^^ 

Der Verfasser behauptet: die Einwendung, dass bei diesen 
Methoden der wissenschaftliche Geist verloren gehe, treib 
nicht; denn die Anwendung derselben schliesse ja nicht anS| 
dass man die altklassischen Sprachen übrigens mit der gross- 
ten Gründlichkeit behandle (!!) und diese werde um ao eher 
bei dem Schüler Eingang finden, wenn sein Interesse dutjch daa 



tion und den lauten Vortrag; wobei Ref. bemerken muw, dais er bei 
der Anzahl von drei Stunden eine umgekehrte Vertheilang fdr zweck- 
mässiger hält , und überhaupt nicht mit dem Verf. die ,,Theorie*% die 
„Regellehre'' u. dgl. anf iCosten der schriftlichen u. mondUchen Vth/wnr 
gtsn 90 tehr ftervorheben mochte. 



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Verständnisa der Sprache geweckt sei irad ihm ttfdite TerkoBi^ . 
me, wovon er nicht eine Anwendung in macbm weira, alio 
nichts als blosse Gedächtnisssache erscheine. Als ob idfs Er- 
lernen der alten Sprachen nach der aJtherkooiBiHchen aynthe^ 
tischea Methode ser ganz und gar nichts als GedächtnisBaaeim 
wäre. ^^Sprache lernen,*^ sagt Znnipt hi der Vorrede inr neae- 
sten Auflage seiner Grammatik, „heilst nicht daa GedächtntM 
mit unbegrilfenem Wortschwall anffilfeq , noch auch in Buch- 
Stäben und Sylben herumklauben, sondern die Anwendung der 
uuTeränderlichen Gesetze des Denkens in einem bestimmten 
Sprachmaterial erkennen, wobei es dann zumeist auf die Vor- 
trefflichkeit des Materials und auf die Erhabenheit der Geister 
ankommt, di^ sich desselben zu kunstreichen Schöpfungen be- 
dient haben. '^ 

Auch ist denn doch wohl bei dem Erlernen einer frem- . 
den Sprache ein Unterschied za machen zwischen einer alten 
und einer neuen Sprache, und die Metbtodeii für beide werden 
sich wohl schwerlieh ganz yereinigen lassen» weil der Organit« 
mus dieser Sprachen selbst, und der Zweck ihrer Erlernung 
so veirschiedner Natur sind. Soviel bleibt indessen gewiss, dasa 
die Hamilton^sche Methode wenigstens zu einer gewissen MQdi- 
fikation der altherkömmlichen nicht wenig beitragen wird. 

Was nun die praktischen Uebungen anbetrifft , so h&lt der . 
Verf. in den obersten Classen einen deutschen Aufsatz alle vier 
fVochen für genügend (S. 4T), weil es nicht räthlich sei, die 
Schüler mit zu vielen Aufsätzen zu überladen ; weil man von 
einem Aufsatze, zu dessen Anfertigung der Schüler vier Wo- 
chen Zeit gehabt habe, auch schon efwas fordern könne; weil 
der Zweck, ^- Fertigkeit und Form in der schriftlichen Dar- 
stellung, — nicht blos durch Aufsätztf, sondern namentlich 
auch durch die vorgeführten Beispiele gelungener Darstellun- 
gen erreicht werde [dazu fehlt es aber noch sehr an geeignet 
ien Sammlungen]; endlich weil das Studium der Muttersprache 
auch nicht das einzige Mittel sei^ den Geist zur Reife zu briii- 
gen, eondern diese vielmehr das Resultat der Gesammtbildung 
des Schülers sei, zu welchem alle übrigen, besonders aber die 
philologischen Pensen, das ihrige beitragen. Ref. möchte nnr 
noch bemerken, dass es überhaupt roisslich sei, für die Ablie- 
ferangszeit der deutschen Aufsätze eine ganz bestimmte Norm 
festzusetzen. Der Schüler soll ja nicht blos ausführliche Ab- 
handlungen und s. g. Reden schreiben, welche grosse Zurüstun- 
gen bedürfen: er soll, wo möglich, in allen¥otm%n der Dar- 
stellung geübt werden, und alle erfordern doch nicht gleichen 
Zeitaufwand, nicht gleiche Anstrengung, weder von Seiten des 
Schülers zur Anfertigung, noch von Seiten des Lehrers zur Ver- * 
besserung. Also wäre es wolil zweckmässig, die Ablieferungs- 
zeit nach dem jedesmaiigea Thema einznriditen. 



r 

S92 Methodik des deuUchen SprachaoterrichU« 

Zuletzt gibt der Verf. eine Schildernng seiner stufenweise 
inodificirten Methode, sowohl in dem wissenschaftlichen Vor- 
trag, al§ in den darauf bezüglichen Uebungen und in der Lei- 
tung der Lektüre, nach seinen verschiedenen Lehrbüchern und 
Beispielsammlnngen. — Das Einzelne, manche treffliche Flin- 
deutung enthaltend, eignet sich hier nicht zn einer Mittheiiong 
im Auszug. Dass sich der Verf. lediglich auf seinen Gang in 
«et/ien Klassen nach «etne/z Lehrbüchern beschränkt, kann ihm 
nicht zum Vorwurfe gemacht werden; dies lag im Zweck die- 
ses seines Sendschreibens, welches ja mit den angefügten Bei- 
lagen, auf die wir sogleich übergehen werden, dazn bestimmt 
war, theils den Standpunkt, von welchem aus er den deutschen 
Sprachunterricht In unsern Gelehrtenschulen betrachte und 
selbst behandle, nach allen Seiten feststellen, theils auch eiaea 
praktischen Beitrag zur Methodik beisteuern soll. 

„Sollte eß nicht /^ heisst es am Schlüsse, p. 75 > ^,von we- 
sentlichem Nutzen sein, wenn mehrere der erfahrenem Lehrer 
ihren Mitarbeitern die von ihnen befolgte Methode ganz nnbe- 
fangen und offen darlegten? Interessant würden denMinnera 
vom Fache solche Mittheilungen gewiss sein und für den Un- 
terricht nur erspriesslich. 



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Gehen wir nun über zur Betrachtung der 

Beilagen. 

Nr. 1. Unsre Sprache* Pag. 79 ff. 

Der Verf. ist — nicht ohne allen Grund zwar, jedoch et- 
was zu ängstlich und zu wenig vertrauend auf den dauernden 
Einfluss unserer klassischen Schriftsteller — besorgt, es möge 
unsre Sprache wieder in völlige Verwirrung gerathen und ein 
widriges Gemisch bilden; indem alle Dialekte mit gleichen An- 
sprüchen hereinbrächen; indem die altklassische Einseitigkeit 
sich wieder in den alleinigen Besitz unsrer (?) gelehrten Bil- 
dungsanstalten einzudrängen suche und das Studium der Mat^ 
tersprache höchstens nur an ihrem Gängelbande leiten wolle; 
indem ihr die Anmassungen unsrer vermeintlichen Sprachver- 
besserer und Sprach bereicherer durch allerlei abenteuerliche 
Wortbildungen, durch Provinzialismen u. dgl. nur ein bunt* 
scheckiges und widerndes Ansehen geben könnten u. s. w. — 
Zur Erhaltung der Kultur spräche nun und zur Abwendung der 
ihr drohenden Verwirrung dringt der Verf. auf das Stadium 
der inneren, der philosophischen Grammatik des jetzigen Sprach-' 
Standes^ in welchem die Koryphäen unsrer Litterat ur ihre un- 
sterblichen Werke niedergelegt habeu^ nicht aber der angeprie- 
senen historischen Grammatik, die ja nur Wichtigkeit Fär das 
gelehrte Studium der deutscheu Sprache habe.* 






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'ff SmiffdbreilMa m4m i:>^we;dA>lhrt>iliiti|iiilii.^..^>W- 



Dass die historische Methode ansschlies^Ueh so keinem ' 
sehr erfrealichen Ziele auf Schulen füli.reji köone^ leochtet eiH; 
aber ebenso auch, dass sie nicht ^ana über Bord geworfen wei^ . 
den dürfe, wenn der Unterricht sich nicht auf jenes abstrakte« 
todteRegelwesen^ wie es in den bisherigen gewöiiniichen Gram- 
matiken herrscht, beschranken , wenn er das Sprachvermögeil . 
nicht bloss einschnüren und beengen ^ sondern dasselbe bere!« , 
ehern und sichlrei zn bewegen lehren solL Man ist auch hier 
zu weit gegangen, auf der einen Seite in seinen Anforderungen, ^ 
auf der andern in seiner Hartnäckigkeit; es erleidet keinen 
Zweifel, dass der historische Gang wenigstens einen wohlthft« 
tig^n JSinflu88w£ die gewöhnliche Lehr weise haben werde. 

„Doch sind wir auch mit diesem nicht gefährdet; 
In wenig Jahren wird es anders sein. 
Wenn sich der Most anch ganz absurd gebärdet, 
Es gibt zuletzt doch noch 'n Wein. '^ 

, Die Weissagung zukünftiger Barbarei dürfte übrigens djem 
Unbefangenen , dem Nichtverstimmten fast wie Nachtwächter^ ' 
ruf am hellen Mittag erscheinen. 

Nr. IL lieber den Bildungsgang auf unsern Gelehrtenschulen. 

(1828. December.) P. 85— 110. 

Im Gegensatze zu den Pädagogen, welche Bildung zn den^ 
kenden Wesen überhaupt, Bildung z\ir Humanität^ durch ^ründ* 
liehe Biidang vermittelst altklassischer Litteratur erreichen 
wollen, haben sich in neuerer Zeit zwei, nntersich selbst wieder 
ganz verschiedenen Grundsätzen zugethane Parteien erhoben. 
Die Realisten wollen, das Studium der altklassischen Litteratnr 
verwerfend, unmittelbar für das praktische Leben bilden durch 
die Naturwissenschaften, durch Mathematik, Geschichte nebst 
Geographie, und , weil doch Sprachkenntniss auch nützlich ist, 
durch praktischen Unterricht jn der deutschen, und unter den 
neuern besonders in der französischen Sprache. 

Es kann dem besonnenen Nachdenken nicht entgehen, 
dass aus solchen Schulen, in welchen diese Wissenschaften aus- 
schliesslich und, nicht um ihrer selbst, sondern, was doch sehr 
leicht zn befürchten ist, des positiv praktischen Zweckes wil- 
len, betrieben werden, nur höchst einseitige Verstandesmenschen 
hervorgehen werden, nur der Sorge um das tagliche Brod zu- 
gewendet, ohne eigentlich geistiges Leben, ohne die Schutzwehr ' 
einer im Innern erbauten Weit, ohne den Grad von ethischer 
Kraft und Charakterbildung, wel<^he noth wendig ist, den Be- 
drängnissen des Lebens gegenüber sich aufrecht zu erhalten. 
Und wahr ist es : schwer würde Deutschland abermals seine 
giitmüthige, in Nachahmerei von jeher gern übergehende Em- 
pfänglichkeit für ausländische Richtungen und Bestrebungen 



3M Mccb^k <ftM (teaucfaMi 

hitc4ien niiiüsen. rfnn rHese» reftihtische PrTmsip» da» wm «nur 
^pste jipr «im •iiieecirnii^ lU. von ^w^iciit»- \m% DentBcfaendm 
fviit«*n lorn ^ar veni«; ^ekornraen ist. 'virkiich die Oberfauid 
'•r:anj;t*ii <iOlUe. /^iim Uitrrk :il «hn* liie [le^emoniB dieser ba-- 
iAii«i<ir,iien Viiisicht locxi iicAt za belTiroiiten. — Jenfsr einaiä» 
iiiren ^''*nstanüP9liiUtnii<f «ler tteaiisten j^es^eniiber. ziii«ittoii abar 
turli icr 4. A liiiiniofrxüchen hedeotenite ^hraiiJcen aetaend^ 
•liiiii innre PädaJioJTcn lut'^etmen. xrelciitt die Sottialbiii^ der 
«choiipn Vlentiriineic tinii «iie Chanikcerhilüiiii^ durch «äne aü- 
gemein jneiisrne. tstheti9ehe Bildung, diircil Biitvrinkeiiiii^ der 
PhHiitHKie iiiid der ;reiflti£^en Prodiiktionrknift. nnd «war iraff- 
:iiitteiMt lier Snr.iciifitiiitien. 'liciic liiKr >ier TitkiaMnBohen Lit- 
tt*r^iur ii^.nn, •^oiiiiern ipsomiers wwM liir^ii Jai) hiatorisebe 
!$4iiiiiiim ler \1utter.«pr.ic*iie. liertiPÜTiiimn irnjliaK Zu dieaea 
^tfiiort iiich Herr V. L. F«iilen. ^rm, \\\ ler Sjuitonaachuie in 
\.iriii. veiciier ^eiiie Ausichten 'iiittliisiii iu der Vorrede zu 
4riiiem „^Uüer^aai «teiiti^ciier iliciiiuiic;,'^ T^i. I^ p. 1828, ThJ. 
11. ). \y*2S^. ViiR dieser Vorrede liat ;uin ßr. iiotr. &. die Haupt- 
sedaiiKeii ibiimcken ja«<i«ii, nit deifü^un^ =33|pierBttni«aritnn$Ba^ 
die c*r i^28. ^'<ir dem Rlrsciieioen des xweiteu Theoieai^ aieder* 
^ejiriirieoeu hatte« Wir Iwönneu luis hier itninugUcii auf dl« 
<*inzeliien Ueiiauptnnsen -^inlanisen, weder liua AuUir«^ nocä. 
fioiurneiiia(or<9. Liihemerki liier kiiiuieii wir .'liciit laaiHSfl^ d 
von diesem jener, bei aller Leiciiti^Keit der Sprache« womil; er 
!*einen [liiilüsophidch - puetisciien Leich ^nn !Huii fibc> aJa 
Hef eiianer .iii^eaeiien wird. Warum '\ Wdii flcb deraalhie 
einen ^oiciien .luscibt, jicii niciit weuiir iu Paradoxieii oayA Bjp- 
perbela zeiailt. luid den ruhiisen« beiNiunimisn Gao^ 
^Cäudi^eu L'ritersuchun^TersohmäJiend, Seilcaaierspraa^ 
und 2nm £c>iannen der Leser lu ^«Ghwiudeinden ELüben 
klettert. Es ist -iber nicht alles Goid, waa 
denn das , was nur %q ««himmerc imd tiimmert. Hr. PmL F. 
brin^rc freilich unter tretftichen In^icfaceu nei Schwiadeicica 
in Markt, aber diese gerade — wabriich ntciU aia He^eiiaacr. 
Docii Hr. Hor*r. R. nimmt den äcfaein tnr» Sein oad sackt sick 
niciit wenif In^tij^ über die Hegel phil4isftphie. S«Mie Belaall- 
ffiin-ren des Yeristaiides nnd Witzes sind freLick jetat vahlMl 
an haben * In raancheo Punkten glaube er lodcsaea ^ack kd- 
itimmen zn miissen, i. B. darin ( p. 91 )• daas die Matkematft 
anf rien Gelehrtenscholen nicbl bis m den Keeelscknittcn «ad 
der fn^esrralrechnnn^ getrieben werden darfe. die kein cl/|^»- 
tneinen Bildung fimiUel, sondere eine awecii<»se Üekctaekratang 
de:3 Gymnasialunterriebtea seien. Wenn daecfca Hr. F. aagt, 
die historijtchen äprachsCudien kenne aar die anheili^e, fanle 
nnd absorde Di'inkelbafli^keit aaf^eblasener «.Henerliage" auf 
dfif Schnle verwerfen: so kann man sieb leicbt Tontellen, wie 
dies ansern Verf. in Hamiscfc bringen ninaite. 






Doch das Wahre, wetdb«8 bei aller fiSlii«ettf|[kM undl üüt^ 
bertreibiing dem System die« poetisehen Pädagogen «im Grande^ 
Hegt, erkennt er billig an, Indem er «aletst einceatehC (p; 110): 
,,Echte Pdeaiey und swarlNfatiofi^i-Poeafe, ist ttfierding« ein ntii- 
geseichAel^ BildnngsiiiUtel filr iden jogendtrthen Geht, nnÜ 
vieles von dem, was Hr. P. ober die Pflege der Prodolctionfl- 
Icraft sagt, ist von groaaer Bedentnngnnd wohl sn behersigen: 
Ja, uns scheint es fast, als habe er absichtlich die Farben ein 
« wenig starlc aufgetragen, um nnr einen so wichtigen, bisher fasi 
gänslich übersehenen Gegenstand hervorzuheben und den Blick 
darauf hinzuziehen/^ Mag sein! Wie aber die Vorrede wirk« 
lieh vorliegt, kann man Uir hur isugestehen: 



„In bunten Bildern wenig Klarheit, 

Viel Irrlhum und ein Fünlichen Wqjirheit, 



(( 



Nr. HL lieber den Unterricht in der deutschen Sprache in 

unsern CrelehriemcktUen. Pag. 111. 

Dieser Aufsatz bildet gleichsam die Scbiass-Akte des Ha- 
ders, in den der Verf. mit einem Anonymus gerathen war, der 
bei Gelegenheit einer Anzeige von Graff's „Otfried^^ in den 
Blättern für iitterarlsche Unterhaltung 1831. Mr. 223 u. 224 . 
dem Äi^^omc&e» Studium das Wort geredet hatte mit den aben- 
teuerlichsten Ausfällen gegen die bisherige Methode, also auch 
gegen alle diejenigen Lehrer, welche dieselbe vertheidigen, be- 
folgen und durch Schriften befördern. Hier lesen wir nun dit 
in eben jenen Blättern erschienene Erwiederung des Hrn. Hofr. 
R., in welcher derselbe die philosophische Auffassung der deut- 
schen Sprache nach ihrem gegenwärtigen Stande als Hoch- 
deutsch, wie sie seit Adelung (1184) in die deutschen. Schulen 
übierhaupt und auch in die Gelehrtenschulen Eingang gefunden ' 
habe, gegen die dem ancien regime des Schulwesens zugethane 
altphiioiogische Schuld als ein durchaus nothwendiges und 
höchst erspriessliches, gegen die für das mouvement begeister- 
ten Altdeutschthnmler als ein für die Gymnasien vollltommen 
ausreichendes Lehr- und Bildungsmittel hinstellt, zugleich mit 
Zurechtweisung der in der That etwas einseitigen und rohea 
Anklage jenes anonymen Radicalreformeri und Nachbeters von 
Grimmas bekanntem Ausspruch. 

Nr. IV. Neuere Aneichten über die Entstehung der Sprache. 

Pag. 135. 

Nach einer kurzen Andeutung der früheren „Haupt-Hypo- 
thesen^^ über diesen Gegenstand theilt der Verf. die in neuerer 
Zeit hervorgetretene Ansicht Beckers^ von der Sprache ala 
einem Organismus^ und in einem übersichtlichen Auszuge auch 
die derselben entgegentretende Darstellung des scharfsinnigen 



306 Methodik dei deatscbea Sprachunterriditf« 

Dr. K. Hoffmeister mit , wie er sie in seinem höchst interessan- 
ten Buche niedergelegt hat: „Erörterung der Grundsätie der 
Sprachlehre mit Beriicksichtigung der Theorie Becker'^, Her- 
liug*8^ Schmitthenner*s und anderer Sprachforscher, als Pro- 
legomena zu jeder künftigen allgemeinen Grammatik, welche 
als Wissenschaft wird auftreten können/^ (1830). — Aach 
die Ideen llerder's, Schubart's werden beiliufig erwähnt. Ei- 
gene Bemerkungen hat der Verf. nur sehr wenige gegeben , in 
Form gelegentlicher Noten. Die erheblichste — aber auch 
diese ist nichts weniger als neo — ist die, worin er in Knrsem 
seine „Tielleicht zu prüfende Ansicht ^^ von der Entwickelong 
des Satzes und somit der Sprache überhaupt, nicht ans djcia 
Frädikatswort (Verb oder Adjectiv) , sondern aus dem Begeh- 
rungswort, mittheilt; wobei bedeutsam sein möchte, daaa bd 
den deutschen Verben der Stamm gerade im Imperativ an su- 
chen sei. 

Nr. V. lieber Leseübungen in Gelehrtenschulen. P. 161^ 

Der Verf. hat von der Nothwendigkeit und dem Nntioi 
der Leseübungen, sofern sie znm Zweck das gründliche Ver^ 
ständniss einer Darstellung haben, schon im Sendschreiben «elbst 
gesprochen, auch hier und da den etwa nigen Gang angedeutet. 
In dieser Beilage nun fasst er dies noch einmal zusammen und 
gibt zugleich Proben, wie er Gedichte verschiedner Art seinen 
Schülern nach deren verschiednen Bildungsstufen erklärt, und 
Ref. muss gestehen, dass ihm diese Methode als sehr sweck- 
massig erschienen ist ; sie kann und muss für den Schüler be- 
lehrend sein und wird dessen Geist und Gemüth nicht weniger 
Nahrung verschaffen, als die Lesung altklassischer Sprach- 
darsteliungen. 

Nr. VI. Themata zu Aufsätzen, 

So zweckmässig die Mittheilungen in der vorigen Beilage 
sind, so überflüssig erscheint diese nach den verschiedenen 
Schülerklassen n. Darstellungsformen zugleich geordnete Samm- 
lung von Themen; zumal da die meisten ans der Rhetorik des 
Verf. blos aosgeschrieben sind. Es scheint solche Sammelet 
ein stehender Artikel der für den deutschen Sprachanterricht 
bestimmten Lehrbücher geworden zo sein. Doch freilich jede 
Wohnung muss ja auch eine Rumpelkammer für überflüaaigea 
Allerlei haben! — 

Berlin. Dr. Polsherw. 






/■ ' 



Uebef ä^n deUÜ^^'^n Unterricht 1^ >I^irii C^yiNtntf«^ 

8i^i^.^'> Nebst eine» Beleuchtung^ de» in der Schrift:- Berlin 'iriiil< 
•es H't, ' Berl; 1831',' dfeti Gymnasien gemachten Vorfhirfei dttl 
' "^ Verfifacliläss^nn^ dei^ Muttersprache.- 'Von Dt.^ J, S, fteteiükeyi^ ' 
Gyinhaliendirector %nhjck und Mitglied der Königl, deittsi^enChft^ 
feellsdiaften zu Königsberg lind Beriln. Königsberg, bei Uns^ 
1832. 8. XV. Uh 

Der yerf asser ^dieser kleinen Schrift ipiingchtt; dass reclif 
Viele dieselrbe lesen und die^Leser seine Freunde werd^ii mech^ 
ten. ijip d^^ Erfüllung seines Wunsches einigermassen zu err 
leicht^)% gil^t er in der. V^M'i^de.nber einige iin Werkchen vor* 
komipeiide PunJ^t^», die aufffLlleiid' cirs^flineii dürften , näjlierfr 
Erkläriittg^i\, welche Referent ebenfalls and^^ Spide seiuejr 
Anzeige s^ßllea^ 9U OHissefi glaubt, 

'Erstens. ' Grimnr und Thierscfa fordern weniger Zeit und 
Bemühung' fiir das Deutsche Von den Schuleii, als in dieser 
Schrift l^rnolhwendig gehaltet! werde. Es toogis noch Mehre (l) 
geben, Weiehe so denken ^ mit diesen haliB er sich nicht in Wi* 
derspruch setzen wollen, ihm leuchte efn\ dass mitten ia 
Deutschland weniger aUclfc schon hinreichen könne. Er selbst, 
in Sachsen geboren, habe iiiemals deutschen Unterricht gepos* 
sen. In seiner Umgebung aber (im äusserstön Osten Deutsch-* 
lands) gehen der deutschen Sprache fremde Miome^ Polnisch^ 
Litthauisch, hin und wieder auch Russisch zur Seite, und däs 
Deutsche selbst sei in Folge stattgefundener Einwanderungen 
ein Geroisch von aßen deutschen Dialekten. Da miisse' die 
Schule mehr aufbieten, der Reinheit .und Würde der Mutter^» 
spräche Bahn im Leben zu machen. 

Also zunächst die Gymnasien in Preni^e« hat der Verf; bei 
seiner Schrift im Auge, nicht die Gymnasien Deutschlands übei'i^ 
haupt. Dies muss man wissen, bevor man' die Schrift selbst 
liest; sonst könnte man allerdings sich leicht wundem über so 
manchen Punkt, der darin besprochen wird. 

Zweitens. Der Verf. motivirt die in seiner Schrift häufig 
ausgesprochene Empfehlung und Anwendung der Sprüchwör*« 
ter, dieser wahrhaft goldenen Sprüche, dieser ^Weisheit auf 
der Gasse ,^* wie sie Sailer nenne. 

Ref. ist ganz einverstanden über die Tauglichkeit des 
Lehrstolfes, der in unsern deutschen Kernsprüchen, so wie in 
den, vom Verf. ebenfalls empfohlenen Bibelstellen enthaltea < 
ist, sowohl was den Inhalt, als was die Forip betrifft. Wenn 
sie aber der Verf. namentlich auch dazn^beim muttersprachli- 
chen Unterrichte in Gebrauch gesetzt zu sehen wünscht, um 
der zur Zeit schon sehr schwächlich und schmächtig, welk und 
matt gewordenen Muttersprache wieder auf die Beine zu hel- 
fen, um ihr wieder die frühere Kraft, Fülle und Würde lo 






feben, — ein Bestrebeii, mit wielchcm f»cIion itt dfr iScIipIff 4er 
Anfang gemacht werden Biüaae: — so kann Rof.*, der ^^^-^ea 
feingefiponnenen Fäden und Treaaen unaere^ fegensvivtiffeii 
Sprachslandei die gediegenen Barren dea TermaligeiL m4ht n 
unteraohelden weiss, doeh eine Bedenklichkeit DicIlt'FAr.dtililen, 
die nänilicb> ab denn dieser sooft beklagteZuatandderStehnrind- 
sucht und Abzehrung unserer Sprache, der denn 4^^^ Jp|abt 
als das Werk Einselner oder etwa der Schulen, aoodern des 
fortschreitenden Gesammt/eien^ der Nation aelbst ereehebti 
wirklich heilbar ist; ob überhaupt eingelenkt werde« kSiinei 
und ob namenth'ch die Schule (die Grammatik)' einlbakenaa 
wollen befugt sei; — eine Bedenklichkeit, die hf m flMlit'mi 
ersten Male ausgesprochen ist, und gerade jetst inafekNUcM^ 
niss zurückgerufen zu werden verdient, weü^'weniitfto Matarl- 
ache Methode des routtersprachlichen Unterricht« daiMNlri»- 
gen und aus Besor^niss einer bevorstehenden SpracIi^Fap^^^bniss 
eine Art von H«foraiation in . der Spracfie selbst bpab||)^igs|i 
aojlta, alsdann erat recht ein gar argesy unheilbrigg eft^Pief Mim' 
Terhältoiss zwischen Schuk uad Leben^ kurz eine ba]^yloil||ldia 
SprAchrerwirrung entstehen, dürfte. ,^ ,'...; . 

DriUena. Der Verf. rechtfertigt. sich, das» i^ir Mur iyiQ4 
da „der ersten Tafel seiner Fibel^^ als einea Lebr«iitte{fl| 6/» 
aen man sich noch auf den Mittelklassen zu seiner ^^eit bedie- 
nen könne, ESjrwähnuag thue. „Die Tafel en^biilt dieBaniitial- 
lungdes Alphabets in sehr FeracdiiednenForiiieii iindAnai^htiff. 
Denen, die darüber erschrecken (!) könnten, luno« der VerCm? 
sagen, dassihm das Alphabet gecade das int, waa deyilÜqirfkpc 
die Tonleiter. Es. kann keiner ein Musiker werdcy^ i^hm.dlis 
Tonleiter, und sogar Virtuosen üben sie täglich; ,..4ä98.||Mr.gl^ 
hen die herzlich «n Phantasien der Glucke, Haydn^ JUMartäi. 
Hummel und aller andern Meister in der Tonkaoai lif^TFOl« 
So auch sind dem kleinen Alphabet die herrlichen ¥^erkf9,|lf|r 
mers, Pindars, Piatos, Ciceros, Virgils, Shakeapea^f^«, Ittiv? 
Stocks, Schillers^ Goethes und aller andern groaen.8c|)(rJLfi^t(||t 
1er hervorgegangen. Wer könnte hoffen, ein Meiater M dar 
Sprache zu werden ohne das Alphabet! ^^ — Kefereol erwN 
tete im Verlauf dieser beredten Stellen noch die Frage ai^ilftV 
könnte hoffen, ein Meisterin der Mathematik zu w«r4w, 0|M 
dass er täglich einmal von 1 bis 10 zählt oder daa kl^M ^Blit^ 
maleins gehörig repetirt? welche Beschäftigung besonderf bibi 
zu Bette gehen Empfehlung verdient, weil bekanntlich -r«,-— •m' 
da senkte sich sein Blick, und siehe, in der Note zu dl^ap; 
Stelle las er: „Was über das Alphabet sich s^cq la«z0^ lujt' 
Bernhardt über das Alphabet (eine Abhandlung, Berlio ISlf) 
angedeutet: es läset sich aber noch weit mehr dirmin m^olMii^ 
als vonBernhardi geschehen ist/' . — Ref. muss geatiehes||i fttif 
er von dem Studium dea ABC, wie es in einer Y'^^Tit h)i(|pB(|p)t 



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sein kann, keine sa hohe Vorsieihmf bereits fehabt» aBsh Awütk . 
obige Tirade noch keine solche bekommen hat. iMessen wiU' 
er dem Uriheii der Leser nicht vorgreifen ^ und nureiae Steile 
aus Beckers Scbriftcivefl 2 ,»Ueber die Methode c|es Unterrittbta 
in der deutschen Sprache etc/^ Frankf.a.M. 1888. p.9.— %!• 
beifügen: 

„Die Methode fördert mit^Recht, dass man fiberall von der 
Anschauung und, wenn der Gegenstand einer st7i»//cAe7i Er- 
stellung fähig ist, Ton einer sinnlichen Anschauung ausgehe. 
Nun ist die Sprache, als sinnlicher Ausdruck der. Gedanken, 
zwar ein Gegenstand der sinnlichen Anschauung; aber der Laut, 
den tvir sinnlich anschauen, ist nur die äussere Erscheinung 
des Gedankens, der nicht sinnlich angeschaut Wird; er hat nur 
eiiie Bedeutung und kann nur verstanden werden durch denGe^ 
danken, den er ausdrückt. Der Gedanke, welcher in den Lau- 
ten in die Erscheinung tritt, und der Begriff, welcher die Seele 
des Wortes ist, und alle Verhältnisse der Begriffe und Gedan- 
ken können nicht Gegenstand einer snmlichen Anschanung 
werden. Wenn ttian bei dem $prac1i unterrichte von der sinn* 
liehen Anschauung ausgeht, wenn man damit anfangt, dass man 
den Schüler 6\q Laute betrachten lässt, in welche sich die 
Wörter zerlegen lassen , oder wenn man jhn gar zuerst seine 
Aufmerksamkeit auf die Zeichen der Laute richten nnd etwa 
die Buchstäben einer Sjlbe und die Sjlben eines Wortes zäh- 
len und nach ihren äusseren Verhältnissen betrachten lässt; 
So kann dies zwar zu einer genauen Kenntniss und Unterschei- 
dung der Laute und der Buchstaben, aber nicht zu dem Ver- 
ständnisse der Sprache führen; der Schüler wird sogar mn 
desto mehr von dem Verständnisse der Sprache abgezogen wer- 
den , je mehr seine Betrachtung auf die Laute und ihre sicht- 
baren Zeichen — die Buchstaben -^ hiiigeleitet wird- Der 
Sprachunterricht muss daher zwar ebenfalls von einer An- 
schauung, ilber von der innem Anschauung des Gedankens 
ausgehen etc.'* — 

Viertens. Der Verf. suchte sich bei denjenigen Lesern« 
welchen seine für Quinta und Quarta bestimmte Satzlehre und 
einiges Andere au abstrakt und hoch erscheinen dürfte, zu 
rechtfertigen, aber mit einer seltsamen Voraussetzung. Er 
glaubt nämliißh „hier in einem Falle mit den Tonseizern sich 
zu befinden , welchen noch Niemand einen Vorwurf daraus ge- 
macht hat, wenn sie nui geübte und der Sache gewachsene Spie* 
/errechneten^^ — freilich deaKon^onisten musikalischer Werke 
nicht, wohl aber, den Herausgebern von Klavier-, Violin- n. s. w. 
Schulen. Der Verf. scheint mit jener Uebung des Spielers die 
Redefertigkeit zu. vergleichen, welche der Schüler uns der Kin- 
derstube in die Schule mitftruigt; alleia diese Hesse sieh doch 



400 Methodik des deatochen Spracbnnterrichta, 

höchstens nur etwa mit dem richtigen Gehör einefl Mosik-Ler« 
nenden verg;ieichen. 

Endlich glaubt der Verf. seine im Gebrauch des Bachstabs 
8 seltsame Orthographie entschnldigen zu müssen, wornach er 
z. B. ^,mit grosem Fieise^^ u. dgl. schreibt. Statt der Gründe 
bringt er — seine Gewohnheit als Entschuldigung vor. — 

Gehen wir nun zur Schrift selbst über. Das Ganze zer- 
fallt in folgende 7 Abschnitte : l) über den Zweck des deot- 
Bchen Unterrichts in den Gymnasien, bispg. 5; 2) von den 
entgegenstehenden Hindernissen, bis pg. 14; 3) von den Lehr- 
gängen, bis pg. 31; 4) von den Ilulfsmitteln , bis pg. 100; 5) 
Klage, bis pg. 111; 6) Beruhigung, bis pg. 115; 7) Belligen, 
bis pg. 132. Hieran schliesst sich pg. 133 — 4 ein Verzeich- 
niss verschiedner Schriften des Verf., und den volligen Schlasa 
machen 7 Seiten Druckfehler, Berichtigungen and Zusätze (blos 
für die 5 ersten Bogen!). — 

Der erste Abschnitt enthält nichts Neues und Eigentfaiim- 
liches. Nachdem der Verf. in Kurzem über die himmlische 
Gabe des Sprachvermögens (über welches eine ganze Seite ge- 
lesener und nicht gelesener Schriften citirt werden), über die 
Wichtigkeit des Sprachstudiums und besonders^ der Mutter- 
sprache als Uiiterrichtsgegenstandes sich ausgelassen, und be- 
merkt hat, dass die Behandlungsweise dieses Unterrichtes durch 
den allgemeinen Zweck jeder Schule (Volks-, höhere Bürger- 
Schule, Gymnasium) bestimmt werde, der Zweck des Gymna- 
siums aber Vorbereitung zu den höheren wissenschaftlichen 
Studien der Universität sei: setzt er den Zweck des mutter- 
sprachlichen Unterrichtes auf un'sern Gymnasien in 

„eine mit dem allgemeinen Zweck der Gymuasialbildung über- 
einstiiiiiuende, wissenschaftliche, durch philosophische Gram- 
matik, Logik, Rhetorik, Poetik und Litteralurgeschichte un- 
terstützte Kenntniss der deutschen Sprache und zugleich in 
die jener Kenntniss entsprechende Fertigkeit im mündlichen 
und schriftlichen Ausdruck. '^ 

Der zweite Abschnitt behandelt ein Lieblingsthema der 
Schulmänner, insonderheit der Schul Vorsteher, nämlich die der 
Verfolgung des festgesetzten Zweckes entgegenstehenden y^Hin- 
dernisse^\ Der Verf. hat, wie er sagt, dem Unterricht im 
Deutschen immer, und insbesondre in den letzten 16 Jahren, 
wo es in seiner amtlichen Stellung lag, von der untersten Ble* 
mentarstufe bis nach Prima des Gymnasiums an beobachteni 
zu leiten und ,,zum Theil selbst zu ertheilen,'^ fwrzngliche Auf- 
merksamkeit gewidmet und theilt nun die ihm anfgestöasenea 
Hindernisse mit, weil man sie kennen müsse, theils um fhnen 
desto bestimmter entgegen zu arbeiten, theils um gerechterund 
hilliger über die Leistungen der Schule zu urtfaeilen. Er son- 
dert sie in zwei Klassen und bespricht / .• 



Bosenlieyii: Uebet den deubchea Üntorrftht. ff/l^ 

") Hindernisse, welche ausserhalb der Schute mit gvösie-^ 
der geringerer Gewalt wirken, als: 
lie verschiedenen Grade des Mangels an geistiger nnd 
^ sachlicher Ausbildung, welche im Hause und dessen 

V'^ebung wohnt [hier wird besonders auf die pre- 
llen EigenthümtichkeHen hingewiesen und bemerkt, 
e Jugend der Provinz Preussen in diesem Punkte 
Nachtheile stehe]; 
* .%atur der Jugend, und besonders 

or Schuljugend; 
j „die berüchtigte, noch immer nicht ganz au$:gcstorbene 
deutsche Gleichgültigkeit gegen das Rechte und Schöne 
in der Muttersprache^^; 

e) „die aus dieser Gleichgültigkeit entstandene (7(?iro^//- 
heit, aus welcher oft sogar eine starke Liebe zum Un- 
richtigen und Schlechten sich bildet, welche das Ge- 
wohnte nicht fahren lassen und das Bessere nicht an- 
nehmen will '^ [wie z. B. bei dem Verf. die s-Liebe!]; 

f) ,,die grosse Verschiedenheit der Ansichten und Grund^ 
Sätze in unsrer deutschen Grammatik>^ Der Verf. rauss 
das Niederschlagende dieser Hindernisse für denUnter-^ 
rieht in der Muttersprache in vollem Maasse empfunden 
haben. Er bemerkt: ^^Kaum ist der Wasserbau so 
schlimm als cr/^ 

'. Hindernisse, welche in der Schule selbst sich zeigen: 
1) (warum nicht auch hier: a, b, c u. s. w."?) „der nicht 
ganz seltne Mangel an Lehrern, die sich für den Unter- 
richt in der Muttersprache hinlänglich gebildet haben/' 
Der Verf. klagt mit Recht, dass so viele junge Leute> 
die sich zum Schulamte vorbereiten, über ihrer Philo- 
logie, Geschichte, Mathematik u. s. w. die zum Unter- 
richt in der Muttersprache erforderlichen Studien ver- 
absäumen, indem sie glauben, in der deutschen Sprache 
könne man so nebenbei auch unterrichten; und dass 
manche unsrer Universitäten noch viel zu wenig Anre- 
gung und Gelegenheit zu diesen Studien darbieten, wor- 
an er den schon von andern Seiten her ausgesproche- 
nen Wunsch anknüpft, dass diese Gelegenheit atlenthal^ 
ben herbeigeführt und bei den Lehrerprüfungen die 
deutsche Sprache hinlänglich berücksichtigt werben 
moge^. (S. Allg. Schulztg.^ AbthL 11 Nr. 180, im J^hrg« 
1832.) Nun ist zwar, wie der Verf. In- der Note be- 
merkt, durch das „Reglement für die Prüfungen d er Can«^ 
didaten des höhern Schulamtes, Berl. v. 20. April 1831*' 
der letztere Wjinscb bereits In Erfüllung gegangen, allein 
mit der Realisirung des ersteren^ oA»€r welche man ei- 
gentlich auf halbe« W«f6 würde jf eben bleiben, moM 

N. Jahrb, /. JPbil, u. Päd. od, KrU. BiU. Bd* XI if/t.fk JQ 



402 Methodik dei deutschen Sprachunterrichtf* 

sich der Verf. mit Andern noch ein Weilchen gedulden; 

dergleichen lägst sich nicht so rasch ins Werk setzen. 
Nach einer kurzen Apostrophe an die studirenden Jünglinge, 
welche dereinst in Gymnasien lehren wollen, bespricht der 

Verfasser: 

2) den ,,bisweiligen(!) Mangel an Uebereinstimmnng der 
Lehrer in dem, was sie der Jugend geben,'^ bei welcher 
Gelegenheit den Schulen Magdeburgs, wie sie der Verf. 
1821 durch den würdigen Consistorialrath Zerrenner 
kennen lernte , ein Lobspruch ertheilt wird ; 

8) „Gleichgültigkeit mancher Lehrer gegen das Rechte,'^ 
wobei besonders die ProTinziaiismen aller Art im Munde 
der Lehrer gerügt werden; 

4) )^die unzweckmässige, nachlässige Lehrweise, wodurch 
weder das Denk- noch Sprachvermögen der Jugend ge- 
bildet wird>^ 

Besondere Hervorhebung verdient hier das Dringen ant 
deutliche^ sprachrichtige antworten der Schüler undauf JrV- 
klärung der bildlichen Ausdrücke, der sprüchwörtlichen Re« 
densarten u. s. w., überhaupt auf bewusstes Siprechen und Schrei- 
ben. In der That, nichts kann für die Eutwickelung und Be* 
reichernng des Denk- und Sprachvermögeiis förderlicher wer- 
den, als die frühzeitige Hinweisong auf die innere Seite des 
Ausdruckes, von der ja die äussere abhängt, und ohne welche 
diese nie vollständig begriffen werden mag. Was zeigt uns die 
Sprache in ihrer jetzigen Gestalte Eine Galierie bestaubter 
Bilder, verblichener Metaphern. Unzählige Wörter, die jetzt 
nur noch abstrakte Begriffe bezeichnen, riefen ursprünglich durch 
ihren Klang ein lebensvolles Bild in der Seele des Deutschen 
hervor. Wie alte, abgegriffene Münzen haben sie jetzt ihren 
vollen Klang, ihren reellen Werth, ihre Bedeutung verloren 
und nur noch einen Nominal werth, nur noch Geltung übrig be- 
halten, und zwar eine so schwankende und willkürliche, dass- 
Verwechselung und Verwirrung fast unvermeidlich erscheint. 
Durch beständige Bemühung also, soweit es die von dem jetzt* 
gen Stande der Forschung gebotnen Mittel möglich machen, 
die Bedeutung der Silben, Wörter und Worte aufzuheilen, den 
in jedem befindlichen Lebenshauch aufzufrischen, — durch 
ein solches Bemühen also würde nicht nur die eigentliche Auf- 
gabe des routtersprachlichen Unterrichtes — zur Herrschaft 
über die Sprache zu fuhren und das bewnsstlose Können in eia 
bewusstes, begreifendes Wissen zu verwandeln — um ein Be- 
deutendes ihrer Lösung näher gebracht, sondern auch die nicht 
selten ausgesprochene Besorgniss erledigt werden, dass das 
Gebäude unsrer an sich so Lebenskräftigen, unerschöpflich rei- 
chen Sprache allmälig zu eineoi Beinhaua todter Redenaarten 



Rosenbeyn: Uaber den ienttehea Voleilldit. 4M 

\ 

verknöchern mö^e, welche Bef^orgniss übrigens demJB^. gerad« 
iilcbt allzu grosse Unruhe macht. 

Der drille Abschnitt handelt von den Lehrgängen, Der 
Verf. spricht zuerst von der Zweckmässigkeit und Nothwea- 
digkeit festbestimmter Lehrgänge, und theilt dann, indem er 
die schon friiherhin ausgearbeiteten ausführlicheren Lehrgänge 
für den deutschen Unterricht in Sexta und Quinta in den sie« 
benten Abschnitt verweist, liier dje Kurse der folgenden Klas-' 
sen mit. Eine nach der Organisation und den Mitteln eines 
bestimmten Gymnasiums wohlberechnete Verlheilung des Lehr- 
stoiTes, verbunden mit trefflichen Winken, ist darin nicht zu 
verkennen; indessen will der Verf. diese seine Versuche keines- 
wegs als Muster betrachtet wissen, und Ref. enthält sich dess- 
halb der Ausstellungen, deren sich auch hier nicht wenige ma- 
chen Hessen, z. B. darüber, dass für die Lektüre in Secunda 
Klopstocks Messiade als stehendes Pensum empfohlen wird; 
über die schielende Schlussbemerkung: „Ze^r Vorbereitung at^ 
die Abiturientenarbetten'ist es von Wichtigkeit, bei Verstattung 
von sehr wenig Zeit oft und vielseitig Dispositionen und zuwei- 
len auch ganze Aufsätze anfertigen zu lassen.'^ Auf diese Ue- 
bun^ in extemporirten Aufsätzen u. dgl. ist unstreitig ein gros- 
ses Gewicht zu legen,, und es dürfte dieselbe in allen Klassen, 
in welchen überhaupt Aufsätze gemacht werden können , von 
Zelt zu Zeit vorzunehmen sein; allein dies denn doch nicht zur 
Abrichtung auf ein Examen^ sondern zur Vorbereitung auf das 
ganze künftige Leben. — Uebrigens verlangt der Verf. für 
Sexta 6—7 wöchentliche Stunden, für Quinta 5 — 6, für Quarta 
4, für Tertia 3-4, für Secunda 3—4, für Prima 5-6 Stunden, 
von welchen jedoch zwei für den philosophischen Unterricht 
bestimmt sind. 

Der vierte Abschnitt handelt von den Hülfsmitteln. 
L Hülfsmittel für Lehrer und Schüler zugleich. 

1) Lehrbücher für den grammatischen Unterricht,. 
Es werden hier drei Lehrstufen, jede zu zwiei Klassen, ange- 
nommen. Auf der untersten Stufe soll der grammatische Un- 
terricht analytisch betrieben werden, so dass also 

a) in Sexta und Quinta keine eigentliche Grammatik ge- 
braucht werde, gondern ein für jene« analytischen Unterricht 
berechnetes Büchlein, welches die nöthigen Andeutungen und 
Sammlungen zur Entwickelung der einfachen Sprachbegriffe 
enthalte. Statt ein bestimmtes Lehrbuch vorzuschlagen , gibt 
der Verf Andeutungen des Inhaltes eines solchen, wie er es 
sich für diese Stufe wünscht. Man sieht aus denselben : der ^ 
Verf. arbeitet auf ein deMet^es Erfassen der Sprach begriffe 
hin; seine Erklärungen und^Uebungen halten sich mehr an 
den Inhalt, als an die Form ;> sie enthalten wirklich schon die 
Vorbereitung zu de» logiseben Definition der Begriffen ond sind 

20* 



« \ 



404 Methodik des deutflchen Sprachunterrichto» 

eben so gute Verstandes-, als Sprachubnngen. Alle Definitio- 
nen werden 'erst auf analytischem Wege gewonnen. Dafcb 
Beispiele, wie: 

flüssig ^ flüssig 

farbig * aus Malz gebraut 

zum Schreiben dienlich trinkbar 

Dinte Bier 

und durch Beispiele folgender Art, die aber erst in Sätze rtt" 
wandelt werden müssen : 

Sein Sein Sein 

durstig im Durste lebendig 



dürsten dürsten leben n. dgL 

soll der Schüler zum Bewusstsein kommen, was ein Hauptwort, 
was ein Verbum sei; jenes nämlich: ein Wort, welches eine 
Menge (Summe) von Merkmalen oder Eigenschaften (-{-) ak 
ein Ganzes gedacht (in einen Begriff zusammengefasst) bezeicli- 
net; dieses: ein Wort, welches eine besondere Art des Seim 
oder einen Zustand bezeichnet. Auf ähnliche Weise aollen 
ihm die verschiednen Arten der Verben klar gemacht werden. 
So ganz einfach und sicher zum Ziele, d. h. zum ganz klaren 
Bewusstsein, führend scheint dem Ref. diese Art der Entwicke- 
lung denn doch nicht; wenigstens befürchtet er, dass es dem 
Kinde nicht so ganz klar werden möchte, wie sich z. B. „grnn^ 
Ton ,,das Grün^^ unterscheide; wie jenes „aus Malz gebraut'^ 
ein Adjectiv sei, da es selbst wieder ein s. g. Hauptwort ent- 
hält. Wie „dürsten^^ von ,^Durst^^ — beide bezeichnen ja eine 
besondre Art des Seins, einen Zustand — sich unterscheide, 
kann der Schüler erst aus dem Satze erkennen; 'dieser also, 
der einfache^ nackte Satz, würde doch zum Ausgangspunkt f&r 
richtige Erkenntniss der Sprachbegriffe genommen werdcu.müa« 
sen , und dies hält Ref. für die zweckmässigste Methode. An 
die Erkenntniss des Subjects und Prädicats und deren Neben- 
bestimmungen schliesst sich naturgemäss die Einsicht in das 
Wesen aller Redetheile. — Auf die s. g. Copula ist der Verf. 
nicht gut zu sprechen; er nennt sie ein sowohl in der Gram- 
matik als in der Logik leeres Phantom , einen Ueberrest grie- 
chischer Scholastik , — wir würden sagen: ^der mechaniacheii 
Auffassung des Satzes und der Sprache überhaupt; ebenso wie 
wir es für einen Ueberrest einer verschollenen mechanischen 
Logik ansehen, wenn der Verf. (p. 36) sagt, der Inhalt einet 
Satzes (also jedesSatzes) helsse enrUrlheil. Doch davon später! 
Auch die Eintheilung der Sätze in Aussage-, Ausruf- ond 
Heische- Sätze scheint dem Ref.-; für die Satzlehre ganz aner« 
ipriesslicb , obwohl er sie auf diei er untersten Stafe, wo aoch 



Rosenlicyn : Ucbor den deutseben Unterticht 405 

besonders suf Flüssigkeit der Spracliorgaae durch SpTRcIiee- 
saiig, verscliiedne Üetoiiuiig noch der Wortstellung u. dgi., hin- 
gearbeitet werden muss, allenfalls noch gelten lasst. Aber Kt- 
klürunge» derselben, nie S. 3<i, „im Ausaageiatx (überhanpt 
eine iiichtasageiide Beneunurig!) erscheint das Vrllieil aU voli^ 
enUvl und gewm" u. dgl. möchte er nicht durchgehen lassen. — 
Mit Recht erklärt sich der Verf. gegen die Uctracblnng der 
starken Conjiigation als einer unregelmässigen. Am kräftigsten 
Jiat, wenn Ref. sich recht erinnert, Gralf gegen diese Ver- 
kehrtheit gesprochen. 

Dass der Verf. keinen eigentlichen Abriüs der Grammatik 
anf dieser Stufe will, ist sehr billig. Er verlangt eine auf ana- 
lytischem Wege zu bewirkende Veransehaulichung alles dessen, 
was zu dem dieser Stufe vorgesteckten Ziele, dem einfachen 
Satze uänilich für Sexta, dem erweiterten und dem ziisamnicn' 
gesetzten für Quinta, fiJhrt; statt der unzähligen Paradigmen 
und Regeln aber — eine möglichst volUtändige und wohlge- 
ordnete Sammlung gangbarer Sprachfehler, besonders derPro- 
Tinzialism u. dgl, ; ein Wunsch , den auch schon der einsichts- 
volle Herling in seinem „Ersten Cursus eines wissenschaftl. Ui^ 
terrichts in der deutschen Sprache" p. 7 ff. ausgesprochen hat. 

h) Das Lehrbuch jur Quarta und Tertia' 
soll ebenfalls keine eigentliche Grammatik sein, sondern mehr 
prakliächer Leitfadea einer grammallschen Beispielüammlung 
des Richtigen wie des Fehlerhaften, nur systematischer und 
vollständiger, als das obige. — Wir erlauben uns hierzu ei- 
nige Bemerkungen. Eine Sammlung ähnlich oder gleich lauten- 
der, verschieden betonter Wörter u. dgl. könnte wohl schon in 
den ersten Cursns mit aufgenanimen sein. Zu schwer wäre sie 
nicht für die erste Stufe und Nutzen brächte sie für die Ortho- 
graphie, die überhaupt früher erledigt sein muas, als, wieder 
Verf. will , in Tertia. — Die Beispielsammlung ferner für die 
Onomatopöie, für Reime u.dgl., wobei der Bezeichnnngskraft der 
Töne (Vokale) und Laute (Ooosonanten) mit Recht *) soviel 
Kraft zugeschrieben wird, könnte sehr nützlich werden, diirfta 
aber, wenn nicht die ausserste Vorsicht und die grösste Flsn- 
niässigkeit beobachtet wird, leicht sehr unpraktisch ausfallen 
und gar wenig Besseres bieten, als die in den meisten neuern 
Grammatiken so weitläufigea Capitel über Ableitung, Wortbil- 
dung u. dgl., in denen oft im Ganzen nichts gelehrt wird, aU 



*y „-^ — — Jedem Worte lilingt, 

„Der Uriprung nach, wo es sieb herbedin^: 

„Grnu, grämlich, grie^graiu , gniulidi, Gröber, grimmig, 

„Etymologisch glcichecwelaa etinimig, 

„Verslimoien um." (Goetbe-Fautt II.) 



406 Methodik des deatschen Sprachunterrichts.* 

was nicht gelernt {eq werden hrancht, „weil wir es schon mit 
der Muttermilch einsaugen." Die Uehung in der Zusammen- 
setzung von Wörtern hat allerdings ihren Nutzen, wenn dahel * 
die lebendige Sprache im Auge behalten wird» Aber wozu An- 
leitung geben zu solchen monströsen Gebilden wie S. 4^9 Back- 
ofenholzspalter, Instrumeutemnachergesellenfrau!? Der Schü- 
ler lernt dabei nichts^ und wenn er auch ellenlange Wörter biU 
den kann; im Gegentheil, es kann ihm schaden I Die Weg* 
lassung des Zusammensetzungszeichens 8 treibt der Verf. zwar 
nicht so weit, wie Wolke und Jean Paul, indem er sie nnr für 
zwei Fälle als Regel aufstellt: 1) wo dieser Laut nicht Genitiv- 
zeichcn sein kann (als wenn er immer nur dies gerade sein 
sollte!), und 2) wo er der leichtern Aussprache Eintrag thut. 
Allein auch bei dieser Modifikation werden Formen; wie Bil- 
dunggang, Dichtungarten, Empfindungkreis u. dgl., gegen wel- 
che sich auch, — wenn auf das starke Druckfehlerverzelchniss 
diese Vermuthung gebaut werden darf, — schon der Setzer 
dieses Schriftchens bei den ersten Bogen bedeutend gesträubt 
haben muss, wenig oder gar keine Billigung und Aufnahme in 
der lebendigen Sprache finden. 

Etwas ansführlicher (S. 49 — 69) verbreitet sich der Verf. 
über die Satzlehre^ welche das eigentliche Pensum für Quarta 
und Tertia ausmacht und hier als völlige Ausführung des schon 
in Quinta Vorbereiteten und Eingeübten Erscheint. Die Pole- 
mik des Verf. gegen Herlings Theorie ist übrigens sehr einsei- 
tig; er kennt auch nicht des verdienstvollen Gelehrten Haupt- 
schrift in ihrer letzten Bearbeitung (Grundregeln des deutschen 
Stils. i>ri7/e Ausgabe 1832. Auch ist die Syntax des einfachen 
Satzes erschienen). Er hält es für gut, wieder den älteren Weg 
einzuschlagen, und diesen durch Abschneidung seiner Krüm- 
mungen in einen geraden zu verwandeln, d. h. er theilt die zo- 
sammengesotzten Sätze blos nach deren logischen Verhältnis- 
sen ein. Er behauptet S. 54: ,,Die Grammatik hat es nur mit 
sprachlichen Formen y nicht mit dem Denken unmittelbar za 
thun;^^ und S. 55 heisst es wieder: „Die Eintheilung der zo- 
sammengesetzten Sätze kann nur von logischer Art sein; denn 
die Grammatik ist das Korrelat der Logik (Denklehre), wie die 
Sprache das Korrelat des Denkens. Es müssen daher alle be- 
deutenden Erscheinungen im Denken ihren Wiederschein 

in der Sprache und mithin in der Grammatik zeigen/^ Soll 
alles dies gegen Herling gerichtet sein? — Als wenn derselbe 
in seiner Theorie von Logik gar nichts wissen wollte oder der 
Form alle Bedeutung abspräche. Man lese nur dl^ §§. 1 u. 66 
nebst Erläuterungen (Grundregeln. 3te Ausg.), und man wird 
sehen, wie und trarum er die grammatische und die logische 
Eintheilung auseinaiidergehalten hat. Er weiss gar wohl, dzsz 
nicht jedea^ Qxh%\iikhfi der Vorstellung (der Logik) in der Spra- 



'• 



che die Bezeichnung durch eine befitimmte, mr nim etgenA&air^ ~ 
liehe Form' gefunden hat „Wenn man in der Sprache nnr eim 
angewandte Logik sieht /^ sagt Hr. Biilroth S. Vlli der Vor- 
rede zu seiner laiein. Syntax (Leipz. 1832.)^ niit Verweisung 
auf des scharfsinnigen Hieke Recension der Her ungesehen Satz« 
theorie, in den Berliner Jahrbb. f. wissenschaftl. Kritik, Oclo- 
berheft 1831, — „so mag man sich hüten, jene nicht in daai 
Bett des Prokrustes zn bringen, um seine zu ihr von aussen 
her mitgebrachten logischen Begriffe wieder zn finden» Ea ist ' . 
wohl darauf zu achten, ob die letztern sich in der Torliegen- 
den Sprache auch wirklich ausgeprägt finden: ist dies nicht 
der Fall, so ^dürfen sie ihr nicht aufgedrängt werden/^ 

Wie weit man mit der blos logischen Eintheilnng der Satze 
am Ende komme , zeigt folgendes Beispiel. Nach S. 56 soll in 
der Satzverbindung: „der Schlechte thut Böses, ohne sich zu 
schämen'^ — das logische Verhäitniss der Coordination = „und 
schämt sich nicht/^ stattfinden; und S. 60 gilt in dem Satzge- 
füge : „drei Dinge thun nichts, ohne geschlagen %u sein,^^ — der 
letztere mit derselben Form wieder als Exceptivsatz = „wenn 
sie nicht geschlagen werden." Nach Heriings grammatischer 
Eintheilung, wornach ei72e Satzform ebenfalls ganz verschiedne 
logische Verhältnisse, ebenso wie ein Wort ganz verschiedne 
Begriffe ausdrücken kann^ heisst\%ne Form mit ^^ohne zu^^ = 
^^ohne dass^^ — immer ganz einfach: Substantivsatz =s ohne 
Scham , ohne Schläge. — Freilich ist auch Heriings Theorie 
etwas verwickelt und deshalb, zumal in der Gestalt, wie sie in 
seinen eignen Lehrbüchern vorliegt , für Schüler wenigstens^ 
sehr schwierig. Aber welche Einsicht gewährt sie ihm in den 
Feriodenbau; welchen Nutzen für den eignen Stil, in Vergleir , 
chung zu jener sogen, logischen Eintheilung, von welcher kein 
Fortschritt zu einer Topik, zu einer Syntax, überhaupt zn ei* 
ner Theorie des Stiles möglieb istt 

Die Interponktionslehre, von welcher der Verfasser so viel 
Aufhebens macht, soll angeblich ebenfalls ledigliph auf dieser 
logischen Satzeintheilung ^esuUiren. Aber man sehe die Re- 
geln des Verf.s S. 62-^63 nur an: fast alle berphen — — auf 
der Stellung oder sonst rein grammatischen Verhältnissen der 
Sätze. Heriings Theorie Sat^zeichnung ist bei aller Verwicke- 
lung ( — wie kann aber irgend eine einfach sein, da die Sache 
selbst so verwickelt ist? — -) nnd bei mancher Neuerung doch 
viel befriedigender, auf festen Prinzipien ruhend, die freilich 
Hr. Director R. gänzlich verkennt, zumal wenn erwähnt, daas 
Herling seine Grunde für dieses oder jenes Satzzeichen aus der 
veränderlichen Länge oder Kürze der Sätze oder Satztheile her- 
genommen oder willkürlich aus der Luft gegriffen habe. „Unsre 
InterpniAtioa liegt noch «ehr im Argen» ^ -Da» iat wahr; aber 



408 Methodik des deutschen Sprachnnterrichts. 

Tiel oder gar alles darf der Verf. auch nicht gethan sn haben 
glauben, um sie dem Argen zu entziehen. 

Das Ziel des ganzen Lehrbuches für die zweite Lehrstufe 
ist vollständige Uebersicht der Grammatik, die mit dem Perio- 
denbau schliesst. Was darüber hinausgeht, gehört der ,,Stil- 
lehre ^'' (d. i. Stil -Lehre) und Rhetorik an. Den Schluss dürf- 
ten lünf dahin einschlagende Sammlungen und drei kleine An- 
hänge über Prosodie, Sietrik und deklamatorisches Lesen bil- 
den. Woher nun aber der Schüler die eigentliche Stil- Lehre 
und llhetorik — (die Poetik tritt in den Hintergrund!) — ent- 
nehmen soll, ist nicht angegeben. Denn 

c) das grammatische Lehrbuch für Sekunda und Prima 
soll, da nach gehöriger Einübung der früheren Curse eine Gram- 
matik des Neuhochdeutschen auf dieser Stufe nicht mehr nöthig 
erscheint, indem erforderliche Wiederholungen und Erweite- 
rungen an die mündlichen u. schriftlichen Uebungen angeknüpft 
werden können, auf die historische und gelehrte Seite der Mut* 
tersprache berechnet sein und eine kurzgefasste Uebersicht der 
Formenlehre des Gothischen, des Alt- u. Mittelhochdeutschen 
und des Niederdeutschen enthalten, nebst Sammlungen zum Be- 
huf der Ableitung u. dgl., auch etwa einem kurzen Abriss der 
allgemeinen Grammatik und der Metrik, — Gleichwohl er- 
scheint dem Verf. doch noch eine eigentliche deutsche Gram- 
matik sehr Vtünschenswerth, theils um die Schüler in der Kürze 
darauf verweisen zu können, theils um einen Einheits- und Yer- 
cinigungspunkt für die Lehrer zu haben. Jedoch weiss er keine 
ganz geeignete zu nennen. Dafür giebt er eine kurze Recen- 
sion der vorhandenen von Roth, Schmitthenner, Becker und 
Götzinger, welcher letzteren er vor allen den Vorzug giebt| 

obgleich sie, bei manchen andern Mängeln, den Satz 

man denke! den Satz als Darstellung eines Gedankens^ 

statt: eines Z/r^^eiV« erklärt!! Das ist wirklich Schade, dass 
der wackere Götziiiger in der Philosophie so weit mit seiner 
Zeit fortgeschritten ist. Ref. kann nicht begreifen , wie Hr. 
Dir. R., der doch S. 53 eine richtige Einsicht in das Wesen 
der copula zeigt, so hartnäckig den alten irrthum festhalten 
mag, dass jeder Satz Ausdruck eines Urthcils sei; einen Inv 
thum, der bekanntlich so viel Verwirrung in die Logik gebracht 
hat. Zwar hat der grammatische Satz, ebenso wie das logi- 
sche LJrtheil, Subjekt und Prädikat; aber dies nur eine äaaser- 
liehe Aehnlichkeit. Der Satz ist darum noch nicht jedesmal 
^in Urtheil. Dazu gehört, dass das Prädikat zum Subjekt im 
Verhältniss eines Allgemeinen zu einem Besonderen oder Ein- 
zelnen stehe. Doch vielleicht versteht der Verf. unter dem 
Worte Urtheil etwas andres, als die Logik darunter versteht; 
vielleicht ist ihm ürtheiien ein blosses ii/rtheilen [wie Urlaub^ss 
Erlaub ; Urkunden ;= erkunden u. dgl. S. A. Arnold ,|dijB hohe- 



BoseahGjn ! lieber den deulichen CnternGlit. 400 

rcn ünterrichtsanBtalten." Beil. 1829. S. II.]. Dann Lalle er 
«ich aber darüber irgendwie ausspreclien mü^isen, 

Sclilieeelicli äussert der Verf. die Hoffnung, die drei ge- 
schilJerteo Lehrbucher durch einen Verein roii Schulmeinnern 
erscheine» in sehen, worauf sich denn auch eine ihnen auge- 
jnessene Spraclilelire erwarten lange. Ref., der sich einen wirk- 
lich sehr fruchtbaren Unterricht von diesen Lehrbüchcrii ver- 
ei|iricht, wenigslens einen bei weitem gedeihliclieren, nls der 
lüt, den man von Seila bis Tertia u. s, f. nach dem Lleiiien, 
mittleren und gi'ossen Ileyse, nach dem dicken und dünnen x 
oder y ertlieilt, — sieht der baliügen Erfüllung dieser IIuiT- 
nnug selintichst entgegen und bringt zu gnler letzt statt allfsr 
eignen Kalhgchläge die geislreichen Winke in Erinnerung, dia 
Leasing in seiner „Erziehung des MenaGhengeachlechls" g. 26. 
4T' 07. freilich zu einem andern Zweck gegeben hat, die aber 
such hier, gehörig beachtet, wohllhätig wirken können. 

2) Lesebücher. 
Den Itichtungen der drei Lehrbücher für die verschiedenen Un- 
terrichtsstufen zur Seite gehende Leaebiiclier sit^d ein notliwen- 
digea Bedürfnids, welchem von den unzähligen Torhandnen Le- 
sebüchern die meisten gar nicht, die andern nur Iheilweise dem 
Verf. zu entsprechen scheinen. Am nachdri'icklichsten empfiehlt 
er für die zwei ersten Stufen Hülstetts „Sammlung nuRerwähl. 
' ter Stücke aus den Werken deutscher Prosaiker u. Dichter" etc. 
in verschiednen Abtheilungen (ISSO — 31). Auch die Erschei- 
nung dieser drei Lesebücher, hofft der Verf., werde durch 
den erwähnte» Verein von Schulmännern herbeigeführt werden. 
Wir wünschen auch dieaem Unternehmen günstigen Erfolg iinil 
bemerken über dieses, so wie über das andre im Allgemeinen 
nur noch, dass es b'.i aller übrigen Vorsicht namentlich die 
Korrektheit, dann den einem Lehrbuche nothwendigen Zusam- 
Tiieuhang seiner Theile (damit die lielerlei Sammlungen u. An- 
hänge und Abrisse nicht auseinander fallen), endlich auch ganz 
besonders die Casse der Eltern der Schuljugend nicht ausser 
Acht lassen möge, da doch der Lehrplan des Verf. zu einem 
volliländigen Cnraus von Sexta bis Prima den Ankauf von 6 bia 
7 blos dem deuUchen Unterricht bestimmten Büchern nöthig 
machen würde. 

iL Hülfsmiltel für die Lehrer in der Schulbibliothek. 
Der Verf. stellt S. 16 - 05 die Schriften und Werke, welcho 
ihm für den deutachcD Unterricht besonders belehrend erschei- 
nen, mit einzelnen kurzen Bemerkungen zusammen. Vollstän- 
digkeit war hier zwar nicht beabsichtigt; indessen sieht man 
doch ungern manches brauchbare Buch da unerwähnt gelaeaen, 
wo unbedeutendere nnd veraUete eine Stelle gefunden haben. 
Unter den grammatischen Werken kommen die Schriften Her- 
lingi wieder za Ehren (S. "il.). lu Bezug auf die sngefüluten 



410 Melliodik des deutschen Sprachanterrieht«. 

Werke zur philosophischen Vorbereitung bemerkt Ref. nurFol- 
gendes : der philosophische Unterricht darf doch wohl nur ^-' 
nem philosophisch Gebildeten überlassen werden, und der wird 
sich seine liülfsmittel schon nach seinem und seiner Schüler 
Bedürfniss wählen. Ueberhaupt wäre hier entweder eine end- 
lose oder gar keine Litteratur nöthig gewesen. Denn ein gans 
brauchbares Buch für den Classenunterricht fehlt bis jetzt QOcb| 
und das Uebrige sucht man anderwärts. * 

III. Hülfsmittel für die Schüler in der Schülerbibliothek. 
Hier giebt der Verf. ein langes Verzeichniss von allerlei nütz- 
lichen Büchern in der buntesten Zusammenstellung. Neben 
Niebuhr 8 Römischer Geschichte u. C. Ritters Allgemeiner Erd- 
kunde (in der iS>cÄ;//e7bibliothek!) stehen die Reisebeschrei- 
bungen von Campe, von Harnisch, der kleine Biograph aus dem 
Leben kleiner Kinder u. s. f. — Man könnte fast auf den Ge^* 
danken gerathen, der Verf. habe nur so hingeschrieben, was 
ihm so in die Feder kam oder vom Kataloge seiner und der 
Schülerbibliothek des Gymnasiums zu Lyck geboten wurde. 
Ermattet durch diese mühevolle Arbeit veriällt der Verf. 8U7 
letzt in eine Art von Schlummer, in dem er sein Ziel gans aoa 
dem Auge verliert. Weil er gerade einmal an der Schnlerbi- 
bliothek ist, so möchte er auch nicht versäumen, aonatige 
brauchbare Bücher zu notiren, als: J. Caesar von Held u. von 
Herzog ; Cornelius Nepos von Bremi und dessen Lysiae et Ae- 
Bchines orationea seiectae; Homeri hymnus in Cererem, ed. 
Ruhnken u. s. w. Wir bewunderten nur, wie der Verf. hier 
sobald ein Ende finden konnte! Indem wir die Frage, cui bono 
eigentlich alle diese Bücherverzeichnisse in dieser Schrift ste- 
hen, gern übergehen, machen wir auf den elfzeiligen Schluss 
dieses Abschnittes aufmerksam, der einen kleinen Wink itber 
die zweckmässige Leitung der Leetüre giebt, und ^vorschlägt, 
bei den Abiturientenprüfungen nach dem Inhalt der gelesenen 
Bücher zu fragen und den Befund in dem Abgangszeugnisse za 
bemerken! 

Der fünfte Abschnitt enthält ^^die Klage. Beleuchtung des 
in der Schrift Berlin wie es ist (Berlin 1831.) den Gymnasien 
gemachten Vorwurfs der Vernachlässigung der Muttersprache.^ 
Ref. glaubt am besten zu thun^ wenn er die ärgerliche Klage 
hier nicht nach dem Excerpte des Hrn. Dir. R., sondern aus 
dem Originale selbst wörtlich mittheilt. S. 113 — 15 also Itssl 
sich der anonyme Verf. der erwähnten Schrift über die Gymna- 
sien Berlins folgendermassen vernehmen : 

„Der Hauptzweck dieser Anstalten ist zwar eine allgemei» 
ne, gleichmässige Ausbildung in allen Objekten, ganz besonders 
aber werden die alten Sprachen, und dies leider mit einer auf- 
fallenden Vernachlässigung der Muttersprache, berücksichtigt. 
(S. 114.) Theils von ihren Stiftern ansehnlich doUrt» tiieila 



no(BDbefn: Uebec den deoUclien Untemcht, 411 

clHrch Vermächtnisse nn Geld oder bedentenden Lehrmitteln 
bereichert, sind die Iii^ilitute mit Allem auf das Beste vcr«ehcu, 
um das vorgenteckte Ziel zu erreiclieii. Dennoch aber Ut ea 
schwierig, auf eine streng entscheideijde Weise zu beslimmen, 
welcher TOn diesen AnBlalleii der Vorzug zu geben. In der 
gegenwartigen Zeit sind alle in der höclisten Bluthe, und unter 
der Leitung einsichtsvoller und geprüfter Männer werden auf 
ihnen die Wigsenschafteti mit regem Eifer und glücklichem Er^ 
folge betrieben. Diese küiuieii jetzt um so mehr gedeihen, da 
nach der ßeorganiüatinn der Scliulen sich der Andrang zn den , 
Gymtigsien im Allgemeinen vermindert hat, und die nicht mehr 
eo sehr überl'iillten Classen machen es den Lehrern möglich, 
mehr ' Aufmerksamkeit auf den Einielnen zu verwenden, wie 
auch auf der andern Seite dem Schüler dadurch Gelegenheit g&< 
boten wird, sich anzustrengen und diesem gemäss Forti-chriite 
zu machet). Diese Fortschritte lassen sich bei den fähigem 
Sclii'ilem auf das Erfreulichste nachweisen. Die allen Sprachen 
und Mathematik, die historischen Wissenschaften, Geschiclile, 
Geographie und Naturkunde aiud Ilauptobjekte, und wie die 
allen sprachen mit besonderer Liebe gelrieben werden , so bo- 
niitzL man auch zu der Ausbildung in den andern Wissenürhaf- 
leu höhere Forschuugen, wiewohl die Handbncher und Hiilfs- 
mittel , deren man sich hierbei bedient, noch Manches zu wün- 
schen übrig lassen. Wird aber auch hierin viel geleistet, so 
wird dagegen fast gar kein Fleii<s auf die neuern Sprachen ver- 
wendet, ja diese scheinen überhaupt dem Plane der Gelehrten- 
Schulen ganz fern zu liegen. Einer gleichen Vernachlässigung 
macht man sich, wie schon erwähnt, gegen die Mutterspracbe 
scbuldjg, und während fiir die beiden alten Sprachen wöchent- 
lich 8 bis 1(1 Stunden bestimmt sind, werden der deutschen 
Sprache nur 2 Stunden gewidmet. Die nachtheiligen Folgen 
davon zeigen sich überall und Aerzte, Juristen, Theologen und 
Philologen schreiben öfters ein elegantes Latein, bemachtigea 
sich der Feinheiten dieser Sprache bis in die kleinsten Nuancen., 
sprechen in Perioden wie Cicero, und machen nicht selten Verse 
wie Horaz und Virgil, und wenn sie einmal Deutsch schreiben 
sollen: so bringen sie vor lauter antiker tiildung auch nicht ei- 
nen einzigen Satz herans. Wen nicht der eigne Geist treibt, 
der wird weder auf den Gymnasien zu Berlin noch auf denen 
anderer Slädte seine Muttersprache lieb gewinnen lernen, und 
doch ist diese Muttersprache eine so schöne und kräftige Spra- 
che, und wer sich ihr mit ganzer Seele hingiebt, dem wird sie 
eine liebende Braut und treue Lebensgefährtin werden*). — 



') Ein iolchcr Ausdrurb vcrrüth den Roman- und Navellenschrei- 
licr, als welchei der Vorf. in Berlin nicbt gani unbekannt ist. 



412 lleÜiodik Aw dentsclien Sprachunterrichts. 

Möge Aeäer Uebelstand auf Gymnasien, namentlich auf dBnen 
Berlins, bald abgestellt werden; er lässt sich gewiss abstellen, 
ohne den Studien der alten Sprachen Abbruch zu thun/^ 

Dass diese Anklage der Berliner Gymnasien, wenn auch, 
nach des Ref. Ueberzeugung, nicht so ganz und gar ohne allen 
Grund, doch ungebührlich übertrieben, liegt offenbar zuTage, 
und nichts war für den , d^r es der Mühe werth finden konnte^ 
solche Schreibereien zu widerlegen, leichter, als die anmass- 
liehe ins Gelage hinein gesprochene Behauptung zurückxuwei- 
sen. Viel Mühe scheint sich auch Hr. Dir. R. dabei nicht gege- 
ben zu haben; sonst hätte er sich in seinem Raisonnement hier 
und da mehr zusammengenommen. 

Wenn er S. 103 fragt, woher wohl die grössten Schrift- 
steller unseres Volkes, Winkelmann, Klopstock, Lessing, Her- 
der, Goethe u. A. den Reichthum, die Schönheit und Vortreif- 
lichkeit ihrer Sprache haben mögen, wenn nicht, wie sie selbst 
behaupteten, hauptsächlich aus dem Studium der alten Spra- 
chen , da sie in der deutschen gar keinen Schulunterricht er- 
halten hätten: so wird man am Verf. in der That ganx irre, 
indem er hier nicht bedacht zuhaben scheint, theils dtfss sol- 
che sich selbst erziehende Geister nicht als allgemeiner Mass- 
stab angenommen werden können, theils dass er ja selbst mit 
seiner vorliegenden Schrift nichts andres beabsichtigte, als den 
muttersprachlichen Unterricht in seiner ganzen Wichtigkeit und 
Mothwendigkeit darzustellen und ihn, nach Kräften,, seiner 
Verbesserung entgegen zu führen. 

Der anonyme Verfasser glaubte, seine Behauptung, dasa 
die deutsche Sprache in Vergleichung zu den beiden alten Spra- 
chen auf den Berliner Gymnasien allzusehr zurücktrete^), be- 
sonders durch Anführung der geringen Anzahl von zwei wöchent- 
lichen Lehrstunden zu rechtfertigen, welche der ersteren ge- 
widmet würden, während für letztere wöchentlich acht bis xehn 
Stunden bestimmt seien. 

Die falsche oder doch ungenaue Angabe von zwei Stunden 
sucht Herr Dir. R. durch Vergleichung der Lektionspläne der 
Berliner sowie der Provinzial- Gymnasien (vom Jahre. 1830) u 
widerlegen, indem sich daraus ergiebt, dass nur für die obe- 
ren Classen zwei Stunden, auf dem Berliner Real -Gymnasium 
aber und auf mehrern Provinzial- Gymnasien sogar drei Stun- 



*) „Selbst auf der Berliner Universität ,'' — klagt derselbe p«129 — 
„werde die deutsche Sprache im Allgemeinen Tcrnachlässigt und (swei* 
tens) für die grammatische Bearbeitung derselben selten mehr gethan, 

als gerade für Schulen nuthig scheine (?!) und (drittens) gerade 

hierdurch falle ein grosser Tadel auf die Berliner PhilologeD. *' Dos 
erste ist nicht wahr; das zweite und dritte ist baarer Uiiiion« . 



Roseuhofn: Ucbci den deuUchcn llntenicht. 413 

den, Dnd für Aie unteren ClaEsen auf allen xwei-, bogTi drei- 
mal soviel Stunden angesetzt seien, als der Anonymus angebe. 

Aber auf diese Zahlen allein kommt es doch eigeutlicli 
nicht an, eonder» anf die Methode. Und Ref. ist überzeugt, 
dass bei einer schlechten Methode, die dem Schiller wie dem 
Lehrer diesen Unterrichlsgegenstand mehr als irgend einen 
vei leidet, zwei Stunden wohl gar zu viel seien; dasa dagegen 
für einen, nach seiner Vorstellung er^priesslichen, [ilanmässi- 
gen Unterricht zwei Stunden durchans nicht ausreichen können, 
und deren wenigstens drei angesetzt werden müssen: eine An- 
zahl, die auch mehrere Uirektorien, z. lt. des Gymnasiums zu 
Danzi;;, Bonn, Lyck u. a. diesem Lehrobjekte zugestanden haben. 

Für den möglichen Fall, dass der Kläger überhaupt nur 
habe andeuten wollen, die auf den Gymnasien der IMultergpra- 
che gewidmete Zeit sei im Verhältniss zu der auf die alten 
Sprachen verwandten nicht hinreichend , vergleicht Ilr. Dir. li. 
nochmals die Programme nnd findet dabei tteiueswegs so ganz 
ungiiiislige Verhältnisse für den deutschen Unterricht. 

Dei dieser Gelegenheit äussert er sich auch über das Ber- 
liner Keal-Gymnasium (S. lOT): i%Nur in dem Heal-Gymna- 
sium waltet ein andres Prinaip, liier beträgt die Zeit des üeut- 
Bchen ^ von der des Lateinischen und das üoppelle von der dea 
Griechischen. Dadurch aber hat das Deutsche, worauf in den 
andern Gymnasien ebensoviel oder doch nicht liel weniger Zeit 
gewandt wird, that^äehllch gar nichts gewonnen. Sein schein- 
barer Gewinn beruht blos anf dem wirklichen Verluste der al- 
ten Sprachen," — und S. 1(18: „Wenn nun das Berliner Real- 
Gyranasium von jenem Verhältniss bedenlend abweicht; so wird 
der Sachrerslündige mit Gewissheit vnraus^agen, dasa dessen 
Zöglinge ala dereinstige Aerzle, Jurtsteil u. Theologen (Philo- 
logen werden hoffentlich von da nicht ausgehen) wed^r latei- 
niiich schreiben, wieCicero, noch lateinische Verse, wie lloraz 
und Virgil, machen, aber endi nicht mehr und nicht besser 
Deutsch verstehen und schreiben werden, als die Schüler der 
[andern] Berliner oder [der] ausserhalb Berlin bcstehendea 
Gj«.M.,iei,,.. 

Ki»e sehr betjueme Retour - Kutsche für den anonymen 
Kläger! — Kef. will hier der Tendenz des Real-Gymnasiums 
keineswegs das Wort reden; allein jene Parenthese glaubt er 
nicht Ro ganz ohne Bemerkung durchgehen lassen zu dürfen. 
„Philologen werden hojrenllich von da nicht ausgehen." Frei- 
lich wohl! Dereinstige Aerzte, Juristen und Theologen, die 
wie Horaz, Virgil und Cicero schreiben, nnd nun gar erst Phi- 
lologen ! Das wäre auch viel verlangt und mehr als veriiünfli- 
gerweisB von irgend einem Gymnasium jetzt noch verlangt wer- 
den soll. Worein setzte doch Ilr. Dir. R. selbst (im Kiugang 
aeiuer Schrift) den Zweck der GymuBBieu? In die Vorberet- 



411 ' MeHiodik des deutschen Sprachmiierrichta. 

tnng für dereinstige Philologeo? Daran ist nicht zu denken! 
In die Vorbereitung auf die höhern wissenschaftlichen Studien 
überhaupt setzte er ihn. Und wie? Glaubt Hr. Dir. R. wirk- 
lich, dass das Real -Gymnasium unfähig sei, einen Jüngling 
zu den höheren wissenschaftlichen Studien überhaupt vorzubil- 
den? Glaubt er, dass ein dereinstiger Arzt, Jurist oder Theo- 
loge weniger wissenschaftliche Vorbildung brauche? -^ 

Ref. giebt dem Hrn. Dir. R. den Rath, bei Zurechtweisang 
einer vorschnellen, anmasslichen Behauptung, und eines Vor- 
wurfes, den er als einen Vorwurf gegen die hohen vorgesets- 
ten Behörden, gegen die Gymnasial - Direktoren, gegen die 
Gymnasial- Lehrer (S. 110) betrachtet, — sich selbst, in sei- 
nem Eifer, frei zu erhalten von Aeusserungen, aus denen man 
leicht einen eben so Torschnellen, ungerechten und TerielzeiH 
den Vorwurf zu entnehmen berechtigt sein dürfte. 

Der sechste Abschnitt enthält die ,y Beruhigung, ^^ Der 
Verf. glaubt nämlich, in den vorangehenden fünf Abschnitten 
hinreichend dargethan zu haben: „dass in unsern Gymnasien 
wirklich sowohl in Beziehung auf die Feststellung des Zweckes, 
als auch rücksichtlich der zu beseitigenden Hindernisse, der 
anzulegenden Lehrgänge, der zu bewirkenden ^ffZ/inittel, der 
Zeitvertheilung, der Methode u. anzuregenden Liebe zur Sache 
das Möglichste für die Muttersprache geschieht.^ 
Ref. rouss gestehen, dass ihm fünf Abschnitte der Art 
wirklich eine ausserordentliche Beruhigung würden verschafft 
haben. Aber mit Bedauern muss er bekennen, dass er in den 
Tier ersten Abschnitten dieser Schrift zu seiner Beruhigung 
nichts suchen zu dürfen geglaubt, und in dem fünften in der 
That erstaunlich wenig gefunden hat. In jenen schildert der 
Verfasser Schwierigkeiten und Hindernisse., rügt Missbräuche, 
macht Vorschläge, giebt Lektionspläne, äussert fromme Wun- 
sche; in diesem geräth er, bei Berechnung der Stundenverhäll- 
nisse, in die Brüche, indem er halbwahre und übertriebene ' 
Behauptungen zu widerlegen sucht, die für Sachverständige der 
V^ideriegung durchaus nicht bedürfen, für Unkundige und Be- 
fangene durch diesen fünften Abschnitt sicherlich nicht in ihrer 
gänzlichen Unhaltbarkeit hingestellt erscheinen. , 

Der siebente Abschnitt enthält in zwei Beilagen die mnt« 
führlichen Lehrpläne für den deutschen Unterricht in Sexta 
und Quinta mit einigen guten Bemerkungen. Unter diesen Ter- 
dienen besondre Aufmerksamkeit des Verfassers Wahrnehmon- 
gen und Auseinandersetzungen über Sprachgesang oder das 
Heben, Tragen und Senken der Stimme bei.n Lesen, Spre- 
chen und Declamiren. Er geht dabei von der Bemerkung Fr« 
A. Wolfs (Ueber ein Wort Friedrichs II. pag. 27.) aus: „dass 
in dem klassischen Zeitalter der Alten die Töne der Stimme 
bei der poetischen Recitation den Umfang einer Qniuta nicht 



Rnmnislein: Tlieoret. u. prakf, Cursue der IVaniüa. Sprache. 415 

überstiegen;"— dehnt dieselbe aber such auf dieproRaischeRe- 
cilalion aiiR und zwar aai eitle Art, dass man deutlich eriieiint: 
der Verf. glaubt die ibm als geborener) Sacliseii uoch aiiliaf- 
tendc miiudartische Eigenthijmlichkeit des Sprachgesanges 
(so, wie er ihn durch uiigefähre musilialische Bezeichnung zn 
veratischaulicheii encht) als in der deutschen Sprache über- 
haupt giUi^ betraclilen und deshalb als solchen lehren zu dür- 
fen. Dies ist aber ungtatthaft, sobald jener Spracfagesarig selbst 
Zweck sein soll; nnr etwa um Modulation in die allzunianolone 
Sprache der Knaben zu bringen, konnte er als RliKel dienen, 
da er ohne nactiDieilige Folgen bleiben wird, wo sich die Spra- 
che ausserhalb der Schule von allen Seiten dagegen «iträubt. 

Wir schliessen diese Relation mit der WiedeHiolung des 
Wunsches, den der Verf. selbst in der Vorrede geäussert hat, 
das9 dies Schriftchen recht Viele lesen und diese Leser alle des 
Verf.s Freunde werden mögen , wie denn auch Kef. , der in je- 
dem Vertheidiger und Beförderer des muttersprachlichen IJn- 
terriclita einen Freund erkennt, es gewnrden ist, ohne dass er 
deshalb, bei seinem Bemühen, die Aufmerksamkeit des päda- 
gogischen Publikums auf das Schriftchen zu lenken , seine ab- 
weiclienden Ausicliten und Widersprüche zurückhaLteti zu müs- 
sen glaubte. 

Berlin. Dr. Polsberw. 



Theoretischer und praktischer Cursus gar Erler- 
nung der fransosiscken Sprache u. », w. von Ferrl. 
Liop. Rammstein, iißcoi]. Lehrer d, tramäe, Sprndia zu I'r.ig elc. 
Neuo, umgearb. D. bclrüdili. verm. Auflage. Diittor Band. 
X\a. 4<I2S. Viertor Band. X\l u. 4U4 S. Wien, b. C. Ge- 
roia. 1831 u. 1833. gc. 8. (2 Tblt. Ifi Gr.) 

Mit den beiden^ eben angeführten, Bänden hat Herr R. 
ein Werk beendet, welcbt^s i'iir jeden französischen Sprachleh- 
rer Ton Bedeutung iüt, da es neben einem grossen Schatzp niitz- 
licbcr und die wichtigsten Hegeln gründlich uuil erscliupfend 
erläuternder Beispiele manche lief in das Wesen der Sprache 
eindrinRende Forschungen enthält, welche ein denkender Leh- 
rer niciit ohne groüae Befriedigung aus der Iland legen wird. 
Die beiden Torhcrgehenden Bände haben wir schon (Jahrbb. 
IX, 424 fgg. und NJbb. III, rill f gg.) mit den nölhig scheinen- 
den Ausstellungen, aber auch mit dem gebührenden Lobe au- 
gezeigl, und es (hat uns wohl, bei dem zweileu Bande ungleicli 
mehr Lob ausniprechen zu können, als bei dem ersten der Fall 
war. Freilicli diirfte anch nach unserem Ermessen der zweite 
Band des Werkes der vorzüglichste genannt werden, obgleicit 
wir gerne gestehen, dasa der dritte und vierte nicht minder in- 






Rmnmrtftin : Tlieof et iu prallt. Claitiui te fti»4ifcfyMfea ^V, 



französischen Grammatik, die Lebre von der Coiielnictioii,'Yftt!| 
TFoer die ,^Con8traction iddoloj^ique^^ find die i^Conatrociieft 
nsuelle^S und diese wieder in pleine,, anrabandante nod elll^ 
ptiqae unterscheidet; und er schlieaat endlich im aei^teil Ca» 
pitel aein Werlc mit der Lehre von der Interponction, wo Cf 
insbesondre von dem Punctum, Comma, Strich^unct, tioppek ' 
punct, Frage- und Ausruf ungszeicfaen, der Parentheae, dem. 
Trennungszeichen u. a. f. spricht. Ehe wir uns nach dieaena. 
kurzen Abrisse des ganzen Werkes zu der Behandiung dea Bin« ^ 
suelnen wenden, müssen wir die Anordnung der Materiea fSr 
weit gelungener erklären, als diess im ersten Bande derFaU 
war, worüber wir una früher ausgesprochen haben. Man sieht 
doch jetzt einen Ternunftigen Griind vor Augen, warum Hr. VU 
so und nicht anders geordnet hat, und nur ein Punct kann una 
hier zu gerechtem Tadel Veranlassung geben, wir meiiftn daa 
häufige Einschieben regel- und uuregeimässiger Zeitwörter 
«wischen die vom Vf. behandelten Gegenstände. Diea. Verfahr 
reu findet sich im dritten Theile aechsmaU hn vierten lefanrnml 
In Anwendung gebracht. So handelt z. B« der Vf. TM. III«. 
S. 362 von dem Adjectif actif (G^rondif, Participe pr^aent. Ad- 
jectif verbal), woran sich S. 414 die Lehre vom Adjectif paa- 
aif ou Participe pass^ achliesst. Zwischen beide so nahe ver^ 
wandte Gapitel stellt er S. 398 — 414 (also in recht weitläufiger 
Welse) das unregelmässige Verbum jü/atWre mit vielen franzö« 
aischen und deutschen Uebungen, die wir uns aber für die ih« 
nen angewiesene Stelle weit schwieriger gedacht haben; denn 
Sätze, wie: „Je plaina M. Durocher et toute sa famiUe; plai- 
gnona aon 8ort; ce mar^chal de legis a souffert de grandeu 
douleurs eans se plaindre, ich habe oft groase Schmerzen ge* 
litten, ohne mich zu beklagen '' sind für einen Eleven, dem maa 
diesen dritten oder den vierten Theit dea R/achen Werkea in 
die Hände gibt, viel zu leicht und läppisch. Es wäregewiaa^ 
dem Vf. ein Leichtea gewesen, achwierigere, mit den vorher- 
gehenden Capiteln in näherem Zusammenhange stehende Sätze» 
worin gleichwohl dieses oder jenea regel- und unregelnj^äasige 
Verbum hauptsächlich berücksichtigt worden wäre, anfzutrei- 
ben; denn an den von ihm vorgebrächten kann kein weiter ge* 
kommener Zögling versuchen , quid valeant kumeri^ quidferre , 
recusent. Doch, wie gesagt, hiervon abgesehen, müaaen wir 
die Anordnung des Stoffes für wohlgerathen erklären. Auch 
d^m Einzelen würden wir wahrscheinlich wieder dasselbe Lob 
spenden können, wie dem Inhalte der früheren Bände, wenn 
Hr. R. sich einer anderen Darstellung hätte befleisaigen wollen» ' 
Es ist nämlich unverkennbar, wie eine gewisse Bitterkeit über 
der ganzen Arbeit verbreitet liegt. Wir haben nna darüber 
weiter unten noch zu äussern, wo wir von dea Vfs. Gegenrede 
gegen den von anderen Recc. und ¥Qn nna aelbaf erhobenen 






418 Franiöiitcbo Litteraftar. 

Ttdel sprechen müssen; für jetst genüge nur die eben hinge- 
worfene Andeutung, die hier schon noth wendig war, weil ei 
uns bei manchen Abschnitten, die wir in den nun folgenden 
Ausstellungen zum Theil namhaft machen werden, schien, als 
ob der Vf. sich zuweilen durch seine Misslaune habe verleiten 
lassen, an die Stelle von wohlbegröndeten Ansichten Anderer 
neue, gewagte Hypothesen zn stellen, bloss, um älteren Spneh- 
forschem nicht zu folgen. Ein solches Verfahren Terdienft 
immer Tadel, und um so schärferen, wenn ein übrigens brauch- 
bares Werk dadurch unangenehme und der sonstigen Nütsliclh 
keit des Buches Eintrag thuende Flecken erhält. BetracbtOi 
wir das Capitel von den Functionen — Thl. III, S. 150 n. i. w« 
— so finden wir hier S. 153, wo der Vf. vom regime sprich!^ 
dass er die von ihm selbst im ersten Theile angenommene Bin- 
theilung des regime in regime direct und indirect nunmehr ent- 
fchieden verwirft, weil dergleichen Eintheilungen nur in der 
Kindheit der Sprache hätten entstehen können, wo man über 
die Elemente der Sprache noch im Dunkel schwebte« Po«r- 
quoiy fährt er nun fort, Mrs, lea critiques tiont-üs pan releo/ 
dans leurs gazettes litter air es ce point essentiell Püurqtut 
ne nous ont-ils pas bldm^ d'avoin adoptä dans notre prewhr 
volume un regime direct et un regime indirect ? N^ant-ils jMtr 
prouvd par ce silence^ quil y a dans leurs articles im de tincm» 
pacitd ou de Vinadvertance? Sont-ils ä la hauteur d^une 
ideologie grammaticale? Sont-ils grammairiens 
ou grammairiens rudimentaires? — Der Vf. hat hier offenbar 
übersehen, dass man 1) in den Beurtheilungen unmöglich Allel 
hervorheben kann , was man tadelnswerth findet, indem ■OMt 
nur zu häufig die Recension grösser ausfallen würde, als dal 
Buch selbst; dass man 2) damit den Vfn. selbst einen ichledb» 
ten Gefallen erweise, zumal wenn sie, wie Hr. R., jede Rige 
BO übel aufnehmen; dass man 3) gerade solche Gegenitindi^ 
wie der berührte ist, am ersten ohne Bemerkung zurückschiebli 
weil diese Divergenz der Ansichten am Ende auf einen UeiMi 
Wortstreit hinausläuft; dass es 4) bei einer Beortheilnng mehr 
darauf ankömmt, den Geist und den gesammten Gehalt des an- 
zuzeigenden Buches klar und scharf zu entwickeln, ala alte 
Einzelheiten ans Licht zu ziehen, und dass es 5) dem 
Bande des R.'schen Werkes durchaus nicht anzusehen war, J( 
darin alles philosophisch und neu gedacht und erfunden Min 
zollte, indem das darin befindliche Deutsch gerade auf du Ge- 
gentheil schliessen Hess. Kurz darauf (S. 156) zieht Hr. R. 
ge^en das Wort Sujet zn Felde. Nachdem er gesagt, daH 
sujet vom lateinischen subjectus herkomme und eigentlich elnM 
Untergebenen bedeute, führt er mehrere Beispiele am YdU 
taire, J. J. Rousseau, Montesquieu, Boileau, Fdndlon an, werin 
das genannte Wort wirklich in dieser Qmndbedentnnf 





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Baamutolnt Tlieoret «• pralct dufgnrder ftjjpHifflL 



kommt. Foi7a, sagt er hierauf, troi» mjein €i un siffet md- 
sont et ne sont pas mfeta. IIa le sont dam le 99m itymmo* 
gique de ce mot^ ils ne le sont paa dana le eens arbüräire qu^M 
a plus aux grammairiens de leur donner pour ddsigner pmr^Ut 
le mot primordial d^une proposition , le mot gut en est le düf 
et le seul qui ne soU jamais sujet ou däpendant d*un wh'ß. 
Ainsi,par esemple^ d'aprdsles crdateurs detalanguegranrnuAi^ 
eale^ dont dißu a benil^s productions^ le rot PigmalioA est sujet H 
ses Sujets ne sont pas suJets. IHrez-vous de- la^ Mrs, les GrammaU 
riens et vous autres Mrs, Ifs Critiques ! Kann eine solche Apoatro* 
phe für d^n erspriesslich sein, welcher diese Graromatilc studiren 
^ill, um sich in der französischen Spraclieauszobildenl Könnte 
uns jemand auch nur den gering^sten Nutzen solcher ivitzein*. 
den Wortklaubereien nachweisen: so wurden wir gern unsere 
Ansicht ändern ; vorläufig aber müssen wir auf unserer, schoa 
in diesen Jahrbüchern (Bd. IX, S. 419, 420) begründeten Be- 
hauptung beharren, dass dergleichen Invectiven nichl in eii| 
Lehr- und .Schulbuch gehören; Nicht minder findet sieh die- 
ser Fehler in dem Gapitel, welches dem Adjectif gewidmet ist. 
Der Vf. lässt sich hier bloss durch seinen Eifer, too andern 
Sprachlehrern abzuweichen, auf manchen Irrweg ferleiteo. 
Seine Grammatik soll doch philosophisch sein;' im zweites 
Bande wenigstens sagt er es nSu Anfang seines Avantpropos ge* 
radezu; siis soll überall in den Geist der Sprache eindringen^ 
hier aber verschmäht Hr. R., nur um die Rolle der Opposition 
gehörig durchzuführen, den Versuch nicht, dureh blosse Wort^ 
klauberei nachzuweisen , dass die Franzosen nur in 3 Wörtern 
einen Comparativ hätten, und dass er ihnen sonst durchaus 
fehlte. Allerdings hat er einen Schein von Recht für sich, 
wenn wir bloss auf den Buchstaben , auf die äussere Form se* 
hen , welche sich bei andern Beiwörtern im Comparativ nicht 
verändert, indem dieser nur durch einen Zusatz angedeutet 
wird ; allein wenn wir auf die Idee sehen, welche Hr. R. sonst 
immer in den Vordergrund gestellt wissen will, so kann ^ar 
nicht in Abrede gestellt werden, dass jedes Beiwort eines Com- ' 
parativs fähig sei, derselbe mag nun durch Veränderung des 
Wortes selbst, oder durch einen abgesonderten Zusatz ausge- 
drückt werden. Mit Recht sagen daher nicht allein^die vom 
Hrn. Vf. angefeindeten, sondern auch neuere und verständige 
Grammatiker, z. B. Prof. Fries in Paris in seiner Jüngst erschie- 
nenen Sprachlehre (betitelt: Neue vollständiae französische 
Grammatik mit vielen. Uebungsaufgalien, Gesprächen, clstsi« 
■chen Lesestücken und Erläuterung der sinnverwandten Wör- 
ter. Zürich, bei Orell, Füssli u. Comp.) S. 39: „Der Compe- 
rativ des höheren Grades der einen Eigenschaft vor der Eigen- 
schaft eines andern Dinges, welchen man im Deutschen durch 
Anhängung der Silbe er an das Beiwort bildet, %ird ün Franse- 



x" 



420 Francöiische Litteratnr. 

sincben dorch dae Wort plus^ mehr^ m*elchee mao Tor da« Ben 
wort «etst, ^e^eben ; z. B. beau Bchön, plus heau schöner. Wir 
haben im Fransöfiitichen drei Beiwörter^ irelcbe ao sich «elhit 
den Coniparativ dei höheren Grades ohne Voranaetzunfi^ d«i 
"Wortes plu9 aosdrückeo können, nämlich hon — meillmp'j 
mauvais — pif'c; petü — maindreJ* Wenn auch der Anedmak 
hier nicht präcis ^enuj^ ist, so lasst sich doch ge^en dfui mvS§^ 
stellten Satz niclits Erheblichea einwenden. Das ist nimlidi 
unwiderlegbar, dass nicht bloss jene drei, sondern fast alh 
Beiwörter des BeffriiTes einer Steli^erung fihig sind, glefchvisii 
ob dies durch Veränderung des Wortes oder durch Umaciirsl- 
bnng bezeicliiiet wird. Ausnahmen machen nur die sogeiuinh 
ten un bezüglichen Beiwörter, namentlich die Adjectiva dfll 
Stoffes. Auch können wir uns mit der Behauptung defl Yib. 
uicht befreunden^ dass es (S. 211) in keiner Sprache fnnsa 
Comparatif d'infcriorüe gebe. Allerdings gibt es neben dar 
sogenannten aufsteigenden und Torzug«?weise so genannten Btd« 
gernng auch eine absteigende^ welche in der Regel durch Dbh 
schrcibung, im Deutschen mit den Wörtern minder, weniger 
U.S. f., im Französischen mit moins^ ausgedruckt wird^ s. B. 
la mort est moinsfuneste que les plaisirs gut attaqmntla vertäu 
Auffallend war es uns, auch im vierten Tbeile überall dieaelfae 
Art der Behandlung zu finden. An der Spitze stehen ^wohn- 
lich bittre Bemerkungen gegen die Vff. anderer fransosischer 
Grammatiken, dann kommen die Gedanken des Hm. R. nelbst, 
welche uns gleichsam als unfehlbar vorgetragen werden *)• fia 
ist es u. a. z. B. bei der Lehre vom Suhjonctif^ so bei der Lehn 
Ton den Preposüions. Als Beispiel heben wir de hervor. Bis 
Lehre von dieser Preposüion ist bekanntlich eine der schwic" 
rigeren in der francösischen Grammatik. Bei dem Tielf neben 
Gebrauche, welcher von diesem Worte gemacht wird , kann ei 
^ar nicht fehlen, dass minder gewandte Köpfe sich in dieaOB 
Punkte in Widersprüche verwickeln, welche Sprachlehrer, die 
einen sicheren Takt haben, am besten unberücksichtigt laasea. 
Hr. R. hält sich hierbei — denn, sagt er S. 1S8, nous ne vmh 
Ions pas massacrer messieurs nos compatriotes granmuurigm 
— an Maugard, welcher dieFälle aufzählt, wann de gebraindift 
wird. Es kann nämlich bezeichnen ie lietL, le tempa^ le 



*) Im hellsten Lichte zeigt sidi wohl die Anmasfong dss Hi 
R. Thl. III, S. IM. Hier liest man: Cepcndant quc tout le peftpU i 
grarnmairietu critiguetj gtti croit que la languc fran^aiae na pntque 
d'invcraions et qui peut - 4tre nen voit pas wie dans la p&nue dUe , rds- 
niise toutes scs forces pour aUaquer cettc tahUUure ; le dteu mime de la 
parole^ a'U voulait maiUrcr l^anal$/8c de ceUe pen«^ ne pourraU rieai 
ger A cet ordre» 



* ■■•.' • 



TÜMMiret n. fnkt Ontw im tainii. Bfmäm» 4U 

oü Ton iend^ le maUf^ le moyen^ la emue^ 1a tnamüre^TarärWf 
laproximite^ Feloignement^ t approsimation desnomire^^ lepwH 
sage d^un Heu ä un avtre^ le terme^ qu^on quUte^ la wMtitra 
dont une ehese est faite etc. etc. In der Lehre, ^wt^dewet 
Bezeichnon^ eines Stoffes gebraucht werde, tns welchem irgeaii 
ein Gegenstand verfertigt sei, stimmen mit Mingard (nach Hra» 
R. Thl. IV, S. 1S4) überein y^tmia le» grammainens en^de^a ei 
au-delä du Rkin et eurtout tes grammairieks sur. le Mein,** 
Dieser Umstand gibt dem Vf. Gelegenheit, seine Widerlegnngs- 
^be auf 8 glänsendste zu zeigen, und die anged^itetea Gra»^ 
roatiker (naefa setner Idee) ad absurdum zn dednciren. Br 
fuhrt namüch sdneB Lesern il a. den Si^^: J}e marhre biomo 
älait bdti le mur — vor, «nd sagt:' Otex marbre^ qu*^i-ee quo 
restera pour mar quer la mattere dont le mur est faü f Oteo 
le modificaUf bdti, oü est le mot qui peut faire naUre Vid^ 
qtCune chosepourra ^tre faite d'une matiire quelconque? Void 
une moniere ceriaine de nous ossärer^ st de marquo au »an Im 
matidre dont une chose est faite. Nous nous bornerons 4 Uno* 
oer en blane le complement de lapreposition; de sorte quo oamo 

rien ckanger d^ailleurs ä laphrase^ nous aar ons: De 

^tait bdti le mur. Or rien, rien ne nous marque^ jene dispao 
la matiäre particuli^e dont le mur ^ait bdti^ mais rien n^am^» 
nonce mdme d^une moniere certaine qu^il sera quesHon de Im 
mati^e dont le mur est bdti, DIess Ist eine reine Wortverdre- 
hung. Noch Niemand, der die angefochtene Regel aufgestellt 
haf^), wollte damit sagen, de bezeichne selbst den Stoff, wor« 
aus etwas geschaffen werde, sondern etwa, es werde vor das 
Wort gesetzt, welches den Stoff bedeute. Hr. R. kann sich 
▼on der Richtigkeit dieser Regel dadurch überzeugen, dass er 
in dem oben angeführten Satze die Präposition ganz weglasst: 
„ . . . marbre blanc dtait bdti le mur, ^^ Wie will er nun diese« 
Satz erganzen t Etwa mit äy Das wnsste Hr. R. ohne Zwei- 
fel; es galt ihm aber auch hier mehr darum, seine Nebenbuh- 
ler licherlich, als die Grammatiken von Fehlem frei zn machen. 
Durch den von ihm eingeschlagenen Weg wird aber diese Lehre 
auf keine Weise vereinfacht oder erleichtert Er handelt ue 
auf 21 Seiten ( 181 — 152) in 18 Artikeln ab. Der Falle sind 
mithin nicht weniger geworden, und oft sieht man nicht ein, 
wie die vom Vf. zusammeugeordneten Redensarten in einen 
and denselben Artikel zusammen rangirt werden konnten. Um 



. ' » 



*) Vgl. t, B. Fries a. a. O. S. 262: „He steht, nm den Stoff ai- 
saxeigen, woraos etwas besteht; z. B. ume iahaUire iTor, ^argttiü ; wm 
table de murbre etc/^ Ti^eres Eindringen in das Wesen dieser Prir- 
position beurkundet Simon ia s. fransos. Grammatik für Gjmnasiea» 
EiberCeld, bei Baschler. 18S2. & 109—118. 



1^ 



4S2 Framoiiicha Liiterttar« 

■Ich jedoch nicht dem nnrerdienten Vorwurfe aiunnifretxen, ak 
ob Rec. , indem er die Weise des Hrn. R. nicht ^theisst , die 
gleichsam forterbenden, von dem Vf. angefochtenen Anfzählas- 
gen adoptire, Ter weisen wir denselben auf die in der Ictatea 
Anmerkung angefahrte Grammatik von Gostav Simon, weicher 
im 27. Tapitei die Präposition de auf eine sinnige Art behan- 
delt und uns dabei anf unsere Abhandlung über diesen Geges* 
stand (Jen. A. L. Z. 1826. fiec. Nr. 234 etc.) Rocksicht ge- 
nommen zu haben scheint Daselbst hat Rec den Versuch ge- 
wagt, die in Rede stehende schwierige Lehre auf tüchtige Pris- 
cipien zurückiufnhi^en und dadurch in der That an erieichten, 
Rec. hielt es für durchaus noth wendig, den Vf. anf diesea, 
durch den dritten und vierten Band seines reichhaltigen Wer- 
kes sich hinaiehenden Geint recht nachdrücklich aafnerkaam 
SU machen, selbst auf die Gefahr hin, dass seine gute Alidcht 
▼erkannt werden möge. Dass der Gedanke an diese Gefahr 
bei Hrn. R, so nahe liegt, darf Niemanden Wander nehmee. 
In seinem, dem dritten Bande Torausgeschickten ^vaii(|fropot 
und in seiner, demselben Bande angehingten Abhandlang, de- 
ren Titel wir oben lieferten, tritt nimlich der Vf. mit schlecht 
▼erhehlter Leidenschaftlichkeit gegen alle diejenigen Recc. aal^ 
welche irgend etwas an ihm tadelten. Auch der Unteraeicb- 
Bete ist darunter, indem sein, in diesen Jahrbüchern für Philo- 
logie und Pädagogik (nicht Padagogie*), wie Hr. R. imaMT 
achreibt) Bd. IX., S. 424 etc. abgegebnes, überall wohl begrü»* 
detes, aber freilich tadelnde« Urtheil ober den (schwochea) 
ersten Theil des Werkes den Unwillen des Vfs. erregt hatte **Jl 

*) Was wnrde Hr. R. gesagt haben, wenn dch ein Ras. eiao 
solche Blosse gegeben hätte t 

**) Wie wenig Rec. bei seiner Beurtbeilang tob LeideascbafI be- 
fangen war, davon hätte den Vf. schon der Umstand nbeneagea ■■»- 
sen, dass wir anch das Gate in seinem Werke willig anerkanateo, dks- 
gleicfaen der Ton, in welchem wir unsere Beartheilnngea ra haltaa 
uns znm Gesetze gemacht haben. Hr. R. erkennt die« nach aulbsC 
an, indem er s. B. Thl. 111 , S. XIII sagti „itfree iine certoiiie 
orec 2a poUteste de M. Schaumann^^ und Thl. III, S. 463 : „Hr. 
mann, dessen, obgleich noch vom lieben Alten befangene, Beartheilaaig 
meines Werkes übrigens mit der dem Rec. gesiemenden Ruhe oad mit 
einer dem Knnstrichter so wohl anstehenden Hnmanität geschriebaa 
ist, beklagt sich a. s. w.** Dagegen heisst es freilich TU. III, S. VII: 
„Lei AnnaU9 de la Pküologie et de la Pedago^e^ la GauUe gMrmU 
de» ^oles, /es gazettee Uüä'ttires d'Jena et de Leipzig ant plus ou mmmB 
dotmi dune ce lamgage d*t£ae ertti^iie trancAonfe, elJenrs lonoagei saal 
eniremelees d'une aigreur entidrement eontraire ä la otfrsfc- 
ble eritique, ioujoun impartiale^ ßne st däiemU •tc'* WoldM 
Widerspräche 1 



|UuiiBua«in : Tbeeret v. pcaki Cmfim dqr ftaarii» Tlfmiiiii'- ftf 

Diejenigen Pankte, welche ihm htuptsmchlicli VeralilaflMnüig'n 
Beschwerden über unser Urtheil gegeben haben, sind folgendoft 
Erstlich findet Hr.' R. darin einen Widerspruch-^ dais wir 
die Anordnung des Ganzen getadelt und der Ausführung der 
einzelnen Materien unsern Beifall geschenkt haben. Er sagt 
nämlich Thl. III, S. X: Les Annales de la Philologie ^ dmß^ 
un article aign^ Schaumann ^ nous irouvent lezHeneceB'-y 
saire et des connaissances profondes pour espliquer ä leur so* 
tisfaction les parties de la grammaire^ mais elles irouvent 
enlidrement rejetable la disposition generale des matieres, JNous 
nous permettons de demander ä M. Schaumann, sHl est possi^ , 
hie qiien grammaire le'tout soit mauvais quand les parties soni 
hien travaüldesf — Welch einSchluss! Als ob die Anord* 
nung des Ganzen schon das Ganze wäre ! Auf diese Einwen- 
dung brauchen wir gar nichts zu erwiedern; zur Widerlegung 
reicht in den Augen des Kenners dife blosse Anführung hin. 

' II. In unserer Be.urtheilung haben wir es getadelt, daaa 
Hr. R. seine franzosischen Regeln in schiechtem Deutsch wie- 
dergebe. Darauf erwiedert er Thl. Ilf, S.477: 9,Der sehr acht- 
bare Rec. in den Jbb. f. Phil. u. Pädagogie sagt zwar, dass er 
die in einer fremden Sprache übliche Wortstellung nur durch 
Regeln, aber nie auf Kosten unserer Muttersprache einüben 
würde. Rec. scheint also zu befürchten, dass die Deutschen 
bei dem Gebrauche meiner Lehrbücher ihre Muttersprache Ter- , 
gessen könnten*). Wenn dieses der Fall wäre, so haben sie 
nie eine Muttersprache gehabt, denn diese verlernt, man nie- 
mals *'*') , wenn man dieselbe auch nicht nach Regeln in Büdin- 
gen oder in Isenburg, sondern bloss nach dem Gebrauche la 
Athen an der Um gelernt hat. Mais voici les Allemands! Tou* 
jours des r^gles et encore des reglest Mais^ que voulez^ousf 
ils sont comme qa. Vous les verrez encore mettre en rdgleB 
le vol des hirondelles poursuivant des moucherons.^ DiesÄ 
witzig sein sollend« Gegenrede hat uns nicht bekehrt. Denn 
wenn^ wir auch die Muttersprache durch blbase Nachahmang 
mustergiltiger Schriftsteller, wobei das Bewusstsein der Ge- 
setze des Sprachlebens abgeht , in unsere Gewalt bekommen 
und auf diese Weise grosse Gewandtheit in stilistischer Darjstfil- 
lung erwerben können^ so muss dieses doch leichter und jeden» 



*) Welche Uebertreibang! Hr. R. liebt et, dea Worten. idaer 
Rede, einen gaftz andern Sinn unterzufebiebeo, als den oatärlicheo» 
Bei unserer angefochtenen Ansstellang hatten wir noch oasdraoklieh 
auf eine andere Stelle verwiesen, wo es heisst (S. 418): Dless luuw 
dazu beitragen, dem Kinde die franz. Sprache als eine höchst Ter^ 
•chrobene und lächerliche darsnstellen. 

••) ?? 



42i Franiötifecha Litteratnr, 

falls unendlich sicherer geschehen, wenn es mit Bewnsstseta 
6ber die Gesetze der Sprache geschieht. Lassen wir also im- 
nerhin den Franzosen den Spott über unsere Regelsocht , die 
doch im schlimmsten Falle ein geringeres Uebelist, als gedan- 
kenloses Nachbeten. — 

III. Wir rügten es ferner , dass im ersten Theile die Re- 
geln ordnungslos durch einander geworfen seien. Darauf er- 
wiedert Hr. R. ; 

a) Hr. Schaumann vergisst, dass mein Sprachcurena ans 
vier Theilen besteht, und dass dasjenige^ über dessen Mangel 
er sich im ersten Bande beklagt, nothwendig(?) in einem' der 
folgenden erscheinen müsse (Tbl. III, S. 464). Von Ergänzung 
des Fehlenden ist aber gar nicht die Rede, sondern von unor- 
dentlich durch einander geworfenem Vorrathe« Wenn die fol- 
genden Bände auch noch so reich ausgestattet sind, so können 
sie dennoch die Unordnung des ersten Theiles nicht Terdecken« 
Aber der Vf. sagt auch 

b) Ich möchte fragen, ob meine Eintheiluug der Sprach- 
naterien darum verwerflich sei, weil sie anders ist, als dieje- 
nige der tausend und einen franzosischen Grammatiken, die 
seit Vaugelas, Arnauit und Lancelot geschrieben wurden, und 
ob über die Anordnung der Vorstellungszeichen' unserer Ideen 
ein dictatorisches Gesetz vorhanden seie? Allerdings gibt ea 
ein dictatorisches Gesetz für die Anordnung, und dieses lieisst: 
Die Anordnung soll logisch sein. Wie nach des Reo. Ansicht 
die Anordnung mit den Gesetzen des Denkens am besten in Ein- 
klang könne gebracht werden, hat er Jbb. Bd. IX, S. 412 fgg« 
zu zeigen versucht, 

IV. Hr. R. wähnt den Reo. noch vom Alten befangen ond 
deshalb gegen seine Grammatik eingenommen. Hier ist der 
Vf. in grossem Irrthume. Er muss die Einleitung zu der be^ 
atrittenen Beurtheiiung nicht gelesen haben, wenn er dies wirk- 
lich glaubt. Dort heisst es ausdrücklich S. 414: „Leider hat 
der Reo:, trotz der grossen Masse alljährlich erscheinender 
franz. Sprachlehren , erst sehr wenige gefunden , welche sich 
diesen Anforderungen näherten. Wenn sich auch allerdings 
beinahe in allen neu herausgegebenen franz. Grammatiken jSt*is- 
Tieles findet, dem man das Zeugniss fleissiger Ausarbeitung nicht 
versagen kann, so betritt doch fast ein jeder den JFeg des alten 
Schlendriane^ wirft Formlehre und Syntaxis bunt durch einan- 
der, vermischt Grammatik^ Uebersetzungsbuch und Lexikon 
auf eine höchst störende Weise , und demungeachtet nehmen 
die Meisten — nach eignen Versicherungen in Vor- oder Nach- 
reden -T- den Ruhm der Vollkommenheit für ihre Producte in 
Anspruch. ^^ Ueberdies spricht wohl jede Seite nnaerer Kcilik 
laut gegen den Einwand des Hrn. ft» 



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Dradsr: Uefeer 4Ielttigel i« IrtBigJa, flrtwilH »; ;. 4H 

1. • • ■ . 

-' ■. 
^ Bitte Hr. R. mit seinen Gegenbemerlmngeii Btf 'Ao(;h bÜ 
znm vierten Theile warten wollen, 8o würde er iniii>i94|uw aucli 
in d. Bl. (NJbb. Bd. III, S.59 fgg.) gefunden htben, wie (erna 
wir seine wahren Verdienste anznerkenneh bereit sind. A. •• • 
O. haben wir nämlich den schon oben als die voradglichsta 
Partie des ganzen Werices bezeichneten zweiten Theil mit f^ 
bühreuder Anerkennung empfolileii und daselbst, unserer Aun^ 
Stellungen ungeachtet, den Wunsch ausgesprochen, nach höhe* 
rer Bildung strebende Lehrer möchten sich ja mit diesem Buche 
und seinen einzelen treffenden und geistreichen Bemerkungen 
bekannt machen u. s. f. Kann es Hr. R. über sich gewinnen, 
unseren wohlgemeinten Tadel als wohlgemeint anzuerkennen 
und zu befolgen, so wird es ihm gewiss möglich werden, eine 
künftige Auflage seines Werkes, lyelche wir demselben wün- 
schen *) y durch Vermeidung der angedeuteten Irrthümer weil* 
gemeinnütziger und empfehlenswerther zu machen. 

Bei dieser Gelegenheit will Rec. noch auf ein Werkchen 
hindeuten, welches, seines kleinen Umfanges ungeachtet, doch' 
gekannt und berücksichtigt zn werden verdient: 

lieber die Mängel der französischen Grammatikf 
nebst Bemerkungen über die Art und Weise 
denselben ab zu he Ife n» Mit bwonderer Berücksicbtigang 
der Sprachlehren von Wailljr, Girault-Duvivier, Moel, Rod, Mozin, 
Sanguin, Hirzel, Taillefer und Kirchhof. AU Supplement zur 
Grammatik zanächst für Lehrer der französischen Sprache. Von 
Ehregott Dressler ^ Lehrer disr franz. Sprache am Gymn. zu Ba- 
dissin. Budissin, bei Weller. 1832. 72 S. 8. (8 Gr.). 

■ Dem Unbefangenen kann es, und wenn itin die Stimme der 
Kritik auch nicht besonders darauf aufmerksam machen sollte, 
doch nicht entgehen, dass sehr viele Lehren in der französl* 
sehen Sprache auf eine durchaus verwerfliche und unhaltbare 
Weise vorgetragen und Dutzende von französischen Grammatik 
Ken zu Tage gefördert werden , ohne dass auch nur eine logi-> 
sehe Anordnung der Materien, geschweige eine tüchtige Aus* 
führung derselben, darin zu finden wäre. Bequemer ist es frei- 
lich, immerdar auf dem von Anderen gelegten, wenn auch man« 
gelhaften Grunde fortznbauen und höchstens hier und da aus 
anderen Hilfsquellen diess und jenes einzuflicken. Aber selbst 
die besseren , selbstständig ausgearbeiteten , unter welchen Hi*. 
D. als die vorzüglicheren die Sprachlehren von Mozin (Aufl. 10. 
Stuttgart 1830), Sangüin (Aufl. 18. Coburg 1832), Hirzet 
(8. Aufl. Aarau 1834), Taillefer (Leipzig 1828), Kirchhof (Halle 



V. 



*) Hr. R. wähnt (sehr irrthumlich), die Recc. wollten i^ne dritte 
Auflage seines Werkes hintertreiben. VgL ThI. UI , S. 471. 



426 Französische Litteratur. 

18S1), Wailly (Paris 1828), Noel ond Chapsal (Leipaigr 1829), 
Girauit'Duvivier (Paris 1830), Rod (Frankfurt a. M. 1829) 
aushebt, leiden noch an bedeutenden Mängeln« Hr. D. handelte 
ganz im Interesse der Wissenschaft, da er seine in dem ange- 
seilten Büchlein enthaltenen Bemerkungen darüber dem Publi- 
cum übergab; denn, wie Rec. schon vor Jahren (Jbb. von 1829, 
Heft IV, S. 425) sagte, es vermag nur durch redliches und offe- 
nes Zusammenwirken Mehrerer endlich einmal auch Tür dea 
Deutschen, der sich die französische Sprache aneignea will, 
etwas recht Tüchtiges geleistet zu werden. Fast in allem trifft 
der Vf. mit den vom R«c. Jbb. Bd. IX, S. 412 fgg. gegebeaea 
Andeutungen iiberein. VITir rügten daselbst namentlich dea 
Mangelan logischer Anordnung, an Bestimmtheit, Richtigkeit 
und Vollständigkeit der Regeln und an tüchtigen Beweis- und 
Erkiärungsstellen aus classischen Autoren. Dasselbe gibt auch 
Hr. D. (S. 8, 9) als tadelhaft an und fügt noch den Mangel aa 
Genauigkeit und Schärfe in der Unterscheidung und Darstel- 
lung der Redetheile hinzu, worauf jedoch auch Rec. a. a. O« 
S. 413 I. d. aufmerksam gemacht hatte. Sehr richtig stellt der 
Yf. den Mangel an gehöriger Anordnung an die Spitze, denn, 
sagt er: Ordo est masime^ gm memoriae lumen adfert. Wenn 
in einer Grammatik die gehörige Ordnung fehlt, 6o bleibt Ihre 
Brauchbarkeit bei allen sonstigen Vorzügen gering. Za der 
richtigen Anordnung der Gegenstände, die in der französiachea 
Grammatik behandelt werden, gehört, dass vor allen die zum 
Lesen erforderlichen Regeln vorangeschickt werden, also nicht 
bloss die §§. über die Aussprache der Buchstaben, sondern auch 
die nöthigen Bemerkungen über die Aussprache eng verbunde- 
ner VITörter, über die Accente, den Apostroph , das Trema u. s. 
w. Alsdann muss das Material der Sprache, insofern mit dem- 
selben Veränderungen vorgehen, dargelegt, d. h. es muss ge- 
lehrt werden, welches die verschiedenen Gattungen der Wer. 
ter, ihre Eigenschaften und Veränderungen sind. Auf die For- 
menlehre folgt die Syntax. In dieser müssen die aligemeinea 
Regeln von der Uebereinstimmung des Subjects mit dem Pri— 
dicat, weil sie bei der Bildung fast aller Sätze zu beobachte« 
sind, zuerst aufgestellt werden , denn es ist unpassend, erst aiu 
Ende zu zeigen, was am Anfange schon beobachtet werden 
muss. Daran knüpfen sich dann die Regeln über den Artikel, 
die Complemente und über die Eigenthümlichkeiten jedes Re- 
detheiles. Den Beschluss bilden Bemerkungen über die Galli- 
cismen und die Verslehre. In Grammatiken , weiche f&r Fraur 
zosen geschrieben werden , kann eher von dieser Ordnung ab- 
gewichen werden. So hat z.B. Wailly die Lehre von der Ana- 
sprache , den Accenten u. s. w. seiner Grammatik als eratea 
Anhang beigegeben, und bei Noel werden die Aocente nach der 
Formenlehre, die übrigen Lehren von der Anaapracbe ebenfails 



I- ^ * 



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am Schlnsne Gehandelt, well diese Ge;enstSnffj^'!flhr ÄleFrtn» 
Kosen^ welche sich die Kenntniss derselben schon durch de«. 
Gebrauch aneignen, von geringerer Wichtigkeit sind. -^ GrossiQ , 
Verstösse gegen eine solche Anordnung weist nnn Hr. 0. 8. T9 
fgg. in den genannten Grammatiken nach; noch weit niek# 
hätte er za thnn gehabt , wenn er auch den ersten TbetlTodl 
Bammsteins Werke zum Gegenstande seiner Untersuchungea 
hätte machen wollen. Darin können wir jedoch Hrn. D. nicht 
beistimmen, dass er den Mangel der lichtvollen Anordnung -^ 
welche er neben der logisch -richtigen in Anspruch nimmt -^ 
hauptsächlich dem Umstände zuschreibt, dass in den Gramma- 
tiken eine Unzahl Von §§. vorkäme , vor denen der Sch&ler er» 
schrecken müsse. Kirchhof, dieser umsichtige Grammatiker, 
heisst es S. 12fg., hat alles unter 222§§. xusammengefasst^, 
Mozin hat 618; Hirzel hat keine dergleichen Abschnitte ge^V 
macht, was nicht zu billigen ist; Talllefer hat 026; Sanguin 
im ersten Cursus 828, im zweiten 297, also zusammen 1125 §§• 
Mjiss dem Anfänger ficht vor einer Sprache grauen, die aiif 
1000 Grundsätzen, welche alle dem Gedächtnisse anvertraut 
werden müssen, beruhend sich ihm ankündigt? Die Zerstü« 
ckelung des Stoffes in so viele §§. lässt sich durchaus nicht 
rechtfertigen, und man darf sich alsdann nicht wundern, wenn 
man z. B. bei Sanguin §§. findet, wie §. 145: ),Bei dieser Ver^ 
wirrung der Begriffe wird für die Lernenden wenig gewonnen^^ 
and §. 150: „Die Nennwörter sind entweder Haupt- oder Qel- 
Wörter (substantifs oder adjectifs)'^ oder bei Taillefer §.^^09: 
„Die zwei letzten Regeln sind auch auf die Pronomina anwend-> 
bar.** — Hier müssen wir dem Vf. erwiedern: Abusus non 
tollit U8um. Nichtssagende §§. sind allerdings tad eins wertb; 
sonst scheint es uns aber gleichgültig zu sein,, ob eineGrammp- 
tik in 100 §§. von bedeutendem Umfang« ond mit vielen An- 
merkungen, Nummern oder Artikeln, oder ob sie, ohne diesen. 
Schweif von Bemerkungen, in 1000 §§. zerfällt. Ja^ nach un- 
serer Erfahrung ist sogar Letzteres nicht allein zum Nachschla- 
gen, sondern auch zum Einüben der Regeln bequemer und des- 
halb förderlicher. — Ganz in Uebereinstimmnng mit unseren 
Forderungen führt Hr. D. S. 13 als einfnUebelstand die Unter- 
brechung der Materien durch Beispiele zum Uebersetzen ana* 
dem Deutschen ins Französische, oder durch französische Le- 
sestücke auf. In vielen Lehrbüchern eracheinan diese sogar 
als die Hauptsache, so dass sidh die eigentliche Grammatik dar- 
unter verliert; an guten Belegen hingegen, welche die Regel» 
begleiten sollten, fehlt ea gewöhnlich. , S. 14 neigt der Vf., 
wie unbestimmt man bei der Eintheilung in Redetheile in ver- 
fahren pflegt. Diese Bemerkungen sind im Ganzen unwichti- 
ger; doch mögen allerdings die Grammatiker die Lehre daraua 
ziehen , dass sie in den efazelnen RedetheUen keine Confnsien 



4tt Bibliographb che Bericbte und Miscelleiu 

dürfen eintreten lassen , so .dass sie k. B. Adjectimni und Pro- 
nomen u. dgl. m. durch einander werfen. Die toii Hrn. D. 
S. 28fßg. vorgebrachte Rüge, dass es den Regeln, namentlich 
in, der Syntax , an Bestimmtheit, Richtigkeit nnd VolUtindig- 
keil fehle, ist ungleich wichtiger. Die Beispiele, welche er xur 
Begründung dieses Vorwurfs vorbringt, sind gewöhnlich treffend 
gewählt, und beziehen sich namentlich auf das Partie ipe pr6- 
aent, %u{ gens^ c'est lui^ ce que^ donty tout^ das regime der Bei- 
wörter, /e, y^ das Participe pass^, hora^ 8oi^ que^ en^ qui^ aucun^ 
eroire^ pas un^ voici^ voüa, tout-a-fait^ tely per sonne u. s. f. 
Endlich fügt anch noch der Vf. einige §§. bei, nm die Art sa 
bezeichnen, wie er die Regeln der französischen Grammatik 
behandelt zu sehen wünschte. Er verbreitet sich hier 1) über 
das impersonnel (S. 48 — 53); 2) über das adjectif verbat (S* 
53 — d9); 3) über den Gebrauch der participes (S. 60 — 09). 
Dasa er am Schlüsse gegen die Annahme einer dritten Conjn- 
gation auf oir eifert, hat uns sehr erfreut. Es Ist dieg 
ein wahrer Missverstand, gegen welchen wir uns schon öffent- 
lich ausgesprochen haben, und der sich auch neuerlich toii 
einem tüchtigen Grammatiker, Hrn. Ahn in Aachen, in deaaea 
französischer Sprachlehre für Gymnasien und höhere Borger- 
achulen (Mainz, bei Eopferberg, 1832) gerügt und ansgemänt 
*«det. E. Schaumann. 



Bibliographische Berichte und Miscellen. 



Uebersicht der neusten Literatur des Herodotu». 

11 ir gehen bei dieser Uebersicht der neusten Literatur des Herodotna 
Ton der S ch weighäuser'schen Ausgabe aus, die allerdingt einen 
festen Anbaltpnnkt bilden und den Anfang einisr neuen Periode in der 
Bearbeitung des Herodotns bezeichnen kann. Sie erschien bekanntlich 
za Strassburg in dem Jahr 1816 unter folgendem Titel: Herodoii Miifiie 
stue Hihtoriarum libri IX^ ad veterum codicum fidem denuo reeensuit lectio- 
ffitf varietate continua interpretatione latina adnotationibus Wesselingii et 
Valckenaerii aliorumque et suis iüustravit loannes Schweighaea* 
■ er, in Acad. Argent. et sem. prot. litterar. Graec. Prof. Academiae rtgm 
inicript. et buni. literar, adscr. [ Argentorati et Parisiis apud Treafttel 
et Würtz, bibliopolas MDGGGXVI.] in sechs Bänden in gr. 8., wovon 
die vier ersten Bände den Text nebst der jedem Bande beigefägten Va* 
riantensammlung und der unter dem Text stehenden lateinischen, dordK- 
gängig berichtig^ten nnd theüweise umgeänderten, Ueberietzong dea 
Laarentiui Valla , der fünfte und sechste aber die Noten von Woaa»* 



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1 , ■ ■ ■ ■ ~ ; 1 * 



ling n. IMekenaer mit den eigenen Bemerkangen 8iA#elgiifl«leM ent^ 
balten^ Der latein. Sachindex von Jungerraann ist dem vierten 'BanA» 
beigefugt. Melirere Jahre tpäter erschien als Zngahe das lehon frAhei^ 
versprochene: Lexicon Herodoteum quo et sfjfh' Herodotei vnivetm fMr 
enucleate expUcatur et quam plurimi Mtumrum loci ex ptofesso ÜbuirtmUr 
passim etiam partim Graeca teeiio partim versio latinä quüs cffert Ar^tli^ 
tbratensis editio vel Dindieatur vel emendoftir, inittnxit lo« Schweig^^> 
haenser, ordinis regii legion. honor. eqnes^, Academiae regiae in»' , 
Script, et hum. lit. sodalis , graee. literar. in Acad. Argent. et in semim 
prot. prof. [Argentorati et Parisiis apud Trenttei et Würtz, bibliopo^ 
las Londini etc. MDCCCXXIV. In zwei Octavhanden 5 Thir. 8 Gr.^]- 
Späterhin ward die Ausgabe in England nachgedräckt unter demTiteft 
Herodoti Musae nve hiaioriarum UM IX. Grawe ex recentione Jemmis 
Schweighaeuseri, Joe, tractatui de geographia Herodotetfy Summaria^ 
SchoUa ete, [Lond., Priestley. 1818. Sechs Bände in gr. 8} Ref. bat 
diese Ausgabe nie zu Gesifcht bebommen ; er kann daher nur bemerken^ 
dass der erste Theil den Text des Herodotni und Ctebias n^bst dett . 
Glossen und der Geographia Herodutea nach Bredow,^ Hennicke, Brel^ 
ger, Frommichen, der zweite die Schollen, die Ton €reuzer in sei- 
nen Commentationes Herodoteae mitgetheilten Varianten und die chro« 
nologische Tafel voiif Larcher, der dritte S^hweigh&users lateinische 
Uebersetznng , der vierte ü. fdhfte die NdtiJn ton Wesseling, Val'« 
ckenaer nnd Schweighaus^r, 'dei( se'chste das bicltbnarlnm lonicimi' 
Graeco- Latinum des Aerailius Portd^' nebst den Stucken des Gregoiina. 
Von Korinth nnd anderer Grammatiken Aber den^iDilifit6en Dialekt ent^ 
halten soll **)• ^gl Scholl Griech. Lit. Gesch: 1 S.' 827 nach der deut^ 
sehen Debersetzung. Was In der Seh weighäuserschen Ausgabe gelet-» 
stet Worden', jetzt noch prüfend zu durchgehen, mochte überflüssig er« 
scheinen, da dielblbis in dem Zeitraum von fast zwei Jahrzehnden bin^ 
länglich verbreitet nnd nilgemein bekannt geworden ist. ImmeriVbi 
"^ird es kaum in Abrede zir vtellen sein , dass « auch bei aller Anerken- 
nung 'der Verdienste des* ehrwürdigen Herausgebers, doch der Erfolg 
nicht ganz so den Erwärtb'iigen entsprochen , die man von dem Erschei- 
nen dieser Ausgabe gehegt hatte; ohne dass wir Jedoch in den oft har- 
ten und unbilligen Tadel des strengen Recensenten der Jen. Lit. Zeit. 
1827 Nr. 161 — 165 {S, T. unterzeichnet) unbedingt einstimmen möch- 
ten ***)• Denn , insbesondere durch die genaue Vergleichung des von 
Seh weigbauser zuerst benutzten unvergleichlichen Schellersheimischea 



*) Das Lexioon Herodotevm Schweighaetueri ist zu Oxford bei Vincenl 
1828 in einem Abdruck erschienen. Bei demselben Verleger kamen 1827 
Afapt andplam illustrative of Herodotus und Questiont on Herodotui her- 
aus, die mir nur dem Titel nach bekannt geworden sind, und über welche 
ich daher etwas Genaueres nicht angeben kann. -^ **) Ueber das Lexicon, 
das 1825 mit neuem Titel versehen und als besonderes-Buch heninsgegebeii 
wurde, vgl. Schulzeit. 1826, 2 Lit. Bl. 28. — ***) Vgl. die krit. Anz. in 
d. Götting. Anzz. 1816 Nr. 176» welche auch .das Mangelhafte der Aof- 
gabe rügt [Jftha.] 



480 Bibliographische Berichte und SUfcellen» 

(oder Florentinischen) Codex, der an Güte dem Mediceisehen so nahe 
kommt, halte der Text doch an unzähligen Stellen eine bessere Ge« 
■talt gewonnen , und wenn auch die Kritik noch nicht ganz gleichför« 
mig und consequent nach denselben Grundsätzen überall durchgefabrft 
war , also in dieser Beziehung noch Manches bei näherer Untersuchung 
und Prüfung Termisst wurde, so hatte man doch Ursache genug, mit 
dem Geleisteten zufrieden zu sein, um gegen den Herausgeber nicht 
undankbar zu werden und einer aus unedlen Motiven hervorgehenden 
Tadelsucht sich hinzugeben. Denn gerade die kritische Seite ist eSf 
in welcher zunächst der Herausgeber Etwas geleistet und sich wahr» 
hafte Verdienste erworben hat. Blicken wir nämlich auf die andere 
Seite, die exegetische, so ist hier freilich noch weit mehr den Nach- 
folgern zu thun übrig geblieben, man mag nun auf die eigentliche 
Worterklärung, die Nachweisung des Sprachgebrauchs, oder auf die 
fast ganz vernachlässigte sachliche Erklärung sehen. Zwar sind Val- 
ckenaer's u. Wesseling's Noten, und wie zu erwarten, vollständig und 
genau wieder abgedruckt, ober nur hie und da werden eigene Znn&tze 
gegeben, und von den grossartigen und ausgebreiteten Forschungen der 
neueren Zeit ist höchst Weniges benutzt worden. Ungern vemiMea 
wir auch einen Abdruck der Anmerkungen des Jacob Gronov, gegea 
welchen der seel. Herausgeber eine entschiedene Abneigung hegte, die 
ihn vielleicht die nicht immer gerade lobenswerthen und rnhmlichea 
Bemühungen dieses Gelehrten um Herodot in einem zu grellen Lichte 
betrachten oder vieldiehr verachten liess. Das Lexicon Herodotemm iit 
die letzte Frucht der uncrmüdeten Thätigkeit des schon halb erblindeten 
Qreiscs, und muss von diesem Standpunkte aus auch gewürdigt werden* 
Manches, was in den Anmerkungen oder in der Uebersetzung ateht, ist 
hier zurückgenommen oder berichtigt worden; aber zur Vollständigkeit 
des Buchs wird wiederholter Gebrauch noch Vieles vermissen lassen*}«-— 
Auf diese Weise war eben so sehr in Absicht auf die Kritik eine, bessere 
Sammlung, Ordnung und conseqnentere Behandlung des vorhandenen 
Materials, als in Absicht auf die Erklärung eine das Verstandnisa dev 
Worte wie der Sachen fördernde Behandlung, noch immer gleich sa 
wünschen übrig , bei einem Schriftsteller, wie Herodotus aber. Eine 
80 dringend wie das Andere. Wir wollen daher jetzt untersuchen, 
was in beiden Beziehungen die neuere Zeit geleistet hat« — Was de« 
ersten Punkt oder die kritische Seite betrifft, so glauben wii^ 
ohne ungerecht zu sein, wohl im Ganzen behaupten zu dürfen, duM 
das unter den gegebenen Umständen Mögliche so ziemlich dnrch Galf- 
f ord geleistet worden. Denn die noch früher erschienenen zwei Aue* 
gaben von Schäfer (Lipsiae ap. Weigel. 1819 in 3 Octavbäedohen o« 
Lips. ap. Schwickcrt 1822.) sind mehr correcte Textesabdrncke fdr den 
Schulgebrauch , welche sich mehr oder minder an den durch Reu hie 
und da gebesserten und berichtigten Wesseling^schen Text anschliesaea, 
und eine dritte Ausgabe von J. B. Gaii (HerodoU Mu»at s. EM^ 



*) Euige Nachträge gicbt der Bec m d. Jen. LZ. 1828 EBL 4S [J.] 



^' 



- • ■■ 



BiWktgiwpMtdw Bwi»tai Wim. Hlipft itt 

rtitnifli Iifrn* IIT* gpmece c not eriU et «ar. 9 quinqit^Jifmft Park. «I ^w» 
iiic2ici&us. Paris, ap. Delalain 1821, 2 Voll, in 8.) kann «««li aar v^p 
Seiten des corre«ten Textesab^rnck-»» den «ie liefert 9 in Btlnciit fcpilir* 
inen , da die aof dem Titel genannten Bemerlnugen groMenÜMili obvf 
Werth sind. Gaisford'i Autgabe eelM erschien unter folgendem Titeli'^ 
Herodoti HuUcarlkutsei hüioriarum UM IX, Codkem Sancrofti Bbam^ 
Bcriptum denuo.conhiUt nee non reliquam leetiomi variHatem commoÜmß 
digetsH Thouas Gaisford, A. M. Gr. Linjg^. Prof. reg. [OxonUi» 
1824. 2 V«Ii. iii d Tomfn. 8. 20 Thlr.] und in einem wohlfeilere«^ 
(7 Thlr. 16 GrO correoten Abdruck Lipsiae apod £. B. Schwickertuar 
MDCCCXIUV. «benlaUfl in 4 Tomi, wovon T. 111 u. IV noch den be- 
sondern Titel fähren« dduoialiimeB Wenelmgiij ^VakkeftMvUy Lßrchen^ ' 
Sehweigheteuwri aUorumque in HertdeU hiHoriatitm Ubti IX* edidit Tho- 
mas Gaisford, Ä.M. Gr. Ling« Prof. reg. Lipsiae MDCCG&XVJL 
Sonach bedarf es kaum noch einer ausdrücklichen Erwähnung, daM 
die beiden ersten Tomi den griechischen Text, 'nebst der darunter ste«> 
henden Variantensammliuig , und die beid^i andern den exegetische« 
Apparat enthalten. Der Heransgdber'War Tor AUem hemulit, 4em 
Text eine urkundliidie^ .diplomatisch getreue Grundlage sn geben. Ml 
welchem Behuf er mit möglichster Genauigkeit und Sorgfalt den vovr 
handenen kritischen Apparat sammelte und ordnete und damit eine neuO 
Coliation des zwar schon früher , aber nieht mit der erferderlicheil 
Genauigkeit in allen einzelnen Form^, Endungen a. s. w. Terglichö**. 
neu Codex Sancrofti verband , so dass wir doch eigentlich jetzt erst ia, . 
den Stand gesetzt stnd^ über die Beschaffenheit der Handschrift ein 
richtiges und si^bei;^ Urtheil zu fällen. So weAig Ref. diese ^Hand« 
«chrift als die vorzügHfcti^Q unter allen (wie ein früherer Reoensent ge** 
than hat) betilKhten>' möchte , da sie von Interpolationen nicht frei ist 
Und doch die wesentlichen Fehler der Torzüglichsten Handschriften — *> 
der Mediceischen und Schellersheiroiichen — theilt, so gehört ^e dodi 
gewiss unter die erste Classe der vorhandenen, ohne dass wir jedock 
damit eine gemeinsame Abstammung ndt den beiden andern eben ge* 
nannten aus einer und derselben Quelle behaupten möchten. Mit der 
Wiener Handschrift , über welche Ref. freilich nähere Belehrung vetv 
misst, zeigisie in gar Vielem auffallende Aehnlichkeit ui^ Verwandi- 
ecliaft, namentlich in der grösseren Ausführlichkeit, in einzelnen Er- 
klärungen und Erweiterungen , welche als die Folge von Interpolatio- 
nen und Glossemen sich darstellen. Den auf diese Weise gesanmel- 
ion und geordneten kritischen Apparat theilt der Herausgeber in des 
Noten unter dem Texte mit, welcher selbit ganz auf die Autorität die- 
ser Handschriften hin basirt ist und auf diese Weise einen diplomatisch- 
getreuen Charakter erhalten hat. Das Einzige, woraus man vielleicht 
dem Herausgeber einen Vorwurf machen könnte, ist seine allzugrosto 
Vorliebe für jene Sancroft'sche Handschrift, welcher ein zu grosser 
«Einflnss auf die Gestaltung des Textes eingeräumt ist, wodurch frei- 
lich die Möglichkeit einer Recpgnition des Textes gegeben ist, di* 
ohnehin bei den fielen Fällen^ wo bloi fabiectivea Urtheil die Ent- 



4 . 



> i 



432 Bibliographische Berichte nnd Miicellen« 

•cheidang abgeben kann , indem die Handschriften nichts Besseres brhi» 
gen, sondern in den Fehlern übereinstimmen, nicht überflüssig er- 
scheint. In diese Kategorie gehören dann auch die Fälle, wo es sich 
um consequente Durchführung gewisser Principien handelt, betreffend 
die Gleichfönnigkeit gewisser Endungen und Formen des ionischen Dia- 
lekts, worauf wir weiter unten noch zurückkommen werden. Unser 
Herausgeber hat diess bei mehreren Formen versucht, 'z. B. ft/a, f^fon^ 
fiolQce, die Geniti?e Pluralis der zweiten Declination (wo die Form eonr 
verworfen wird), oder in den Genitiven und Accusativen der auf cof 
ausgehenden Wörter der dritten Declination u. s. w., und Bef« hat nur 
wenig Fälle getroffen , wo der Herausg. diesen seinem Princip nicht 
ganz treu geblieben ist. Auf diese Weise hat also die Ausgabe von Seitea 
der Kritik und der kritisch -diplomatischen Gestaltung des Textes 
wesentliche Verdienste. Was die andere Seite, die Erklärung, betrifll, 
wo die beiden letzten Bände in Betracht kommen, so enthalten diese 
einen Abdruck der Noten von Wesseling, Valckenaer und Schweighäa* 
ser mit Weglassnng alles dessen, was ohne Nachtheil wegfallen konats;: 
„Servari illaesa omnia, sagt Hr. Gaisford, quae vel sententias aucto- 
ris paulo difficiliores aperirent vel historiam veterem illastrarent vel 
eruditae antiquitatis studiosis quocunque modo prodessent. Iramo fids- 
liter pronunciarim , nihil fere me abjecisse, nisi qnod viri praestantis- 
simi et praeconiomeo longo majores, si hodie in vivis essent nostrisqna 
nterentur et opinionibus et diäciplinis, ipsi cupide resecarent.^* Und 
die Wahrheit dieser Angabe hat Ref. durch vieljährigen Gebrauch be- 
stätigt gefunden. Was aus Larcber*) aufgenommen, ist verhältniss- 
nässig nicht von Belang; dazu kommen denn noch einige andere Ver- 
weisungen an mcbrern Stellen, wie z. B. auf Creuzer's Cpuimeatatia- 
nes Herodotene, und in dem Leipziger Abdruck ist noch Manches ans 
Schweighäuser's Lexicon Herodoteum aufgenommen. Die eigenen Be- 
merkungen Gaisford's sind leider allzu spärlich und werden bei gar vie- 
len Stellen vermisst, wo wir gern des sprachkundigen Mannes Ansieht 
vernehmen möchten. Immerhin erscheint aber diese Ausgabe, nament- 
lich in dem Leipziger Abdruck, zweckmässig für den Gelehrten eioge- 
richtet, dem sie die theueren grösseren Ausgaben ersetzen muss **)• 
Am Rande des Textes wie der Anmerkungen ist überall die SeitensaU 
der Wesseling'schen Ausgabe beigefugt, am Schlüsse des zweiten Baa- 
des, also des griechischen Textes, folgt das lateinische Sachregister, 
das auch die Schweig^häuser'sche Ausgabe enthält, am Schlüsse des viei^ 
ten ein Sach - und Wortregister zu den Anmerkungen nebst den hero« 
doteischen Glossen. — Auf diese grössere Aufgabe folgten mehrere 



*) Dessen Anmerkungen zu Herodot erschienen in England auch 
dcrs onter dem Titel : JUstorical and Critical Remarka of the ninn bookB üf 
the hi$tory of Ilerodotus ; with a ckronological table, Tranalated from iü 
French 0/ P. H. La r eher. London, Priestley. 1828. 2 VoH. 8. — ")' Vgl. 
Biblioth. crit. nova Voll. II p. 281 f. , Beck's Report. 1825, I S. 161 n. m 
S. 108, und die Recens. in d. Jen. LZ. 1828 Nr. 186 S. 41— 48 (an^ge- 
sogen in Classical Journal VoL 40 p. 87 ff.). [J.] 



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i: . 1 



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BiUiogniphlfdie Borfdlte mi TttwAMi. • wt 

w 

kleinere , meist blos correcte Textesabdrucire darbfeteoi. * knt die tji 
der von Weigel yeranstalteten Samniliing griechischer Aatoren erschieß 
neue Schul- und Handausgabe von 6. Stallbanm (Lips. 1825. III. 
Tomm. in 8.) folgte in der ähnlichen Teubner'schen Samtnlang: He- 
rodoti Historiarum Uhri IX, cum brevi annotatione Aug. Matthlae 6ft< 
Henr. Apetzii. [Lipsiae sumtib. et typ. B. 6. Teubneri MDCCCXXT«' 
2 Voll, in 8.] Diese Ausgabe , bei einer ähnlichen Bestinoimnng wie * 
die vorher genannte , schliesst sich im Text zunächst an Schweighäuser 
und Gaisford an , jedoch nicht ohne zum öfteren zu der älteren Recen- .-^ 
sion von Reiz und Schäfer wieder zurückzukehren« Man hätte wohl 
wünschen und erwarten können , dass diese Abweichungen in der Kürze 
angemerkt worden wären. Der dazu erforderliche geringe Raum hätte 
' sich leicht gefunden. Am Schlüsse des zweiten Bandes stehen einige 
wenige , aber beachtungswerthe Bemerkungen , kritische sowohl wie 
grammatische, denen wir grossere Ausdehnung gewünscht hätten *)• 
Die Ausgabe von CA. Steg er (Herodoti Mus. recens, et annotatione tn 
usum scholarum instruxit G. A. Steger. Giess. 1826 sq. 8'Tomm. in 
gr. 8.) liefert in einem correcten Abdruck meist den von Schweighän^ 
ser gegebenen Text, und wo der Herausgeber davon abweicht, scheint 
es nicht zum Vortheil des Textes gewesen zu sein. Üben so wenig 
Jtonnte sich Ref. mit den in der Vorrede enthaltenen Verbesserungsvor- 
Bchlägen befreunden , die eben so wenig bei andern Recensenten dieser 
Ausgabe Beifall gefunden haben**); die Anmerkungen, wovon auf dem 
Titel die Bede ist, enthalten meist grammatische Bemerkungen, mit 
einigen Verweisungen auf Viger und Matthiä. — Wir reihen diesen 
Textabdrücken ***) und Schulausgaben noch zwei andere an, die zuletzt 
erschienen sind. Die eine f$hrt/den Titel: Herodoti de beüo Persieo 
Ubri novem. Reeognovit Immanuel Bekkerus. Edit. stereotype« 
[Berolini 1833. 8.] Eine Vorrede, worin das Publikum über die lei« 
tenden Grundsätze des Herausgebers , sein Verfahren und seine Be« 
handiung des Textes belehrt würde, kann wohl Niemand mehr von 
Hrn. Bekker erwarten, so sehr man auch diess zu erwarten ein Recht 
hat. Sollen wir demnach aus der Beschaffenheit der Ausgabe selbst 
und der getroffenen Wahl in Aufnahme oder Verwerfung einzelner Les* 
arten diese Grundsätze ausfindig machen , so bekennt Ref., dass es 
ihm noch nicht gelungen ist , diese zu entdedren und die des Herans- 
gebers Kritik leitenden Principien ausfindig zu machen. Denn wenn 



i . 



*) Vgl. Heidelb. Jahrbb. 1826, 8 S. 238 u. 1828, 2 S. 211 ff^. , Beck't ' 
Repert. 1826, II S. 381 und 1827, III S. 131. — **) Vgl. besonders HalU 
LZ. 1828 Nr. 64 , Jen. LZ. 1828 Nr. 169 (ausgezogen in Ferussac's Bullet, 
des scienc. bist 1829 T. 13 p. 15.) und Leipz. LZ. 1829 Nr. 136 n. 137 und 
1833 Ergänz. -Heft S. 43---Ö0. Blosse Anz. m Beck's Repert. 1827, II 
S. 286 f. — ***) Zu denselben gehört auch die Tauchnitzer Stnreotypane- 
gabe vom J. 1826. Von ein paar kleinem Ausgaben des Auslandes, die 
hierher geboren, sei nur erwälmt: Herodottis, wUh Englük Notes ^ Qiie- 
sttofisetc, by Charles William Stocker., London, Longman. 1831 
n. 32. U Voll. 8. vgl. laterary Gaaette 1831 Nr. 788 p. 169. [ J. ] 

JV. Jattrb. /. rhu. «. iMki. od. KHt. BiU. Bd. JX Hft. B. 28 



4SI Bibiiographifche Berichte und Miscellen; 

aach im Ganzen ein Anscbliessen an Gaisford's Recension nnv^erkenn- 
bar ist, so ist doch wiederum der Herapsgeber an gar vielen Stellen 
davon abgewichen und zu dem älteren Texte zurückgekehrt, oder e^ 
hat auch willkuhrliche Aendcrungen vorgenommen, die freilich', wie 
solches überhaupt der Herausgeber zu thun pflegt , nicht immer be- 
merkt sind , denn die unter dem Texte hie und da angeführten abwei- 
chenden Lesarten sind gar zu dürftig. Hr. Reimer hat sich ebenfalls 
nach Gewohnheit beflissen , die Auiigabe auf das gröbste Löschpapier 
zu drucken. — Ueber die andere mit vielem Pomp ausgepriesene und 
auf feines Velin mit niedlichen Lettern gedruckte Ausgabe eines Neu- 
griechen Negris zu £dinburg hat Ref. erst noch vor kurzem an ei- 
nem andern Orte ( Heideib. Jahrbb. 1834 Nr. 26 S. 404 ff. ) bemerkt, 
wie wenig sie den durch die buchhändlerische Anzeige erregten Erwar« 
tungen entspricht und einen zwar correct gedruckten , aber von unnö- ^ 
thigen und willkührlichen Aenderiingen gar nicht freien Text enthält, 
und die Frolegomenen wie die Anmerkungen für uns im Cranzen wenig 
Neues darbieten. Der Titel der Ausgabe ist: ^HqoSotov xov ^JlixaQVTjC'^ 
C^OQ loTO^ttov Xoyoi 'd''y iittY(fct(p6fiBvoi (lovüai,' avv nifolsy^o/isvoig xal 
Ci](iH(6ae6iv ^ ihdlSovroe ticcI Siogd'ovvtog 'j^Xf^ocvSQov Niygrj, [Edio- 
bourgh., Thomas Clark. 1833. (Leipz., b. F. Fleischer.) 2 Voll. 8.] 
Noch ehe diese die kritische Seite mehr oder minder berücksichti- 
genden Ausgaben erschienen oder vollendet waren, übernahm Ref. ia 
Verbindung mit seinem Freund und Lehrer, dem Hrn. GehR. C rea- 
ler, eine Ausgabe, deren baldigen Vollendung er demnächst entge- 
gen sehen kann. Jener | durch seine Studien schon früher auf Hero- 
dotus, als die Quelle unserer Kunde des Alterthums in den verschie- 
densten Beziehungen und Richtungen, zurückgeführt, hatte früherhin 
Hoffnung gemacht zu einer *neuen Bearbeitung des Herodotus, in. wel- 
cher besonders die seit Wesseling und Valckenaer so sehr vernachläa- 
■igte Sacherklärung, die doch bei Herodotus noch wichtiger als bei 
andern Autoren ist, nach Gebühr berücksichtigt werden sollte. Ueber- 
dem hatte ihm der Herr Baron von Schellersheim die schon oben er- 
wähnte vorzügliche Handschrift auf unbestimmte Zeit überlassen, die 
aber Hr. GehR. Creuzer , als Schweighäuser mit dem Plan seiner Aus- 
gabe liervortrat, letzterem bereitwillig zum Gebranch überliess. Eine 
Entschädigung für diesen Verlust boten dem Publikum die nun erschie- 
nenen: Commentationes Herodoteae, Scribehat Fridericus Creuzer» 
theolog. ac philosoph. Dr. et literar. Graecar. Latinarumque in Acade- 
mia Heidelberg, professor. Jegyptiaca et Hellenica Pars L Subjiciun^ 
tur ad calcem summaria , scholia variaeque lectiones eodicia PeUatini, [ Li- 
psiae MDCCCXIX. in bibliop. Hahniano , nebst einer Abbildnng. X a. 
446 S. in gr. 8. ] In ihnen wurden einzelne grössere Abschnitte des 
herodoteischen Werks, in vorliegendem Bande zunächst mit Bezug auf 
mehrere. Punkte des ägyptischen Alterthums und der ägyptischen wie 
der griechischen Mythologie behandelt und ihr Inhalt bis in das ge- 
ringste Detail umfassend erläutert und erklärt, auch mit Rücksicht 
auf die Kritik da, wo solches erforderlich war. Doch Ref. kanu wol|l 



1^ 



• • ■ ■ 

eine nSHere Bolcanntschaft mit diesem Buche bei alli^n» 4ie sieh fär '. 
Herödotud und die Altertiiumsvissenschaft interessiren , ▼oraa88eU«% 
und Ko mochte es wohl aU ein überflussiges Unternehmen ersiclieioea,^ 
den Ihhalt derselben näher angeben und den Charakter näher heseidi- . 
nen zu vollen. Nirgends ward die Wichtigkeit dieses Unternehmens 
verkannt, wohl aber überall baldige Fortsetzung gewünscht. Mna , 
hatte nun einsehen gelernt, was es heisse, auch von dieser, der lach« 
liehen , Seite den Herodotus zu erläutern und seine Berichte und Elp- 
Zählungen in das gehörige Licht zu setzen; man hatte auch begriffen^ > 
welches ungeheuere Material in neuerer Zeit durch die Forschungen , -■ 
und Reisen gelehrter Britten und Franzosen für das bessere Verstand« 
siss und die richtige Auffassung der von Uerodot überlieferten geogra- 
phischen, antiquarischen und historischen Nachrichten herbeigeschafll 
war und wie unbenutzt diess alles im Ganzen von den früheren Bear- 
beitern des Herodotus geblieben war. In welches Licht traten jetzt lO 
manche, bisher bezweifelte oder für falsch gehaltene Nachrichten des 
Vaters der Geschichte ! Wie Manches fand sich auch nach dem Raum 
von Jahrtausenden noch jetzt so, wie es der Vater der Geschichte ge- 
sehen und beschrieben hatte! Auf welche Wßise bewährte sich hier 
eben so sehr die Wahrheitsliebe, als die gewissenhafte Treue in allen 
Erzählungen des alten Forschers! Ungeachtet des aflgemein und viel- 
seitig geäubserten Wunsches der Fortsetzung dieser GommentationeSf 
war es doch dem Verf. bei vielfachen andern Geschäften nicht möglichy* 
diesen Wünschen zu entsprechen und den von ihm wohl früher zu die- 
■em Zweck gesammelten Stoff in der bisherigen Art und Weise weiter 
auszuführen und zu behandeln. So entstand der Plan zu der Ausgabe 
des Ref. , wie er sich auch in der Vorrede zum ersten Bande angedeu- 
tet findet. Es sollte zuvörderst ein möglichst berichtigter Text gelie- 
fert werden , dessen Grundlage Gaisford's Recension bilde; es sollte ' 
das Verständniss des Textes durch die nöthige Erklärung, zumal bei 
schwierigeren oder dunkleren Stellen, erleichtert werden, womit zu- 
gleich auch die nöthige Erörterung des herodoteischen Sprachgebrauchs '> 
verbunden war; endlich sollte die sachliche Interpretation durchgängig 
und aufs sorgfältigste berücksichtigt, der Inhalt sorgsam erläutert wer- 
den, theils durch die betreffenden Parallelstellen der Alten, theils 
durch Angabe der Summe dessen, was die Resultate der geförderten 
Wissenschaft unserer Tage und die Bemühungen verständiger und ge- 
lehrter Reisenden zum Verständniss einzelner Stellen und Angaben des 
Hert>dotus Geeignetes zu Tage gefördert hatten. Dass die Erfüllung 
dieser Forderungen mit grossen Schwierigkeiten verknüpft war, wird 
Niemand verkennen, der auch nur einigermassen mit dem Gegenstande 
selber bekannt ist. Es ist in der That leichter, ein Paar grammati- 
sche oder kritische Nötchen zusammenzuschreiben, als einen Schrift- 
steller von dieser Seite aus zu erläutern, der in die gesammte Alter- 
thnmswissenschaft nach ihren verschiedenen Theilen, Geog^phie, Ge- 
schichte, Chronologie u. Geographie, Mythologie a. Symbolik, Anti- 
quitäten und Archäologie n. s. w. einschlägt, so viele hundert Werke 

88» 



'/ 



4S8 Bibliogrephische Bericlite and MucelleB« 

prüfend za darchlanfen and die für die Erklärung damoi gewoi 
Resultate in den Raum weniger Zeilen zusammenzudrängen. Dii 
Schwierigkeiten werden billig denkende Richter in Anschlag %n hria- 
gen wissen; der Ref. ist sich wenigstens bewusst, keine Mühe gvsdheat 
SU haben, um durch unverdrossene Ausdauer die Schwierigkeitoa , die 
sich ihm entgegenstellten und die zum Theil in der Natar der Sadw 
selbst lagen, zu überwinden oder doch zu beseitigen. Die Aa«gabt 
selbst fuhrt den Titel: ilerodoti Musae, Textum ad Gaisfardii ediUcmem 
recognovit perpetua tum Fr. Creuzeri tarn 8ua annoiatione inttnuitf 
eommentationem de vita et seriptü Herodoti^ talmla» geographica» imii* 
ee$que adjeeit lo. Ghristianus Fei. Baehr. [Lipsiae ia bikliep, 
Hahninno MDCCCXXX* Londini apud Black, Young et Yoang.] VoLL 
VIII n. 932 S. , das erste und zweite Buch enthaltend , and swolf Ez- 
cnrse, welche in grosserer Ausführlichkeit über einzelne, beeoaden 
wichtige oder schwierige Stellen sich verbreiten , zu dereo Erortenug 
der unter dem Text angewiesene Raum nicht ausreichend war. Die 
▼ier aus der vorzüglichen Steindruckerei von Schlicht ia MaoofaeiB 
hervorgegangenen Charten, welche diesem ersten Bande beig^^gehsa 
find, liefern eine herodoteische Welttafel nach Rennel, eioe BweÜe 
•olche nach Niebuhr, eine Charte der Nordküste Africa'i oebst Aegy- 
pten (nach Rennel) und eine ähnliche von Babylon und der Um geg e a d» 
ebenfalls nach Rennel. Vol. II. (erschienen 1832. 678 S.) enthält des 
dritte und vierte Buch mit zehn Excurscn ; VoL III. (erschienen 1811. 
Bin S.) enthält das fünfte , sechste u. siebente Buch mit vier 
Noch fehlt ein Band , dessen Druck aber bereits begonnen hat, so 
mit dem Schlüsse dieses Jahres wohl auch die Ausgabe vollendet 
wird. Es wird übrigens dieser vierte und letzte Band das achte nad 
neunte Buch enthalten, ferner die auf dem Titel versprochene AUiaad- 
lung, De vita et scriptis Herodotiy und die erforderlichea Registei^ 
ein ausführliches Sachregister und ein eben so genaues Wortregister 
über die in den Noten behandelten und erklärten Worter. Aasserdea 
durften noch einige die Geographie Griechenlands betreffende Kärtdies 
beigegeben werden. Manche werden dabei wohl die früheren Aasgabea 
des Hcrodot beigefügte VitaHomeri, welcher der Name des Geschiehl- 
schroibcrs fälschlich vorgesetzt ist, oder die dem Plutarch (sehwerlldk 
mit Recht) beigelegte Abhandlung, De malignitate Herodoti^ oder aaift 
die Exccrpta Ctesiae vermissen und sie beigefügt wünschen, ladessea» 
CS galt hier vor Allem Vollendung des Begonnenen, das überdem aelioa 
solch' eine Ausdehnung erhalten hatte, die möglichste Bescbräolraag 
und Abgränzung gebot. Vielleicht findet sich in der Folge eioe Gis- 
legcnhcit, diese Stücke zusnmmt in einem Supplementum dem PaUi^ 
kum zu übergeben, aufs neue revidirt und in ähnlicher Webe, wie 
das Work selbst, behandelt. Ref. hat freilich seit dem Erscheiaea 
dieser drei Bände sich manche Nachträge gesammelt, da jeder Tag 
uns neue Kunde aus dem Orient und aus den Gegenden des alten Hellas 
bringt, die der Altvntor der Geschichte bereiste oder wo er sich aof^ 
hielt, da namentlich in Bezug auf GriechenUnd wir aocb grdssen Aof- 






• - » - 

j^fiogri^liiidie Beridlito und MwdBiiik ' ittV 






Schlüsse in .so manchem schwierigen oder dunkeln geograpliitdiflft 
Punkte mk Sicherheit von der Zeit erwarten dürfen, Sie sollen dem ' 
Publikum am gehörigen Orte und Stelle nicht Torenthalten bleiben« 
Was endlich noch den Text betrifft , so darf Ref. wohl behaupten,' 
dass er, wie der Titel besagt, eine Recognition des Gaisford'schen sei, 
der allerdings zu Grunde liegt, von dem aber Ref. an doch beinaha 
dreihundert Stellen abzugehen für nothig erachtete. Diese Abweip« 
chuDgen sorgfältig zu bemerken, war des Hei^ausgebers Pflicht, dev 
aber auch überhaupt die bedeutenderen Varianten oder s^olche, die auf 
den Sinn von Einfluss sind, beifugfl^^-^ da eine vollständige Angabe al- 
ler Varianten nach Gaisford's Ausgabe überflüssig schien, das Kritische 
ohnehin nicht wie dort, Hauptsache der Ausgabe war, deren Haupt* 
zweck allerdings auf richtige Auffassung und Verständniss des Teztea, 
80 wie auf die sachliche £rklärung gerichtet war, die aber darum die 
nothwendigsten und wesentlichen Punkte der Kritik nicht übergehen, 
sondern Tielmehr mit dem Uebrigen in ein gehöriges Ebenmaass zu. 
bringen sich bestreben musste. Die lateinische Uebersetzung beizu- 
fügen, wie Manche wünschten, und dem Herausgeber wie der Ver- 
lagshandlung darüber eine specielle Aufforderung zugekommen ist, er- 
laubte der Umfang des Werkes kaum, so gern auch beide, Verfasser 
und Verleger , dem aus reiner Theilnahme an dem Unternehmen ge- ' 
flossenen Wunsche willfahrt hätten. Eben darum aber sind auch alle 
Stellen , die nur auf irgend eine Weise Schwierigkeit für das Verstand- , 
niss haben konnten, in den Noten erörtert und in lateinischer Sprache, 
getreu nach dem Sinne derselben , wiedergegeben. Druck und Papiev 
ist gewiss so, dass es der Verlagshandlung zur wahren Ehre gereichen 
muss *). — Ausser diesen zahlreichen Ausgaben , die wenigstens ei- 
nen Beweis der Theilnahme an dem unsterblichen Werke und ein ge- 
steigertes Bedürfniss der Leetüre erkennen lassen , muss aber Ref. noch ' 
insbesondere einer Trias von Uebersetzungen , einer italienischen, 
französischen und deutschen, gedenken, so li^ie einer nicht un- 
bedeutenden Anzahl von grösseren und kleineren Erläuterungsschrif^n,' 
welche zum grossen Theil das allseitige Verständniss des Schriftstellers 
und die richtige Auffassung des Textes wesentlich gefördert und in die- 
ser Hinsicht auch dem Ref. bei seinem Unternehmen wesentliche Dien- 
Bte geleistet haben. Wir beginnen mit der deutschen Uebersetzung, 
die auch nach der meisterhaften Uebersetzung von Lange (Berlin. 
1812 in 2 Theilen 8.) ihre Stelle finden wird ; es ist diess die in der 
Sammlung von Oslander, Schwab u. Tafel erschienene, von A. Sc)iöll, 
Stuttgart in der Metzler'schen Buchhandl. 1828 bis 1832 in eilf Duodea- 



*) Weiteres berichtet über die Ausgabe die Arne, von Bahr in d. Hei* 
delb. Jahrbb. 1831, 2 S. 204 f. , von Heeren m Göttmg« Anzz. 1831 St. 11 
S. 97 — 101 und 1834 St. 91 S. 898— 902, in Beck's Repertor. 1831,1 
S. 275— 277, vonGolb^ry in Rev. encycl. 1831 Febr. T. 49 p. 388— 390, 
in Biblioth. univers. de Gen^ve Decemb. 1831 p. 446 f., und die Recens. in 
Hall. LZ. 1832 Nr. 70—71 u. 1834 EBl. 35 u. 86, und üi d. Leipz. LZ. 
1832 Nr. 116 u. 117 und 18S3 N^. 166 u. im. , [4. ] 



/ 

^ 



438 Bibliogfaphische Berichte und BCioelleB. 

B&ndeheii (oder zwei Abtheilongen) Tollendet. Lang^*8 Ue1>enefniig 
hat bekanntlich dadurch sich so allgemeinen Beifall, and mit Recht» 
gewonnen, dass sie bei aller Trene, die man Ton einer Uebersetsmig 
▼erlangen kann, sich so ganz an das alte Colorit des Vaters der Ge- 
schichte anschliesst und dessen naive, einfache Sprache so getreu vm 
Deutschen wiedergiebt, so dass der Gedanke einer Xachbildong yer- 
schwindet und jeder Schein eines gesuchten oder affectirten Wesem 
wegrällt. Die Uebcrsetzung von Scholl sucht, so wie es in dea 
Plane dieser Sammlung von Uebersetzungen lag, den Sinn des CSe- 
sch ich t^ch reibers getreu in fliessender Sprache wiederzugeben, und ob- 
wohl so treu als möglich sich anschlieüsend an die Worte des OrigiiHil- 
textes, sacht sie doch auch den Gesetzen und dem Wohlklang unser« 
Sprache Genüge zu leisten und darnm alle Härten zu Terraeiden, wel- 
che ans der wohl früher eine Zeitlang so sehr empfohlenen Methodik 
Wort für Wort, Sjlbe nra Sylbe wiederzugeben, entstanden sind, nsi 
uns so manche Uebersetzungen geliefert haben , die ohne Beihülfe dst 
Originaltextes sich kaum verstehen lassen. Ausserdem finden sicdi bei- 
gcfi'igt: bequem eingerichtete Inhalts - Uebersichten , eine Ein! eitaag, 
und unter dem Text erklärende Anmerkungen, welche besonders in dea 
letzten Bänden sehr zahlreich geworden sind und an Umfang wohl be- 
deutender, als es in dem ursprünglichen Plane der UebersetxiHig la^ 
da sie zuweilen in das Gebiet der gelehrten Alterthumskundo überstr^ 
fen nnd in historisch -mythologisch- antiquarische Erörtemng^en sidi 
ausbreiten, die allerdings als Beweise der gründlichen Studien goitmi 
können, welche der Herr Uebersetzer in diesen Studien geuincdit haL 
Auch das Geographische ist mit vieler Sorgfalt in den Noten berief 
sichtigt. — Wir kommen auf die unter folgendem Titel erschieneM 
französische Uebcrsetzung: HUtoire d^Herodote suivie de la vie ^Homin» 
youveUe Traductiofiy par A. F. Miot. [a Paris chez Finnin Didot^ 
pere et fils, libraires Rue Jacob nr. 24. 1822 ff. in 3 VolL gr. 8.] 
Diese Uebersetzung soll die bei der früheren von Larcher so sehr Tor- 
miiste Treue und Sorgfalt mit der nötliigen Eleganz der Sprache 
des Styls verbinden und von schwierigen Stellen in einem nicht 
ausgedehnten Commentar die erforderliche Rechenschaft nnd Erörto- 
mng liefern. Um diesen Zweck zu erreichen, benutzte aber nncdi der 
Herausgeber sorgfältig die neuen Hülfsmittel, insbesondere Schwe^ 
bansers Ausgabe, mit der berichtigten latein. Uebcrsetzung, CieuNn 
Commentationes Herodoteae u. A. der Art; nnd lieferte so eine Uebev- 
•etzung, die gewiss in den Augen eines Jeden, der unbefangen pfdilt 
vor der von Larcher unbedenklich den Vorzug verdient, man mag nam 
auf die Treue der Uebersetzung oder auf die elegante nnd correcta» 
aber einfache Sprache sehen, die sich von dem allzu modernen Top, ia 
welchem bei Larcher Alles gehalten ist , sehr zu ihrem Vortheile aa^ 
fernt und überhaupt mehr an den Wortsinn sich aoschliessend , dla 
Phrasen und Umschreibungen vermeidet, welche jene Uebersetaa^ la 
ihrem verfehlten modernen Ton nnd der affecturten Spradie afll 
unansstehlich und wahrhaft widerlich maehan. Es waido afai 



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BiMios^rtf bkcbe Bcndite «ad Miitwijgij, ' ■' , 0^ 

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•eiB, diMf darch eine MaMe ▼on Belegstellen t« beweisen » wenn ä»» 
ders dazu hier der Ort wäre. Uebrigens ist auch der Werth dioaUc; 
Uebersetzung hinreichend anerkannt und gewürdigt ^worden von iHhi 
trenne in einem ausführlichen Artikel des Journal des Sevaats, det 
auch nachher besonders abgedruckt und ausgegeben wurde unter deor 
Titel : A^otice sur la traduction d'Herodoie dp jlf. A. F. Miot et nw le 
prospectus d\ne nouvelle traduction d^Herodote de Af . Po«! Lotus Courier 
par M. Letronne, membre de Tinstitut [k Paris de l*impriinerie da. 
Firmin Didot, Rne St. Jacob nr. 24. 1823. 16 S. in gr. 8. ] Die Aa- 
nerkungen, die freilich an Umfang den weitiichweifigen Larcher's niclit 
gleich kommen, enthalten neben Manchem, das aus Schweighäusert' 
Ausgabe oder aus Creuzers Gommentiones und andern Schriften der Art 
entlehnt ist, doch auch manches Neue und nicht Bekannte, snmal aui. 
dem Gebiete der naturhistorischen Wissenschaften zur Erläuterung ma»^ 
eher Stellen des Herodotus. Was endlich noch die im Titel dMl ehe« 
genannten Schriftchens erwähnte Uebersetzung des Paul Louis Cou- 
rier betrifft, so hatte dieser geistreiche und der griechischen Litera- 
tur, wie wir wissen, wohl kundige Mann die Absicht, eine fransoai« 
sehe Uebersetzung des Herodotus, in der Art und Weise und in deat 
Tone durchgeführt , wie die deutche von Lange , zu liefern. Er hiel| 
es für unmöglich, den des Originals Unkundigen einen Begriff Ton der 
Darstellungs - und Erzählungsweise des Herodotus in dem modernen 
Französisch zu geben , einer Sprache , die er als langne academique^ 
langne de cour, cör^monieuse , roide, apprdt^e, pauvre d^ailleun, 
mutilö par le bei usage . . . il faut employerune diction naive, fran- 
che , populaire et riebe comme celle de la Fontaine u. s. w. bezeichnet« 
Dann beklagt er, dass bisher nur Akademiker und dergleichen Leute* 
▼ornehmeren Schlages sich mit Herodot abgegeben und ihre Tornehme 
Denk - und Ausdrucksweise auf den einfachen , treuherzig erzählenden 
Geschichtschreiber des Volks übertragen hätten, der so freilich in ei- 
nem g^nz andern Lichte und in einer ganz andern Gestalt erscheine« 
Daher meint er , ein von den hohen Classen der Gesellschaft getrennt 
lebender Schriftsteller, ein Mann des Volks, ein Bauer, der Griechisck 
und Französich verstehe, würde Wohl hier mit mehr Erfolg Etwas leir 
sten' können, und dieser Umstand habe ihn bewogen | einen solchen 
Versuch zu wagen, in welchem er sich nicht der Hofsprache (langue 
courtisanesque) bediene^ sondern der Sprache der Leute, mit denen 
er auf seinen Feldern arbeite u. s. w« Und nach dieser höchst interee- 
santen Vorrede folgt aus dem dritten Buch des Herodot die Probe einer 
in diesem Sinn aufgefassten und durchgeführten französischen Ueber- 
setzung, die uns ganz an die Sprache und den Ton der Chroniken ei- 
nes Froissard, Joinville u. A. erinnert; und so mögen wir es wohl be- 
klagen , dass der Vorsatz nie weiter ausgeführt worden und bei dieser 
Probe Alles geblieben ist. Der originelle, aber unruhige und in po- 
litische Kämpfe verwickelte Mann, die ihn, bei dem Missbrauch, den 
er von seinen Talenten machte, selbst in's Gefängniss brachten , würde 
vielleicht späterhin an die Ausführong gedacht haben, wean nicht eda 



440 BibUograpbi0che Berichte nnd HisceUeo« 

trauriger, bald darauf (1825) erfolgter Tod alle solche Anssichten 
nichtet hätte. Die Schrift selbst führt den Titel : Prospectua d^une nw 
velle traduction d'Herodote^ par Faul Louis Courier, TigneroOi 
contenant un fragment du Ihre iroisi^e et la priface du fradticteMr» 
[Paris 1823. 82 S. 8.] und später wieder abgedruckt in der Ci^Ucctto» 
compUte des pamphlets polüiques et opusctdes lit^rairea de Paul Louis 
Courier, ancien canonuier k cheval. [Bruxelles 1826. Ein Nach- 
druck , indem die darin abgedruckten Stücke grossentheils in Frank- 
reich verboten waren.] S. 305 fp« — Die italienische Uebersetsung 
fährt folgenden Titel: Le nove muse di Erodoto AUcartuuseo Iradofff 
ed iüittiraie da Andrea Mustoxidi Corcirese. [ Milano dalla tipe- 
grafia dl Gio. Battista Sonzogno 1820.] Diese Ucbersetzung, die }Mk 
auch durch eine schone äussere Ausstattung auszeichnet und weldier 
mehrere Charten (nach Rennel) so wie das Prustbild des Uerodotoi 
(nach der von Visconti gegebenen Abbildung einer antiken Büste) bei- 
gefügt sind , schliesst sich im Ganzen mit ziemlicher Treue an 4bs Ori- 
ginal an, dessen Sinn nur an Terhältnissmässig sehr wenigen Stellen 
verfehlt ist. Die Anmerkungen enthalten für das Verständniss der Le- 
eer, denen die Uebersetzung bestimmt ist, manches Brauchbare, ohse 
gerade Neues von Belang dem gelehrten Forscher und Kritiker %n bie- 
ten *). •— Wir haben schon oben bemerkt, welch* reichlicher Stoff 
zum besseren Verständniss so mancher Stellen, so wie zur richtigen 
Auffassung und Würdigung so mancher Angaben des Vaters der Ge» 
schichte in zahlreichen Reisewerken der neuem Zeit niedergelegt ist» 
welche ein Herausgeber des Herodotus, dem es ernstlich um die Er- 
klärung seines Autors zu thun ist, keineswegs unberücksichtigt lassen 
darf. Alle diese Schriften namhaft zu machen , würde zu weit fuhren 
und dem Zwecke dieses Aufsatzes, der nur eine Ueberslcht der heror 
dotcischen Literatur der letzten Zeit, nicht aber eine Anführung Alles 
dessen , was irgendwo zur Erläuterung einer Stelle des Herodotus sieb 
findet, bezweckt, widerstreiten. Indessen mag es uns doch ▼ergonnt 
sein , wenigstens mit einem Worte der Bemühungen der franzAsischen 
Gelehrten in der Desoription del Egypte , und vor Allem der gössen 
Verdienste unseres Heeren in seinen Ideen um die Aufklärung so vie- 
ler historischer oder geographischer Angaben des Herodotus bu ^eden* 
ken ! Auch R e n n e 1' s schon früher erschienenes Werk (,The geognH 
flcal System of Herodotus examined and explained. London 1800 in 4* **}) 
kann hier genannt werden, zumal in der deutschen Bearbeitung, wel" 
che Bredow besorgte „Untersuchungen über einzelne Gegenstände der al- 
ten Geschichte 9 Geographie und Chronologie, Herausgegeben Ton 6. Gw 



*) Eine englische Uebersetzung ist: The nine booka of ibe fUetorji'üf 
Herodotus translated front the text aa edited by Th, Gaisfordj and aecowH 
panied wiih notes. To which are added^ an introductory on the ort amd 
charaotcr of the hisiorian; a brief summary ofthe history^ and on mi99 
defining the geographical Situation of every place mentioned in the nlni 
books, By B. E. Laurent. London, Longman» 1827. 2 VoIL 8. — 
**) Neue Auflage, London 1830, 2 Bde. 8. [J.] 



- ^'ä- 



\ 



Bredow. 2s Stuck. Mit 18 Cbllrteii. Alton« IMS. 8. Audh kuUtßt 
dem Titel: Gesselin über die Kenntnias der Alten von der fFeat- wUL 
Ostküate Afrikas und über die ümschiffung , dieses Erdiheüs ; Renn^B 
System der Geographie Herodofsj Fineent: üeher den Handelaverkekr 
der Alten mit Indien und über ihre Kenntniss von der Ostküste Afrik^^ws 
im Auszuge übersetzt^ und durch Anmerkungen und eigene Untersudum-* 
gen berichtigt und erweitert Ton G. G. Bredow. Altena 1802,^' ht 
dieselbe frühere Periode fallen die die Geographie des Herodotus theil- 
weise erläuternden Schriften von J. F. Hennicke {Commentatio ii 
geographia Africae Herodotea, Gotting. 1788. 4.), Schliehthorst 
(Geographia Africae Herodotea, Gotting. 1788. 8. und : „ lieber den 
JFohnsita der Kynesier bei Herodot II, 33. IV, 49/' ibid. 8. und: „ J. C. 
Gatterer'fl Abhandlung von Thracien nach Herodot und Thucydidee^ 
aus dem Lateinischen yon Schliehthorst.^ Göttingen 1800. 8.), Ton 
B r e i g e r (^Comment, de diffißilioribus quibusdam Asiae Herodoteae, Gotr 
ting. 1794. 4.), von Frömmichen und Billerbeck {Asiae Hert^ ' 
doteae difficiliora, Gotting. 1795. 4.), Ton G.G. Bredow (Geogro- ' .*' 
phiae et Uranologiae Herodoteae Spec, Vimar. 1804. 4.) iind.G. Kn58 
(^Disquisitio de fide Herodoti qua perhibet Phoeniees Africam navibus dr« 
cumvectos esie cum recentiorum super hoc re sententiis exeussis, Gotting. 
1805. 4. ; zu Herodot IV , 42.) , welche manches Schätzbare zur Er- 
örterung einzelner geographischer Angaben des Herodotus enthalten. 
Von grösserem Umfang und Bedeutung sind 'zwei Schriften, welche» 
über Herodotus Leben und Schriften im Allgemeinen sich yerbreiten ^ 
und in die neuere Zeit fallen. £s sind dies die Schriften von F. C. . 
Dahlmann (^Herodot, Aus seinem Buche sein Leben. Altena, b. J. Fr. 
Hammerich. 1823. 8. ; auch als erste Abtheilung des zweiten Bande» 
der Forschungen auf dem Gebiete der Geschichte,) und C. G. L. Heyse 
(De Herodoti vita et itineribus. Diss, inauguralis etc. Berolini 1826. 8^; 
auch mit dem Titel: Quaesttones Herodoteae, P. I. De vita et itineribm 
Herod,), Da wir wohl voraussetzen dürfen, dass beide Schriften seit 
ihrer Erscheinung dem für Herodotus sich interessirenden Publikum 
hinreichend bekannt sind , so kann eine specielle Nachweisung des In- 
halts einer Jeden derselben hier füglich unterbleiben, nur auf di» 
Hauptpunkte, um Velche sich die Untersuchung dreht , und auf die 
durch diese Schriften gewonnenen Resultate mag es erlaubt sein, hier 
hinzuweisen , um beiden die ihnen gebührende Stelle in der Literatur 
des Herodotus apzuweisen. Dahlmanuf Schrift, indem sie die Le^ 
benszeit und die Lebensdauer des Herodotus, und damit auch die Fe-' 
riode der Abfassung seines VITerkes wo möglich festzustellen sucht, solL- \ 
dabei zugleich den Beweis führen, dass die von Lucian erilahlt^, un^ , 
auch von einigen andern Zeugen späterer Zeit erwähnte Vorlesung des 
herodoCeischen Werkes zu Olympia vor dem versammelten Volke der 
Hellenen ein von Lucian ersonnenes Mährchen sei, zudem auch He^ 
rodet in der Zeit, in welche doch diese Vorlesung, wenn sie wirklich 
Statt gefunden, fallen müsste, d. h, vor seiner Wanderung nach Thurii 
in Italien, noch gar nicht sein Werk vollendet» was doch erweislich 



a 



4iS Bibliographische Berichte und MiBcellen, 

erst in den letzten Lebensjhhren in Italien , zn Thurii , in der Rnhe 
nach ▼ieljährigem Umherziehen fast auf der ganzen damals bekannten 
£rde, geschehen sei. Dann verbreitet sich die Schrift weiter über die 
Reisen des Herodotus und ihre muthmaassliche Zeit, so weit diess jetzt 
xa bestimmen, möglich ist ; ferner über die £rd - und Weltkunde de^ 
Herodotus, sein Verhältniss zu andern früher oder gleichzeitig leben- 
den Schriftstellern und zu der früheren Logographie: lauter Punkte, 
die Ref. wohl Stoff zu weiteren Betrachtungen geben konnten , wenn 
liier der Ort dazu wäre, oder wenn er hier wiederholen wollte^ was 
er in seiner Bearbeitung des Herodotus gelegentlich an mehr als einer 
Stelle gethan hat. Endlich folgen auch Bemerkungen über Plan, An- 
lage, Gang und Zusammenhang des herodoteischen Werkes und über 
die Treue und Wahrheitsliebe seines Verfassers. Diess sind die Haupt- 
punkte, auf welche die Untersuchung gerichtet ist. Dass noch viele 
andere mehr oder minder damit in Verbindung stehende Nebenpunkte 
erörtert werden , wird wohl kaum zu bemerken nothig sein *). — Die 
Schrift von^ Heyse**) hat zu ihrem Gegenstande zunächst das Leben 
des Herodotus, seine Schicksale und seine Reisen, und es ist diesen 
Punkten eine sehr sorgfältige Behandlung durchgängig zu Theil ge- 
worden. Dass natürlich auch hier die Frage nach der von Dahlmana 
und nach seinem Vorgang auch von Andern verworfenen Vorlesung za 
Olympia wiederkehrt, weil sie mit der Zeitbestimmung hinsichtlich 
der Reisen des« Herodotus und der Abfassung seines Werkes in so engem 
Verband steht, wird Niemand befremden. Der Verf. bestreitet Dahl- 
mann's Behauptung und stellt ihr die Ansicht entgegen, dass Herodot 
nur einen Theil seines Werkes, etwa das erste Buch, das er damals 
schon zusammengestellt, zu Olympia vorgelesen habe. Da nun aber 
auch in diesem Buche Stellei| vorkommen , welche ihrem Inhalte nach 
nur später niedergeschrieben oder eingerückt sein können, und da es 
(setzen wir hinzu) doch wahrscheinlicher ist, dass Herodotus die ver- 
sammelten Hellenen nicht mit asiatischen Geschichten und orientali- 
schen Monarchen unterhalten, sondern, bei der anerkannten Tendenz 
und Bestimmung seines Werkes, eine hellenische Aristie zu liefern, vor 
ihnen Theile desselben vorgelesen habe, die ihnen näher lagen und diese 
Bestimmung seines Werkes erkennen Hessen« so scheint damit die Sa- 
che noch mehr verwickelt und die Losung der Frage noch schwieriger 
za werden. Doch glauben wir, wird sich die Sache leicht aufklären, 
wenn wir der gewiss nicht unwahrscheinlichen Annahme Raum geben« 
dass der, nachweislich bis an sein spates Lebensende unermüdet thätigo 
Greis früher , vor seinem Zug nach Thurium , als er bereits von sei- 



*) Vergl. Leipz. LZ. 1830 Nr. 30 S. 238 f. — •*) Vgl. über dieselbe 
Bahr in Heidelb. Jahrbb. 1827, 9 S. 934-936, Berk's Report. 1827, H 
S. 281—283 und Ferussac's Bullet, des scienc. histor. Or.tob. 1$31 T. 19 
p. 91 f., und besonders Zander in Jen. LZ. 1828 Nr. 187 S. 49—54 and 
Krüger in d. Hall. LZ. 1828 Nr. 44 S. 859 f. u. in den Jahrbb. f. wissen- 
echafU. Krit. 1828 Nr. 29 f. S. 229 — 285. [ J. ] 



BibliogTBpIiUcfae Dcr!cb(e uod Miacellen. 44S 

Den ^ü«seren Reiäen fm Orient nach dem Continent von Grieclien1aii4 
zurüc:k);«belirt vaT, \on dem, vaa er sich auf seinen Reise» gnaat- 
melt, irgend ein merkwürdiges, die Hellenen liesrniderB nn^iirechende* 
Stück TurgelesEH, und dasB gerade der grosse Beifall, den et damit 
einerntete und der dadurch gennnnene Ruhm ihn eu weiterer Auaffib' 
ning, za veilerer Vcrfulgung aeiiier Zwecke und znr Vollendang bbidM 
Werkes nurgefnrdert, welches nuC diese Wei«e auch später nnch fxt 
Tlieilen, die viciluicht früher schon ausgearbeitet und vollendet »oi« 
lagen, Zusätze nnd Berichtigungen, KInechielisel u. dergl. erhaltni 
konnte; und würden wir sclligt in dieser Beziehung keinen Anstand 
nehmen zu liehaujiten, das« das Werl< des Herudntus nicht gitnillcb 
vollendet wnrden, indem den unermüdlichen Greis der Tod übereilt, 
nach ehe er Altes, was er in «ein Universnlwerb Huriunebmnn gedacht^ 
darin nufnehmen, und so dem Ganzen dia gewünschte Viillendnng gA* 
ben Innnte. Die nähere Nachweisnng dieser Sätze musa freilich einem 
Bndern Orte vnrbebttllen sein, wobei Stellen wie I, 106 (vgl. die Nat« 
T. I p 2ti8 ) oder VII, 213 (s. die Note T. III p. 7(i6.)> ^"'«^ ■»■■ ^^'■^ 
101. 132. IX, 122, insbesoDdere zu bernck*ichligen sind. So wirO,! 
Buch von dieser Seite her betrachtet, die Vorlesung za Olyrnpia stell 
wenigstens nicht uls etwas Unmögliches oder Unglnohllches darstellen, 
■elbat WEnn wir uuch zugeben wollten , dass in der Erzählung, welch* 
Luciau davon giebt, Manches hinzugesetzt, überhaupt das Ganze et- 
was ausgeschmückt sein sollte; das einfache Faktum aetbAt wird eid^' 
schwerlich ao leicht wegrnsonircn lassen, ausser mit Gründen, mit 
welchen sich Allns bezweifeln und jede historische Tradition als un^ 
sicher, ongowiss und schwankend darstellen liissl, was doch Kiemani 
ernstlich in den Sinn homiuen kann. Wir kfinnen es um wenigslelfrf 
nicht denken, und wollen, was die einzelnen hier mich weiter in B»> 
tracht kommenden Funkte IietrilTt, iusbesoudere auf die angefoclilentf 
Glaubwürdigkeit Lucian's, auf die ausführliche Erörterung von HejM 
in dieser Sr.hiirt cap. 11, nebst den Bemerkungen von Krüger (Leben 
des Thuc;ilidca S. 12 — 21.) und Andern (rgl. Jacob Charakteristik d.' 
Luciau S. 134 ) v^rweiicn. Die andere, damit von mehrern Alten in 
Verbindung gebrachte Angnhe, diUB durch diese Vorlesung der jung« 
Thncjdidea begeistert wurden zu einem nhnlichen Unternehmen, wol- 
len wir hier auf sich Iiernhon lassen, da sie uns hier zu ferne liegt So 
wollen wir auch nicht näher in die Untersuchung über die Reisen del 
Berodotas, deren Ordnung u. Keihenfnlge aufeinander, der Zeit nach, 
eingehen, da hier noch zu Vieles problematisch bleiben und schwerlieb 
je sich auf's Reine bringen lassen wird. So verlegt z. B. DuhlmBna . 
den Besuch Aegyptens in die Periode von 4S4 — 4-14 vor Christn, also 
nach der angeblichen (von ihm freilich eben desshalb verworfenen) 
Vorlesung zu Olympia, die um 45fi gesetzt wird, wührend doch BDt 
III, 12 mit ziemlicher Klarheit hervorgeht, dass Herodiit um oder doch 
bald nach 462 v. Chr. in Aegyplen gewesen, so daes er dann vor 45S 
nach Griechenland zurückgekommen sei. Was nun die Orte selbst lie- 
trifft, weiche Uerudot auf leineB Reisen besucht, wodurcli dach mil 



I 

444 Bibliographische Berichte und Ittigcelleo« 

der Werth der über dieselben in seinem Gesehichtsverk niedergelegten 
Angaben bedingt ist , so hat Hr. Heyse mit grossem Fleiss und grosser 
Sorgfalt aus den neun Büchern, in denen wir jetzt Herodot's Werk ab* 
getheilt lesen, alle Stellen, wo Herodot über irgend eine Gegend oder 
irgend ein Volk sich ausspricht oder ^twas darüber berichtet , zusam- 
mengetragen , um daraus ein Endresultat über Herodot's Reisen zu ge- 
winnen. Hier ist nun freilich vor Allem die Vorsicht anzurathen, nicht 
überall, wo Herodotns ein Isyovat oder etwas Aehnliches beisetzt, gleich 
auf einen Aufenthalt des Herodotus in diesen Gegenden und eine Be- 
sprechung mit denen, die er als Gewährsmänner seiner Erzählung an- 
führt , zu schllessen. Herodotus besuchte die Handelsplätze , er reiste 
in Handels - Gesellschaften oder in Garavanen auf den sogenannten Ga- 
ravanenstrassen , wo sich natürlich Alles aus den verschiedensten Ge- 
genden und von den verschiedensten Nationen einfand , was Handelsin- 
teressen der verschiedensten Art zusammengeführt, und der wissbegie- 
rige Forscher, der über Alles belehrt und unterrichtet sein wollte, ver- 
säumte gewiss nicht, jede ihm sich darbietende Gelegenheit, über Ge- 
genden und Länder, die ihm und seinen Hellenen ferne und unbekannt 
lagen, sich belehren zu lassen und die so gewonnenen Nachrichten 
dann gewissenhaft mit Angabe der Quelle , aus der sie ihm zugekom- 
men, in sein Geschichtswerk einzutragen, in welchem er eben stets so 
sorgfältig unterscheidet zwischen dem , was er selbst gehört und gese- 
llen, und dem, was 'aus fremdem Munde ihm zugekommen war. ^ — 
Eine dritte hier zu nennende Schrift*), welche den Herodotus von einer 
andern Seite, wir mochten sie die innerliche nennen, betrachtet, ist 
4ie von Dr. Karl Hoffmeister (jetzt Director des Gymnasiums zn 
Creuznach): Beiträge zur wissenschaftlichen Kenntniss des Geistes der 
AUen, 2tes Bändchen: SitÜich- religiös Lebensansiol^t des Herodotusm 
{Essen, b. G. D. Bädecker 1832. XVI u. 136 S. in 8.] Der Verf. be- 
ginnt damit, dass er des Herodotus Ansicht von dem Schicksal *-^ jener 
lejtenden Idee des ganzen Werkes , das dadurch seine Einheit, so wie 
seine Bestimmung und seinen Zweck erhält — zu entwickeln und den 
"Wirkungskreis dieser dunkeln Macht in dem Leben und dessen einzel« 
neu Erscheinungen darzustellen sucht, um so ein Bild von Herodot's 
religiösem Glauben zu entwerfen; worauf er dann weiter geht und daa 



*) Eine ausländische Erläutemngsschrift des Herodot ist: J Summary 
of Herodutus and o copious Index. London 1829. 160 S. 8. Sie enthält 
lautHeerens Anz. in den Götting. Anzz. 1881 St. 11 zuerst allgemeine Be- 
merkungen über das Studium der Werke des Alterthnms von G. Long; 
dann von einem Anderen eine Inhaltsanzeige der Bücher und Gapitel des 
Herodot, schlechter als Gatterer's Commentatio de contextn historiarum 
Herodoti. Dann folgt: 1) Table of ihe travels of Herodotus, ein alphabe- 
tisches Verzeichniss aller Oerter, welche Herodot besucht hatte, in Hinzo^ 
fngnng der neuem Namen. 2) Table of commercial articles mentioned by 
Herodotns, ebenfalls alphabetisch aufgezählt und mit kurzen Erortei^ngen 
begleitet; 3) chronolo^cal table, Aufzählung der wichtigsten Begebenhei- 
ten von 560 ^ i08 v. Chr.; 4) efai reiches Sachregister von Henry Davis. 



Bibliogrnphucho nerichtc und Miscellen. 445 

VerhälfnisB, la wclchora HerodotiiB Welt, Gülter and McnBcben lieh 
zu cinanilor dachte uud den einzolneo Ereclicinutigen und Bcgcbnlsaen 
im mcnschlicbEn Leben ibre Stellung giebt oder ihre Quölle nachweist, 
lu entwickeln iucht, wobei denn nnlürlich die Lebro von dem tiehti- 
gen VerhältniBG oder von der richtigen MUcbung von Gluck und Un- 
glück in diesem Leben, von dem Zielpunkt irdiechan Glucks, dae dem 
Menscben die ewige Ordnung der Dinge gesetzt und zu dessen Aufrecht- 
hnltung sie, die Kaglcich ewige SchickBalBmachl ist, die Gütlor ange- 
wiesen hat, inr Sprache kommt, auch der Voritollnng des ip&övos 
Täv »täv (S. 29-'3'l) u. A. nfiber geducht wird. Die daran sich na- 
türlich knüpfende Frage , ob Herodotna eins IJnstcrblichkcil der Seele 
angenoinmen , wird, zu unserer grossen Verwnndcrung, verneiot, da 
ein snichnr Glaube der Denkweiäe des Ilerndotus zu ferne gelegen, 
wie diese der Verf. auch darane wahrscheinlich zu machen sucht, dai* 
Herodotna, wenn er diesen Glauben bei einem fremden Volke finde, 
■elcbea auedrücklich bemerke, w'e z, B. IV, 93 bei den Geten. Ref. 
möchte darin gerade einen Beweis dos Gegentheils finden , wie er denn 
überhaupt sich nicht dazu cntsch licsecn kann, einem Manne, wie Us- 
rodolus, von einem solchen Gemüth und von einer Bolchen Sinnesart, 
von einer solchen theologischen Richtung, einem Manne, dar in die 
Mjäterien eingeweiht, hier gewiss eine reinere Erkennlnias, die ihn 
selbst über die meisten seiner Zeitgenossen erheben mochte, und eins 
hnhGTO Ansicht gewonnen halle, den Glauben an ein bosBer^s Jenseiti 
und eine Unsterblichkeit des Geistes abzusprechen, der sich dnch schon 
aus der Unterredung des Sulon mit Crösus, — mag sie nun wirklich 
In der erzählten Weise statt gefunden haben') oder, wie der Verf. 
S. 116 zu glanben geneigt ist, eine Fictinn dos Geachichtschreibera 
sein — insbesondere ans der Erzählung von Klenbis und Bilon, oder 
ans Stellen, wie V, 4 (»gl. unsere Note p. 6. 7. u. Predig. Salom. VII, 1.) 
ungezwungen ableiten lasst, selbst wenn er nicht stillschweigend in 
der ganzen Art und Weise, wie des Geachiclitschreibers frommes Ge- 
iDJitfa die Ereignisse auffasst und darstellt, zu erkennen wäre. Ana 
diesem Grunde können wir auch nicht Alles das unterschreiben, was 
E. B. S, 109 über die Trostlnsigkeit der he rodgtei scheu Weltansicht, 
die wir freilich aus andern Rücksichten so gut wie andere ähnliche 
Ansichten der heidnischen Welt, da eio des verklärenden Lichtes dea 
Chrislenthums entbehren, das allein jene trostlose Ansichi des Leben! 



*) Allerdings sind die eh ronolngf sehen Schwierigkeiten nicht gering, 
aber doch nicht von der Art, dass wir dämm die ganze Erzählnng, selbst 
wenn sie in helleaiacher Wcii«e und in hellenischem Geiste behandelt wäre, 
und RianGhc Znthal oder ausachotiickendc Zugabe erhallen , für rein erdich- 
tet, also für unhistorisch halten dürfen. Auch glanben wir nicht, dass da 
Herodotna bei seiner Wahrheitsliebe u. Gewissenhaftigkeit es gewagt hätte, 
vor seinem hellenischen Fubliknra mit so etwas rein Erdichtetem anzutre- 
ten. Was übrigens diese chronologischen Schwierigkeiten helrilTt, so bil' 
tcn wir, darührr Vömcrs Programm ( Kxcrcitallo chronologica de aetate 
Soloois et Crueai, Froocor. 1832. 4.) zu Ratho zu ziehen. [B.] 



4W Bibliognipiliiche Bcridite lud MiieelkB» 

beVen vnd ans über ons selbst and ooser Schicksal gehörig hemhig^ 
kann, als tro5*tlos betrachten müssen, gesagt ist, indem der Glaobs 
•n eine Schicksalsroacht , die mit Nothwendigkeit wirkt ond ia dca 
Caosalnexuä der Dinge, den der Sterbliche nicht ändern kaao, eis- 
geschlossen ist, darnm den Glauben an ein bessere« Jenseits, an eis« 
Unsterblichkeit der Seele dorchaas nicht aasschliesst; Dar benatxi Ihm 
der Geschichtschreiber nicht in der Art, dass er ihn xar £rkiärang der 
Ereignisse oder zur Nachweisung ihres Zusammenhangs und ihrer Vcfw 
binduBg mit einander, so wie ihres Ursprungs herbeizieht. Aa dicM 
Bemerkungen über den religiösen Glauben des Altvaters der Geachichts 
•chliesst sich dann eine Art Ton Psychologie des Herodotus, wo doMi 
aeben manchen Andentungen über die Natur des menschlichen Geiatei» 
▼on den Tugenden, im Allgemeinen wie im Besondern, also naaieat« 
lieh von Frömmigkeit und Tapferkeit, Gerechtigkeit, Mässigaog umä 
Weisheit , von der Idee der Vergeltung und der menschlichen Freiheil^ 
gegenüber jener Schicksalsmacht, vom Familien- and Volksleben aod 
dergl. m. nach der Art und Weise, wie Herodot darüber dachte, wH 
den betreffenden Stellen des hinterlassenen Werkes gehandelt ^rd. 
Jeder Leser wird bei diesen Abschnitten sowohl als bei den fräherai 
durch die Art und Weise, wie der denkende Verfasser diese Pnakte 
behandelt, sich angezogen fühlen; am so mehr wird es ans ▼ergöaat 
fein, einige Stellen zu berühren, wo, wie wir glauben, dem \' 
der Geschichte Unrecht widerfahren ist. So z. B. S. 64. 65, Wi 
Herodot die Unwahrheit da, wo sie Nutzen bringe, angerathen, 
vberhanpt sich für die Luge ausgesprochen haben soll. Aber aoa dea 
leiden Stellen , die dazu als Beleg angeführt werden , III, 72 a. T, 5i|p 
wird sich bei näherer Prüfung diess nimmermehr beweisen lassea, wie 
in der Note zu beiden Stellen bereits bemerkt worden, T. II. p. 181 
und T. III. p. 80. Auch der vom Verf. S. 87 gebilligten Verändenuig 
Valckenaer^s in der Stelle III, 81 ovts otös nalöv ovöIp ov9' o/xijifov ia 
o^re olds *aX6v ovösv o/xr,iov kann Ref. ans Granden, die er ia der 
Note za jener Stelle S. 146 angeführt, nicht beipflichten; was dea Siaa 
des olnrj'iop betrifft, so hat jetzt Negrls davon eine andere Erklanug 
gegeben, die wir hier beifügen wollen, weil sie schärfer einen Uater- 
■chied zwischen dem xalov und dem oUiqiov festzustellen sucht: ogviff 
(so umschreibt er die Stelle) /tii/re iSidax^'rj ro naXop juijrc xd yvm^itßü 
l^jTcov Tovltixiazov uvTo otmiov^ ^fitpvtov sig x6v kavxov xov dijK Imf- 
^asong dya&rfq aq>' havrov rov j ol^xod'tv Tial avBV 8t8ax;^g, So wer- 
den auch VI, 10 die Worte uyvcofioavvTj SifiQimvxo übersetzt (S. 91.); 
„Die lonier hätten eine ünklu^heii begangen, ** Ref. glaubt Tielmehr, 
dass in dyvotftoavvTj der Begriff des eigensinnigen Beharrens auf ihrem 
früheren Entschlüsse liege und deäshalb hat er aach in seiner Aoagaba 
die Stelle so wiedergegeben: „^rme, tenaciter in propoaito suq peniiiB" 
runt, nihil cedentes nuntiis.** s, T. III. p. 239. Die drei letzten $$• 
des Werkes sollen einen Beitrag zur Beurtheilung des herodoteischan 
Geschichtsbuches vom sittlich-religiösen Standpunkt ans liefern. Wena 

nun hier der Verf. S. 112 die öftere Erwähnung der Wunder in dar Ge- 

J 



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- ■ . ' ■•• . . . - . ^ ■• . 

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BiUiogffftpliiiclM Bullte iiii4 ^äKtdjIipk , All ^ 

fchichte des Herodot, fo wie der Qraltel nnd Weissagnngea ant d^n . 

irielfältigei]^ Eingreifen der Schicksalsmacht und der Gottheit in das 
menschliche Lehen zu erklären sucht , so gluuh^n wir, durfte dftb^ 
auch nicht die Rücksicht auf die Verbindung und den Zusamnaenhaiif^ 
mit der an Tempel und Heiligthümer geknüpften älteren Tradidoa nad 
das Verhältniäs des Vaters der Geschichte zur Logogra|ilue überseheai . 
Verden, weil daraus sich so Manches in der Darstellung und Auffaä" 
sungäweise des Herodotus gehörig erklärt. Auch würden wir nidiC- 
wagen, des Geschichtschreibers Beobachtungsgeist, wie der Verfasser > 
S. 113 thut, befangen zu nennen, und zwar „in Bezug auf das mensch* 
liehe Leben, durch seine, eigne Lebensansicht", weil wir diess weis« 
lieh nicht zu beweisen wussten* So stüsst sich deryVerf. S. 115 an die 
Angabe des Herodotus, dass, seitdem der trojanische Krieg durch Mad^ . 
chenraub entstanden, die Perser von da an alle Hellenen für ihre Fe|nda 
gehalten, weil die Peraer Asien und die es bewohnenden Völker als ihr * 
Eigenthum betrachteten. Wie, fragt der Verf. , konnten die Perser 
im trojanischen Krieg ein Unrecht gegen sich selbst erkennen,. 4a sio 
mit den Trojanern gar nichts zu sclmffen hatten ? Er sucht dann die ^ 
ganze Angabe, so wie die IV, 1 über die Veranlassung des Kriegs m^ 
den Sc^then aus der Vergeltungsidee zu erklären, Ton welcher Herio« 
dotus bei Begründung der Kriege ausgehe. Aber es darf wohl nichlT 
vergessen werden, dass die Trojaner, wenn aucb nicht gerade Unt^r- 
thanen oder Vasallen, doch in irgend einem, wenn auch noch so laxeo» 
abhängigen Verhältniss und in einer Verbindung mit den grossen, das 
Innere Abiens umfassenden Monarchien standen , die unter verschiede- 
nen Namen in der alten Geschichte vorkommen , dass aber die Perser 
ihr Reich nicht als eine neue Schupfung, sondern nur als eine Fort* 
setznng der früheren Jissyrischen, babylonischen, medischen Monar- 
cbien betrachteten , also wohl alte Feindschaft fortzusetzen , alte Ua* 
bilde zu rächen und alte Anspräche zu erneuern geneigt sein mochteo* 
Es würde zu weit führen, wenn Ref. diess hier weiter ausführen woll- 
te, wie er zum Theil früher zu Ctesins Fragmenten S. 86 sq. und m 
Herodot I, 95 p. 245 u. 246, vergl. mit Schlosser Univers.- Gesch. 1, 1 
p. 243 sq., gethan hat; auch hat er schon in der Note zu Herodot I, 4 
p. 14 darauf hingewiesen und bittet wiederholt, die dort citirten beideii 
Stellen aus Diodor 11. init. und Plato de Legg. 111. p. 685 C. zu verglei- 
chen. Aehnliche Bemerkungen bieten sich dem Ref. zu Manchem dar» 
was der Verf. über die Art und Weise, wie Herodotus die Erzählung 
des Crösus behandelt, bemerkt; wir verkennen darin allerdings nicht, 
so wenig wir auch die Grundzüge und die faktische Grundlage in Zwei- 
fel ziehen können, den Einfluss griechischer Ideen nnd insbesondere ^et 
Ansicht des Geschichtschreibers von der frevelnden, Uebermuth strafen- 
den Macht der Gottheit, die hier in einem so auffallenden Beispiele ia 
ihrer ganzen Stärke erscheint. Und wenn selbst der milde Cyrus dea 
überwundenen und gefangenen, durch die Schläge des Schicksals ge* 
besserten König an seinen Hof nimmt, als Rathgeber mit sich führt 
nnd ihn so achtet und ehrt, to liegt darin nichts, was dem Geiste 



418 Bibliographische Berichte und Migcellen» 

orientalischer Sitte and orientalischen Hoflebens widerspräche« — 
Noch muss Ref. einer kleineren Schrift gedenken, die dev Zeit nach 
der eben erwähnten von Hoffmeister vorangeht: DisputaUones HertH 
doieae duae^ quas consentiente amplissimo philosophorum ordine pro fa* 
euÜate legendi — de/endet H e n r. Ferdinandus Jaeger. [Gotting. 
typis Dieterich. 1828. 52 S. 8. ] Da Ref. bereits in der Krit. Biblioth* 
1829. 2r Bd. Nr. 98 *) über diese beiden Abhandlungen sich aosfclhr- 
lieber ausgesprochen hat, so kann er hier fuglich darauf verweisen; 
es genüge nur die Bemerkung, dass die erste dieser Abhandlangen über 
mehrere Punkte ans dem Leben des Herodotus sich verbreitet, die aor 
dere aber auf eine sehr befriedigende Weise die philosophisch- religio- 
ten Ideen des Herodotus, und ihren Einfluss auf das vorhandene Ge« 
flchichtswerk erörtert und in dieser Beziehung gewiss alle Beai^htung 
▼erdient und die Anerkennung , die Ref. auch früher an dem eben be- 
seichneten Orte ausgesprochen hat. Es lassen sich in Bezug aof dea 
Inhalt damit noch verbinden: die ältere Abhandlung von C. J. Besen- 
beck: Disp, de tnvidia et malevolentia tov d'sCov ad locum Herodoli 
I, 32. [Erlang. 1787. 4.], von der auch Ref. zu VII, 10 §.5 p. 454 
Gebrauch gemacht hat; ferner die neueren von G. F. C. Günther: 
Esplanatio loci Herodotei de &Bi(p (pQ'ovEQm [Helmstadt. 1824. 4., nnd 
▼on Bötticher: De 9'ü(p Herodoteo sive de Herodoti in componettdii 
rerum monumentis pietate [ Berolin. 1830. 4. ] , wo nicht leicht eine dea 
Gegenstand betreffende Stelle übergangen ist. — In Absicht auf dal 
Geographische haben wir bereits oben auf die reichen Fundgruben 
hingewiesen , die sich in der neueren Zeit für die Bearbeitung (dient 
Theils des herodoteischen Geschichtswerkes uns aufgeschlossen haben; 
wir haben hier noch einige specielle Schriften nnd Abhandlungen nadn 
zutragen , welche die Erörterung dieses Gegenstandes sich zur Aufgabe 
gemacht haben. Wir dürfen hier wohl der Bemühungen C. Rlttert 
gedenken , sowohl in der „ Vorhalle Europäischer Völkergeschichten vor 
Herodot um den Kaukasus und an den Gestaden des Pontus^ [Berlin 
1820. 8. ] , als in der ,yErdkunde^^ (besonders im 2ten Thle. Berlin 1818 
der alt. Ausg.); ferner L. G. Niebuhr^s: j^Ueber die GeograpM€ 
Herodot* 8 mit einer Charte^'^ (in dessen kl. histor. und philolog. Schrif- 
ten le Sammlung. Bonn, b. Weber 1828.) und J. B. Gail's in seiner 
Geographie d'Hdrodote [Paris 1823. 2 Voll. 8.], nnd insbesondere hl 
dem Atlas contenant pdr ordre de temps les cartes relatives ä la gdognf 
phie d*Herodote, Thucydide^ Xenophon^ les plans des bataitlea, [Park» 
Treuttel et Würtz 1825. 4. (72 Fr.)], wovon Ref. in den Heidelbergw 
Jahrbb. 1828 Nr. 51 S. 814 eine kurze Nachricht gegeben hat **). Dia 



*) Vgl. Gotting. Anzz. 1828 St. 96 S. 960 und daraus Femssacfi Bulle- 
tin des scienc. histor. 1829, Mai, T. 12 p. 13, Beck's Report 1828, IV 
S. 87 f. ^ **) V^l. Jen. LZ. 1828 Nr. 39 , Fernssac's Bullet, dee iciflne. 
histor. T. 7 p. 111—115 u. 245 — 250, und Bulletin des scienc. gdocr. 
T. 10 p. 189—197. Auch GaiFs Bemerkungen über die Geographie dei 
Herodot nach Avenel in der Revue encyclop. Juni 1826 find hier ni 
wähnen. [X] 



BibliograpUsdie Beridite tmä Wmmm Wlt 

schon and meist auch richtig gestochenen Charten iini PIftoe, so wä( 
diess nach den bis jetzt Torliegenden Hulfsmitteln möglich war, Ter^ 
dienen gewiss alle Aufmerksamkeit; die erste Section des Atlas isl^ gans' 
dem Herodotns gewidmet und enthält nicht weniger als dreÜiig dahin- 
gehörige Charten (über die verschiedenen Theile der alten ^elt, die/ 
näher in dem herodoteischen Geschichtswerke bierührt werden) und- 
Fläne über die Tcrschiedenen Schlachten des hellenischen ßefreinngs*' 
kämpf es gegen die Perser» so z. B. ein Plan der Enge der Thermopje-, 
len, zwei Pläne über Salamis und die Seeschlacht daselbst, zwei ubevv 
Marathon , drei zu der Ebene von Flatää und der Schlacht daselbst». 
Aach K. H, W« Yölker^s Mythische Geographie der Griechen u. Romer 
Ir Theil [Leipz. 1832. 8.], besonders in d^ni Abschnitt: „Geogro- 
phische Skizze des Herod(fteischen Scyihenlandes*^ S. 171 ff., Ist hier zu 
nennen, nebst der Charte, die dort über das Scythenland nach Hero^t 
dot's Vorstellung beigefügt ist. Die inrdenselben Theil des herodotei- 
schen Geschichtswerkes einschlägige Abhandlung von Reichart: „der: 
Feldzug des Darius Bystaspis gegen die Soytlien nach Herodot IV, 1-— 180,^ 
in der Hertha Januar 1828. Is Hft., enthält gar Manches, was bei* 
näherer Prüfung nicht haltbar erscheint oder auf unrichtige Auffassung, 
der angezogenen Stellen Herodot's gegründet ist. Ein ähnliches be- 
dauert auch Ref. bei Manchem von dem,, was C. Ha Hing in einer 
ausführlichen Abhandlung im neun und fünfzigsten Bandie der Wiener 
Jahrbücher (vergl. mit dessen Deutscher Geschichte , Erste Lieferong); 
neben manchem Wahren über diese Völkerschaften des nördlichen Eu- > 
ropa's und Mittelasiens, welche im vierten Buche des Herodotus auf-, 
geführt sind, gesagt hat, bemerken zu müssen. Desselben Gelehrten 
Abhandlung: De flava gente Budinorum [Berolin. 1834.] ist uns bloss 
aus Ankündigungen bekannt. Mehr Licht über eine bedeutende An-> 
zahl schwieriger Stellen des Herodotus im vierten und siebenten Buche;^' 
verbreiten die beiden Schriften von D. F. Kruse (jetzt Professor ia- 
Dorpat) : „ Dissertatio de Istri ostiis *' [ Vratislav. 1820. 8. P. I. ] und 3 
,^Veher Herodotus Ausmessung des Pontus Euxinus^ Bosporus ThraciuSf ■ 
der Propontis und des Hellespontus , so wie über die Schiffbrücken , loo- , 
durch die Perser Europa und Asien verbanden ^ und einige damit susam" 
menhängende Gegenstände der alten Geographie. Mit zwei Charten' in , 
einer ganz neuen Manier und einem kleinen Plane nach Rennet auf Zink 
gearbeitet vom Hrn. Baron v. Diebitsch, Kaiäerl. russ. pensionlrten , 
Christen und Ritter.*' [Breslau, b. Aug. Wilibald Holäufer. 1818. 8.] 
Die erste Abhandlung bezieht sich besonders auf Herodot IV, 48 ff. and. 
IV, 89 ff. , wo der Herr Verf. den Berichten der Alten gemäss auf das 
genaueste den Ort auszumitteln sucht, wo Darius über die Donau eine 
Brücke geschlagen , etwas oberhalb des heutigen Ismael bei dem Dorfe 
Now, wo durch eine dem nördlichen Ufer ziemlich nahe liegende Insel 
die Breite des ganzen Stroms nicht wenig gebrochen wird» Die andere 
Schrift zerfällt in zwei Abschnitte, nebst einem Nachtrag; der erste 
Abschnitt handelt von der Ausmessung der auf dem Titel der Schrift 
genannten Meete und Engen ^ . der andere von den über die letstocea 
N, Jahrb. f. PbÜ. u. Päd. oä* KrU. Bibi. fid. XL Hjt.^. 29 



» f 



450 Kbliographische Berichte und MUcellev. 

gcfchla^enen Brücken. In jenem gelit der Hr. Verf. tos der Scdk 
de« Ilerodoto» IV. b5. 80 , die er seiner Uotersacban? xa Grande 
legt bat . au« , um Länge und Breite des Pootn? , so wie des Boffpo 
and der Priiponti< zn be-timinen , wobei denn freilich aach die Laga 
mancher anderen Punkte, wie z. B. des Tempels des Jupiter ITriai 
Eingang des Bosporus in den Pontus Euxinus so genaa als roüslidi 
bestimmen Tersncbt wird. Dann kommt der Verf. auf den Hellespantos 
und fereurbt die Angaben der Alten über die 3Iaasse desselben mit 
freilich noch nirht so genau, als man wünschen möchte, bestimmten 
gaben neuerer Reisenden znTereinigen; er bestimmt dann, so genau all 
möglich, die wirkliche Länge a. Breite desselben, insbesondere die 
▼on Abvdus und den übrigen Orten , welche bei dem Zuge des Xerxi 
genannt werden f worüber auch neuerdings noch Herr Ton 
theils in seinen Erinnerungen Bd. IIL , theils in den letzten 
der Wiener Jahrbücher manche'beachtenswerthe Mittheiinngen gelicfeft 
hat), und nun kommt der Verf. mit S. 79 IT. auf den Baa der Brndrea 
über den Ilellespont, da, wo er am schmälsten, aber auch die Stri- 
mnng am heftigsten und stärksten ist, bei Abydus oder dem Vor«pnug 
det festen Landes, da, wo jetzt Nagara liegt. Er zeigt zuerst (gvgea 
Rennel) die Nothwendigkeit einer solchen Anlage Ton Brücken für dia 
Armada des Xerxes und sucht nun eine genaue Beschreibung des Banal 
dieser Brücken nach Anleitung der hcrodoteischen Beschreibang' TB, 
33 ff. und mit steter Erklärung eben dieser Stelle zn liefern. £r be- 
schreibt so genau als möglich die beiden Brücken des Xerxes, soiroU 
die nach dem agäischen Meere zn, als die andere nach dem ^ontna hia, 
jede etwa sieben Stadien lang, und verbindet damit eine ähnliche Ua- 
tersachung (mit Bezug auf Hcrodot IV, 84 — 87.) über die von Danas 
gebaute Brücke über den Bosporus bei Rumili- und Anadoli-EsU- 
flissar, am südlichen Ende der Schlosser, und über die Lage des Thra- 
nes des Darius. Ein eigener Nachtrag beschäftigt sich hauptsachÜdi 
mit der Frage nach der Bildung des thracischen Bosporus nach Choi- 
seal Gouffier und mit Bezug auf die in der Schrift selbst geführten üa- 
tersuchnngen, deren Resultate wir hier in der Kürze mehr angedeutet 
als ausgeführt haben. Dass diese für die Aufhellung der bezeichneten 
Stellen des Herodotus und mancher Andern von grosser WichtigIreiC 
sind, zumal wenn man die grossen Schwierigkeiten erwägt, die sei« 
eben Untersuchungen , wegen der mangelhaften Nachrichten der alten 
Schriftsteller sowohl wie der neueren Reisenden and den selten aut 
Genauigkeit verzeichneten Maassen, überall entgegen treten, bedarf 
kaum einer besonderen Erwähnung. Ganz speciell ist die Abfaandlnng 
von F. Hitzig (jetzt Professor der Theologie zu Zürich): De Caijfii 
urhe Jlerodotca Diss. [Gottingae 1829. 4.] mit Bezug auf flerodotaa 
II, 159 und III, 5, wo von Herodotus die Stadt Cadytis genannt wird, 
welche der Verf. dieser Abhandlung nach dem Vorgang von Billerbedry 
Heysc u. A. in der Stadt Gaza wieder findet, gegen die früher, iashe- 
sondcre seit Valckenaer's ausführlicher Erörterung allgemein angenom- 
mene and noch neuerdings wiederum von Keil in den Apologtti^Am 



BiUtognipUsclifr BerfdOoiüia IBpf^Bli^ 



^w^ 



Versuchen über die Bucher der Chronica fJSerlin 1833.] p. 434 ff. Iie«, 
etäti^te Ansicht, welche in der Stadt Cadytiti die Stadt Jernialem er> 
kennt: eine Ansicht, der aach Ref. sich angeschlossen hat, (vgl. dett 
eilften Excurs zu Herodot II, 159 p. 922 ff.) ungeachtet i^cliineldlef 
.,(der Untergang des Reiches Jud^, Bresl. 1831. S. 58.) wieder für die cinlt-^ 
gegengesetzte Ansicht sich ausgesprochen hat *). Eine schätzbare Eirrf 
örterung der Stelle VII, 127 lieferte Passe w Tor dein Indes Lectionum^ 
in Universit. Uterar. Vratislav. [1824. 4.], zu 1, 105. C. G. Stark: D« 
vovaco ^riUla apud Herodotum Prolusio, [Jenae 1827. 4. *')J und ebea 
so zu IX, 83 derselbe Gelehrte in einer Reihe Ton einzelnen Program- 
men , deren Mittheilung für die Erklärung gedachter Stelle Ref. deir 
zuvorkommenden Güte eines gelehrten Freundes verdankt: jinäUicUi^ 
medica ex Feterum scriptoribus non medicis» [Jenae 1828. 4.] , Unhe« 
deutender ist die Abhandlung von Bring: Historicc, in difficiÜ, Ilero^ 
doti looc.adnott. [Londini Gothorum 1829. 4.] zu Herodot VII, 35*'*). 
Endlich können auch hier noch genannt werden J. Ph. Krebs: Quae^ 
dam ex familiär i interpretatione Uerodoti, [Wiesba^« 1826. 4«f)] za 
Herodot I, 6. 7 ff. ; ferner C h. F. S t ad e 1 m a n n : De Herodoio ejus^ 
gue dialecto Partie. I. [Dessaviae 1830. (Schulprogramm.) 4. 16 S.] 
mit einzelnen Beiträgen und Nachweisungen zu Erklärung mehrerer' 
Stellen des Geschichtschreibers. Höctist schätzbare Beitrage sowohl 
für die Kritik des Herodotus als insbesondere für genauere Kenntuist 
seines Sprachgebrauchs lieferten. schon früher Fr. R. Werfer (O&sei^ 
vationes criticae et grammaiidae in Herodotum) in den Actis philologo- 
rum Monacensium Vol. I. Hft. 1 u. 2 und Hai tinger, ebendaselbst 
Vol. III. Hft. 4. ff); ihnen lässt sich auch die Abhandlung von E. W en« 



*) Hierher gehören noch N. L. Nissen^s Programm: In disceptatio-' 
nem vocatur, quae de ira Xerxis^ diajecto A)i tempestatis ponte, quo Ml» 
lespontum junxerat, ah Uerodoto l, VIL c. 35. sunt prodita. [Rothschilde 

1826. 4.] und Caussin's Aufsatz über die Entfernung des Mittelmeerea 
von Heliopolis in Memoires de l*Acad. des Inscript. et B. L. T. VII p. 33» 
wo die fragliche Stelle des Herodot so übersetzt ist: De Li mer, en remo- 
tant vers Heliopolis, il y a ä-peu pres aussi loin que d* Äthanes, en partant 
de l'autel de Douze-Dieux, ä Pise, et jusqu'au temple de Jupiter Oljmpiea 
Vergl. Ferussac's Bullet, des scienc. hinter. Juijlet 1830 T. 15 p. 211. — 
•*) Vgl. Becks Bepert. 1828, II S. 309, Isis 1827 S. 799 f., Leipz. LZ. 
1828 Nr; 220 S. 1760 und daraus Ferussac^s Bulletin des scienc. Iiistor. 
Novemb. 1829 T. 13 p. 294. — '^) Eine Erklärung von Herodot II, 142 
gab Meyer in der Krit. Biblioth. 1824, 2 S. 251 ~- 261, nod über IV, 134 
u. VII, 57 handelt J. G. G. Kapp in Dissert. inauguralis sistens excursum 
ad Herodot. JK, 134 et F//, 57. Erlangen 1823. Boeckh's P)ro:;ramm 
de loco Herodoti VH, 137 steht in Seebode's Archiv 1828, 3 S. 60^63. 
Auch gehört hierher J. H. Dresler's Programm: De Thucydidis ex» 
tremo lib. 1. capite altera disputatiuncula ^ accedente in Herodüti lib. H. 
c. 49. commenlariolo. Wiesbaden 1827. 23 S. 4. vgl. Allgem.- Schutzeit. 

1827, 2 Nr. 48. Auch Geoffroy St. Hilaire's Aufsatz über den Tro- 
chiluB der Alten [s. Jbb. VI, 365 u. Berlin. Freimütbiger 1828 S. 139 f. 1 
dient zur Erläuterung des Herodot. — f ) Vgl. Seeb. Archiv 1828 Hft. 3 
S. 9 und 1830 Nr. 55 S. 439. — ff) Dazu noch F. Hoegeri Animad- 
versiones in Herodotum , eboidas» ¥ol.]il p. 479—528. ' [J.] 

29* 



458 ttUiograpliiftdie Berichte «nd lliscelleii« 

txel: De Praeposilionum tmesi quae apud Hcrodotum invenitur [Vratitl. 
1829. 4. ] , welche diesen Gegenstand mit möglichster Vollständigkeit 
behandelt , anreiben. Sie liefert einen schätzbaren Beitrag xur nähe- 
ren Kunde des herodoteisclien Sprachgebrauchs und seines ira Ganzen 
Doch keineswegs so, wie man es erwarten und verlangen könnte, unter- 
cachten Dialekts, vgl. Jbb. XI, 93 ff. Doch eben in dieser Beriehung muss 
Ref. noch der Abhandlungen von C. L. Struve gedenken, weil in ih- 
nen allerdings der Anfang zu einer ernstlichen und gründlichen Unter- 
rachung der Art gelegt ist, die weiter in ihre einzelnen Theile verfolgt 
nnd nach dem hier gegebenen Muster and Vorbild durchgeführt, gewiss 
SU den erspriesslichbten Resultaten über einen Gegenstand führen würde, 
der noch keineswegs zu der erforderlichen Klarheit gebracht ist. Bei 
der grossen Verschiedenheit nämlich und Ungleichheit, die jetzt im Ge- 
brauche und in der Anwendung einer und derselben Form, die als eine 
Dialektsverschiedenheit bezeichnet wird , bemerklich ist , insofern der 
Schriftsteller bald eine rein ionische Form gebraucht, bald wieder eine 
attische und gewöhnliche, also durchaus keine feste Norm im Gebrau- 
che der einzelnen Formen erkennen lässt, auch die Handschriften , von 
denen überdiess in Absicht auf solche Punkte kaum zwei, die Schel- 
lersheimische u. Sankroft'sche, mit der erforderlichen Genauigkeit ver- 
glichen worden sind, kein festes Kriterium bis jetzt angeben, oder zn 
einem völlig befriedigende Resultat führen , glaubte der Hr. Verf. auC 
dem Wege am ersten zu einem solchen Resultat gelangen zn können, 
dass er über eine und dieselbe Form alle Stellen, wo das Wort bei 
Herodot vorkommt, zusammentrug, um dann aus der überwiegenden 
Mehrzahl der Stellen , welche entweder ohne aille handschriftliche Ab- 
weichung oder doch mit keiner bedeutenden und einflussreichen Eine 
bestimmte Form durbieten , eine feste Norm für dieselbe zu gewinnen, 
die denn auch, selbst ohne handschriftliche Autorität, auf die Minder- 
zahl abweichender, aber nun nach jener Norm der Mehrzahl, also 
nach dem aufgestellten Canon, zu ändernden Stellen angewendet wer- 
den rausste. Ref. , der gern mit einem so festen und sicheren Fnsses 
schreitenden und so gründlich untersuchenden Forscher schreitet, so 
weit es ihm nur immer möglich ist, kann sich aber dabei noch immer 
nicht des Einen Bedenkens erwehren , das er auch früherhin in d. krit. 
Bibliothek 1829, II Nr. 98 p. 390 ff. bei Gelegenheit der Anzeige dee 
ersten dieser Programme ausgesprochen hat, nnd das ihm unwillkühr- 
lich wiederkehrt, wenn er Stellen, in denen alle bekannten nnd ver- 
glichenen Handschriften, auch die besten, eine von dem aufgesteUten 
Canon abweichende Form bringen, geradezu ändern und an die Stelle 
der hier vorkommenden ungewöhnlichen Form eine andere, und zwar 
die gewöhnlich und meistentheils vorkommende, setzen solt Es mnsste 
dann Mohl erst nachgewiesen werden, dass Herodot selbst überall nur 
eine und dieselbe Form gebrauchte, ohne sich irgend einen W^echsel 
der Formen oder eine Abweichung zu erlauben; dieser Beweis dürfte 
aber um so schwerer zu fähren sein, da, so wie wir jetzt den Hero- 
dotuB leieo, nicht etwa ein einziger Dialekt mit fett bestiminteB For- 



Blbliograplilidie Berkhte nnil 'MÜmOm. 

men anzutreffen ist, sondern epische Formen den ioniachen beigemiüM 
sind, zu denen wiederum Manche des gemeineif Dialekts sich geselle% 
also in diesem Sinn der Dialekt des Herodotus nicht rein, sondern ani 
drei verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetzt ist, die Blischooc 
•elbst aber, so wie die Anwendung und der Gebrauch einzelner Fonpea 
iteniger nach bestimmten Sprachgesetzen und Sprachregeln, die in di%* 
8cr Art und in diesem Sinne gewiss erst weit später aufgekommen umä 
mehr eine Folge der Abstraction aus den vorhandenen Werken der U- - 
teratur sind, als nach einem gewissen Gefühl geschah, das nicht ohad 
Bewusstsein und nicht mit blinder Willkähr den Schriftsteller leitete^ 
und, auch wenn der Schriftsteller sich dessen nicht ganz klar bewusrt 
gewesen wäre , doch in dem einzelnen Falle nach gewissen Rücksicht 
tcn die hier zu gebrauchende Form bestimmte. Bis jetzt sind drei Frö^ 
gramme dieser Art erschienen; das erste: Quaesiionum de dialedo Här 
rodoti sjpecimen, scrips. Dr. C. L. Struve [Regimnntii 1828. 49 S. 4.] . 
beschäftigt sich mit Feststellung der Formen , in welchem das Pronox 
men Relativum nach seinen verschiedenen Casus und in seinen verschieb 
denen Stellungen und Beziehungen bei Herodotus vorkommt , wobei 
aber auch noch vieles Andere, was mehr oder minder damit in Verbin- 
dung steht, besprochen, manche schätzbare kritische und grammati* , 
sehe Bemerkung mitgetheilt und zugleich die Lesart von nicht wenigea 
Stellen des Herodotus festgestellt oder berichtigt wird. Vgl. den nähe« 
reu Bericht des Ref. in der krit. Bibliothek a. a. 0. *). Das zweite 
Programm: Quaestionum de dialecto HerodoÜ specimen secundum, scripf»/! 
Dr. C. L. Struve [Regimontii apud fratres Borntraeger 1829. 16 S. 4« ' 
hinter der Rede , womit der Herr Verf. dem zu Dorpat vor 25 Jahraa 
gestifteten Gymnasium die Glückwünsche zu dieser Jubiläumsfeier dar- 
bringt. **) ] stellt auf ähnliche Weise die verschiedenen Casusendungen 
der auf Bvg ausgehenden Worte (wie z. B. ßaaiXsvg u. ähnl.) bei Herq« 
dot fest; das dritte (^Quaestionum de dialecto Herodoti specimen IIL), 
herausgegeben zum Feste der dritten Secularfeier der Uebergabe dei; 
Augsburgischen Confession am 26. Juni 1830 zu Königsberg, 16 S. 4.. 
die Orthographie des Wortes &tov(itt (nach dem Verf. und gewiss mit 
vollem Recht zu schreiben d'covfia) und der davon abgeleiteten Wörter, 
in welcher Handschriften und Herausgeber so wenig bislier überein» , 
stimmten, s. Heidelb. Jahrbb. 1831 Nr. 33 p. 528 und Beck's Report» 
1830, II S. 293. Möchte es dem Verf. möglich werden , uns bald mit 
ähnlichen Fortsetzungen zu beschenken; denn seine Untersuch ung^B 
haben aufs neoe gezeigt, wie wenig eigentlich noch der herodoteischo 
Dialekt näher untersucht ist, wie wenig seine Eigenthuralichkeiten aii-> 
erkannt und seine Verschiedenheiten von andern Dialekten , deren For^ . 
men theiiweise doch mit dem seinigen untermischt sind, bezeichnet sind, . 

Chr. Bahr. 

*) Vgl. Beck's Repert. 1829, 1 S. 367 f. , Götting. Anzz. 1830 St. 105 
S. 1018 und daraus in Fernssac's Bullet, d. scienc. bist. Octob. 1830 T. 10 
. 140, Jen. LZ. 1830 Nr. 106 S. 867 f. — ^) Vgl. Krit. BIbUoth. 1880 
18 S. 50. [J.l 



s ^ 



l 



454 Bibliographische Berichte und Misfellen« 

Zu den verschiedenen methodischen Experimenten , vodarch un- 
sere Zeit die Bildung der Jugend auf Gymnasien zu hefurdern und za 
erleichtern sucht, gehört auch die weitverbreitete Ansicht, dans es 
lehr nützlich sei, der Gyranasiuljugend neben den alten römischen An- 
toren die Schriften guter Latinisten der neuen Zeit, z. B. eines Mure- 
tns, Ruhnken, Wyttenbach, Ernesti u. s. w. , in die Hände zu geben 
nnd zum Lesen anzuempfehlen. Unter den verschiedenen Gründen, 
irelche man zur Rechtfertigung dieser Ansicht aufführt, ist der wich- 
tigste der, dass die Jugend durch dieselben am erfolgreichsten zur Aus- 
bildung des lateinischen Stils geführt werde , weil die Gedanken und 
Ideen der Neulateiner ihrer Fassungskraft näher stehen sollen, als die . 
Ideen des Alterthums, und weil sie aus ihnen moderne Gedanken nnd 
Ideen in antike Form einzukleiden lernen können. Viele nnd ausge- 
zeichnete Schulleute haben sich für diese Ansicht erklärt, und seitdem 
selbst Männer, wie August Matthiä'''}, derselben beigetreten sind, 
scheint man sie für ausgemacht anzusehen. Neuerdings nun ii»t neben 
Friedemann, Lindemann, Frotscher u. A. besonders Fried r. Karl . 
Kraft thätig ge^e^en, Schriften von Neulateinern für die Gymnasial- 
jugend herauszugeben. Zuerst lieferte er: M. A^ Mureti selectae epi- 
$tolae , praefationes et orationes , quibus additum est Tib, Hemsterhusii 
^eloquium auctore Ruhnkenio , ad emendatissima exempla exactae et an- 
notatt, instructae a F. C. Kraft. [Nordhansen, Landgraf. 1826. XX u* 
S44 S. 8. 18 Gr.J, über welches Buch schon in den Jbb. III, 3, 50 ff. 
ausführlich berichtet und zugleich beigebracht ist, was sich über den 
Nutzen solcher Bücher sagen lässt. vgl. Krit.Bibl. 1827, 2 S. 210—214, 
Schulzeit. 1827,11 Lit. Bl. 29 S. 251 — 256, Leipz. LZ. 1829 Nr. 103 
S. 824. Dazu kamen dann : M. A. Mureti variae lectiones scledtae, 
Annotatione instruxit F. C. Kraft [Leipzig, Dyk. 1830. 8. 1 Thlr.] 
ganz in derselben Weise, wie die Briefe und Reden, bearbeitet. Die 
Fortsetzung bildeten Epistolae lieiitleji , Graevii^ Ruhnkeniiy WytteU" 
hachii selectae. Annotatione instruxit F. C. Kraft. [Altona, Hamme- 
rich. 1831. XIV u. 374 S. gr. 8. 1 Thlr. 12 Gr. ] Es ist eine Ans- 
wähl aus den vollständigen Ausgaben jener Briefe von Friedemann und 
Mahne , welche auf 242 Seiten 28 Briefe Bentley's an Gräve nnd Grrä- 
▼e*8 an Bentley, 1 Brief Burmann's an Bentley, 42 Briefe Rnhnken's 
an Ritter, Dorville, Ernesti, Heyne u. Andere und 45 Briefe Wytten- 
bach's enthält. Alle diese Briefe sind treu aus den genannten Ausga- 
ben wiederholt, durch eine brevis narratio de vitia Graevii^ Bentleiif 



*) Von ihm gehören nämlich hierher: Eloquentiae Laiinae exempla e 
jSf. A, Mureti j J. A, Ernesti, D. Ruhnkeniiy Paulini a S, Josepho soriptts 
iumpta, etjuventuti Hterarum studiosae proposita ab Matthla'e. Aocedit 
Dav. Ruhnk^nii praefatio lexico Schelleriano praemisea. Editio secunda. 
Leipzig, Lchnhold. 1832. Vill u. 408 S. 8. 1 Thlr. 6 Gr. Das Buch er- 
schien in der ersten Auflage in Altenburg 1821, und ist zu bekannt, als 
dass es hier weiter characterisirt zu werden brauchte. Die zweite Auflage 
bt durch fünf Reden des Paulinus vermehrt , von dem in der ersten Nichti 
aufgenommen war. vgl. Jen. LZ. 1822 Nr. 179 und 1882 Nr, 157» 



Bibtiographitdie Beridile U&d MUcejBgpu , 

t 

Ruhnhenü ei JfifitehbachU (S. 243 — 259.) bereichert und darch «bit/ 
reichhaltige Jnnotatio (S. 2(i0 — 362.) erörtert, ia. welcher gowohl difl 
nöthigen Literar- und Sachnotizen, deren der junge Mensch zum Tei^ 
ständniss dieser Briefe bedarf, als auch eine Menge sprachlid^er Ber 
merkungen gegeben sind. Die letztern gehen besonders adf dieiNadk« 
Weisung sprüch wörtlicher Redensarten und angezogener Stellen der Atr 
ten und auf die Erörterung der T^örter und Phraseii aus, welche 64lt 
Weder gegen die gute und richtige Latinität Verstössen, oder für|MI>^ 
sonders elegant gelten. Freilich ist noch Vieles unerörtert geblieba4 
was in diesen Briefen ebenfalls nicht recht lateinisch ist; allein wb 
Tiel llierhergehöriges doch Hr. Kr. erläutert habe, .darüber giebt schoA 
der angehängte Index ^iinitatis^ welcher samnit dem Index nomi^/um 
Ton S, 363 — 374 das Buch schliesst, zureichende Auskunft. .Untfi|)r - 
dessen hatte Mahne in Holland 71 Briefe Ruhnken's an Wyttenba4i 
herausgegeben und auch den dritten Band von Wyttenbach's Briefm 
geliefert. Da beide Bücher etwas theuer sind und nach Hrn. Krafl'f 
Ansicht in Deutschland nicht sehr verbreitet werden dürften j so.oi^ 
schienen von ihm zuletzt noch : Epistolae viri clarissimi Davidia lia/itih , 
henii ad Dan» JVyttenbachium ^ nunc primum ex autographis edffoe jp^ 
Gull. Leonardo Mahne. In Germania primum repetiiae et annotmr 
tione instructae, Quibus accedunt selectae Dan, fFyttenbachii epistolae tt 
fasciculo tertio sumptae. Curavit F. C. Kraft. [Altena, Hammerich. 
1834. XII u. 238 S. gr. 8. 1 Thlr.] £s ist dies, wie schon der Titel 
seigt, der vollständige Abdruck von Mahnes Ausgabe der Briefe Ruhü« 
Jcen's an Wyttenbach , nur noch mit 35 Briefen Wyttenbach*s vermehrfy 
welche Hr. Kr. aus dem erwähnten dritten Bande der Mahnesche Aus- 
gabe entnommen hat. . Auch diese 106 Briefe sind durch eine reicho 
Annotatio ganz in derselben Weise, wie die vorige Sammlung, auf 
S. 143 — 230 erläutert^ und ein Index nominum u. Index verum schlies- 
sen das Ganze. Dass Hr. Kr. alle diese Sammlungen und Ausznge\f&r 
die Gymnasialjugend bestimmt habe, beweisen die Vorreden zu densel- 
ben , in welchen er jedesmal das Lesen neulateinischer Schriften in den 
Schulen als sehr nützlich empfohlen hat. Nur seheint er sich die 
Classe der Schüler, für welche seine ^Sammlungen bestimmt sind, nicht 
klar gedächt zu haben: denn die Anmerkungen haben ^kein Maass und 
Ziel , und scheinen Alles zu erörtern , was dem Herausgeber gerade 
eingefallen ist. Die trieviellsten Dinge der lateinischen Grammatik und 
Lexicographie sind eben so ausführlich behandelt als die wichtigsten^ 
und < die gewöhnlichsten lateinischen Grammatiken nicht minder .sor^ 
fältig citirt als die seltensten und oft selbst dem Gelehrten nicht zar 
gäoglichen Commentare und Programme. Dabei ist der Herausgebejr 
keineswegs darauf ausgegangen , Alles, was in diesen Briefen und Auf- 
sätzen gegen die alte Latinität verstösst, zu erläutern: denn eigentlidi 
hat er sich nur über Wörter und Phrasen verbreitet, aber fast Alles 
unbeachtet gelassen, was den Satzbau und die Gesetze der Stilistik an- 
geht. In den Sachanmerkungen sind besonders die biographischen und 
literarhistorischeii Naehveitangeii häufig ober das Maass ansgfdeluiV 



466 Bibliograpbiflche Berichte mnd Hiieelloo. 

und doch noch bisweilen so eingerichtet, dass sie dem Schuler nicht 
recht Terstandlich sein werden, vgl. GersdorPs Repertor. 1834, I, 10 
8« jS98 f. Doch Icann man diese Mängel der Anmerkungen neben dem 
Tielen Brauchbaren u. Kützlicben, was in denselben steht, leicht über- 
sehen , und gern zugestehen , dass Schüler der obem Classen recht 
▼iel Gutes ans denselben lernen können. Allein so bereitwillig Ref. 
das Gute der Anmerkungen des Hrn. Kr. anerkennt; so wenig kann er 
den gelieferten Text für Schüler tauglich halten y ■ und mnss sich hier 
Oberhaupt gleich gegen die ganze Ansicht erklären, dass die Schriften 
der Nenlateiner höhern Gymnasiabchülern zum Stodinm za empfehlen 
seien. Keine derselben nämlich 'kann den Schriften des Alterthums ia 
Materie und Form Terglichen werden, und die meisten stehen so ent« 
fernt von jenen, dass Lesestücke ans ihnen nur mit den fehlerhaften 
Aufgaben Terglichen werden können , welche manche Lehrer der deat- 
f oben Sprache ihren Schülern zur Verbesserung vorlegen, dass sie dar- 
an die Orthographie lernen sollen. Wir wollen den Verdiensten jener 
Männer gar nicht zu nahe treten , bewundem vielmehr die hohe Voll- 
kommenheit , zu welcher es ein Muretus, Ruhnken, Ernesti u. A. auf 
der damaligen Stufe der Sprachforschung im Lateinischschreiben brach- 
ten, gar sehr und vielleicht noch mehr, als mancher, der sie den 
8chnlem zum Lesen empfiehlt; aber nur als Muster für die Jugend 
können wir ihre lateinischen Schriften nicht gelten lassen, weil die« 
aelben im glücklichsten Falle höchstens leidliche, aber noch lange 
nicht mustergültige Nachahmungen der Alten sind, und weil der Jugend 
60 viel mustergültige Originale zu Gebote stehen, dass sie zn jenen 
ihre Zuflucht nicht zu nehmen braucht. Die schönsten Gedanken in 
den lateinischen Reden Muret*s , jElrnesti's n. A. stehen in Hinsicht der 
Grossartigkeit, Natürlichkeit und freien Bewegung noch tief unter de- 
nen des Cicero und anderer Römer: — natürlich, weil diesen roma- 
nisirenden Gelehrten der neuern Zeit der römische Geist und römische 
Sinn fehlte und weil sie der Sprache noch lange nicht genug Meister 
waren , als dass sie die Gedanken nicht häufig der Form hätten unter- 
ordnen und also verdrehen und verkrüppeln müssen. Noch viel mehr 
aber stehen sie hinsichtlich der Form zurück. Man hat bis auf die 
neuste Zeit herab die Eleganz des lateinischen Ausdruckes fast nur in 
den Wörtern und Phrasen gesucht, und um die Schönheit, welche der 
Satz- und Feriodcnban und das harmonische Zusammenstimmen der 
Satzform mit dem Gedanken gewähren , sich eben so wenig geküm* 
mert, als um die Abstufungen und Unterschiede der Stilgattungen» 
Wo haben wir denn ein Lehrbuch, welches die Gesetze der Wortfolge 
im Lateinischen gnugend entwickelte und nicht auf die allgemeine 
Theorie hinausliefe , dass die Wortstellung im lateinischen Satze völlig 
willkührlich sei? Alle Gesetze, die über die rechte Wortstellung hü 
jetzt aufgestellt sind, betreffen nur einzelne rhetorische Stellungen; 
das Wesen der lateinischen Wortfolge ist noch nirgends zureichend nnd 
klar erörtert. Fast eben so schlimm steht es noch mit unserer Kennt« 
niss des lateinischen Satz • and FeriodenbaoiM, nnd besooden bat nooh 



' T ■ * ■ * V '. 

z' . . ... ..■■.-" 

Niemand beachtet , dass derselbe bei den Bonrem nach den venclileL 
denen Gedank^nabstufungen eben so sebr als in den einzelnen SülarteH 
verschieden ist. Ja selbst die den einzelnen Stilarten snkommendeA 
Wörter und Phrasen piSegen wir noch zu wenig von einander za schd^ 
den, und halten daher Vieles für elegant und schon, was es nur lH 
besondern Stilformen ist. Unsere deutsch - lateinischen Worterbäofaelt 
stellen Formeln und Phrasen aus Terenz , Cäsar ; Cicero und Livin^ IH 
gleicher Geltung neben einander, und kümmern sich wenig darnili^ 
ob eine Redensart figürlich oder nicht figürlich ist, ob sie bei Ciceiia 
Bur im höheren Schwünge der Rede, oder im ernsten philosopliischeil 
Gedanken oder im leichten Briefstile Vorkommt. Kurz, wir sind nock 
nicht gewöhnt, die lateinische Sprache in ihren Nuancen und Abstu» 
fangen zu verfolgen, und darum ist unser Latein meist ein.Gemengsel 
aus Allerlei , und es klingt in demselben wegen des Jagens nach £1^ 
ganzen, die man am liebsten in tropischen oder andern individuellen 
Redensarten sucht, der einfachste Gedankcf gewöhnlich eben so ponp- 
haft, als der erhabenste. Was aber von unserer gegenwärtigen Lati* 
nität gilt , das gilt auch mehr oder minder von der Latinität der oben 
gerühmten Neulateiner. Die Eleganz ihrer Rede besteht gewöhnlidt 
nur in der Wahl eleganter Wörter und Formeln ; aber auch ihnen iü 
die Eleganz der verschiedenen Satzformen, der nach der Verschieden^ 
lieit der Gedanken verschiedene Ton der Rede und die individuelle Ab-> 
stufung der Stilarten meistentheils fremd geblieben. Mag man dahelt 
einen Muretus noch so sehr bewundern , weU er sich in seiner Latini- 
tät so hoch über seine Zeitgenossen und über. die Späteren erhebt; eia 
Muster für die Bildung des lateinischen Stils überhaupt ist er nocll 
lange nicht. Auch hat gewiss schon mancher Schulmann mit dem 
Ref. die Erfahrung gemacht, dass Schüler, welche den Muret fleissi^ 
stndirten , sich im Gegensatz zu denen , welche nach Cicero sich bilden 
ten, eine lateinische Ausdrncksweise angewöhnten, welche überatl 
pomphaft und verschroben klingt und ungejföhr wie ÜÜB Deutsch sbl* 
eher jungen Leute aussieht, die aus Mangel an Geschmack die Schöih* 
heit der Form in Ueberladung und in lauter hochtrabenden Redensart 
ten finden. Ist nun aber die hier aufgestellte Charakteristik der Lati- 
nität der neuen Zeit richtig; so kann man es gewiss nicht für eintf ^ 
glückliche Idee des Hrn. Kr. halten , dass er die obengenannten Schrif-^ 
ten für den Gebrauch der Schulen herausgegeben hat Am allerwe^ 
nigsten will uns die Bestimmung der beiden Briefsammlungen für die 
Schule zusagen. So wichtig ihr Inhalt für den gelehrten Philologeli 
und für den Literarhistoriker ist, so wenig taugt er für den Greschmadc 
der Jugend. Fast alle diese Briefe nämlich verbreiten sich entweder 
über herausgegebene Bücher oder geraachte Conjecturen , deren WerÜt 
und Bedeutung der Schüler nicht begreift; oder sie beziehen sich anl 
bürgerliche und häusliche Verhältnisse, die demselben fremd and un« 
interessant sind; oder sie enthalten Ausfälle und Urtheile über Ge^ 
lehrte, die ihn an dem Beurtheiler eben so als an dem Beurtheiltell 
irre machen; oder sie besteben ans faden und abertriebeaen Cbmpli» 



IfiS Bibliograplihchc Berichte und MUcellen« 

menten, velche ihm lächerlich werden, weil sie mit der edlen Ein- 
fachheit des Altcrthums und mit dem Geschmacke und einfachen Sinne 
der Jugend in Widerstreit stehen. Nicht nu'ihr taugen sie für den Schü- 
ler in Hinsicht ihrer lateinischen Form« Man hat Hrn. Kr. in Folge 
des vielfachen Tadels, welchen er in den Anmerkungen über eine 
grosso Anzithl falsch gebrauchter Wörter und Redensarten ausgespro- 
chen hat, schon den Vorwurf gemacht, dass er diese Briefe wie Schiu 
lerspecimina durchgegangen habe, und doch sind noch ausserordent- 
lich viel Verstösse gegen die feinere Latinität, gegen den Satzbau und 
gegen die richtige Beachtung des Briefstils nnerörtert geblieben« Wie 
würden seine Anmerkungen erst aussehen, wenn er auch dies Alles hätte 
rügen wollen? £s ist dies aber der beste Beweis^ dass der Schüler 
daraus lateinischen Stil nicht lernen kann, sondern dass er für diesen 
Zweck allein auf die Schriften des Alterthums verwiesen werden muss. 
Sollen überhaupt Schriften von Neulateinern stilistisch benutzt werden; 
60 taugen sie nur für Gelehrte vom Fach, welche darin etwa die Stel- 
len aufsuchen wollen, wo diese Schriftsteller moderne Gedankenfor- 
men und Redeweisen in eine analog entsprechende lateinische Form 
eingekleidet haben, oder welche durch die Vergleichung derselben mit 
ahnlichen Schriften des Alterthums ihre Verschiedenheit von einander 
aufzufinden und dadurch die feinern Gesetze der lateinischen Sprache 
sich selbst klarer zu machen Willens sind. Indess dürfte auch das leta- 
tere Verfahren zum wenigsten ein grosser Umweg sein« [Jahn.] 



Theoretisches Lehrbuch der Planimetrie , für Gymnasien und Bürger^ 
9chulen von Dr. Creizenach« Mit acht Uthographirten Steintafehu 
[Frankfurt a. M., gedruckt und verlegt von J. D. Sauerländer. 1833. 
126 S. 8.] Dieses Buch gehört zu den besten, die wir über densel- 
ben Gegenstand besitzen ; wenn es sich auch nicht durch Neuheit der 
Sätze und Originalität, die der Verf. wahrscheinlich nicht suchte, aus- 
zeichnet, so enthält es doch einen viel reicheren Schatz von Sätzen, 
als man ihn gewöhnlich sonst in ähnlichen Büchern findet. Wiewohl 
es der Verf. nicht ausdrücklich sagt, so folgt doch aus der Bearbeitung 
selbst , dass die Kenntniss der Arithmetik und niederen Algebra voraus- 
gesetzt wird. Was wir gegen die Behandlung der Geometrie, die in 
diesem Buche angewandt wird, zu erinnern hätten, trifft nicht dasselbe 
allein, sondern alle übrigen, zum Theil als sehr vortrefflich anerkann- 
ten Lehrbücher, die mit ihm zu derselben Familie gehören, d. h. alle, 
welchen Legendi^'s Lehrbuch der Geometrie als Muster gedient hat. 
Wir meinen einmal den Umstand, dass eine Menge von Sätzen und 
Definitionen aufgeführt werden, ehe sie sich mit Nothwendigkeit in der 
fortschreitenden Entwickelung von selbst aufdrängen. Der Schüler^ 
der das Bedarf niss dieser Sätze noch nicht fühlt, der noch kein Bei- 
spiel kennt, in welchem sie zur Anwendung kommen, wird hierdurch 
gar zu leicht verleitet, sich an ein mechanisches Auswendiglernen der 
Wahrheiten zu gewöhnen und zuletzt in der Geometrie nnr eine grosse 
Sammlung koordinirter und nicht subordinirter Lehren ao 






ben. Nach unserer Ansicht müssen «lie Lehrsatois nidil isnerst flii Jiol** 
che angekündigt und dann bewiesen werden, sondern es miiM gezeigt 
werden , wie aus dem Grundbegriff der Geometrie zuerst die einfache« 
ren and dann die zusammengesetzteren Resultate sich in ihrem Zusam« 
menhange entfalten , so dass die Lehrsätze bewiesen sind, ehe sie Boek 
ausgesprochen werden. Alsdann braucht der Schüler die Satze nicllt 
auswendig zu lernen, sondern er wird sie, sobald es nothig ist, tlek - 
wieder herstellen können, weil er daran gewöhnt ist, sie in ihrem er» 
ganischen Zusammenhange zu erfassen und nicht als membra disjectft 
einzeln zulernen« Doch, wie gesagt, diese Polemik ist nicht ,geg^a 
den Verf. gerichtet, sondern sie trifft alle Schriftsteller, an deren Spitze * 
Euklid steht. £ine andere Einrichtung, die sich nicht bei Euklid, wohl 
aber bei Legendre und auch in vorliegehdem Lehrbnche findet, scheint^ 
dem Rec. ebenfalls nicht die lobenswertheste zu sein, nämlich die, dase 
die Aufgaben von den Lehrsätzen getrennt sind. Sind die Aufgaben -» 
der Art, dass der Beweis der Lehrsätze von ihrer Kcnntniss abhängt» 
so machen sie eben . deswegen einen integrirendeu Theil der Lehrsätze 
aus, und es ist daher kein Grund vorhanden, die einen von den anderm 
EU trennen , vielmehr kann eine solche Trennung nur zur Unklarheit 
fuhren. Stehen aber die Aufgaben in keinem Zusammenhange mit den 
Lehrsätzen, so gehören sie überhaupt nicht iii ein Lehrbuch der Geo« 
^ metrie , sondern finden viel besser in einem besonderen Werke Plati^ 
das etwa den speciellen Zweck hat, Anleitung zu Uebungen in der Ge<H 
metrie zu geben. Sind endlich diese Aufgaben so beschaffen, dass nli 
in irgend einem praktischen Theile der Mathematik zur Anwendung 
kommen, so finden sie auch am passendsten in einem Werke, das sei«, 
che Gegenstände behandelt, ihre Stelle, abgesehen davon, dass die 
Auflösungen solcher Aufgaben, welche die reine Geometrie giebt, effe 
nicht einmal praktisch sind, indem solche Aufgaben häufig viel leidH 
ter durch besondere mechanische Vorrichtungen erledigt werden kön- 
nen. Ueber das Einzelne haben wir nur Wenig zu erinnern. Auf 
Gleichmässigkeit in der Orthographie hätte etwas mehr Sorgfalt ver- 
wendet werden können ; es ist z. B. gewiss für den Schüler störend. 
Wenn er bald Qentriwinlcel ^ bald wieder Zentriwinkel geschrieben findet* 

,_ [Stern.] 

Sammlung von Aufgäben zur Uehung in der Algebra^ von A. 
Petzeid, Professor der Mathematik und Physik. [Neisse 1882, auf 
Kosten des Verfassers und in Gommission bei Theodor Hennings. 80 S* 
in 8. 2 S. Vorwort. 6 Gr. in Partien von 20 und mehr Exemplaren. ] 
Der Verf. nahm bei der Ausarbeitung dieser Sammlung die bekanote 
Sammlung des Meier Hirsch zum Muster, indem er darnach eine Menge 
Aufgaben machte, die im Wesen mit denen des M. Hirsch übereinstio»» 
men, und nur in der Veränderung der Zahlen von jenen abweichen« 
Auf solche Weise erscheint demnach vorliegende Arbeit nicht als eine 
Fortsetzung der seines Vorbildes, sondern als eine Erweiterung dersel- ' 
ben, und nuss ihm auch dafür jeder matbeoialische Ltfhrer Hank wie^ 



460 Bibliograpbiflche Berichte und Miscelleo. 

fl(Bn, da man Beispiele der Art zur Abwechslung: nicht genug habeä 
](ann. Die Gleichungen machen den Anfang. Von denen des ersten 
Grades mit einer unbekannten Grösse gibt es 26, mit 2 unbek. Gr. 10, 
mit 3 unbek. Gr. 11, mit 4 unbek. Gr. 3, mit 5 unbek. Gr. 1 Gleichang, 
Quadratische Gleichungen mit einer unbek. Gr. gibt es 25, mit 2 unbelr, 
Gr. 10, mit 3 unbek. Gr. 2. Kubische Gleich, habe ich 20, biquadr. 
12, Gleich, des 5ten Gr. 2 und Gleich, des 6ten Gr. auch 2 gezählt. 
Darauf folgen 12 Beispiele über arithmetische und 8 über geometr. 
Progressionen , denen S. 12 noch 20 der ersten und S. 13 noch 10 der 
■weiten Art beigefügt sind. Mit S. 14 beginnen die algebraischen Auf- 
gaben selbst , aus denen erst die Grundgleichung formirt werden muaf • 
Diese sind besser bedacht. Aufgaben für Gleichungen des ersten Gra- 
des mit einer unbek. Gr. sind 150, bestimmte algebr. Aufgaben yom 
ersten Grade mit mehreren nnbek. Grössen 100, bestimmte vom Sten 
Grade 75, hestimmte von höhern Graden 16 aufgenommen* Darauf 
folgen 61 unbestimmte, 30 über die Anwendung der Progress. und 23 
▼ermischte Aufgaben. Sie sind alle ohne Auflösung, die zu jeder in 
einem besondern Hefte ron 1^ Bogen abgedruckt ist, welches der Vor- 
rede gemäss nur den Lehrern auf besonderes Verlangen unentgeltlich 
übersendet wird. Ich hätte das Facit lieber hiqter jedes Beispiel ge- 
setzt, das doch dem Schüler, der das Beispiel nicht zu berechnen im 
Stande ist, nichts nützt, dem Lehrer aber und so manchem andern 
Besitzer des Büchelchens zum wenigsten die Zeit des Nachschlagens in 
dem besondern Hefte erspart. Unter den Gleichungen habe ich sehr 
ungern die mit Decimalbrüchen vermisst, diesen Mangel an M. Hirsch 
schon getadelt und desshalb zu eigenem Gebrauche Beispiele mit Deci- 
malbrüchen berechnet. Von den logarithmiscAen Geichungen sind sa 
venige aufgenommen; auch ist der Setzer zu tadeln, der die Bruche 
nicht in die Mitte der Zeile, sondern so gesetzt hat: ax — bx = dx, 

2 

was den Anschein bekommt , als gehörte der Nenner 2 in die darunter 
stehende Zeile. [Prudlo.] 



Potenz - und Wurzeltafel der natürlichen Zahlen , enthaltend 1) To' 
fei der (Quadrat- und Kuhikzahlen von 1 his 1000; ?) Tafel der ersten 6 
Potenzen von 1 bis 100; 3) Tafel der Quadrat - und Kubikwurzeln von 
1 bis 100. Zum Gebrauche seiner Schüler besorgt von A. Petzeid* 
[Neisse, bei Theodor Hennings. 28 S. kl. 8. 2 Gr.] Dass der BesUs 
Ton Potenzen - u. Wurzeltafeln manche Rechnung erleichtern und be- 
schleunigen könne, ist hinreichend bekannt. Da die ziemlich allge- 
mein eingeführten, aus einem Qnartbande bestehenden logar. trigono« 
metrischen Tafeln von Vega solche nicht enthalten, so hat sich der 
Hr. Verf. veranlasst gefunden, sie ans einem grösseren Werke für seine 
Schüler besonders abdrucken zu lassen, und werden dieselben allen, 
die auch nicht des Verf.s Schüler sind, und die grösseren Tafeln de« 
Vega nicht besitzen, gewiss recht gute Dienste lebten. Fnr Anstalten, 



\ 



BibliognpldMlM Bttidita wuL WjfMm. 






aof welchen ausser den Vega^schen Tafeln anch die dnreb Eberl mA 
IMordinann etc. herausgegebenei^ Vlacq'scben Tafeln, worii^ auch dtik- 
\iaturlichen trigohometrischen Linien vorkommen , im Gebrauche nn4i 
können sie indess um so eher entbehrt werden., als diese yiaoq^scheii^y 
Tafein in der Regel die Quadrat- und Kubikzahlen Ton 1 bisvliMti 
und ausserdem noch die Quadrat- und Kubikwurzeln aus den naiftfÜH*. 
eben Zahlen 1 bis 1000 enthalten , während die Wurzeln des Hrn. Verf.« 
nur bis 100 gehen. Dagegen ist die zweite Tafel, welche die erstea,^ 
6 Potenzen der natürlichen Zahlen von 1 bis 100 angibt , dankenswerti» ^ 
und wird namentlich in der Rechnung mit Logarithmen, und der Auf*, 
lösung höherer reiner Gleichungen von grossem Nutzen sein. 

[Prudlo.] . 

Gesangbuch für Gymnasien und höhere Bütgerschulen von Dr. H«.^ 
Grimm, Oberlehrer am Doragjmnasium zu Halberstadt. [Halbers!.» 
bei Helm. 1834. Vlll u. 135 S. 8. 8 Gr.] Sehr wahr isi die Bet^er-« 
kung des Herausgebers, dass es Pflicht der Schule sei, auch für dl0> 



Religiosität und Sittlichkeit ihrer Zöglinge Sorge zu tragen. Eben 
gern wird gewiss jeder unsrer Leser in die Behauptung einstimmen»^ 
dass dabei religiöse Lieder ein fast unentbehrliches Hülfsmittel sind, 
und dass man aus mehrfacher Rücksicht wünschen muss , jedem Schü- 
ler eine eigne, für die Zwecke der Schule besonders veranstaltet*^ 
Sammlung solcher Lieder in die Hände {^eben zu können. Rec. möchte ■ 
nun zwar nicht so ganz unbedingt mit dem Herausgober den „Mangel 
an einer zweckmässigen Sammlung von Liedern für die Bedürfnisse der 
Schulen '' aussprechen; aber dass noch keine der vorhandenen Samm- 
lungen alle gerechten Wünsche befriedigt, hält er allerdings für ziem- 
lich ausgemacht; und darum erscheint ihm jeder Versuch, .eine bessere 
Sammlung zu liefern , immer als etwas Löbliches* Schwerlich dürfte ' 
jedoch der vorliegende Versuch ein gelungener genannt werden kön- 
nen. Der Herausgeber hat einzig und allein das Bedürfniss eines ge- . 
meinschaftlichen Gesanges beim Anfang und Schluss.der Schulstunden 
oder bei besondern Veranlassungen im Auge gehabt. Da nun ein sol- 
cher Gesang natürlich fast immer sehr kurz sein muss, so hat der Her- 
ausgeber auch nur ganz kurze Lieder aufgenommen oder aus den län- 
gern nur einzelne Strophen mitgetheilt. Fast alle Lieder, die man 
hier findet, bestehen aus nicht mehr als zwei oder drei Strophen. Da- 
durch wird es unmöglich , die Sammlung ausser dem gemeinschaftlf- 
chen Gesänge noch zu einem andern Zwecke zu benutzen , den wir fdr 
nicht minder wichtig halten. Der Schüler soll unsrer Meinung nach 
die besten Stücke. des deutschen Liederschatzes dem Gedächtnisse ein- . 
prägen und sich damit für die ganze Lebenszeit eine reiche Quelle der 
Erfahrung und der Stärkung und des Trostes erwerben. Je mehr die 
Schule sich berechtigt hält, einen Unterricht in den Wahrheiten der - 
Religion in den Kreis ihrer Lehrgegenstände aufzunehmen, und je leicb^ . 
ter und lieber gerade in den frühern Jahren «nichts Lieder gelernt wer« 
den , desto weniger darf die Ausstattung de« G«d&ohtnisaeB mit religio« 



■ i 



462 Bibliograpliische Berichte and Miscelleo. 

fen Liedern einem Tielleicht ausser der Schule zu ertheilenden Reli- 
gionsunterricht, welcher znr Confirniation vorzubereiten pfleget, über- 
lassen bleiben. Zu diesem Zwecke eignen sich aber durchaus nicht 
einzelne abgerissene Strophen, sondern die ganzen Lieder müssen dem 
Gedächtnisse unauslöschlich eingeprägt werden , weil nur dann der 
Tolle Kindruck auf das Gemüth möglich ist, und nur dadifrch für das 
spätere christliche Gemeindelcben das Erhebende , welches in der Ge- 
meinschaft gleicL#:r Gefühle liegt, gesichert wird. Aus dem letzten 
Grunde möchten wir auch unbedenklich die Foderung aufstellen , dass 
gerade die bekanntesten Lieder, die im Munde des ganzen deutschen 
Volkes leben y am wenigsten in einer solchen Sammlung fehlen dürfen. 
Kicht selten und vielleicht nur zu oft mit Recht hört man die Klage, 
dass in den positiven Religionsksnntnissen, wozu wir auch die Bekannt- 
schaft mit religiösen Liedern rechnen , die Schüler der Gymnasien weit 
hinter denen der Volksschulen zurückstehen ; ein Vorwurf, welcher sn 
Termeiden in der That der Mühe werth sein möchte. — Zu dem ein- 
seitigen Gebrauche beim gemeinschaftlichen Gesango, zu welchem übri- 
gens jedes andere Schulgesangbuch mit vollständigen Liedern eben io- 
gut dienen kann, ist die vorliegende Sammlung allerdings geeignet; 
und wir wollen ihr« insofern nicht allen Wtrth absprechen. Sie ent- 
hält 230 Nummern« Den Anfang machen Morgenlieder (Nr. 1 — fö*}» 
dann folgen Anfangslicder allgemeinen Inhalts (Nr. 66 — 122.) und Lie- 
der beim Schluss der Woche u. des täglichen Unterrichts (N^. 123 — 175.). 
Den übrigen Raum nehmen Lieder bei einigen besondern Schulfeier- 
lichkeitcn (Nr. 176 — 200.) und bei der Feier des heiligen Abendmahls 
(Nr. 201 — 230.) ein. Obgleich namentlich unter die Rubrik „Anfangs- 
lieder allgemeinen Inhalts^^ sich gar Mancherlei zusammenbringen lässt 
und auch wirklich vom Herausgeber Mancherlei zusammengebracht 
worden ist, so müssen doch bei einem so eng bcgränzten Plane viele 
Gegenstände ausgeschlossen bleiben , die zu erhebenden Liedern Anlass 
gegeben haben. Aber auch abgesehen davon leidet das Buch an vielen 
Mängeln, welche eine grössere Sorgfalt des Herausgebers vermieden 
haben würde. Manche Lieder erscheinen auf den ersten Blick als 
Bruchstücke und enthalten in ihrer Verstümmelung gar keinen richtig 
abgeschlossenen Gedanken. Man vergl. nur Nr. 82, das schöne Lied 
gegen die Ueberschätzung der irdischen Güter: „wohl dem, der be98*ra 
Schätze liebf Aus diesem Liede werden hier nur zwei Strophen mit- 
getheilt, von denen die zweite mit der Einräumung schliesst, dass wir 
nach irdischen Gütern trachten dürfen: „sie dürfen un'^er Herz erfrenn 
und unsers Fleisses Antrieb sein.^' Der Gegensatz, der erst die wahre 
Ansicht vollendet, und der sich in dem unverstümmelten Liede unmit- 
telbar daran schliesst, wird hier weggelassen, und so giebt das Mitge- 
theilte gar keinen vollständigen richtigen Sinn. Auch Nr. 17^, bei 
Aufnahme neuer Mitschüler, ist durch Wcgiassung der dritten Strophe 
so verstümmelt, dass gerade die Haupttendenz des Liedes fehlt« Vgl« 
Niemeyer's Gesangbuch für Schulen, Nr. 359. Nicht bloss verstüni- 
melt Ibat der Herausgeber ^ sondern auch verändert; aber Rec hat 



tBt^ognpUiehe ÖariiAU twd'iniMBMi .^ -40:'' 

beine TerSndenmg g^randen, velcho er fnr ein4 TertMiBrnng bilMl 
künnto. Um eich eiaen Begiiff von dem nnglaabliclwii Han^l dt^ 
ricIitigcDi Tact zu madien, der' «ich in dwter Hiniiehl Mi^, dari[ 
man nar dai vortreffliche Lied Tan Crnnter: „schfln ht die TogMä** 
in der hier auFgenomineoen Gestalt mit derjenigen vergleicbea, dfs'vtf 
in andern Sammlongen hat. Wir «lullen die drei vam fteranfgeUk 
mitgelh eilten StropliGn mit den entEprechenden Stro[Aeii Hin dem Qn^ ' 
■anglineh der Bremer DomgemeiDe ziuammeo. '' 

Geeangb. d. Breis, Domgemeine, 
1. Schün i«l die Tagend, mein Ter- 
langen, und meiner ganzen Lidw 
ynatb. Hit aller Kraft ihr aiM«ba»> 
gen, hat meiaa Sede oft begehA 
Ach künaV ich'g, wie vürd' ich mkli 
freun! Wer heilig ist, mUii selig lem. 
3. Wie Bcluell amhüllea FinitoFr' 
nisae mich, wenn ich auch erleuch- 
tettiin; dann fliehn die helügatenEdt ' 
■chlüaae, dem Morgenn^bel giMch, d»> 
hin. Bald währ icfi, was demHemi 
gefällt, bald wieder deinen Dieiut, 9 
ffeltl 

6. Ohilde, Tatar, meine Sedet 
Nach deinem Rillen bilde sie, daM 
sie das Gute stets erwähle , da« Büsa 
immer ernEllinh flieh' ! Um diera G^ ' 
ben bilt' ich dich; gem., gern, ich 
weis« eu , hont du micti. 
Manche Lieder scheinen der Aurnahme dorchaus anwerth zu sein, z. B. 
Kr. 13. Nr. 4a Nr. G8; andere Bind darch Druckfehler entstellt , wi« 
IVr. 10 u. Nr. 111. Warum der Hernusgeber einige Lieder zweimal 
aufgenommen hnt, lässt sich nicht eingehen; vergl. Nr. 6 nhd Nr. U( 
Nr. 83 n, Nr. 112. Die Orthographie and Interpunction iit bei weiteiti : 
nicht Bo sorgfältig, wie man es für ein SchulbncK wünschen mnss. ' — • 
Bei solcher Einsei tiglteit der Bestimmung und bei so vielfachen HSn' 
geln in der Ausführung des beschränkten Planes können wir die Samm» 
lung des llerrn Dr. Grirom numöglich snm Gebranch in Gymnaiien . 
empfehlen. Als das vorzüglichste von den ans bis jetzt bekannt g»* 
wordenen Schnlgcsangbüchero müssen wir, ohne die MSngel desselbta 
zn übersehen, das von Seebode herausgegebene nennen (Sie Auflag«. 
n!lde>>hcim 18S9. S Gr.), welches 452 Lieder enthält, also anch Ur 
einen geringern Preis weit reichhaltiger iit, all das vorliegenda, 
, . [Larberg.J 

^rcÄi'u für Staatf~ und Kirchengeickichte der Herzogthitner Sehlti" 
tFig, I/ufstci'n, Lauenäurg^ und der atigremenden Länder und Städte, 
Nameni der S.~II,-.L. GetelUchafl für vaterlätidiiche Getchidile redigirt 
von Dr. A. L. J. Michelsen und J. 4>mttssen. [IrBand. Allona, ' 
Rammerich. 1888. XLU n. 428 S. i. lThk;lGGr.] Iit «Im Buni»' 



1. Schön itt die Tugend, mein Ter- 
langen, nnd meiner ganzen Liebe 
werth. Ihr fett und standhaft anzu- 
hangen, hat mein Gemüth schon oft 
begehrt. Ach wör' ich, was ich lollle 
sein, dann war' auch meine Freude 

2. Doch oft omhüllcn Finsternisse 
mich, wenn ich anch erleuchtet bin. 
Dann fhehndie heiligsten Entschlüsse, 

gleich MorgoDlräumen, schnell dahin, 
ald wähl' ich, was dir, Gott, ge- 
fällt, bald deinen Sklavendicnst, o 
Welt. 

3. O bilde. Tater, meiae Seele 
nach deinem Willen und verleih, daas 
ich nur immer Gutes wähle, erhalte 
mich dir evigtrcu. Lbsb täglich für 
die Ewigkeit mich reifen zur Voll- 



401 Bibliographische Berichte und MisceUen« 

lang von Anfsätzen , welche zunächt nur für Bearbeiter der deatschen 
Geschichte und AUerthümer Ton Bedeutung ist, und für unseren Kreis 
nur in einzelnen Aufsätzen gehört. Diese letzteren können auch hier 
allein beachtet werden. Sie beginnt mit einer Nachricht über die Ge- 
sellschaft selbst und einem Verzeichniss ihrer Mitglieder. Der erite 
Aufsatz Tom Prof. Michelsen, über die sieben Kirchspiele der Hasel-' 
dorpcr Marsch ^ und ein zweiter Tom Dr. G. W. Dittmer, das heiL 
Geist - Hospital zu Lübeck , sind nur für die Specialgeschichte Ton Be- 
deutung; der erste giebt noch für die Geographie des Mittelalters ge- 
ringe Ausbeute. Wichtig aber ist der dritte : die Kriegszüge der Ottone 
gegen Dänemark mit besonderer Hinsicht auf die richtige Zeitbestimtmmg 
derselben. Vom Conrector J. A s m u s s e n. Es ist darin das Historische 
▼on der Sage recht glücklich geschieden, und das Resultat gewonnen, 
dass Otto I. im J. 958 , Otto IL im J. 975 , und Otto HI. im J. 986 ge- 
gen Dänemark zog. Die Nachrichten über den Zug Otto's III. sind am 
wenigsten begründet; das über die beiden ersten Züge Vorgebrachte 
aber scheint, obschon es Ton den Ansichten anderer Historiker ab- 
weicht, durchaus sicher zu stehen. Für uns am wichtigsten ist der 
sechste Aufsatz : Auszüge aus der Autobiographie Samuel RacheVs vom 
Prof. und Bikliothckar Ratjen, darum weil er über das Schul- und 
Unterrichtswesen des 17ten Jahrhnndcrs sehr interessante Mittheilnngea 
enthält. Rachel führt die Leser zuerst in die Fürsten- oder Kloster« 
schule auf Bordesholm , wo er um das Jahr 1644 erzogen wurde, and 
zeigt ihnen ein schauderhaftes Bild barbarischer Schuldisciplin, welche 
der damalige Vorsteher und lutherische Geistliche Sperling im Geiste 
der damaligen Zeit übt. Zugleich wird die ganze Einrichtung derFujr« 
stenschule beschrieben. Sodann schildert er den grasslichen Zustand 
des damaligen Hofmeistcrlebens , und giebt erbauliche Proben yon der 
Orthodoxie des Frankfurter Magistrats, als er 1656 seine lateinische 
Schule zum Gymnasium erhob und bei dieser Gelegenheit Ton dem 
neuen Rector verlangte, dass er das Geheimniss der heil. Dreieinigkeit/ 
aus dem A. T. beweisen sollte. Rachers Leben als Professor in Helmstedt 
bietet minder Interessantes ; aber wichtig ist wieder die Beschreibung^ 
seines Aufenthalts in Kiel , wohin er um 1665 bald nach Eröffnung der 
neuen Universität als Professor berufen wurde. Die erste Einrichtung^ 
der Universität wird bei dieser Gelegenheit zugleich mit dargelegt» 
Schade nur, dass die Autobiographie gerade da abgebrochen ist, wo 
der Kampf zwischen Wedderkopf und Rachel anhob und der interes- 
santeste Tlieii von Rachefs Leben beginnt. Die übrigen Aufsätze des 
Archivs sind mehr von localem Wcrthe und bieten wenigstens für die 
Leser unserer Jahrbücher nichts Bedeutendes, vgl. lAz. von Schlosser 
in d. Ileidelb. Jahrbb. 1834, 4 S. 339 --348. [Jahn.] 



Ucber die alten und neuen Maasse hat vor kurzem der Franzose 
Saigey eine neue, sehr gelehrte Untersuchung herausgegeben , wel- 
che den Gegenstand weit umfassender behandelt, als es bis jetit ge- 
schehen ist [ygl. NJbb. 1, 101 ff.], und das ganse MoassYerhaUaias der 



1- i.' I 



I • 



,• 



alten und neuen Zeit Ton dem ägyptischen ableitet.. Stiiie Reraliite. 
weichen von dem Gewöhnlichen vielfach, ab; nnr kennt Ref. dieseW , 
ben zur Zeit nur aua einem Auszuge im Ausland 1834 Nr« 160 u. 170^ 
woraus er als das Hauptsächlichste hier l^olgendes aushebt. ZttenÜ 
liatte Girard im J. 1799 den IVilometer von £lephantine in Oberigypt««. - 
wieder entdeckt und gefunden, dass an demselben ^as Anschwellen dei 
KiFs nach Cubitus (coud^e) von 7 Palmen oder 28 Digitus gemettett / 
wurde. Diess sind die heiligen oder königlichen Cubitus, welche ei^ 
nip^e alte Schriftsteller erwähnen. Seitdem hat man in den ägyptisches 
Gräbern mehrere andere Cubitus gefunden, darunter auch einen, deic 
den Namen Amenemoph's fuhrt und 100 Jahr älter sein soll, all 
der Auszug der Juden ans Aegypten. Man hat bis jetat diesen sieben* 
theiligen Cubitus nicht beachtet , weil man immer noch Bailly^i *Idei^ 
festhielt, dass die Alten- ihr metrisches System auf ein sehr genanci 
Längenmaass gegründet hätten. Der königliche Cubitus theilte sich In 
2 Spannen, und ihm steht dasBath oderEpna der Hebräer gleich, wel* 
che überhaupt mit den Aegyptern einerlei Maasse hatten. Der Maast« 
^ehalt beider ist ungefähr 18 Litres. Diess zeigen die in den ägyptir 
sehen Gräbern gefundenen und im Pariser Museum aufbewahrten G^ 
fasse, deren Maassgehalt der Verf. verificirt hat. Das Gewicht des im 
Bath enthaltenen Wassers bildete das mosaische Talent , 18 Kilogran»> 
wen, das sich in 6000 Säckel, jeden Yon 3 Grammen, theilte. Dia 
Griechen und Italiener nahmen 16 ägyptische Digitus^ d. h.^die betd«B. 
Dritttheile des natürlichen Cubitus von 6 Palmen , und bildeten daraus 
einen Fuss von 4 Palmen, Dieser bis jetzt unbekannte Fuss von ^ Da^ 
cimetres bildet in seinem Cubus von 27 Litres den Metretes und theilt 
sich in 100 Cotylen. So wie 72 Log einen Bath ausmachen, so gebea 
72 Cotylen eine Amphora. Das Gewicht des in der Amphora enthalte? 
nen Wassers , =: 19,440 Grammen , bildet das Talent, welches sich in 
60 Minen, von je 324 Grammen, theilt. Die £itttheiluBg des mosai« 
sehen Talents von 18 Kilogrammen in 50 Minen,, jede Ton 362 Graill!- 
meu , welche die Naturforscher annahmen, ist nur etwa um die Zeit 
der Rückkehr aus dem babylonischen Exil in Gebrauch gewesen. Sbem 
dieses Talent theilten die kleinasiatischen Griechen in 60 Minen, weU 
che sie enböische nannten, jede von 300 Grammen im Werth. Dem 
ägyptischen königlichen Cubitns entsprach auch der babylonische ko~ 
nigliche Cubitus und kam ungefähr 27 olympischen Digitus gleich. Dib 
Farasange war gerade 10,000 königliche Cubitus, was etwas wenigisr 
als 30 Stadien von je 600 griechischen Schritten ausmachtk. Uebendi^ 
Maasse der Ptolemäer und Seleuciden, welche das sogenannte philetft- , 
rische System bildeten, sind viele Untersuchungen angestellt und w^ 
dersprechende Resultate aufgestellt worden. Naeb einem Berichte Ha- 
rens machen 5 philetarische Fuss gerade 6 italienische, und senach Itt. 
der philetarische Fuss 36 Centimetres und der philetarische Calntaa M 
Centimetres oder 28 olympische Digitus. Aufserdem gab es eineB Odb- 
bitus von 2 Fuss oder 72 Centimetres. Der Cubus des phlletärifdN« 
Fusses ist die gross«,. ajle^nd q^Bische. Artaba T«a. 46,65 Uiff*fri!|l|tlD^ 
N, Jakrh. f.Fhii, u, PUd. od. Krtt. BW. Bd,^ Hß.9. gQ 



M6 Bibliographische Berichte und Miscellen« 

kleine Artaba ist nur 36 Litres oder drei Viertel von jener. Das Ge- 
wicht des in diesen beiden Flussigkeitsraaassen enthaltenen Wässera 
giebt das grosse und kleine alexandrinische falcnt« Das kleine Talenl 
thoilte sich in 60 Minen und die Mine unter den Römern in 20 Unaen, 
jede von 11| Grammen. Das grosse Talent war in 125 Pfunde, jedes 
von 373^ Grammen , getheilt. Dieses Pfund enthielt 12 Unzen , die 
Unze 2 Säckel und der Säckel 15| Grammen. Man hat diesen philo« 
tärischen Säckel mit dem mosaischen verwechselt. Er theilte sich ia 
4 Drachmen oder Silberlinge. Das grosse Talent bestand aus 100 P7i- 
nen, die man ptolemäische nannte, jede von 466,65 Grammen. Die 
Rumer nahmen das in Italien gebräuchliche griechische System an und 
ihr Pfund ist die Mine von 324 Grammen. Die Amphora bestand aoa 
6 Congien, wurde aber später auf 8 Congien gebracht, was der Inhalt 
des unter dem Namen Quadranta bekannten Kubikfusses war, der sich 
wieder in 2 Urnen theilte. Haben die Römer vielleicht den Fusi von 
300 Millimetres auf 204, 4, die er wirklich bei ihnen hatte, zurückge- 
führt? Die Araber, wie alle alten Völker Asiens, hatten einen heiO- 
gen Gubitus von 28 Digitus, wovon das Mittel die Spanne oder der 
Fuss war. Der arabische Digitus begreift gerade 2 Gentimetres. Der 
Kaufe Omar führte nach dem philetärischen System einen Cubitus tob 
32 arabischen Digitus ein, der sich in 2 Fuss von 16 Digitus ftheilt. 
Daraus entstand der hashemitische Gubitus von 65 Gentimentren» AI- 
mamun, der das durch Ptolemäus eingeführte Längenmaass berichti- 
gen wollte, bildete den Gubitus von 27 arabischen Digitus, welehe, 
genau wie der philetärische Gubitus von 24 Digitus, 54 Genttmetre 
machen. Diess ist der schwarze Gubitus der Araber. Später kamea 
die Araber auf den naturlichen Gubijtus von 24 arabischen Digital lo- 
rück. Der Gubus des hashemitischen Gubitus, mit vier getheilt, giebt 
die Artaba der Araber, welche 66 Litres begreift, und 180 asiatische 
-Minen von je 367 Grammen oder gut 216 euböische Minen enthält. 
•Die Hindus nahmen zur Zeit des muselmännischen Einfalls die arabi- 
Bchen Maasse an. Von da kamen sie nach Ghina , wo sie tfaeilweiee 
die philetärischen Maasse ersetzten. Die ältesten chinesischen Maatse 
nämlich steigen nicht über das Zeitalter der Seleuciden hinauf nnd 
mögen nach der Eroberung von Kleinasien durch die Romer nach 
■Ghina gebracht worden sein. Der alte chinesische Fuss ist genaa der 
halbe philetärische Gubitus, der neue der halbe hashemitische, und 
alle Theilungen und Zusammensetzungen sind dieselben. Man findet 
hier die grosse und kleine alexandrinische Artnba und das Pfund Ton 
■10 Unzen ist genau das alexandrinische. Das System Karls des Grossea 
entspricht genau dem arabischen. Der Fuss ist ein halber hashemitl" 
«eher Gubitus, die Klafter der Schritt der Araber, das Pfund das eva- 
bische Pfund zu 367 Grammen oder die alte phonizisdie Mine; d^ 
Sester von 157 Litres ist der Gubus des philetärischen und der Modd 
der Gubus des hashemitischen Gubitus. Der Sester soll. in 12 Scheffel 
und der Mudd in 288 Finten getheilt gewesen sein. Das Pfutfd Silber 
theilte Karl in 20 SoU und den Sei in 12 Süberllage (deoiere),^' wie 



'■>.:■'. . . ' ' . ; 

•eine Vorgänger. Der Silberling war alfo die HaiMraelmie to Ai»* 
ber, und theilte sich wieder in 2 Obolen. Der fpaniecbe'Fwg ist 4«f 
alte Halbciibitas der Araber; das kaütilianisehe Pfand let die^ptolemU»*^ 
sehe Mine , und überhaupt sind aÜe FroTinnalniaasse Spaniens f;iieobl- 
lebe , philetärische oder arabische. Nach Marseille und dem aiitl&gl* - 
gen Frankreich brachten die Phonisier die euböisohe Mine und ägyptt^ 
«che königliche Spanne. Die Mine wurde unter den Römern in 12 0«<- ^ ^ 
cen getheilty aber unter den sechs fraaadsischen Königen auf lOUnieii 
^bracht, so dass sie 400 Grammen gleich kam. In England ist dor 
Fnss griechischen, die Meile philetarischen Ursprungs; das Livre-troj 
ist genau das alexandrinisohe PCund ; das Pfund avoir - du - poids Ut . 
die attische Mine; die Busheis irfnd die grosse und kleine alexandriid» 
«che Artaba, In Sphweden findet man ein Ffiind von W rdmbehen U»* . 
zen, die kleine Attische Mine, die asiatische oder tyrisdho'Mine, dät . ^ 
alexandrinische Pfund und das Pfund Karls des Grossen. In Rnssland « 
Ist das philetärische System vollkommen erhalten« Die 'ArscUine ifet 
^er grosse Cubitusvon 2 philetarischen Füssen ;r die Werst fiat 1060^ 
«infadie Schritte, jeden au 8 philetfirischen Füssen, und war bei den 
Armeniern im Gebrauche. Der Ankerist die alexandrinische Artab» 
tinid theilt sich in 3 Vedros, wie jene in 3 Sat getbeilt wurde. Dai ^ 
Pfand aber hat 16 euböiscbe Unzen. Das in Deutschland gebräuchliche 
kölnische Pfund ist genau das ptoleraäische , und der rheinische Fnsa 
entspricht dem olympischen. In Italien findet man die alten griechi- 
schen, römischen, philetarischen und arabischen Maasse wieder. Dem ' 
mosaisehen Halbsäckel gleicht die jetzige im ganzen Orient angenom« 
mene Drachme , und das alexandrinische und ptolemaische Pfund , so 
wie die andern Theile des philetarischen Systems, findet man auf deki 
africanischen Küsten und in Asien bis über den Ganges hinaus wieder» 
Uebrigens hat Saigey alles dieses bis ins Einzelne nachgewiesen. Mau 
'sieht aber daraus, dass die gegenwärtigen Maasssysteilare im Ganzen dia 
-des Alterthnms sind. Nur durch die Uebertragung von «Inem IjaftilB 
ins andere haben die Langen- und Flnssigkeitsmaasse nach Und nach 
ein wenig von ihrem Umfange eingebnsst; dagegen gränzt die Erbat« 
tung der Gewichte ans Wunderbare. Ptolemaische Pfunde hat Saigey 
über ICO wohl erhaltene aufgezählt und angegeben, dass, wenn man das 
Mittel aus allen zieht, man genau den wahren Werth der alten Mine 
erlangen "kann. Multiplicirt man diese durch 100, 8o>belHHiirot man 
das grosse alexandrinische Talent; jAaA Volumen Wasser, welches die- 
ses Talent enthielte, gäbe die grosse Artaba; die Cubikwurzel aus die- 
sem Volumen wäre der philetärische Fast von 16 ägyptischen Digitus. 

[Jahn.] 

Im vorigen Winter hat der Prinz Ruspoli auf seineu Besitzungea 
zu Cerveteri &3 etrnskiscbe Gräber offnen lassen, welche aber im Früh- 
jahr wieder verschüttet wurden. Dr. G. Kramer, der Anfangs Mai da- 
hin kam, fand nur noch zwei offen, eins mit rohen Malereien. Sie gli- 
chen im Atlgemeiaan den Gribem vob Cometo'«. Ponte deli' abbadia. 



488 Bibliog;raphi8che Berichte und MIscellen. 

•olien jedoch , soTiel eich aus den Berichten der Arbeiter entnehmen 
Hess , einen grossem Reichthum architektonischer Einzelheiten gezeigt 
haben. Die aus den Gräbern genommenen gebrannten Gefässe, Bron« 
Ken und Cippi sind wie die übrigen in Etrurien gefundenen« Die Ge- 
lasse sind meist stark und schwer; die gemalten enthalten schwarze 
Figuren auf gelbem Grunde. Einige haben Inschriften , von denen 
zwei Künstlernamen enthalten, nämlich: XSENOKAES BIIOIEZEjN'^ 
and : NIKOZQENEE ETIOIESEN. Es ist kaum einem Zweifel un- 
terworfen, dass diese Gräber zum Begräbnissplatae der alten Stadt 
Caere gehören. Derselbe rouss übrigens noch zu der Romer Zeit be-% 
nutzt worden sein : denn durch die von der Signora Mancini ebenda- 
selbst angestellten Nachgrabungen sind unter Anderem auch drei römi- 
sche Gefässe gefunden worden, von denen Eins die Inschrift hattet 
[FjECIT CALENVS. vgl. Hall. LZ. 1834 Int. Bl. 38 u. 39. [ J.] 



In Ostia hat man im vorigen Jahre eine sehr grosse Anzahl Ton 
Todteninschriften gefunden, über welche ein besonderer Ausgrabungt- 
bericht herausgegeben werden soll. Zwei andere Todteninschriften 
und eine Inschrift auf den Kaiser Hadrian , welche ebenfalls in Ostia 
gefunden worden, sind in der Hall. LZ. 1834 Int.BL 36 bekannt go- 
macht. Am interessantesten ist folgendet 

D M 

CIVLIVS- INGEN WS 

QVI- ET. MIKINNVS. V- A- VIB. M V 

CALLISTA' ISIDORA- ALViUNO 

DulCisSIMO* FEG- 
weil sie ein neues Beispiel Ton Doppelnamen bietet, welche sich wie- 
derholt anf Inschriften finden. [J.] 



In Rom ist neuerdings durch die Aufgrabungen auf dem Fornm 
ein Porticus aus später Zeit aufgedeckt worden, welcher die Fahv-* 
Strasse vom Capitol nach dem Campo Vaccine schräg durchschneidet 
nnd bis an die Vorderseite des Tabulariums gereicht zu haben scheint* 
Er stört alle Verhältnisse der übrigen Bauwerke und Denkmäler, nnd 
beweist schon dadurch seine späte Entstehung. [J*] 



Zwischen Pompeji nnd Scaffati bei der Taverna della valle, anf 
dem Wege von Neapel rechts ab, hat man in den ersten Tagen des 
April in der Masseria eines gewissen Federico Sebione ein antikes Haue 
ausgegraben , das gleichzeitig mit Pompeji im J. 79 verschüttet wor- 
den sein muss. Es ist topographisch von Wichtigkeit, weil es an der 
Strasse von Taurasia nach Stabiae gelegen zu haben scheint. [J.] 



Die gepriesenen Ausgrabungen beiTorre deirAnnnnsiata [s.NJbb. 
X, 297.] bewähren sich keineswegs als so wichtig, wie man anfange 
träumte. Der muthmaassliche Tempel, welchen man zn finden hoffte, 
ist nichtig als eio Brunnen, zn dem von drei Teachiedenen Stodurer- 



Todeställe. 400 

l>cn OefTtinngen fSlii'en , nm äas Wasser heran fEniiefion. Et ist unten 
tuateckig in Trarerlia au6gobauen and oben cjÜadcrtürniig ran Back- 
■Iciuen aufgcmauert. [J.j 

AU antiquarischer nnd natarwisieDScIiaftlicher Beechrciber Siei- 
lUnB ist häafig Feriara gereiert vrorden, nnd man hat seius anti- 
quaridcben Schilderungen denen aller nbrigcn Beschreiber der Aller- 
lliümec Siciliens [a. Miiticrs Archäologie §. 80, II. u. §. 25t, &.] vor- 
gezogen. Genauere Beobachter haben freilich liel an ihm getadelt, 
und ihm vargeworlea, dass et nie auf ilcr Inäel gewesen Bci und auch 
die wielitigslen Dinge falsch beschrieben habe, vgl. von Miszkowski ia 
d. Zeit. f. d, eleg. Welt ISSI) Nr. 43 ff. Beide Urtheile laiuen sich in- 
dc»s Tereinigon , wenn man bedenkt, dass wir über die AUerChünier 
Siciliens flberhuupt nur wenige und meiit sehr fragmentarische und 
unzuverlässige Schriften haben. Das Neuste über die Alterthümer die- 
ser Insel bringen eines Ungenannten H-'aniferung'en durch Slcilien und 
die LfBanle. [Berlin, Nicolai. 1634.] Er hat besonders die Museen be- 
achtet und manches Interessante mitgelheilt, welches wenigstens von 
dem deriualigen Zustande dieser Museen eine allgemeine Kenntnis» ver- 
schafft. Besonders sind über das Museum des Barun's Judica zu Pa- 
IrzzuoIo [welches den Vernehmen nach nach Wien oder München ver- 
lauft -werden soll], über das MuBeum in Sjrahus und über das Mu- 
fieum des Fürsten von Biscarj ausfülirlicliere Nachrichten gegeben. 
Natürlich darf man überall nichts weiter erwarten, als was dem Rei- 
senden beim flüchtigen Pnrclizuge auFgefaLlen ist. £inige Auszüge aus 
der Sohrin stehen im GabitK'schen Gesellschafter 1831 Kunst nnd Ge- 
werbe Boibl. Nr. 7. [J.] 

In der Nähe des Fleckens Huiieean but Cosson in der Sologne 
hat man vor kurzem 800 — 900 grosse kapferno Münzen der rfliiiiEchen 
Kai^przeit mit mehr als 20 Kaiserhöpfcn von Vespaaian bis Vnlerian und 
liesonders aus der Zeit der Antonine gefunden, auch überdiess auf dem- 
selben Platte Spuren Ton Grundmauern, Brunnen und dergl. entdeckt, 
lind daraus gefolgert, dass dort eine gatlo-römische Niederlassung ge- 
legen haben möge, welche zur Zelt der Völkerwanderung von den ein- 
dringenden Barbaren zerstürt worden eel, [J.} 



Todesfälle. 

Heu 26. Januar starb der Dechant des Landcapitels Lohr, DIstricl»' 

schultnspector J.A. Schmitt, früher Professor in Aschaffenburg, 57 J. alt. 

Den 29. Januar in Emden der erste Prediger Dr, philos. Johann 

Chriatlan Jlermami C!tterniaiin, gehnren XQ Dunum am 27, Juli 17IJB, 



470 Schal- and UnlTersitStanaclirichleat 

durch zahlreiche Schriften , hesonders schonwissensehafÜiehen InhaUfy 
bekannt. Nekrolog in der Hall. LZ. 1834 Int. Bl. 37. 

Den 22. Februar der Präfect des königl. Seminari aa Augßbta^ 
von Kreuz- JemiUerj 23 Jahr alt. 

Im März zu Paris der Professor Etienne Jondotj 64 Jahr alt, als 
Historiker bekannt. 

Den 21. Mat in Bnckehnrg der Cönsistorialrath, Superintendent 
. desFürstenthums Schaumburg - Lippe und erste Prediger in Bückebarg^ 
Dr. theol. Christian Ludwig Ftmk^ geboren zu Niedermeilingen am 
21. März 1751. Er gab mit Rullmann die Materialien für aUe Theüc 
der Amtsführung [ Leipz. 1706 — 1805. 8 Bde. ] heraus , hatte Antheil 
am neuen Gesanghuche für die Grafschaft Schaumburg [Rinteln 1796. ] 
and besorgte die zweite Auflage des Bückeburger Gesangbuches in Ter« 
besserter Gestalt. Selbstständige Schrmen von ihm sind : MengcAenna- 
für und Menschengrosse in uns und für Alle erreichbar [Lpz. 1799 a. 1801« 
2 Theile]; Versuch einer praktischen Anthropologie [ebendas. 1803.], 
and: Lieder für die öffentliche und häusliche Erbauung [ebend. 1815.]« 
Nekrolog in der Allg. Kirchenzeit. 1834 Nr. 110. 

Den 25. Juni der Oberlehrer Dr. Dumas am Gymnasium ia Ba- 
•tenburg. 

Den 19. Juli zu Marburg der ordentliche Professor der abendlän^ 
dischen Sprachen an der Universität Friedr, Theod, Kühne j 76 J. alt. 

Den 1. AugUbt in Leipzig der Privatdoccnt der Philosophie BK. 
Christian Friedrich Michaelis , kurz vor Vollendung seines 64. Jahre«. 

Am 31. Aug. in Göttingen der Professor der Astronomie Harding* 

Den 17. Septbr. in Berlin nach langer Kränklichkeit der Consisto« 
rialrath Dr. üfarl Dav. Ilgen, emerit. Director der Landesschule inPforta. 



Schul- und Umversltätsnachrichten, Beförderungen und 

Ehrenbezeigungen. 

JUaden. In diesem Sommerseniester befinden sich auf der Universität 
zu HsiPELnERG 568, und zu Frbyburg 442 Studirende. [S.] 

Berun. Der Professor der Anatomie an der Universität , Dr. 
Müller^ und der Professor der Mineralogie an ebenderselben, Dr. G. 
Rose, sowie der Professor der Mathematik an der Gewerbschule , Dr. 
Steiner, sind zu ordentlichen Mitgliedern der physikalisch - mathema- 
tischen Classe der Akademie erwählt worden. Der Maler von Mdöber 
hat das Prädicat „Professor^^ der Regierungsrath Professor Graff eine 
ausfeierordentliche Gratification von 250 Thlrn. , der Dr. Klotzsch su ei- 
ner wissenschaftlichen Reise eine Unterstützung von 200 Thlrn. erhal- 
ten. Von der bei den Gebrüdern Gropius erscheinenden und von dem 
Dr. Kugler redigirton Zeitschrift Mnsetini werden für die JJ. 1834 — 18SY 
40 Exemplare aus Staatsfonds angekauft und an g^ignete Anstalten ver<* 
ihtlUf Eben $o riod 40 Exemplare der von dmn gtidhmer SimwM S^ 



V 

♦ ■ 



.■*<v 



arbeiteten Basten Luther^ s und MeUmoftt/kon« angeks^ «nA.aii emig^ 
lische öymnesien vertheilt worden» > 

Bern. Der Regierangsrath hat am 14, AugusI zu FraCetsorea mm 
die neue Hochschule gewählt : den Fri^atdocenten Dt. ^elpk0 in Boas 
zum ausserordentlichen Professor fär die systematische Theologie ,. dea 
Frivatdocenten Dr. Htmdeshagen in GifisssN zum ausserordentlichen PKifft 
fesäor für die Exegese und Kirchengeschichte, den ausserordentl. Fjr04 
fessor Ludwig Snell in Zürich zum ausserordentl. Frofessor für Staata< 
Wissenschaften, den Dr. Siebenpfeiffer aus Rheinbaiern zum aasseroff« 
dentl. Frofessor für gerichtliches Verfahren, Folizeirecht und Staat»^ 
wirthschaft, den ausserordentl. Frofessor Herzog in Zürich zum ausser-» 
Orden tl. Frofessor für die statistischen u. cameralistischen Fächer , ob4 
den Dr. Troxler in Aaraü zum ausserordentl. Frofessor der Philoeophiai 
Für Troxler sind 2800, für jeden der «brigen 1600 Schweizerfranke» 
als jähliche Besoldung ausgesetzt. Kurz darauf ist auch der Redactemr 
des Freiheitsblattes Reithaar zum Frofessor der deutschen Sprache nn4 
Literatur am Gymnasium ernannt worden. 

^ Bonn. Auf der Universität studiren in diesem Sommer 877 St«9 
denken, von denen 196 (darunter 8 Ausländer) katholische und 110 (mit 
29 Ausländern) evangelische Theologie, 278 (mit 38 Ausländern) Juri»> 
prudenz, 154 (mit 19 Ausländern) Medicin, 116 (mit 23 Ausländern) 
Fhilosophie und Gameralia treiben und 23 nicht immatricolirt tiniL 
vgl. NJbb. X, 331. 

Breslau. Auf der Unive^ität befinden sich diesen Sommer 96S 
Studirende, nämlich 215 evangelische und 214 katholische Theologen; 
238 Juristen, 102 Mediciner, 106 Philosophen , Fhilologen u, Camera- 
listen, 75 Eleven der medicinisch- chirurgischen Lehranstalt und 3 
Fharmaceuten. vgl. NJbb. X, 332. Der Frofessor Dr. Riischl hat eine 
Unterstützung von 100 Thirn. erhalten. Der ausserordentl. Frofessor 
Dr. Berg ist zum ordentlichen Frofessor in der katholisch - theologischen 
Facultät ernannt und dem Frivatdocenten an der Universität und Lehrer 
an der chirurgischen Lehranstalt Dr» Wentzke das Frädicat „Frofessor** 
beigelegt worden. 

Dresden. Der Hofrath Ludwig Tieck hat zu seinem Geburtstage 
am 81. Mai von Sr. Maj. dem Konige von Baiern das Bitterkreuz dea 
baierischen Givilverdienstordens erhalten. 

Duisburg. Der provisorische Lehrer Nees von Esenheek am Gym« 
nasium ist definitiv angestellt. 

EisLBBEnr. Dem Rector M. Siebdrat am Gymnasium ist das Frä- 
dicat „Professor^* beigelegt wor^den. 

Freibrrg. (Aus Br.) „Für Ihre gütige Anzeige meiner zwei das 
sächsische Schulwesen betrefiPende Schriften in den MJahrbb« Xl, 1, 96 
u. 103 kann ich Ihnen, werther Freund, nur danken: meinen Dank, 
glaube ich am besten dadurch zu beurkunden, wenn ich mir einige. 
Bemerkungen Ihnen noch mitzutheilen erlaube. Freilich kostet es Vj^^ 
berwinduDg, noch etwas über das Schulwesen zu schreiben sp'' 
iechsfe beklagenswertbea Rvckoalime. des Qpieitaentiriirfef^ p^^^ ^J^ 



• -1 



472 Schul- and Universitätsiiaclirieliteii, 

ich Termog kaum Worle za finden , uro mich über dieses Ereignis! 
ausziispreclicn : wer es Terschuldet hat, mag; es bei Gott und seinenoi 
Gewissen verantworten ! Jedenfalls verdienen die unerraüdete Thätig* 
Iceit dos Hrn. Cultministers Dr. Müller und die eifrige Fürsprache des 
Hrn. Geh. Kirchenrath Dr. Schulze die vollste und dankbarste Anerken- 
nung. — Doch entschuldigen Sie diese kleine Abschweifung: zur Sache» 
Der eine Zweck meiner ersten Schrift war zu zeigen, dase wenn die 
Stände (1831) mehr BerucksiclUigung der Realien verlangten, auch 
solche Einrichtungen u. Geldverwilligungen Statt finden mussten, durch 
"welche dieselbe ermöglichst würde. Uebrigens dürfte meine Ansicht 
in dem Deputationsgutachten (s. Landtags-Nachricbten "Sr. 443 S. 4735) 
ihre völlige Bestätigung finden. Wenn ich übrigens nicht gesagt hahe, 
was und wieviel von den Realien in dem Gymnasialunterricht auf- 
zunehmen sei, so habe ich es S. 17 angedeutet : mehr wollte ich nicht, 
um nicht einer diesfallsigen Verordnung vorzugreifen. *^ Die Gebrechen 
der Schulen darzulegen, war der zweite Zweck meiner kurzen Darle- 
gung ; diesen haben Sie in der Anzeige ganz überganzen. Wie nöfthi^ 
es war , diese nützutherlen , geht unter Andern auch duraus her^'or, 
dass manche Abgeordnete einen ganz irrigen Begriff von den Mitteln 
und Einrichtungen der Gymnasien in kleinern Städten zu haben schei- 
noH. Sie werden antworten: „und doch hat Ihre Schrift die Leute 
Bioht geändert. '' Weil man uns in eigner Sache nicht hören wollte. 
Doch es war nicht unsre Sache , sondern die des Vaterlandes , für wel- 
che wir das Wort nahmen : wir berufen uns auf unparteiische Richter ! 
Wenn Sie urtheilen, dass es recht Schade sei, dass ich die zweite 
Schrift nicht ausfuhrlicher geschrieben hätte, so war ich durch den 
Baum sehr beschränkt ; in BetreiT des Maturitäts - Gesetzes hätte ich 
n»ch viel zu erwähnen, allein ich halte dafür, wie ich zu Ende mei- 
nes zweiten Schriftchens gesagt habe, dass die Erfahrungen und An- 
sichten der Schulmänner abzuwarten sind." [Rüdiger.] 

Görlitz. [Chronik des Gymnasiums von Ostern 1882 
bis 1834.] Die Stelle des verstorbenen Zeichenlehrers Hortz9chcmyky 
wurde dem Hrn. Karl August Fechner übertragen, welcher, am 17. Mars 
1805 in Sorau geboren , im Seminar zu IVeuzelle gebildet, Lehrer an 
der Bürgerschule in Guben gewesen war, und daselbst den Zeichenun- 
terricht am Gymnasium besorgt und seit 1829 schon in Görlitz an einer 
Mädchen . Erziehungsanstalt gearbeitet hatte. Zugleich wurde der Un- 
terricht erweitert, und nicht bloss wie bisher, für einen Theil der Ter- 
tianer, sondern für alle in zwei Abtheilungen, und auch für Quartaner, 
wöchentlich in 6 Stunden, für jede Abtheilung 2, gegeben. Auch der 
Unterricht in der französischen Sprache erlitt eine Veränderung. Wurde 
derselbe bisher nur für ganz Tertia, und für einen Theil der obem 
Classen , welche freiwillig daran Theil nahmen , gegeben , so wird er 
nun für die erste Classe in zwei Abthellungen, und für die zweite und 
dritte, für jede in 2 Stunden wöchentlich, vom Conrector, der ihn 
früher auch besorgte, ertheilt, und jeder Schüler ist verpflichtet, dem- 
selben hwvLvrohnen, Im Jahre ).833 am 8. Juni trat der Scbülaniti- 



V : ■ ■ 



4 
I ' ■ * ' ' f 

candidat Moriis MattMiy geboren am 2. jft^ril 1809 WAätta and gehSI^ 
det auf der Ritterakademie in Liegnlts nnd auf der uAiVertität zu Brei«' 
lau , sein Probejahr an , wofür ihm 260 Thlr. ans de^ Schiileatse be-^ 
willigt wurden , da er den grössten Theii des mathematischen Unter-' ' 
richts in verschiedenen Classen, und dön geographischen in der funfteBi 
übernahm. Die dadurch entstandene Vermehrung der Lehrer wniidiii-' 
dazu benutzt, Ober- und Unter -Prima in mehrern Stunden iett tren^ 
nen , als es bisher möglich gewesen war. Ferner wurde Hr. Christißm 
Friedrich Stolz ^ Ilauptlehrcr in der fünften Classe seit 1808^ seineni'. 
Wunsche gemäss zu Michaelis 1833 mit 300'ThIrn. jahrlich in Ruhe^' 
stand versetzt; sein Amt versieht seitdem ein zu Stettin am 20. August 
1812 geborner, in Breslau ansgefaildeter Seminarist, Herr Friedr^Aüga^ 
Schäfer, Auch wurden monatliche Lehrerversammlungen eingerichtet . 
und die Schüler unter noch genauere Aufsicht gestellt , als bisher. Di^ 
flonst übliche Aushebung der für das Gymnasium tüchtigen Knaben ü^9 
den Elementarschulen wurde abgestellt« Von dem durch eine früliere 
Erhöhung des Schulgeldes entstandenen Ueberschusse wurden im Jahre 
1832 637 Thlr. , im Jahre 1833 500 Thlr. unter die Lehrer vertheilt 
Durch Nachweisung , dass bei Uebertragung der früher gemachten Stif^ 
tungen in Freuss. Courant das Aufgeld zu gering angenommen worden 
war, wurden einige Stiftungen, am meisten die für die Schullehrer-* 
wittwen , vermehrt. Die höchste Anzahl der Schüler betrug im Jahro 
1832 in Prima 91, in Secunda 41, in Tertia 71, in Quarta 72, h| 
Quinta 38, zusammen 313; im Jahre 1833 in Prima 78, in Secunda 31; 
in Tertia 74, in Quarta 73, in Quinta 41, zusammen 297. Aufge«' 
nommen ^i^urden in beiden Jahren 125, im J. 1832 56, im J. 1833 69» 
Abgegangen sind 161 , im J. 1832 98 , im J. 1833 63. Auf die Hoch-« 
schule gingen 36, im J. 1832 20, im J. 1833 16. Nr. I erhielten 8, 
]Vr. 11 28, Nr. 111 1 ; ohne Prüfung bezogen die Universität 4. Theo^ 
logie %tudiren 18, die Rechte 12, Arzneiwissenschaften 2, Philologie 4. 
Nach Berlin gingen 7, nach Breslau 18, nach Bonn 1, nnch Greifs- 
wald 1, nach Halle 3, nach Leipzig 6. Die Schulschriften waren fol- 
gende : 1) Einige Worte über den Kirchengesang^ seine Entstehung w, s, w«^ 
Fortsetzung, von J, J, Blüher, Cantor; zur v. Gersdorfischen Gedacht- 
nissfeier am 26. Sept. 1832. (11 S.) 4. Die erste Abtheilnng erschieo\ 
1817, die zweite 1822; diese ist die dritte« — 2) Alphabetisches Fer- 
zeichniss mehrerer m der Oberlausitz üblichen, ihr zum Theil eigenthüm" 
liehen Wörter und Redensarten, siebentes Stück; zum Lob- und Dank- 
Actus nach dem Jahresschlüsse, am 14. Jan. 1833, von K. G, Anton^ 
Prof. u. Rector«'(20 S.) 4. — 3) Alphabetisches Verzeichniss u. s. w., 
achtes Stück; zum Lob- und Dank- Actus am 13. Jan. 1834 v6n dem- 
selben. (28 S.) 4. — 4) Materialien zu einer Geschichte des Gürlitzer 
Gymnasiums im 19ten Jahrhunderte, 34ster Beitrag, zur öffentlichen 
Prüfung vom 27. März bis 1. April 1833 von demselben. (30 S.) 4. — 
5) Materialien u, s. w,, 35ster Beitrag, zur öffentlichen Prüfung vom 
19. bis 24. Mäi-z 1834 von demselben. (28 S.) 4. — 6) Orationet Syl- 
vemtamlanäM die X. Blaii 188S habendat indiciS C. Th, Anton ^ Prof. et 



J- 



4M, Sehnl- nnA Unlvar^itiUita^liriehteB, 

Beet ' PraemitUttuf brev in dksertatio da po€na f9mii$ non älfroganimm 
(12 S.) 4. — 7) Nachricht über die Schule für nandwerkslehrlinge in 
Cörlii^ y ¥on /• A. Rösler^ emten» Collegen ; zunt t. Gersdarfischen G»- 
dächtnisB -Actus am 23 Seyt. 18S8. (24 S.) 8. — S)Libri SalwUani 
manu exarati, in bibliotheca &ocietaii9 lUerariaei qtMe in, auperiore LusaUtt 
floret, servati^ brevis descriptio, auctore E» Ae» Struve; zum KarlGeh-f 
leriscben Gedächtous - Actus den 16. Dec. 1863. (4 S.) Fol. 1882 fiel 
der Actus aus. — 9) OraUones Sylverstainianaa die XXVIIL Maü 1834 
liabendas indUit C. Th. Anton, Prof. et Recit. Praemittitur breoia disser* 
Mio de Querxia et significatione eorum nominis, (12 S.) 4. y t^*l 

Grbifswald. Von den 220 Studenten , welche sich in diesen« 
Sommer auf der dasigen UniTersität befinden , widmen sich 93 dev 
l'heologie , 43 den Rechtswissenschaften , 72 der Medicin und 12 den 
philosophischen Studien. TgL NJbb* X, 341. 

GuMBiNNBN. Den Lehrern Skrsecxka und Janion am. Gymnasinil» 
tat das Frädicat „Oberlehrer*' beigelegt worden. 

Halbbrstadt. Der Oberlehrer Dr. Meyer geht als Rector an die 
Schule in Eutin, und hat daher seine Entlassung aus preuss. Staats- 
dienste erhalten. 

Halle. Die Universität zählt in diesem Sommer 801 Studenten» 
▼on denen 505 zur theoloj^ischen , 127 zur juristischen, 109 zur medl- 
cinischen u. 60 zur philosophischen Facultät gehören. Tgl. NJbb. X, 467« 
Der bisherige Frivatdocent an der UniTersität in Berlin Dr. Hermann 
Ulriei und der bisherige PriTatdocent an der UniTersität in Leipzig Dr. 
J. G. F. BiUroih sind zu ausserordentlichen Frof«sssoren in der philo- 
sophischen Faibultät allhier ernannt worden. 

Hannotsb. Bei dem am 12. August abgehaltenen Ordens-Capitel 
wurde der Hofrath Heeren in Göttingen zum Commandeur des Guel- 
phen- Ordens, und die Hofräthe u. Frofessoren Conradi und O. Müller 
zu Rittern ernannt. [S:] 

HBLsiifGFOBS. Die dasige Universität war im Herbste 1833 voo 
^89 Studirenden besucht. 

Jena. Die UniTersität war in dem eben vergangenen Sommer 
von 441 Studenten besucht, von denen 283 Inländer und 158 Auslän- 
der waren, und 196 zu theologischen, 130 zu juristischen, 68 zu me- 
dicinischen und 47 zu philosophischen und pharmacentischen Studien 
flieh bekannten. Tgl. NJbb. X, 348. Das Frogramm zum Prorectorats- 
Wechsel enthält Animadversiones quaedam in novissimam commentationem 
de L, 13. §. 5. Vig. de usufrueiu Tom Geh. Hofrath und Frofessor Dr. 
Eichsiädt [Jena, b. Bran. 14 S. 4.] und bezieht sich auf eine Doctor- 
dissertation des Grafen -Jul, von WartenAeben , De Leg, 13. §. 5. Dig« 
4e usufrueiu. [Jena, Schreiber. 35 S. 8.] Vor dem Verzeichniss zu 
den Wintervorlesungen bat derselbe GHfr. Eichsiädt eine Abhandlung 
über das x«^^a^at oder sedere in Bezug auf die Auditores in der Schule 
des Fortius Latro geliefert. Nächstdem sind Ton ihm Paradoxa quae* 
dam- Horaiiqna spec^V, erschienen , welche sich über Od. II, 7. ver- 
breiten und Lessinf^'s Ansicht fon deueiben weiter ausführen und limi- 



BefördervBgca und Ehvenb'ezeigangev» 475 

tiren« Dfsr Hofrath GöUUng schrieb zwei Frtfgraiiime: ExpUcantur tn^ 
9cripU(mes Accenaea Hl in Sicilia repertoe, ad legem Hieronicam perti^ 
,nente8 [8 S. 4.j, und De eacra via Romana [8 S. 4.], beide zar Pro->^ 
nijotion zweier Doctoren der Philosophie, JK*. Hj Ant, Temler un^ K, H» 
Emil Koch , welche sich zugleich als Privatdocenten in der philosophi- 
schen FacuUät habiliürten und De c^doide u. De phytochemia geschrie-* 

ben hatten. 

Ilfbld. Der Lehrer /i. Hahmattn ist definitir zum Collaborato« 
am hiesigen Kon. Pädagogium ernannt worden. [ S. ] 

Kiel. Die däniscJ^e Wochenschrift (Dan§k Ugeskrift) enthält iil 
IVr. 119 u. 120 einen Bericht des Geheimen Archivarius Finn Magnussen 
über eine büjrzlich von demselben gemachte Entdeckung, um die älte-r 
fite bekannte dänische Inschrift, den Runenstein auf Braavalla- Heide 
in Blekingen , zu lesen. Seit dem zwölften Jahrhunderte war diese be- 
rühmte Inschrift der Gegenstand erfolgloser Forschungen gewesen« im 
Torigen Jahre sandte die K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopen- 
hagen eine aus Hrn. etc. Finn Magnussen ^ Justizrath Molbech und dem 
Naturforscher Forchhammer bestehende Comniission ab , uua zu unter-* 
suchen , ob jene räthselhaften Zeichen für Schrift oder etwa für eia 
Spiel der Natur zu halten seien. Die Commissipn entschied sieh durch- 
aus gegen letztere Ansicht, ohne jedoch den Sinn der Schrift aufklären 
zu können. Erst neuerlich wurde dem Hrn. Finn Magnussen der glück- 
liche Gedanke , die Inschrift von der rechten zur linken Hand zu lesen, 
wodurch sich ihm plötzlich Alles aufklärte. Es wird uns jetzt von 
ihm die entzifferte Inschrift in der altnordischen Sprache, in dem älte- 
sten alliterirenden. Tcrsmaasse oder Buchstabenreime gegeben, welche 
kurz Tor der Schlacht auf der BraaTalla- Heide um*8 J. 735 geschrie- 
ben wurde und ein Gebet zu den Göttern Othin, Frei und andren Äsen 
enthält , dem Könige Harald Hiiltekirn (Hildetand) den Sieg über die 
verrätherischen Fürsten Ring und Ole zu Terleihen. Hr. Confdrenz- 
rath Schlegel hat die treffende Bemerkung gemacht, dass jene orientali- 
sche Art zu schreiben die älteste und bei der Einfüjirung des Christen- 
thuras durch die romanischen Schriftgelehrten verdrängt sei, und dem- 
nach ein wichtiges Kennzeichen für das Alter der Runensteine darbiete« 
Ohne Zweifel wird jene glückliche Entdeckung zur Aufklärung vieler 
andrer Runendeiikmäler dienen, welche in einem grossen Theile Euro- 
pa*8 und über diesen Welttheil hinaus sich als verstummte Zeugen sei- 
ner ältesten Geschichte erhalten haben. . Von Herrn Finn Magnussen 
erwarten wir näcfafetens nähere Aufklärung über die Reise, welche, 
nach seiper Ansicht, Columbus im J. 1477 nach Island gemacht hat. 

KöNicsBERG. Auf der Universität befinden sich diesen Sommer 
422 Studirende , von denen 152 Theologen, 83 Juristen, 82 Mediciner, 
26 Cameralisten und 79 Philosophen , Fhilologeir und; Mathematiker 
sind. vgl. NJbb. X, 468. 

Leipzig. Für den bevorstehenden Winter haben auf der Univer- 
sität .99 akademische Lehrer, nämlich in der theologischen Facultät 
$ ordentliche und 3 ausserordentliche Professoren und 3 Bacealaureen, 



416 ^cbul- «Bil'üiiiTerait&tsiiRelirichten, 

i«'fler jorifftiicben 5 ordentliche und 4 ansserordentliclie Profefforen, 
9 Doctoren und 2 Baccalanreen • in der medicinifichen 10 ordentliche 
Bad 9 ausserordentliche Professoren , 9 Doctoren und 1 Baccalaureus, 
in der philosophischen 9 ordentliche, 1 Ehren- und 9 ausserordentliche 
Professoren, 14 Privatdocenten und 5 Lectoren Vorlesungen angekün- 
digt. Tgl. NJbb. XI, 115. Am 22. Jnli feierte der Probst des Stiftes 
Würzen und Präses der Gesellschaft zu Erforschung vaterländischer 
Sprache und Alterthümer Dr. Christian Ludw, Stieglitz sein SOjähriges 
Doctorjubiläum, zu welchem die genannte Gesellschaft eine besondere 
festliche Feier angeordnet hatte. Die Ton dem Geschichtsschreiber 
derselben Torfasste Gratulationsschrift handelt über die Feste Grcna in 
der slavisehen Zupanie Hlemazi [VI u. 20 S. 8.] und ist ein schätzens- 
werther Beitrag zur Geschichte und Geographie des Mittelalters. Die 
Thomasschule wünschU dem Jubilar, als ihrem ehemaligen Vorsteher, 
durch ein lateinisches Gedicht Glück , und der Sohn des Jubilars , Dr. 
Christian Ijudw, Stieglitz^ hat dazu seines Vaters Doctordlssertation, 
Ve eausis cur jus feudale Germanicum in Germania neglectum et Jus feu- 
dale Longobardicum receptum «it, neu drucken lassen. Der Jubelgreis, 
in der literarischen Welt durch Tiele Schriften besonders über Archi- 
tektur rühmlich bekannt, hat sich um Leipzig als früheres Mitglied des 
8tadtmag\itrats Tiele Verdienste erworben, und daher nahmen auch die 
Stadt- und UniTersitätsbehörden an der Jubelfeier allgemeinen Antheil. 
Der Privatdocent bei der Universität M. Rudolph Anger ist zum ausser- 
ordentlichen Professor in der philosophischen Facultät ernannt worden. 

London. Die dasige Universität hatte 1828 624, 1829 630, 1830 
545, 1831 433, 1882 441 und 1833 580 Studenten. 

LvcKAt/. Das am dasigen Gymnasium zu den diesjährigen Oeter- 
Prüfungen erschienene Programm [Luckau, gedr. b. £ntleutner. 1834. 
27 (14) S. 4.] enthält als wissenschaftliche Abhandlung: J. D, JFeickerti 
annotationes in Aeneidos Ubros H priores. Es sind dies recht brauch- 
hare Erörterungen Ton 34 Stellen der beiden ersten Bücher der Aenelde, 
welche meist in Bezug auf Wagner*s Ausgabe geschrieben sind und Tor- 
sugsweise mit der grammatischen Erklärung der Worte sich beschäfti- 
gen. Sie werden in unsern Jahrbb. bei einer bcTorstehenden Beur- 
theilung jener Ausgabe weitere Beachtung finden. In der Schule ist 
im Laufe des Torigen Schuljahres keine wesentliche Veränderung Tor- 
gckommen, und die beabsichtigte Trennung des Gymnasiums und der 
Bürgerschule immer noch unausgeführt geblieben. Tgl. NJbb. IV, 264 
u. VllI, 479. Die Tier Gymnasialclassen waren zu Ostern Ton 137 Schü- 
lern besucht. Zur ÜniTersität gingen während des Tergangenen Schul- 
jahres 11 Schüler, 8 mit dem ersten und 8 mit dem zweiten 21eugntss 
der Reife. 

Magdbsijrg. Der Professor Rohde am Domgymnasium ist mit ei- 
ner jährl. Pension Ton 900 Thlrn. in den Ruhestand Tersetzt worden. 

Petersbitro. Um der Rechtswissenschaft auf den russischen Uni- 
Tersitäten eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, ist unter der 
Oberaufsicht des Geheimen Rathes tum Speransky und unter dem Vor- 



Beförderungen und Ehrenbezeigmigen. 41Y 

sitze dei Geh. Rathes v* BalugjanBky eine Comiiiiitö von drei Frofesso* 
rea des pädagogischen Hanptinstituts in Petersburg (dem ord. Professor 
des rom. Rechts Hofrath Dr. Stoekhardt , dem ord. Professor der polit. 
Oekonomie Hofrath Dr. Besser und dem ord. Professor der Philosophie 
Hofrath Fischer) ernannt worden , welche ein Lehrbuch der juristischea 
Einleilungswissenschaftenj d. h. der juristischen Encyclopädie und des 
Natur- Staats- und Völkerrechtes ausarbeiten soll, wonach dann auf 
Allen Universitäten gelesen werden müss. Bis zu dessen Vollendung 
ist auf allen Universitäten der Vortrag des Naturrechts suspendirt. Dio 
drei Professoren haben übrigens am Namenstage des Kaisers (den 6ten 
Dec. Tor. J.) eine Belohnung von 3500 Rubeln Banco (über 1000 Thlr. 
Sachs.) unter Belobung ihres ausgezeichneten Diensteifers erhalten. -^ 
Für die kaiserliche Kunstsammlung in der Eremitage ist die treffliche 
Vasensammlung gekauft worden, welche von dem Arzte Dr. Pizzati 
nach Petersburg gebracht worden ist. Sie enthält gegen 200 Stück 
grosse, mittle und kleine Gefässe, Glasarbeiten und Bronzen und be- 
sonders auch mehrere schöne und guterhaltene Vasen aus Canino. '— 
Ein Verein von 64 Russen will das Brockhausischo Conversationslexicon 
ins Bussische übersetzen. 

Fbteiisbvsg. Am 27. Juli hat in Kiew die feierliche Eröffnung 
der St* Viriadimir'g- Universität Statt gefunden. -<- Der Pastor der 
evangel. Gemeinde zu Sauatow, Consistorialratjb Huherj ist zum Gene- 
ralsuperintendenten und geistl. Vicepräsidenten. des Consistoriums von 
lüoskau ernarint. [S.] 

Roh« Der Papst hat, um die litterarischen Verdienste des Biblio« 
thekars und Canonicus Giwanni J2em zu belohnen, denselben zum Ge- 
heimen Kämmerer ernannt. [S. ] 

Sachskn f Hcrzogthum. Sämmtliche 22 Gymnasien der Provinz 
waren im V^inter 18||- von 3069 Schulern besecht und entliessen int 
Jahre 1833 214 Zöglinge zur Universität , .von denen 50 das erste , 144 
das zweite, 11 das dritte und 9 gar kein Zeugniss. der Reife erhielten;, 
IXT Theologie , 55 Jurisprudenz ,20 Med icin, 8 Philosophie und Phi- 
lologie, 5 Mathematik und Naturwissenschaften studiren wollten. 

SiBGEff. Der dasigen hohem Bürgerschule ist ein jährlicher Zu- 
fichuss von 1000 Thlrn. aus Staatsfonds bewilligt worden. 

SoLOTHUKN. Der Candidat Dalimeyer aus München ist zum Fro;- 
fessor der Philosophie am hiesigen Gymnasium ernannt worden. 

Upsala. Die Universität hatte in vorigem Winter 1303 Studen« 
ten, von denen 245 der theologischen, 331 der juristischen, 150 der 
medicinischen , 328 der philosophischen Facultät angehörten , 249 sich 
noch für kein bestimmtes Fachstudium entschieden hatten. 

UvsALA. Der Prof. Med. Dr. Per von Afselius ist zum Gomman* 
deur des Vl^asa - Ordens und der Professor der Chemie tVahastedt zum 
Ritter des Nordstern - Ordens ernannt. [ S* ] 

Wittenberg. Das Gymnasium war in vorigem Winter von 113, 
im Sommer vorher von 115 Schülern besucht, und entliess im Laufe 
des ganzen Schu^ahrei 11 Zöglinge [1 mit dem ersten, 6 mit dem 



478 Schal- nnd UniTersitätfliiachrichteiili 

«weiten und 4 mit dem dritten Zeugniss der Reife ] znr Universitätt 
▼gl. NJbb. VIII, 255. Die Einirichtung desselben ist in nicbts verän- 
dert worden, und «elbst die beabsichtigte Errichtung einer fünften 
Gymnat(ialclaii»e, obgleich das kon. Ministeriam dazu einen jährlichea 
Züschuss von 480 Thlrn. aas Staatsfonds angeboten hatte, Tom Stadt- 
magistrat abgelehnt und bis auf Weiteres verschoben worden, weil der- 
selbe gewisse, an die Bewilligung jener Summe geknüpfte j Bedingun- 
gen nicht annehnkbar gefunden hatte. Das zu Ostern d. J. herauSg^ 
gebene Programm der Anstalt [Wittenberg 1834. 53 (42)*S. 4.] ent- 
hält eine interessante und beachtenswerthe Abhandlung von dem Sub- 
-conrector Joh, Heinr, Deinhardtj Die Construction trigonometrischer For^. 
mein mit einer unbekannten Grosse y als eine allgemeine Methode y die 
Aufgaben der Elementarg eometrie tu lösen ^ dargestellt ^ über welche 
noch anderweit in unbern Jahrbb. berichtet werden wird. 

Wurzburg. Unterm 20. Juli 1834 wurde das Lehrfach der Vete» 
Tinärwissenschaft an der kon. Universität dahier dem bisherigen ausser- 
ord^ntl. Professor der ambulanten Klinik hieselbst Dr. Fuchs In proviso- 
rischer Eigenschaft neben der von ihm innegehabten Lehrsparte über- 
tragen. — Unterm 28. Juli 1834 wurde der bisherige ausserordentl. 
Professor der Rechte Dr. Lippert dahier unter Beibehaltung der in der 
juridischen und kameraltstischen Faeultät ihm zugetheilten Fächer zum 
ordentlichen Professor ernannt. (Kon. Baier. 'Reg.-Bl, 1834 Nr. 38.) -^ 
Am 16. August erwarb sich der kon. Untversitäts - Bibliothekar Anten 
Ruland durch Vertheidigung seiner Dissertation : de S. Missae canonis 
ortu et progressu -nee n^n valore dogmailco [HerbipoL tjpis Becker. 
VIU «. 88 S« 8. ] die theologische Doctor -Würde. [O. ] 

Zürich. Die neugestaltete und am 22. April 1888 erüiFnete Can- 
tonsschule hat zu Ostern d. J. erscheinen lassen: Programm der Zür~ 
cher^schen CantonsschuU 9ur Eröffnung des neuen mit dem 22. April 1834 
beginnenden Schuljahres, Kürich, Schulthe«sts<ihe Bochhandlnng. gr. 4. 
, Dasselbe enthält zunäci st^uf 24 Seiten J, U, Fäin*8 'Berichtigungen «nd 
Zusätze zu PassotDS griech, TFörterbuchy einten sehr wiehtigen Beitrag 
zur Ergänzung dieses Buchs, der sich aber nur über die fünf ersten 
Buchstaben desselben erstreckt. Der Verf. hat darin erst eine Anzahl 
Wörter nachgetragen, welche auch noch in- der vierten Aasgabe dee 
Wörterbuches fehlen, dann bei einer noch weit grösseren Zaiil feh- 
lende Bedeutungen ergänzt und falsche 'berichtigt , nöthige grammati- 
sehe und sprachliche Bemerkungen supplirt, falsch erklärte Stellen 
berichtigt und etymologische Versehen und Unrichtigkeiten verbessert. 
Die Gründlichkeit und Gediegenheit aller dieser Bemerkungen machen 
diesen Nachtrag für alle Freunde der griechischen Sprache in hohem 
Grade wichtig und lassen sehr wünschen , dass der Verf. bald die Fort- 
setzung dazu erscheinen lasse. Nächstdem enthält das Programm auf 
24 Seiten noch einen Jahresbericht von den Leistungen der Cantonsschule 
im Schuljahre 1833— -1834 und die Einrichtung des künftigen Cursus. 
Die Cantonsschule besteht aus zwei Anstalten, einer Indastri^fchule 
nnd «inem Gymnaiiam » • von den«a die «Mtera wieder in eine obertf 



Böfdrdernngcn und EhrenteseigiiirgeB. > H9 



InduBtrieschnle von zwei und eine untere Ton drei , das letztere in ein 
'Obergymnasinin von drei und ein Untergymnasfum Ton Tier'Classen 
zerfällt. Der Lehrplan beider Anstalten ist znm Theil noöh proviso- 
risch, besteht aber jetzt in dem Gymnasium auf folgende Weise: 



Im Untergymnasium | 


im Obergymnasium 




I*) 


IL 


111. 


IV. 


I. IL IIL 


Religionsunterricht 


2. 


2. 


2. 


2. 


1, — — wochentL 


Lateinische Sprache 


12. 


9. 


9. 


9. 


7« 6. 4. Lehrstun- 


Griechische Spruche 


— 


6. 


8. 


8. 


7. 6. 4. den. 


Deutsche Sprache 


4. 


3. 


3. 


3. 


8. 3. «S. 


Mathematik 


4. 


4. 


4. 


4. 


4. 4. 4. 


Geog^raphie 


4. 


4. 


— 


— 


— — . — 


Geschichte 


.— 


— 


4. 


4. 


2. 4. 5. 


Gesang 


1. 


1. 


1. 


L-) 


1. für alle Classen. 


Freies Handzelchnen 


«. 


2. 


-^ 


— ^ 


f 
1 


Kalligraphie 


2. 


— 


— 


— 


» 


Hebräische Sprache 


— 


— 


— 


— 


4. 2. 2. 


Naturgesch. und Physik 


— 


— 


— 


. — 


3. 4. 3. 


Einleitung in die philo- 


• 










soph. Wissenschaf tea 


l"^ 


— 


— 


— 


5. 



Die Lehrgegenstinde der untern Industrieschule sind : Religion » Ma- 
thematik, Naturwissenschaften, 'geometrisches und freies Zeichnen, 
französische und deutsche Sprache, Geographie n. Geschichte, prakti« 
•ches Rechnen, Gesang u. Kal^graphie; die der.obern: Mathematik, 
praktische Geometrie und geometrisches Zeichnen, Physik, Chemie, 
Naturgeschichte, /deutsche, französische, italienisdie und englische 
4S{irache , freies Haadzeichnen , kaufmännisches Rechnen und Boch- 
■lialten, and Kalligraphie. Die Lehrer sind nicht Clastenlehrer, son- 
dern jeder unterrichtet in seiner Wissenschaft allein durch alle , oder 
doch durch mehrere Classen. So lehrten im Gymnasium während des 
vorigen SchuUahres der Professor .Dr. Casp, von Örelti" Lateinisch in IL 
tllL und Einleitung in die pfailos« Wissenschaften in 111. des ObergynTn., 
der Professor u. Rector J. 17. Fost Lateinisch und Grie^isdi inl. dei 
Obergymn., der Professor Dr. Ludw. Hirzel Hebräisch in I — Hl. dee 
Obergymn. , der Professor Dr. J. IV, Winckelmamn Griechisch in IL 
111. uud Geschichte in L des Obergymn., der Professor Dr. Beinrich 
Escher Geschichte in IL HL des Obergymn. , der Professor Dr. Ludw. 
-StrimiUler Deutsch m 1 •— IH. des Obergymn. , der Professor 'Dr. Job. 
Ludw. Raahe Mathematik in I — Hl. des Obergymn., der Professor 
Dr. Heinr, Rud, Schinz Naturgeschichte in I. und der Professor Gottfr. 
■von Eaeher Physik in 11. HI. des Obergymn. , der Oberlehrer Dr. Herrn. 
'Sauppe Lateinisch in I. IL und der Oberldirer Fei Casp. ^etss dasselbe 
'in HL IV. des Untergymn., der' Oberlehrer Dr. Jo. Oeo. BaHer Grie- 



^i*M*. 



*) Die Classen sind hier von unten an gezählt und darum bezeichnet L 
die unterste und IV. die oberste Classe. 

**) I^«berdlet Boeh IStnode wöchentlich för alle Tier Clagiea ^gpsps wM w m